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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.07.2006
Aktenzeichen: 4 W 273/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 93
1. Ein sofortiges Anerkenntnis kann von einem in Anspruch genommenen Bürgen auch noch nach Anzeige der Verteidigungsbereitschaft im Termin zur mündlichen Verhandlung abgegeben werden, wenn er vorprozessual (noch) nicht in Anspruch genommen wurde und die Hauptschuld bei Klageerhebung (noch) nicht fällig war.

2. Erforderlich ist lediglich ein vor den Sachanträgen vorbehaltlos abgegebenes Anerkenntnis hinsichtlich der bestehenden Bürgschaftsverpflichtung.

3. Einer prozessarmen Partei kann in diesem Zusammenhang nicht angelastet werden, dass sie zur Zahlung der Gesamtschuld nicht sofort in der Lage ist und mit dem Anerkenntnis noch kein sofortiger Zahlungsausgleich erfolgt.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

4 W 273/06

In dem Verfahren

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller als Einzelrichter auf die Beschwerde der Klägerin vom 17.5.2006 gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts Erfurt im Anerkenntnisurteil vom 28.4.2006

am 6.7.2006

beschlossen:

Tenor:

Die (sofortige) Beschwerde wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Der Beschwerdewert wird auf 9.960,-€ festgesetzt.

Gründe:

Die nach §§ 99 Abs. 2, 569 ZPO form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Die Anwendung des § 93 ZPO zu Gunsten der Beklagten lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Beklagten haben zur Klage keine Veranlassung gegeben; dies hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Veranlassung zur Klage gibt ein Beklagter, wenn sein vorprozessuales Verhalten - ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage - gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klageerhebung nicht zu seinem Recht kommen (vgl. Rechtsprechungszitate bei Zöller-Herget zu § 93 ZPO Rz 3). Maßgebender Zeitpunkt für die Prüfung der Klageveranlassung ist nicht die Abgabe des Anerkenntnisses, sondern der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, auf die hin das Anerkenntnisurteil ergeht. Der Zeitpunkt fällt vorliegend zusammen, so dass auf das Verhalten der Beklagten bis zum und im Termin vom 21.3.2006 abzustellen ist. In diesem Termin haben die Beklagten sofort nach den Hinweisen des Gerichts zur Fälligkeit eines Teils der Hauptforderung und zur Wirksamkeit der Bürgschaft ihre Zahlungsverpflichtung in der ausgeurteilten Höhe anerkannt.

Die nach Klageerhebung zunächst angezeigte Verteidigungsbereitschaft und der angekündigte Klageabweisungsantrag - üblicherweise als nachträgliche Klageveranlassung bezeichnet - stehen einem sofortigen Anerkenntnis hier deshalb nicht entgegen, weil die zum Zeitpunkt des Erlasses des Mahnbescheids und der anschließenden Klageerhebung eingeklagte Forderung (noch) nicht fällig war. Darauf hat das Landgericht im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.3.2006 hingewiesen. Dies betrifft sowohl die Hauptforderung gegenüber der Hauptschuldnerin als auch die zu dieser akzessorische Bürgschaftsforderung. Auf die Überschreitung des Kreditrahmens durch die Hauptschuldnerin kann sich die Klägerin gegenüber den Bürgen in diesem Zusammenhang nicht berufen, da sie jedenfalls die Bürgen bis dato nicht in Anspruch genommen hatte. Soweit sich die Hauptschuldnerin mit einem Teil der Hauptforderung in Verzug befunden haben könnte, berührt dies nicht das vorprozessuale Verhalten der Beklagten als Bürgen und kann ihnen bei der Frage der Klageveranlassung nicht angelastet werden. Die Pflicht zum pünktlichen Rechnungsausgleich hatte nur die Hauptschuldnerin. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, die Beklagten aus der streitgegenständlichen Bürgschaft vorprozessual in Anspruch genommen oder gemahnt zu haben. Danach kann das im Termin vom 21.3.2006 vor den Sachanträgen abgegebene - nach Rücknahme der Klage im Übrigen vorbehaltlose - Anerkenntnis nur als sofortiges gewertet werden.

Unter diesen Umständen hindert auch der nicht sofort erfolgte Zahlungsausgleich nicht die Anwendung des § 93 ZPO. Es ist der Klägerseite zwar zuzugestehen, dass bei (fälligen) Geldschulden die sofortige Leistungserbringung zum (verbalen) Anerkenntnis hinzukommen muss (s. die zahlreichen Rechtsprechungszitate bei Zöller-Herget, § 93 ZPO Rz 6). Bei einer Partei, die aber nicht einmal die Kosten der Prozessführung aufbringen kann, kann hierauf nicht abgestellt werden, weil sie auf Grund ihrer Vermögenssituation nicht sofort leisten kann. Auch das hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 14.6.2006 berücksichtigt.

Bleibt die Kostenbeschwerde mithin erfolglos, fallen der Klägerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Last (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Den Beschwerdewert hat der Senat nach dem Kosteninteresse der Klägerin - bezogen auf den Beschwerdeantrag - festgesetzt. Es hat hierbei berücksichtigt, dass sich die Beklagten im Termin vom 21.3.2006 verpflichtet haben, hinsichtlich der von der Klägerin erklärten Teilklagerücknahme keinen Kostenantrag zu stellen; demzufolge hat der Senat die Anwaltsgebühren nach dem Wert des anerkannten Betrags (= 110.000,- €) berechnet.

Ende der Entscheidung

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