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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 22.03.2006
Aktenzeichen: 6 U 1022/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 321
ZPO § 522 Abs. 1
ZPO § 101
1. In der Konsequenz dessen, dass es zulässig ist, in einem Beschluss nach § 522 Abs. 1 ZPO die Berufung "mit der Maßgabe" z.B. einer Änderung der Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils zurückzuweisen (Senatsbeschluss vom 10.01.2006 [Ankündigungsbeschluss nach § 522 Abs. 3 ZPO in dieser Sache]), kann im Berufungsverfahren § 321 ZPO i.V.m. § 525 ZPO dergestalt entsprechend angewandt werden, dass dort, wo - wie im Fall des § 522 Abs. 1 ZPO - zulässigerweise über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, der Ergänzungsbeschluss ohne mündliche Verhandlung ergeht.

2. Der Beklagte ist dadurch, dass das erstinstanzliche Gericht es versäumt bei erfolgreicher Streithilfe auf der Beklagteenseite gem. § 101 ZPO die Kosten eines Streithelfers dem Kläger zuzuweisen, beschwert, weil ansonsten die durch die Streithilfe verursachten Kosten als Kosten des Rechtsstreits von den Hauptparteien zu tragen wären, mithin entgegen dem Regelungszweck des § 101 ZPO die Kostenlast des Beklagten zum Vorteil des Klägers erhöhten.

3. Ein Ergänzungsbegehren zu einer die Berufung zurückweisenden Entscheidung betrifft den Kostenpunkt i.S.d. § 321 Abs. 1 ZPO auch dann, wenn es um die Kosten des Berufungsverfahrens, sondern um erstinstanzliche Kosten geht, hinsichtlich derer die Zurückweisung nur eingeschränkt hätte erfolgen dürfen. Mit "Kostenpunkt" meint § 321 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 525 ZPO nicht nur die Kosten des jeweiligen Rechtszugs, sondern die Kostenreglung insgesamt, soweit diese auch das übergeordnete Gericht von Amts wegen zu überprüfen hat.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

6 U 1022/05

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Präs. OLG Dr. h.c. Bauer, ROLG Prof. Dr. Bayer und R'inOLG Reichertz auf den Antrag des Beklagten nach § 321 Abs. 1 ZPO nach Anhörung des Klägers ohne mündliche Verhandlung

am 22.03.2006

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss vom 02.02.2006 wird in seiner Nummer 1 dahin ergänzt, dass die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen wird, dass der Kläger zusätzlich zu dem ihm im Urteil des Landgerichts Meiningen vom 29.04.2005 auferlegten Kostenanteil, die durch den Beitritt der Streithelfer auf Seiten des Beklagten verursachten Kosten vollständig zu tragen hat.

2. In Abänderung des im Beschluss vom 02.02.3006 festgesetzten Streitwert wird der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 51.667,00 € festgesetzt.

Gründe:

1. Ergänzung des Beschlusses vom 02.02.2006:

a) Über den Antrag kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Zwar bestimmt § 321 Abs. 1 ZPO, dass die Ausgangsentscheidung nur auf der Grundlage einer mündlichen Verhandlung über den noch nicht erledigten Teil des Rechtsstreit ergänzt werden darf. Mit dieser Verbindlichkeit gilt die Vorschrift jedoch nur für die erste Instanz. § 321 ZPO ist für das Berufungsverfahren gem. § 525 ZPO nur entsprechend anwendbar. Daher kann dort, wo - wie im Fall des § 522 Abs. 1 ZPO - zulässigerweise über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, die Entscheidung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 321 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergänzt werden. Dies liegt in der Konsequenz dessen, dass der Senat es für zulässig erachtet, in einem Beschluss nach § 522 Abs. 1 ZPO die Berufung "mit der Maßgabe" z.B. einer Änderung der Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils zurückzuweisen (Senatsbeschluss vom 10.01.2006 [Ankündigungsbeschluss nach § 522 Abs. 3 ZPO in dieser Sache]). Im übrigen ist anerkannt, dass auch bei nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergangener Entscheidungen eine Ergänzung gemäß § 321 ZPO stattfindet, ohne dass hierzu mündlich verhandelt wird (Hk-ZPO, 2006 /Saenger, § 321 Rn. 12).

b) Die formalen Voraussetzungen einer Entscheidung nach § 321 ZPO liegen vor. Der Beklagte ist zum Ergänzungsbegehren befugt, weil ansonsten die durch die Streithilfe verursachten Kosten als Kosten des Rechtsstreits von den Hauptparteien zu tragen wären, mithin entgegen dem Regelungszweck des § 101 ZPO die Kostenlast des Beklagten zum Vorteil des Klägers erhöhten. Die Ergänzung des Beschlusses um die Entscheidung betreffend die Kosten der Streitverkündeten ist am 21.02.2006 beantragt worden. Der Beschluss vom 02.02.2006 wurde dem Beklagten am 14.02.2006 zugestellt. Die Frist des § 321 Abs. 2 ZPO ist damit gewahrt.

c) Die Ergänzungsvoraussetzungen nach § 321 Abs. 1 ZPO liegen vor. Der Senatsbeschluss vom 02.02.2006 ist offensichtlich unvollständig. Dies ergibt sich aus dem Senatsbeschluss vom 10.01.2006, in dem die Absicht, die Berufung mit der Maßgabe einer Änderung der landgerichtlichen Kostenentscheidung zurückzuweisen, den Parteien eröffnet worden ist. Hier ist im einzelnen dargelegt, worin das angefochtene Urteil einer Ergänzung bedarf und wie es zu dieser Ergänzung kommen soll. Indem der die damals mitgeteilte Absicht umsetzende Beschluss vom 02.02.2006 diesen Teil der Ankündigung nicht übernommen hat, ist der Beschluss seinerseits unvollständig und ergänzungsbedürftig. Die Ergänzung betrifft den Kostenpunkt i.S.d. § 321 Abs. 1 ZPO. Zwar geht es hier nicht um die Kosten des Berufungsverfahrens, sondern um erstinstanzliche Kosten. Mit "Kostenpunkt" meint § 321 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 525 ZPO jedoch nicht nur die Kosten des jeweiligen Rechtszugs, sondern die Kostenreglung insgesamt, soweit diese auch das übergeordnete Gericht von Amts wegen zu überprüfen hat.

d) Die beantragte Ergänzung ist vorzunehmen. Wie im Beschluss vom 10.01.2006 ausgeführt, bedurfte das landgerichtliche Urteil im Kostenpunkt einer Richtigstellung, weil § 101 ZPO nicht beachtet worden war. Insoweit sollte die Berufung nicht uneingeschränkt zurückgewiesen werden. Die damals angekündigte Einschränkung der Berufungszurückweisung ist im Beschluss vom 02.02.2006 versehentlich unterblieben. Sie bedarf der Nachholung. Was hiermit geschieht.

2. Die im Beschluss vom 02.02.2006 in Höhe von 25.564,59 € vorgenommene Streitwertfestsetzung bedarf der Korrektur. Wie der Kläger zutreffend ausführt, ist der Beklagte vom Landgericht zur Zahlung von 51.667.-€ verurteilt worden. In diesem Umfang hat der Beklagte das Urteil angefochten, so dass der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens sich aus dem vollen Verurteilungsbetrag ergibt. Dies sind 51.667.-€. Die Neufestsetzung erfolgt gem. § 63 Abs. 3 GKF von Amts wegen.

Ende der Entscheidung

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