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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 01.03.2004
Aktenzeichen: 6 W 542/03
Rechtsgebiete: GBO, VermG


Vorschriften:

GBO § 13 Abs. 1 S. 2
GBO § 38
GBO § 71 Abs. 2
VermG § 34 Abs. 3
1. Nur das ARoV kann das Grundbuchamt um die Übernahme des Restitutionsergebnisses in das Grundbuch ersuchen. Der Restitutionsbegünstigte ist daneben nicht antragsberechtigt. Das ARoV wird damit Kraft eigener gesetzlicher Verpflichtung zur Vollziehung des Restitutionsergebnisses tätig.

Mit dem Ersuchen ist kein Berichtigungsantrag (auch) als Verfahrensstandschafter oder in dessen Vertretung gestellt.

2. Macht der Restitutionsbegünstigte den GB-Bestand, der sich nach einer Weiterveräußerung ergeben hat, zum Gegenstand einer GB-Beschwerde, ist dieses Rechtsmittel nur gem. § 71 Abs. 2 S. 2 GBO zulässig.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

6 W 542/03

In dem Verfahren

betreffend die Berichtigung des Grundbuchs von Beberstedt, Blatt 1333, Flur 8 Flursatück 14

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. h.c. Bauer, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Werner und den Richter am Amtsgericht a.w.a.R. Giebel auf die weitere Beschwerde vom 19.09.2003 gegen den Beschluss des Landgerichts Mühlhausen vom 28.07.2003

am 01.03.2004

beschlossen:

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Wert des Gegenstands der weiteren Beschwerde wird auf bis zu 500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) haben am 25.04.2000 das verfahrensbetroffene Grundstück von der als Eigentümerin eingetragenen BVVG Bodenverwertungs- und verwaltungs GmbH gekauft: Im notariellen Kaufvertrag ist zugleich die Auflassung beurkundet. Zu diesem Vertrag ist die Grundstücksverkehrsgenehmigung erteilt worden. Die Beteiligten zu 1) sind sodann am 06.09.2000 in Vollzug dieser Auflassung als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden.

Die Beteiligten zu 1) sind am 01.12.1999 als Miteigentümer zu je 1/4 in das Grundbuch eingetragen worden.

Am 21.02.2002 ist beim Grundbuchamt Mühlhausen ein Schreiben des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen (Außenstelle Mühlausen) eingegangen, wonach das Grundbuchamt gemäß § 34 VermG ersucht wird, "aufgrund bestandskräftiger Entscheidung vom 30.05.1994" im Grundbuch von B. Blatt ... anstelle des Miteigentums der Beteiligten zu 1) den Beteiligten zu 2) als Eigentümer in das Grundbuch einzutragen.

Das Grundbuchamt hat dieses Ersuchen mit Beschluss vom 24.09.2002 zurückgewiesen. Nach Ansicht des Grundbuchamtes steht die Weiterveräußerung des Eigentumsanteils der Übernahme des Restitutionsergebnisses entgegen, weil mit dem Vollzug des Eigentumsübergangs die für den Vollzug des Berichtigungsersuchens notwendige Voreintragung verloren gegangen sei.

Hiergegen hat der Beteiligte zu 2) am 22.04.2003 "Erinnerung" eingelegt. Das Grundbuchamt hat dem damit verbundenen Begehren nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht vorgelegt. Dort hat der Beteiligte zu 2) im Wesentlichen vorgetragen, dass die Voraussetzungen der Grundbuchberichtigung in Vollzug des den bestandskräftigen Restitutionsbescheid betreffenden Ersuchens erfüllt seien. Das Grundbuchamt habe die materiellen Eigentumsverhältnisse bei Vollzug des in formellen Hinsicht einwandfreien Ersuchens nicht zu prüfen.

Das Landgericht Mühlhausen hat mit Beschluss vom 28.07.2003 die Beschwerde zurückgewiesen. Nach Ansicht des Landgerichts hat der Beteiligte zu 2) das gemäß § 34 Abs. 1 VermG erworbene Eigentum verloren. Es sei mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens nicht feststellbar, ob die Beteiligten zu 1) hinsichtlich der Eigentümerstellung der BVVG bösgläubig gewesen sind.

Der Beteiligte zu 2) greift den Beschluss des Landgerichts Mühlhausen mit der weiteren Beschwerde vom 19.09.2003 an. Das Rechtsmittel ist im Wesentlichen darauf gestützt, dass das Landgericht den Schutzzweck des Vermögensgesetzes verkannt habe, und dass es sich hätte davon überzeugen müssen, dass er - der Beteiligte zu 2) - kraft Gesetzes Eigentümer geworden ist, und dass hieran das Übertragungsgeschäft der Beteiligten zu 1) nichts habe ändern können.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist an sich statthaft. Die Zulässigkeit des Rechtsmittelns folgt bereits daraus, dass das Landgericht die Erstbeschwerde zurückgewiesen hat (vgl. Budde in Bauer/v. Oefele, GBO, § 78 Rn. 12).

2. Die weitere Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die landgerichtliche Entscheidung ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht das mit der "Erinnerung" vom 15.04.2003 verbundene Begehren jedoch als unbegründet erachtet.

a) Das Landgericht meint, die Beschwerde sei gemäß § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern. Nach § 71 Abs. 1 GBO ist die Beschwerde in vollem Umfang zulässig, wenn sie sich gegen die Ablehnung eines Vollzugsantrags richtet, sofern der Antrag nicht die Unrichtigkeit einer Eintragung i.S.d. § 71 Abs. 2 S. 1 GBO betrifft. Einen solchen Antrag hat die "Erinnerung" des Beteiligten zu 2) vom 15.04.2003 zwar nicht zum Gegenstand, denn sie wendet sich dagegen, dass das Grundbuchamt in seinem Beschluss vom 24.09.2002 das Berichtigungs-Ersuchen des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 19.02.2002 zurückgewiesen hat. Urheber dieses auf § 34 Abs. 3 VermG gestützten Ersuchens war indessen allein das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen. Nur diese Stelle konnte das Grundbuchamt um die Übernahme des Restitutionsergebnisses in das Grundbuch ersuchen. Das Amt ist damit kraft eigener gesetzlicher Verpflichtung zur Vollziehung des Restitutionsergebnisses tätig geworden. Es hat nicht, wie das Landgericht u meinen scheint, eine Berichtigungsantrag (auch) als Verfahrensstandschafter des Beteiligten zu 2) oder in dessen Vertretung gestellt.

Dem Beteiligten zu 2) ist insoweit vielmehr eine eigene Antragsbefugnis nicht zugekommen. Deswegen konnte allein das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen sich gegen die Zurückweisung seines Ersuchens beschweren. Dem Beteiligten zu 2) fehlt daher mangels eigener Beschwer insoweit die Beschwerdeberechtigung. Deswegen hätte das Landgericht die "Erinnerung" nicht als unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO behandeln und in der Sache darüber befinden dürfen, ob das Grundbuchamt das Berichtigungsersuchen zutreffend zurückgewiesen hat.

b) Mit dieser Feststellung ist - wie der Senat in der im wesentlichen parallel liegenden Sache 6 W 541/03 in seinem Beschluss vom 10.02.2004 ausgeführt hat - nicht notwendig die Zurückweisung des mit der "Erinnerung" verfolgten Verfahrensziels verbunden. Ersichtlich geht es dem Beteiligten zu 2) auch hier darum, die gemäß § 34 Abs. 1 VermG erworbene Eigentümerposition gegenüber der Buchrechtstellung den Beteiligten zu 1) als den Rechtsnachfolgern derjenigen Stelle, geltend zu machen, welche im weiteren Sinn Gegnerin des Restitutionsbegehrens war bzw. des Berichtigungsersuchens gewesen wäre. Damit erstrebt der Beteiligte zu 2) die Berichtigung des Grundbuchs. Er kann dieses Berichtigungsbegehren - wie § 71 Abs. 2 GBO zeigt - unmittelbar zum Gegenstand einer Beschwerde machen. Dies ist hier mit der "Erinnerung" geschehen. Gegenstand des Rechtsmittels ist daher auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz die Berichtigung des Grundbuchs von B. Blatt .... Mit diesem Gegenstand ist die Beschwerde jedoch nur nach Maßgabe des § 71 Abs. 2 S. 1 GBO zulässig. Indem der Beteiligte zu 2) davon ausgeht, dass die Beteiligten zu 1) mangels rechtsgültiger Auflassung nicht als Eigentümer hätten eingetragen werden dürfen, wendet er sich gegen einen dem redlichen Erwerb zugänglichen Rechtsbestand; dieser sei im Grundbuch an Anfang an unrichtig verlautbart. Damit steht § 71 Abs. 2 S. 1 GBO dem auf Berichtigung zielenden Begehren entgegen (vgl. Budde, a.a.O., § 71, Rn. 44 ff.).

Ersichtlich schließt der Beteiligte zu 2) jedoch auch die nach Maßgabe des § 71 Abs. 2 S. 2 GBO realisierbare Schutzmöglichkeit mittels eines Widerspruchs in sein Beschwerdebegehren ein. Jedoch auch mit diesem Ziel, gegen die Rechtsstellung der Beteiligten zu 1) einen Widerspruch eingetragen zu sehen, ist die Beschwerde nicht begründet. Die für die Eintragung eines solchen Widerspruchs notwendigen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 GBO sind nämlich nicht gegeben. Danach kommt ein Widerspruch nur in Betracht, wenn das Grundbuch mit besonderer Wahrscheinlichkeit unrichtig ist, und wenn diese unrichtige Eintragung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Bereits letzteres ist nicht der Fall. Grundlage der hier fraglichen Eintragung ist eine formal einwandfreie Auflassung, an der auf der Veräußererseite die eingetragene Eigentümerin beteiligt war. Anhaltspunkte für eine insoweit bestehende Grundbuchunrichtigkeit mussten sich dem Grundbuchamt nicht aufdrängen. Allein die Kenntnis von der Anhängigkeit eines mangels abschließender Grundbuchberichtigung noch schwebenden Restitutionsverfahrens musste eine solche Annahme nicht begründen. Unabhängig davon, dass der Restitutionsantrag gemäß § 3 VermG keine Verfügungsbeschränkung ausgelöst hatte, konnte das Grundbuchamt der ihm zum Auflassungsvollzug vorgelegten GVO-Genehmigung entnehmen, dass die Verfügungsberechtigung der übertragenden BVVG im Hinblick auf ein Restitutionsverfahren nicht in Zweifel zu ziehen war. Es kann daher offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen das Legalitätsprinzip des Grundbuch-Verfahrensrechts das Grundbuchamt anhält, den Sachverhalt der Verfügung eines Nichtberechtigten als gegeben zu erachten bzw. wann es davon ausgehen muss, dass die Vermutung des § 891 BGB widerlegt ist. Hat das Grundbuchamt die hier fragliche Eintragung unter Beachtung der ihm kraft Gesetzes auferlegten Pflichten wahrgenommen, steht schon dies einer an das Grundbuchamt gemäß § 71 Abs. 2 S. 2 GBO gerichteten Anweisung zur Eintragung eines Widerspruchs entgegen. Es kann deswegen hier offen bleiben, ob das Landgericht - wofür vieles spricht - die Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich der Eintragung der Beteiligten zu 1) mit guten Gründen als nicht wahrscheinlich erachtet hat.

2. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gemäß §§ 131 Abs. 1, 30 Abs. 2 KostO festgesetzt. Zur Kostenerstattung war nichts anzuordnen, weil die Beteiligten zu 1) in das Verfahren der weiteren Beschwerde nicht einbezogen worden sind, so dass ihnen Kosten nicht entstehen konnten.

Ende der Entscheidung

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