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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 22.12.2004
Aktenzeichen: 7 U 533/04
Rechtsgebiete: VermG


Vorschriften:

VermG § 3 Abs. 3
VermG § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2
Erhaltungs- und Instandhaltungspflichten eines Verfügungsberechtigten in einem Restitutionsverfahren können nur bestehen, soweit dies für den Verfügungsberechtigten wirtschaftlich zumutbar ist.

Soweit sich für diesen aus dem Vermögensgegenstand keine Nutzungsvorteile ergeben, beschränken sich seine Handlungspflichten nach dem Rechtsgedanken des § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 VermG auf diejenigen Maßnahmen, die zwingend erforderlich sind, um die Substanz des Restitutionsanspruchs zu sichern.

Wenn der wirtschaftliche Kern eines auf Herausgabe eines Grundstücks gerichteten Resititonsanspruchs nicht dem Wert eines auf dem Grundstück stehenden älteren und ungenutzten Fabrikgebäude, sondern in dem Wert der Grundstücksfläche selbst besteht, ist der Verfügungsberechtigte - soweit er keine Nutzungsvorteile zieht - nicht verpflichtet, für die Instandhaltung der Dacheindeckung des Gebäudes zu sorgen.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 533/04

Verkündet am: 22.12.2004

In dem Rechtsstreit

wegen: Handlungspflichten nach dem Vermögensgesetz

hat der 7. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weber, Richter am Oberlandesgericht Nährig und Richter am Landgericht Jacob

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 17.05.2004, Aktenzeichen 9 O 2168/03, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% der jeweils zu vollstreckenden Forderung abwenden.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerinnen begehren Schadenersatz wegen unterlassener Unterhaltungsmaßnahmen.

Sie waren Eigentümer eines mit einer Fabrikhalle bebauten Grundstücks in F, das sie durch Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen (LARoV) im Jahr 2000 durch bestandskräftigen Bescheid gem. § 6 Abs. 6a VermG zurückübertragen bekommen hatten.

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zur Abdichtung des Dachs des Fabrikgebäudes verpflichtet gewesen sei und deshalb für die eingetreten Wertminderung bzw. die zusätzlichen Instandsetzungskosten aufzukommen habe.

Mit Klageschrift vom 02.10.2003 haben die Klägerinnen wie folgt vorgetragen: "Vorliegend hat die Beklagte das Grundstück im Sommer 1993 von der T GmbH erhalten und seit diesem Zeitpunkt die Verwaltung durchgeführt".

Die Beklagte hat gemeint, aufgrund des Übergabeprotokolls sei jede Haftung ausgeschlossen. Durch die Einbeziehung des Protokolls in den bestandskräftigen Bescheid entfalte dieses hinsichtlich des Haftungsausschlusses Tatbestandwirkung.

Sie hat behauptet, es sei kein Schaden entstanden, da es für das Gebäude keine Nachfrage gegeben habe. Ein Marktinteresse habe es nur hinsichtlich des Grundstücks gegeben, so dass es auf den Zustand der Halle nicht ankäme.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochten Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 17.05.2004 abgewiesen und dies wie folgt begründet:

Die Haftung der Beklagten sei nicht bereits durch das Übergabeprotokoll ausgeschlossen. Dem Protokoll komme lediglich deklaratorische Wirkung zu und diene primär der Beweissicherung. Weitergehende Abreden, durch die die Parteien die Haftung der Beklagten ausgeschlossen hätten, seien nicht ersichtlich.

Eine Verpflichtung der Beklagten zur Unterhaltung des Grundstücks bestehe nicht, da sich aus § 3 Abs. 3 VermG keine Handlungspflichten des Verfügungsberechtigen ergäben. Die Norm regele bereits nach ihrem Wortlaut ausschließlich Unterlassungspflichten des Verfügungsberechtigten. Die hohe Regelungsdichte der Norm spreche für eine abschließende Regelung. Auch das Fehlen einer dem § 13 Abs. 2 VermG entsprechenden Regelung spreche gegen eine Unterhaltungspflicht. Insbesondere sei aber die Annahme einer Unterhaltungspflicht nicht Interessengerecht, da gerade das Verbot des Abschlusses längerfristiger Rechtsgeschäfte durch § 3 Abs. 3 VermG die Bewirtschaftung der betroffenen Grundstücke häufig unmöglich machen würde. Damit würde dem Verfügungsberechtigen faktisch eine Kostenvorlagepflicht auferlegt.

Auch wenn man dieser Ansicht nicht folgen würde, sei die Beklagte zur Instandhaltung des Dachs nicht verpflichtet gewesen, da dies für sie nicht zumutbar gewesen sei. Die Fabrikhalle sei seit Mitte 1993 nicht mehr genutzt worden, so dass der Beklagten keine Einnahmen zur Verfügung gestanden hätten.

Eine uneingeschränkte Pflicht zu Vornahme von Erhaltungsmaßnahmen sei entgegen OLG Naumburg (VIZ 2000, 550) abzulehnen.

Gegen dieses dem Klägervertreter am 19.05.2004 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen mit einem am 16.06.2004 beim Thüringer Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 13.07.2004 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie sind der Ansicht, eine Handlungspflicht ergebe sich bereits aus § 3 Abs. 3 Satz 6 VermG, da dieser den Wortlaut des § 677 BGB wiederhole und den Verfügungsberechtigten damit einem Geschäftsführer ohne Auftrag gleichstelle.

Damit träfen den Verfügungsberechtigten auch die Nebenpflichten aus § 681 BGB und Schadenersatzpflichten aus § 683 S. 1 BGB. Dies ergebe sich auch, weil das Verhältnis gegenüber dem Berechtigten Züge einer gesetzlichen Treuhand aufweise.

Instandhaltungspflichten ergäben sich insbesondere auch aus dem Urteil des BGH vom 04.04.2002, da hiernach Erhaltungsmaßnahmen von demjenigen zu tragen sind, dem die Nutzungen verbleiben. Hierzu behaupten sie erstmals in der Berufungsbegründung vom 12.07.2004, die Beklagte habe bis zum Jahre 1994 die Mieteinnahmen eingenommen, ohne davon Unterhaltungsmaßnahmen zu bestreiten.

Aus der nach dem VermG zu erfüllende Rückgabepflicht des Verfügungsberechtigten ergäben sich Handlungs-, insbesondere Instandhaltungspflichten.

Die Klägerinnen beantragen:

1.) Das am 17.05.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Erfurt , Aktenzeichen 9 O 2168/03, wird abgeändert.

2.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 88.044,46 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 07.08.2001 zu zahlen.

3.) Die Revision wird zugelassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das ihr günstige angefochtene Urteil.

Sie ist der Ansicht, dass der Umstand, dass der Gesetzgeber auf eine klarstellende Aufnahme von Handlungspflichten in den Gesetzeswortlaut verzichtet hat, obwohl der Streit über die Handlungspflichten seit In - Kraft - Treten des Vermögensgesetzes bestehe und zahlreiche Gesetzesänderungen hierzu Gelegenheit geboten hätten, gegen eine derartige Pflicht des verfügungsberechtigten spreche.

Weiter hätten sich die Klägerinnen durch einen Antrag auf vorläufige Besitzeinweisung gem. § 6a abs. 1 VermG in die Lage versetzen können, die nicht durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen selbst in die Hand zu nehmen. Die Voraussetzungen einer vorläufigen Besitzeinweisung hätten vorgelegen.

Die Beklagte bestreitet, dass das Grundstück vermietet oder vermietbar gewesen sei. Die Entscheidung, nicht zu investieren, sei richtig gewesen, da die Investition wirtschaftlich unzumutbar gewesen sei.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerinnen hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Beklagte war nicht zur Instandsetzung des Dachs der Fabrikhalle verpflichtet.

Eine solche Pflicht ergibt sich zunächst nicht aus unmittelbarer Anwendung § 3 Abs. 3 VermG. Die Norm ordnet nach ihrem Wortlaut nur Unterlassungspflichten des Verfügungsberechtigten an und regelt hierzu bestehende Ausnahmen. Durch Satz 6 sind darüber hinaus Pflichten und Maßstäbe für die Durchführung zulässiger Rechtsgeschäfte des Verfügungsberechtigten normiert. Aufgrund des eindeutig auf die Vornahme von Rechtsgeschäften beschränkten Wortlauts lässt sich der Norm eine Pflicht zur Vornahme von Instandhaltungsarbeiten nicht entnehmen.

Eine Pflicht zur Instandsetzung des Hallendachs ergibt sich für die Beklagte aber auch nicht im Rahmen einer analogen Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 6 VermG oder aufgrund des zwischen ihr und den Klägerinnen als Restitutionsberechtigten für die Dauer des Verfahrens bestehenden Rechtsverhältnisses, das einem gesetzlichen Treuhandverhältnis angenähert ist.

Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Landgerichts, nach der sich bereits aus der Regelung des § 3 Abs. 3 VermG ergebe, dass den Verfügungsberechtigten während des Restitutionsverfahren keinerlei Handlungspflichten treffen können.

Das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten des Restitutionsverfahrens wird durch § 3 Abs. 3 VermG nicht abschließend geregelt. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenhang zwischen Regelungszweck und dem begrenzten Wortlaut der Norm. Das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG soll insbesondere einem Erlöschen des Rückübertragungsanspruchs durch Verfügungen über den Vermögenswert vorbeugen und eine Aushöhlung der künftigen Rechtsstellung, etwa durch langfristige Verpflichtungsvertrage, verhindern (BGHZ 136, 57/ 60).

Die Sicherung des Bestandes des Rückübertragungsanspruchs wäre jedoch unvollständig, wenn sie sich auf das Verbot der Vornahme bestimmter langfristiger Rechtsgeschäfte beschränken würde. Eine Aushöhlung der künftigen Rechtsstellung des Berechtigten kann in gleicher Weise durch aktives faktisches Handeln (z.B. Zerstörung des Vermögenswertes) und auch durch Unterlassen (der Unterhaltung) herbeigeführt werden (so auch Wasmuth, Rechtshandbuch, § 3 VermG, Rn 380a). Da der Verfügungsberechtigte aufgrund der Antragstellung weis, dass sein jedenfalls bis zur Bestandskraft eines Rückübertagungsbescheides noch bestehende Eigentum (§ 34 Abs. 1 Satz 1 VermG) gefährdet ist und er den Vermögensgegenstand möglicherweise an den Berechtigten herauszugeben haben wird, besteht ein hinreichender Grund, seine Eigentumsbefugnisse aus § 903 BGB im Interesse des Berechtigten so weit einzuschränken, wie dies zur Sicherung des Restitutionsanspruchs erforderlich ist.

Dies wird im Grundsatz in Rechtsprechung und Literatur wohl einhellig auch so gesehen, wobei unterschiedliche Wege der Herleitung gewählt werden.

Nach einer Auffassung (Rapp in Kimme, Offenen Vermögensfragen, Stand April 2004, § 3 VermG, Rn 87 ff; Säcker- Busche in Säcker, Vermögensrecht, § 3 VermG, Rn 182) können sich Handlungspflichten aus den Grundsätzen der Notgeschäftsführungspflicht (§§ 680; 744 Abs. 2; 2038 Abs. 1 Satz 2; 2. HS BGB in Rechtsanalogie) ergeben. Im Ergebnis wird dies nach dem Verständnis des Senats, der die Wertung des Landgerichts insoweit nicht teilt, auch von Redeker/ Hirtschulz/ Tank (in: Fieberg/ Reichenbach/Messerschmidt/ Neuhaus, VermG, Stand Jan. 2004, Rn 288 ff) vertreten, die § 678 BGB entsprechend auf bereits auf die Entscheidung über Übernahme des Geschäfts anwenden wollen.

Nach wohl überwiegender Auffassung können sich Handlungspflichten (gerade auch Instandsetzungspflichten) des Verfügungsberechtigten aufgrund eines gesetzlichen Treuhandverhältnisses (Gohrke/ Schmidt, VIZ 2003, 153 ff, Wasmuth in "Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR", Stand Jan. 2004; § 3 VermG, Rn 380 ff) bzw. des an eine gesetzliche Treuhand angenäherten Rechtsverhältnisses (BGHZ 136, 62, Urteil vom 14.12.2001 (V ZR 493/99), OLG Naumburg , Urteil vom 30.06.1999 (1 U 59/99), OLG Dresden, Urteil vom 10.03.1999 (18 U 2745/98)) ergeben.

Der Senat neigt der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung zu, denn mit dem Restitutionsantrag entsteht zwischen den Beteiligten des Restitutionsverfahrens eine Sonderrechtsverhältnis. Bereits nach allgemeinen Grundsätzen bestehen in Sonderrechtsverhältnissen nach Treu und Glauben gegenseitige Schutz- und Rücksichtnahmepflichten. Gerade vor dem Hintergrund der möglichen Herausgabepflicht des Verfügungsberechtigten besteht kein Anlass, eine generelle Ausnahme von diesem Grundsatz anzunehmen.

Eine Pflicht zur Instandsetzung des Hallendachs ergibt sich für die Beklagte dennoch nicht, denn der Umfang der aus dem Rechtsverhältnis herzuleitenden Handlungspflichten deckt die Instandsetzung des Dachs nicht ab. Schutz- und Rücksichtnahmepflichten können sich aus einem Rechtsverhältnis nur ergeben, soweit dies bei Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten angemessen ist.

Vor diesem Hintergrund kann es keine uneingeschränkte Erhaltungspflicht des Verfügungsberechtigten während des Restitutionsverfahrens geben. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der Verfügungsberechtigte während der Dauer seines Eigentums gem. § 903 BGB im Grundsatz nach Belieben über sein Eigentum entscheiden kann. Weiter muss berücksichtigt werden, dass sich bei der Annahme von Instandhaltungspflichten für den Verfügungsberechtigten in erheblichem Umfang wirtschaftliche Belastungen ergeben können. Den Ausgleich der bei Instandhaltungsmaßnahmen betroffenen Interessen hat der Gesetzgeber in § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 VermG für einen Teilbereich geregelt. Hiernach kann der Verfügungsberechtigte, soweit er zur Herausgabe bestimmter Nutzungen verpflichtet ist, die seit dem 01.07.1994 entstandenen Kosten auf Grund von Rechtsgeschäften zur Erhaltung des Vermögenswerts im Sinne von § 3 Abs. 3 VermG im Wege der Aufrechnung geltend machen. Der Regelung lässt sich der gesetzgeberische Wille entnehmen, dass der Verfügungsberechtigte die Kosten von Erhaltungsmaßnahmen selbst dann nicht endgültig tragen soll, wenn er vorläufig in den Genuss der Nutzungen des Vermögenswertes gekommen ist. Dieser Gedanke muss auch für die Frage der Zumutbarkeit der mit der Instandhaltung verbundenen Kosten auch für die Bestimmung der dem Verfügungsberechtigten obliegenden Pflichten herangezogen werden.

Für den Fall, dass der Vermögensgegenstand keine Nutzungsvorteile erbringt, können von dem Verfügungsberechtigten Instandhaltungsmaßnahmen daher allenfalls in Ausnahmefällen verlangt werden. Nach dem hier ebenfalls relevanten Schutzzweck des § 3 Abs. 3 VermG muss sich die Handlungspflicht dann auf die Maßnahmen beschränken, die zwingend erforderlich sind um die Substanz des Restitutionsanspruchs zu sichern.

Hiernach war die Beklagte zur Instandsetzung des Hallendachs nicht verpflichtet. Der Senat muss - entsprechend dem erstinstanzlich unstreitigen Klägervortrag, dass die Beklagte das Grundstück im Sommer 1993 von der Thüringer Möbel GmbH Suhl erhalten und ab diesem Zeitpunkt verwaltet habe, davon ausgehen, dass die Beklagte während der Dauer ihrer Verwaltung keine Mieteinnahmen erhalten hat. Da eine Vermietung oder Verpachtung an einen anderen Nutzer nicht behauptet worden ist, kann der erstinstanzliche Klägervortrag nur so verstanden werden, dass der Beklagten ab dem Zeitpunkt der Übernahme der Verwaltung keine Miet- oder Pachteinnahmen zugeflossen sind.

Der neue Vortrag der Klägerinnen, die Beklagte habe bis zum Jahre 1994 Mieteinnahmen aus dem Grundstück gehabt, davon aber keine Erhaltungsmaßnahmen bestritten, ist gem. §§ 529 I Nr. 2, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO unbeachtlich. Das Unterlassen des entsprechenden Vortrags beruht auf Nachlässigkeit der Klägerinnen; denn sie haben nicht dargelegt, dass sie nur und erstmals im zweiten Rechtszug imstande gewesen seien, diese Behauptung zu erheben. Eines richterlichen Hinweises hat es angesichts der Eindeutigkeit des erstinstanzlichen Klägervortrags nicht bedurft.

Die Beklagte war demnach nur dann zum Handeln verpflichtet, wenn der Restitutionsanspruch der Klägerinnen sonst ausgehöhlt gewesen wäre. Das ist nicht der Fall.

Angesichts der Lage des Grundstücks und der einfachen Ausführung der Halle stellte das Grundstück und nicht die Halle den wirtschaftlichen Kern des Restitutionsanspruchs der Klägerinnen dar. Dieser wirtschaftliche Kern ist durch die ohnehin in der von der Beklagten nicht zu vertretenden wenig dauerhaften Ausführung der Halle (Eindeckung mit Dachpappe) nicht gefährdet gewesen.

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass in Analogie zu § 3 Abs. 3 Satz 6 VermG bereits auf die Frage des "Ob" einer Instandhaltungsmaßnahme § 687 BGB anzuwenden sei (vergl. Redeker/ Hirtschulz/ Tank (in Fieberg/ Reichenbach/Messerschmidt/ Neuhaus, VermG, Stand Jan. 2004, Rn 288 ff).

Die Voraussetzungen für eine Analogie liegen hier nicht vor, da die betroffene Interessenlage sich unterscheidet.

Soweit sich der Verfügungsberechtigte zur Durchführung einer Maßnahme entschlossen hat, wird er vernünftigerweise zuvor eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt haben. In dieser Situation ist er nicht schutzbedürftig, da er aufgrund eigener Entschließung handelt. Soweit es aber um die Prüfung des Bestehens einer Handlungspflicht geht, kann vor dem Hintergrund der grundsätzlich gem. § 903 BGB zugunsten des Verfügungsberechtigten bestehenden Dispositionsfreiheit nicht auf das Korrektiv der wirtschaftlichen Zumutbarkeit im o.g. Sinne verzichtet werden (so auch Gohrke/ Schmidt, a.a.O., S. 157, OLG Dresden, Urteil vom 10.03.1999, AZ 18 U 2745/98).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteils des Bundesgerichtshofs vom 28.06.2002 ( VIZ 2003, 622 ), denn diese Entscheidung befasst sich lediglich mit den Anforderungen an die Durchführung einer aufgrund einer eigenen Entscheidung des Verfügungsberechtigten vorgenommenen Maßnahme.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 und 2 ZPO.

Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Satz1 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass er mit der vorliegenden Entscheidung von der im Urteil des Oberlandesgerichts des Lands Sachsen- Anhalts vom 15.Ferbruar 2000 (Az.: 13 U 154/99) abweicht. Der dortigen Entscheidung liegt nach dem Verständnis des Senats die Auffassung zugrunde, dass der Verfügungsberechtigte während der Dauer eines Restitutionsverfahrens ohne Einschränkungen zur Vornahme von Erhaltungsmaßnahmen an dem Restitutionsobjekt verpflichtet ist. Diese Aufffassung teilt der Senat nicht.

Ende der Entscheidung

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