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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.08.2009
Aktenzeichen: Bl U 664/08
Rechtsgebiete: GG, WertV


Vorschriften:

GG Art. 14 Abs. 3
WertV §§ 7 ff
1. Bei der Wertermittlung von - enteigneten - Grundstücksflächen sind im Vergleichswertverfahren (§§ 7, 13, 14 WertV) grundsätzlich die Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit den zu bewertenden (enteigneten) Grundstücken hinreichend übereinstimmen. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.

2. Besteht die Besonderheit, dass sich unter der Grundstücksoberfläche der enteigneten Grundstücke grundeigene Bodenschätze befinden, so ist der Grundeigentümer für den Vollentzug des Eigentums nach Art. 14 Abs. 3 GG zu entschädigen. Wirken sich dabei die grundeigenen Bodenschätze werterhöhend auf den Grundstückswert aus, so ist diese Werterhöhung bei der Bemessung der Entschädigung auch zu berücksichtigen. Bei abbauwürdigen Bodenschätzen ist dies regelmäßig der Fall. Denn die Bodenschätze sind in diesem Fall Bestandteil des Grundstückseigentums, die der Grundeigentümer - auch ohne besondere Bergbauberechtigung - abbauen darf.

3. Für die Höhe der Entschädigung spielt es keine Rolle, ob der Grundeigentümer zugleich Inhaber eines Gewinnungsbetriebs ist oder ob seine Grundstücke bereits von einem Gewinnungsbetrieb erfasst sind oder nicht. Die Zuordnung der grundeigenen Bodenschätze zum Grundeigentum bleibt durch die Regelungen des Bundesberggesetzes unberührt. Die Regelungen des Bundesberggesetzes ändern daher auch nichts an der für die Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgeblichen Berücksichtigung der Werterhöhung des Verkehrswertes der enteigneten Grundstücke wegen deren grundeigenen Bodenschätze.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Bl U 664/08

Verkündet am: 12.08.2009

In dem Rechtsstreit

hat der Senat für Baulandsachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller, Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hüsch und Richterin am Oberlandesgericht Friebertshäuser

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beteiligten zu 1 gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 16.07.2008 - BLK O 6/07 - wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 zu tragen.

Das Urteil ist für den Beteiligten zu 2 hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte zu 1 darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % der jeweils festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beteiligte zu 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 wendet sich im Berufungsverfahren weiterhin gegen die Höhe der durch den Beteiligten zu 3 zugunsten des Beteiligten zu 2 festgesetzten Enteignungsentschädigung.

Die Beteiligte zu 1 ist Vorhabenträgerin der Straßenbaumaßnahme "Vierstreifiger Neubau der BAB A 71 E - S, Abschnitt T - Gberg (B 88), Verkehrseinheit (VKE) 5313/14, Bau-km 59+000 bis Bau-km 75+259". Für den Bauabschnitt existiert ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss des damaligen Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur vom 15.07.1999.

Der Beteiligte zu 2 ist u.a. Eigentümer zweier Grundstücke (Flurstücke 532 und 539 der Flur 4 der Gemarkung N), die für im Planfeststellungsbeschluss festgelegte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen benötigt werden. Er ist zugleich Inhaber des Gewinnungsbetriebs "S. W.", der hier unter der Oberfläche befindliche Quarzsande abbaut, bei denen es sich nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten um sog. grundeigene Bodenschätze im Sinne des § 3 Abs. 4 BBergG handelt. Der Beteiligte zu 2 hatte die genannten Grundstücke als Vorratsflächen für seinen Gewinnungsbetrieb zu einem Preis von 10 DM/m² erworben. Am 05.06.2000 unterzeichnete er eine Vereinbarung zur Übertragung des Eigentums an die Beteiligte zu 1 unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche.

Nachdem es zwischen den Beteiligten zu keiner Einigung über die Höhe der Entschädigung gekommen war, stellte die Beteiligte zu 1 am 04.03.2003 beim Beteiligten zu 3 einen Antrag auf Feststellung der Höhe der Entschädigung. Der Beteiligte zu 3 verpflichtete die Beteiligte zu 1 durch Entschädigungsfeststellungsbeschluss vom 26.06.2007, an den Beteiligten zu 2 für die Inanspruchnahme der verfahrensgegenständlichen Grundstücke eine Gesamtentschädigung von 37.755,92 € zu zahlen. Die grundeigenen Bodenschätze seien werterhöhende Faktoren, die sich im Grundstückspreis niederschlagen müssten. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 handele es sich insoweit nicht um "ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse" im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürEG, die bei der Wertermittlung wegen § 124 Abs. 3 BBergG unberücksichtigt zu bleiben hätten. § 124 Abs. 3 BBergG schließe die Entschädigungsfähigkeit grundeigener Bodenschätze nicht aus, auch wenn diese dem Bergrecht unterlägen. Das Bergrecht regele zwar für die ihm unterfallenden Bodenschätze die Rahmenbedingungen, schaffe aber nur für die bergfreien Bodenschätze auch die Befugnis des Zugriffs, die sich für grundeigene Bodenschätze bereits aus der Verfassung ergebe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des vorgerichtlichen Verfahrensgangs und der Begründung des Beschlusses wird auf die den Beteiligten bekannten Gründe des Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses vom 26.06.2007 verwiesen.

Der Beschluss ist der Beteiligten zu 1 am 02.07.2007 zugestellt worden. Am 27.07.2007 hat die Beteiligte zu 1 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und darin eine Herabsetzung der von ihr an den Beteiligten zu 2 zu zahlenden Gesamtentschädigung auf 4.844,49 € begehrt.

Das Landgericht Meiningen hat diesen Antrag durch Urteil vom 16.07.2008 zurückgewiesen und sich der Argumentation im angefochtenen Entschädigungsfestsetzungsbeschluss vom 26.06.2007 angeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 1 hat gegen das ihr am 23.07.2008 zugestellte Urteil am 18.08.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung ihrer Berufung führt sie im Wesentlichen aus:

Das Urteil des Landgerichts beruhe auf der - scheinbar plausiblen und schlüssigen - Überlegung, dass der grundeigene Bodenschatz (nach § 3 Abs. 4 BBergG), um den es im Streitfall gehe, anders als der bergfreie Bodenschatz (nach § 3 Abs. 3 BBergG) dem Grundeigentümer zuzuordnen sei und diesem daher hierfür auch eine Entschädigung zustehe. Das Landgericht nehme an, dass der Verkehrswert eines zu enteignenden Grundstücks durch den Bodenschatz mitbestimmt werde, der vom Eigentümer ausgebeutet werden könne, und sich die Situation bei einem grundeigenen Bodenschatz grundsätzlich von der bei bergfreien Bodenschätzen unterscheide.

Damit verkenne das Landgericht Grundregeln des Bergrechts. Durch das am 1.1.1982 in Kraft getretene Bundesberggesetz sei erstmals die nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition des Bergwerkseigentums als zusätzliche Form der Bergbauberechtigung geschaffen und als Sachenrecht ausgestaltet worden, dessen Behandlung sich ausschließlich nach dem Bundesberggesetz richte. Das Bergwerkseigentum sei als selbständiges Recht neben das Grundeigentum getreten. Es entstehe kraft Gesetzes bei allen Bodenschätzen, die dem Bergrecht unterlägen und zulässigerweise abgebaut werden könnten und unterliege ausschließlich den Bestimmungen des BBergG und gerade nicht den für das Grundeigentum geltenden Bestimmungen. Es sei zwar möglich, dass - wie im vorliegenden Fall - ein und dieselbe Person sowohl Grundeigentümer als auch Bergwerkseigentümer sei; dennoch handele es sich um zwei selbständige und getrennte Rechtspositionen, die eigenen rechtlichen Regelungen unterlägen. Anders sei es bei den Eigentumsbodenschätzen wie etwa Kies oder Sand, die nicht dem Bergrecht unterlägen, sondern integraler Bestandteil des Grundeigentums seien. Demgegenüber unterlägen die grundeigenen Bodenschätze den bergrechtlichen Regeln; an ihnen entstehe das - selbständige - Bergwerkseigentum. Dass Grundeigentum und Bergwerkseigentum rechtlich voneinander zu trennen seien, ergebe sich auch aus § 9 Abs. 2 BBergG, wonach die Vereinigung eines Grundstücks mit einem Bergwerkseigentum sowie die Zuschreibung eines Bergwerkseigentums als Bestandteil eines Grundstücks oder eines Grundstücks als Bestandteil eines Bergwerkseigentums unzulässig seien. Diese Vorschrift bekräftige, dass ein Bergwerkseigentum nicht Bestandteil eines Grundstücks sein könne, dass es sich also um ein selbständiges dingliches Recht handele.

Das Bergwerkseigentum, das sich auf bergfreie und grundeigene Bodenschätze beziehe, unterliege ausschließlich den Bestimmungen des Bergrechts und damit § 124 Abs. 3 BBergG. Das bedeute für die Kollision und Interessenabwägung mit einer öffentlichen Verkehrsanlage, dass der Bergbaueigentümer keinen Anspruch auf Entschädigung oder Ausgleich in Geld oder auf Übernahme des Bergwerkseigentums habe, wenn die planfestgestellte Trasse einer Straße dazu führe, dass die Bodenschätze faktisch nicht mehr abgebaut werden könnten. Der vom Bergwerkseigentümer entschädigungslos hinzunehmende Vorrang der öffentlichen Verkehrsanlage sei eine spezielle bergbaurechtliche Bestimmung, die ausschließlich die Kollision zwischen dem Träger der öffentlichen Verkehrsanlage und dem Bergwerkseigentümer regele. Die Vorrangregelung des § 124 Abs. 3 BBergG verstoße, wie der Senat in seinem Urteil vom 22.06.2005 - BL U 1015/03 - entschieden habe, nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, sondern stelle eine zulässige Inhaltsschranke des (Bergwerks-)Eigentums dar. Dem Beteiligten zu 2 stehe somit wegen des Eingriffs in sein Bergwerkseigentum keine Entschädigung zu; er habe den Vorrang der öffentlichen Verkehrsanlage gemäß § 124 Abs. 3 BBergG entschädigungslos hinzunehmen.

Vom Bergwerkseigentum zu trennen und rechtlich selbständig zu behandeln sei das Grundstückseigentum des Beteiligten zu 2, das einem anderen rechtlichen Regime als das Bergwerkseigentum unterliege. Der Verkehrswert des Grundstücks werde hier entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht durch die Bodenschätze geprägt, die vom Eigentümer ausgebeutet werden könnten. Dies gelte zwar für Eigentumsbodenschätze, die nicht dem Bergrecht unterlägen, nicht aber für grundeigene Bodenschätze, denn bei ihnen entstehe ein eigenes absolutes Recht - das Bergwerkseigentum -, das den Regeln des Bergrechts unterliege. Der Verkehrswert der betroffenen Flurstücke 532 und 539 sei daher ohne Berücksichtigung der dort vorhandenen grundeigenen Bodenschätze zu ermitteln. Dem Beteiligten zu 2 stehe für die Grundstücke, die unstreitig landwirtschaftlich genutzt gewesen seien, ein Entschädigungsbetrag von insgesamt 4.844,49 € zu.

Selbst wenn man aber nicht von einer Trennung von Grundstückseigentum und Bergwerkseigentum, sondern wie bei einem Eigentumsbodenschatz auf die Vereinigung von Eigentum am Grundstück und am Bodenschatz abstellen müsste, ergäbe sich nichts anderes. Zwar könne ein Eigentumsbodenschatz bei der Preisbildung berücksichtigt werden; dies setze aber voraus, dass der Grundstücksmarkt dem Bodenvorkommen eine werterhöhende Bedeutung beimesse. Hierzu müsse es sich nach der Rechtsprechung des BGH zum einen um einen abbauwertes Vorkommen handeln. Zum anderen dürften dem Abbau keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Auch der Abbau von Eigentumsbodenschätzen bedürfe einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung, die nur erteilt werden könne, wenn er im Einklang mit dem Landschafts- und Naturschutz bzw. dem Wasserschutz stehe. Sofern dem Abbau rechtliche Hindernisse entgegenstünden, könne der Bodenschatz nach einhelliger Rechtsprechung bei der Grundstücksbewertung nicht werterhöhend berücksichtigt werden. So läge es im vorliegenden Fall, wenn es nicht auf die Trennung von Grundstücks- und Bergwerkseigentum ankäme, denn aufgrund des Vorrangs des öffentlichen Straßenbauvorhabens nach § 124 Abs. 3 BBergG fehle dem Grundstückseigentümer das Recht zum Abbau des Bodenschatzes. Dem Bodenschatz, dessen Abbau durch das öffentliche Straßenbauvorhaben rechtlich gehindert sei, könne daher im vorliegenden Fall auf dem allgemeinen Grundstücksmarkt auch keine werterhöhende Bedeutung zugemessen werden.

Die Beteiligte zu 1 beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Meiningen vom 16.07.2008 Ziffer 2 des Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 26.06.2007 dahin zu ändern, dass sie - die Beteiligte zu 1 - dem Beteiligten zu 2 (nur) eine Gesamtentschädigung von 4.844,49 € zu zahlen hat.

Der Beteiligte zu 2 beantragt,

die Berufung der Beteiligten zu 1 zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt hierzu im Wesentlichen aus:

Das Landgericht gehe zutreffend davon aus, dass der Gutachter A die Höhe des Entschädigungswerts nach der Wertermittlungsverordnung korrekt ermittelt und hierbei zu Recht auch die Besonderheit berücksichtigt habe, dass sich unter den von der Enteignung betroffenen Grundstücken Rohstoffe befänden. Wenn die Beteiligte zu 1 dem Landgericht vorhalte, es habe die Grundregeln des Bergrechts verkannt, übersehe sie, dass es vorliegend nicht um die faktische Beeinträchtigung des Bergbaubetriebs durch den Bau der Verkehrsanlage, sondern um die Entscheidung für die Enteignung der Grundstücke gehe. Bei der Enteignung handele es sich um den vollständigen Entzug des Eigentums, der nach Art. 14 Abs. 3 GG zu entschädigen sei. Die Frage der Entschädigungspflicht bei vollständigem Entzug der Abbaumöglichkeit müsse von der Ausübung des Verwertungsrechts, dessen gesetzliche Ausgestaltungen als Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG anzusehen seien, getrennt werden. Eine Trennung, wie sie die Beteiligte zu 1 zu konstruieren versuche, ergebe sich dagegen weder aus dem Gesetz noch aus den tatsächlichen Gegebenheiten.

Ursprünglich hätten dem Abbau entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1 auch keine rechtlichen Hindernisse entgegengestanden. Er - der Beteiligte zu 2 - habe sich mit der Grundstücksübertragung einverstanden erklärt, um eine Enteignung abzuwenden. Ihm habe daher nicht das Recht zum Abbau des Bodenschatzes gefehlt. Da er am Abbau des Bodenschatzes rechtlich nicht gehindert gewesen sei, sei das Grundstück so zu bewerten, wie dies die Beteiligte zu 3 ermittelt und das Landgericht bestätigt habe.

Der Beteiligte zu 3 hat sich im Berufungsverfahren zur Sache nicht geäußert.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung der Beteiligten zu 1 vom 24.11.2008 und die Berufungserwiderung des Beteiligten zu 2 vom 27.01.2009 sowie ergänzend auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze.

II.

Die zulässige Berufung (der Beteiligten zu 1) hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 auf gerichtliche Entscheidung zu Recht als unbegründet abgewiesen, weil die in dem angegriffenen Entschädigungsfestsetzungsbeschluss vom 26.06.2007 für die Inanspruchnahme der verfahrensgegenständlichen Grundstücke des Beteiligten zu 2 von dem Beteiligten zu 3 festgesetzte Enteignungsentschädigung auch in der Höhe nicht zu beanstanden ist.

Maßgebend für den Umfang der dem Beteiligten zu 2 für die Inanspruchnahme seiner Grundstücksflächen zu gewährenden Enteignungsentschädigung ist die (über die §§ 19 Abs. 5 FStrG, 42 Abs. 5 ThürStrG anwendbare) Bestimmung des § 8 Abs. 2 Thüringer Enteignungsgsgesetz (ThürEG). Danach wird die Entschädigung gewährt für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust (Nr. 1) und für andere durch die Enteignung eintretende Vermögensnachteile (Nr. 2); beide Entschädigungspositionen werden durch die Regelungen der §§ 10, 11 ThürEG näher konkretisiert. Die hier nur in Rede stehende Entschädigung für den Rechtsverlust bemisst sich gem. 10 Abs. 1 Satz 1 ThürEG nach dem Verkehrswert des zu enteignenden Grundstücks. Dieser wird nach § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürEG durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.

Hinsichtlich des für die Ermittlung des Verkehrswerts des Grundstücks maßgeblichen Zeitpunkts bestimmt § 10 Abs. 2 ThürEG, dass maßgebend grundsätzlich der Verkehrswert in dem Zeitpunkt ist, in dem die Enteignungsbehörde über die Entschädigung entscheidet (sog. Wertermittlungsstichtag). In den in § 10 Abs. 3 ThürEG genannten Fällen verlagert sich der maßgebliche Zeitpunkt nach vorne; insbesondere bleiben nach § 10 Abs. 3 Nr. 3 ThürEG Werterhöhungen unberücksichtigt, die nach dem Zeitpunkt der Abgabe eines angemessenen Kaufangebots eingetreten sind. Die Enteignungsbehörde hat in ihrem Entschädigungsfeststellungsbeschluss vom 26.06.2007 den genauen Wertermittlungszeitpunkt zwar offen gelassen (vgl. Beschluss, S. 6), ist aber der Sache nach der Entschädigungswertermittlung des von der Beteiligten zu 1 beauftragten Gutachters A vom 21.03.2000 gefolgt (vgl. Beschluss, S. 8), das als Wertermittlungsstichtag den 15.12.1999 (den Tag der vom Gutachter durchgeführten Ortsbesichtigung) zugrunde legt. Dies begegnet keinen Bedenken, da keiner der Beteiligten geltend macht und auch nicht ersichtlich ist, dass es nach diesem Zeitpunkt zu wesentlichen Wertänderungen gekommen ist.

Von diesem sog. Wertermittlungsstichtag ist der in § 8 Abs. 4 ThürEG angesprochene Zeitpunkt zu unterscheiden, der für die Bestimmung der im Enteignungsobjekt selbst liegenden Qualitätsmerkmale maßgeblich ist (sog. Qualitätsbemessungsstichtag oder kurz: Qualitätsstichtag). Zum sog. Qualitätsstichtag bestimmt § 8 Abs. 4 Satz 1 ThürEG, dass für die Bemessung der Entschädigung der Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt maßgebend ist, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. In den Fällen der vorzeitigen Besitzeinweisung ist nach § 8 Abs. 4 Satz 2 ThürEG der Zustand in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem diese wirksam ist. In der Rechtsprechung wird über den Wortlaut der Bestimmung hinaus eine weitere Vorverlagerung des für die Qualitätsbestimmung maßgeblichen Zeitpunkts befürwortet. Nach den von der Rechtsprechung (insb.) des BGH entwickelten Grundsätzen der "Vorwirkung der Enteignung" kommt es in den Fällen, in denen das Enteignungsobjekt Gegenstand eines sich über längere Zeit hinziehenden Enteignungsverfahrens ist, für die Qualitätsbestimmung auf den Zeitpunkt an, in dem das Enteignungsobjekt endgültig von jeder konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen war (vgl. BGH, Urteil vom 14.6.1984 - II ZR 41/83, BRS 45 Nr. 133 und Beschluss vom 27.2.1992 - II ZR 195/90 -, BRS 53 Nr. 126; aus der neueren Rechtsprechung vgl. etwa OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.01.2008 - 1 U 72/07 (Baul) -, juris Rdn. 40 m. w. N.). Durch die Vorwirkung der Enteignung soll sichergestellt werden, dass sich die Entschädigung des Eigentumsverlustes nach der Qualität des Enteignungsobjekts bestimmt, welche es besaß, unmittelbar bevor es von dem Enteignungszugriff der öffentlichen Hand erfasst wurde (OLG Sachsen-Anhalt, a. a. O.). Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn der Eigentümer sich - wie hier - mit der Übertragung des Eigentums einverstanden erklärt hat, es also nicht zu einer Enteignung kommt, sondern nur ein Entschädigungsfestsetzungsverfahren durchgeführt wird.

Den "Beginn des Enteignungsverfahrens" in diesem Sinne kann vor allem eine verbindliche Planung darstellen, die dazu führt, dass - falls keine freiwillige Eigentumsübertragung erfolgt - das Grundstück enteignet wird; das ist etwa beim Erlass eines straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses der Fall. Diese sog. "Vorwirkung der Enteignung" kommt auch in der Bestimmung des § 10 Abs. 3 Nr. 1 ThürEG zum Ausdruck, nach der infolge der bevorstehenden Enteignung eingetretene Wertänderungen unberücksichtigt bleiben. Damit ist hier der Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses (15.07.1999) als maßgeblicher Qualitätsstichtag zu Grunde zu legen.

Für die streitige Wertermittlung der Grundstücksflächen kann auf die Regelungen der (aufgrund der Ermächtigung in § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen) Wertermittlungsverordnung - WertV - zurückgegriffen werden, die allgemein anerkannte Grundsätze der Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken enthalten. Grundlage für die Wertermittlung des von der Beteiligten zu 1 beauftragten Gutachters A vom 21.03.2000 war das Vergleichswertverfahren nach § 7 i. V. m. den §§ 13, 14 WertV (vgl. Gutachten, S. 9); dieser Ausgangspunkt der Grundstücksbewertung wird auch von der Beteiligten zu 1 nicht in Zweifel gezogen. Bei der Anwendung des Vergleichswertverfahrens sind nach § 13 Abs. 1 WertV die Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale (§§ 4 und 5 WertV) mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen. Das gilt allerdings nur für Kaufpreise, bei denen anzunehmen ist, dass sie nicht durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst worden sind (vgl. § 6 WertV sowie auch die ausdrückliche Erwähnung in § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürEG).

Die beiden verfahrensgegenständlichen Grundstücke wurden bis zur Inanspruchnahme für den Bau der Bundesautobahn als Ackerflächen genutzt; sie weisen allerdings Sandvorkommen auf, bei denen es sich unstreitig um sog. grundeigene Bodenschätze im Sinne des § 3 Abs. 4 BBergG handelt. Damit stellt sich hier die Frage, ob diese Grundstücke - wie es der Beteiligten zu 1 vorschwebt - als "reine" landwirtschaftlich genutzte Grundstücke im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 WertV anzusehen sind, oder ob die unter der Grundstücksoberfläche vorhandenen Bodenschätze als wertbeeinflussende Merkmale zu berücksichtigen sind und daher im Rahmen des Vergleichswertverfahrens nur die Kaufpreise solcher Grundstücke herangezogen werden dürfen, die ebenfalls derartige Bodenschätze aufweisen.

Der erkennende Senat hat für Grundstücksflächen, unter denen sich sog. bergfreie Bodenschätze im Sinne des § 3 Abs. 3 BBergG befinden, die Auffassung vertreten, dass die Bodenschätze nicht werterhöhend zu berücksichtigen sind. Der erste Leitsatz des einschlägigen Senatsurteils vom 22.06.2005 - Bl U 1015/03 - (LKV 2006, 187 und juris) lautet:

"Bei der Wertermittlung von - enteigneten - Grundstücksflächen sind im Vergleichswertverfahren (nach §§ 7, 13, 14 WertV) grundsätzlich die Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit den zu bewertenden Grundstücken hinreichend übereinstimmen. Besteht die Besonderheit, dass sich unter den von der Enteignung betroffenen Grundstücken Kies- und Kiessandvorkommen befinden und handelt es sich bei diesen Rohstoffen um (sog.) bergfreie Bodenschätze, (die nicht zum Eigentum an Grund und Boden gehören), so bleibt die Abbaumöglichkeit dieser Bodenschätze bei der Wertermittlung der enteigneten Grundstücke unberücksichtigt, weil diese nicht zur geschützten Rechtsposition des (Grundstücks)Eigentümers gehört."

Die Beteiligte zu 1 möchte diese Grundsätze auch auf den Fall angewendet wissen, dass sich unter der Grundstücksoberfläche - wie hier - keine bergfreien, sondern grundeigene Bodenschätze befinden. Dem ist nicht zu folgen. Das von der Beteiligten zu 1 in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen A und - diesem folgend - der Beteiligte zu 3 als Enteignungsbehörde sowie die Vorinstanz sind hier zu Recht davon ausgegangen, dass die grundeigenen Bodenschätze werterhöhend zu berücksichtigen sind:

Grundeigene Bodenschätze sind ebenso wie die von vornherein von den Vorschriften des Bergrechts nicht erfassten sog. Grundeigentümerbodenschätze (die Beteiligte zu 1 spricht hier von Eigentumsbodenschätzen; zur Terminologie vgl. etwa Gaentzsch, NVwZ 1998, 889 f.) Bestandteil des Eigentums am Grundstück (vgl. dazu § 905 BGB und die - klarstellende - Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 BBergG). Das Recht, grundeigene Bodenschätze im Sinne des § 3 Abs. 4 BBergG aufzusuchen und zu gewinnen ergibt sich daher - anders als bei den bergfreien Bodenschätzen im Sinne des § 3 Abs. 3 BBergG - nicht erst aus einer besonderen Bergbauberechtigung, sondern schon aus dem Inhalt des Grundeigentums selbst (vgl. etwa OLG Rostock, Urteil vom 04.07.2006 -13 U 7/04 -, LKV 2007, 95 = ZfB 2007, 69 = juris Rdn. 24; Boldt/Weller, Bundesberggesetz, Kommentar, 1984, § 3 Rdn. 38 unter Hinweis auf die Begründung zu § 3 Abs. 4 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, vgl. BT-Drs. 8/1315, S. 79; abgedruckt auch in ZfB Bd. 122 [1981], 114 und bei Zydek, Bundesberggesetz, Materialien, 1980, S. 72).

Wird das Eigentum an einem Grundstück entzogen, unter dessen Oberfläche sich grundeigene Bodenschätze befinden, muss der Grundeigentümer für diesen Vollentzug des Eigentums nach Art 14 Abs. 3 GG entschädigt werden. Sofern die grundeigenen Bodenschätze sich auf den Grundstückswert werterhöhend auswirken - was bei abbauwürdigen Bodenschätzen regelmäßig der Fall sein wird, sofern dem Abbau keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen -, muss dies auch bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung berücksichtigt werden.

Die für Flächen, unter denen sich grundeigene Bodenschätze befinden, gezahlten höheren Preise können bei der Ermittlung des Verkehrswerts nach dem sog. Vergleichswertverfahren auch nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst worden wären (vgl. dazu § 6 WertV sowie § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürEG). Die höheren Preise für Grundstücke, unter deren Oberfläche sich grundeigene Bodenschätze befinden, erklären sich vielmehr damit, dass die Bodenschätze Bestandteil des Grundstückseigentums sind und der Grundeigentümer sie abbauen darf. Das Recht, grundeigene Bodenschätze abzubauen, wird - wie dargelegt - gerade nicht erst durch eine besondere Bergbauberechtigung begründet.

Dem kann die Beteiligte zu 1 auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Verkehrswert des Grundstücks hier ohne Berücksichtigung des Bergwerkseigentums zu ermitteln und festzulegen sei. Die Beteiligte zu 1 will offenbar daraus, dass grundeigene Bodenschätze ebenso wie bergfreie Bodenschätze dem Bundesberggesetz unterfallen und für ihren Abbau Erlaubnisse und Bewilligungen erteilt sowie das Bergwerkseigentum verliehen werden können (vgl. § 34 BBergG i. V. m. den §§ 7 Abs. 1, 8 und 9 BBergG), herleiten, dass das Grundeigentum und die Abbauberechtigung für die grundeigenen Bodenschätze getrennt betrachtet werden müssen. In diesem Zusammenhang verweist sie auf die Regelung des § 9 Abs. 2 BBergG, die eine Vereinigung eines Grundstücks mit einem Bergwerkseigentum für unzulässig erklärt. Die genannten Bestimmungen erlauben diesen von der Beteiligten zu 1 daraus gezogenen Schluss indes nicht; eine "Abspaltung" des Rechts, grundeigene Bodenschätze abzubauen, vom Eigentum am betreffenden Grundstück widerspräche vielmehr gerade den Intentionen des Gesetzgebers des Bundesberggesetzes. Die in § 34 BBergG angeordnete entsprechende Anwendung der §§ 7 Abs. 1, 8 und 9 BBergG sollte lediglich dazu dienen, die Befugnisse desjenigen, der grundeigene Bodenschätze aufsucht oder gewinnt, zu e r w e i t e r n, da die sich bereits aus dem Grundeigentum ergebenden zivilrechtlichen Befugnisse teilweise hinter denjenigen zurückbleiben, die sich aus Erlaubnis, Bewilligung oder Bergwerkseigentum ergeben. Dies verdeutlicht schon § 34 Abs. 1 Nr. 1 BBergG, wonach die sodann angeordnete entsprechende Anwendung der §§ 7 Abs. 1, 8 und 9 BBergG nur gelten soll, "soweit sich dies nicht schon aus dem Inhalt des Grundeigentums ergibt". In der Begründung zu § 33 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, der im Wesentlichen § 34 des heutigen Bundesberggesetzes entspricht, heißt es hierzu (vgl. BT-Drs. 8/1315, S. 97; abgedruckt auch in ZfB Bd. 122 [1981], 143 f. und bei Zydek, Bundesberggesetz, Materialien, 1980, S. 181):

"Die Befugnis des Grundeigentümers, auf seinem Grundstück grundeigene Bodenschätze aufzusuchen, zu gewinnen und die dazu erforderlichen Einrichtungen zu schaffen, ist an sich schon Inhalt des Grundeigentums selbst. Diese Rechtsposition (...) wird als gegeben vorausgesetzt (...). Diese durch das bürgerliche Recht begründete Rechtsposition bedarf einerseits der Ergänzung um Befugnisse zur Aneignung bergfremder Bodenschätze und zum Erwerb des Eigentums an fremden grundeigenen Bodenschätzen (...). Andererseits muss diese Rechtsposition gegenüber Dritten durch Begründung einer Duldungspflicht abgesichert werden, um Abwehransprüche nach § 1004 BGB auszuschließen, an deren Stelle nach Bergrecht der Bergschadensersatzanspruch tritt."

Die in § 34 BBergG angeordnete entsprechende Anwendung u. a. der Bestimmungen über das Bergwerkseigentum auf grundeigene Bodenschätze dient somit nur dazu, die sich bereits aus dem Grundeigentum ergebenden Befugnisse des Grundeigentümers zu ergänzen und abzusichern. Sie kann nicht dahin verstanden werden, der Gesetzgeber habe die Befugnis des Grundeigentümers, auf seinem Grundstück grundeigene Bodenschätze aufzusuchen und zu gewinnen, einschränken oder gar vom Grundeigentum "abspalten" und deshalb einem öffentlich-rechtlichen Genehmigungsregime unterwerfen wollen.

Daran, dass der grundeigene Bodenschatz Bestandteil des Eigentums am Grundstück ist und der Grundstückswert deshalb unter Berücksichtigung der grundeigenen Bodenschätze zu ermitteln ist, ändert auch die von der Beteiligten zu 1 angeführte Vorrangregelung des § 124 Abs. 3 BBergG nichts. § 124 BBergG befasst sich von vornherein nicht mit dem Verhältnis zwischen Grundeigentümer und öffentlicher Verkehrsanlage (und der Frage der Entschädigung des Grundeigentümers), sondern nur mit dem Verhältnis zwischen Gewinnungsbetrieb (einschließlich der diesem verliehenen öffentlich-rechtlichen Befugnisse zum Abbau von Bodenschätzen) auf der einen und öffentlicher Verkehrsanlage auf der anderen Seite. Dies verdeutlicht bereits § 124 Abs. 1 BBergG, wenn es dort heißt:

"Die Errichtung, Erweiterung, wesentliche Veränderung und der Betrieb von öffentlichen Verkehrsanlagen und von Gewinnungsbetrieben sind in gegenseitiger Rücksichtnahme so zu planen und durchzuführen, dass die Gewinnung von Bodenschätzen durch öffentliche Verkehrsanlagen und öffentliche Verkehrsanlagen durch die Gewinnung von Bodenschätzen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Im Übrigen sind die §§ 110 bis 112 entsprechend anzuwenden, soweit sich aus den Absätzen 2 und 3 nichts anderes ergibt"

In der Begründung zu § 127 Abs. 1 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, der § 124 Abs. 1 des heutigen Bundesberggesetzes entspricht, heißt es hierzu (vgl. BT-Drs. 8/1315, S.148; abgedruckt auch in ZfB Bd. 122 [1981], 225 und bei Zydek, Bundesberggesetz, Materialien, 1980, S. 469):

"Die Verkehrsträger sind in aller Regel Eigentümer von Grund und Boden. Deshalb muss das Verhältnis von Bergbau und öffentlichen Verkehrsanlagen grundsätzlich auch in den Rahmen des zu den §§ 108 ff. [Anm.: §§ 110 ff. des heutigen BBergG] erläuterten Konflikts zwischen Bergbau und Grundeigentum gestellt werden. Die Verkehrsträger haben den Grundbesitz jedoch zur Erfüllung besonderer Zwecke erworben, wobei Aufgaben im Bereich des Allgemeinwohls, also öffentliche Interessen im Vordergrund stehen. Deshalb kann bei gerechter Abwägung der zu schützenden Belange die in § 108 normierte Anpassung (...) nicht nur auf die Verkehrsträger ausgerichtet, sondern muss wechselseitig ausgestaltet sein. Das bestimmt Satz 1. Im Übrigen finden die §§ 108 und 109 entsprechende Anwendung, soweit ich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt."

Die §§ 110 ff. BBergG (bzw. §§ 108 ff. des Entwurfs), auf die § 124 Abs. 1 Satz 2 BBergG verweist, befassen sich dementsprechend gerade mit dem in der zitierten Begründung des Gesetzentwurfs angesprochenen Konflikt zwischen Bergbau und Grundeigentum. § 110 Abs. 1 BBergG (der § 108 Abs. 1 des Entwurfs entspricht) normiert dabei "die für das Anpassungsverhältnis zwischen Grundeigentum und Bergbau wesentliche Grundregel" (so die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 108 Abs. 1 BBergG, vgl. BT-Drs. 8/1315, S. 139, s. zur Einführung einer Anpassungspflicht des Grundeigentums auch a. a. O. S. 138). Für das Verhältnis zwischen Bergbau und Verkehrsanlagen werden die in den §§ 110 ff. BBergG enthaltenen Regelungen durch § 124 Abs. 2 und 3 BBergG modifiziert. § 124 Abs. 3 BBergG will mithin nur das Verhältnis zwischen Bergbau und dem Betrieb öffentlicher Verkehrsanlagen regeln, nicht aber das Verhältnis zwischen Grundeigentümer und Verkehrsanlage. Dementsprechend lässt sich dieser Bestimmung auch nicht entnehmen, dass der Eigentümer eines Grundstücks im Falle der Enteignung keine Entschädigung für unter der Oberfläche befindliche grundeigene Bodenschätze beanspruchen kann, auf die sich das entzogene Grundstückseigentum erstreckt hat und die sich regelmäßig auf den Grundstückswert werterhöhend auswirken. Die Rechtspositionen des Grundeigentümers einerseits und des Inhabers eines Gewinnungsbetriebs bzw. des Bergwerkseigentums andererseits sind jeweils gesondert zu betrachten (die getrennte Behandlung von Grundeigentum und Bergwerkseigentum befürwortet auch die Beteiligte zu 1 in ihrer Berufungsbegründungsschrift, will daraus aber offenbar den Schluss ziehen, dass das Bergwerkseigentum zu einer "Abspaltung" des Abbaurechts vom Grundeigentum führt); nur mit letzteren befasst sich § 124 Abs. 3 BBergG.

Dem steht nicht entgegen, dass als Gewinnungsbetriebe (auch) Einrichtungen zur Gewinnung grundeigener Bodenschätze gelten (vgl. § 4 Abs. 8 BBergG). Der Gewinnungsbetrieb, der grundeigene Bodenschätze abbaut, wird zwar Eigentümer der betreffenden Grundstücke sein, so dass sich hier der Konflikt zwischen Bergbaubetrieb auf der einen und dem Verkehrsträger als Grundstückseigentümer auf der anderen Seite, der dem Gesetzgeber ausweislich der auszugsweise zitierten Begründung des Regierungsentwurfs erkennbar vor Augen stand, nicht stellen wird. Die Vorrangregelung des § 124 Abs. 3 BBergG läuft in diesen Fällen deshalb aber keineswegs leer. Auch der Inhaber eines Gewinnungsbetriebs, der grundeigene Bodenschätze abbaut, kann für durch das Verkehrsprojekt hervorgerufene Beeinträchtigungen seines Gewinnungsbetriebs (etwa dafür, dass Vorrichtungen zum Abbau von Bodenschätzen wegen der Errichtung einer Autobahntrasse nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden können) keine Entschädigung beanspruchen. Ebenso wenig steht ihm dafür, dass er im Bereich der Trasse ein ihm verliehenes Bergwerkseigentum nicht mehr ausnutzen kann, eine Entschädigung zu; vielmehr hat er die lediglich faktische Beeinträchtigung dieses Gewinnungsrechts hinzunehmen, denn das Bergwerkseigentum beruht auf staatlicher Verleihung und gewährt die mit ihm verbundenen Rechte von vornherein nur nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes (vgl. hierzu etwa das von der Beteiligten zu 1 in ihrer Berufungsbegründungsschrift zitierte Urteil des BVerwG vom 26.03.1998 - 4 A 2.97 -, BVerwGE 106, 290 = NVwZ 1998, 604 = DVBl. 1998, 895 = juris, dort insb. Rdn. 15 ff.; s. ferner BVerwG, Gerichtsbescheid vom 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162 = UPR 1999, 66 = juris, dort insb. Rdn. 31 f.). Davon zu unterscheiden ist aber die Frage der Höhe der Entschädigung für den Entzug des Grundeigentums, zu dessen wertbildenden Faktoren auch grundeigene Bodenschätze gehören; hierzu trifft § 124 Abs. 3 BBergG keine Aussage. Dementsprechend hat der Senat in seinem bereits erwähnten Urteil vom 22.06.2005, das die Entschädigung für den Verlust der Abbaumöglichkeit bergfreier Bodenschätze zum Gegenstand hatte, zwischen der Entschädigung für die Inanspruchnahme von Grundstücksflächen einerseits (vgl. juris, Rdn. 36 ff.) und der Entschädigung des Inhabers eines Gewinnungsbetriebs bzw. des Bergwerkseigentums andererseits (vgl. juris, Rdn. 49 ff. und Rdn. 66 ff.) differenziert und lediglich für letztere die Vorrangregelung des § 124 Abs. 3 BBergG herangezogen.

Für die Höhe der Entschädigung des Grundeigentümers kann es auch keine Rolle spielen, ob er zugleich Inhaber eines Gewinnungsbetriebs ist oder ob seine Grundstücke bereits von einem Gewinnungsbetrieb erfasst sind oder nicht. Hätte der Gesetzgeber des Bundesberggesetzes auch den Entzug grundeigener Bodenschätze entschädigungslos stellen wollen, hätte er dies deutlich zum Ausdruck bringen und eine entsprechende Inhaltsbestimmung des Grundeigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG vornehmen müssen. Dies ist aber gerade nicht erfolgt; vielmehr lassen die erwähnten Bestimmungen der §§ 3 Abs. 2 Satz 1, 34 BBergG wie auch die Entstehungsgeschichte des Bundesberggesetzes insgesamt nur den Schluss zu, dass es bei der Zuordnung der grundeigenen Bodenschätze zum Grundeigentum verbleiben sollte. Dann muss bei einem Entzug des Grundeigentums aber auch für den Verlust der Möglichkeit, grundeigene Bodenschätze abzubauen, Entschädigung geleistet werden (so im Ergebnis auch OLG Rostock in der bereits erwähnten Entscheidung, das eine verfassungskonforme Auslegung des BBergG für angezeigt hält; vgl. auch schon Boujong in Festschrift für Blümel, 1999, S. 67, 76 f., der ebenfalls eine Entschädigung für die von einer Verkehrsanlage betroffenen grundeigenen Bodenschätze befürwortet).

Schließlich kann sich die Beteiligte zu 1 auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass einem Abbau grundeigener Bodenschätze hier wegen des Vorrangs des Straßenbauvorhabens nach § 124 Abs. 3 BBergG rechtliche Hindernisse entgegengestanden hätten, so dass den grundeigenen Bodenschätzen keine werterhöhende Bedeutung mehr zukommen könne. Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil die Beteiligte zu 1 hier das mit dem Zugriff auf Grundstücksflächen verbundene und damit Entschädigungsansprüche der betroffenen Grundstückseigentümer auslösende Straßenbauvorhaben gerade als Grund dafür benennen will, keine Entschädigung leisten zu müssen. Mit der angeführten Begründung könnte jegliche Entschädigung für den Entzug von Grundstücksflächen verweigert werden, denn diese sind bei Realisierung des Straßenbauvorhabens für den Grundstückseigentümer regelmäßig als potentielle Abbauflächen wertlos geworden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Grundstücksqualität ("Qualitätsstichtag") ist hier aber - wie dargelegt - der Zeitpunkt unmittelbar vor Erlass des mit einer enteignenden Vorwirkung verbundenen Planfeststellungsbeschlusses. Die für die Wertermittlung maßgebliche "Qualität" des Grundstücks ist somit ohne Berücksichtigung des planfestgestellten Straßenbauvorhabens zu ermitteln. Dass zu diesem Zeitpunkt einem Abbau rechtliche Hindernisse entgegengestanden hätten und die grundeigenen Bodenschätze daher nicht werterhöhend berücksichtigt werden könnten (vgl. dazu Aust in ders./Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 6. Aufl. 2007, Rdn. 486, auf den die Beteiligte zu 1 zur Stützung ihrer Auffassung verweist), ist nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 221 Abs. 1 BauGB i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO. Zu den von der Beteiligten zu 1 zu tragenden Kosten gehören auch die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2. Der Beteiligte zu 3 hat im Berufungsverfahren weder zur Hauptsache einen Antrag noch einen Antrag auf Kostenerstattung nach § 228 Abs. 2 BauGB gestellt, so dass seine außergerichtlichen Kosten nicht zu ersetzen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 221 Abs. 1 BauGB i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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