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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 03.02.2004
Aktenzeichen: 5 U 709/03
Rechtsgebiete: InsO, InsVV


Vorschriften:

InsO § 171 Abs. 1
InsO § 171 Abs. 2
InsVV § 3 Abs. 1 a
InsVV § 5
1. Eine Erhöhung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters durch die Befassung mit Rückkaufswerten von Lebensversicherungen gehört nicht grundsätzlich zu den Verwertungskosten i.S.v. § 171 Abs.2 Satz 2 InsO.

2. Kosten, die durch die Erhöhung der Verwaltervergütung des Insolvenzverwalters gemäß § 3 Abs.1 a InsVV entstanden sind, zählen nicht zu den Verwertungskosten i.S.v. § 171 Abs.2 Satz 2 InsO.

3. Soweit ein Insolvenzverwalter für äußerst einfache Tätigkeiten einen Rechtsanwalt heranzieht, sind dadurch entstehende Kosten nicht als für die Verwertung erforderlich gemäß § 171 Abs.2 Satz 2 InsO anzusehen.

4. Die festen Kosten für die Vorhaltung eines umfangreichen Verwaltungsapperats mit hoch qualifizierten Mitarbeitern bzw. technischen Geräten durch den Insolvenzverwalter stellen in der Regel keine Verwertungskosten i.S.v. § 171 Abs.2 Satz 2 InsO dar.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 709/03

Verkündet am: 03.02.2004 In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Ross, Richter am Oberlandesgericht Bayer und Richter am Landgericht Gann

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 09.07.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9800,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter die Auszahlung einer einbehaltenen Verwertungspauschale abzüglich entstandener Verwertungskosten geltend.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 6.597,16 € nebst Zinsen verurteilt.

Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass die Verwertungskosten nicht pauschal mit 5 % des gesamten Verwertungserlöses anzusetzen seien (§ 171 Abs. 2 S. 1 InsO), da die tatsächlich entstandenen und für die Verwertung erforderlichen Kosten erheblich niedriger gewesen seien. Für die Abfassung von 2 Schreiben an die Lebensversicherungsanstalt, zwei Telefonaten mit selbiger, der Abrechnung gegenüber der Klägerin, der durchgeführten Verbuchung und Auskehrung der Beträge hat das Landgericht gem. § 287 ZPO die Verwertungskosten auf insgesamt 300,00 € geschätzt.

Die benannten Tätigkeiten seien vom Umfang und dafür erforderlichen Fachwissen äußerst einfach gewesen.

Die Rückkaufswerte der abgetretenen Lebensversicherung seien nicht in die Bemessungsgrundlage der Vergütung einzubeziehen, da vom Beklagten nicht dargelegt worden sei, dass er sich zum Zeitpunkt seiner vorläufigen Insolvenzverwalterbestellung im nennenswerten Umfang mit den Rückkaufswerten der streitgegenständlichen Lebensversicherung befasst habe. Dagegen würden auch die vorgelegten Schreiben an die Lebensversicherungsanstalt sprechen, die alle nach dem Eröffnungsbeschluss vom 12.07.2002 datieren.

Auch die geltend gemachte Erhöhung gem. § 3 Abs. 1 a InsO sei nicht den Verwertungskosten zuzuordnen. Soweit die Tätigkeiten die Verwertung betreffen, seien diese kein "erheblicher Teil" der Tätigkeit des Insolvenzverwalters i.S. der genannten Vorschrift.

Die vom Beklagten geltend gemachten Kosten eines Rechtsanwalts gem. § 5 Abs. 1 Insolvenzverwaltervergütungsverordnung (InsVV) seien vorliegend für die Verwertung nicht erforderlich gewesen. Für diese einfache Tätigkeit sei auch für einen nicht als Rechtsanwalt zugelassenen Verwalter die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht nötig. Für die Verwertung sei lediglich ein einfaches Kündigungsschreiben notwendig gewesen.

Eine Vergütung gemäß § 5 InsVV scheide nach § 118 oder § 120 BRAGO aus.

Auch der Aufwand bezüglich des vorgerichtlichen Schriftverkehrs mit der Klägerin sei nicht zu den Verwertungskosten gem. § 171 Abs. 2 InsO gehörig. Die Verwertung sei zu dem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen, auch wenn im Nachhinein Streit über die Richtigkeit der Abrechnung entbrannte. Auch die Kosten des Rechtsstreits gehörten nicht zu den Verwertungskosten.

Gegen dieses Urteil legte der Beklagte form- und fristgerecht Berufung ein. Zur Begründung trägt er vor, das Landgericht habe die angebotenen Beweis nicht berücksichtigt und Hinweise nach § 139 ZPO nicht erteilt. Aufgrund der Beweisangebote habe sich das Gericht zudem nicht auf eine bloße Schätzung nach § 287 ZPO zurückziehen dürfen.

Das Landgericht habe weiter verkannt, dass die Kosten der vorläufigen Insolvenzverwaltervergütung bereits festgesetzt worden seien und es daher nicht mehr zur Überprüfung des Landgerichts gestanden habe, ob die Erhöhung der vorläufigen Insolvenzverwaltervergütung zu Recht erfolgt ist.

Durch die Befassung mit den Rückkaufswerten sei daher die Insolvenzverwaltervergütung um 4785,89 € erhöht worden. Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters sichere die Rückkaufswerte. Die Sicherstellung gehe begriffsnotwendig einer späteren Verwertung vor. Es handele sich dabei daher um eine Vorbereitungshandlung der späteren Verwertung. Wenn diese Kosten berücksichtigt werden, seien die Verwertungskosten bereits nicht mehr erheblich geringer als die Kostenpauschalen des § 171 Abs. 2 InsO.

Die Erwägungen des Landgerichts zu § 3 Abs. 1a InsVV seien ebenfalls nicht haltbar. Die diesbezügliche Einschätzung obliege ausschließlich dem Insolvenzgericht. Die Bearbeitung des von der Klägerin geltend gemachten Absonderungsrechtes rechtfertige die Erhöhung der Verwaltervergütung um den einfachen Satz gem. § 3 Abs. 1a InsVV. Diese Kosten zählten zu den Verwertungskosten.

Hierdurch seien Kosten in Höhe von 3.489,89 € entstanden.

Das Landgericht habe sich zudem erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu den vorgetragenen Rechtsauffassungen geäußert. Der Beklagtenvertreter habe um Stellungnahmefrist im Rahmen der Güteverhandlung gebeten. Dies sei verwehrt worden.

Im Urteil werde auf Seite 9 ausgeführt, dass weitergehender Vortrag des Beklagten notwendig sei. Diesbezüglich hätte ein rechtlicher Hinweis ergehen müssen. Das Urteil sei daher aufzuheben.

Zudem verkenne das Urteil die Vorschrift des § 171 InsO und sei mit der gesetzlichen Beweislastverteilung nicht vereinbar. Nach § 171 Abs. 2 InsO verbleibe es bei der gesetzlichen Kostenpauschale von 5 %, sofern die tatsächlich angefallenen Kosten nicht erheblich niedriger seien als die Kostenpauschale. Dies werde in der Literatur angenommen, wenn 50 % von der Pauschale abgewichen wird. Diesbezüglich liege die Beweislast vorliegend bei der Klägerin. Diese habe jedoch bloße Zahlen in den Raum gestellt, denen das Landgericht im Wege der Schätzung gem. § 287 ZPO gefolgt sei. Ein hinreichender Vortrag habe jedoch nicht vorgelegen.

Hinsichtlich der Kosten des Rechtsanwalts habe das Landgericht nicht zu prüfen gehabt, ob der Beklagte für derartige Tätigkeiten einen Rechtsanwalt hinzuziehen durfte. Zur raschen Abwicklung von Insolvenzverfahren sei eine Heranziehung von Rechtsanwälten möglich und notwendig. Bei Lebensversicherungen könne eine strikte Trennung von Feststellungs- und Verwertungskosten nicht erfolgen. Bei einem Kündigungsschreiben erfolge zuvor immer eine Prüfung der Sach- und Rechtslage. Die Kosten zählten daher zu den Verwertungskosten. Hilfsweise setzt der Beklagte Kosten in Höhe von 1.268,17 € an (zur Berechnung wird auf den Schriftsatz vom 08.09.2003 Bezug genommen, Bl. 101, 108 d.A.).

Die gerichtlichen Schätzungen seien zudem nicht nachvollziehbar. Alleine durch die Kündigungsschreiben und die Gespräche mit den Lebensversicherungen sei ein Zeitaufwand von 3 Stunden entstanden, was bei einem Stundensatz des angestellten Rechtsanwaltes von 300 € entsprechend berücksichtigt hätte werden müssen (zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer: 1067,20 €).

Auch die Kosten für den vorgerichtlichen Schriftverkehr fallen nach Ansicht des Beklagten unter die Verwertungskosten. Neben den Kosten zur Vorbereitung seien auch die Kosten, die nach der Verwertung entstehen, Verwertungskosten. Für die Schreiben sei ein Zeitaufwand von 7 Stunden erforderlich gewesen, bei einem Stundensatz von 500 € (insges. 4176,00 € inkl. Umsatzsteuer).

Die Kostenschätzung für die Verbuchung der Zahlungen in Höhe von 50 € greift der Beklagte nicht an.

Insgesamt seien für die Verwertung tatsächlich Kosten in Höhe von 13.769,45 € in Ansatz zu bringen. Der Beklagte beantragt daher,

das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 11.07.2003 zu dem Aktenzeichen - 2 O 209/03 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das ihr günstige Urteil.

Sie bestreitet, dass in Höhe der an die Klägerin ausgekehrten Beträge eine Erhöhung der Insolvenzverwaltergebühren entstanden ist. Dem Beklagten seien auch keine Rechtsanwaltskosten entstanden, zumindest keine erstattungsfähigen.

II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf Auszahlung der einbehaltenen Verwertungspauschale (6.897,16 €) abzüglich der tatsächlich entstandenen Kosten der Verwertung (300,00 €) zuerkannt. Das Urteil hält den Angriffen der Berufung stand.

Bei den Verwertungskosten war nicht der Pauschalbetrag nach § 171 Abs. 2 S. 1 InsO in Höhe von 5 % des Verwertungserlöses(vorliegend: 6.897,16 €) anzusetzen, sondern lediglich die für die Verwertung erforderlichen tatsächlich entstandenen Kosten (§ 171 Abs. 2 S. 2 InsO). Die tatsächlich entstandenen Kosten liegen erheblich unter dem Pauschalbetrag.

Das Landgericht hat die tatsächlich entstandenen Kosten mit 300 € zutreffend gemäß § 287 ZPO geschätzt. Zu berücksichtigen waren dabei lediglich die zwei Schreiben des Beklagten an die Lebensversicherungsanstalt, die zwei Telefonate mit selbiger, die Rechnungslegung und Verbuchung.

Soweit der Beklagte der Ansicht ist, es seien Kosten in Höhe von 13.769,45 € entstanden, kann dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Auffassung des Beklagten zählt vorliegend die von ihm behauptete Erhöhung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters von 4785,89 € durch die Befassung mit den Rückkaufswerten der Lebensversicherungen nicht zu den Verwertungskosten.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und in welcher Höhe die Vergütung infolge der Befassung mit den Rückkaufswerten tatsächlich erhöht wurde. - Die Rüge des Beklagten, das Landgericht habe seine Hinweispflicht verletzt, da es nicht auf eine aus seiner Sicht unzureichende Darlegung des Umfangs der Befassung mit den Rückkaufswerten hingewiesen habe, ist daher unerheblich. - Dem Landgericht ist zuzustimmen, dass eine Berücksichtigung einer Erhöhung der Vergütung nur dann maßgeblich wäre, wenn diese in Folge der Durchführung und der Vorbereitung der Verwertung entstanden ist. Das Landgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die Verwertung dem Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung vorbehalten ist, soweit nicht eine Ausnahmefall - z.B. Notverkauf verderblicher Ware - vorliegt. Auch in der Berufung hat der Beklagte keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass er als vorläufiger Insolvenzverwalter bereits Tätigkeiten vorgenommen hat, die als Vorbereitungen für eine Verwertung angesehen werden könnten. Der Vortrag des Beklagten beschränkt sich vielmehr darauf, dass er sich als vorläufiger Insolvenzverwalter mit den Rückkaufswerten der Lebensversicherungen befasst und die Rückkaufswerte gesichert habe. Sein Argument, die Sicherstellung gehe begriffsnotwendig einer späteren Verwertung vor und sei daher letztendlich als eine Vorbereitungshandlung der späteren Verwertung anzusehen, verfängt nicht. Dies trifft auch auf Maßnahmen zu, die der Feststellung oder Erhaltung dienen, deren Kosten jedoch gerade nicht zu den Verwertungskosten zählen. Die Feststellungskosten werden pauschal nach § 171 Abs. 1 InsO abgegolten. Ein Kostentragungspflicht hinsichtlich der Erhaltungskosten ist gesetzlich nicht geregelt, obzwar sie nach dem Regierungsentwurf vorgesehen war.

Eine Berücksichtigung der Erhöhung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalter könnte allenfalls dann in Betracht kommen, wenn dieser aus dringlichen Gründen (verderbliche Waren) bereits eine Verwertung vorbereiten oder durchführen musste. Im Übrigen obliegt es dem endgültigen Insolvenzverwalter, die Art der Verwertung zu bestimmen und dementsprechend die Vorbereitungen zur Verwertung vorzunehmen.

Vorliegend ist eine derartige Dringlichkeit nicht gegeben. Wie bereits dargelegt, hat der Beklagte auch keine Tätigkeiten dargelegt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der nachfolgenden Verwertung standen.

Auch aus der Erhöhung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters kann nicht bereits darauf geschlossen werden, dass bei der Insolvenzmasse Kosten für die Verwertung der Absonderungsrechte an den Lebensversicherungen angefallen sind (a.A. Tetzlaff, EWiR § 171 InsO 3/03, 1199, 1200). Eine Erhöhung der Vergütung beruht nicht zwangsläufig auf Tätigkeiten zur Vorbereitung oder Durchführung der Verwertung. Die Bearbeitung von Absonderungsrechten kann sich darauf beschränken, dass eine Ermittlung - d.h. Feststellung - der Lebensversicherungen durch den vorläufigen Insolvenzverwalter vorgenommen wird. So findet sich ein Hinweis auf die Ermittlungen auch im Antrag des Beklagten auf Festsetzung der vorläufigen Insolvenzverwaltervergütung (Anlage B 4).

Der Beklagte macht zudem ohne Erfolg geltend, dass die Kosten, die durch die Erhöhung der Verwaltervergütung des Insolvenzverwalters um den einfachen Satz gemäß § 3 Abs. 1 a InsVV entstanden sind, zu den Verwertungskosten im Sinne des § 171 Abs. 2 InsO zählen (so aber Nerlich/Römermann-Becker, InsO (Stand Juli 2003), § 171 Rdnr. 16 - jedoch ohne Begründung). Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Mit der Erhöhung nach § 3 Abs. 1 a InsVV soll gerade nicht die Tätigkeit der Verwertung absonderungsrechtsbehafteter Gegenstände vergütet werden - diese erfolgt aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV -, sondern eine mit erheblichem Aufwand verbundene Feststellung solcher Rechte (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 3. Aufl. 2002, § 3 Rdnr 12; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht 6. Aufl. 2002, Rdnr. 2496; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren 2000, Rdnr. 110; Wimmer/Dauernheim/Wagner/ Weidekind-Lorenz, Handbuch des Fachanwalts Insolvenzrecht 2002, 24. Kapitel Rdnr. 34). Bei den Kosten, die durch eine derartige Vergütungserhöhung entstehen, handelt es sich daher um Kosten der Feststellung im Sinne des § 171 Abs. 1 InsO, nicht dagegen um Kosten der Verwertung im Sinne von § 171 Abs. 2 InsO.

Das Landgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die von Beklagten angeführten Kosten des Rechtsanwaltes (§ 118 BRAGO), der die Lebensversicherung gekündigt, das weitere Anschreiben an die Lebensversicherung gerichtet sowie die Telefongespräche mit dieser geführt hat, nicht bei den Verwertungskosten zu berücksichtigen sind. Entgegen der Auffassung des Beklagen hat das Gericht durchaus zu überprüfen, ob die Heranziehung eines Rechtsanwaltes erforderlich war oder nicht. Nach § 171 Abs. 2 S. 2 InsO kommt es auf die für die Verwertung erforderlichen Kosten an.

Dem Landgericht ist zuzustimmen, dass es sich bei den Schreiben und Telefonaten um äußerst einfache Tätigkeiten handelte, für die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter angemessenerweise gerade keinen Rechtsanwalt benötigte.

Freilich ist es dem Insolvenzverwalter unbenommen, zur raschen Abwicklung von Insolvenzverfahren einen Rechtsanwalt mit Aufgaben zu betreuen. Die dadurch entstehenden Kosten hat der Insolvenzverwalter jedoch dann selbst zu tragen. Soweit zur Klärung von rechtlich schwierigen Problemen die Heranziehung eines Rechtsanwaltes in Hinblick auf dessen Spezialwissen erforderlich ist, sind die dadurch entstehenden Kosten Teil der Verwaltungskosten und können unter die Feststellungskosten fallen. Soweit diese Kosten über den Pauschalbetrag liegen, sind sie von der Masse zu tragen, nicht jedoch von dem Sicherungsgläubiger (vgl. MünchKommInsO-Lwowski 2002, § 171 Rdnr. 41).

Erstinstanzlich hat der Beklagte den Zeitaufwand für die Ermittlungen des zugrundeliegenden Sachverhaltes sowie für die rechtliche Prüfung (u.a. Wirksamkeit der Abtretung der Lebensversicherungsansprüche) durch den von ihm beauftragten Rechtsanwalt mit 10 Stunden angesetzt. Bei diesen Arbeiten handelt es sich jedoch nicht um Maßnahmen der Verwertung, sondern der Feststellung.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist - auch im Falle von Lebensversicherungen - strikt zwischen Feststellungs- und Verwertungskosten zu unterscheiden. Dies erfordert bereits die gesetzlich unterschiedliche Regelung der Vergütung.

Als konkrete Verwertungshandlungen hat das Landgericht die Schreiben vom 05.08.2002 und 03.09.2002 angesehen, die Abrechnung gegenüber der Klägerin, die geführten zwei Telefonate mit der Lebensversicherungsanstalt, sowie die Verbuchung und Auskehrung der Beträge. Die Angriffe des Beklagten gegen die vom Landgericht diesbezüglich nach § 287 ZPO vorgenommen Schätzungen des Landgerichts gehen fehl. Die Schreiben selbst sind erkennbar einfacher Art, für die rechtliches Spezialwissen nicht erforderlich ist. In den Telefonaten wurde lediglich die gewünschte Verwertung der Lebensversicherungsverträge nochmals bestätigt und die Modalitäten der Auszahlung besprochen. Auch dabei handelt es sich um einfachste Tätigkeiten. Soweit der Beklagte geltend macht, der Rechtsanwalt habe für das Diktat, die Gespräche mit der Lebensversicherung, Fristennotierung und Korrektur der Schreiben drei Stunden benötigt, erscheint dies dem Senat nicht nachvollziehbar. Dies kann jedoch dahin gestellt bleiben, da ein solcher Zeitaufwand zumindest für die Erledigung dieser Arbeiten nicht notwendig gewesen ist. Die aus wenigen Zeilen bestehenden Schreiben erfordern hinsichtlich Diktat und Korrekturlesen lediglich einen Aufwand von wenigen Minuten.

Zu der Beurteilung dieser Frage bedarf es auch nicht der Heranziehung eines Sachverständigen, da hierfür keine speziellen fachlichen Kenntnisse erforderlich sind. Eine Schätzung nach § 287 ZPO ist vielmehr zulässig. Das Landgericht hat den Aufwand auf 50,00 € pro Vorgang geschätzt. Dies erscheint dem Senat in Hinblick auf die einfache Tätigkeit keinesfalls zu niedrig (vgl. etwa Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. 2003, § 171 Rdnr. 3, der die tatsächlichen Kosten mit 25 € je Kündigungsschreiben ansetzt bzw. AG Bonn, NZI 2001, 50: Schätzung der tatsächlichen Kosten für die Fertigung von zwei Kündigungsschreiben, die Überprüfung der Zahlungseingänge und die Auszahlung des Erlöses inkl. Portokosten auf rund 100 DM). Entgegen der Auffassung des Beklagten ist bei der Schätzung nicht der tatsächliche Stundenaufwand der Mitarbeiter des Beklagten (Angestellte, Sekretärinnen, Buchhalter) mit zu berücksichtigen. Auf die Vorhaltung eines umfangreichen Verwaltungsapparates mit hoch qualifizierten Mitarbeitern bzw. technischer Geräte kommt es grundsätzlich nicht an (a.A. Tetzlaff, a.a.O). Diese festen Kosten bestehen für den Beklagten unabhängig von der vorgenommenen Verwertung und gehen daher zu seinen Lasten. Erst wenn eine über das normale Maß einer Abwicklung hinausgehende Tätigkeit für die Verwertung anfällt, und diese dem einzelnen Sicherungsgut zuzurechnen ist, sind die dadurch entstehenden Kosten zu den Verwertungskosten i.S. von § 171 Abs. 2 InsO zuzurechnen (vgl. MünchKommInsO-Lwowski, § 171 Rdnr. 49). Nach anderer Auffassung fallen auch die Kosten unter die Verwertungskosten, die aus der Masse für Vergütungen für Beschäftigte oder freie Mitarbeiter zu zahlen sind, wenn diese bei der Verwertung tätig waren und wenn deswegen andere Arbeiten zurücktreten mussten oder das Geld hätte eingespart werden können (Nerlich/Römermann-Becker, a.a.O, Rdnr. 16). Dies sei insbesondere der Fall, wenn Dienst- oder Werkverträge eigens für die Verwertung i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 3 InsVV abgeschlossen werden. Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

Auch die Nichtberücksichtigung der Tätigkeiten nach erfolgter Verwertung greift der Beklagte im Ergebnis nicht erfolgreich an. Dies bezieht sich auf zwei Schreiben vom 27.11.2002 (Anlage K 7) bzw. 02.01.2003 (Anlage K 9), in dem der Beklagte seine Rechtsauffassung bezüglich der Verwertungskosten gegenüber der Klägerin dargelegt hat. Er bezieht sich dabei auf die Kommentierung bei Nerlich/Rämermann-Becker (§ 171 Rdnr. 23; so auch Uhlenbruck, a.a.O. Rdnr. 21), wonach die die Masse treffenden Kosten des Streits um die Kostenansätze ihrerseits zu den Verwertungskosten zählen. Besonderes Gewicht habe dabei allerdings das Merkmal der Erforderlichkeit. Der Beklagte macht geltend, er habe sämtliche maßgeblichen Rechtsvorschriften geprüft und dafür 7 Stunden benötigt. Sein Stundensatz sei mit 500 € anzusetzen (zzgl. Umsatzsteuer insges. 4176,00 €).

Der Wortlaut des § 171 Abs. 2 S. 2 InsO ("tatsächlich entstandenen, für die Verwertung erforderlichen Kosten") spricht gegen eine Berücksichtigung derartiger Kosten, da eine Erforderlichkeit für die Verwertung - im Gegensatz zu Kosten die bei Vorbereitung der Verwertung entstehen - schwerlich erkennbar ist. Dagegen sprechen ferner die gesetzlichen Regelungen. Nach dem Gesetz kann der Insolvenzverwalter die Verwertungspauschale nur in Ansatz bringen, wenn nicht die tatsächlich entstanden und erforderlichen Kosten erheblicher niedriger oder erheblich höher liegen (§ 171 Abs. 2 S. 1, 2 InsO). Da nach § 170 Abs. 1 InsO aus dem Verwertungserlös die Kosten der Feststellung und der Verwertung vorweg für die Masse zu entnehmen sind und aus dem verbleibenden Betrag der absonderungsberechtigte Gläubiger unverzüglich zu befriedigen ist, obliegt dem Insolvenzverwalter die Überprüfung, ob die Verwertungspauschale anzusetzen ist, oder die tatsächlichen Kosten. Entgegen der Auffassung von Becker (a.a.O. Rdnr. 11) ist daher nicht offen, wem die Initiative für die Ermittlung der wirklichen Verwertungskosten überlassen ist. Wenn jedoch die Verwertungskosten für die Insolvenzmasse vorweg zu entnehmen sind und sodann die Befriedigung des absonderungsberechtigten Gläubigers aus dem verbleibenden Betrag erfolgt, kann eine Berücksichtigung von erst später eventuell entstehenden Kosten nicht erfolgen.

Selbst wenn man aber grundsätzlich eine Zurechnung von Kosten, die durch einen Streit über die Kostenansätze entstehen, unter die Verwertungskosten zulassen würde, käme man vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Im vorliegenden Fall können die durch die Schreiben vom 27.11.2002 und 02.01.2003 entstandenen Kosten nicht als erforderlich i.S. von § 171 Abs. 2 S. 2 InsO angesehen werden. Bei richtiger Vorgehensweise hätte der Beklagte erkennen müssen, dass für die zwei einfachen Schreiben vom 05.08.2002 und 03.09.2002, die zwei Telefonate und die Abrechnung, Verbuchung und Auskehrung der Beträge keine tatsächlich erforderlichen Kosten in Höhe eines Betrages entstanden sein können, der zur Abrechnung nach der Verwertungspauschale führen würde. Eine erhebliche Abweichung nach unten liegt nach der Gesetzesbegründung jedenfalls vor, wenn die Kosten die Hälfte des Pauschalsatzes betragen (Begr. zu § 196 RegE, BR-Drucks 1/92, S. 181 f). Die Kosten hätten demnach vorliegend über 3448,58 € betragen müssen, damit die Verwertungspauschale in Ansatz zu bringen war. Wie oben dargelegt, betragen die (geschätzten) Kosten nicht einmal 1/10 dieser Summe. Durch die fehlerhafte Abrechnung hat der Beklagte die späteren Schreiben erst veranlasst. Eine Erforderlichkeit dieser Schreiben steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Verwertung, sondern ist der Vorgehensweise des Beklagten geschuldet. Zu berücksichtigen ist ferner, dass nach eigener Berechnung des Beklagten durch den vorgerichtlichen Streit über die Verwertungskosten seinerseits Kosten für die Masse in Höhe von 4.176,00 € entstanden sind. Der Beklagte hätte diese Kosten nicht verursachen dürfen, sondern - wenn er von der Richtigkeit seiner Abrechnung überzeugt gewesen wäre - es auf einen Rechtsstreit durch die Klägerin ankommen lassen müssen. Im Übrigen ist dem Landgericht zuzustimmen, dass eine Berücksichtigung dieser Kosten zu einem untragbaren Ergebnis führen würde. Der Streit über den Kostenansatz würde ansonsten, wenn dessen Kosten zu den eigentlichen Verwertungskosten hinzugerechnet würden, zu Verwertungskosten führen, die nachträglich die Berechnung der Verwertungskostenpauschale rechtfertigen würde. Der Verwalter hätte es also in der Hand, die zunächst zu Unrecht berechnete Pauschale durch Beharren auf der unrichtigen Ansicht nachträglich doch noch zu sanktionieren.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gem. § 543 Abs. 2 ZPO war die Revision nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechtes oder die Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch das Revisionsgericht erfordert.

Ende der Entscheidung

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