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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 13.12.2007
Aktenzeichen: 1 KO 1020/06
Rechtsgebiete: GG, ThürHG


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
ThürHG § 107a
Die Bestimmung des § 107a ThürHG, mit der zum WS 2004/2005 in Thüringen Langzeitstudiengebühren eingeführt wurden, ist verfassungsgemäß. Dies gilt auch, soweit zur Berechnung der gebührenfreien Zeit an Studienzeiten, die vor Einführung von Langzeitstudiengebühren absolviert wurden, angeknüpft wird. Dem steht nicht entgegen, dass § 107 Abs. 1 ThürHG eine Aussage zur Gebührenfreiheit des Studiums trifft. Diese Bestimmung kann der Einführung von Langzeitstudiengebühren für die Zukunft nicht entgegen gehalten werden.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

1 KO 1020/06

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Hochschulrecht (ohne NC-Verfahren) einschl. hochschulrechtliche Abgaben, hier: Berufung

hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hüsch und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht von Saldern ohne mündliche Verhandlung am 13. Dezember 2007 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 6. April 2005 - 2 K 1345/04 Ge - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Langzeitstudiengebühren.

Zum Wintersemester 1997/98 schrieb sich der Kläger bei der Beklagten zum Studium für das Fach Betriebswirtschaft ein. Im Sommersemester 2000 nahm er ein Urlaubssemester und wechselte dann im Wintersemester 2000/2001 den Studiengang zum Fach Wirtschaftsingenieurwesen.

Bereits mit Schreiben vom 29. März 2003 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Erlass von Langzeitstudiengebühren wegen unbilliger Härte. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er finanziell nicht in der Lage sei, die Gebühren zu bezahlen, weil er nur über ein monatliches Einkommen von 450,00 € verfüge. Am 25. April 2003 trat das "Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes" in Kraft, durch das die Thüringer Hochschulen verpflichtet wurden, ab dem Wintersemester 2004/2005 Langzeitstudiengebühren zu erheben.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2004 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger für das Wintersemester 2004/2005 eine Langzeitstudiengebühr in Höhe von 500,00 € mit der Begründung fest, er habe die Regelstudienzeit von acht Semestern um mehr als vier Semester überschritten. Er habe sich im Wintersemester 2004/2005 im 14. Semester befunden und das Urlaubssemester sei in Abzug zu bringen. Voll berücksichtigt wurden bei der Berechnung der gebührenfreien Zeit die fünf Semester im Fach Betriebswirtschaft.

Gegen den Bescheid vom 17. Juni 2004 erhob der Kläger mit Schreiben vom 13. Juli 2004 Widerspruch mit der Begründung, die Gebühr greife in sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz - GG - ein. Die Erhebung der Langzeitstudiengebühr verletze das Rückwirkungsverbot. In § 107 Abs. 1 Thüringer Hochschulgesetz - ThürHG - sei seit 1990 ein gebührenfreies Studium gewährleistet. Die Bestimmung enthalte einen konkreten Vertrauenstatbestand, auf den er sich bei der Studienplanung habe einrichten dürfen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass er bei seinem Studienfachwechsel zum Wintersemester 2000 nicht damit habe rechnen müssen, später verpflichtet zu werden, Studiengebühren zu zahlen. Er habe zu diesem Zeitpunkt auf die Gebührenfreiheit vertraut. Dass dieser Umstand nicht berücksichtigt worden sei, führe zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. August 2004 zurück. Zur Begründung stützte sie sich auf § 107a Abs. 1 ThürHG. Die Vorschrift sei eine rechtmäßige Ermächtigungsgrundlage. Insbesondere sei die Bestimmung verfassungsgemäß. Der Frage, ob die Gebührenfreiheit zuvor in Thüringen ausdrücklich im Gesetz verankert gewesen sei, komme keine besondere vertrauensschützende Bedeutung zu. Die für die Erhebung einer Gebühr erforderliche Ermächtigungsgrundlage sei vorhanden.

Durch Bescheid vom 4. Oktober 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erlass der Langzeitstudiengebühr ab. Ein Erlass wegen einer wirtschaftlichen Notlage komme gemäß § 107a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ThürHG nur bei zeitlich unmittelbarer Nähe zum letzten Abschnitt der Abschlussprüfung in Betracht. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 29. Oktober 2004 Widerspruch bei der Beklagten ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er bezogen auf sein jetziges Studium kein Langzeitstudent sei. Die Gebühr werde nur erhoben, weil er im Wintersemester 2000 sein Studienfach gewechselt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe er nicht damit rechnen müssen, wegen dieses Wechsels später einmal Studiengebühren zahlen zu müssen. Es sei ihm schlechterdings nicht möglich gewesen, sein Studium so rechtzeitig abzuschließen, dass er die Erhebung der Studiengebühr hätte vermeiden können. Da er sich zudem in einer wirtschaftlichen Notlage befinde, sei die Gebühr zu erlassen.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 13. Januar 2005 mit der Begründung zurück, dass die Anrechnung von Studienzeiten vor einem Studienfachwechsel nicht zu beanstanden sei. Die allgemeine gesetzliche Regelung, wonach erst bei einer Überschreitung der Regelstudienzeit um mehr als vier Semester eine Langzeitstudiengebühr erhoben werde, ermögliche den Betroffenen bereits eine anfängliche Orientierungsphase. Zudem bleibe ein einmaliger Wechsel des Studienganges bis zum Abschluss des zweiten Semesters unberücksichtigt. Das alleinige Bestehen einer wirtschaftlichen Notlage reiche nicht aus, weil diese nach dem Willen des Gesetzgebers nur bei zeitlicher Nähe zum letzten Abschluss zu einer unbilligen Härte führe (§ 107a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ThürHG).

Sowohl gegen die Festsetzung der Langzeitstudiengebühr als auch wegen der Ablehnung des Antrags auf Erlass wegen unbilliger Härte hat der Kläger jeweils gesondert fristgerecht Klage beim Verwaltungsgericht Gera erhoben.

Die auf Aufhebung des die Langzeitstudiengebühr festsetzenden Bescheides gerichtete Klage, hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 6. April 2005 - 2 K 1345/04 Ge - unter Auswertung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 -, das sich auf das Hochschulrecht in Baden-Württemberg bezieht, im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Bestimmung des § 107a ThürHG verstoße nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG und auch nicht gegen das Verbot unzulässiger Rückwirkung. Insbesondere sei das Vertrauen der bei Inkrafttreten dieser Bestimmung schon Studierenden nicht schutzwürdig. Eine solche Schutzwürdigkeit des Vertrauens begründe auch § 107 Abs. 1 ThürHG nicht, wonach Studiengebühren vor Einfügung des § 107a ThürHG nicht hätten erhoben werden dürfen. Obwohl in Baden-Württemberg eine entsprechende Regelung vor Einführung der Langzeitstudiengebühren nicht vorhanden gewesen sei, unterscheide sich die Rechtslage in Thüringen zwar formal, aber nicht materiell von der in Baden-Württemberg. Insoweit habe es auch in Baden-Württemberg einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage bedurft, um Gebühren erheben zu können.

Durch Urteil vom 6. April 2005 - 2 K 238/05 Ge - hat das Verwaltungsgericht ebenfalls die Klage auf Verpflichtung der Beklagten zum Erlass der Langzeitstudiengebühren abgewiesen. Dieses Urteil ist Gegenstand des Berufungsverfahrens mit dem Aktenzeichen 1 KO 1019/06.

Im Sommersemester 2005 schloss der Kläger sein Studium erfolgreich ab.

Auf seinen Antrag hat der erkennende Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 6. April 2005 - 2 K 1345/04 Ge - mit Beschluss vom 24. November 2006 zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung trägt er im Wesentlichen vor, dass begründete Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 107a ThürHG bestünden. Es mache einen gewichtigen Unterschied, ob ein Gesetzgeber ausdrücklich wie in Thüringen die Gebührenfreiheit statuiere oder wie in Baden-Württemberg darüber schweige. Die ausdrückliche Regelung der Gebührenfreiheit in § 107 Abs. 1 ThürHG habe darauf abgezielt, einen Anreiz zur Aufnahme des Studiums zu schaffen. Daraus resultiere ein gesteigertes Vertrauensschutzinteresse der Studierenden in Thüringen im Vergleich zu Studierenden in anderen Bundesländern, in denen eine solche Regelung nicht existiere. Deshalb müsse die Abwägung zwischen dem Vertrauensschutzinteresse der Studierenden und dem Interesse des Gesetzgebers, das Studierverhalten zu lenken, in Thüringen zu einem anderen Ergebnis führen als in Baden-Württemberg. Dies wirke sich dahingehend aus, dass bei der Berechnung der Studienzeiten nach § 107a Abs. 1 ThürHG Studienzeiten vor Inkrafttreten des Gesetzes keine Berücksichtigung finden dürften. Bezogen auf das Studierverhalten vor Inkrafttreten des Gesetzes könne die Regelungswirkung nicht mehr greifen. Das Studierverhalten sei nachträglich nicht mehr, sondern nur noch für die Zukunft abänderbar. Jedenfalls müssten bei einem Studiengangwechsel vor Inkrafttreten des Gesetzes Studienzeiten in dem früheren Studiengang unberücksichtigt bleiben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 6. April 2004 - 2 K 1345/04 Ge - aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2004 aufzuheben, soweit Gebühren für das Wintersemester 2004/2005 erhoben werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Bescheid über die Erhebung von Langzeitstudiengebühren für rechtmäßig und auch die Bestimmung des § 107a ThürHG für verfassungsgemäß. Ihrer Auffassung nach sind die hier zu entscheidenden Rechtsfragen durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - geklärt. Die Rechtslage in Baden-Württemberg und Thüringen sei vergleichbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens (2 Bände) und den Verwaltungsvorgang der Beklagten (eine Heftung) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat ist zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren befugt, nachdem die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 17. Juni 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2004, mit dem gegenüber dem Kläger für das Wintersemester 2004/2005 eine Langzeitstudiengebühr in Höhe von 500,00 € festgesetzt wird, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheides ist § 107a Abs. 1 ThürHG (in Verbindung mit § 4 Abs. 1 der Allgemeinen Gebührenordnung der Fachhochschule Jena). § 107a ThürHG wurde durch Art. 1 des "Gesetzes zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes und des Gesetzes über die Aufhebung der Pädagogischen Hochschule Erfurt" vom 10. April 2003 - Gesetz vom 10. April 2003 -(GVBl. S. 213) in das Thüringer Hochschulgesetz eingefügt und galt bis zum 31. Dezember 2006 (vgl. die aktuelle inhaltsgleiche Regelung § 5 Abs. 6 Thüringer Hochschulgebühren- und -entgeltgesetz vom 21. Dezember 2006 - ThürHGEG -, GVBl. S. 601). Nach § 107a Abs. 1 Nr. 1 ThürHG erheben Hochschulen Gebühren in Höhe von 500,00 € für jedes weitere Semester von Studierenden, die die Regelstudienzeit eines Studienganges, der zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt, um mehr als vier Semester überschritten haben. § 107a Abs. 2 bis 5 ThürHG enthalten Regelungen zur Berechnung des nach § 107a Abs. 1 Nr. 1a ThürHG maßgeblichen Zeitraums, zum Hinausschieben und zum Entfallen der Gebührenpflicht. Des Weiteren besteht nach § 107a Abs. 6 ThürHG die Möglichkeit, die Gebühr wegen unbilliger Härte zu erlassen. In § 135b Abs. 6 ThürHG, der ebenfalls durch das o. g. Gesetz in das Thüringer Hochschulgesetz eingefügt wurde, ist bestimmt, dass Langzeitstudiengebühren erstmalig zum Wintersemester 2004/2005 erhoben werden.

Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2004 ist formell und materiell rechtmäßig. Die materiellen Voraussetzungen zur Erhebung der Langzeitstudiengebühr für das Wintersemester 2004/2005 lagen vor ( 1. ). § 107a ThürHG ist verfassungsgemäß und damit wirksam ( 2. ).

( 1. ) Der Kläger erfüllte zum Wintersemester 2004/2005 die Voraussetzungen zur Erhebung der Langzeitstudiengebühr. Er hatte zu diesem Zeitpunkt die Regelstudienzeit von acht Semestern um mehr als vier Semester überschritten. Er befand sich im Wintersemester 2004/2005 im 14. Studiensemester, wovon nach § 107 Abs. 3 Satz 5 ThürHG das Sommersemester 2000 als Urlaubssemester abzuziehen war. Nach Maßgabe des § 107a Abs. 3 Satz 2 ThürHG, wonach alle Studienzeiten an Hochschulen angerechnet werden, waren auch die fünf Semester, die der Kläger zunächst im Fach Betriebswirtschaft studiert hat, voll in die Berechnung des nach § 107a Abs. 1 Nr. 1 ThürHG maßgeblichen Zeitraums einzubeziehen. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 ThürHG bleibt ein einmaliger Studienfachwechsel nur bis zum Abschluss des zweitens Semesters unberücksichtigt. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger, der das Studienfach nach fünf Semestern wechselte, eindeutig nicht.

( 2. ) § 107a ThürHG ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Thüringer Landesgesetzgeber war befugt, Regelungen über eine Langzeitstudiengebühr zu treffen ( a. ). Diese Bestimmung verstößt nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG ( b. ). Die Studiengebühr steht mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben im Einklang, die für die Erhebung von Abgaben entwickelt worden sind ( c. ). Die Erhebung einer einheitlichen Studiengebühr ist auch mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ( d. ). Des Weiteren verstößt die Einführung der Langzeitstudiengebühr in Thüringen ab dem Wintersemester 2004/2005, soweit sie Studierende betrifft, die ihr Studium bereits vor diesem Zeitpunkt aufgenommen haben, nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rückwirkungsverbot ( e. ).

( a. ) Die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers für gebührenrechtliche Regelungen im Bereich der Hochschulen folgte im Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes vom 10. April 2003 aus Art. 70 Abs. 1 GG. Der Bund war und ist nicht zum Erlass von Regelungen über Studiengebühren bzw. die Gebührenfreiheit des Studiums befugt. Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a GG i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung durfte der Bund allgemeine Grundsätze des Hochschulwesens durch Rahmengesetz regeln, wenn dies zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich war. Diese Voraussetzung ist bezogen auf die Erhebung von Studiengebühren nicht erfüllt (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Januar 2005 - 2 BvF 1/03 - BVerfGE 112, 226-254, in dem § 27 Abs. 4 Hochschulrahmengesetz - HRG -, der eine Rahmenregelung zur Gebührenfreiheit enthielt, für verfassungswidrig erklärt wurde).

( b. ) § 107a ThürHG steht mit Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang. Nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.

Diese Gewährleistung umfasst nicht den Anspruch auf ein kostenloses Studium, der durch die Regelung des § 107a ThürHG verkürzt sein könnte. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verfassungsgeber die herkömmliche und erst im Jahre 1970 durch die Ministerpräsidenten der Länder beschlossene Abschaffung von Studiengebühren unterbinden und Studierenden einen entsprechenden Leistungsanspruch einräumen wollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32-50).

Die Pflicht, nach Ablauf der Regelstudienzeit zuzüglich vier weiterer Hochschulsemester die Studiengebühr nach § 107a ThürHG zu entrichten, berührt auch nicht das aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip herzuleitende Recht des Einzelnen auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71 - BVerfGE 33, 303/331 ff.). Dieses (Teilhabe-)Recht steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft verlangen kann; dies hat in erster Linie der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu beurteilen, der bei seiner Haushaltswirtschaft auch andere Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen hat. Dementsprechend erstreckt sich der verfassungsrechtliche Zulassungsanspruch nicht auf die Kostenfreiheit des gewählten Studiums (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1996 - 6 C 1.94 - BVerwGE 102, 142, 146 f.). Der Gesetzgeber ist durch den genannten Zulassungsanspruch nicht an der Entscheidung gehindert, unter Rückgriff auf den Grundsatz, dass die Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen durch einen eingeschränkten Nutzerkreis in der Regel eine Gebührenpflicht auslöst, bestimmte öffentliche Leistungen der Berufsausbildung künftig nicht mehr auf Dauer kostenlos anzubieten (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32-50).

Auch wird durch die Erhebung von Langzeitstudiengebühren die aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip abzuleitende staatliche Pflicht, allen Befähigten - unabhängig von der finanziellen Situation der Eltern - ein Studium durch Bereitstellung eines für jedermann tragbaren oder aber eines um ein finanzielles Ausbildungsförderungssystem ergänztes Ausbildungsangebot zu ermöglichen, nicht verletzt. Eine unüberwindliche soziale Barriere, die eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern bewirken würde, ist durch die Einführung der Langzeitstudiengebühren nicht zu befürchten, weil der Thüringer Landesgesetzgeber nach § 107a Abs. 1 Nr. 1 ThürHG ein Studium für die Dauer der Regelstudienzeit zuzüglich vier weiterer Semester von Gebühren freigestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32-50 für die insoweit vergleichbare Regelung in Baden-Württemberg).

Die Langzeitstudiengebühr greift in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Ausbildungsfreiheit ein, weil durch ihre Erhebung das Verhalten der Studierenden in der Weise gelenkt werden soll, dass diese stringent und ergebnisorientiert studieren (vgl. LT-Drs. 3/2847, S. 2). Die beabsichtigte Steuerung des Ausbildungsverhaltens der Studierenden ist wie eine Berufsausübungsregelung zu beurteilen, weil mit der Einführung von Langzeitstudiengebühren nicht der Zugang zum Studium geregelt wird, sondern die Studienbedingungen in bestimmter Weise ausgestaltet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1996 - 6 C 1.94 - BVerwGE 102, 142/147). Insoweit sind die Thüringer Regelungen über die Einführung der Langzeitstudiengebühr gemessen an den Anforderungen des Regelungsvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolgt mit der Absicht, auf ein zügiges und zielgerichtetes Studium hinzuwirken, ein legitimes Gemeinwohlanliegen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 31. März 2006 - 1 BvR 1750/01 - zu der Regelung in Baden-Württemberg).

Die Regelung des § 107a ThürHG über die Erhebung von Langzeitstudiengebühren ist gemessen an dem verfolgten öffentlichen Interesse verhältnismäßig. Die Erhebung einer Langzeitstudiengebühr ist zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet. Der Thüringer Landesgesetzgeber durfte aufgrund der Erfahrungen in anderen Bundesländern (vgl. LT-Drs. 3/2847, S. 2) davon ausgehen, dass die Langzeitstudiengebühr als Kostenfaktor für die Studierenden einen Anreiz darstellt, ihr Studium schneller zu beenden. Die Regelung über die Erhebung von Langzeitstudiengebühren ist auch erforderlich, weil ein milderes gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks, die Studierenden zu einem zügigen und zielgerichteten Studium zu veranlassen, nicht ersichtlich ist. Insbesondere war der Thüringer Gesetzgeber nicht gehalten, anstatt der Einführung von Langzeitstudiengebühren zur Unterbindung überlanger Studienzeiten hochschulrechtliche Ordnungsmittel wie die Zwangsexmatrikulation bei Nichterbringung geforderter Leistungsnachweise vorzusehen oder bei mehrfachem Studienfachwechseln Immatrikulationserschwernisse einzuführen. Derartige Zwangsmittel beeinträchtigen die Ausbildungsfreiheit grundsätzlich stärker als verhaltenslenkende Maßnahmen wie die Auferlegung einer Gebührenpflicht und stellen deshalb kein milderes Mittel dar. Die angegriffene Gebührenregelung ermöglicht zudem Studierenden auch nach Ablauf des nach § 107a Abs. 1 Nr. 1 ThürHG maßgeblichen Zeitraums - der Summe von Regelstudienzeit und vier Semestern - Hochschulleistungen in Anspruch zu nehmen, wenn dies erwünscht oder zum Abschluss des Studiums erforderlich sein sollte. Die gesetzliche Regelung über die Erhebung von Langzeitstudiengebühren setzt die Studierenden auch keinen unzumutbaren Belastungen aus. Da die Gebührenpflicht erst vier Semester nach Ablauf der Regelstudienzeit entsteht und bei Berechnung der nach § 107a Abs. 1 Nr. 1 ThürHG maßgeblichen Semesterzahl eine Orientierungsphase von zwei Semestern und besondere Lebensumstände sowie Belastungen der Studierenden zu ihren Gunsten berücksichtigt werden (vgl. auch LT-Drs. 3/2847), besteht grundsätzlich ausreichend Zeit für ein gebührenfreies Erststudium.

( c. ) Die Studiengebühr steht auch mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben im Einklang, die für die Erhebung von Abgaben entwickelt worden sind. Insbesondere wird das Äquivalenzprinzip nicht verletzt, das als gebührenrechtliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beinhaltet, dass eine Gebühr nicht in einem groben Missverhältnis zu der von der Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juli 1988 - 7 C 5/87 - BVerwGE 80, 36/39 m. w. N.). Für ein solches Missverhältnis zwischen der Höhe der Gebühr von 500,00 € und der mit ihr abgegoltenen Leistung besteht kein Anhaltspunkt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32-50 zu der in Baden-Württemberg im Wintersemester 1998/99 erhobenen Studiengebühr von 1.000,00 DM m. w. N.). Mit der Studiengebühr sollen die Studierenden in begrenztem Umfang zu dem im Wesentlichen aus Steuermitteln finanzierten Studium beitragen (vgl. § 107a Abs. 9 ThürHG). Gemessen an den für ein Studium (pro Semester) erbrachten staatlichen Aufwendungen liegt die Gebühr in Höhe von 500,00 € offensichtlich innerhalb der durch das Äquivalenzprinzip gesetzten Grenzen, weil nur ein kleiner Bruchteil der tatsächlichen Kosten abgedeckt wird.

( d. ) Die Erhebung einer einheitlichen Gebühr von 500,00 € ist auch mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der Thüringer Landesgesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Studiengebühr nach den unterschiedlichen Kosten der Studiengänge zu differenzieren. Aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich kein striktes Gebot der gebührenrechtlichen Leistungsproportionalität. Vielmehr ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, eine Pauschalierung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung vorzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32-50). Die Festsetzung differenzierter Gebührensätze hätte einen erheblichen zeitlichen und administrativen Ermittlungsaufwand erfordert, der in keinem vernünftigen Verhältnis zum Gebührenaufkommen gestanden hätte. Ergänzend kommt hinzu, dass die Gebühr von 500,00 € weit unter den ausbildungsbedingten Kosten der Hochschule liegt, also den durch die Studierenden in Anspruch genommenen Vorteil nur anteilig abschöpft.

( e. ) Die Einführung der Langzeitstudiengebühr in Thüringen ab dem Wintersemester 2004/2005 entfaltet, soweit sie Studierende betrifft, die ihr Studium bereits vor diesem Zeitpunkt aufgenommen haben, keine nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG ) unzulässige Rückwirkung.

Der am 25. April 2003 in Kraft getretene § 107a ThürHG (vgl. Art. 4 des Gesetzes vom 10. April 2003), entfaltet keine echte Rückwirkung, weil nicht nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen wird. Nach § 135b Art. 1 des Gesetzes vom 10. April 2003 durften Studiengebühren auf der Grundlage des § 107a ThürHG erstmalig für das am 1. Oktober 2004 beginnende Wintersemester 2004/2005, also mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten des § 107a ThürHG, erhoben werden. Für die Vergangenheit dürfen keine Gebühren erhoben werden.

§ 107a ThürHG bewirkt auch keine unzulässige unechte Rückwirkung bzw. unzulässige tatbestandliche Rückanknüpfung. Von einer unechten Rückwirkung ist dann auszugehen, wenn ein Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit zugleich eine betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. März 2006 - 1 BvR 1750/01 - juris Rn. 37 m. w. N.). Bei der tatbestandlichen Rückanknüpfung knüpft die Norm für künftige Rechtsfolgen in ihrem Tatbestand an Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82-BVerfGE 76, 256-362). Eine derartige unechte Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Anderes kann aber aus den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit folgen. Das ist namentlich der Fall, wenn bei der gebotenen Abwägung zwischen dem enttäuschten Verhalten des Betroffenen und der Bedeutung der Neuregelung für das Wohl der Allgemeinheit den Interessen des Betroffenen ein höheres Gewicht einzuräumen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32-50). Um den berechtigten Vertrauensschutzinteressen der Betroffenen angemessen Rechnung zu tragen, muss der Gesetzgeber gegebenenfalls geeignete Übergangsregelungen vorsehen, wobei ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. März 2006 - 1 BvR 1750/01 - juris Rn. 39 m. w. N.).

Diesem Maßstab wird die Übergangsbestimmung des § 135b Abs. 6 ThürHG auch unter Berücksichtigung des § 107 Abs. 1 ThürHG gerecht.

( aa. ) Die in § 107 Abs. 1 ThürHG geregelte Gebührenfreiheit des Studiums begründete bei Inkrafttreten des § 107a ThürHG im Vergleich zu anderen Bundesländern, in denen eine solche Gebührenfreiheit nicht ausdrücklich geregelt ist, keinen gesteigerten Vertrauensschutz, der über das hinausgeht, was aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ohnehin bei Einführung einer rückanknüpfenden, belastenden Regelung zu berücksichtigen ist. Das ergibt sich aus Folgendem:

Nach § 107 Abs. 1 ThürHG, der seinem Wortlaut nach auch bei Einführung der Langzeitstudiengebühren mit Gesetz vom 10. April 2003 unverändert blieb, werden keine Gebühren für ein Studium erhoben. Schon vor Inkrafttreten des § 107a ThürHG galt die Bestimmung des § 107 Abs. 1 ThürHG nicht uneingeschränkt, sondern in § 107 Abs. 2 ThürHG war die Erhebung von Gebühren für Gasthörer, für Studierende des weiterbildenden Studiums und für bestimmte Prüfungen vorgesehen. Durch das Gesetz vom 10. April 2003 wurden für die Zukunft die schon vorhandenen Gebührentatbestände um die Fallgruppe der Langzeitstudierenden durch Einfügung des § 107a ThürHG und entsprechende Ergänzung des den § 107 Abs. 1 ThürHG einschränkenden § 107 Abs. 2 ThürHG erweitert. Die Rechtsposition der Studierenden in Thüringen, in die durch die Einführung der Langzeitstudiengebühr eingegriffen wurde, unterschied sich qualitativ jedoch nicht von derjenigen der Studierenden in anderen Bundesländern, in denen eine dem § 107 Abs. 1 ThürHG vergleichbare Vorschrift nicht existiert. § 107 Abs. 1 ThürHG enthält keine Regelung, die auf die Begründung von Rechten der Studierenden gerichtet ist. Vielmehr beschreibt diese Bestimmung bezogen auf die Kostenpflichtigkeit des Studiums nur die verfassungsrechtlich gebotene Folge, die eintritt, wenn keiner der gesetzlich geregelten Gebührentatbestände erfüllt ist. Das Verwaltungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass auch in den Ländern, in denen es keine dem § 107 Abs. 1 ThürHG vergleichbare Regelung gibt, die Erhebung von (Langzeit-)Studiengebühren nicht zulässig ist, so lange keine entsprechende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage existiert. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Erhebung von Gebühren als finanziell belastende Maßnahme immer einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Insoweit unterschied sich die Rechtslage in Thüringen, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, nur formal, nicht jedoch materiell von anderen Bundesländern, in denen es eine dem § 107 Abs. 1 ThürHG vergleichbare Bestimmung nicht gibt bzw. gab. Es ist nicht ersichtlich, dass der Thüringer Gesetzgeber den Studierenden in Thüringen bei Erlass des Thüringer Hochschulgesetzes im Jahre 1992 über die seinerzeitige politische Grundentscheidung hinaus, Gebühren nicht zu erheben, eine weitergehende Rechtsposition einräumen wollte, die einer entsprechenden späteren Gesetzesänderung hätte entgegen gehalten werden können. Dafür findet sich auch in den Gesetzesmaterialien zum Thüringer Hochschulgesetz vor Einführung der Langzeitstudiengebühren kein Anhaltspunkt (vgl. Landtagsdrucksachen 1/117, 1/854, 1/1011, 1/2183 und 2/908 zu den Fassungen und Änderungsgesetzen des Thüringer Hochschulgesetzes vor 2003). Gleiches gilt für den Vortrag des Klägers, man habe einen Anreiz zur Aufnahme des Studiums schaffen wollen. Da Langzeitgebühren erstmalig in Baden-Württemberg 1997 eingeführt wurden, war das Studium im Zeitpunkt des Erlasses des Thüringer Hochschulgesetzes vom 7. Juli 1992 (GVBl. S. 315), in dem § 107 Abs. 1 ThürHG schon enthalten war, in allen Bundesländern gebührenfrei. Die ausdrückliche Aufnahme der Gebührenfreiheit begründete für die Studierenden seinerzeit keinen besonderen Standortvorteil, der sie hätte veranlassen können, gerade in Thüringen ein Studium aufzunehmen.

( bb. ) Der Thüringer Gesetzgeber hat den berechtigten Interessen der Studierenden, die bei Inkrafttreten der Bestimmung des § 107a ThürHG ihr Studium schon aufgenommen und auf die Gebührenfreiheit des Studiums vertraut haben, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen. Hier ist zunächst festzuhalten, dass es ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers ist, gerade den Kreis der schon (Langzeit-)Studierenden durch die absehbare Gebührenpflichtigkeit dazu zu bewegen, ihr Studium zügig zu beenden. Die Entscheidung, ein kostenfreies Hochschulstudium nur noch in zeitlich begrenztem Umfang anzubieten, hätte erheblich an Überzeugungskraft eingebüßt, wenn die Regelung über die Erhebung der Langzeitstudiengebühr nicht auch auf die schon Studierenden erstreckt worden wäre. Die Übergangsregelung des § 135b Abs. 6 ThürHG gewährte den bereits Immatrikulierten ausreichend Zeit, sich auf die veränderte Rechtslage einzustellen. Soweit sie bei Inkrafttreten des Gesetzes den nach § 107a Abs. 1 Nr. 1 ThürHG maßgeblichen Zeitraum bereits überschritten haben sollten, sollte ihr Studium bereits so weit fortgeschritten sein, dass sie dieses innerhalb der Übergangsfrist von mehr als einem Jahr gebührenfrei zum Abschluss hätten bringen können. Soweit dieses in außergewöhnlichen Fällen nicht möglich sein sollte, kommt ein Gebührenerlass nach der allgemeinen Härtefallregelung des § 107 Abs. 6 ThürHG in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2001 - 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32-50 zu der insoweit vergleichbaren Regelung in Baden-Württemberg). Dementsprechend ist es verfassungsrechtlich geboten, den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "unzumutbaren Härte" (§ 107a Abs. 6 Satz 2 ThürHG) zu berücksichtigen. Ob ein solcher außergewöhnlicher Fall bezogen auf den Kläger zutrifft, ist nicht zu entscheiden (siehe hierzu das Urteil im Verfahren 1 KO 1019/06, in dem der Kläger einen Anspruch auf Erlass der Gebühren wegen unbilliger Härte geltend macht).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 500,00 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 i. V. m. §§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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