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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.09.2000
Aktenzeichen: 6 W 547/00
Rechtsgebiete: GBO, Tür. GenFrRGVO


Vorschriften:

GBO § 29 Abs. 3
GBO § 20
Thür. GenFrRGVO § 5
18.09.2000

6 W 547/00

Rechtliche Grundlage:

GBO § 29 Abs. 3; GBO § 20; Thür. GenFrRGVO § 5

1. Die in § 5 der Thür. Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften der Gemeinden und Landkreise vom 21. 1. 1997 (GVBl. S. 83) vorgesehene Erklärung des über ein Grundstück verfügenden Landkreises, bzw. der verfügenden Gemeinde, dass die Veräußerung nach §§ 67 Abs. 4 ThürKO iVm. § 1 der Verordnung vom 21. 1. 1997 genehmigungsfrei sei, muss ebenso wie das Zeugnis über die Nichtausübung des kommunalen Vorkaufsrechts nach § 28 Abs. 1 S. 3, 4 BauGB (Senatsbeschluss v. 28. 8. 1997, 6 W 407/97) dem GBA in der Form des § 29 Abs. 3 GBO vorliegen.

2. Die in die Notarurkunde aufgenommene Erklärung der veräußernden Gemeinde, dass die Voraussetzungen der Genehmigungsfreiheit vorliegen, wahrt nicht gem. § 67 BeurkG die von § 29 Abs. 3 GBO geforderte Form.

3. Der Geschäftsverteilungsplans des veräußernden Landkreises kann nicht anstelle der Genehmigungsfreiheitserklärung die in der Notarurkunde mitgeteilte Genehmigungsfreiheit beweisen.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

6 W 547/00 2 T 79/00 (Landgericht Mühlhausen)

In dem Verfahren

betreffend die Eintragung des Eigentums an dem im Grundbuch von Lauchröden, Blatt 609, Flur 1, Flurstück 5 eingetragenen Grundstück, an dem beteiligt sind: 1. Wartburgkreis, Erzberger Allee 14, 36433 Bad Salzungen, gesetzlich vertreten durch den Landrat - eingetragener Grundstückseigentümer, Antragssteller und Beschwerdeführer, auch im Verfahren der weiteren Beschwerde -

2. D. G. - Antragsteller -

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Präsidenten des Thüringer Oberlandesgerichts Dr. h.c. Bauer, den Richter am Amtsgericht Pippert und den Richter am Oberlandesgericht Bettin auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 vom 22./24.08.2000 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 14.06.2000

am 18.09.2000

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 14.06.2000 wird abgeändert.

2. Die Zwischenverfügung der Grundbuchrechtspflegerin des Amtsgerichts Eisenach vom 13.04.2000 wird aufgehoben, soweit die Grundbuchrechtspflegerin dem Beteiligten zu 1 - alternativ zur Vorlage der gesiegelten Erklärung gemäß § 5 der Thüringer Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften der Gemeinden und Landkreise vom 21.01.1997 - die Vorlage des Geschäftsverteilungsplans des Landratsamts des Wartburgkreises in der Form des § 29 GBO aufgegeben hat.

Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen. 3. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf bis 5.000 DM festgesetzt.

Gründe: I. Mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 02.06.1999 (Urkundenrolle Nr. 485/99 des Notars Peter A. Eitzelt mit Amtssitz in Bad Salzungen) verkaufte der Beteiligte zu 1 an den Beteiligten zu 2 das im Betreff bezeichnete Grundstück. In dem Vertrag erklärten die Beteiligten die Auflassung. § 10 des Vertrages enthält folgende Erklärung: "Der Wartburgkreis erklärt weiter: Gemäß § 5 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Ziff. 3 der Thüringer Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften vom 21.01.1997 der Gemeinden und Landkreise, GVBl. S 83, bedarf dieser Vertrag keiner rechtsaufsichtlichen Genehmigung, da der Verkehrswert unter 150.000,-- liegt." Für den Beteiligten zu 1 wurde die Urkunde von Herrn Kreisrechtsrat Abel unterzeichnet. Die Vertragsurkunde trägt außerdem die Unterschrift des beurkundenden Notars und den Abdruck des von ihm geführten Siegels. Die Beteiligten beantragten am 05.01.2000 den Vollzug der in der notariellen Urkunde enthaltenen Erklärungen im Grundbuch. Mit Zwischenverfügung vom 21.02.2000 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass der beantragten Eintragung das Eintragungshindernis der fehlenden Genehmigung nach den §§ 114, 67 ThürKO entgegenstehe. Es forderte die Beteiligten dazu auf, diese Genehmigung oder aber die Erklärung gemäß § 5 der Thüringer Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften der Gemeinden und Landkreise vom 21.01.1997 vorzulegen. Hierfür hat das Grundbuchamt eine Frist von acht Wochen eingeräumt und für den Fall der Nichtvorlage die kostenpflichtige Zurückweisung des Eintragungsantrags angekündigt. Mit Verfügung vom 13.04.2000 hat das Grundbuchamt diese Zwischenverfügung dahin geändert, dass entweder die erwähnte Erklärung in gesiegelter Form oder eine Vorlage des Geschäftsverteilungsplans des Landratsamts des Wartburgkreises in der Form des § 29 GBO erforderlich sei. Gegen diese Zwischenverfügung hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat. Das Landgericht hat die Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die Erklärung nach § 5 der Thüringer Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften der Gemeinde und Landkreise vom 21.01.1997 bedürfe der Form des § 29 Abs. 3 GBO. Diese Form sei von der Erklärung in § 10 des notariellen Vertrags vom 02.06.1999 nicht gewahrt; das Siegel des Notars ersetze den Stempel oder das Siegel der Behörde nicht. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1, der im Wesentlichen geltend macht, das Landgericht habe die Vorschrift des § 67 BeurkG übersehen. Danach werde bei Erklärungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts die bundes- oder landesrechtliche vorgeschriebene Beidrückung des Dienstsiegels durch die öffentliche Beurkundung ersetzt. Die darüber hinaus geforderte Vorlage des Geschäftsverteilungsplanes in der Form des § 29 GBO sei nicht nachvollziehbar, da der Geschäftsverteilungsplan nur die interne Aufgabenverteilung innerhalb der Behörde regele. II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 78, 80 GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Als Behörde war der Beteiligte zu 1 nicht gehalten, sich zur Einlegung der weiteren Beschwerde eines Rechtsanwalts zu bedienen (§ 80 Abs. 1 S. 2 GBO). In der Sache hat die weitere Beschwerde nur Erfolg, soweit sie sich gegen die mit der Zwischenverfügung vom 13.04.2000 durch das Grundbuchamt geforderte und vom Landgericht gebilligte Vorlage des Geschäftsverteilungsplans wendet, weil die Entscheidung des Landgerichts nur in diesem Umfang auf einer Gesetzesverletzung beruht (§§ 78 GBO, 550 ZPO). 1. In Thüringen bedürfen die Landkreise nach den §§ 114, 67 Abs. 3 Nr. 2 ThürKO grundsätzlich der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde zu der Veräußerung, wenn sie in ihrem Eigentum stehende Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte verkaufen oder tauschen. Von der nach § 67 Abs. 4 ThürKO eingeräumten Möglichkeit, bestimmte Rechtsgeschäfte von dieser Genehmigungspflicht freizustellen, hat der Innenminister des Freistaats Thüringen mit der Thüringer Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften der Gemeinden und Landkreise vom 21.01.1997 Gebrauch gemacht. Liegt ein solcher Fall vor, ist nach § 5 der bezeichneten Verordnung dem Antrag auf Eintragung in das Grundbuch eine Erklärung der betreffenden Körperschaft beizufügen, dass der Abschluss des Rechtsgeschäfts nach dieser Verordnung keiner Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedarf. Bei dieser Erklärung handelt es sich, wie das Landgericht ohne Rechtsfehler ausführt, um eine sonstige zu der Eintragung erforderliche Erklärung im Sinne des § 29 Abs. 1 GBO, die, soweit es sich wie hier um die Erklärung einer Behörde handelt, nach § 29 Abs. 3 GBO der Unterschrift und des Siegels bzw. Stempels der Behörde bedarf. Das ergibt sich daraus, dass die grundsätzlich unter die Verfügungsbeschränkung nach Kommunalrecht fallenden Rechtsgeschäfte bis zur Erteilung der Genehmigung als schwebend unwirksam anzusehen sind, so dass das Grundbuchamt, wenn es wie hier um die Auflassung eines Grundstücks geht, die Eintragung des Berechtigten erst vornehmen darf, wenn ihm die Genehmigung in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist (§ 20 GBO). Das Grundbuchamt ist wegen der das Grundbuchverfahren beherrschenden Beschränkung der Beweismittel auf solche, die durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen sind (vgl. Demharter, GBO, 23. Auflage, § 29 Rn. 23 m.w.N.), auch weder in der Lage noch verpflichtet, von sich aus festzustellen, ob das betreffende Grundstücksgeschäft - hier gemäß § 1 der Thüringer Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften der Gemeinden und Landkreise vom 21.01.1997 - ausnahmsweise genehmigungsfrei ist. Das würde nämlich Feststellungen zum Verkehrswert des Grundstücks erfordern. Es entspricht daher soweit ersichtlich allgemeiner Auffassung, dass zum Grundbuchvollzug der Veräußerung gemeindeeigener Grundstücke entweder die Vorlage der Genehmigung oder eines Negativattests der Aufsichtsbehörde oder aber einer Erklärung der Gemeinde, dass die Veräußerung keiner Genehmigung bedarf und nicht unter Wert erfolgt bzw. die Veräußerung unter Wert ausnahmsweise zulässig ist, notwendig ist (vgl. Bauer/v.Oefele, GBO, AT VIII Rn. 99; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 11. Auflage, Rn. 4078). Dass entsprechende Erklärungen der Form des § 29 Abs. 3 GBO bedürfen, hat der Senat durch Beschluss vom 28.08.1997 (6 W 407/97) für das Negativattest nach § 28 Abs. 1 S. 3 und 4 BauGB bereits entschieden. Es besteht kein Grund, hiervon für die Erklärung nach § 5 der Thüringer Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften der Gemeinden und Landkreise abzuweichen. 2. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Form des § 29 Abs. 3 GBO durch die Erklärung in § 10 der notariellen Urkunde als nicht gewahrt angesehen, weil es an dem Siegel bzw. dem Stempel der Behörde, hier des Beteiligten zu 1 selbst, fehlt. Soweit die weitere Beschwerde meint, das Landgericht habe die Vorschrift des § 67 BeurkG übersehen, verkennt sie, dass das gesamte Beurkundungsgesetz nur für sogenannte bezeugende Erklärungen gilt (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, Teil B, 13. Auflage, § 1 BeurkG Rn. 2, 3, 23, 24; Bauer/v.Oefele, a.a.O., § 29 Rn. 129 jeweils m.w.N.). Demgegenüber handelt es sich bei der Erklärung nach § 5 der Thüringer Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften der Gemeinden und Landkreise vom 21.01.1997, die ihrem Wesen nach einen Negativattest darstellt, um eine sogenannte bewirkende Urkunde, auch als Eigenurkunde bezeichnet, weil sie eine eigene Willenserklärung der ausstellenden Behörde verkörpert (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., Rn. 3 m.w.N.). Hierfür gilt das Beurkundungsgesetz gerade nicht (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., Rn. 25 m.w.N.). Das Dienstsiegel des Notars vermag mithin das Siegel bzw. den Stempel der Beteiligten zu 1 nicht zu ersetzen. 3. Erfolg hat die weitere Beschwerde hingegen, soweit das Grundbuchamt es dem Beteiligten zu 1 überlassen hat, anstelle der Erklärung nach § 5 der Thüringer Verordnung über die Genehmigungsfreiheit von Rechtsgeschäften der Gemeinden und Landkreise in der Form des § 29 Abs. 3 GBO seinen Geschäftsverteilungsplan in grundbuchrechtlicher Form vorzulegen. Es handelt sich hierbei um ein zur Beseitigung des Eintragungshindernisses ungeeignetes Mittel. Die Formvorschrift des § 29 Abs. 3 GBO für die abzugebende Erklärung selbst soll das Grundbuchamt nämlich gerade von der Pflicht zur Nachprüfung der im Einzelfall für die Wirksamkeit der Erklärung maßgebenden Vorschriften entbinden (vgl. Demharter, a.a.O., § 29 Rn. 45 m.w.N.). In eine solche Nachprüfungstätigkeit würde das Grundbuchamt durch die Vorlage des Geschäftsverteilungsplans aber eintreten. Hierfür besteht kein Anlass. III. Den Beschwerdewert hat der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht nach den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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