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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 14.12.2000
Aktenzeichen: 6 W 642/00
Rechtsgebiete: GBO, BGB, ZPO


Vorschriften:

GBO § 22
GBO § 13
GBO § 29
BGB § 894
ZPO § 894
1. Das der Klage auf Grundbuchberichtigung stattgebende Urteil stellt in den subjektiven Grenzen der Rechtskraft das dingliche Recht fest, so dass das Urteil die positive Feststellung des Eigentums im Verhältnis der Verfahrensbeteiligten enthält und den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 GBO mit der Folge erbringt, dass das GBA im Hinblick auf § 22 Abs. 2 GBO nicht zusätzlich zum Urteil die Eigentümerzustimmung in der Form des § 29 GBO fordern kann.

2. Bei dem die Berichtigungsbewilligung ersetzenden Urteil handelt es sich um eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 29 Abs. 1 GBO, welche im Tatbestand auch die gestellten Anträge der damaligen Kläger und jetzigen Antragsteller enthält und somit nachweist, dass der Antragsteller seine Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch anstrebt.

Thür. OLG, Beschl. v. 14. 12. 2000, 6 W 642/00


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

6 W 642/00 2 T 169/00 (Landgericht Mühlhausen)

In dem Verfahren

betreffend die Berichtigung der Eigentümereintragung hinsichtlich des im Grundbuch von Eisenach, Blatt 8470, Flur 70, Flurstück 6247 eingetragenen Grundstücks

an dem beteiligt sind:

1. H. B.,.......................

2. R. B., ...........................

- Antragsteller und Beschwerdeführer, auch im Verfahren der weiteren Beschwerde -

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Rosenberger, Böhner, Vennemann, Rhodiusstraße 18, 51065 Köln

3. Städtische Wohnungsbaugesellschaft E. gesetzlich vertreten durch ihre Geschäftsführer................

- eingetragene Grundstückseigentümerin, Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin, auch im Verfahren der weiteren Beschwerde -

hat der 6. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. h.c. Bauer sowie die Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Werner und Bettin auf die weitere Beschwerde der Antragsteller vom 29.09.2000 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 25.08.2000 am 14.12.2000

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschlüsse der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 25.08.2000 sowie des Amtsgerichts Eisenach vom 31.07.2000 werden aufgehoben.

2. Die Grundbuchrechtspflegerin des Amtsgerichts Eisenach wird angewiesen, das Grundbuch dahin zu berichtigen, dass als Eigentümer des im Betreff bezeichneten Grundstücks an Stelle der Antragsgegnerin die Antragsteller in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen werden.

Gründe:

I.

Die Antragsteller erstritten gegen die Antragsgegnerin vor dem Landgericht Mühlhausen unter dem Az.: 5 O 1443/98 ein inzwischen rechtskräftiges Urteil vom 25.02.1999, mit dem die Antragsgegnerin verurteilt wurde, ihre Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs von Eisenach hinsichtlich des im Betreff bezeichneten Grundstücks dahin zu erteilen, dass an ihrer Stelle als Eigentümerin bzw. Verfügungsberechtigte die Antragsteller in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen werden. Unter Vorlage dieses Urteils beantragten die Antragsteller beim Grundbuchamt die entsprechende Grundbuchberichtigung. Die Grundbuchrechtspflegerin beanstandete mit Zwischenverfügung vom 28.04.2000, der beantragten Grundbuchberichtigung stehe ein Eintragungshindernis entgegen, weil die Antragsteller die nach § 22 Abs. 2 GBO erforderliche Zustimmung zu ihrer Eintragung als Eigentümer nicht in der Form des § 29 GBO vorgelegt hätten. Nach Ablauf der in dieser Zwischenverfügung zur Beseitigung des Eintragungshindernisses gesetzten Frist wies die Grundbuchrechtspflegerin am 31.07.2000 den Berichtigungsantrag zurück. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, eine Grundbuchberichtigung auf Grund Berichtigungsbewilligung komme wegen der fehlenden Zustimmung der Antragsteller in grundbuchmäßiger Form nicht in Betracht. Auch eine Berichtigung auf Grund Unrichtigkeitsnachweises könne entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht erfolgen, weil das zivilprozessuale Urteil, mit der die Antragsgegnerin zur Abgabe der Berichtigungsbewilligung verurteilt worden sei, den Unrichtigkeitsnachweis nicht erbringe. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Antragsteller.

II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 78, 80 GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung des Landgerichts auf Gesetzesverletzungen beruht, §§ 78 GBO, 550 ZPO. 1. Die Auffassung des Landgerichts, das im Zivilprozess erwirkte Urteil, mit dem der im Grundbuch Eingetragene zur Abgabe der Berichtungsbewilligung verurteilt wird, erbringe nicht auch den Unrichtigkeitsnachweis im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 GBO, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. a) Inwieweit Urteile der Prozessgerichte die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit binden, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet (vgl. BayObLGZ 1987, 325/329 f m.w.N.). Die Frage bedarf im vorliegenden Verfahren in dieser Allgemeinheit keiner Entscheidung, weil jedenfalls nach soweit ersichtlich einhelliger Auffassung rechtskräftige Feststellungsurteile der Zivilgerichte im Grundbuchverfahren dann als bindend angesehen werden, wenn der Streit darum geht, wem ein frei übertragbares Recht zusteht, die Rechtskraft sich auf dieses Recht erstreckt und gegenüber allen am Grundbuchverfahren Beteiligten wirkt (vgl. BayObLGZ 1991, 334, 336 m.w.N.; Bauer, in Bauer/von Oefele, GBO, AT I Rn. 167). Dem folgt auch der Senat. b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Verfahren entgegen der Auffassung des Landgerichts gegeben. Die Beteiligten im Grundbuchverfahren und die Parteien in dem Zivilverfahren 5 O 1443/98 vor dem Landgericht Mühlhausen sind identisch. Bei dem Urteil vom 25.02.1999 handelt es sich allerdings seiner äußeren Form nach nicht um ein Feststellungs-, sondern um ein Leistungsurteil; die Antragsgegnerin wurde darin zur Abgabe der Berichtigungsbewilligung verurteilt. Indessen stellt das der Berichtigungsklage stattgebende Urteil in den subjektiven Grenzen der Rechtskraft, also zwischen den Beteiligten im vorliegenden Grundbuchverfahren, das dingliche Recht - hier das Eigentum der Antragsteller an dem im Betreff bezeichneten Grundstück - ebenfalls rechtskräftig fest (vgl. RGZ 158, 40, 43; RG, JW 1936, 30, 47; Staudinger/Gursky, BGB, 13. Auflage, § 894 Rn. 118; MünchKomm/Wacke, BGB, 3. Auflage, § 894 Rn. 34; Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Auflage, § 894 Rn. 41 jeweils m.w.N.; vgl. auch BGH, WM 1978, 194, 195 für das klagabweisende Urteil; a. A. Kohler in Bauer/v. Oefele, GBO, § 22 Rn. 162; Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 8. Auflage, § 22 Rn. 107; Eickmann, Rpfleger 1981, 213, 217). Der Senat schließt sich anders als das Landgericht der herrschenden Auffassung an.

Allerdings nehmen nach allgemeiner Auffassung präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen an der Rechtskraft nur dann teil, wenn sie rechtskraftfähig festgestellt werden, also Streitgegenstand waren (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Auflage, vor § 322 Rn. 34 m.w.N.). Das Bestehen des dinglichen Rechts ist jedoch für den Grundbuchberichtigungsanspruch nicht nur Vorfrage in diesem Sinne. Das folgt daraus, dass die Klage auf Berichtigung des Grundbuchs nur die spezifische Form ist, um das dingliche Recht zur Feststellung zu bringen, weil das Grundbuch, um dessen Inhalt es geht, selbst der Bekundung der Rechtslage dient. Der Grundbuchberichtigungsanspruch ist mithin nur die technische Form, in der der Streit um die Existenz oder Nichtexistenz eines bestimmten dinglichen Rechts, seinen Inhalt oder Rang oder die Person des Rechtsinhabers ausgetragen wird (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Auflage, § 322 Rn. 220; Staudinger/Gursky, a.a.O.). Das unterscheidet die Grundberichtigungsklage aus § 894 BGB von der Vindikationsklage aus § 985 BGB, die vom Klageantrag her lediglich auf die Herausgabe der Sache und damit auf die Besitzeinräumung gerichtet ist. Anders als bei den Vindikationsklage erscheint es dem Senat daher bei der Grundberichtigungsklage gerechtfertigt, die Rechtskraftwirkung auf das entsprechende dingliche Recht auszudehnen. Damit beinhaltet die zusprechende Grundbuchberichtigungsklage betreffend die Eintragung des Eigentums zugleich die positive Feststellung des Eigentums im Verhältnis der Verfahrensbeteiligten und erbringt mithin auch den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 GBO. Einer Zustimmung der Antragsteller in der Form des § 29 GBO bedarf es deshalb im Hinblick auf § 22 Abs. 2 GBO nicht. 2. Abgesehen davon beruhen die Entscheidungen der Vorinstanzen auch deshalb auf Rechtsfehlern, weil sie eine Auslegung der von den Antragstellern vorgelegten Eintragungsunterlagen daraufhin, ob die für die Grundbuchberichtigung auf Grund Berichtungsbewilligung nach § 22 Abs. 2 GBO erforderliche Zustimmung der Antragsteller in der Form des § 29 GBO vorliegt, nicht in Erwägung gezogen haben. Bei dem die Berichtigungsbewilligung ersetzenden Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 25.02.1999, das dem Grundbuchamt auch vorgelegt wurde, handelt es sich um eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 29 Abs. 1 GBO. Dieses Urteil enthält im Tatbestand auch die gestellten Anträge der damaligen Kläger und jetzigen Antragsteller. Diese Anträge sind im Ergebnis auf ihre Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch gerichtet; sie beinhalten daher bei der nach § 133 BGB gebotenen lebensnahen Auslegung zugleich auch ihre Zustimmung zur Eintragung als Eigentümer. Dem stehen die Grundsätze zur eingeschränkten Auslegungsmöglichkeit von Grundbucherklärungen (vgl. Bauer, in Bauer/v. Oefele, a.a.O., AT I Rn. 70 f; Kössinger, ebenda, § 19 Rn. 84 ff.; Demharter, GBO, 23. Auflage, § 19 Rn. 29, 30 jeweils m.w.N.) nicht entgegen, weil sich die entsprechenden Erklärungen und der entsprechende Wille der Antragsteller im vorliegenden Fall gerade aus dem Urteil als öffentlicher Urkunde ergeben. Das Grundbuchamt hätte daher die beantragte Berichtigung auch auf Grund der durch das Urteil ersetzten Berichtigungsbewilligung vornehmen müssen. 3. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden und das Grundbuchamt anweisen, die beantragte Grundbuchberichtigung vorzunehmen. Der Senat war auch nicht gehalten, die Sache wegen Abweichung von dem auf weitere Beschwerde ergangenen Beschluss des Kammergerichts vom 21.01.1901 (KGJ 21, A 297, 302) dem Bundesgerichtshof gemäß § 79 Abs. 2 GBO vorzulegen, wenngleich dieser Entscheidung offenbar die Auffassung zugrunde liegt, mit dem Urteil über die Berichtigungsbewilligung werde nicht zugleich rechtskräftig auch über das dingliche Recht selbst entschieden. Der Beschluss des Kammergerichts weicht jedoch seinerseits von späteren Entscheidungen des Reichsgerichts (RGZ 158, a.a.O.; RG JW 1936, a.a.O.) ab; die Vorlagepflicht besteht in einem solchen Fall nur bei einer beabsichtigten Abweichung von der Entscheidung des Reichsgerichts (vgl. Demharter, a.a.O., § 79 Rn. 12, 14). III. Eine Entscheidung über die Gerichtskosten der Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst, weil wegen des Erfolgs der Rechtsmittel Gerichtskosten in den Rechtsmittelverfahren nicht entstehen, § 131 Abs. 1 KostO. Es entspricht auch nicht der Billigkeit, der Antragsgegnerin die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Antragsteller aufzuerlegen. Die Antragsgegnerin hat sich an dem Verfahren nicht beteiligt und ist den Anträgen nicht entgegengetreten. Soweit die Antragsteller beantragt haben, ihre außergerichtlichen Kosten der Staatskasse aufzuerlegen, bietet das Gesetz hierfür keine Grundlage.

Ende der Entscheidung

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