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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 30.07.2001
Aktenzeichen: 2 W 431/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 492 | |
ZPO § 494a | |
ZPO § 411 Abs. 4 |
Nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens können keine Anträge mehr auf mündliche Anhörung des Sachverständigen gestellt werden. Auch ohne ausdrückliche Fristsetzung ist bei einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad des Gutachtens 4 Monate nach Zustellung des Gutachtens das Verfahren bereits abgeschlossen .
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluß
In dem selbständigen Beweisverfahren
hat der 2. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kotzian-Marggraf, die Richterin am Oberlandesgericht Orth und die Richterin am Landgericht Böttcher-Grewe
am 30.07.2001
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Gera vom 11. 6. 2001 - Az.: 7 OH 5/00 - wird verworfen, soweit er sich gegen die angeordnete Frist zur Klageerhebung richtet, im übrigen wird sie als unbegündet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 13.800 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Gemäß Beschluss vom 11.4.2000 holte das Landgericht Gera antragsgemäß ein Sachverständigengutachten ein. In diesem Beschluss bestimmte es bereits, dass die Parteien binnen drei Wochen nach Zustellung des Gutachtens dessen mündliche oder schriftliche Erläuterung bzw. Ergänzung durch den Sachverständigen beantragen könnten. Nach Ablauf dieser Frist sei das selbständige Beweisverfahren abgeschlossen.
Das unter dem 9.1.2000 schriftlich erstellte Gutachten ist den Parteien am 18. Januar 2001 zugestellt worden. Mit einem am 21. Mai 2001 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller beantragt, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden.
Der Antragsgegner hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen und gemäß § 494a ZPO eine Frist zu bestimmen, binnen der der Antragsteller Klage gegenüber dem Antragsgegner zu erheben hat.
Durch Beschluss vom 11. Juni 2001 hat das Landgericht den Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen als verspätet zurückgewiesen und dem Antragsteller zur Erhebung der Klage gegen den Antragsgegner eine Frist von 3 Monaten nach § 494a ZPO gesetzt.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt.
Er vertritt die Auffassung, eine wirksame Frist für die Stellung des Antrages auf mündliche Anhörung des Sachverständigen sei nicht gesetzt worden. Dies sei nur in Verbindung mit der Zustellung des Gutachtens, nicht aber bereits im Vorfeld möglich. Der Antrag auf Anhörung stehe noch in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Eingang des schriftlichen Gutachtens bei den Parteien. Die Aussagen des Sachverständigen seien nicht nachvollziehbar und die von ihm vorgenommenen Prüfungen unvollständig. Die Materie und das Gutachten seien schwierig, daraus ergäbe sich ein längeres Prüfungsrecht des Beschwerdeführers, als ihm bei Erstellung eines einfachen Gutachtens zugebilligt werden könne
Auch sei zu berücksichtigen, dass zwischen der Beschlussfassung über die Einholung des Gutachtens und der Erstellung des Gutachtens 18 Monate vergangen seien, ohne dass Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens ergriffen worden seien.
Da das Verfahren somit noch nicht beendet sei, sei auch die Fristsetzung nach § 464a Abs.1 ZPO noch nicht zulässig.
Er beantragt, unter Abänderung des Beschlusses vom 11.6.2001 die ergänzende Anhörung des Sachverständigen anzuordnen und die Fristsetzung zur Klageerhebung aufzuheben.
Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Durch Beschluss vom 12.7.2001 hat das Landgericht Gera der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Thüringer Oberlandesgericht vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 567 Abs.1 ZPO statthaft, soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Ablehnung des Antrages auf mündliche Anhörung richtet. Gegen die Anordnung der Klageerhebung nach § 494a ZPO ist hingegen kein Rechtsmittel gegeben. Gemäß § 567 Abs.1 ZPO findet die Beschwerde nur in den im Gesetz besonders hervorgehobenen Fällen und gegen solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernden Entscheidungen statt, durch die ein das Verfahren betreffende Gesuch zurückgeweisen wird. Beides ist bei einer Entscheidung zur antragsgemäßen Fristsetzung nicht der Fall.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf mündliche Anhörung des Sachverständigen ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Landgericht jedenfalls im Ergebnis bei seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass die Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren bereits beendet war, als der Antrag auf Anhörung gestellt wurde.
Dabei kann die nicht unproblematische Frage dahingestellt bleiben, ob eine Fristsetzung auch bereits vor Erstattung des Gutachtens wirksam erfolgen konnte, obwohl der Umfang und der Schwierigkeitsgrad des Gutachtens zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststanden. Offen bleiben kann ferner, ob die Frist mit drei Wochen nicht etwas kurz bemessen war.
Unabhängig von dieser Frage war das Verfahren auch ohne eine Fristsetzung aufgrund der mittlerweile verstrichenen Zeit bei Eingang des Antrages auf mündliche Anhörung des Sachverständigen bereits beendet.
Abgeschlossen ist die Beweissicherung nach ständiger obergerichtlichen Rechtsprechung mit ihrer sachlichen Erledigung (BGHZ 53, 43). Das ist bei schriftlichen Sachverständigengutachten regelmäßig der Fall, wenn das Gutachten den Parteien übergeben wird und ergänzende Fragen oder Anträge nicht oder nicht in angemessener Zeit gestellt werden (BGH NJW 1993,851 f; BGHZ 60, 212; BGH in BauR 1979, 427, 429; Ingenstau/Korbion, VOB, 11. Aufl. 1989, Rdn. 378 zu B § 13; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 6. Aufl. 1990, Rdn. 99 m.w.N.) § 411 Abs.4 ZPO bestimmt, dass die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraumes ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen mitzuteilen haben. Diese Vorschrift findet gemäß § 492 ZPO auch im selbständigen Beweisverfahren Anwendung. Die Länge der Frist beurteilt sich - falls keine ausdrückliche Frist gesetzt wird - nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles, insbesondere danach , innerhalb welcher Zeit eine Stellungnahme zu dem Gutachten erwartet werden kann ( OLG Braunschweig BauR 1993, 251;OLG Frankfurt BauR 94,139;OLG Köln NJW-RR 1997, 1220; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1527).
Der Antragsteller hat sich im vorliegenden Fall nach Zugang des Gutachtens bis zur Antragstellung nahezu vier Monate Zeit gelassen; als er den Antrag auf Anhörung stellte wäre auch ohne ausdrückliche Fristsetzung das Verfahren bereits beendet gewesen.
Die Auffassung des Antragstellers, wonach ihm ein längerer Prüfungszeitraum einzuräumen und sein Antrag deshalb noch innerhalb einer angemessenen Außerungsfrist gestellt worden sei, ist unzutreffend. Das Gutachten umfaßte 23 Seiten und kam zu dem eindeutigen Ergebnis, dass sich die beklagten Isolationsmängel an der installierten Heizungsanlage in kaum quantifizierbaren Grenzen bewegen und zu keinem nennenswerten Mehrenergieverbrauch aufgrund von Wärmeverlusten führen.
Zur Geltendmachung des Rechtes auf Anhörung des Sachverständigen war es auch nicht erforderlich, im Einzelnen bereits die ergänzenden Fragen an den Sachverständigen zu formulieren und im Vorfeld bereits das gesamte Gutachten auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen. In einer Frist von 3 - 6 Wochen hätte der Antragsteller jedenfalls entscheiden können, ob er das Gutachten so akzeptieren oder eine ergänzende Anhörung des Sachverständigen beantragen wollte. Die an den Sachverständigen zu richtenden Fragen hätten dann noch im weiteren Verfahren nachgereicht werden können. Falls der Antragsteller dazu weiteren fachkundigen Rat einholen wollte, so wäre ihm dazu auf Antrag eine Fristverlängerung zu bewilligen gewesen.
Diese Möglichkeiten hat der Antragsteller nicht genutzt, stattdessen hat er über einen Zeitraum von nahezu 4 Monaten auf das Gutachten nicht reagiert, so dass das Verfahren bereits beendet war, als der Antrag auf Anhörung des Sachverständigen dann doch noch gestellt wurde.
Die "Wiederaufnahme" eines abgeschlossenen selbständigen Beweisverfahrens ist gesetzlich nicht vorgesehen, es entspricht deshalb einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens keine Anträge mehr gestellt werden können. Allein der Umstand, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Erläuterung des Gutachtens haben mag, ermöglicht es deshalb nicht, ein bereits abgeschlossenes Verfahren wieder aufzugreifen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.
Den Beschwerdewert hat der Senat gemäß §3 ZPO festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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