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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 23.02.1999
Aktenzeichen: UF 2/99
Rechtsgebiete: BGB, KindRG
Vorschriften:
BGB § 1671 | |
BGB (a.F.) § 1672 | |
KindRG Art. 15 § 2 IV |
BGB § 1671; BGB (a.F.) § 1672; KindRG Art. 15 § 2 IV
Auf Antragsverfahren zur Regelung der elterlichen Sorge während der Trennung der Parteien nach § 1672 BGB (a. F.) ist die Übergangsvorschrift des Art. 15 § 2 Abs. IV KindRG nicht entsprechend anwendbar.
Thür. OLG, Beschluß vom 23.02.1999
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluß
UF 2/99 3 F 188/98 (Amtsgericht Eisenach)
In der Familiensache
- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwältin W
gegen
- Antragsgegner und Beschwerdegegner -
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwalt T
hat das Thüringer Oberlandesgericht in Jena, Senat für Familiensachen, auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin vom 04.01.1999 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Eisenach vom 20.11.1998 durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Schweikhardt, Richterin am Amtsgericht Martin und Richter am Amtsgericht Mummert
am 23.02.1999
beschlossen:
Tenor:
1. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Eisenach zurückverwiesen.
2. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben, eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt (§§ 16 Abs. 1 KostO, 13 a FGG).
3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000,00 DM festgesetzt (§§ 94 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO).
4. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Wand, Eisenach, gewährt.
Sie hat jeweils zum 15. eines jeden Monats, beginnend ab 15.03.1999, Raten in Höhe von 60,00 DM an die Landeskasse zu zahlen.
Gründe:
Die Parteien streiten außerhalb des Scheidungsverbundes über die elterliche Sorge für ihr Kind T. S., geboren am 19.02.1991. Mit Antrag vom 08.06.1998 begehrt die Antragstellerin ebenso die Alleinsorge wie der Antragsgegner mit seinem Antrag vom 17.06.1998.
In Kenntnis des Vorbringens des Antragsgegners wiederholte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13.07.1998 ausdrücklich am 21.07.1998 ihren Antrag. Darüber hinaus beantragte die Antragstellerin am 17.11.1998 die Ehescheidung. Einen Sorgerechtsantrag stellte sie unter Bezugnahme auf das bereits vorliegende Verfahren nicht.
Nach Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes (KindRG) am 01.07.1998 hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluß das nach § 1672 BGB (a.F.) eingeleitete Verfahren in entsprechender Anwendung des Artikels 15 § 2 Abs. 4 KindRG in der Hauptsache für erledigt erklärt und eine Kostenentscheidung getroffen.
Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie unrichtige Gesetzanwendung rügt, ist gemäß § 621 e Abs. 1, 3 ZPO zulässig, da das Familiengericht eine abschließende Entscheidung treffen wollte, und führt in der Sache zum Erfolg.
Zutreffend hat das Familiengericht erkannt, daß das KindRG für nach § 1672 BGB (a.F.) eingeleitete Sorgerechtsverfahren keine ausdrückliche Übergangsbestimmung enthält.
Daraus jedoch die Schlußfolgerung zu ziehen, daß für derartige Verfahren die Übergangsvorschrift des Art. 15 § 2 Abs. 4 KindRG entsprechend anwendbar sei (so wohl auch OLG Hamm, FamRZ 1998, 1136) findet nach Auffassung des Senats weder im Gesetz eine Grundlage noch läßt sie sich mit dem Zweck dieser Übergangsvorschrift vereinbaren.
Zum einen stellt die amtliche Begründung zum KindRG hinsichtlich der Übergangsvorschrift in § 2 klar, daß damit für bestimmte Verfahren die Folgerungen aus den Änderungen des materiellen Rechts gezogen werden und geregelt wird in welcher Form sie fortgeführt oder abgeschlossen werden (Bundestagsdrucksache 13/4899, 145). Insoweit ist auch die Begründung zu § 2 Abs. 4 eindeutig, daß diese Bestimmung lediglich die bisher von Amts wegen durchzuführenden Sorgeverfahren aus Anlaß von Scheidungen betrifft (a.a.O. S. 146).
Keinesfalls ist damit ein Antragsverfahren zur Regelung der elterliche Sorge während der Trennung der Eltern nach § 1672 BGB (a.F.) erfaßt, zumal gerade die Neufassung des § 1671 BGB die Entscheidung über die elterliche Sorge nach Trennung der Eltern ermöglicht und die Notwendigkeit einer zweiten Sorgerechtsentscheidung im Zusammenhang mit der späteren Ehescheidung entfallen läßt.
Für den Ausspruch, das Verfahren sei erledigt, fehlt damit die gesetzliche Grundlage. Ebenso mangelt es an einer entsprechenden Erklärung der Parteien oder einem erledigenden Ereignis.
Selbst wenn der vom Senat nicht vertretenen Auffassung des OLG Hamm (a.a.O.), das grundsätzlich von einer Erledigungskonstellation ausgeht, zu folgen wäre - wonach die Fortsetzung des Verfahrens nach § 1671 BGB (n.F.) einen entsprechenden Antrag eines Elternteils voraussetzt, hätte das Familiengericht dem Verfahren Fortgang geben müssen, da die Antragstellerin einen entsprechenden Antrag mit Schriftsatz vom 31.07.1999 gestellt hat.
Da die Beschwerde lediglich den vom Amtsgericht beschrittenen Verfahrensweg betraf und das Gericht sich nicht mit dem sachlichen Vorbringen der Parteien auseinandergesetzt hat, muß der Vortrag des Antragsgegners zur Sache in seiner Beschwerdeerwiderung dahinstehen.
Der Antragstellerin, die nicht über die Mittel verfügt, die Kosten des Verfahrens sofort zu tragen, war gemäß § 114 ZPO Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.
Bei der Berechnung der Ratenhöhe war vom durchschnittlichen Nettoeinkommen, dem Kindesunterhalt und dem ab 1999 250,00 DM betragenden Kindergeld auszugehen. Davon waren neben dem Erwerbstätigenbonus und den Freibeträgen für sie selbst sowie das Kind weiterhin abzuziehen:
- die Kosten der Unterkunft, jedoch ohne die des Stromverbrauchs, die der Senat in ständiger Rechtsprechung als verbrauchsabhängige Kosten nicht berücksichtigt und
- der PKW-Kredit.
Danach beträgt das gemäß § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO noch einzusetzende Einkommen 184 DM, so daß monatliche Raten von 60,00 DM anzuordnen waren.
Soweit die Antragstellerin darüber hinaus noch Fahrtkosten zu ihrer Arbeit
- sicher für die Benutzung des PKW - berücksichtigt wissen will, fehlt zum einen der Nachweis der Notwendigkeit dieser Kosten und zum anderen wurde der Kredit in voller Höhe angerechnet. Eine doppelte Berücksichtigung kann nicht erfolgen.
Ende der Entscheidung
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