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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 06.08.2007
Aktenzeichen: 4 U 248/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 517
ZPO § 522 Abs. 1
1. Eine Berufung ist spätestens mit dem Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung eines Urteils einzulegen, selbst wenn eine Zustellung (des Urteil)s noch nicht erfolgt ist, andernfalls ist das Rechtsmittel zu verwerfen (§ 517 2. Halbsatz ZPO).

2. Liegt ein datiertes Verkündungsprotokoll vor, so erbringt dieses als öffentliche Urkunde vollen Beweis dafür, dass an diesem Tag eine Entscheidung des aus der Anlage ersichtlichen Inhalts verkündet worden ist (§ 415 Abs. 1 ZPO). Die Verkündung wird auch nicht dadurch unwirksam, dass an diesem Tag das Urteil (noch) nicht in vollständiger Form abgefasst war.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

4 U 248/07

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richter am Oberlandesgericht Jahn und Richterin am Landgericht Höfs

am 06.08.2007

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichtes Mühlhausen vom 17.06.2005, Az.: 6 O 92/05, wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten der Berufung tragen die Kläger.

Der Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.867,08 € festgesetzt.

Gründe:

Die Kläger machen gegen die Beklagte Mängelbeseitigungsansprüche geltend.

Das Landgericht Mühlhausen hat die Klage mit am 17.06.2005 verkündeten Urteil abgewiesen. Das Urteil ist den Klägern am 01.03.2007 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 20.03.2007, eingegangen per Fax am 21.03.2007, haben die Kläger Berufung eingelegt. Mit weiterem Schriftsatz vom 23.05.2007, eingegangen per Fax am selben Tag wurde die Berufung begründet.

Nachdem der Senat auf die Unzulässigkeit der Berufung hingewiesen hat, beriefen sich die Kläger mit Schriftsatz vom 01.08.2007 darauf, dass sie wegen der vom Gericht unterlassenen Zustellung ohne eigenes Verschulden daran gehindert gewesen seien, die Berufungsfrist einzuhalten.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 1 ZPO unzulässig, weil verspätet. Sie wahrt zwar die Regelfrist des § 517, 1. Halbsatz ZPO, jedoch nicht die absolute Berufungsfrist des § 517, 2. Halbsatz ZPO. Diese begann mit Ablauf des 17.11.2005 und endete am 19.12.2005 (Montag).

Entgegen der Auffassung der Kläger wurde das angefochtene Urteil wirksam verkündet. Das Verkündungsprotokoll vom 17.06.2005 erbringt als öffentliche Urkunde vollen Beweis dafür, dass an diesem Tag eine Entscheidung des aus der Anlage ersichtlichen Inhalts verkündet worden ist (§ 415 Abs. 1 ZPO).

Aus der Tatsache, dass an das Verkündungsprotokoll nicht nur das in vollständiger Form abgefasste, sondern auch ein nur aus Rubrum und Tenor bestehendes, von der erkennenden Einzelrichterin unterzeichnetes Exemplar des Urteils angeheftet ist, ist zwar zu entnehmen, dass entgegen § 310 Abs. 2 ZPO das Urteil am 17.06.2005 nicht in vollständiger Form abgefasst war, sondern nur in Gestalt von Rubrum und Tenor. Hierdurch wird die Verkündung aber nicht unwirksam (BGH NJW 1999, 794; BGH, Beschluss vom 17.07.1997, Az.: V ZB 7/97, zitiert nach juris; BGH NJW 1989, 1156 - 1157; NJW 1988, 2046).

Den Klägern kann Wiedereinsetzung in der vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist nicht gewährt werden. Denn sie waren nicht ohne ihr Verschulden außer Stande, die absolute Berufungsfrist einzuhalten. Dem Prozessbevollmächtigten war der Verkündungstermin ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Er hat selbst vorgetragen, mit Schriftsatz vom 21.09.2006 eine Sachstandsanfrage gestellt zu haben, auf die keinerlei Reaktion erfolgt ist. Haben Prozessbevollmächtigte sämtliche in Betracht kommenden gesetzlichen Fristen zu überwachen, gilt dies insbesondere auch dann, wenn die Frist nur deshalb Bedeutung gewinnt, weil das Landgericht die 5-Monatsfrist des § 517 ZPO nicht eingehalten hat. Die Frist des § 517, 2. Halbsatz ZPO soll gerade den Eintritt der Rechtskraft trotz fehlender oder mangelhafter Zustellung sichern; sie hätte keinen Sinn, wenn ihre Nichteinhaltung bei fehlender Zustellung praktisch stets folgenlos bliebe (BGH MDR 1994, 200 - 201; OLG Stuttgart MDR 2003, 1312 - 1313).

Selbst wenn man aber die Einlegung der Berufung für unzumutbar hält, solange der Partei Art und Inhalt der verkündeten Entscheidung und somit das Ausmaß ihrer Beschwer nicht bekannt ist, führt dieser Umstand vorliegend zu keiner anderen Entscheidung. Denn hier ist zu sehen, dass das Urteil am 01.03.2007 zugestellt worden ist, wobei das Verkündungsdatum vom 17.06.2005 ersichtlich war. Jegliche Ungewissheit über das tatsächliche Verkündungsdatum wie auch über den Inhalt der Entscheidung war damit beseitigt. Damit entfiel auch das Hindernis an der Berufungseinlegung. Gemäß § 234 Abs. 1 und 2 ZPO hätte folglich spätestens mit Ablauf des 15.03.2007 Berufung eingelegt und ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt werden müssen, was jedoch nicht geschehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde gemäß §§ 3 ZPO, 47 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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