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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.04.2005
Aktenzeichen: 8 U 702/04
Rechtsgebiete: BGB, AGBG, ZPO, UStG


Vorschriften:

BGB § 154 Abs. 2
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 309 Nr. 5a n.F.
AGBG § 11 Nr. 5a
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 702/04

verkündet am: 26.04.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krueger, den Richter am Oberlandesgericht Linsmeier und den Richter am Amtsgericht Baumann

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 16.07.2004, AktZ. 2 O 756/03, wie folgt abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.805,15 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.10.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5.

Die Klägerin hat jedoch die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Köln entstandenen Mehrkosten zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von vier Abstandszahlungen gemäß ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen für nicht abgenommene Fahrzeuge (Pkw Mercedes, drei Fahrzeuge Typ E 270 CDI und ein Fahrzeug E 220 CDI) in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage nahezu vollumfänglich stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und des streitigen Sachvortrags der Parteien wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Gera vom 16.07.2004, AktZ. 2 O 756/03, Bezug genommen.

Zu ergänzen ist:

Die Klägerin hat hinsichtlich der streitgegenständlichen vier Abstandszahlungen vier Rechnungen erteilt:

- Rechnung vom 19.07.2002, Bl. I/17, für Fahrzeugkaufvertrag Nr. 05/K/02

- Rechnung vom 08.08.2002, Bl. I/22, für Fahrzeugkaufvertrag Nr. 07/K/02

- Rechnung vom 08.08.2002, Bl. I/13, für Fahrzeugkaufvertrag Nr. 06/K/02

- Rechnung vom 08.08.2002, Bl. I/8, für Fahrzeugkaufvertrag Nr. 08/K/02

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Betrag von 27.452,24 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2002 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen JMft S A J und S I Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 24.10.2003 (Bl. I/182 bis I/190 d.A.), 05.03.2004 (Bl. II/242 bis II/250 d.A.) und 18.06.2004 (Bl. II/304 bis II/306 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 16.07.2004 nahezu vollumfänglich stattgegeben. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das - ihr am 23.07.2004 zugestellte - Urteil des Landgerichts Gera vom 16.07.2004 hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.08.2004, eingegangen am gleichen Tag, Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.10.2004 - mit Schriftsatz vom 22.10.2004, eingegangen am gleichen Tag, begründet.

Die Beklagte trägt vor:

Das Landgericht habe verkannt, dass die als Anspruchsgrundlage herangezogenen Vertragsklauseln gegen § 309 Nr. 5a BGB n.F. verstießen. Eine Pauschale von 15 % entspreche nicht dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden, was die Klägerin zu beweisen habe, sondern sei überhöht. Zwar gäbe es hierzu noch keine neuere obergerichtliche Rechtsprechung. Die ältere Rechtsprechung, die eine Zulässigkeit von 15 % bejahe, könne aber angesichts der Gewinnentwicklung im Neuwagenhandel mit erheblichen Preisnachlässen auch bereits im hier streitgegenständlichen Jahr 2002 nicht mehr herangezogen werden (Einzelheiten zur Gewinnentwicklung s. Bl. II/377). Aus diesem Grunde werde hilfsweise die Zulassung der Revision beantragt. Im Gebrauchtwagenhandel werde eine Pauschale von 15 % jedenfalls als gegen § 309 Nr. 5a BGB verstoßend angesehen.

Das Landgericht habe auch die Höhe des begehrten Schadensersatzes zu Unrecht als unstreitig angesehen. Diese sei im Schriftsatz vom 05.12.2003 (Bl. 202) bestritten worden. Ein weitergehendes Bestreiten sei mangels substantiierten Sachvortrags der Klägerin nicht möglich gewesen.

Die Klägerin habe ihren Schaden gar nicht substantiiert dargelegt gehabt, sondern nur auf eigene Rechnungen Bezug genommen, was nicht ausreiche.

Die AGB-Klausel ersetze eine solche Darlegung nicht.

Von den Schadenspauschalen seien bei unterstelltem wirksamen Vertragsabschluss die vereinbarten 5 % Nachlaß abzuziehen gewesen, so dass allenfalls eine Schadenspauschale von 10 % in Frage käme, nicht aber von 15 %.

Die Klägerin könne nämlich bei Nichtabnahme eines Fahrzeugs nicht besser stehen, als bei Abnahme.

Auch könne die Klägerin auf die Schadenspauschale keine Mehrwertsteuer aufschlagen, da kein steuerbarer Umsatz vorliege.

Das Landgericht habe auch das Beweisergebnis nicht richtig gewürdigt. Es habe übersehen, dass die Zeugin S hinsichtlich des Inhalts des Telefonats vom 18.04.2002 keine Angaben habe machen können.

Hinsichtlich des Telefonats vom 21.03.2002 habe sie sich nicht mehr an die Vereinbarung eines Liefertermins und die nochmalige Durchsicht der Ausstattungsmerkmale erinnern können. Einem Vertragsabschluss bereits am 21.03.2002 stehe auch entgegen, dass die Klägerin erst am 08.04.2002 eine Gegenzeichnung der Auftragsbestätigung verlangt habe. Laut Aussage der Zeugin S habe sie zudem erst am 26.03.2002 ihre Liefermöglichkeiten geprüft.

Die Zeugin S habe sich auch nicht daran erinnern können, ob bei dem Telefonat am 21.05.2002 über Ausstattungsdetails gesprochen worden sei. Das Stattfinden eines Telefonats an diesem Tag sei auch durch die Telefonrechnung widerlegt.

Nicht richtig sei ferner die Annahme des Landgerichts, dass Geschäftsführer von Autohäusern nicht mit Ausstattungsdetails befasst würden.

Durch die Unterzeichnung der Bestellscheine sei noch kein Kaufvertrag zustande gekommen. Vielmehr habe es noch einer Annahme bedurft. Vorliegend hätten die Parteien darüber hinaus vereinbart gehabt, dass ein Vertrag erst nach gemeinsamer Unterzeichnung einer Auftragsbestätigung zustande komme. Darin liege eine Beurkundungsvereinbarung im Sinne von § 154 Abs. 2 BGB. Die Auftragsbestätigungen stellten daher keine kaufmännischen Bestätigungsschreiben dar. Da die Beklagte die Auftragsbestätigungen vom 17.06.2002 (Bl. I/46), 08.04.2002 (Bl. I/48) und 18.04.2002 (Bl. I/53) nicht gegengezeichnet habe, seien insoweit keine Kaufverträge zustande gekommen.

Die Zeuginnen hätten auch weder bestätigt, dass das Schriftformerfordernis aufgehoben worden sei, noch dass man sich einer Aufhebung bewusst gewesen sei. Ein Aufhebungswille sei auch bei einer stillschweigenden Aufhebung erforderlich. Vielmehr habe die Zeugin S bekundet, dass Änderungen jeweils schriftlich festgehalten und eingearbeitet worden seien und dass man darauf Wert gelegt habe, wenigstens die Bestellung in Schriftform in Händen zu haben.

Als Verwenderin könne sich die Klägerin auch nicht auf die Unwirksamkeit ihrer eigenen Schriftformklausel berufen.

Für die Beibehaltung des Schriftformerfordernisses spreche auch die Tatsache, dass die Klägerin nach dem Telefonat vom 21.03.2002 eine gegenzuzeichnende Auftragsbestätigung vom 08.04.2002 übersandt habe.

Die aberkannte zur Hilfsaufrechnung gestellte Gegenforderung werde aufrechterhalten. Das Landgericht habe zu Unrecht einen Vertragsabschluss hinsichtlich des BMW X5 verneint. Ein solcher liege in der gemeinsam unterzeichneten Auftragsbestätigung vom 15.05.2001 (Bl. I/153 f.). Die handschriftlichen Notizen änderten daran nichts, da hierzu keine Zeugenaussagen Aufschluss geben könnten. Bei der gleichgelagerten Auftragsbestätigung vom 27.03.2002 (Bl. I/45) habe das Landgericht ebenfalls einen Vertragsabschluss bejaht.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Gera vom 16.07.2004, AktZ. 2 O 756/03, die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor:

Das Landgericht habe die Schadenshöhe zu Recht als unstreitig angesehen. Falls die Beklagte anderer Ansicht sei, habe sie eine Tatbestandsberichtigung beantragen müssen. Dies habe sie unterlassen.

Sie wiederholt im Übrigen im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat teilweise Erfolg.

Sie ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 1, 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO).

Sie ist in der Sache teilweise begründet. Denn die Klage ist hinsichtlich weiterer 6.432,87 EUR abzuweisen. Dies betrifft die eingeklagte Rechnung vom 19.07.2002, Bl. I/17, für den Fahrzeugkaufvertrag Nr. 05/K/02 (im Folgenden: Kaufvertrag 05).

Im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg.

1.)

Denn die Schadenspauschalierung in den Kaufverträgen ist wirksam.

Die in Nr. V.4. und 5. der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vorgesehene Schadenspauschale von 15 % verstößt nicht gegen § 309 Nr. 5a BGB neue Fassung. Vielmehr übersteigt eine Pauschale von 15 % nicht den im Neuwagenhandel branchentypischen Durchschnittsgewinn (vgl. Palandt/ Heinrichs, BGB, 64. Aufl. 2005, § 309 RdNr. 26). Nach der Rechtsprechung und Rechtsliteratur sind insoweit Schadenspauschalen von 15 % sehr wohl zulässig (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 309 RdNr. 27).

Soweit der Bundesgerichtshof eine Differenzierung der Schadenspauschale nach der Art der jeweiligen Vertragsverletzung verlangt (BGH NJW-RR 1990, 1076 ff.), ist diese vorliegend nicht geboten. Denn die Schadenspauschale knüpft von vornherein nur an eine einzige Vertragsverletzung an, nämlich die Nichtabnahme des PKW aus vom Käufer zu vertretenden Gründen. Da dies einer Nichterfüllung des Kaufvertrags gleichkommt, rechtfertigt sich die volle Pauschale.

Richtig ist zwar, dass die Klägerin die Branchenüblichkeit der Pauschale nachweisen muss (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 309 RdNr. 29). Die Beklagte hat erstinstanzlich aber nicht bestritten, dass die Schadenspauschale gemäß § 11 Nr. 5a AGBG üblich sei. Sie hat keine abweichende Pauschale dargelegt. Die Rechtsprechung und Rechtsliteratur hat bei Neuwagenkaufverträgen Schadenspauschalen von 15 % mehrmals anerkannt und erkennt sie auch heute noch an (s. oben). Eine abweichende Tendenz ist nicht zu erkennen. Die Größenordnung von 15 % entspricht dem branchenüblichen Gewinn, auf den § 11 Nr. 5a AGBG abstellt (MünchKomm-Basedow, BGB, 4. Aufl. 2001, AGBG § 11 Nr. 5 RdNr. 15). Die Beklagte hat jedenfalls im ersten Rechtszug nicht dargelegt, aus welchem Grunde Pauschalen von 15 % heute nicht mehr branchenüblich sein sollen. Der insoweit in der zweiten Instanz getätigte Sachvortrag ist neu und gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet.

Dass die Rechtsprechung weiter an der Pauschale von 15 % festhält (zuletzt: OLG Bamberg, Urt. v. 21.10.2004, AktZ. 5 U 147/04), bestätigen auch deren heftigste Kritiker Reinking/Eggert. Dort wird ausgeführt, dass die Rechtsprechung bisher davor zurückgeschreckt habe, die Pauschale für überhöht zu erklären (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl. 2003, RdNr. 171 unter ausführlicher Darstellung der Unwirksamkeitsgründe). Resümierend kann gesagt werden, dass nach Reinking/Eggert seit einigen Jahren (vermutlich seit der Aufhebung des Rabattgesetzes mit Wirkung ab 25.07.2001 [Gesetz vom 23.07.2001, BGBl. I S. 1663]) der branchenübliche Gewinn im Neuwagenhandel dermaßen eingebrochen sei, dass die Klausel praktisch nicht mehr zu halten sei, ohne dass dies ein Beklagter noch darlegen müsste.

Der Senat vermag dem nicht zu folgen. Denn Reinking/Eggert stützen ihre Auffassung im Wesentlichen auf Berichte aus der Zeitschrift "Autohaus", ohne dass ersichtlich wäre, ob diese auf Erhebungen durch einen neutralen Sachverständigen beruhen. Aus ihnen ergibt sich zudem nicht, welche Pauschale heutzutage angemessen sein soll.

Dementsprechend ist auch die Rechtsprechung dieser Auffassung bisher nicht gefolgt.

Zu berücksichtigen ist außerdem, dass nicht allein auf den entgangenen Gewinn abgestellt werden kann, sondern auch auf etwaige gestiegene Vorhaltekosten für ein Autohaus abgestellt werden muss. Denn es handelt sich um eine Schadenspauschale und ein Schaden setzt sich nicht notwendigerweise allein aus einem entgangenen Gewinn zusammen. Etwaige gestiegene Vorhaltekosten könnten die Auffassung von Reinking/Eggert grundlegend in Frage stellen und eine Pauschale von 15 % auch heute noch rechtfertigen. Soweit ein Autohaus, wie die Klägerin, einen gekauften PKW zur Abholung bereithält, muss sie hierfür das Autohaus und das Personal vorhalten. Selbst wenn ihre Gewinnspanne aus Neufahrzeugverkäufen 20 % betragen sollte, so muss sie davon erst einmal den Bau des Autohauses im Wege der Amortisation oder Abschreibung und die Personalkosten bezahlen. Das findet bei Reinking/Eggert, soweit ersichtlich, keine Berücksichtigung.

2.)

Wirksamkeit der Kaufverträge:

a.)

Kaufvertrag 08/K/02 (im Folgenden: Kaufvertrag 08):

Das Landgericht hat den Kaufvertrag 08 zu Recht als wirksam angesehen.

Durch die Bestellung seitens der Beklagten vom 22.01.2002 und die anschließende Übersendung des durch die Klägerin unter dem 01.02.2002 unterzeichneten Bestellformulars an die Beklagte ist allerdings noch kein Kaufvertrag zustande gekommen. Denn die Klägerin wollte ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen einbezogen haben, was erst durch eine Unterzeichnung der Beklagten auf dem Bestellformular geschehen konnte. Letzteres hat die Beklagte dann zwar unterzeichnet, aber darin Streichungen bei den Ausstattungsdetails vorgenommen. Darin lag daher ein neues Angebot.

Soweit die Klägerin an die Beklagte eine Auftragsbestätigung übersandt hat, ist dadurch kein Kaufvertrag im Wege des Schweigens der Beklagten auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben zustande gekommen. Denn die Klägerin hat ausdrücklich eine Gegenzeichnung der Auftragsbestätigung verlangt, kein Schweigen.

Die Parteien streiten darüber, ob bei dem endgültigen mündlichen Vertragsabschluss bestimmte Ausstattungsdetails des Mercedes mündlich vereinbart worden sind, oder ob der Kaufvertrag am Fehlen einer solchen Einigung gescheitert ist.

Das Landgericht hat eine mündliche Einigung als durch die Aussage der Zeugin S als bewiesen angenommen.

Die Beklagte rügt insoweit lediglich, dass die Zeugin sich an den Inhalt der Gespräche gar nicht mehr habe erinnern können. Das trifft zwar zu. Die Zeugin hat dies aber auch ausdrücklich eingeräumt, was wiederum für ihre Glaubwürdigkeit spricht. Im Übrigen hat die Zeugin angegeben, dass sie ihr Wissen aus ihren Unterlagen entnehme (Sitzungsprotokoll vom 24.10.2003, Bl. I/185). Das Radio mit CD-Wechsler sei auf jeden Fall mit bestellt worden (Sitzungsprotokoll vom 24.10.2003, Bl. I/186). Auch an anderer Stelle hat die Zeugin bestätigt, dass sie über solche Telefonate jeweils Aktennotizen gefertigt habe (Sitzungsprotokoll vom 05.03.2004, Bl. II/244, II/245). Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist daher überzeugend.

Das Landgericht hat die Gegenaussage der Zeugin J insoweit zu Recht als nicht glaubhaft angesehen. Soweit diese angegeben hat, dass die Zeugin S mit ihr gar nicht telefoniert, sondern sie immer an den klägerischen Geschäftsführer verwiesen habe (Sitzungsprotokoll vom 24.10.2003, Bl. I/187, I/188), ist dies nicht glaubhaft. Denn es widerspricht der Lebenserfahrung, dass sich ein Geschäftsführer eines Autohauses mit allen Ausstattungsdetails befasst. Hierzu hat er vielmehr seine Verkaufsberater. Die Zeugin S hat auch mehrfach die Verkaufsgeschäfte bearbeitet, wie ihre Unterschrift auf zahlreichen Schreiben zeigt (Bl. I/7 ff.). Im Übrigen hat die Beklagte selbst Telefonate zwischen den beiden Zeuginnen eingeräumt (Schriftsatz vom 15.07.2003, Bl. I/129, I/130, I/133).

b.)

Kaufvertrag 05:

Dieser Kaufvertrag ist entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht wirksam zustande gekommen.

Die Beklagte rügt insoweit zutreffend, dass sich die Zeugin S hinsichtlich des Telefonats vom 21.03.2002 nicht mehr an die Vereinbarung eines Liefertermins und die nochmalige Durchsicht der Ausstattungsmerkmale habe erinnern können. Das ist richtig, wie die Zeugin selbst bestätigt hat (s. Zeugenaussage im Sitzungsprotokoll vom 05.03.2004, Bl. II/244).

Gegen einen mündlichen Vertragsabschluß bereits am 21.03.2002 spricht - wie die Beklagte weiter vorträgt - auch die Tatsache, dass die Klägerin erst am 08.04.2002 eine Gegenzeichnung der Auftragsbestätigung verlangt hat (s. Auftragsbestätigung Bl. I/48). Eine solche Gegenzeichnung wäre nicht mehr erforderlich gewesen, wenn bereits ein Vertrag zustande gekommen war. Laut Aussage der Zeugin S hat sie zudem erst am 26.03.2002 ihre Liefermöglichkeiten geprüft (Zeugenaussage im Sitzungsprotokoll vom 05.03.2004, Bl. II/244 oben). Also kann sie zuvor gar keine verbindliche Lieferung zugesagt haben.

Für einen Vertragsabschluss spricht nicht, dass die Klägerin von der Beklagten am 02.07.2002 eine Anzahlung in Höhe von 1.000 EUR verlangt, die die Beklagte per Scheck vom 03.07.2002 auch tatsächlich gezahlt habe (Bl. I/110, I/111). Zwar kann in einer Anzahlung die Bestätigung des Vorliegens eines wirksamen Kaufvertrags liegen. Im vorliegenden Fall ist aber zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Scheck unstreitig sperren ließ, so dass dieser nicht eingelöst worden ist. In einem solchen Verhalten kann keine Bestätigung des Vorliegens eines wirksamen Kaufvertrags gesehen werden.

c.)

Kaufvertrag 06:

Insoweit hat die Klägerin eine Einigung bewiesen.

Hier rügt die Beklagte, dass sich die Zeugin S nicht mehr daran habe erinnern können, ob bei dem Telefonat am 21.05.2002 über Ausstattungsdetails gesprochen worden sei. Das ist richtig, wie die Zeugin selbst bestätigt hat (s. Zeugenaussage im Sitzungsprotokoll vom 05.03.2004, Bl. II/245).

Richtig ist auch, dass das Stattfinden eines Telefonats an diesem Tag durch die Telefonrechnung widerlegt ist (s. Telefonrechnung Bl. II/276, II/277).

Dass sich die Zeugin hinsichtlich des Datums des Telefonats, das sie am gleichen Tag notiert hat, geirrt haben könnte, wie das Landgericht angenommen hat, liegt eher fern und wird von der Zeugin auch selber nicht angegeben. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vorgetragen hat, dass der Vertrag erst am 21.05.2002 zustande gekommen sei. Sie hat vielmehr vorgetragen, sich mit der Beklagten bei einem Telefonat in der Zeit zwischen dem 22.04.2002 und dem 29.04.2002 über Ausstattungsdetails geeinigt zu haben (Schriftsatz vom 17.02.2004, Seite 5 = Bl. II/227 d.A.; Schriftsatz vom 26.06.2003, Seite 11 = Bl. I/92 d.A.). Für ein telefonisches Zustandekommen des Vertrags spricht aber das Fax der Beklagten an die Klägerin vom 29.04.2002 (Bl. I/114 d.A.), welches die Klägerin laut Aussage der Zeugin S auch erhalten hat (Sitzungsprotokoll vom 05.03.2004, Bl. II/245, II/249). Darin hat die Beklagte wie folgt angefragt: "Wann kommt dieses Fz.? Änderung evtl. noch möglich?" Eine solche Anfrage ergäbe keinen Sinn, wenn nicht bereits zuvor eine Einigung zustande gekommen gewesen wäre.

d.)

Soweit die Beklagte auf § 154 Abs. 2 BGB hinweist und geltend macht, dass danach die Einhaltung der Schriftform auch für Änderungen erforderlich gewesen sei, trifft dies nicht zu. Denn die Anwendung von § 154 Abs. 2 BGB entfällt, wenn die Parteien die Formabrede stillschweigend aufheben (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 154 RdNr. 5). Das ist dann anzunehmen, wenn sie die Maßgeblichkeit der mündlichen Vereinbarung überstimmend gewollt haben, selbst wenn sie hierbei an den Formzwang gar nicht gedacht haben (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 125 RdNr. 14). Diese Voraussetzungen liegen vor, soweit die Beweisaufnahme eine mündliche Einigung ergeben hat (s. oben).

e.)

Die Aussage der Zeugin S wonach die Klägerin jeweils darauf bedacht gewesen sei, Änderungen schriftlich niederzulegen, steht einer mündlichen Einigung im Einzelfall nicht entgegen. Denn diese Aussage betrifft nur das allgemeine Bestreben der Klägerin, nach Möglichkeit die Schriftform einzuhalten. Dass damit jedwede mündliche Absprache ungültig sein sollte, ergibt sich daraus nicht.

3.)

Die Parteien streiten nicht darüber, ob die Klägerin den Weg beschritten hat, den die Vertragsklausel vorsieht, nämlich Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung zu erklären. Diese Erklärung ist aber jeweils in den Schreiben der Klägerin vom 09.07.2002 (1/18), 15.07.2002 (I/9), 15.07.2002 (1/14) und 15.07.2002 (I/23) enthalten. Zwar ist dort nicht wörtlich von "Ablehnungsandrohung" die Rede. Jedoch wird das Verlangen einer Abstandszahlung angekündigt, so dass die Beklagte daraus die auf sie zukommenden Rechtsfolgen eindeutig erkennen konnte (§ 133 BGB).

4.)

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte die richtige Berechnung der Pauschalen nicht bestritten habe.

a.)

Kaufvertrag 08:

Richtig ist zwar, dass die Klägerin nirgends den Kaufpreis für den PKW vorgetragen hat und sich dieser erstaunlicherweise auch nicht aus den Unterlagen ergibt. Da die Beklagte aber die richtige Berechnung der Pauschale erstinstanzlich nicht bestritten hat, kommt es hierauf nicht an. Die Beklagte hat die Vertragsunterlagen in Händen und hätte daher zumindest pauschal behaupten müssen, dass die Pauschale rechnerisch nicht richtig berechnet sei.

Daran fehlt es. Das insoweit erstmalige Bestreiten im zweiten Rechtszug ist gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet. Das Bestreiten im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 05.12.2003 (Bl. I/202) ist kein Bestreiten, sondern eine Aufforderung zur konkreten Darlegung des Schadens. Darauf kommt es aber nicht an, da die Klägerin nicht konkret, sondern pauschal abrechnet. Die richtige Berechnung der Pauschale selbst ist damit eben nicht bestritten worden.

Wenn eine Abrechnung aufgrund einer Pauschale zulässig ist, dann braucht eben auch nur diese Pauschale berechnet zu werden. Eine weitere substantiierte Schadensdarlegung ist nicht erforderlich.

Das Landgericht hat die Schadenshöhe jeweils als unstreitig behandelt. Die Beklagte hat insoweit keine Tatbestandsberichtigung beantragt.

b.)

Auch hinsichtlich der übrigen Kaufverträge hat die Beklagte die richtige Berechnung der Pauschalen nicht bestritten.

5.)

Die Schadenspauschale ist ausgehend von dem Bruttopreis des Fahrzeugs zu berechnen (Reinking/Eggert, a.a.O., RdNr. 170). Die Klägerin ist daher nicht verpflichtet, auf den Nettopreis abzustellen. Dass sie gar auf einen höheren Preis, als den Bruttopreis abgestellt habe, behauptet die Beklagte nicht. Würde sie auf den Nettopreis abgestellt haben, so wäre die Beklagte dadurch nicht beschwert. Auch bei einem Abstellen auf den Bruttopreis wäre sie nicht beschwert, da auf diesen richtigerweise abgestellt werden darf. Es kann daher dahinstehen, auf welchen Preis die Klägerin tatsächlich abgestellt hat.

6.)

Die Klägerin hat auf die Pauschalen die Mehrwertsteuer aufgeschlagen (Bl. I/8, I/13, I/17, I/22). Nach Reinking/Eggert soll dies nicht zulässig sein, da kein Leistungsaustausch vorliege (Reinking/Eggert, a.a.O., RdNr. 170 unter Hinweis auf BGH NJW 1987, 1690; a.A. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 309 RdNr. 26). Anders soll es sein, wenn die Schadenspauschale auch zum Ausgleich tatsächlich erbrachter Leistungen diene (Reinking/Eggert, a.a.O., RdNr. 170 FN 90 unter Hinweis auf BGH DB 2002, 475). Im vorliegenden Fall liegt ein Leistungsaustausch im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor. Ein solcher liegt immer dann vor, wenn ein Unternehmer an einen anderen Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung erbringt. Sonstige Leistung ist insoweit auch das Bereitstellen des Fahrzeugs durch die Klägerin unter Vorhaltung eines Autohauses nebst Personal. Denn dies erfolgt zweckgerichtet im Hinblick auf die zu erwartende Gegenleistung. Diese "sonstigen Leistungen" bzw. die dafür aufgewendeten Kosten sollen durch die Schadenspauschale gerade ausgeglichen werden. Es handelt sich hier nicht um einen Schaden, der "zugefügt" wird, sondern um einen Schaden, der durch eine zweckgerichtete Leistung erst entsteht.

Im Übrigen erleidet die Beklagte keinen Nachteil, wenn sie die Mehrwertsteuer bezahlen muss. Denn als Unternehmerin kann sie diese ihrerseits im Wege des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG wieder vom Finanzamt zurückfordern.

7.)

Das Landgericht hat zu Recht die zur Hilfsaufrechnung gestellte Gegenforderung aus dem Verkauf eines zweiten BMW X5 aberkannt. Es hat insoweit zutreffend angenommen, dass durch die Unterzeichnung der Auftragsbestätigung vom 15.05.2001 (Bl. I/153 f.) kein Vertrag zustande gekommen ist. Denn die Beklagte hat handschriftliche Anfragen an die Klägerin auf dem Schreiben vermerkt (Bl. I/154: "Bitte um Rückruf! Wo [handschriftlich] Serie dahintersteht, diese Sachen waren nicht bestellt. Dafür fehlt in der Bestätigung Automatikgetriebe. Des Weiteren war Okt. - Dez. 2001 bestätigt"). Diese Vermerke sprechen gegen eine Einigung.

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass solche Vermerke auch auf der Auftragsbestätigung vom 27.03.2002 (I/45 = 1/103 = 1/104) angebracht worden seien und trotzdem ein wirksamer Vertrag bejaht worden sei, trifft dies nicht zu. Denn diese Auftragsbestätigung trägt gerade keine solchen handschriftlichen Ergänzungen und Anfragen.

8.)

Im Ergebnis ist daher der Kaufvertrag 05 nicht wirksam zustande gekommen. Die seitens der Klägerin insoweit eingeklagte Abstandszahlung in Höhe von 6.432,87 EUR kann daher nicht zugesprochen werden. Insoweit hat die Berufung Erfolg.

9.)

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB neue Fassung. Die Klägerin kann insoweit Zinsen erst ab 22.10.2002 verlangen, da sie nach ihrem eigenen Sachvortrag die Beklagte erst mit Schreiben vom 11.10.2002 unter Fristsetzung bis zum 21.10.2002 gemahnt hat. Soweit das Landgericht Zinsen bereits ab dem 31.07.2002 zugesprochen hat, kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, da streitgegenständlichen Rechnungen, soweit sie hier zuerkannt werden, erst nach diesem Datum erteilt worden sind.

10.)

Die nachgereichten, nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 18.04.2005 dürfen nicht mehr berücksichtigt werden, da sie erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen sind (§ 296a Satz 1 ZPO). Sie geben im Übrigen weder Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, noch zu einer abweichenden Beurteilung (§§ 296a Satz 2, 156 ZPO).

11.)

Nebenentscheidungen:

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2, 709 S. 2 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht auszusprechen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Senat weicht hinsichtlich der Beurteilung der Schadenspauschalierung von 15 % (s. oben) nicht von der bisherigen Rechtsprechung ab, sondern folgt ihr. Die gegenteilige Auffassung von Reinking/Eggert (s. oben) ist bisher eine Einzelauffassung geblieben, die allein noch keine grundsätzliche Bedeutung zu begründen vermag.

Ende der Entscheidung

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