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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2007
Aktenzeichen: Bl W 490/07
Rechtsgebiete: EnWG, ThürEG, VwGO, BauGB, ZPO


Vorschriften:

EnWG § 45 Abs. 1
EnWG § 45 Abs. 3
ThürEG § 37
ThürEG § 44
VwGO § 80 Abs. 5
BauGB § 221
BauGB § 224 Abs. 2
ZPO §§ 567 ff
1. Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die für sofort vollziehbar erklärte vorzeitige Besitzeinweisung - des Windkraftanlagenbetreibers - hat per se (noch) keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung auch im Baulandverfahren gestellt werden.

2. Bei der Entscheidung über einen solchen Antrag hat das Gericht (Baulandkammer/Baulandsenat) eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug (der vorzeitigen Besitzeinweisung) und dem privaten Interesse des davon Betroffenen (hier einer Gemeinde), von einem Eingriff in seine Rechte verschont zu bleiben, vorzunehmen.

3. Führt diese Abwägung dazu, dass die vorzeitige Besitzeinweisung nicht aus Gründen des Allgemeinwohls dringend geboten ist, liegen also keine hinreichenden Gründe für die sofortige Ausführung der mit der sofortigen Besitzeinweisung verbundenen Maßnahmen (wie hier Errichtung und Ausbau von Wegen; Verlegung von Erdkabeln) vor, so ist die aufschiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (gegen den Besitzeinweisungsbeschluss) wiederherzustellen.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

Bl W 490/07 In der Baulandsache

hat der Senat für Baulandsachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller Richter am Oberlandesgericht Giebel und Richterin am Oberverwaltungsgericht Preetz

auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Landgerichts Meiningen - Kammer für Baulandsachen - vom 04.09.2007 (Az.: BLK O 7/07)

ohne mündliche Verhandlung am 27. 11. 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 04.09.2007 wird aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung gegen den Besitzeinweisungsbeschluss des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 01.08.2007 wird wiederhergestellt.

2. Die Beteiligte zu 2. und der Beteiligte zu 3. haben die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. je zur Hälfte zu tragen. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten zu 4. und 5. bleiben hiervon ausgenommen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit einer vorzeitigen Besitzeinweisung für Baumaßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung von Windenergieanlagen zugelassen.

4. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.489,23 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerdeführerin verfolgt mit dem vorliegenden Rechtsmittel ihr im ersten Rechtszug erfolglos gebliebenes Begehren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung gegen eine mit Sofortvollzug versehene vorzeitige Besitzeinweisung weiter.

I.

Hinsichtlich der Darstellung des Sachverhalts und der für die angefochtene Entscheidung maßgebenden Gründe nimmt der Senat auf den Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 04.09.2007 Bezug.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1., die diesen als rechtsfehlerhaft beanstandet. Die vorzeitige Besitzeinweisung sei schon insofern rechtswidrig, als sie keine Rechtsgrundlage aufweise. Die Besitzeinweisung könne insbesondere nicht auf § 45 Abs. 3 EnWG i.V.m. § 37 ThürEG gestützt werden, denn § 44 b EnWG stelle eine spezialgesetzliche Regelung dar. Es widerspreche der Gesetzessystematik, gleichwohl die Vorschriften des ThürEG anzuwenden. § 45 EnWG verweise im Übrigen nur auf die allgemeinen Verfahrensregeln zur Abwicklung einer Enteignung. Die im vorliegenden Verfahren vorzunehmende Interessenabwägung müsse zu ihren Gunsten ausfallen. Bei Realisierung des Projekts würden vollendete Tatsachen geschaffen, obwohl der Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache offen sei. Im Übrigen sei die vorläufige Besitzeinweisung offensichtlich rechtswidrig. Sie sei nicht aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten, vielmehr lägen ihr lediglich wirtschaftliche Interessen der Beteiligten zu 2. zugrunde. Eine Gefährdung der Energieversorgung der Bürger sei nicht zu befürchten, auch den Zielen und Zwecken des EnWG und des EEG lasse sich ein dringendes Erfordernis für die Realisierung der geplanten Maßnahme nicht entnehmen. Die Dringlichkeit der Besitzeinweisung ergebe sich ferner nicht daraus, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Windenergieanlagen sofort vollziehbar sei. Der Sofortvollzug sei ausschließlich im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten zu 2. angeordnet worden. Es sei auch nicht zu erwarten, dass dem Enteignungsantrag der Beteiligten zu 2. entsprochen werde.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

1. den Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 04.09.2007 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung vom 08.08.2007 wiederherzustellen,

2. die Vollziehung der Besitzeinweisung vom 01.08.2007 im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde auszusetzen,

3. hilfsweise,

der Beteiligten zu 2. aufzugeben, Sicherheit zu leisten.

Die Beschwerdegegner beantragen,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.

Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen nimmt der Senat Bezug auf die Schriftsätze der Beschwerdeführerin vom 25.09.2007 und vom 28.08.2007 sowie die Schriftsätze der Beschwerdegegner vom 15.10.2007 und 23.10.2007.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Gegen einen Beschluss der Kammer für Baulandsachen, mit dem ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen eine mit Sofortvollzug versehene vorzeitige Besitzeinweisung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 EnWG (hier i.d.F. vom 7. Juli 2005 [BGBl. I S. 1970), geändert durch Art. 7 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9.12. 2006 [BGBl. I S. 2833] und Art. 7 des Gesetzes vom 26.3.2007 [BGBl. I S. 358]), § 37 Abs. 1 Satz 1 ThürEG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt wird, ist die sofortige Beschwerde statthaft, § 44 Abs. 1 Satz 1 ThürEG i.V.m. § 221 Abs. 1 BauGB und §§ 567 ff. ZPO (vgl. ThürOLG, Beschluss vom 26.02.1999 - Bl W 807/98 - ThürVBl. 1999, 215). Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Der beim Landgericht gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die für sofort vollziehbar erklärte vorzeitige Besitzeinweisung der Beteiligten zu 2. hat keine aufschiebende Wirkung (§ 44 Abs. 1 Satz 3 ThürEG i.V.m. § 224 BauGB). Nach § 224 Satz 2 BauGB kann jedoch ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO gestellt werden. Bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der vorzeitigen Besitzeinweisung und dem privaten Interesse des davon Betroffenen vorzunehmen, zunächst von einem Eingriff in seine Rechte verschont zu bleiben (vgl. ThürOLG, Beschluss vom 26.2.1999 - Bl W 807/98 - ThürVBl. 1999, 215).

Nach der hiernach im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO veranlassten summarischen Prüfung hat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache Erfolg.

a) Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass die vorzeitige Besitzeinweisung nicht nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 EnWG, § 37 Abs. 1 Satz 1 ThürEG hätte erlassen werden dürfen, weil § 44 b EnWG eine spezialgesetzliche Regelung für vorzeitige Besitzeinweisungen im Bereich des Energiewirtschaftsgesetzes enthält. § 44 b EnWG gilt seinem Wortlaut nach nur für den Bau, die Änderung oder die Betriebsänderung von Hochspannungsfreileitungen, Erdkabeln oder Gasversorgungsleitungen "im Sinne des § 43". Dazu zählen nicht die hier immissionsschutzrechtlich genehmigten Windenergieanlagen und die zu ihrem Betrieb erforderlichen Erdkabel. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 44 b EnWG eine vorzeitige Besitzeinweisung für andere Vorhaben als die in § 43 EnWG erwähnten ausschließen wollte, bestehen nicht. Die Regelung ist nicht als abschließend zu erachten, denn aus der Begründung zu dem Entwurf des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren (BT-Drucks. 16754, S. 1, 40), durch das § 44 b in das EnWG eingefügt worden ist, ergibt sich nur, dass mit den §§ 43 ff. EnWG die Kernvorschriften aus dem Bestand des Verkehrswegeplanungsrechts (darunter die Vorschrift über die vorzeitige Besitzeinweisung) im Interesse der Vereinfachung des Baus, der Änderung und des Betriebes vor allem der Hochspannungsfreileitungen übernommen werden sollten.

Der vorzeitigen Besitzeinweisung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 EnWG i.V.m. § 37 Abs. 1 Satz 1 ThürEG steht entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht entgegen, dass § 45 Abs. 3 EnWG nur hinsichtlich des "Enteignungsverfahrens", nicht aber hinsichtlich des Verfahrens über die vorzeitige Besitzeinweisung auf das Landesrecht verweist. Es liegt nichts dafür vor, dass der Verweis in § 45 Abs. 3 EnWG nur die landesrechtlichen Regelungen über das förmliche Enteignungsverfahren, nicht aber auch die Regelungen über das damit in engem Zusammenhang stehende Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung erfassen soll.

b) Die vorzeitige Besitzeinweisung ist aber nicht gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 ThürEG aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten.

Geboten in diesem Sinne ist die Ausführung einer Maßnahme dann, wenn es nicht hingenommen werden kann, dass mit der Ausführung bis zum Abschluss des Enteignungsverfahrens gewartet werden muss (vgl. zu § 116 BauGB OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. Juni 1990 - 1 W (Baul) 1/90 - zit. n. juris). Ein Abwarten kann dann nicht hingenommen werden, wenn die sofortige Ausführung der Maßnahme bei Abwägung der Belange der Allgemeinheit und des Betroffenen unumgänglich ist, um die Gesamtheit der Bürger bzw. eine Vielzahl von Personen gegen wesentliche Nachteile zu schützen oder um ihnen wesentliche Vorteile zu erhalten, die verloren gingen, wenn die Maßnahme zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt wird (vgl. zu § 116 BauGB Dyong in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB [Loseblattsammlung, Stand Mai 2007], § 116, Rdnr. 4; ähnlich OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14.04.2002 - 1 U (Baul) 4/00 - zit. n. juris).

Nach diesen Maßstäben liegen hier keine hinreichenden Gründe für die sofortige Ausführung der Maßnahmen vor. Der Besitzeinweisungsbeschluss vom 01.08.2007 gestattet der Beteiligten zu 2., vom 21.08.2007 an mit der Errichtung bzw. dem Ausbau von befestigten Wegen und mit der Verlegung von Mittelspannungserdkabeln einschließlich Kommunikationsleitungen zu beginnen und nach Fertigstellung in Betrieb zu nehmen; die Wege sind erforderlich für die Errichtung der genehmigten Windenergieanlagen, die Verlegung der Kabel für ihren Betrieb. Ein im Interesse des Wohls der Allgemeinheit dringendes Bedürfnis an der sofortigen Ausführung dieser Maßnahmen ist nicht erkennbar. Ein derartiges Bedürfnis kann insbesondere nicht - wovon das Landgericht ausging - dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) entnommen werden. Dessen Grundkonzept ist es, privaten Investoren die nötige Planungs- und Investitionssicherheit für die Errichtung von Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien zu geben, um auf diese Weise mit Hilfe des privaten Sektors die Erneuerbaren Energien deutlich auszubauen und so die in § 1 des Gesetzes verankerten - ökologischen - Ziele zu erreichen (vgl. Oschmann in Danner/Theobald, Energierecht, Band 2 [Loseblattsammlung, Stand: Mai 2007] Einf. B 1, Rdnr. 19). Einen Rückschluss darauf, ob im Einzelfall die sofortige Ausführung einer bestimmten (Bau-)Maßnahme geboten ist, lässt dieses Gesetz nicht zu.

Etwas anderes folgt entgegen den Ausführungen in dem Besitzeinweisungsbeschluss auch nicht daraus, dass bei Außerachtlassung der energiewirtschaftlichen Vorgaben des EEG eine vorzeitige Besitzeinweisung im Zusammenhang mit der Errichtung von Windenergieanlagen - anders als bei konventionellen Vorhaben der Energieversorgung - kaum oder nie in Betracht kommen wird. Selbst wenn diese Auffassung zutrifft, ist sie allein Folge der Gesetzeslage. Für planfeststellungs- oder plangenehmigungsbedürftige Vorhaben im Sinne des § 43 EnWG ist die vorzeitige Besitzeinweisung - wie dargestellt - spezialgesetzlich in § 44 b EnWG geregelt. Voraussetzung für eine vorzeitige Besitzeinweisung nach dieser Bestimmung ist nur die Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung; weiterer Voraussetzungen bedarf es nicht (§ 44 b Abs. 1 Satz 2, 3 EnWG). Die demgegenüber strengeren Voraussetzungen einer vorzeitigen Besitzeinweisung nach § 37 Abs. 1 ThürEG können nicht allein durch einen Rückgriff auf die Ziele des EEG ersetzt werden.

Die Dringlichkeit aus Gründen des Allgemeinwohls ist hier auch nicht deshalb zu bejahen, weil die Beteiligte zu 2. vorgetragen hat, ihr drohten bei einer Verzögerung der gestatteten Maßnahmen erhebliche wirtschaftliche Schäden, die ihr Projekt insgesamt und damit die Gewährleistung einer umweltfreundlichen Energieversorgung gefährden könnten. Die Beteiligte zu 2. hat ihre Angaben, insbesondere zu einer Gefährdung des gesamten Projekts, nicht näher substantiiert. Rein finanzielle Erwägungen, die für eine alsbaldige Herstellung der zugelassenen Maßnahmen sprechen, reichen im Übrigen nicht aus, weil sie mehr oder weniger auf jeden Fall zutreffen und damit die vorzeitige Besitzeinweisung zur Regel machen würden (vgl. zu § 116 BauGB OLG Stuttgart, Urteil vom 13.12.1983 - 10 U (Baul) 104/83 - zit. n. juris).

Schließlich kann die Dringlichkeit der Besitzeinweisung hier nicht daraus hergeleitet werden, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Windenergieanlagen mit Sofortvollzug versehen worden ist. Die Beteiligte zu 2. trägt selbst nicht vor, die Anordnung des Sofortvollzuges sei ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgt.

c) Der Senat weist darauf hin, dass im Übrigen Zweifel daran bestehen, ob das Thüringer Landesverwaltungsamt zu Recht davon ausging, dem Enteignungsantrag der Beteiligten zu 1. werde mit hoher Wahrscheinlichkeit stattzugeben sein. Eines vorherigen Hinweises auf diesen vom Landgericht nicht erwähnten Gesichtspunkt bedurfte es nicht, weil der Senat seine Entscheidung nicht auf diese Erwägung stützt (§ 139 Abs. 2 ZPO).

Die Erwartung, dass dem Enteignungsantrag entsprochen werden wird, besteht jedenfalls nicht bereits deshalb, weil das Thüringer Wirtschaftsministerium die Enteignung dem Grunde nach gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 EnWG zu den Windenergieanlagen am Standort Ottenhausen für zulässig erklärt hat. Diese Entscheidung enthält in ihrem Kern die Feststellung eines energiewirtschaftlichen Bedarfs, die keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu Lasten betroffener Grundstückseigentümer hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2002 - 4 C 9.00 - BVerwGE 116, 365 = NJW 2003, 230).

Allerdings kann nach § 2 Abs. 1 ThürEG nur enteignet werden, um Vorhaben zu verwirklichen, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Diesen Anforderungen wird ein Vorhaben nicht gerecht, das dem Gesetz nicht entspricht (vgl. VGH München, Urteil vom 18.06.1996 - 8 B 94.1051 - DÖV 1997, 81).

Ob das Vorhaben der Beteiligten zu 1. - die Errichtung der acht Windkraftanlagen - dem Gesetz entspricht, ist nicht frei von Bedenken. Dem Vorhaben liegt eine noch nicht bestandskräftige, aber vollziehbare immissionsschutzrechtliche Genehmigung zugrunde, die ihrerseits Zweifeln ausgesetzt ist. Daran vermag auch der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 24.08.2007 - 1 EO 563/07 - (zit. n. juris) nichts zu ändern, mit dem die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen die Ablehnung ihres gegen die Genehmigung gerichteten Eilantrages durch das Verwaltungsgericht Weimar zurückgewiesen worden ist; das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat im Beschwerdeverfahren keine Vollprüfung der Genehmigung vorgenommen, sondern sie nur im Hinblick auf die dargelegten Gründe überprüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Zweifel an der Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergeben sich hier aus dem Verfahren über die vorzeitige Besitzeinweisung, dessen Zweck u.a. die Herstellung bzw. der Ausbau von Wegen ist. Ausgehend von diesem Zweck stellt sich die Frage, ob die Immissionsschutzbehörde bei Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu Recht davon ausging, alle Genehmigungsvoraussetzungen seien gegeben. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sind auch die bauplanungsrechtlichen Anforderungen zu beachten. Bauplanungsrechtlich erforderlich ist bei privilegierten Vorhaben im Außenbereich, wie Windenergieanlagen, dass die ausreichende Erschließung gesichert ist (§ 35 Abs. 1 BauGB). Gesichert ist eine Erschließung dann, wenn damit gerechnet werden kann, dass sie bis zur Herstellung des Bauwerks (spätestens bis zur Gebrauchsabnahme) funktionsfähig angelegt ist und wenn ferner damit zu rechnen ist, dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.08.1985 - 4 C 48.81 - NVwZ 1986, 38 = BRS 44 Nr. 75). Ob diese Voraussetzungen bei Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - bzw. bei Erlass des Widerspruchsbescheides - gegeben waren, ist fraglich, weil die Beteiligte zu 2. erst durch den Besitzeinweisungsbeschluss vom 01.08.2007 in die Lage versetzt wird, die für die Errichtung der genehmigten Windenergieanlagen erforderlichen Wege herzustellen bzw. auszubauen. Die Frage der gesicherten Erschließung bedarf hier aber keiner abschließenden Klärung.

III.

Mit der Entscheidung über die sofortige Beschwerde erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung über die Anträge zu 2) und 3).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 221 Abs. 1 BauGB i.V.m. §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Beteiligten zu 4. und 5. haben im Verfahren weder zur Hauptsache einen Antrag noch einen Antrag auf Kostenerstattung nach § 228 Abs. 2 BauGB gestellt, so dass ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu ersetzen sind.

Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich der hier aufgeworfenen Rechtsfrage der Zulässigkeit einer vorzeitigen Besitzeinweisung für Baumaßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung von Windenergieanlagen zugelassen. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage liegt nicht vor (§ 221 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die Klärung dieser Frage ist nach Ansicht des Senats auch von allgemeinem Interesse.

Ende der Entscheidung

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