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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.09.2004
Aktenzeichen: 3 U 3/02
Rechtsgebiete: AGBG, BGB


Vorschriften:

AGBG § 9
BGB § 307 n.F.
1. Die in allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Auftraggebers enthaltene Verpflichtung, zur Sicherung von Erfüllungsansprüchen des Auftraggebers eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 BGB n.F.) und ist daher unwirksam.

2. Bei Altverträgen, die vor dem 31.12.2002 geschlossen worden sind, ist der lückenhafte Vertrag dahingehend ergänzend auszulegen, dass der Auftragnehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet. In diesem Fall kann eine von dem Bürgen geleistete Zahlung nicht schon deshalb zurückgefordert werden, weil nach ergänzender Vertragsauslegung nur eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft gestellt werden musste.

3. Bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern hat im Rückforderungsprozess der Auftraggeber das Bestehen und die Höhe der durch Bürgschaft gesicherten Forderung darzulegen und zu beweisen.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 3/02

Verkündet am: 08.09.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richterin am Oberlandesgericht Billig und Richter am Landgericht Schur

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten vom 03.01.2002 gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 29.11.2001 - Az.: 6 O 247/01 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert der Beschwer übersteigt 20.000,00 €.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 142.100,00 DM aus einer von der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten gestellten Vertragserfüllungsbürgschaft geltend.

Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 01.02.2002 - Az.: 72 IN 452/01 - zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der G, Gesellschaft für Elektrotechnik und Projektmanagement mbH (im Folgenden: G oder Gemeinschuldnerin genannt) bestellt.

Die G war neben der E GmbH Gesellschafterin einer A Elektro EKZ Bautzen. Der A-Vertrag wurde unter dem 07.10.1999 geschlossen. Über das Vermögen der E GmbH wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 01.01.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet. Schon während des vorhergehenden vorläufigen Insolvenzverfahrens hat die G ggü. der Gesellschafterin E GmbH den A-Vertrag gekündigt.

Die A schloss mit der Beklagten am 06.07.1999 einen Nachunternehmervertrag für das Bauvorhaben "Neubau Kornmarktcenter Bautzen" für das Gewerk Elektroarbeiten zum Pauschalpreis von brutto 5.684.000,00 DM. Als Fertigstellungstermin war ausweislich des Vertrages der 31.08.2000 vereinbart. In Ziffer 7 des Vertrages war für jeden Tag der vom Auftragnehmer zu vertretenden Überschreitung der vereinbarten Vertragsfristen pro Tag eine Vertragsstrafe von 0,5 %, maximal jedoch 10 % der Bruttoauftragssumme, vorgesehen. Nach Ziffer 12 des Vertrages war für die fachgerechte Ausführung der übertragenen Leistungen eine unbefristete Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Bruttoauftragssumme einer Deutschen Großbank gemäß den Musterformularen des Auftraggebers zu stellen und spätestens 3 Wochen nach Auftragserteilung vorzulegen. Nach Ziffer 13 des Vertrages war neben den zusätzlichen Vertragsbedingungen des Auftraggebers, also der Beklagten, die Geltung der VOB/B und C in der zurzeit des Vertragsschlusses gültigen Fassung vereinbart.

In den zusätzlichen Vertragsbedingungen der Beklagten waren folgende Klauseln enthalten:

"8.1.

Auf Verlangen des AG hat der AN binnen 18 Werktagen nach Vertragsschluss zur Sicherstellung der vertragsgemäßen Ausführung der Leistung eine selbstschuldnerischen Bankbürgschaft in Höhe von 10 % der Bruttoauftragssumme zu stellen (Vertragserfüllungsbürgschaft nach Musterformular des Arbeitsgebers). (...)

8.2.

Der Auftraggeber AG ist berechtigt, für die Dauer der Gewährleistung 5 % der Bruttoabrechnungssumme einzubehalten.

8.3.

Der AN ist berechtigt, den Einbehalt durch Stellung einer Bankbürgschaft in gleicher Höhe (Gewährleistungsbürgschaft) abzulösen, die auch die Rückgabe etwaiger Überzahlungen sichern muss.

8.4.

Zur Annahme einer Bürgschaft ist der AG nur verpflichtet, wenn sie unbefristet von einer Großbank oder Sparkasse mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland übernommen wurde. Zusätzlich muss sich die Bank bei der Vertragserfüllungsbürgschaft/Vorauszahlungsbürgschaft verpflichtet haben, auf erstes schriftliches Anfordern zu zahlen. (...) "

Mit Wirkung vom 16.07.1999 wurde der Nachunternehmervertrag zwischen den Parteien einvernehmlich dahingehend geändert, dass die Fa. E nunmehr alleinige Auftragnehmerin sein sollte und daher mit allen Rechten und Pflichten in das Vertragsverhältnis eintrat.

Ausweislich eines Schreibens der Beklagten vom 10.08.1999 sollten die Bürgschaften (Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften) von E und G auch einzeln gestellt werden können.

Mit Bürgschaftsurkunde vom 26.07.1999 übernahm die R + V Allgemeine Versicherung AG im Auftrag der G eine selbstschuldnerische Bürgschaft (Vertragserfüllungsbürgschaft) "auf erstes schriftliches Anfordern" in Höhe eines Betrages von 284.200,00 DM, wobei der Bürgschaftsbetrag durch Enthaftungserklärung der Beklagten vom 17.07.2000 auf 142.100,00 DM reduziert wurde. Die Bürgschaft sollte auch Ansprüche der Beklagten auf Schadensersatz, eine etwa verwirkte Vertragsstrafe sowie die Erstattung etwaiger Überzahlungen sichern. In dem Bürgschaftsformular ist als Auftragnehmer die A Elektro EKZ Bautzen und als Auftraggeber die Beklagte ausgewiesen.

Das Kornmarktcenter in Bautzen wurde am 20.09.2000 eröffnet. Eine Abnahme hatte bis zu diesem Datum nicht stattgefunden. Arbeiten, u. a. aus dem Gewerk Elektro, fanden auch nach diesem Datum im Einkaufszentrum statt.

Anfang November 2000 wurde bezüglich der E die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. In der Folge wurde Rechtsanwalt Köhler-Ma zunächst als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt.

Ausweislich eines Schreibens der Beklagten vom 24.11.2000 - abgesandt am 04.12.2000 - an den vorläufigen Insolvenzverwalter der E wurde der Nachunternehmervertrag gemäß § 8 Nr. 2 Nr. 3 VOB/B fristlos gekündigt. Dem Kündigungsschreiben gingen zwei Schreiben der Beklagten vom 25.10.2000 und 24.11.2000 an E und den vorläufigen Insolvenzverwalter Köhler-Ma voraus, mit denen die E unter Bezugnahme auf eine Mängelliste vom 17.11.2000 bis zum 07.11.2000 bzw. 29.11.2000 unter Nachfristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert wurde.

In einem Schreiben der Bevollmächtigten des vorläufigen Insolvenzverwalters der E vom 06.12.2000 ist unter Bezugnahme auf eine Besprechung vom 04.12.2000 folgendes vermerkt:

"1. Bauvorhaben Kornmarktcenter Bautzen

Der Vertrag ist mit Telefax-Schreiben ihrer Mandantin vom 04.12.2000 gekündigt.

E wird keine Leistungen am Bauvorhaben mehr erbringen. Das gilt sowohl hinsichtlich der Mängelbeseitigung als auch hinsichtlich der Erstellung von Revisionsunterlagen oder sonstiger Dokumentation. Die bis zum Zeitpunkt der Kündigung erbrachten Leistungen sind abzurechnen. Es liegt ihrer Mandantin hierzu die 12. Zwischenrechnung vor, die noch ungeprüft sein soll. Wir haben ihre Mandantin daher aufzufordern, diese 12. Zwischenrechnung zu prüfen (...)."

Die Firma E stellte ihre Schlussrechnung unter dem 22.12.2000, die von der Beklagten am 12.01.2001 geprüft wurde. Mit ihrer Schlussrechnungsprüfung gelangte die Beklagte zu dem Ergebnis, dass der E eine Schlussrechnungssumme von 5.073.626,35 DM netto und 5.885.406,57 DM brutto zustehen würde. Abzüglich geleisteter Zahlungen i.H.v. 5.437.873,04 DM brutto, Minderungen/nicht erbrachte Leistungen i.H.v. 483.140,00 DM brutto, 0,7 % Umlagekosten und 0,3 % Bauwesenversicherung i.H.v. 58.854,07 DM brutto, der 10%igen Vertragsstrafe i.H.v. 534.341,25 DM brutto und der 5%igen Gewährleistungsbürgschaft i.H.v. 294.270,33 DM brutto errechnete die Beklagte eine strittige Überzahlung zu ihren Gunsten i.H.v. 923.072,12 DM. Hinsichtlich der Einzelheiten der Schlussrechnungsprüfung der Beklagten wird auf Bd. I, Bl. 52 d.A. Bezug genommen.

Wegen der angeblichen Überzahlung i.H.v. 923.072,12 DM forderte die Beklagte mit Schreiben vom 09.03.2001 auf erstes Anfordern die Zahlung des Bürgschaftsbetrages i.H.v. 142.100,00 DM von der R + V Versicherung, welche die Bürgschaftssumme - nachdem ein einstweiliges Verfügungsverfahren der G erfolglos geblieben war - an die Beklagte auszahlte.

Mit Schreiben vom 24.04.2001 nahm die R + V Versicherung die G in Regress und beanspruchte die Zahlung von 142.100,00 DM. Unter dem 15.05.2001 trat die R + V Versicherung etwaige Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte als Gläubigerin des Bürgschaftsvertrages an die Klägerin ab.

Die G, die in dem vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten zunächst die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde begehrt hatte, nahm nach erfolgter Zahlung durch die R + V Versicherung die Beklagte mit Klageänderung vom 15.05.2001 auf Rückzahlung des Bürgschaftsbetrages von 142.100,00 DM nebst Zinsen in Anspruch.

Der Kläger vertritt dabei die Auffassung, dass aufgrund der vorgenommenen Vertragsänderung vom 16.07.1999 eine Verpflichtung der G zur Stellung einer Bürgschaft nicht mehr bestanden habe. Außerdem sei die Verpflichtung zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern unwirksam.

Weiterhin behauptet der Kläger, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Bürgschaft durch die Beklagte nicht vorgelegen hätten. So seien die vertraglichen Leistungen, mit Ausnahme eines geringfügigen Teiles des Blitzschutzes, vor der Kündigung des Nachunternehmerauftrages durch die Beklagte vollständig erbracht worden. Mängel seien, so sie denn der G bzw. der E bekannt geworden seien, beseitigt worden. Die Mängelliste vom 17.11.2000 sei der Fa. E nicht zur Kenntnis gebracht worden. Der Kläger bestreitet, dass die angeblichen Mängel gemäß der Liste tatsächlich vorgelegen hätten. Die Arbeiten zur Mängelbeseitigung der Fa. E seien vielmehr auf Grundlage einer Mängelliste vom 25.10.2000 in Verbindung mit einer Baubegehung vom 14./15.11.2000 erfolgt. Die gemäß dem Vertrag zu erstellenden Revisions- und Bestandsunterlagen seien gefertigt und übergeben worden. Irgendwelche die Pläne betreffende Mängel seien der G nicht bekannt geworden. Die von der Beklagten am 04.12.2000 erklärte Kündigung sei unwirksam, da zum einen das Gewerk Elektro zu diesem Zeitpunkt bereits zum überwiegenden Teil fertiggestellt gewesen sei und zum anderen auch nach der Kündigung noch Nachbesserungsarbeiten der Fa. E erfolgt seien. Die Beklagte könne aber nicht einerseits Nachbesserungsarbeiten geltend machen und auf der anderen Seite aufgrund der Kündigung vom 04.12.2000 Schadensersatz fordern. Schließlich seien die Darlegungen der Beklagten zu den ihr angeblich zustehenden Forderungen bzw. Gegenforderungen so wenig konkret, dass dem Kläger eine weitergehende Stellungnahme nicht möglich sei. Insbesondere hinsichtlich der Vertragsstrafe seien die Voraussetzungen von der Beklagten in keinster Weise dargetan worden.

Die Gemeinschuldnerin hat in I. Instanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 142.100,-- nebst 5% Zinsen über dem Basiszinsatz seit dem 12.04.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt:

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, der Kläger bzw. die Gemeinschuldnerin - die G - sei im Hinblick auf einen vermeintlichen Rückzahlungsanspruch nicht aktivlegitimiert. Ein solcher Anspruch könne dem Kläger weder aus eigenem, noch aus abgetretenem Recht zustehen. Zudem trage der Kläger die Darlegungs- und Beweislast, dass der Vertrag von der E vollständig erfüllt worden sei. Diesbezüglich sei der Vortrag des Klägers aber unsubstantiiert.

Die Beklagte behauptet, dass ihr aufgrund des Rechnungsprüfungsergebnisses ein Rückforderungsanspruch gegenüber der Fa. E in Höhe von 923.072,12 DM zugestanden habe. Bereits bei Berücksichtigung der Leistungsstände im Verhältnis zum Zahlungsstand einschließlich des Gewährleistungseinbehaltes bestehe eine Überzahlung von annähernd einer halben Million Mark. Zudem bestünden umfangreiche Mängel. Hierzu verweist die Beklagte auf das Protokoll der Baustandsbesichtigung zur Erlangung der Schlussabnahme des Bauherrn ECE ( Anlage B 3, Bd. I, Bl. 52 a ff. d. A.) sowie auf die Mängelliste vom 17.11.2000 (Bd. III, Bl. 604 ff. d. A.). Bei der Baubegehung am 14./15.11.2000 seien für das betroffene Gewerk Elektro eine Vielzahl von Mängeln, auch angeblich beseitigte Mängel, festgestellt worden, worunter sich auch wesentliche sicherheitstechnische Mängel befunden hätten, die die Einbruchssicherung sowie zwingende Erfordernisse für die Brandschutzsicherheit betroffen hätten. Diese Mängel seien von der E bis zur Vertragskündigung nicht mehr beseitigt worden, weil der vorläufige Insolvenzverwalter weitere Mängelbeseitigungsarbeiten abgelehnt hätte.

Die Beklagte trägt vor, dass die von E übergebenen Revisions- und Bestandsunterlagen mit erheblichen Fehlern und Mängeln behaftet gewesen seien, so dass sie "weitestgehend neu erstellt" hätten werden müssen. Hierzu verweist sie auf ein Mängelprotokoll, das die Prüfungsergebnisse im Rahmen einer stichprobenartigen Überprüfung wiedergebe (Bd. I, Anlage B 4, Bl. 64 ff. d. A.).

Des weiteren ist die Beklagte der Auffassung, dass bei der Schlussrechnung eine 10 %ige Vertragsstrafe in Höhe von 534.341,25 DM in Abzug zu bringen sei. Die Beklagte behauptet dabei, dass der 30.06.2000 der endgültige Fertigstellungstermin gewesen sei.

Schließlich macht die Beklagte einen Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 5 % (294.270,33 DM) geltend.

Mit einem Schriftsatz vom 26.09.2001, einen Tag vor der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 27.09.2001, hat die Beklagte zu den geltend gemachten Mängel an dem Gewerk Elektro und an den übergebenen Revisions- und Bestandsunterlagen weitere Ausführungen gemacht und einzelne Mängel hervorgehoben und im übrigen erstmals als Anlage B 7 die Mängelliste vom 17.11.2000 vorgelegt, die aufgrund einer Begehung mit dem Bauherrn ECE am 14./15.11.2000 erstellt worden sein soll. Weiterhin hat die Beklagte in diesem Schriftsatz Ersatzvornahmekosten geltend gemacht und diese beziffert. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 18.10.2001 hat die Beklagte zudem Kosten für TÜV-Protokolle, die bei Übergabe der Dokumentation von E an die Beklagte nicht vorgelegen hätten, in Höhe von 5.800,00 DM netto beansprucht.

Die Gemeinschuldnerin hat im Rahmen einer Schriftsatzfrist auf den Schriftsatz der Beklagten vom 26.09.2001 erwidert. Sie hat behauptet, dass die geltend gemachten Ersatzvornahmekosten nicht Leistungen der E betroffen hätten und zudem im Einzelnen die Erforderlichkeit und Angemessenheit der von der Beklagten geltend gemachten Kosten bestritten.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 29.11.2001 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Überzahlung der Beklagten an E nicht festzustellen sei, weshalb die Beklagte zu Unrecht die Bürgschaft in Anspruch genommen habe. Der Vortrag der Beklagten zu angeblichen, an dem Gewerk der E vorhandenen Mängeln sowie hinsichtlich etwaiger Mängel an den übergebenen Revisions- und Bestandsunterlagen sei unsubstantiiert. Soweit die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 26.09.2001 erstmals die Mängelliste vom 17.11.2000 vorlege, sei der diesbezügliche Vortrag zum einen verspätet, zum anderen würde die neue Liste nicht mit der bereits vorliegenden, ebenfalls von der Beklagten stammenden Aufstellung, Anlage B 3, übereinstimmen. Ein Abzug für eine verwirkte Vertragsstrafe käme nicht in Betracht, weil die Behauptung der Beklagten, dass die Fertigstellung zum 30.06.2000 vereinbart gewesen sei, zum einen widersprüchlich, zum anderen aber ebenfalls verspätet gewesen sei. Auch ein Anspruch einer ihr aus dem Vertrag zustehenden Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 294.270,33 DM hätte der Beklagten nicht zugestanden, da die E durch das Erfordernis der Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern unangemessen benachteiligt worden und die entsprechende Klausel in den zusätzlichen Vertragsbedingungen der Beklagten daher unwirksam sei.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 03.01.2002 Berufung eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlich gestellten Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Mit ihrer Berufungsbegründung vom 18.02.2002 rügt die Beklagte im Wesentlichen, dass das Landgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt habe. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht den Vortrag der Beklagten für verspätet bzw. für unsubstantiiert gehalten. Schließlich hätte die Klage auch schon deswegen abgewiesen werden müssen, weil ein schlüssiger Klagevortrag zu den von E geschuldeten Vertragsleistungen und zu den erstellten Revisions- und Bestandsplänen gefehlt hätte.

Im Übrigen seien die Darlegungen des Landgerichts zu einer offenen Vergütungsforderung der Fa. E in Höhe von 388.479,76 DM fehlerhaft, weil das Landgericht die zwischen den Parteien vereinbarte Umlage in Höhe von 0,7 % sowie die Bauwesenversicherung in Höhe von weiteren 0,3 %, die von der Vergütung der E (unstreitig) in Abzug zu bringen sei, nicht berücksichtigt habe. Bezüglich der Gewährleistungsbürgschaft habe das Landgericht verkannt, dass nach den zusätzlichen Vertragsbedingungen der Beklagten eine Verpflichtung der E zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern nicht bestanden habe. Weiterhin führt die Beklagte aus, dass ein wesentlicher Vertragsbestandteil der Werkleistung Elektro die Übergabe der Revisions- und Bestandsunterlagen gewesen sei. Diese hätten aber keine Unterverteilungs- und Stromlaufpläne enthalten. Ohne die Kenntnis der Stromlaufpläne sei es aber selbst einem mit der Anlage vertrautem Fachunternehmer nicht möglich, innerhalb angemessener Frist sich Kenntnis von der Zuordnung der Stromleitung, insbesondere der Verknüpfung zwischen Elektrogewerk und Gebäudeleittechnik, zu verschaffen. Die Bestandsunterlagen, die an die Beklagte übergeben worden seien, seien daher im Wesentlichen ungenügend und fehlerhaft gewesen. Als neuen Sachvortrag will die Beklagte in II. Instanz weitere Ersatzvornahmekosten in Höhe von 4.841,00 DM (netto) für Restleistungen im Bereich Melde- und Sicherheitstechnik durch die Fa. B nach Vertragskündigung in den Rechtsstreit einführen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Gera vom 29.11.2001 - Aktenzeichen 6 O 247/01 - wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der Einzelheiten seines Vortrages in II. Instanz wird auf die Berufungserwiderung vom 05.05.2004 (Bd. IV, Bl. 969/1000 d.A.) verwiesen.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der G durch Beschluss vom 01.02.2002 ist das Verfahren nach Eingang der Berufungsbegründung zunächst gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden. Mit Schriftsatz vom 16.03.2004 hat der Kläger als Insolvenzverwalter die Aufnahme des Verfahrens erklärt und mit Schriftsatz vom 05.05.2004 auf die Berufungsbegründung vom 18.02.2002 erwidert.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt. Da das Urteil des Landgerichts vom 29.11.2001 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.09.2001 erlassen wurde, kommt nach § 26 Nr. 5 EGZPO altes Berufungsrecht zur Anwendung.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Dem Kläger als Insolvenzverwalter der G steht gem. § 812 Abs.1 S.1 1.Alt. BGB ein Anspruch auf Rückzahlung des Bürgschaftsbetrages i.H.v. 142.100,00 DM (72.654,58 €) sowohl aus eigenem, als auch aus abgetretenem Recht zu.

1) Der Bereicherungsanspruch des Klägers folgt allerdings nicht schon aus dem Umstand, dass die G durch die Vertragsänderung vom 16.07.1999 aus dem Vertragsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden ist. Entgegen dem Vortrag des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, dass die G die Bürgschaft der R + V Versicherung lediglich irrtümlich in der Annahme einer eigenen Verpflichtung zur Stellung einer Sicherheit für die Erfüllungsansprüche der Beklagten aus dem Nachunternehmervertrag beigebracht hätte. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 18.08.1999 zu der Vertragsänderung vom 16.07.1999 ergibt sich nämlich, dass die Bürgschaften sowohl für die Vertragserfüllung als auch für die Gewährleistung von der E und der G jeweils einzeln gestellt werden konnten. Daraus folgt, dass die nach Vertragsänderung ausgestellte Bürgschaft der R + V Versicherung vom 26.07.1999 von der G nicht in Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit, sondern in Erfüllung der Verpflichtung der E aus dem Nachunternehmervertrag vom 06.07./16.07.1999 hingegeben worden ist. Dafür spricht auch die Enthaftungserklärung der Beklagten vom 17.07.2000, wonach der Bürgschaftsbetrag aus der Bürgschaft vom 26.07.1999 auf 142.100,00 DM reduziert worden ist. Offensichtlich haben also E und G jeweils die Hälfte der Vertragserfüllungsbürgschaft von 284.200,00 DM übernommen. Die G hat die Bürgschaft daher als "Dritter" i.S.v. § 267 Abs. 1 BGB für eine fremde Verbindlichkeit - die der E - gestellt. Für den Fall, dass im Innenverhältnis keine wirksame Verpflichtung der G gegenüber der E zur Beibringung einer Vertragserfüllungsbürgschaft bestanden hätte, hätten der G daher Bereicherungsansprüche lediglich gegenüber der E und nicht gegenüber der Beklagten zugestanden (Palandt-Heinrichs, Rn. 7 zu § 267 BGB).

2) Dem Kläger steht auch nicht etwa deswegen ein Anspruch auf Rückforderung der Bürgschaftssumme i.H.v. 142.100,00 DM gegenüber der Beklagten zu, weil keine wirksame Verpflichtung der E zur Sicherheitsleistung aus dem Nachunternehmervertrag vom 06.07./16.07.1999 bestanden hätte. Die Verpflichtung der E zur Vorlage einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern ergibt sich vorliegend aus Ziffer 12 des Nach­unternehmer­vertrages in Verbindung mit Ziffer 8.4 der zusätzlichen Vertragsbedingungen der Beklagten. Im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts verstößt zwar eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Verpflichtung, zur Sicherung von Erfüllungs­ansprüchen des Auftraggebers, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, gegen § 9 Abs. 1 AGBG a. F. und ist daher unwirksam (BGHZ 151, 229 - 236 = NJW 2002, 3098 - 3099; BGH, NJW 2002, 2388 - 2389 = BauR 2002, 1239 - 1241). Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liegt dabei nach Auffassung des BGH in der dem Auftraggeber durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern eingeräumten Möglichkeit, sich ohne weiteren Nachweis zum Eintritt des Sicherungsfalls sofort liquide Mittel alleine durch die Behauptung zu verschaffen, ihm stehe ein vom Bürgschaftszweck gedeckter Anspruch zu. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern hat damit nicht nur die Funktion einer Sicherung. Sie räumt dem Gläubiger weitreichend die Möglichkeit ein, sich liquide Mittel auch dann zu verschaffen, wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten ist. Damit unterliegt der Auftragnehmer der Gefahr, durch den Rückgriff des Bürgen belastet zu werden, ohne dass der Anspruch des Gläubigers besteht. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, den Auftragnehmer auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Stellung einer selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft zu verpflichten (BGH, BauR 2000, 1498). Durch die Verpflichtung zur Beibringung einer selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern werden jedoch die Sicherungsrechte des Auftraggebers über sein anerkennenswertes Interesse unangemessen ausgedehnt, so dass eine derartige Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers unwirksam ist.

Der BGH hat allerdings für Altverträge, die vor dem 31.12.2002 (BGHZ 151, 229 - 236; BGH, NJW-RR 2004, 880 - 882) geschlossen worden sind, eine Übergangsregelung geschaffen. Danach ist der lückenhafte Vertrag ergänzend dahin auszulegen, dass der Bauunternehmer eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet (BGH, a.a.O.). Daraus folgt wiederum, dass die G die Bürgschaft vom 26.07.1999 nicht ohne Rechtsgrund gegeben hat. Ist nämlich eine Bürgschaft auf erstes Anfordern wirksam erteilt worden und hat der Bürge auf erstes Anfordern gezahlt, kann die Zahlung nicht allein deshalb zurückgefordert werden, weil der Schuldner nach der ergänzenden Auslegung der Sicherungsabrede nur eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen hatte (BGHZ 153, 311 - 327 = NJW 2003, 1805 - 1809).

3) Dem Kläger stehen - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - jedoch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs.1 S.1 1.Alt. BGB) sowohl aus abgetretenem, als auch aus eigenem Recht zu, weil zum Zeitpunkt der Zahlung des Bürgschaftsbetrages durch die R + V Versicherung keine akzessorische Hauptforderung der Beklagten gegen die E auf Rückzahlung bereits geleisteter Beträge bestand.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH muss dabei die Beklagte und nicht etwa der Kläger das Bestehen und die Höhe des durch die Bürgschaft gesicherten Rückforderungsanspruchs darlegen und beweisen (BGH, NJW 1989, 1505 - 1607; Karsten Schmidt, JuS 1989, 1016, 1017). Grundsätzlich ist zwar der Kläger darlegungs- und beweispflichtig für die Tatsachen, aus denen er die von ihm begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, NJW 1986, 2426 m.w.N.). Dies trifft grundsätzlich auch für den Bereicherungsanspruch zu. Ist aber die Zahlung des aus ungerechtfertigter Bereicherung vorgehenden Klägers lediglich in Erwartung der Feststellung einer Forderung geleistet worden, hat der Beklagte darzulegen und zu beweisen, dass die Feststellung zu seinen Gunsten erfolgt sei oder hätte erfolgen müssen (BGH, WM 1988, 1494 = NJW 1989, 161). Die Bürgschaft mit der Klausel "zahlbar auf erstes Anfordern" dient lediglich dazu, sicher zu stellen, dass dem Begünstigten im Bürgschaftsfall innerhalb kürzester Frist liquide Mittel zur Verfügung stehen. Da der Bürge auf erstes Anfordern zu Zahlung verpflichtet ist, ist er mit seinen Einwendungen, auch gegen den für die Bürgschaft maßgebenden Bestand der Hauptverbindlichkeit (§ 767 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den Rückforderungsprozess zu verweisen. In seiner Leistung liegt daher keine Anerkennung der Hauptverbindlichkeit. Die Darlegungs- und Beweislast im Rückforderungsprozess unterscheidet sich daher nicht von der im gewöhnlichen Bürgschaftsrechtsstreit (BGH, a.a.O.). Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass gegenüber dem auf § 812 Abs. 1 Satz 1 1 Alt. BGB gestützten Verlangen des Klägers auf Herausgabe der Bürgschaftssumme in Höhe von 142.100,00 DM die Beklagte das Bestehen und die Fälligkeit der durch die Bürgschaft gesicherten Hauptforderung darzulegen und zu beweisen hat (BGH, NJW 1989, 1606 - 1607).

b) Dafür, dass der Beklagten eine den Restwerklohnanspruch der E übersteigende Forderung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zustand, ist die Beklagte, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, jedoch beweisfällig geblieben. Das Landgericht ist nämlich zutreffend davon ausgegangen, dass aufgrund des Ergebnisses der Schlussrechnungsprüfung der Beklagten die Gesamtleistungssumme 5.073.626,35 DM netto/ 5.885.406,57 DM brutto betrug und hierauf von der Beklagten Abschlagszahlungen in Höhe von 4.687.821,59 DM netto/5.437.873,04 DM brutto geleistet worden sind. Abzüglich der Positionen "0,7 % Umlagekosten" und "0,3 % Bauwesenversicherung" in Höhe von insgesamt 58.854,07 DM brutto ergibt sich daher eine noch offene Forderung der E in Höhe von 388.679,46 DM. Die Forderungshöhe der E ist mithin vom Landgericht entgegen der Angriffe der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung (bis auf einen Differenzbetrag von 200,00 DM) zutreffend festgestellt worden. c) Von dieser Forderung kann die Beklagte zunächst keinen Abzug in Höhe der Vertragsstrafe von 534.341,25 DM vornehmen. Die Verpflichtung der E zur Zahlung einer Vertragsstrafe bei Überschreitung der vereinbarten Ausführungsfristen ergibt sich aus Ziffer 7 des Nachunternehmervertrages vom 06.07./16.07.1999. Danach war für jeden Tag der Überschreitung eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,5 %, maximal jedoch in Höhe von 10 % der Bruttoauftragssumme vereinbart. Dabei ist im Wege des Anscheinsbeweises (Palandt-Heinrichs, 60. Aufl., Rn. 20 zu § 1 AGBG) davon auszugehen, dass es sich bei dem Nachunternehmervertrag um ein vorformuliertes Klauselwerk, welches für eine Vielzahl von Verträgen Verwendung finden sollte, handelt. Dass die Vertragsklauseln individuell ausgehandelt worden sind, hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht substantiiert vorgetragen (Palandt-Heinrichs, a.a.O.). Eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages enthaltene Vereinbarung, wonach der Auftragnehmer, wenn er in Verzug gerät, für jeden Arbeitstag der Verspätung eine Vertragsstrafe von 0,5 % der Auftragssumme zu zahlen hat, ist aber grundsätzlich ungeachtet einer Obergrenze nach § 9 Abs. 1 AGBG a.F. unwirksam (BGH, NJW-RR 2002, 806 - 807 = BauR 2002, 790 - 792; BGH, NJW 2000, 2106, 2108 = BauR 2000, 1049 - 1050). Eine solche Klausel belastet den Auftragnehmer deswegen unangemessen, weil bei einer Tagessatzhöhe von 0,5 % die volle Vertragsstrafe in der Regel in einem sehr engen zeitlichen Rahmen von wenigen Wochen bereits verwirkt und der Gewinn des Auftragnehmers dadurch aufgezehrt ist. Der BGH hat daher selbst eine Vertragsstrafenklausel, die eine Obergrenze von höchstens 5 % der Auftragssumme (hier: 10 %) vorsieht, für unwirksam erachtet (BGH, NJW 2000, 2106, 2108). Mithin kann die Beklagte aus der Vertragsstrafenklausel keine Rechte herleiten. Diese kann insbesondere aufgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion (Palandt - Heinrichs, 60 Aufl., Rdnr. 9 vor § 8 AGBG a.F.) nicht dahingehend umgedeutet werden, dass anstelle der unwirksamen Klausel eine Vertragsstrafe in noch zulässiger Höhe als vereinbart gilt. d) Die Beklagte kann ferner gegenüber der offenen Forderung der E in Höhe von 388.679,46 DM nicht den Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 294.270,33 DM in Abzug bringen.

Zwar folgt dies entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht schon daraus, dass die entsprechende Klausel in Ziffer 8.4. der zusätzlichen Vertragsbedingungen der Beklagten gegen § 9 Abs. 1 AGBG a. F. verstoßen würde. Zwar ist eine Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers unwirksam, die vorsieht, dass von der Schlussrechnung ein Gewährleistungseinbehalt in Abzug gebracht wird, der nur durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann (BGHZ 147, 99 - 108 = NJW 2001, 1857 - 1859; BGH, NJW-RR 2002, 1311 = BauR 2002, 1392 - 1393). Aus der strittigen Klausel Nr. 8.4. der zusätzlichen Vertragsbedingungen der Beklagten kann jedoch - wie die Berufung zu Recht rügt - nicht entnommen werden, dass der Gewährleistungseinbehalt nur durch eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann. Dort heißt es nämlich:

"Zusätzlich muss sich die Bank bei der Vertragserfüllungsbürgschaft/Vorauszahlungsbürgschaft verpflichtet haben, auf erstes schriftliches Anfordern zu zahlen."

Daraus folgt, dass im Gegensatz zur Vertragserfüllungsbürgschaft die Gewährleistungsbürgschaft auch ohne erstes Anfordern gestellt werden konnte mit der Folge, dass Ziffer 8.4 der zusätzlichen Vertragsbedingungen der Beklagten nicht gegen § 9 Abs.1 AGBG a.F. verstößt.

Gleichwohl kann die Beklagte vorliegend jedoch gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Bürgschaftssumme den Gewährleistungs-einbehalt i.H.v. 294.270,33 DM nicht geltend machen, da dieser Anspruch jedenfalls nicht durch die von der G gestellte Vertragserfüllungsbürgschaft gesichert werden sollte. Die Vertragserfüllungsbürgschaft vom 26.07.1999 war nämlich (nur) zur Sicherung der Erfüllungsansprüche der Beklagten unter Einschluss von Ansprüchen auf eine etwa verwirkte Vertragsstrafe, auf Erstattung etwaiger Überzahlungen und möglicher Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung bestimmt. Zur Sicherung etwaiger Gewährleistungsansprüche der Beklagten diente die Vertragserfüllungsbürgschaft dagegen nicht. Würde man den Gewährleistungseinbehalt berücksichtigen, würde der G ein Anspruch auf Herausgabe des von der Bürgin gezahlten Betrages von 142.000,00 DM erst nach Ablauf der zwischen der Beklagten und der E vereinbarten Gewährleistungsfrist zustehen, mit der Folge, dass die von G gestellte Vertragserfüllungsbürgschaft dann auch etwaige Gewährleistungsansprüche der Beklagten sichern würde. Aufgrund der Vertragsänderung vom 16.07.1999 war die G jedoch weder verpflichtet, für etwaige Gewährleistungs­ansprüche der Beklagten gegenüber der E einzustehen, noch hatte sie für solche Ansprüche Sicherheit zu leisten. Der Gewährleistungseinbehalt von 294.270,33 DM war daher nicht von dem Sicherungszweck der Bürgschaft umfasst und hat daher bei der Prüfung der Frage, ob die Vertragserfüllungsbürgschaft von der Beklagten zu Recht in Anspruch genommen worden ist, außer Betracht zu bleiben. e) Schließlich lässt sich eine Überzahlung der E durch die Beklagte auch nicht daraus herleiten, dass nach der Behauptung der Beklagten noch zahlreiche Restarbeiten/Leistungen der E zum Zeitpunkt der Vertragskündigung am 04.12.2000 ausstanden.

Als durch die Bürgschaft gesicherte Hauptforderung der Beklagten kommen dabei vorliegend Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung nach § 8 Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 VOB/B bzw. nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO in Betracht. Zum Zeitpunkt der Kündigung des Nachunternehmervertrages am 05.12.2000 war die E bereits insolvent, der Insolvenzantrag war im November 2000 bereits gestellt worden und es war zum Kündigungszeitpunkt bereits ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Gemäß § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B konnte die Beklagte daher den Nachunternehmervertrag kündigen. Der Einwand des Klägers, die E habe bis zur Vertragskündigung ihre Leistungen - bis auf nur geringfügig ausstehende Restleistungen - vollständig erbracht, so dass die Beklagte zur Kündigung des Vertrages nicht mehr berechtigt gewesen sei, überzeugt nicht. Dass noch Arbeiten am Bauvorhaben und hinsichtlich der Erstellung von Revisionsunterlagen oder sonstiger Dokumentationen zu erbringen waren, ergibt sich schon aus dem Schreiben des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 06.12.2000. Der Vortrag des Klägers ist im Übrigen auch widersprüchlich: Einerseits soll die E ihre Leistungen zum Zeitpunkt der Kündigung vom 04.12.2000 bereits vollständig ausgeführt haben, andererseits sollen noch Mängelbeseitigungsarbeiten nach Kündigung vorgenommen worden sein.

Hinzu kommt, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 06.12.2000 die weitere Erfüllung des Nachunternehmervertrages seitens E endgültig abgelehnt hat (§ 103 Abs. 1 InsO). Zwar findet § 103 InsO auf den vorläufigen Insolvenzverwalter keine Anwendung (Uhlenbruck, Rdnr. 62 zu § 103 InsO). Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E am 01.01.2001 wurde jedoch durch die (fortbestehende) Erfüllungsverweigerung des Insolvenzverwalters der ursprüngliche Erfüllungsanspruch der Beklagten nunmehr in einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung umgewandelt (§ 103 Abs. 2 Satz 1 InsO).

Ob der Beklagten darüber hinaus ein Kündigungsrecht auch aus § 8 Nr.3 Abs.1 VOB/B zugestanden hätte, weil die E die Mängel ausweislich der Liste vom 17.11.2000 nicht innerhalb der mit Schreiben vom 25.10.2000 und 24.11.2000 gesetzten Fristen beseitigt hat, kann daher dahingestellt bleiben. Eine wirksame Nachfristsetzung nach § 4 Nr. 7 VOB/B würde allerdings die Kenntnis der E von der Mängelliste vom 17.11.2000 voraussetzen, die von dem Kläger gerade bestritten worden ist.

Dass der Beklagten daher ein durch die Vertragserfüllungsbürgschaft der R + V Versicherung gesicherter Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des Bauvertrages gegen die Hauptschuldnerin zustand, steht mithin auch aufgrund des Vortrags des Klägers fest, nicht jedoch die Höhe dieses Anspruchs. Diesen hat die Beklagte darzulegen (BGH, NJW 1989, 1606 - 1607).

Der Verweis der Beklagten auf die Mängelliste vom 17.11.2000 ist dabei deshalb unbehelflich, weil das Schuldverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 04.12.2000 nach § 8 Nr.2 Abs.1 VOB/B in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt worden ist. Die Beklagte kann daher wegen der noch ausstehenden Restleistungen allenfalls Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung geltend machen (§ 8 Nr.2 Abs.2 S.2 VOB/B). Es genügt daher nicht, wenn die Beklagte lediglich Restleistungen/Mängel behauptet, vielmehr muss sie die Höhe eines ihr zustehenden Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung darlegen und beweisen. Da die Beklagte behauptet hat, bis zur Abnahme durch den Bauherrn die noch ausstehenden Mängel/Restarbeiten durch die Einschaltung von Drittfirmen beseitigt zu haben, muss sie die Höhe der Ersatzvornahmekosten konkret darlegen, die Schätzung ihres Ingenieurbüros (Bd. I, Anlage B 2, Bl. 51 d. A.) reicht - worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat - insoweit nicht aus. An konkreten Ersatzvornahmekosten hat die Beklagte jedoch nur folgende Positionen darlegen können:

S-Brandschutz GmbH (Bd. III, Anl. B 9, Bl. 576/580): 5.526,09 DM netto

S-Brandschutz GmbH (Bd. III, Anl. B 10, Bl. 582 d. A.): 18.137,47 DM netto

E-Ingenieure (Bauüberwachung Nov. 2000 - März 2001): 32.500,00 DM netto

E B Elektro (Überarbeitung Revisionsunterlagen, Bd. III, Bl. 553 d. A.): 100.000,00 DM netto

E B Elektro (Bd. III, Anl. B 13, Bl. 591/596 d. A.): 56.539,41 DM netto

TÜV-Kosten (Bd. III, Bl. 799 d. A.): 5.800,00 DM netto

Gestohlene Mikrowelle : 1.500,00 DM netto

Fa. B (Bd. IV, Anl. BM 7, Bl. 939 d. A.): 4.841,00 DM netto

Gesamt: 224.843,97 DM netto

Den von der Beklagten dargelegten Ersatzvornahmekosten in Höhe von 224.843,97 DM steht aber eine noch offene Vergütungsforderung der Fa. E in Höhe von 388.679,46 DM gegenüber. Eine Überzahlung der Fa. E lässt sich daher auch unter Berücksichtigung der Ersatzvornahmekosten nicht feststellen.

Es kann daher dahinstehen, ob die von der Beklagten behaupteten Kosten für die Abarbeitung der Restleistungen bzw. für die Überarbeitung der Revisions- und Bestandsunterlagen hinreichend substantiiert sind oder ob der diesbezügliche Vortrag in I. Instanz vom Landgericht zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden war (§ 528 Abs. 3 ZPO a. F.). Denn jedenfalls hat die Beklagte auch unter Berücksichtigung ihres Vortrages im Schriftsatz vom 26.09.2001 nicht dargelegt, dass sie die Bürgin zu Recht aus der Bürgschaft vom 26.07.1999 in Anspruch genommen hat, so dass das Landgericht im Ergebnis zutreffend der Klage auf Rückzahlung der 142.100,00 DM stattgegeben hat.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Beschwer der Beklagten wurde gem. § 26 Nr.8 EGZPO festgesetzt.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht vorliegen. Die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind bereits höchstrichterlich geklärt.

Ende der Entscheidung

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