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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 28.04.2003
Aktenzeichen: 6 W 136/03
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1897
FGG § 69g
FGG § 20
1. Zur Anfechtung einer die Entlassung des Betreuers betreffenden Verfügung sind nach § 20 FGG beschwerdebefugt außer dem Betroffenen selbst die (bisherige) Betreuerin und die zuständige Betreuungsbehörde. Dritten, darunter auch nahen Verwandten und - wie hier - dem Ehegatten, steht aus dieser Vorschrift kein Beschwerderecht zu (vgl. Senat, Beschl. vom 17.12.2002, 6 W 517/02).

2. Nach der insoweit abschließenden Regelung des § 69g Abs. 1 FGG sowie dem Rechtsgedanken des § 69i Abs. 7 FGG können die Angehörigen der Entlassung eines Betreuers als solcher nicht widersprechen.

3. Den Angehörigen des Betroffenen steht ein Beschwerderecht gegen die Neubestellung eines Betreuers (§ 1908c BGB) gem. § 69 i Abs. 8 Hs. 2 i.V.m. § 69 g Abs. 1 FGG zu, sofern die Bestellung von Amts wegen erfolgt ist. Auf vom Betroffenen angeregte Betreuerbestellungen ist § 69 g Abs. 1 FGG nicht übertragbar.

4. Nichts anderes kann gelten, wenn auf Antrag des Betroffenen ein Betreuer nachträglich entlassen und ein neuer bestellt wird. Auch in diesem Fall kommt entsprechend der Wertung des § 69 g Abs. 1 FGG dem Willen des Betreuten höheres Gewicht als dem Mitspracherecht seiner Angehörigen zu. Maßgebend ist insoweit - wie auch sonst bei der Mitwirkung bei der Auswahl des Betreuers (vgl. § 1897 Abs. 4 BGB) - nicht die Geschäftsfähigkeit, sondern der natürliche Wille des Betreuten

5. § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG ist in Betreuungssachen nicht anwendbar ist (vgl. BGH, FamRZ 1996, 607).


6 W 136/03

THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

In dem Betreuungsverfahren

betreffend die Entlassung der Betreuerin N. S. und Bestellung der Betreuerin B. S.,

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts Jena durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. h.c. Bauer, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Werner und den Richter am Amtsgericht als weiteren aufsichtsführenden Richter Giebel

am 28.04.2003

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde vom 31.03.2003 des Ehemannes der Betreuten gegen den Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 23.01.2003 (Az.: 4 T 356/02) wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt der Senat auf die ausführliche Darstellung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Meiningen Bezug. Die an sich gem. § 27 FGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist unzulässig. Dem Beschwerdeführer fehlt die Beschwerdeberechtigung.

Beschwerdeberechtigt im Falle einer Entlassung bzw. Neubestellung eines Betreuers ist zunächst nach § 20 FGG, wer in seinem Recht durch die angefochtene Verfügung beeinträchtigt ist. Dazu gehören die Betroffene selbst, die (bisherige) Betreuerin und die zuständige Betreuungsbehörde. Dritten, darunter auch nahen Verwandten und - wie hier - dem Ehegatten, steht aus dieser Vorschrift kein Beschwerderecht zu (vgl. Senat, Beschl. vom 17.12.2002, 6 W 517/02; BayObLG FamRZ 1996, 508 mit Nachw.).

Eine Beschwerdeberechtigung kann vorliegend auch nicht aus § 69 g Abs. 1 S. 1 FGG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen der Kreis der Beschwerdeberechtigten auf nahe Angehörige einschließlich des Ehegatten erweitert wird, hergeleitet werden. Nach der insoweit abschließenden Regelung des § 69 g Abs. 1 FGG sowie dem Rechtsgedanken des § 69 i Abs. 7 FGG können die Angehörigen der Entlassung eines Betreuers als solcher nicht widersprechen (vgl. BayObLG, FamRZ 1994, 452, 453). Ein Beschwerderecht steht ihnen lediglich hinsichtlich der Bestellung des neuen Betreuers (§ 1908 c BGB) gem. § 69 i Abs. 8 Hs. 2 i.V.m. § 69 g Abs. 1 FGG zu. Doch gilt das bereits vom Gesetzeswortlaut her nur für den Fall einer Bestellung von Amts wegen. Denn nach Ansicht des Senats begründet die Vorschrift des § 69 i Abs. 8 FGG insoweit eine Rechtsgrund-, nicht eine Rechtsfolgenverweisung. Das ergibt sich schon mit Blick auf die dem Gesetz zugrunde liegende Interessenwertung. Nach § 69 g Abs. 1 FGG wird dem Antrag des Betroffenen bei der erstmaligen Bestellung eines Betreuers ein höherer Stellenwert beigemessen als dem etwaigen Interesse seiner Angehörigen, diese Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz überprüfen zu lassen. Die gesetzgeberische Grundentscheidung ist Ausdruck des Vorrangs und des Respekts vor der Willensautonomie des Betreuten. Ehegatten bzw. enge Verwandte sind erst dann als Sachwalter zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen berufen und können gem. § 69 g Abs. 1 FGG gerichtlichen Rechtsschutz geltend machen, wenn ohne oder gegen die ausdrückliche Zustimmung des Betreuungsbedürftigen von Amts wegen entschieden worden ist (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, Kommentar zum FGG, 15. Aufl., § 69 g, Rd. 12 mit Nachw.).

Nichts anderes kann gelten, wenn auf Antrag des Betroffenen ein Betreuer nachträglich entlassen und ein neuer bestellt wird. Auch in diesem Fall kommt entsprechend der Wertung des § 69 g Abs. 1 FGG dem Willen des Betreuten höheres Gewicht als dem Mitspracherecht seiner Angehörigen zu. So liegt der Fall hier. Das Landgericht Meiningen hat nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag der Betroffenen die bisherige Betreuerin, die Tochter der Betreuten, entlassen und, wie von dieser ausdrücklich beantragt, die Berufsbetreuerin Berit Schubert zur alleinigen Betreuerin bestellt. Dabei kann dahinstehen, ob die Betreute die Bedeutung ihres Antrages, gemessen an rechtsgeschäftlichen Maßstäben, einzuschätzen vermochte. Maßgebend ist insoweit - wie auch sonst bei der Mitwirkung bei der Auswahl des Betreuers (vgl. § 1897 Abs. 4 BGB) - nicht die Geschäftsfähigkeit, sondern der natürliche Wille des Betreuten (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1998, 510). Ausweislich der vom Landgericht Meiningen durchgeführten Anhörung hat die Betroffene ihren Antrag auf Wechsel der Betreuerin schlüssig dargelegt und nachvollziehbar begründet. In einem solchen Fall kommt das Beschwerderecht des Ehegatten nicht zum Tragen.

Zuletzt scheidet auch eine Beschwerdeberechtigung aus § 57 Abs. 1 FGG aus, da diese Vorschrift in Betreuungssachen nicht anwendbar ist (vgl. BGH, FamRZ 1996, 607). Danach war die weitere Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Das Verfahren ist gem. § 131 Abs. 1 S. 3 KostO gerichtsgebührenfrei. Ein Kostenausspruch gem. § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG ist entbehrlich, da Kosten anderer Beteiligter nicht entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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