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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.11.2006
Aktenzeichen: 4 W 365/06
Rechtsgebiete: JVEG, ZPO
Vorschriften:
JVEG § 25 Satz 1 | |
JVEG § 18 | |
ZPO § 407 a |
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss
In dem selbständigen Beweisverfahren
hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena auf die Beschwerde des Sachverständigen vom 03.05.2006 gegen den Beschluss des Landgerichts Mühlhausen vom 03.02.2006, Nichtabhilfeentscheidung vom 24.07.2006, durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Richterin am Oberlandesgericht Billig und Richter am Oberlandesgericht Jahn am 07.11.2006
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Sachverständigen wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Die Entschädigung des Sachverständigen K. und die gerichtliche Festsetzung sowie das Beschwerdeverfahren richten sich nach dem ZSEG in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung, da der erste Auftrag an den Sachverständigen bereits im Januar 2002 erteilt wurde (vgl. § 25 Satz 1 JVEG, § 18 ZSEG i.d.F. vom 22.02.2002) und es sich bei den übrigen Aufträgen um Anordnungen zur Ergänzung des schriftlichen Gutachtens vom 26.07.2002 handelt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 31. Auflage 2002, ZSEG, § 18, Rn. 5).
Die Beschwerde ist statthaft (§ 16 Abs. 2 ZSEG) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die dem Sachverständigen K. zu gewährende Entschädigung zu Recht auf 40,04 EUR festgesetzt und eine Rückzahlung des überzahlten Betrages angeordnet.
Der Sachverständige hat seinen Entschädigungsanspruch verloren, weil er den Auftrag übernommen hat, obwohl seine Fachkenntnisse nicht ausreichten, das Gutachten zu erstatten.
Der Verlust des Entschädigungsanspruchs bzw. die Wirkung von Leistungsstörungen ist weder in der ZPO noch im ZSEG geregelt und wegen der besonderen öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen Sachverständigem und Gericht auch nicht dem BGB zu entnehmen. Die Leistungsstörung kann aber wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht ohne Auswirkung auf den Entschädigungsanspruch des Sachverständigen bleiben (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 413 Rn. 2; MüKo-Damrau, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 413 Rn. 3). Der Entschädigungsanspruch entfällt bei einer Leistungsstörung infolge Übernahmeverschuldens (MüKo-Damrau, aaO, § 413 Rn. 5). Das Verschulden kann darin liegen, dass der Sachverständige das Gutachten trotz nicht ausreichender Sachkunde übernimmt (§ 407a ZPO); hierfür genügt leichte Fahrlässigkeit (Hesse, Verlust des Entschädigungsanspruchs des gerichtlichen Sachverständigen, in: NJW 1969, 2263-2268 [2266]; Zöller/ Greger, aaO, § 413 Rn. 4; MüKo-Damrau, aaO, § 413 Rn. 5).
Nach § 407a Abs. 1 Satz 1 ZPO hat der Sachverständige zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt. Öffentlich bestellte Sachverständige sind für bestimmte Fachgebiete bestellt; von daher hat der Sachverständige zu prüfen, ob er die Gutachterfrage mit dem zum Gebiet gehörenden Fachwissen beantworten kann. Bei allen anderen Personen, die das Gericht nach seinem Ermessen als Sachverständige auswählt, lässt sich nicht generell festlegen, wann der Auftrag in ihr Fachgebiet fällt; es muss von diesen so viel Objektivität erwartet werden, dass sie sich in Bezug auf die Gutachtenfrage nicht völlig überschätzen (MüKo-Damrau, aaO, § 407a Rn. 4). Konnte der Sachverständige zunächst ohne Pflichtverletzung davon ausgehen, dass er der Sache gewachsen sein werde, so entfällt sein Vergütungsanspruch naturgemäß erst von dem Zeitpunkt an, in dem er erkannte oder erkennen musste, dass sein Fachkenntnisse nicht ausreichten (Hesse, aaO, S. 2266).
Der Sachverständige K. hätte bereits bei Auftragserteilung im Januar 2002 erkennen müssen, dass seine Fachkenntnisse nicht ausreichten, sämtliche Fragen zu beantworten.
Bereits mit dem ersten Auftrag wurde dem Sachverständigen aufgegeben, u.a. die Frage zu beantworten, welche Kosten für die fachgerechte Mängelbeseitigung und Objektüberwachung erforderlich seien. Die Antragsteller hatten dies in ihrem Schriftsatz vom 25.09.2001 beantragt, das Landgericht hatte die Frage in den Beweisbeschluss vom 12.11.2001 übernommen und der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 26.07.2002 auf Seite 5 ausdrücklich festgestellt, dass diese Fragestellung auch für die von ihm festgestellten Mängel an den Fenster- und Türelementen galt. Er kann daher nicht mit der Beschwerde rügen, erst durch Beschluss vom 14.01.2005 sei er beauftragt worden, zu den Kosten Stellung zu nehmen.
Der Sachverständige hat auch gewusst, dass er zur Beantwortung dieser wesentlichen Beweisfrage (vgl. § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) eine "detaillierte Kostenanalyse" zu erstellen hatte; dies hat er auf Seite 42 seines Gutachtens vom 26.07.2002 klargestellt. Er hätte aber bereits bei Auftragserteilung erkennen müssen, dass er dies nicht leisten kann. Im Ergänzungsgutachten vom 04.05.2005 beziffert er - "auf der Grundlage mir vorliegender 30jähriger Berufserfahrung und Erfahrungen zu den Durchschnittspreisen anderen vor- und nachgelagerten Gewerken" - die Kosten mit 29.928 EUR, ohne auch nur ansatzweise eine Kostenkalkulation darzulegen. Bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens am 29.11.2005 hat er dann eingeräumt, er habe für sich eine Kalkulation erstellt, indem er gesehen habe, für welche Arbeiten er welche Preise in Ansatz zu bringen habe. Darauf habe der dann den Gesamtbetrag gestützt. Einzelne Angebote zu den auszuführenden Arbeiten habe er nicht eingeholt. Ebenso habe er kein Preiskalkulationsprogramm oder sonstige Literatur zur Preiskalkulation bei der Bestimmung der Mängelbeseitigungskosten herangezogen (vgl. Seite 4 des Protokoll vom 29.11.2005).
Nach alledem hätte er bereits bei Auftragserteilung im Januar 2002 das Gericht verständigen müssen, dass seine Fachkenntnisse nicht ausreichten, das Gutachten zu erstatten. Er kann auch nicht mit Erfolg rügen, er wäre trotz dieser Mitteilung i. S. des § 407a Abs. 1 ZPO zur Erstattung des Gutachtens gem. § 407 ZPO verpflichtet gewesen, denn es liegt auf der Hand, dass das Gericht ihn unverzüglich von der Erstattung des Gutachtens entbunden hätte. Unter diesen Umständen kann er auch nicht damit gehört werden, seine Feststellungen - zumindest - bezüglich der Mängel und der Mängelbeseitigungsmaßnahmen seien zur Beweissicherung geeignet. Auch die Rüge, das Gericht habe es versäumt, seine Tätigkeit nach § 404a Abs. 1 ZPO zu leiten, berücksichtigt nicht, dass er bereits bei der ersten Auftragserteilung die Grenzen seiner Sachkunde hätte anzeigen müssen, worauf ihm nicht etwa nur ein Teil, sondern der gesamte Auftrag entzogen worden wäre.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Verjährung von Amts wegen zu prüfen wäre (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 2 ZSEG, der sich auf Abs. 5 beziehen dürfte, bzw. § 15 Abs. 6 ZSEG, der ausdrücklich nicht auf § 10 Abs. 3 Satz 1 GKG verweist), da Ansprüche auf Erstattung zuviel gezahlter Entschädigung in vier Jahren verjähren (§ 15 Abs. 6 ZSEG i.V. mit § 10 Abs. 2 Satz 1 GKG), hier also ohnehin nicht verjährt sind.
Die Kostenfolge beruht auf § 16 Abs. 5 ZSEG.
Ende der Entscheidung
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