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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.10.2008
Aktenzeichen: 4 U 280/08
Rechtsgebiete: StHG, GrdstVG, ThVwVfg
Vorschriften:
StHG § 1 Abs. 1 | |
StHG § 2 | |
GrdstVG § 2 | |
GrdstVG § 6 Abs. 2 | |
GrdstVG § 6 Abs. 3 | |
GrdstVG § 9 | |
GrdstVG § 21 | |
GrdstVG § 22 | |
ThVwVfg § 43 Abs. 1 |
3. Wird ein Mitteilungsbescheid nach § 21 GrdstVG (betr. die Ausübung eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts) allein durch Zeitablauf (verspätete Zustellung an den Antragsteller) rechtswidrig, löst die damit einhergehende Versagung einer grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigung dann keinen Staatshaftungsanspruch aus, wenn das Landwirtschaftsamt im grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht von Amts wegen verpflichtet ist, nach Zeitablauf (§ 6 Abs. 2 GrdstVG) ein (sog.) Negativattest (§ 6 Abs. 3 GrdstVG) zu erteilen.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 08.10.2008
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richterin am Oberlandesgericht Billig und Richterin am Amtsgericht Hütte
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.10.2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 04.03.2008 - 7 O 1671/07 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits (beider Instanzen) fallen den Klägern zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert der Berufung beträgt 3.204,67 €.
Gründe:
I.
Die Kläger nehmen das beklagte Land auf Schadensersatz wegen ihnen entstandener Kosten eines gerichtlichen Landwirtschaftsverfahrens im Zusammenhang mit einem (zunächst) nicht erteilten Zeugnis nach § 6 Abs. 3 GrdstVG im Wege der Staatshaftung in Anspruch. Sie haben mit (not.) Kaufvertrag vom 9.1.2006 landwirtschaftliche Flächen erworben, der Erwerb bedurfte der grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigung durch das zuständige Landwirtschaftsamt (Sömmerda). Auf ihren Antrag vom 10.1.2006 (auf grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung) hat das Landwirtschaftsamt mit Zwischenbescheid vom 25.1.2006 mitgeteilt, dass der Kaufvertrag der Siedlungsbehörde - zur Prüfung und ggf. Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts - vorzulegen sei. Gleichzeitig hat die Genehmigungsbehörde die Monatsfrist (des § 6 Abs. 1 GrdstVG) um 2 Monate verlängert. Innerhalb der laufenden Prüfungsfrist stellten die Kläger den Antrag nach § 6 Abs. 3 GrdstVG (Negativattest). Daraufhin teilte das Landwirtschaftsamt den Klägern mit, dass die Prüfungsfrist noch laufe.
Am 30.3.2006 übte die Thüringer Landgesellschaft mbH ihr siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht bzgl. der von den Klägern erworbenen landwirtschaftlichen Flächen (nach § 4 RSG) aus. Mit Schreiben (Bescheid gem. §§ 6 RSG, 21 GrdstVG) - adressiert an die Kläger - vom 5.4.2006 teilte das Landwirtschaftsamt dies den Klägern mit und versagte damit die beantragte grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung des Grunderwerbs (§ 9 GrdstVG). Das Schreiben ging - laut Postausgangsbuch - am 6.4.2006 an die Kläger heraus, wurde diesen aber erst am 13.4.2006 - 1 Tag nach Ablauf der Frist des § 6 Abs. 2 GrdstVG - zugestellt.
Am gleichen Tag (13.4.06) stellten die Kläger daraufhin Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei dem zuständigen Landwirtschaftsgericht (gem. § 22 GrdstVG) und begründeten diesen damit, die Siedlungsgesellschaft habe ihr siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht rechtswidrig ausgeübt; auf den Fristablauf nach § 6 Abs. 2 GrdstVG gingen die Kläger nicht ein. Erst mit weiterem Antrag vom 15.6.2006 begehrten sie erneut - im laufenden landwirtschaftsgerichtlichen Verfahren - Erteilung des Zeugnisses nach § 6 Abs. 3 GrdstVG.
Am 23.11.2006 wies das Landwirtschaftsgericht die Anträge der Kläger ab, das Genehmigungsverfahren der Behörde sei im Hinblick auf die rechtmäßige Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts fehlerfrei gewesen. Der Erwerb der landwirtschaftlichen Flächen durch die Kläger stelle eine "ungesunde Verteilung von Grund und Boden dar, weil ein Nichtlandwirt landwirtschaftliche Grundstücke erworben habe, die zur Aufstockung eines landwirtschaftlichen Betriebes benötigt würden". Auf die Verfristung der Zustellung des Mitteilungsbescheids (vom 5.4.06) ging das (erstinstanzliche) Landwirtschaftsgericht nicht ein. Auf die Beschwerde der Kläger hob der Landwirtschaftssenat des Thür. OLG die Entscheidung des Amtsgerichts auf und erklärte im Hinblick auf die Verfristung, dass das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei und die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung als erteilt gelte.
Die den Klägern - in beiden Instanzen - erwachsenen Kosten in Höhe von 3.204,67 € fordern sie als Schadensersatz. Das Landgericht hat mit Urteil vom 4.3.08 der Klage stattgegeben. Auf die Urteilsgründe wird Bezug genommen (§ 540 ZPO).
Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 7.3.2008 zugestellte Urteil hat diese mit Schriftsatz vom 4.4.2008 - Eingang am 7.4.2008 - Berufung eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz vom 30.4.2008 - Eingang am 2.5.2008 - begründet. Der Beklagte rügt fehlerhafte Rechtsanwendung. Die Genehmigungsfiktion des § 6 Abs. 2 GrdstVG sei nicht durch eine rechtswidrige Amtshandlung des Landwirtschaftsamtes Sömmerda, sondern schlicht durch Fristablauf - wegen verspäteter Zustellung des Bescheids vom 5.4.06 - eingetreten. Die Kläger hätten, anstatt den Antrag auf gerichtliche Entscheidung (nach § 22 GrdstVG) zu stellen, nach Fristablauf am 13.4.2006 erneut das Zeugnis nach § 6 Abs. 3 GrdstVG beim Landwirtschaftsamt beantragen können. Es fehle daher auch an der Kausalität des Schadens. Den Klägern sei es mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vorrangig und zunächst ausschließlich um die Frage gegangen, ob die Thüringer Landgesellschaft mbH das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht nach § 4 RSG ausüben durfte oder nicht. Soweit die Kläger dann im laufenden landwirtschafsgerichtlichen Verfahren den Antrag nach § 6 Abs. 3 GrdstVG nachgeschoben hätten, hätte diesen Antrag das Landwirtschaftsgericht bescheiden müssen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen - unter Verteidigung des Urteils des Landgerichts -
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meinen, der Mitteilungs-/Versagungsbescheid vom 5.4.2006 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrags wird insbesondere auf ihren Schriftsatz vom 25.8.08 (Bl. 137 ff d.A.) Bezug genommen.
II.
Die (statthafte) Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 Abs. 2, 3 ZPO); sie ist mithin zulässig. In der Sache hat sie Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und Klageabweisung.
Den Klägern steht kein Anspruch aus § 1 StHG gegen den Beklagten zu. § 1 Abs. 1 StHG erfordert, dass einem Bürger ein kausaler Schaden durch einen Amtsträger in Ausübung staatlicher (hoheitlicher) Tätigkeit rechtswidrig zugefügt wurde. Es fehlt bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen dieses (verschuldensunabhängigen) Haftungstatbestands, ferner aber auch an der Kausalität des beanstandeten Bescheids für die Kosten des landwirtschaftsgerichtlichen Verfahrens. Es bestand auch am 18.4.2006 - nach Rücklauf der PZU - keine (amtswegige) Rechtspflicht des Landwirtschaftsamtes zur Erteilung eines Negativattests (§ 6 Abs. 3 GrdstVG) - ohne neuen Antrag der Kläger.
Im Einzelnen geht der Senat von folgenden Überlegungen aus:
1. Das Thür. Staatshaftungsrecht ist aus dem der DDR hervorgegangen; danach beschränkte sich die Haftung auf hoheitliches Unrecht, welches in Ausübung öffentlicher (hoheitlicher) Gewalt dem Bürger zugefügt wurde (vgl., Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. S 442). Hier stellt sich die Frage, ob beim Tatbestandsmerkmal der (rechtswidrigen) Schadenszufügung nach Handlungs- oder Erfolgsunrecht abzugrenzen ist. Aus dem Tatbestand des Art. 104 Abs. 1 DDR-Verfassung ergibt sich, dass dort von ungesetzlichen Maßnahmen die Rede ist. Das deutet auf Handlungsunrecht hin. Das Staatshaftungsrecht der DDR ist durch Maßgaben des Einigungsvertrages ergänzt und modifiziert worden in Richtung einer unmittelbaren, verschuldensunabhängigen Staatshaftung, wie sie im Kern Gegenstand der Staatshaftungsreform der BRD gewesen ist; d.h. der Haftungstabestand ist nicht durch Haftungsbegrenzungen wie Drittbezogenheit der verletzten Pflichten oder Ausprägung eines menschenmöglichen Sorgfaltsmaßstabs eingeengt worden. (vgl. StaatshaftungsG BRD 1981). Das hat aber nichts an dem Tatbestand des haftungsauslösenden Handlungsunrechts geändert.
Ein Schaden - nach § 1 Abs. 1 StHG - kann aber durch Tun oder Unterlassen zugefügt werden; ein Unterlassen ist für den Schaden nur dann kausal, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestand.
Ferner ist die Rechtswidrigkeit der schadensauslösenden hoheitlichen Maßnahme im Sinne einer objektiven Rechtswidrigkeit zu verstehen.
Ferner besteht nach § 2 StHG eine Schadensminderungs- und Schadensabwendungspflicht (des Geschädigten). Auch dies hat (mittelbar) Einfluss auf das tatbestandliche Handlungsunrecht im Sinne von § 1 Abs. 1 StHG
Dies vorangestellt, fehlt es nach Auffassung des Senats schon an einem Tatbestand der rechtswidrigen Schadenszufügung durch das vom Landwirtschaftsamt bis zum 5.4.2006 rechtmäßig betriebene Verfahren.
Das Verfahren bis zum Bescheid über die Mitteilung der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts - also bis zum 5.4.06 - ist nicht zu beanstanden. Die Fristverlängerung - der Zwischenbescheid vom 25.1.2006 - war rechtmäßig; ebenso die Mitteilung der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts durch die Siedlungsgesellschaft. Das Landwirtschaftsamt hatte die Voraussetzungen des § 4 RSG nicht (selbst) zu prüfen, also nicht, ob die Ausübung durch die Thüringer Landgesellschaft den materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 4 RSG entsprach, nachdem die Siedlungsgesellschaft das Vorkaufsrecht nach § 4 RSG ausgeübt hatte (vgl. arg. e contrario § 9 Abs. 5 GrdstVG). Nach den Ausführungen des Landwirtschaftsgerichts Erfurt (Beschluss vom 23.11.2006) war die Genehmigung nach §§ 6, 9 GrdstVG aus materiellrechtlichen Gründen zu versagen. Das Amt hat auch den Mitteilungsbescheid rechtzeitig - vor Fristablauf - zur Post aufgegeben. An den Eintragungen im Postausgangsbuch ist nicht zu zweifeln; Anhaltspunkte für eine Fälschung liegen nicht vor. Das Anzweifeln (der Kläger) der rechtzeitigen Aufgabe der Mitteilung an sie zur Post genügt nicht; das Postausgangsbuch wurde schon erstinstanzlich vorgelegt (Anlage B 5 zur Einlassung [auf die Klage] vom 23.11.07, Bl. 26 ff, 31, 41 d.A.).
Die Genehmigungsfiktion (§ 6 Abs. 2 GrdstVG) ist nicht durch ein zögerliches Verhalten des Amtes eingetreten, sondern erst durch eine verspätete, zum Zeitpunkt der Absendung nicht vorhersehbare Zustellung des Bescheides nach § 21 GrdstVG; an einem rechtswidrigen Tun des Amtsträgers fehlt es mithin.
Eine Haftung (des Beklagten) könnte daher nur in Betracht kommen, wenn das Amt nach erkannter Rechtswidrigkeit (des Versagungsbescheids) wegen Fristablaufs (durch verspätete Zustellung des Versagungsbescheids) eine unmittelbare Rechtspflicht zum Handeln hatte, also frühestens - nach Rücklauf der PZU - am 18.4.06 dahingehend, den Klägern von sich aus das Zeugnis nach § 6 Abs. 3 GrdstVG zu erteilen.
Eine solche Rechtspflicht bestand nach Auffassung des Senats nicht. Das Zeugnis nach § 6 Abs. 3 GrdstVG ist nur auf Antrag zu erteilen (Antragsverfahren); eine Pflicht zur Erteilung des Negativattests - von Amts wegen - besteht nicht. § 6 Abs. 3 GrdstVG verlangt im Übrigen, dass die Entscheidung über die Genehmigung oder die Genehmigung selbst - durch Fristablauf - unanfechtbar geworden ist. Eine unanfechtbare Entscheidung über die Genehmigung lag am 13. bzw. 18.4.2006 aber noch gar nicht vor. Die Kläger können sich zwar auf die Genehmigungsfiktion des § 6 Abs. 2 GrdstVG - durch Fristablauf - berufen, weil der ihnen zuzustellende Verwaltungsakt (die Mitteilung über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts( Versagung der Genehmigung) 1 Tag nach Ablauf der (verlängerten) Frist des § 6 Abs. 1 GrdstVG zugegangen war und damit nach § 43 Thür VwVfG der "Versagungsbescheid" rechtswidrig wurde. Zu diesem Zeitpunkt lag aber ein zu bescheidender Antrag (der Kläger) nach § 6 Abs. 3 GrdstVG nicht (mehr) vor.
Der (frühere) Antrag der Kläger vom 27.2.06 hatte sich durch die Fristverlängerung und die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts, spätestens mit dessen Mitteilung am 5.4.06, der gleichzeitig eine Ablehnung ihres Antrags (durch Versagung der beantragten Genehmigung nach § 9 GrdstVG) darstellt, erledigt. Damit scheidet ein automatisches Aufleben des zunächst rechtmäßig abgelehnten Antrags (auf Erteilung der Genehmigung) nach Auffassung des Senats aus. Mit Kenntniserlangung der verspäteten Zustellung (der Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts/Versagung der Genehmigung) an die Kläger am 18.4.06 lag zwar wieder die Ausgangssituation des § 6 Abs. 2 GrdstVG vor, aber es fehlte eben ein (neuer) Antrag auf Erteilung des Negativattests.
Es bedurfte also eines neuen Antrags nach § 6 Abs. 3 GrdstVG. Ein solcher wurde aber von den Klägern erst am 15.6.2006, im gerichtlichen Landwirtschaftsverfahren, adressiert an das Amtsgericht Erfurt, gestellt und nicht an das Landwirtschaftsamt. Da auch dieses befugt war, die Genehmigungsfiktion festzustellen (§ 22 Abs. 3 GrdstVG), konnte das Landwirtschaftsamt hierüber nicht entscheiden. Da mithin eine Rechtspflicht (des Amtsträgers der Beklagten) zum Erteilen des Zeugnisses fehlt, kann das Unterlassen auch nicht als tatbestandlich iSd § 1 Abs. 1 StHG gewertet werden.
2. Im Übrigen hatten die Kläger bereits zuvor - am 13.4.06 - Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, und zwar, weil sie die gesetzlichen Voraussetzungen eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts (der Thüringer Siedlungsgesellschaft) in Zweifel zogen. Sie haben daher durch eigenes Tun, ohne dass das Amt die Gelegenheit hatte, ein gerichtliches Verfahren zu verhindern, den Antrag nach § 22 GrdstVG gestellt. Damit haben sie zum Ausdruck gebracht, dass es ihnen (zunächst) um die Prüfung der materiellrechtlichen Voraussetzungen der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts der Thüringer Siedlungsgesellschaft und nicht um die Erteilung eines Negativattests ging. Mithin scheidet eine erst auf ein späteres Unterlassen der Behörde gestütztes Verhalten als schadensverursachend aus.
Im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität ist ein Abstellen allein auf die Äquivalenzformel der condition sine qua non nicht zielführend. Zur Feststellung des Ursachenzusammenhangs muss die pflichtwidrige Handlung (oder das Unterlassen) hinweggedacht, aber nicht weitere Umstände hinzugedacht werden (vgl. BGH NJW 86, 576; BGH 95, 126, 127). Eine pflichtwidrige Handlung (im engeren Sinne) lag gar nicht vor; eine Rechtspflicht (zum Handeln) müsste also hinzugedacht werden, die den Schaden (welchen ?) vermieden hätte. Die Kläger haben aber erst durch eigenes Tun - den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 22 GrdstVG - die Kosten verursacht, deren Ersatz sie mit der Klage verlangen, bevor das Landwirtschaftsamt Kenntnis haben konnte, dass der Versagungsbescheid rechtswidrig war(wurde) und das Amt hätte tätig werden können. Am 18.4.2006 war das landwirtschaftsgerichtliche Verfahren aber schon in Gang gesetzt und Kosten entstanden.
Stellt man - wie die Kläger - auf den Zeitpunkt der Mitteilung ab, die (erst) mit verspätetem Zugang an die Kläger rechtswidrig wurde (§ 43 ThürVwVfG), nach Auffassung der Kläger aber - im Hinblick auf § 43 Thür VwVfG von Anfang an rechtswidrig war, fehlt es auch an den weiteren Kausalitätskriterien der Adäquanz und des Zurechnungszusammenhangs des Schutzzwecks der Norm. Die conditio sine qua non- Formel bedarf, um eine unerträgliche Ausweitung der Schadensersatzpflicht zu vermeiden, dieser Einschränkungen (vgl. Palandt-Heinrichs, 67. Aufl., vor § 249 Rz 58 ff). Die Behörde war aber zu diesem Zeitpunkt gesetzlich verpflichtet, die Kläger (Antragsteller im Verfahren nach § 6 GrdstVG) über das (Antrags-)Hindernis der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts zu informieren. Nach dem zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhersehbaren Eintritt der Rechtswidrigkeit wegen verspäteter Zustellung des Mitteilungsbescheids kann letzterer - bezogen auf den Mitteilungszeitpunkt - nicht die Möglichkeit des (späteren) Schadenseintritts im Sinne der Adäquanzformel impliziert haben, auch wenn es bei der Beurteilung der Adäquanz nicht auf die Einsicht oder Voraussicht des "Schädigers" ankommt, sondern auf eine objektiv nachträgliche Prognose, die aber (auch) verlangt, dass alle einem optimalen Betrachter zur Zeit des Schadenseintritts erkennbaren Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. BGHZ 3, 266). Verlagert man mit der Ansicht der Kläger die Rechtswidrigkeit und damit den Schadenseintritt auf den Mitteilungszeitpunkt, obwohl zu diesem Zeitpunkt objektiv die Behörde nicht anders handeln konnte (durfte; s.o.), fehlt es an der Tatbestandlichkeit der rechtswidrigen Schadenszufügung wie an der Kausalität.
3. Schließlich ergibt sich aus § 2 StHG eine Pflicht der Kläger, statt des gerichtlichen Verfahrens den Schaden, der in den (höheren) Kosten dieses Verfahrens liegt, dadurch abzuwenden, dass sie - nach verfristeter Zustellung am 13.4.06 - einen neuen Antrag nach §§ 2, 6 Abs. 1 GrdstVG, an das Landwirtschaftsamt stellten. Das haben sie nicht getan. Aus diesem Grund entfiele bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht eine Haftung aus § 1 Abs. 1 StHG. Hinsichtlich des Verschuldens ist auf einen im Zivilrecht objektiven Maßstab abzustellen; die Kläger waren anwaltlich beraten. Ihr Anwalt hätte erkennen können, dass er u.U. mit einem neuen Antrag bei dem Landwirtschaftsamt leichter ans Ziel kam.
Weitere Ausführungen dazu können letztlich dahingestellt bleiben, da es - wie ausgeführt - bereits am Haftungsgrund und an der Kausalität fehlt. Die Kläger haben das gerichtliche Verfahren nach § 22 GrdstVG - ohne Not und voreilig - in Gang gesetzt. Sie haben im gerichtlichen Verfahren erst spät den (neuen) Antrag auf Erteilung des Zeugnisses nach § 6 Abs. 3 GrdstVG gestellt. Im Hinblick auf die klare Entscheidung des THOLG war die Genehmigungsfiktion bereits am 13.4.06 allein auf Grund verfristeten Zugangs der Mitteilung nach § 21 GrdstVG eingetreten.
4. Die Ausführungen der Kläger in ihrer Berufungserwiderung ändern daran nichts. Der Bescheid vom 5.4.06 wurde - im Ergebnis - erst mit verspäteter Zustellung an die Kläger rechtswidrig; diese (objektive) Rechtswidrigkeit trat nicht durch ein Tun des Amtsträgers der Beklagten ein, sondern - schlicht - durch Zeitablauf. Es fehlt daher an einer rechtswidrigen Schadenszufügung durch das Amt. Die lediglich formale Betrachtungsweise und der Bezug auf § 43 ThürVwVfg, wonach ein VA erst in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem er dem Adressaten bekannt gegeben wird, hilft hier nicht weiter. Dieser Zeitpunkt markiert lediglich den Eintritt der (objektiven) Rechtswidrigkeit. Haftungsrechtlich muss hinzukommen, dass ab diesem Zeitpunkt eine Rechtspflicht zum Handeln des Amtsträgers bestand. Daran fehlt es vorliegend (s.o.). Soweit am 12.4.06, 24.00 Uhr die Fiktion der Genehmigung eintrat (§ 6 Abs. 2 GrdstVG), blieb es den Klägern unbenommen, einen neuen Antrag nach § 6 Abs. 3 GrdstVG zu stellen.
Nach alledem fehlt es ersichtlich an einem Haftungsgrund. Das gilt erst recht für andere - nur von den Klägern - in Betracht gezogene Haftungsgründe wie eine Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG), zumal es bei der Amtshaftung im Weiteren auch an einem Verschulden des Amtsträgers fehlt.
Die Klage war daher abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die über die vorläufige Vollstreckung folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Für eine Zulassung der Revision fehlt es an Gründen nach § 543 Abs. 2 ZPO. Den Klägern ist zuzugeben, dass es sich vorliegend um eine interessante Rechtsfrage handelt. Dies allein begründet jedoch noch keinen Zulassungsgrund iSv § 543 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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