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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.03.2005
Aktenzeichen: Lw U 964/00
Rechtsgebiete: LwAnpG


Vorschriften:

LwAnpG § 44
LwAnpG § 51a
Ein Vermächtnisnehmer, der Mitglied derselben LPG wie der Erblasser ist, tritt nicht in die mitgliedschaftsrechtliche Stellung des Erblassers als Land- und Inventareinbringer nach § 24 Abs. 2 LPG-G 1959 bzw. § 45 Abs. 3 LPG-G 1982 ein.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

Lw U 964/00

Verkündet am: 21.03.2005

In der Landwirtschaftssache

hat der Senat für Landwirtschaftssachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 17.07.2000 und die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 20.07.2000 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Langensalza (Az.: Lw 16/93) vom 30.06.2000 nach mündlicher Verhandlung

am 27.01.2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Bad Langensalza - Landwirtschaftsgericht - vom 30.06.2000 (Az.: Lw 16/93) - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin 69.620,64 € nebst 4 % Zinsen aus 42.150,25 € seit dem 14.12.1993 bis zum 30.01.1994, aus 44.540,34 € seit dem 31.01.1994 bis zum 25.01.2000 und aus 69.620,64 € seit dem 26.01.2000 zu zahlen.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten der 1. Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Gerichtskosten der 2. Instanz hat die Antragstellerin zu 15 % und die Antragsgegnerin zu 85 % zu tragen. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin 15% deren außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten zu erstatten. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin 85 % deren außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 81.435,53 € (=159.274,06 DM) festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz.

Die Antragstellerin wurde am 01.03.1959 Mitglied der LPG Typ I ..., aus der sie am 28.02.1961 wieder ausschied. Am 01.03.1961 trat sie in die LPG Typ III ... ein. Ihre Mitgliedschaft kündigte sie am 16.12.1991.

Gemäß Übergabeprotokoll vom 01.08.1962 brachte die Antragstellerin 7.83 ha Land in die Antragsgegnerin ein. Auf den laut Statut zu erbringenden Inventarbeitrag in Höhe von 5.481,-- DM brachte sie 1961 3.619,-- DM, 1963 113,70 DM, 1964 94,75 DM, 1968 316,46 DM und 1969 94,04 DM, insgesamt also 4.237,96 DM ein. Danach war noch eine Restforderung in Höhe von 1.243,94 DM offen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Übergabeprotokolls wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 5 d.A.) Bezug genommen.

Per 01.01.1969 wurde die LPG Typ I ... von der LPG Typ III ... aufgenommen. Aus der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.12.2000 vorgelegten Anlage "BS 3" ("Aufstellung Inventarbeiträge, ehem. LPG Typ I ...") ergibt sich, dass bei diesem Übergang auf 176,48 ha eingebrachter Fläche der Mitglieder der LPG Typ I Inventarbeiträge und eine Vermögensdifferenz von insgesamt 790.723,88 M, also 4.480,53 M pro ha, zu leisten waren.

Ausweislich der zur Akte gereichten Grundbuchauszüge ist die Antragstellerin hinsichtlich der im Grundbuch von ..., Bl. 1834 (Bd. 2, Bl. 237 bis 241 d.A.) eingetragenen Grundstücke (Flur 8, Flurstück 121; Flur 8, Flurstück 122; Flur 9, Flurstück 596/150) mit einer Gesamtgröße von 2.00.15 ha als Eigentümerin seit 1957 eingetragen. Diese wurden im Bodenbuch der LPG auch unter dem Namen der Antragstellerin geführt.

Seit 1958 ist die Antragstellerin darüber hinaus als Eigentümerin der Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 5.96.70 ha im Grundbuch von ...., Blatt 626 (Flur 1, Flurstück 53; Flur 5, Flurstück 1/1). Diese wurden im Bodenbuch der LPG unter S.B. geführt (vgl. Bd. 1, Bl. 106 d.A.). Der Bodenwert der eingebrachten Grundstücke liegt bei durchschnittlich 60 Bodenpunkten.

S. B., deren adoptierte Tochter und Erbin die Antragstellerin ist, trat bei Gründung der LPG Typ I "Neuer Weg" dort ein und war Mitglied des Vorstands. S. B. war nach den Bestandsblättern der Gemeindebezirke ... (Blatt 293 und Blatt 550) und ... (Blatt 1602 und Blatt 4182) Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Betriebes von insgesamt 27,62 Hektar. Die landwirtschaftliche Nutzfläche betrug ca. 26,6 Hektar, mit der S. B. in die LPG Typ I eintrat. Im Bodenbuch der Antragsgegnerin waren S. B. unter Berücksichtigung der ererbten Grundstücke nach A. und O. B. insgesamt 23.81.50 ha Bodenfläche zugewiesen. Da für die tierische Produktion die Mitglieder einer LPG Typ I, die noch ihre individuelle Tierhaltung selbst betrieben, dem erhöhten Ablieferungssoll unterlagen, beschloss die LPG Typ I ..., eine genossenschaftliche Tierhaltung aufzubauen. Deshalb wurden 1962 die von S. B. eingebrachten Flächen bis auf 3,75 ha abgestockt. Insoweit sind keine Inventar- oder Abstockungsprotokolle vorhanden.

Aus dem "Protokoll über die zu erbringende Vermögensdifferenz und Übernahme von Inventar beim Zusammenschluss der LPG "..." und LPG "..." vom 15.12.1968 (Bd. 1, Bl. 194) ergibt sich, dass S. B. 3,75 ha Fläche eingebracht hat. An Vermögen hatte sie 16.801,99 M (4.480,53 x 3,75 ha) zu erbringen. Ihr Anteil am Vermögen der LPG "..." wurde mit 3.059,72 M (1.008,81 AE x 3,03 M), das eingebrachte Inventar mit 3.908,-- M (vgl. Bd. 2, Bl. 353) beziffert. Wegen fehlender zu erbringender Großvieheinheiten (0,68) wurde eine "Lastschrift" in Höhe von 2.040,-- M errechnet. Damit wurden ein erbrachter Gesamtwert in Höhe von 4.927,72 M ausgewiesen, so dass sich ein noch zu leistender Vermögensanteil von 11.874,27 M ergab. Aus der nicht unterzeichneten "Zahlungsvereinbarung über noch zu leistende Zahlungen zum Vermögensanteil beim Zusammenschluss" vom 31.07.1970 (Bd. 2, Bl. 367) wurden S. B. weitere 2.486,75 M gutgeschrieben. Aus einer ebenfalls nicht unterschriebenen "Zahlungsvereinbarung" vom 06.11.1970 (Bd. 2, Bl. 322) ergibt sich, dass S. B. zusätzliches Vermögen in Höhe von 1.646,79 M erbracht hat. Gutgeschrieben wurden 170,-- M Sanierungsbeihilfe. Darüber hinaus vermerkt ein Nachtrag auf der Zahlungsvereinbarung, dass lt. Beschluss der Mitgliederversammlung je ha (1,75) 500,-- M Vermögensforderung (= 875,-- M) nachgelassen wird. Auf den weiteren Inhalt beider Zahlungsvereinbarung wird Bezug genommen.

Vor dem Notar E. des Staatlichen Notariats ... wurde das Testament der S. B. vom 27.02.1975 am 04.09.1981 nach deren Tod (08.08.1981) eröffnet (Az.: 2-60-320-81). Unter § 1 des Testaments vom 27.02.1975 wurde die Antragstellerin zur Alleinerbin berufen. Weiterhin wurden im vorgenannten Testament unter § 2 diverse Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 14.9669 ha durch Vermächtnis Herrn O. S., Frau J. H. und Herrn E. Sch. zugewandt. Die Vermächtnisse wurden am Tag der Testamentseröffnung durch die Antragstellerin erfüllt und die Auflassung sogleich im Grundbuch vollzogen. Nach § 3 des Testaments vom 27.02.1975 sollte der von der Erblasserin an die LPG geleistete Inventarbeitrag den drei Vermächtnisnehmern entsprechend der ihnen zugedachten Grundstücke prozentual zustehen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Testaments wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Testaments (Bd.1, Bl. 91 bis 93 d.A.) Bezug genommen.

Die Vermächtnisnehmer S. und Sch. führten unter den Aktenzeichen Lw U 6/92 bzw. Lw U 5/92 vor dem Amtsgericht ... Verfahren gegen die Antragsgegnerin betreffend Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz hinsichtlich der ihnen per Vermächtnis zugewandten Grundstücke, die jeweils durch Prozessvergleich mit umfassender Abfindungsklausel beendet wurden.

Die weitere Vermächtnisnehmerin Frau J. H. machte Ansprüche - teilweise auch für die ihr durch Vermächtnis zugewendeten Grundstücke - im Verfahren Lw U 844/03 vor dem Senat geltend, über die der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag entschieden hat.

Die Antragsgegnerin leistete an die Antragstellerin im Januar 1992 eine Zahlung i.H.v. 5.670,00 DM und im Februar 1993 eine Zahlung i.H.v. 8.130,34 DM.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich - nach mehrfacher Antragsänderung und Teilrücknahme - zuletzt beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, an die Antragstellerin 180.815,75 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hinsichtlich der Zusammensetzung des Antrags in den Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die angefochtene Entscheidung.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat insbesondere den Umfang der behaupteten Einbringung bestritten.

Unter Abweisung des Antrags im übrigen hat das Amtsgericht - Land­wirtschaftsgericht - mit Beschluss vom 30.06.2000 die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragstellerin 100.567,26 DM nebst 4% Zinsen aus 88.269,56 DM seit dem 10.12.1993 zu zahlen. Auf die Einzelheiten der Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen den dem vormaligen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 14.07.2000 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.07.2000, eingegangen beim Amtsgericht Bad Langensalza am gleichen Tag, persönlich sofortige Beschwerde eingelegt. Diese hat der jetzige Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin nach gewährter Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 02.10.2000 (Bd. 2, Bl. 323 ff.) begründet.

Mit beim Thüringer Oberlandesgericht am 24.07.2000 eingegangenen Schriftsatz vom 20.07.2000 hat die Antragsgegnerin gegen den ihr am 20.07.2000 zugestellten Beschluss ihrerseits sofortige Beschwerde eingelegt. Begründet wurde die sofortige Beschwerde mit Schriftsatz vom 01.09.2000 (Bd. 2, Bl. 316 ff.).

Die Beteiligten vertiefen im wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Antragstellerin behauptet, beim Anschluss der LPG Typ I ... an die LPG Typ III ... im Jahre 1968 habe auch für abgestockte Flächen der Typ I-Mitglieder eine Ausgleichsleistung von mindestens 4.480,53 M/ha erbracht werden müssen; hierfür habe das Vermögen der LPG Typ I ... auch ausgereicht.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 27.01.2005 haben die Verfahrensbeteiligten unstreitig gestellt, dass von S. B. in die LPG Typ I 25 ha eingebracht wurden, wobei ausdrücklich klargestellt wurde, dass darin die Eigentumsflächen der Antragstellerin selbst nicht enthalten sind.

Die Antragstellerin beantragt,

in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts ... vom 30.06.2000 (Az.: Lw 16/92) die Antragsgegnerin zu verpflichten, insgesamt 159.274,06 DM nebst gesetzlichen Zinsen seit Rechtshängigkeit an die Antragstellerin zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts .... vom 30.06.2000 (Az.: Lw 16/92) aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 23.09.2004 hat der Senat die Verfahren Lw U 844/03 (...) und Lw U 964/00 (...) zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen R. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzungsniederschrift vom 27.01.2005 (Bd. 2, Bl. 393 ff.) verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Rechtsmittel der Verfahrensbeteiligten sind nach §§ 65 Abs. 2 LwAnpG, 22 Abs. 1 LwVG zulässig. In der Sache hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin teilweise Erfolg, während die Beschwerde der Antragsgegnerin unbegründet ist.

1. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin dem Grunde nach Abfindungsansprüche nach den §§ 51a Abs. 1, 44 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 LwAnpG, nicht lediglich einen Anspruch auf Feststellung, dass die Antragsgegnerin sie bei der Verteilung des Liquidationserlöses (§ 42 Abs. 1 LwAnpG) in bestimmter Höhe zu berücksichtigen habe. Durch ihre am 16.12.1991 erklärte Kündigung schied die Antragstellerin noch aus der LPG, nicht aus der in Liquidation befindlichen Antragsgegnerin aus; dass die Kündigung erst wirksam wurde, nachdem die Antragsgegnerin sich - kraft Gesetzes seit dem 31.12.1991 - in Liquidation befand, steht dem Anspruch aus § 44 Abs. 1 LwAnpG nicht entgegen (BGHZ 124, 199, 201).

Entgegen der entsprechenden Registereintragung befindet sich die Antragsgegnerin nicht schon seit dem 09.12.1991 auf Grund eines Beschlusses der Mitgliederversammlungen von diesem Tag in Liquidation. Das vorgelegte Protokoll dieser Mitgliederversammlung ist in sich widersprüchlich und derart unklar, dass dem Senat die Feststellung, dass ein wirksamer Beschluss über die Auflösung der LPG getroffen wurde, nicht möglich ist. Allerdings weist die Passage auf Bl. 14 des Protokolls (Bd. 2, Bl. 209 d.A.) unten, wonach "der Liquidationsbeirat weiterhin die Liquidation der LPG abzuwickeln hat" darauf hin, dass zunächst ein Beschluss über die Auflösung der LPG gefasst worden sein könnte. Demgegenüber heißt es im Protokoll auf Seite 20 (Bd.2, Bl. 215 d.A.), "dass zwar etwas am 03.04.1991 beschlossen worden sei, aber der Fehler gemacht worden sei, dass nicht deutlich zum Ausdruck gekommen sei, dass die LPG ... in die TMP-GmbH umgewandelt werden solle. Dies sei für alle klar gewesen, nur so sei der Beschluss für die Akte nicht gefasst. Dies wolle man jetzt nachholen. Wer dafür sei, solle die Hand heben. 21 haben dagegen bestimmt, damit sei der Beschluss angenommen." Ähnlich widersprüchlich stellt sich der weitere Inhalt des Protokolls auf den Seiten 21 ff. dar. Der Senat vermag daher nicht erkennen, wann die Liquidation ordnungsgemäß beschlossen sein soll, zumal die Einladung zur Mitgliederversammlung vom 22.11.1991 einen Tagesordnungspunkt "Liquidation" auch nur ansatzweise nicht enthält (vgl. Bd. 1, Bl. 118 d.A.). An die von der Antragsgegnerin vorgelegte Stellungnahme der Rechtspflegerin vom 10.05.2002, wonach Grundlage für die Eintragung der Liquidationsgesellschaft die Beschlüsse der Mitgliederversammlungen vom 03.04. und 09.12.1991 gewesen sein sollen, ist der Senat nicht gebunden; er hat vielmehr eigenständig zu prüfen, ob sich aus den vorgelegten Unterlagen ein Liquidationsbeschluss ergibt.

2. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin zunächst Ansprüche kraft eigener Mitgliedschaft in der LPG Typ III ... nach den §§ 51a Abs. 1, 44 Abs. 1 LwAnpG in Höhe von 37.248,32 DM.

a) Inventarbeitrag und gleichstehende Leistungen:

Entsprechend dem vorgelegten Übernahmeprotokoll für Inventarbeiträge vom 01.08.1962 hatte die Antragstellerin laut Statut Inventarbeitrag in Höhe von 5.481,-- M einzubringen. Davon hat sie 1961 3.619,-- M, 1963 113,70 M, 1964 94,75 M, 1968 316,46 M und zuletzt 1969 94,05 M, insgesamt also 4.237,96 DM in die LPG eingebracht bzw. gezahlt. Soweit sie behauptet, auch den noch offenen Inventarbeitrag in den Jahren 1965 bis 1967 durch Verrechnung im Rahmen der jeweiligen Jahresendabrechnungen erbracht zu haben, hat die Antragsgegnerin das unter Hinweis auf das Inventarbeitragskonto bestritten. Für die Einbringung trägt die Antragstellerin die Feststellungslast; weitere Anhaltspunkte, die geeignet wären, Ermittlungen des Senats (§ 12 FGG) zu veranlassen, hat sie nicht vorgebracht; sie sind auch sonst in der Akte nicht ersichtlich. Insbesondere reicht hierfür die Behauptung, das Konto sei unvollständig und die Antragstellerin habe in den betreffenden Jahren überdurchschnittlich gut verdient, nicht aus.

Ansprüche auf Feldinventar macht die Antragstellerin nicht geltend.

b) Inventarverzinsung:

Die Inventarverzinsung berechnet sich unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einbringungs- bzw. Zahlungszeitpunkte wie folgt:

3619 DM x 31 Jahre x 3% = 3365,67 DM

113,70 DM x 29 Jahre x 3% = 98,92 DM

95,75 DM x 28 Jahre x 3% = 80,43 DM

316,46 DM x 24 Jahre x 3 % = 227,85 DM

94,05 DM x 23 Jahre x 3% = 64,89 DM.

Es ergibt sich ein Verzinsungsanspruch von 3837,76 DM.

c) Bodennutzungsvergütung:

Die Antragstellerin hat unstreitig Anfang 1961 7,83 ha Nutzfläche eingebracht, so dass sich eine Bodennutzungsvergütung von 29.172,60 DM (7,83 x 60 BP x 31 Jahre x 2 DM) ergibt.

3. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin Ansprüche nach den §§ 51a Abs. 1, 44 Abs. 1 LwAnpG als Erbin nach S. B. hinsichtlich der nicht anderen Personen durch Vermächtnis zugewandten Grundstücke in Höhe von insgesamt 90.859,89 DM. Da die Antragstellerin selbst LPG-Mitglied war und der Erbfall nach dem 01.01.1976 eingetreten ist, ist für den Abfindungsanspruch davon auszugehen, dass die Mitgliedserbin hinsichtlich des eingebrachten Bodens und des Inventars genossenschaftlich in die Rechtstellung der Erblasserin eingetreten ist. Sie hat deshalb grundsätzlich den vollen Anspruch nach § 44 Abs. 1 LwAnpG zu beanspruchen, wobei für die Ermittlung der Verzinsung für die Nutzung der Inventarbeiträge und den gleichstehenden Leistungen sowie für die Berechnung der Mindestvergütung für die Bodennutzung die Mitgliedszeiten von Erblasserin und Mitgliedserbin zusammenzurechnen sind (vgl. BGH AgrarR 1995, 251; Wenzel AgrarR 1995, 1, 5).

a) Der Abfindungsanspruch umfasst zunächst den Fondsausgleich bzw. die Inventarbeiträge, die Selma Bohn bei dem Übergang von der LPG Typ I ... zur LPG Typ III ... für die nicht abgestockten Flächen von 3,75 ha Ende 1968 zu erbringen hatte. Der Senat hat sich in ständiger Rechtsprechung der Auffassung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 123, 23 ff.) angeschlossen, wonach diese Fondausgleichsbeträge den Inventarbeiträgen gleichstehende Leistungen i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG darstellen.

Nach dem "Protokoll über die zu erbringende Vermögensdifferenz und Übernahme von Inventar beim Zusammenschluss der LPG ... und LPG ... vom 15.12.1968 hatte S. B. an Vermögen 16.801,99 M (4.480,53 x 3,75 ha) zuzüglich einer errechneten "Lastschrift wegen fehlender zu erbringender Großvieheinheiten (0,68)" i.H.v. 2.040,-- M zu erbringen. Ihr Anteil am Vermögen der LPG ... wurde mit 3.059,72 M (1.008,81 AE x 3,03 M), das eingebrachte Inventar mit 3.908,-- M beziffert. Aus der nicht unterzeichneten "Zahlungsvereinbarung über noch zu leistende Zahlungen zum Vermögensanteil beim Zusammenschluss" vom 31.07.1970 wurden S. B. weitere 2.486,75 M (170,-- + 273,70 + 168,- + 1.875,-) gutgeschrieben. Hiervon sind die 1875,- M nicht zu berücksichtigen, weil es sich insoweit lediglich um einen Erlass handelte. Aus der weiteren, ebenfalls nicht unterschriebenen "Zahlungsvereinbarung" vom 06.11.1970 ergibt sich, dass S. B. zusätzliches Vermögen in Höhe von 1.646,79 M erbracht hat. Damit ergibt sich, wie die Antragstellerin in dem Schriftsatz vom 08.01.2001 selbst errechnet hat, ein Gesamtbetrag von 9.226,21 DM an auf die nicht abgestockten Flächen entfallenden Leistungen hinsichtlich Inventarbeitrag und gleichstehenden Leistungen (die Berechnung enthält lediglich beim Anteil Typ I einen sog. Zahlendreher, ist im Ergebnis aber richtig).

Der so ermittelte Betrag ist zu verzinsen, so dass sich ein Anspruch auf Inventarverzinsung in Höhe von 6.366,08 DM (9226,21 DM x 23 Jahre x 3%) ergibt.

b) Darüber hinaus hat die Antragstellerin Anspruch auf den Anteil an der LPG Typ I, der dem Fondsausgleich gleich steht, für die weiteren, beim Übergang von der LPG Typ I in die LPG Typ III eingebrachten - abgestockten - Flächen in Höhe von 4.480,53 DM/ha. Das steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest. Beim Anschluss der LPG Typ I ... an die LPG III ... Ende 1968 betrug der auf die zum Zwecke des Aufbaus einer bereits genossenschaftlichen Tierhaltung abgestockten Flächen der Typ I-Mitglieder entfallende Fondsbesatz jedenfalls 4.480,53 M/ha. Der Zeuge R. bekundete in seiner Vernehmung durch den Senat schlüssig und widerspruchsfrei, wie und auf welcher Grundlage das Gesamtvermögen der LPG Typ I und III ermittelt wurde und dass im Ergebnis zugunsten der LPG Typ III eine Differenz von ca. 4500,-- M/ha bestand. Ebenso bestätigte der Zeuge, dass die abgestockten Flächen ebenfalls mit dem vorgenannten Betrag bewertet wurden. Der Zeuge R. war zum damaligen Zeitpunkt Vorsitzender der LPG Typ III ... und damit an den Vorgängen im Zusammenhang mit dem Anschluss der LPG Typ I ... in maßgebender Position beteiligt. Er konnte sich daran ersichtlich noch gut erinnern; Anhaltspunkte, die zu Zweifeln an seiner wahrheitsgemäßen Aussage Anlass geben könnten, bestehen nicht.

Bei der Ermittlung des von der Antragstellerin zu beanspruchenden Anteils an der LPG Typ I ist eine Fläche von 6,2831 ha zu Grunde zu legen (25 ha unstreitig eingebrachter Gesamtfläche abzüglich der nicht abgestockten Fläche von 3,75 ha und der von den Vermächtnissen umfassten Fläche von insgesamt 14,9669 ha, hinsichtlich der die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren Ansprüche nicht mehr erhebt). Es ergibt sich ein von der Antragstellerin zu beanspruchender Typ I - Anteil von 28.151,62 DM, der für eine Nutzungsdauer von 23 Jahren zu verzinsen ist; hieraus resultiert ein weiterer Anspruch in Höhe von 19.424,62 DM (28.151,62 DM x 23 Jahre x 3 %).

c) Hinsichtlich der durch S. B. eingebrachten - abgestockten und nicht abgestockten - Flächen hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Bodennutzungsvergütung für 10,0331 ha (25 ha abzüglich der von den Vermächtnissen betroffenen Grundstücken von 14,9669 ha). Es ergeben sich 27.691,36 DM (10,0331 ha x 23 Jahre x 60 BP x 2 DM).

4. Der Antragstellerin steht schließlich auch der auf die der Vermächtnisnehmerin J. H. von S. B. zugewendeten Grundstücke entfallende LPG - Typ I - Anteil in Höhe von 21.858,26 DM (4,8785 ha x 4480,53 DM) zu. Der Senat vertritt hierzu die Auffassung, dass sämtliche auf die von dem Vermächtnis betroffenen Grundstücke entfallenden Abfindungsansprüche der Antragstellerin als Alleinerbin zustehen, während die jeweiligen Vermächtnisnehmer lediglich Inhaber eines schuldrechtlichen Anspruchs gegen die Antragstellerin sind.

Der nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG geschuldete Ersatz des Inventarbeitrags und der gleichstehenden Leistungen knüpft ebenso wie die Nutzungsvergütung nach Ziff. 2 der Vorschrift nicht an die Person des Anspruchsberechtigten an, sondern an den eingebrachten Sachwert und die damit verbundene Nutzungsmöglichkeit. Die Beteiligungsansprüche aus der Inventarbeitragsverzinsung und der Bodennutzungsvergütung stehen dem zu, dem auch der Inventarbeitrag zusteht. Deshalb ist für all diese Ansprüche einheitlich darauf abzustellen, wer am Stichtag als Land- und Inventareinbringereinbringer anzusehen ist, also die sich aus der Mitgliedschaft ergebende genossenschaftliche Rechtsstellung in Bezug auf den eingebrachten Boden und den Inventarbeitrag inne hat. Da § 24 Abs. 2 des hier maßgebenden LPG-G 1959 vorsieht, dass der Erbe eines Land- und Inventareinbringers, der selbst LPG-Mitglied ist oder wird, in die genossenschaftliche Stellung des Erblassers einrückt, wird ihm dessen Mitgliedszeit bei der Berechnung der sachbezogenen Abfindungsansprüche angerechnet (vgl. BGH, a.a.O.; Wenzel, a.a.O.; zur Rechtslage seit 1982 siehe § 45 LPG-G 1982).

Nach dem Wortlaut des Gesetzes war der Eintritt in die genossenschaftliche Rechtsstellung des Erblassers auf den oder die Erben beschränkt; ein Eintritt in sonstiger Weise testamentarisch bedachter Personen, etwa der Vermächtnisnehmer, war hingegen nicht vorgesehen. Eine diesbezügliche Regelungslücke in den jeweils maßgebenden LPG-Gesetzen der DDR liegt eher fern, weil sowohl vor (§§ 2147 ff. BGB) als auch nach dem Inkrafttreten des ZGB (§§ 380 f. ZGB) gesetzliche Regelungen über das Vermächtnis bestanden. Das Vermächtnis als dem Wesen nach schuldrechtlicher Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Erben war dem Recht der DDR mithin zu keiner Zeit unbekannt, so dass, wenn der Eintritt auch des Vermächtnisnehmers in die genossenschaftsrechtliche Stellung eines verstorbenen LPG-Mitglieds dem Willen des DDR-Gesetzgebers entsprochen hätte, eine ausdrückliche Regelung in den die erbrechtlichen Bestimmungen des BGB bzw. ZGB konkretisierenden Bestimmungen der § 24 LPG-G 1959 bzw. 45 LPG-G 1982 nahe gelegen hätte. Das ist indessen gerade nicht erfolgt. Aus Sicht des Senats besteht auch kein Anlass für eine Auslegung des Gesetzes über den Wortlaut hinaus bzw. für eine entsprechende Anwendung der für den Mitgliedserben geltenden Bestimmungen auf den Vermächtnisnehmer, der LPG-Mitglied ist oder wird. Grund hierfür ist die unterschiedliche Rechtsstellung des Erben einerseits und des Vermächtnisnehmers andererseits in Bezug auf den Nachlass. Während der Erbe - auch nach dem Recht der DDR, das ebenfalls vom Grundsatz der Universalsukzession geprägt war - die Gesamtrechtsnachfolge des Erblassers in Bezug auf den Nachlass antritt, ist das beim Vermächtnisnehmer gerade nicht der Fall; letzterer hat lediglich schuldrechtliche Ansprüche hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände gegen den Erben. Dem entsprechend vertritt der Bundesgerichtshof soweit ersichtlich im Grundsatz die Auffassung, dass die Einzelrechtsnachfolge in einzelne in die LPG eingebrachte Gegenstände gerade nicht zum Eintritt in die genossenschaftsrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers führt; anders ist es nur dann, wenn beispielsweise durch notariellen Überlassungsvertrag die Nachfolge hinsichtlich des gesamten eingebrachten Betriebs entsprechend dem Muster des § 45 Abs. 2 LPG-G 1982 vorweggenommen werden soll (BGH NL-BzAR 2000, 384 f.).

5. Ansprüche, die auf die den anderen Vermächtnisnehmern zugewendeten Grundstücke entfallen, macht die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht mehr geltend. Es kann daher offen bleiben, ob das Amtsgericht ihr diese Ansprüche zu Recht unter Berufung auf Treu und Glauben im Hinblick auf die von den anderen Vermächtnisnehmern geschlossenen Prozessvergleiche versagt hat.

6. Eine Kürzung der eigenen und ererbten Abfindungsansprüche wegen Nichthinreichens des Eigenkapitals der Antragsgegnerin gem. §§ 51a Abs. 1, 44 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 LwAnpG war nicht vorzunehmen. Handelt es sich wie hier um eine echte Streitsache der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, darf das Landwirtschaftsgericht, ohne seine Aufklärungspflicht zu verletzen, davon ausgehen, die LPG oder ihre Rechtsnachfolgerin werde von sich aus darlegen, dass die maßgebliche Bilanz noch nicht festgestellt ist oder ein ausreichendes Eigenkapital nicht ausweist und diese Bilanzen vorlegt (vgl. BGH AgrarR 1993, 260, 261 m.w.N.). Das hat die Antragsgegnerin trotz der Hinweise des Amtsgerichts nicht getan. Die diesbezüglichen pauschalen Hinweise der Antragsgegnerin hat zu keinen weiteren Ermittlungen veranlasst. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

7. Von dem so ermittelten Gesamtbetrag von 149.966,47 DM sind die Zahlungen der Antragsgegnerin von insgesamt 13.800,34 DM in Abzug zu bringen, so dass 136.166,13 DM (69.620,64 €) verbleiben.

8. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB a.F.; der gestaffelte Zinsausspruch berücksichtigt, dass die Antragstellerin zunächst in erster Instanz geringere Beträge als die jetzt ausgesprochenen beantragt hatte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 44, 45 LwAnpG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Antragstellerin in erster Instanz vor teilweiser Rücknahme in der letzten mündlichen Verhandlung Anträge in Höhe des Doppelten des nunmehr ausgesprochenen Betrags gestellt hatte.

IV.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen (§ 24 Abs. 1 LwVG), weil der Rechtsfrage, ob auch Vermächtnisnehmer, die LPG-Mitglied sind oder werden, in die genossenschaftsrechtliche Stellung eines Erblassers eintreten können, grundsätzliche Bedeutung nicht abgesprochen werden kann. Die Frage ist auch soweit ersichtlich noch nicht höchstrichterlich entschieden.

Ende der Entscheidung

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