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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 02.06.2004
Aktenzeichen: 4 U 318/04
Rechtsgebiete: CMR


Vorschriften:

CMR Art. 17 Nr. 1
1. Die Haftung des Frachtführers nach Art. 17 Nr. 1 CMR greift nur dann ein, wenn der Schaden an dem transportierten Gut zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Sache in der Obhut des Frachtführers befindet (Obhutshaftung), also zwischen Übernahme des Frachtguts und dessen Ablieferung am Bestimmungsort. Bestreitet der Frachtführer, dass das in Verlust geratene Frachtgut überhaupt in seine Obhut gelangt ist, greift zu Gunsten des Absenders die Beweisvermutung des Art. 9 Nr. 1, 2 CMR ein, wenn sich die vollständige Verladung des Guts aus einem ordnungsgemäß azsgestellten und vom Absender und Frachtführer unterzeichneten CMR-Frachtbrief ergibt.

2. Der Frachtführer trifft im Falle eines Schadens an dem transportierten Gut eine sekundäre Darlegungslast, auf Grund derer er gehalten ist, die näheren Umstände seiner Betriebsorganisation und der von ihm getroffenen Sicherungsmaßnahmen (während des Transports) vorzutragen.

3. Fehlt es an einer substantiierten Einlassung hierzu und vereitelt der Frachtführer eine ihm mögliche Dokumentation des Transportverlaufs, indem er z.B. die Tachoscheibe trotz Kenntnis davon, dass Ansprüche gegen ihn erhoben werden, vernichtet, ist außerdem von einem leichtfertigen Verhalten im Sinne von Art. 29 CMR auszugehen, wenn der Schadensghergang also solcher ungeklärt bleibt.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 318/03

Verkündet am: 02.06.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richterin am Oberlandesgericht Billig und Richter am Landgericht Schur

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Erfurt - Kammer für Handelssachen - vom 25.02.2003 - Az.: 1 HKO 214/02 - abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 23.451,93 € nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 07.11.2001 zu bezahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits (beider Rechtszüge) zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert der Beschwer beträgt - entsprechend wird der Streitwert des Berufungsverfahrens festgesetzt - 20.797,96 €.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist der Transportversicherer der Fa. M AG Essen. Sie nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Ersatz eines Transportschadens in Anspruch.

Die Beklagte war von der Fa. M beauftragt worden, die Beförderung von auf Paletten beladenen Computern an die Fa. H KG in Stockerau/Österreich zu übernehmen. Die Beklagte holte am 14.11.2000 die zu transportierende Sendung bei der Fa. L in K ab. Die Entladung bei dem Empfänger, der Fa. H KG, erfolgte ausweislich des vorgelegten Frachtbriefes am 16.11.2000. Dabei wurde festgestellt, dass von an sich 30 zu verladenden Paletten eine fehlte, also nur 29 Paletten beim Empfänger angekommen waren.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe auf dem von ihr vorgelegten Frachtbriefdokument und einem weiteren - im Termin vom 21.04.2004 vorgelegten - CMR-Frachtbrief die Übernahme von 30 Paletten bestätigt, so dass zu ihren Gunsten die Beweisregel des Artikel 9 CMR eingreifen würde. Auf dem Transport nach Stockerau sei eine Palette mit Personalcomputern in Verlust geraten. Für diesen Verlust hafte die Beklagte in voller Höhe, die Beklagte könne sich nicht auf die Haftungshöchstgrenzen der CMR berufen, da sie den Verlauf des Transportes und der getroffenen Sicherungsmaßnahmen nicht schlüssig dargelegt habe. Folglich sei davon auszugehen, dass der Schaden vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit des Frachtführers entstanden sei. Auf der verloren gegangenen Palette hätten sich 21 Kartons mit Personalcomputern befunden, wobei pro PC ein Einzelpreis i. H. v. 2.184,19 DM in Ansatz gebracht werde, was einen Schaden i. H. v. 45.867,99 DM (= 23.451,93 €) ergebe.

Die Beklagte trägt vor, dass ihr Fahrer, der Zeuge J, die Übernahme von 30 Paletten bestätigt habe, ohne zuvor die tatsächlich verladenen Paletten gezählt zu haben. Vielmehr habe er sich auf die Aussage des Verlademitarbeiters verlassen, dass alle - in den Frachtdokumenten bescheinigten - Paletten verladen worden seien. Es müsse aber davon ausgegangen werden, dass tatsächlich nur 29 Paletten verladen worden seien, da der Verlust einer Palette während des Transportes von ihrem Fahrer nicht bemerkt worden sei. Einen Verlust während des Transports schließe sie aus, weil insbesondere auch die bei der Beladung in Kölleda angebrachte Firmenplombe bei der Anlieferung der Ladung in Stockerau unversehrt geblieben sei.

Zum Verlauf der Fahrt trägt die Beklagte vor, der Zeuge J habe sich am 14.11.2000 bei der Fa. L gegen 13:00 Uhr gemeldet und sei nach Verladung der Ware gegen 16:00 Uhr/17:00 Uhr losgefahren. Zunächst sei er bis zum Rasthof Rosenhof (Autobahn Richtung Regensburg) gefahren und habe dort eine etwa 2-stündige Pause eingelegt, wobei die Beklagte zunächst behauptet hat, der Fahrer habe sich die ganze Zeit im Fahrzeug aufgehalten. Mit Schriftsatz vom 19.12.2002 hat sie jedoch eingeräumt, dass der Fahrer ca. eine dreiviertel Stunde im Autohof zum Essen verbracht habe. Gegen 3:00 Uhr am folgenden Tag habe er dann seine Fahrt fortgesetzt und sei gegen 14:00 Uhr/15:00 Uhr in Stockerau eingetroffen, habe das Fahrzeug dort abgestellt und bis zur Entladung am nächsten Tag 8:00 Uhr eine Ruhepause gemacht. Dabei habe er das Fahrzeug mit Ausnahme von kleineren kürzeren Pausen nicht verlassen.

Im Übrigen beruft sich die Beklagte auf Verjährung. Soweit sie mit Schreiben vom 07.11.2001 (Bl. 48 d. A.) auf die Einrede der Verjährung bis zum 31.01.2002 verzichtet habe, habe sie dies nur gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin getan.

Darüber hinaus bestreitet die Beklagte die Schadenshöhe.

Das Landgericht hat der Klägerin nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen J nur einen Schadensersatzanspruch im Rahmen der Haftungshöchstgrenze gem. Art. 23 Nr.1 CMR i.V.m. Nr.3 i.H.v. 2.653,97 € zuerkannt und die Klage im übrigen abgewiesen. Dabei ist es auf Grund des von der Klägerin vorgelegten Frachtbriefdokumentes davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Palette in die Obhut der Beklagten gelangt und somit auf dem Transport verloren gegangen sei. Allerdings komme dem von der Klägerin vorgelegten Frachtbrief nicht die Beweiskraftwirkung des Art. 9 CMR zu, vielmehr sei dem Frachtbrief (nur) der Beweiswert einer Urkunde beizumessen, so dass eine widerlegbare Vermutung für die Richtigkeit der Angabe von 30 Paletten auf dem Frachtbrief bei Übernahme bestehe.

Das Landgericht hat eine unbeschränkte Haftung des Frachtführers jedoch verneint und dies im weiteren damit begründet, es fehle nach den insoweit glaubhaften Schilderungen des Zeugen J zum Ablauf der Fahrt an Anhaltspunkten für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nach Art. 29 CMR (des Frachtführers).

Im übrigen wird gem. § 540 Nr.1 ZPO ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag auf Zahlung von 23.451,93 € weiter. Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte sich auf die Haftungshöchstgrenzen der CMR nicht berufen könne. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Schaden vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit der Beklagten verursacht worden sei. Sie rügt den Vortrag der Beklagten zum Transportverlauf als widersprüchlich und lückenhaft. So fehle es bereits an jeglichem Vortrag dazu, ob der Rasthof Rosenhof bewacht und/oder beleuchtet war, wo das Fahrzeug auf dem Parkplatz abgestellt worden und ob dieses vom Rasthof, in dem sich der Zeuge J aufgehalten habe, einsehbar gewesen sei. Auch habe die Beklagte bzw. der Zeuge J keinerlei Angaben zu dem Parkplatz gemacht, auf den er in der Nacht vom 15. zum 16.11.2000 gefahren ist. Zudem hätte das Landgericht auf die Vorlage der Tachoscheibe bestehen müssen und sich nicht mit der Aussage des Zeugen J zufrieden geben dürfen. Außerdem sei die Beweiswürdigung des Gerichtes angreifbar, weil es die Aussage des Zeugen J zum Transportablauf selbst als glaubhaft eingestuft habe, die Bekundungen des Zeugen zum Verladen der Paletten dagegen nicht.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 25.02.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Erfurt; Aktenz.: 1 HKO 214/02 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 23.451,93 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinsatz seit dem 07.11.01 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil; insbesondere habe sie ihrer Darlegungslast durch die Schilderung des Transportverlaufs genügt. Mithin trage die Klägerin für die Tatsache, dass ein qualifiziertes Verschulden vorliege, die volle Beweislast. Im übrigen habe die Berufung nicht aufzeigen können, weshalb der Schilderung des Transportverlaufes durch den Zeugen J nicht geglaubt werden könne.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige Berufung der Klägerin hat in vollem Umfang Erfolg. Der Klägerin steht in dem geltend gemachten Umfang ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu; eine Haftungsbeschränkung scheidet aus, weil die Beklagte sich durch die nur unvollständige Darlegung des 2-tägigen Transportverlaufs nicht entlasten konnte.

Auf das vorliegende Frachtgeschäft findet das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR; vgl. amtl. deutsche Übersetzung in BGBl. 1961 II S. 1119 ff) Anwendung, da zwischen der Fa. M und der Beklagten ein entgeltlicher Vertrag über die Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen abgeschlossen worden ist, wobei der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Staaten lagen (Art. 1 Nr. 1 CMR). Gemäß Art. 17 Nr. 1 CMR haftet der Frachtführer für den gänzlichen oder teilweisen Verlust des Gutes, soweit dieser im Zeitraum zwischen der Übernahme und der Ablieferung - also während des Transports - eingetreten ist; eine Beschränkung auf 8,33 RE für jedes fehlende kg des Rohgewichtes kommt dann in Betracht, wenn der Frachtführer den Schaden nicht vorsätzlich oder durch ein ihm zur Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach dem Recht des angerufenen Gerichtes dem Vorsatz gleich steht (Art. 29 Nr. 1 CMR).

Die Haftung des Frachtführers nach Art. 17 Nr. 1 CMR greift danach nur dann ein, wenn der Schaden an dem transportierten Gut in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Sache in der Obhut des Frachtführers befindet. Hiervon geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht aus. Dem Vortrag der Beklagten, dass die fehlende Palette bei dem Absender nicht verladen worden ist, mithin nicht während ihrer Obhut in Verlust geraten sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Denn zu Gunsten der Klägerin greift im vorliegenden Fall die Beweisvermutung des Art.9 Nr.1, 2 CMR ein. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Original-CMR-Frachtbrief vom 14.11.2000 - Blatt 181 d. A. - vorgelegt, welcher neben der Unterschrift des Zeugen J auch die Unterschrift des Absenders, der Fa. L, aufweist. Der ordnungsgemäße Frachtbrief beweist (widerleglich) den formellen Konsens, die Personen des Absenders und des Frachtführers sowie die Vertragskonditionen, die sich aus dem Frachtbrief ergeben (vgl. hierzu Koller, Transportrecht, 5. Aufl., CMR Art. 9 Rz. 2 mit weiteren Nachw.).Es besteht die Vermutung der Vollständigkeit, da Sonderabreden im Frachtbrief einzutragen sind (vgl. Koller aaO mit weiteren Nachweisen in FN 10 S. 1086). Aus dem genannten Frachtbrief ergibt sich die Übernahme von 30 EU-PC System 207 mit einem Bruttogewicht von 7370 kg. Daher streitet zu Gunsten der Klägerin die Beweisregel des Art. 9 Nr. 2 CMR dafür, dass auch 30 Paletten mit Personalcomputern verladen und damit in die Obhut der Beklagten gelangt sind.

Der Verwertung des Frachtbriefs steht nicht entgegen, dass die Klägerin diesen erst mit Schriftsatz vom 25.02.2004 (erneut) vorgelegt hat. Eine Präklusion nach § 531 Abs.2 ZPO scheidet aus, weil schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 21.01.2003 von dem Zeugen J ein im Protokoll mit "CMR-Frachtbrief" bezeichnetes Dokument überreicht, dem Zeugen offensichtlich nach Inaugenscheinnahme in diesem Termin aber zurückgegeben wurde. Der Senat geht daher davon aus, dass der mit Schriftsatz der Klägerin vom 25.02.2004 (erneut) vorgelegte CMR-Frachtbrief bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2003 gewesen ist.

Die Beklagte konnte die sich aus Art. 9 Nr.2 CMR ergebende Beweisvermutung nicht widerlegen. Der Aussage des Zeugen J, der einerseits beim Verladen 29 Paletten gezählt aber dennoch während der Fahrt den CMR-Frachtbrief und das weitere von der Klägerin vorgelegte Frachtbriefdokument, auf denen jeweils 30 Paletten angegeben worden sind, unterschrieben haben will, ohne den Widerspruch aufzuklären, kann, wie bereits das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht gefolgt werden. Auf die zutreffende Beweiswürdigung des Landgerichts, welches die Widersprüche und Ungereimtheiten in der Aussage der Zeugen J im einzelnen aufgezeigt hat, nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Der Senat folgt jedoch nicht der Auffassung des Landgerichts in Bezug auf die Haftungsbegrenzung nach Art. 23 Nr. 3 CMR. Auf diese Haftungsbegrenzung kann sich die Beklagte nicht berufen, weil nach Auffassung des Senats hier davon auszugehen ist, dass dem Frachtführer Vorsatz oder ein diesem gleichwertiges Verschulden zur Last fällt (vgl. Art. 29 Nr. 1 CMR).

Da der Beförderungsvertrag nach dem 01.07.1998 abgeschlossen worden ist, steht nach dem Recht des angerufenen Gerichts i. S. v. Nr. 29 Nr. 1 CMR gem. § 435 HGB n. F. nur ein Verhalten des Frachtführers oder eines seiner Gehilfen i. S. d. Art. 3 CMR dem Vorsatz gleich, das leichtfertig und in dem Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts erfolgt ist (vgl. hierzu Koller CMR Art. 29 Rz. 3, 3 a und 3 b mit Nachw.; OLG Hamburg, TranspR 2002, 344).

Nach allgemeiner Auffassung hat, da es sich bei Art. 29 Nr. 1 CMR um eine Haftungsverschärfung (durch Auschluss einer gesetzlichen Haftungsbegrenzung) handelt, die Klägerin grundsätzlich die Tatsachen, aus denen sich ein solches qualifiziertes Verschulden ergibt, darzulegen und zu beweisen (BGH NJW-RR 2004, 394, 395; NJW 2003, 3626; OLG Köln, VersR 2001, 1445). Damit die Klägerin jedoch in die Lage versetzt wird, dieser Darlegungs- und Beweislast nachzukommen, trifft andererseits den Frachtführer (hier die Beklagte) eine Einlassungspflicht. Die Beklagte ist angesichts des unterschiedlichen Informationsstandes der Vertragsparteien gehalten, die näheren Umstände ihrer Betriebsorganisation vorzutragen und insbesondere darzulegen, welche Sicherungsmaßnahmen sie gegen den Verlust oder die Beschädigung der ihr anvertrauten Güter getroffen hat (st. Rspr., vgl. BGH NJW-RR 2004, 394, 395 m.w.N.; OLG Düsseldorf, TranspR 1996, 169). Gleicht die Beklagte das Informationsdefizit der Klägerin nicht durch einen entsprechenden detaillierten Sachvortrag aus, ist von einem leichtfertigen Verhalten i. S. d. Art. 29 CMR auszugehen, dass wiederum den Rückschluss darauf zulassen kann, dass es vom Bewusstsein getragen wurde, ein Schadenseintritt drohe mit Wahrscheinlichkeit (BGH NJW-RR 2004, 394, 395; BGH TranspR 2001, 29 ff.; OLG Hamburg, TranspR 2002, 344). Insofern hat sich durch die Gesetzesänderung, wonach für die unbeschränkte Haftung des Frachtführers nunmehr anstelle der groben Fahrlässigkeit der strengere Sorgfaltsmaßstab der Leichtfertigkeit anzulegen ist, an der Beweislastverteilung nichts geändert (BGH, a.a.O.).

Entgegen der Auffassung des Landgericht ist aber der Vortrag der Beklagten zum Transportverlauf und -organisation zu ihrer Entlastung nicht ausreichend. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den transportierten PCŽs um ein hochwertiges, leicht absetzbares Gut handelt, welches daher in erhöhtem Maße diebstahlsgefährdet ist. Zwar dürfen hinsichtlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen bei einem Transport nach Österreich nicht die gleichen, strengen Sicherheitsanforderungen gestellt werden, wie z. B. bei einem Transport nach Italien (BGH WM 1998, 2071) oder von Marokko nach Deutschland (BGH NJW-RR 1999, 254). Jedoch war vorliegend zumindest eine in sich nachvollziehbare und plausible Darstellung der während des Transportes getroffenen Sicherungsmaßnahmen durch die Beklagte erforderlich. An einer entsprechend substantiierten Darstellung der Beklagten zum Transportverlauf und den getroffenen Sicherungsmaßnahmen fehlt es jedoch.

Bereits ihr Vortrag zum Transportverlauf ist in sich widersprüchlich und teilweise auch lückenhaft. So hat die Beklagte zunächst behauptet, der Zeuge J habe sich während des Aufenthaltes auf der Raststätte in Rosenheim ununterbrochen im Fahrzeug aufgehalten; mit Schriftsatz vom 19.12.2002 hat sie jedoch eingeräumt, dass der Zeuge J ca. eine dreiviertel Stunde im Autohof verbracht habe. In diesem Zusammenhang ist von der Beklagten noch nicht mal dargetan worden, dass der Zeuge J das Fahrzeug ordnungsgemäß verschlossen hatte und welche Sicherheitsvorkehrungen gegen ein unbefugtes Öffnen der Türen des Fahrzeugs der Beklagten getroffen waren.

Der Umstand, dass nach dem Abladen der PCŽs keine Beschädigung der an dem LKW angebrachten Plomben festgestellt wurde, vermag die Beklagte nicht zu entlasten, da dies gerichtsbekannt ein unbefugtes Öffnen der Fahrzeugtüren unter Manipulation der Plombe nicht ausschließt.

Darüber hinaus geht die Unaufklärbarkeit der Schadensursache auch deshalb zu Lasten der Beklagten, weil diese die ihr mögliche - lückenlose - Dokumentation des Transportverlaufes vereitelt hat. Sie hat nämlich die Tachoscheibe trotz Kenntnis des Umstandes, dass Ansprüche gegen sie gestellt worden sind, nach einem Jahr vernichtet. Angesichts der hier unüblich langen Dauer des Transportes von Deutschland nach Österreich von 2 Tagen können daher weitere, von der Beklagten bislang nicht eingeräumte Zwischenhalte, bei denen eine Gelegenheit zum Entwenden der streitgegenständlichen PCŽs bestand, nicht ausgeschlossen werden. Die mangelhafte Dokumentation des Transportverlaufes durch die Beklagte mit der Folge, dass das Abhandenkommen der Palette nicht mehr aufklärbar ist, führt hier dazu, dass die Beklagte die Vermutung eines bewusst leichtfertigen Fehlverhaltens mit entsprechender Schadensursächlichkeit nicht entkräftet hat (vgl. zu vergleichbaren Fällen OLG Köln, VersR 2001, 1445; OLG Hamburg, TranspR 2002, 344).

Der BGH hat zudem in einer neueren Entscheidung bestätigt (BGH, NJW-RR 2004, 394, 395), dass der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden auch dann gerechtfertigt ist, wenn, wie hier, der Schadenshergang völlig ungeklärt ist und kein nachvollziehbarer und lückenloser Vortrag des Transporteurs zum Transportverlauf vorliegt. In einem solchen Fall ist nach Auffassung des BGH, der sich der Senat anschließt, nicht nur davon auszugehen, dass bei dem Transport ein hinreichender Schutz der zu befördernden Güter gegen ein Abhandenkommen nicht gewährleistet war, sondern auch, dass die in § 428 HGB genannten Personen mit dem Bewusstsein gehandelt haben, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden eintreten (BGH, a.a.O.).

Auf Verjährung kann sich die Beklagte nicht berufen. Der Verjährungsverzicht gem. dem Schreiben der Beklagten vom 07.11.2001 bezieht sich, wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, bei verständiger Würdigung aus Sicht des Empfängerhorizontes auf die Klägerin und nicht deren Prozessbevollmächtigten.

Die Klägerin hat auch durch die vorgelegten Lieferscheine/Rechnungen die Höhe des Schadens ihrer Versicherungsnehmerin hinreichend unter Beweis gestellt. Aus dem Frachtbrief, Bl.21 d.A., ergibt sich, dass sich auf jeder Palette 21 Stück (PC) befunden haben (609 Stck. PC ./. 29 Paletten = 21). Weiterhin hat die Klägerin durch Vorlage der Rechnung der Fa. M an die H KG belegt, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin die PCŽs zu einem Stückpreis von 2.234,19 DM an die Fa. H hätte veräußern können. An der Richtigkeit des in der Rechnung angegebenen Einzelpreises hat der Senat keinen Zweifel, zumal die Schadenshöhe von der Beklagten lediglich mit Nichtwissen bestritten worden ist und ein Preis von 2.234,19 DM pro PC für einen PC mit 900 Mz und 128 MB im Jahr 2000 auch nicht ungewöhnlich hoch erscheint. Die Klägerin hat bei ihrer Schadensberechnung sogar noch einen geringeren Stückpreis von 2.184,19 DM zugrundegelegt, so dass der Klägerin auf ihre Berufung über die vom Landgericht bereits zuerkannten 2.653,97 € hinaus ein weiterer Betrag von 20.797,96 € zuzusprechen war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Beschwer (und entsprechend der Streitwert der Berufung) der Klägerin wurde entsprechend ihrem zweitinstanzlichen Antrag festgesetzt.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht vorliegen. Die Entscheidung der hier aufgeworfenen Rechtsfragen erging im Einklang der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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