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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.04.2005
Aktenzeichen: 6 W 511/04
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 20 Abs. 1
FGG § 143
1. Der Anspruch auf korrekte Verfahrensdurchführung ist nicht als Recht im Sinne des § 20 Abs. 1 FGG anerkannt.

2. In einem FGG-Verfahren kann nur derjenige Beteiligte Verfahrensfehler mit der Beschwerde zulässigerweise rügen, der in das Verfahren ein eigenes Recht eingebracht hat oder dem eine besondere Rechtsvorschrift eine vergleichbare Rechtsstellung gewährt. Eine solche Bestimmung lässt sich für die Erben eines früheren Gesellschafters hinsichtlich eines von ihnen angeregten Amtslöschungsverfahrens nach §§ 142, 143 FGG nicht finden.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

6 W 511/04

In dem Verfahren

betreffend die Löschung einer Eintragung im Handelsregister für die Fa. Gebrüder ...KG i.L. (...)

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. h.c. Bauer sowie die Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Beyer und Pippert auf die weitere Beschwerde vom 27.09.2004 gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Gera vom 09.01.2004

am 07.04.2005

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird.

2. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Am 01.10.1865 wurde die Fa. Gebr. A., Mechanische Weberei, G., im Handelsregister als offene Handelsgesellschaft, infolge Umwandlung seit 1939 als Gebr. A. KG, G., im Handelsregister des Amtsgerichts G. in Abteilung A, Nr...., registriert. Der in der Folgezeit nicht mehr geänderte Gesellschaftsvertrag vom 03.10.1942 regelte unter § 9 Abs. 2) und Abs. 3) folgendes:

" 2) Stirbt, der persönlich haftende Gesellschafter C. A., so haben seine Erben das Recht, und zwar jeder für sich, innerhalb einer Frist von drei Monaten, vom Todestage an gerechnet, der Gesellschaft zu erklären ob sie als Kommanditisten in er Gesellschaft verbleiben oder ausscheiden wollen.

3) Stirbt der Gesellschafter H. P., do tritt derjenige seiner Nachkommen oder Schwiegersöhne, den er zu Lebzeiten oder durch letztwillige Verfügung bestimmt, als persönlich haftender Gesellschafter an seine Stelle und zwar mit dem ihm zugewiesenen oder als Erbteil anfallenden Kapitalanteil."

Im Jahre 1951 verstarb H. P.. In seine gesellschaftsrechtliche Stellung als Komplementär sind keine Rechtsnachfolger eingetreten. Der letztverbliebene Komplementär C. A. verließ am 05.01.1953 unerlaubt die DDR. Infolgedessen wurde sein Anteil an der Gesellschaft beschlagnahmt und in Volkseigentum unter Rechtsträgerschaft der Deutschen Investitionsbank Gera, später der Industrie- und Handelsbank überführt.

Am 17.09.1963 verstarb C. A.. Bis heute haben Erben nach C. A. keinen Gebrauch von ihrem Recht aus § 9 Abs. 2 des vorgenannten Gesellschaftsvertrags gemacht.

Gegen den Willen der verbliebenen Kommanditisten bzw. deren Rechtsnachfolger wurde 1974 die Liquidation der Gesellschaft beschlossen. Die KG wurde nach Erstellung einer Liquidationsschlussbilanz am 22.01.1977 im Register gelöscht wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten betreffend die Entwicklung der Gesellschafter-Verhältnisse der Beteiligten zu 1) im Laufe der Jahre wird auf den Bescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 06.05.1997 (Bl. 12 ff. Sdb. zu 3 HRA 900) Bezug genommen.

Am 05.05.1995 wurde auf Grundlage der notariellen Urkunde des Notars Koch aus Grünberg/Hessen vom 24.01.1991 (UR-Nr. 247/91) die gelöschte Firma wieder als Liquidationsgesellschaft im Handelsregister des Amtsgerichts Gera (3 HRA 900) eingetragen. Der Kommanditist Christian Pfeifer wurde zum einzelvertretungsberechtigten Liquidator bestellt. Neben zwei weiteren Kommanditisten wurden Komplementäre hingegen nicht eingetragen.

Mit Bescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 06.05.1997 wurde die beantragte Rückübertragung der Beteiligten zu 1) abgelehnt und ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz dem Grunde nach zugesprochen. Mit gesondertem Bescheid vom 11.11.1999 wurde der Beteiligten zu 1) zur Abgeltung vermögensrechtlicher Ansprüche ein ihr gehörendes Betriebsgrundstück zum Stichtag 01.06.1999 rückübertragen.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2) wendete sich mit Schriftsatz vom 16.10.2002 gegen Eintragung des Liquidators im Register und begehrte eine entsprechende amtswegige Löschung. Mit Schreiben vom 14.01.2003 hat der vorgenannte Verfahrensbevollmächtigte Beschwerde eingelegt und beantragt,

"1. Die Löschung des Handelsregistereintrags A 900 zu veranlassen;

2. Festzustellen, dass Herr ... niemals Liquidator der Fa Gebrüder Albert KG gewesen ist;

3. Festzustellen, dass Handlungen des Herrn .... weder Rechte noch Pflichten ehemaliger Gesellschafter der Fa. Gebrüder Albert KG oder deren Erben begründet haben."

Das Registergericht hat mit Beschluss vom 31.01.2003 der Beschwerde nicht abgeholfen, die Beschwerde als Antrag nach § 143 FGG ausgelegt und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landgericht hat durch Beschluss vom 09.01.2004 die Beschwerde zurückgewiesen, da die gerügte Eintragung nicht wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig sei. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Ausführungen im Beschluss des Landgerichts Gera vom 09.01.2004 Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) vom 27.09.2004 die im wesentlichen damit begründet wird, dass das Landgericht insbesondere §§ 6, 6a VermG nicht beachtet habe, die Eintragung schon deshalb unzulässig sei, weil kein Komplementär eingetragen und im übrigen § 146 HGB nicht beachtet worden sei. Auf die weiteren Einzelheiten der Begründung sowie die gestellten Anträge wird verwiesen.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist in zulässiger Form erhoben. Sie ist schon deshalb statthaft, weil die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) ohne Erfolg geblieben ist (std. Rechtsprechung des Senats, vgl. auch BayObLGZ 1993, 87; OLG Dresden OLG-NL 1998, 219). Eine Beschwerdefrist war nicht zu beachten.

2. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.

a) Zwar ist sind die Beteiligten zu 2) wie die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass die die Beteiligte zu 1) betreffende Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts Gera nicht deswegen gegenstandslos ist, weil die Beteiligte zu 1) nicht mehr besteht. Daher kann die fragliche Eintragung noch Gegenstand eines Amtslöschungsverfahrens nach §§ 142, 143 FGG sein. Das Amtsgericht hatte zu Recht die Eintragung der Beteiligten zu 1) im Register und die Bestellung des Liquidators vor dem Hintergrund des Vortrags in der notariellen Urkunde des Notars Koch aus Grünberg/Hessen vom 24.01.1991 (UR-Nr. 247/91) vorgenommen. Die Beteiligte zu 1) war zwar nach der anteilsmäßigen Enteignung und Durchführung des Liquidationsverfahrens erloschen, was durch die am 22.01.1977 erfolgte Eintragung deklariert wurde. Wenn sich nach der Löschung jedoch herausstellt, dass noch ein Anspruch - vorliegend in Gestalt des Restitutionsanspruchs nach dem Vermögensgesetz - geltend zu machen ist, so ist die Liquidation noch nicht beendet, die Firma in Wahrheit noch nicht erloschen (vgl. BHG NJW 1979, 1887 m.w.N.). Nachdem die ehemaligen Gesellschafter bzw. deren Rechtsnachfolger, die zusammen mehr als 50% der ehemaligen Gesellschaftsanteile vereinigten (sog. Quorum; vgl. Bescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 06.05.1997, S. 13), ihre Ansprüche nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes einforderten, besteht die Gesellschaft als "Gesellschaft in Nachtragsliquidation" fort (vgl. Fricke/Märker, Enteignetes Vermögen in der Ex-DDR, Rz. 303). Auf Antrag eines Beteiligten hat dann das Gericht einen Liquidator zu ernennen (Fricke/Märker, a.a.O., Rz. 308). Vorliegend vereinigte der später vom Gericht bestellte Liquidator bei Antragstellung sogar sämtliche Stimmen der ehemaligen Kommanditisten bzw. derer Rechtsnachfolger. Komplementäre, die grundsätzlich auch zum Liquidator bestellt werden können, waren um Zeitpunkt der Entscheidung durch das Amtsgericht nicht mehr vorhanden. Die staatliche Verwaltung über den Komplementäranteil von C. A. war kraft Gesetzes gem. § 11a Abs. 1 VermG am 31.12.1992 erloschen.

b) Die Erfolglosigkeit der weiteren Beschwerde beruht jedoch darauf, dass die Beteiligten zu 2) nicht beschwerdeberechtigt sind.

Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die angefochtene Eintragung Rechte der Beteiligten zu 2) nicht verletzt hat. Von hier aus hätte das Landgericht zum Ergebnis kommen müssen, dass die Beschwerde unzulässig ist. Ob das Landgericht hiervon ausgegangen ist, lässt der Beschluss vom 9.01.2004 nicht erkennen.

Auch für die Beschwerden im Verfahren nach §§ 142, 143 FGG bedarf es der materiellen Beschwer im Sinne des § 20 Abs. 1 FGG. Diese liegt nur vor, wenn die beanstandete Eintragung denjenigen, der das Überprüfungsverfahren angeregt hat, in einem Recht unmittelbar beeinträchtigen kann (Senat, Beschluss v. 18.01.2005, 6 W 637/04). Vorliegend lässt sich eine solche Rechtsbeeinträchtigung zum Nachteil der Beteiligten zu 2) indes nicht erkennen. Die Beteiligten zu 2 haben die Löschungsanregung auf der Grundlage ihrer Erbenstellung nach einem der früheren Gesellschafter der Beteiligten zu 1), dem am 17.09.1963 verstorbenen Komplementär C. A., dem Registergericht vorgetragen. Diese Position kann ihnen die Beschwerdebefugnis nicht vermitteln. Rechtlich betroffen könnten die Beteiligten zu 2) nur sein, wenn sie Gesellschafter der Beteiligten zu 1) geworden wären. Dies ist jedoch nicht der Fall. Zwar hätten die Erben eines Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag der Beteiligten zu 1) Gesellschafter werden können. Dazu hätte es jedoch einer ausdrücklichen Erklärung bedurft, welche mit der Erbschaftsannahme nichts zu tun hat. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat keiner der in der Beteiligten zu 2) verbundnen Miterben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und aufgrund der in § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 03.10.1942 festgeschriebenen erbrechtlichen Nachfolgeklausel seinen Eintritt in die Gesellschaft der Beteiligten zu 1) bzw. deren Rechtsvorgängerin erklärt.

Die Beschwerdeberechtigung kann sich für die Beteiligten zu 2) auch nicht aus dem der beanstandeten Entscheidung vorausgegangenen Verfahren ergeben. Als Recht im Sinne des § 20 Abs. 1 FGG ist der Anspruch auf korrekte Verfahrensdurchführung nicht anerkannt (vgl. Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 20, Rn. 10), so dass Verfahrensfehlern nur derjenige Beteiligte rügen kann, der in das Verfahren ein eigenes Recht eingebracht hat oder dem eine besondere Rechtsvorschrift eine vergleichbare Rechtsstellung gewährt. Eine solche Bestimmung lässt sich für die Erben eines früheren Gesellschafters nicht finden.

3. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist gemäß §§ 131 Abs. 1, 2, 30 Abs. 2 KostO festgesetzt.

Eine Kostenerstattungsanordnung war mangels Hinzuziehung der Beteiligten zu 1) zum Verfahren der weiterenn Beschwerde nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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