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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.07.2002
Aktenzeichen: 6 W 269/02
Rechtsgebiete: SachenRBerG, GBO, BGB


Vorschriften:

SachenRBerG § 104
SachenRBerG § 105
GBO § 19
BGB § 885
1. Das gemäß §§ 104, 106 SachenRBerG ergangene Urteil gestaltet die Rechtsbeziehung der an einem Sachenrechtsbereinigungsverfahren Beteiligten, indem es sämtliche zur Durchführung der Sachenrechtsbereinigung notwendigen Rechtsakte substituiert. Es bringt sowohl den Grundstückskaufvertrag zustande wie die zu seiner Erfüllung notwendigen Erklärungen nach §§ 873, 925 BGB.

2. Das die Sachenrechtsbereinigung durchführende Urteil erstreckt sich auch auf sonstige im Zusammenhang mit dem notariellen Vermittlungsvorschlag in diesen eingeflossenen Rechtsakte (z.B. die Bewilligung einer Vormerkung). Dies ergibt sich aus § 105 SachenRBerG, wonach die Klageschrift sich auf den notariellen Vermittlungsvorschlag beziehen muss mit der Folge, dass dieser Vorschlag, soweit das Gericht ihm folgt, in den Gestaltungsbereich des Urteils einbezogen ist.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

6 W 269/02 = GB-71-21 (AG Bad Langensalza)

In dem Verfahren

betreffend die Eintragung von Auflassungsvormerkungen an dem im Grundbuch von G. Blatt 1 lfd. Nr. 4, Flurstücke Nr. 2-5/3, 2-5/4, 2-5/5, Gebäude- und Freifläche .....,

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Bauer, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Werner und die Richterin am Amtsgericht Petry auf die weitere Beschwerde vom 30.04.2002 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 09.04.2002 am 03.07.2002

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss des Landgerichts Mühlhausen vom 09.04.2002 und der Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Eisenach vom 23.01.2002 werden aufgehoben.

2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, über den Eintragungsantrag erneut und unter Beachtung der diesen Beschluss tragenden Rechtsauffassung zu entscheiden.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 3) bis 8) haben nach gescheitertem, bei Notar B. in .......... geführten notariellen Ermittlungsverfahren gemäß §§ 87 ff. SachenRBerG als Kläger in einem gleichfalls der Sachenrechtsbereinigung dienenden Zivilprozess gegen die Beteiligten zu 1) und 2) ein Urteil des Amtsgerichts Bad Langensalza vom 24.02.2000 erstritten. Darin ist festgestellt, dass zwischen den Beteiligten zu 3) und 4), den Beteiligten zu 5) und 6) sowie den Beteiligten zu 7) und 8) einerseits sowie den Beteiligten zu 1) und 2) andererseits die Rechte und Pflichten aus einem Kaufvertrag nach Maßgabe des mit dem Urteil verbundenen jeweiligen notariellen Vermittlungsvorschlags bestehen, wobei das Urteil den Kaufpreis geändert hat. Die insoweit jeweils gleichlautenden notariellen Vermittlungsvorschläge datieren vom 04.09.1997. Sie betrafen für die Beteiligten zu 3) und 4) die Parzelle Flur 2, Flurstück Nr. 5/5, für die Beteiligten zu 5) und 6) die Parzelle Flur 2, Flurstück Nr. 5/3 und für die Beteiligten zu 7) und 8) die Parzelle Flur 3, Flurstück Nr. 5/4. Die notariellen Vermittlungsvorschläge enthalten die Bedingungen des Grundstückserwerbs. Im Abschnitt "Grundbucherklärungen" - Nr. IV, 2 des Vermittlungsvorschlags - bewilligt der Verkäufer und der Verkäufer beantragt die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübergang - bei mehreren zu gleichen Miteigentümeranteilen - des jeweils genannten Grundbesitzes. Des weiteren erteilen "die Vertragsteile" in Nr. 4 den beurkundenden Notar B. Vollmacht, sie im Grundbuchverfahren uneingeschränkt zu vertreten. Das amtsgerichtliche Urteil beauftragt Notar B., die zur Erfüllung notwendigen Rechtshandlungen vorzunehmen. Das Urteil des Amtsgerichts Bad Langensalza vom 24.02.2000 ist rechtskräftig. Mit Antragsschreiben vom 20.12.2000 hat Notar B. unter Vorlage einer beglaubigten Kopie einer der ihm vorliegenden Urteilsausfertigung gemäß § 15 GBO die Löschung des gemäß Art. 233 § 2c Abs. 2 EGBGB eingetragenen Eröffnungsvermerks sowie die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bei den jeweiligen Parzellen begehrt. Das Grundbuchamt hatte gegen diese Anträge Bedenken, weil das Urteil nur die schuldrechtlichen Beziehungen der Beteiligten regele und weil es an der Bewilligung zur Eintragung einer Vormerkung fehle. Die in Abschnitt IV, Nr. 4 der Urteilsanlage erteilte Vollmacht ermächtige den Notar nur zu Vollzugshandlungen auf der Grundlage der erforderlichen verfahrensrechtlichen oder materell-rechtlichen Erklärungen. Hierauf hat Notar B. mit Schriftsätzen vom 15.03. und 15.05.2001 dem Grundbuchamt gegenüber die Eintragung einer Eigentumsvormerkung für die o. g. Parzellen zugunsten der jeweiligen Erwerber bewilligt; bewilligt ist ferner die Löschung des Eröffnungsvermerks im Gleichzug mit der Eintragung der Eigentumsvormerkung.

Mit Beschluss vom 23.01.2002 hat die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes die Eintragungsanträge zurückgewiesen. Das Urteil des Amtsgerichts Bad Langensalza verpflichte - so das Grundbuchamt - die Beteiligten zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages, ein Vertragsabschluss sei bisher aber nicht erfolgt. Auch sei die Eintragung einer Eigentumsvormerkung nicht von den Beteiligten bewilligt. Die hiergegen eingelegte "Erinnerungen" hat das Grundbuchamt als Beschwerde behandelt, der es nicht abgeholfen hat.

Das Landgericht Mühlhausen hat diese Rechtsmittel mit Beschluss vom 09.04.2002 zurückgewiesen. Das Landgericht folgt dem Grundbuchamt darin, dass die Vormerkungen nicht bewilligt seien. Die erforderlichen Eintragungsbewilligungen seien dem Tenor des amtsgerichtlichen Urteils nicht zu entnehmen. Zu ihrer Erklärung sei Notar B. nicht bevollmächtigt worden.

Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 3) bis 8) weitere Beschwerde eingelegt. Sie machen geltend, der angefochtene Beschluss beruhe darin auf einer Verletzung des Gesetzes, dass er das Urteil des Amtsgerichts Bad Langensalza unzutreffend verstehe, insbesondere trage er den Zielen und Zwecken des Sachenrechtsbereinigungsverfahrens im Anschluss an einen gescheiterten notariellen Vermittlungsversuch nicht ausreichend Rechnung.

II.

Die weitere Beschwerde ist an sich statthaft. Das Rechtsmittel in zulässiger Weise erhoben. Es ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes. Grundbuchamt und Beschwerdekammer haben das Vorliegen der zum Vollzug der Eintragungsanträge vom 20.12.2000 erforderlichen Voraussetzungen zu Unrecht verneint.

1. Die Beteiligten zu 3) und 4), zu 5) und 6) sowie zu 7) und 8) haben jeweils die von ihnen genutzten Parzellen betreffend die Eintragung einer Eigentumsvormerkung sowie - hiermit gemäß § 16 GBO verbunden - die Löschung des Eröffnungsvermerks nach Art. 233 § 2c Abs. 2 EGBGB beantragt. Sie sind als gewinnender Teil gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 GBO antragsberechtigt. Dem Antrag auf Eintragung der Eigentumsvormerkung steht nicht entgegen, dass die Vormerkung nicht bei Grundstücken im Rechtssinn eingetragen werden soll, sondern bei einem einheitlichen Grundstück, welches katastermäßig bereits in Parzellen zerlegt ist. Damit bezieht die Vormerkung sich auf jeweils bestimmbare Teile des Gesamtgrundstücks und damit auf einen geeigneten Gegenstand (vgl. Kohler in Bauer/v. Oefele, GBO, AT III, Rn. 13, ebda. Bauer AT I Rn. 126 (S. 155)).

2. Die Vorinstanzen vermissen ohne Grund die zur Eintragung der Eigentumsvormerkung erforderliche Bewilligung. Soweit es dabei um das materielle Entstehungselement der Vormerkung geht, ist dieses durch das Urteil des Amtsgerichts Bad Langensalza vom 24.02.2000 gewahrt. Das gemäß §§ 104, 106 SachenRBerG ergangene Urteil trifft zunächst Feststellungen zum Sachenrechtsbereinigungsverhältnis der Verfahrensbeteiligten und gestaltet sodann diese Rechtsbeziehung, indem es sämtliche zur Durchführung der Sachenrechtsbereinigung notwendigen Rechtsakte substituiert (vgl. Vossius, SachenRBerG, 2. Aufl. § 104 Rn. 14, § 106 Rn. 13 ff.). Mithin hat das Urteil vom 24.02.2000 sowohl den Grundstückskaufvertrag zustande gebracht wie die zu seiner Erfüllung notwendigen Erklärungen nach §§ 873, 925 BGB. Das die Sachenrechtsbereinigung durchführende Urteil erstreckt sich aber auch auf sonstige im Zusammenhang mit dem notariellen Vermittlungsvorschlag in diesen eingeflossenen Rechtsakte. Dies folgt aus § 105 SachenRBerG, wonach die Klageschrift sich auf den notariellen Vermittlungsvorschlag beziehen muss mit der Folge, dass dieser Vorschlag, soweit das Gericht ihm folgt, in den Gestaltungsbereich des Urteils einbezogen ist. Das trifft für die Bewilligung der Eigentumsvormerkung zu. Sie ist jeweils in Abschnitt IV Nr. 2 der notariellen Vermittlungsvorschläge enthalten und so durch die rechtsgestaltende Urteilswirkung für das vorliegende Verfahren existent. Diese gemäß Abschnitt IV 2 der notariellen Vermittlungsvorschläge in Verbindung mit dem Urteil vom 24.02.2000 gegebene materiell-rechtliche Bewilligung enthält zugleich die Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO (vgl. Kohler a.a.O. Rn 39), welche als Bestandteil eines Gerichtsurteils auch die Form des § 29 Abs. 1 GBO wahrt.

3. Schließlich ist für die hier fraglichen Anträge auch das Erfordernis der Voreintragung (§ 39 GBO) gewahrt. Denn Schuldner des Übereignungsanspruchs sind die Beteiligten zu 1) und 2), welche als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen sind.

4. Demgemäß hätte das Grundbuchamt die die Auflassungsvormerkung betreffenden Eintragungsanträge nicht zurückweisen dürfen. Da deren Vollzug in der ausschließlichen Kompetenz des Grundbuchamts liegt, wird - nach Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen der Vorinstanzen - dieses angewiesen, die Antragserledigung unter Beachtung der Rechtsansicht des Rechtsbeschwerdegerichts voranzubringen.

Ende der Entscheidung

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