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Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 10.03.2009
Aktenzeichen: 1 KO 207/08
Rechtsgebiete: GG, ThürVerf, ThürSchulG, ThürSchFG, ThürSchulO
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 | |
ThürVerf Art. 20 S. 2 | |
ThürVerf Art. 20 S. 3 | |
ThürVerf Art. 21 | |
ThürSchulG § 4 Abs. 1 | |
ThürSchulG § 4 Abs. 9 | |
ThürSchulG § 8 | |
ThürSchFG § 4 Abs. 1 S. 2 | |
ThürSchFG § 4 Abs. 2 Nr. 1 | |
ThürSchFG § 4 Abs. 3 S. 1 2. Alt. | |
ThürSchFG § 4 Abs. 3 S. 2 | |
ThürSchFG § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 | |
ThürSchFG § 4 Abs. 5 S. 1 | |
ThürSchFG § 4 Abs. 5 S. 2 | |
ThürSchFG § 4 Abs. 6 | |
ThürSchulO § 51 Abs. 3 | |
ThürSchulO § 53 | |
ThürSchulO § 83 Abs. 1 | |
ThürSchulO § 125 Abs. 3 | |
ThürSchulO § 149 Abs. 5 | |
ThürSchulO § 149 Abs. 6 | |
ThürSchulO § 150 Abs. 1 S. 2 |
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - Im Namen des Volkes Urteil
1 KO 207/08 In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Schülerbeförderung, hier: Berufung
hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan und die Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider und Dr. Hinkel aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2009 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 06.12.2007 - 2 K 535/06 We - abgeändert und die Klage der Klägerin abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1. Die Klägerin ist Erziehungsberechtigte ihrer minderjährigen Tochter . Sie wohnt mit ihr in Erfurt-Kerspleben. Die Tochter besucht seit dem Schuljahr 2005/2006 ab der 5. Klasse die Integrierte Gesamtschule - im Folgenden: IGS - in der W in Erfurt, die ca. 7 km von der klägerischen Wohnung entfernt liegt. Jedes im Umfeld des Wohnortes der Tochter der Klägerin belegene staatliche Gymnasium ist weiter als drei Kilometer entfernt.
Am 16.06.2005 beantragte die Klägerin die Übernahme der Schülerbeförderungskosten für ihre Tochter ab dem 25.08.2005.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.08.2005 mit der Begründung ab, dass die Beförderung zur IGS nicht notwendig sei. Eine integrativ geführte Gesamtschule umfasse die Klassenstufen 5 bis 10 und ermögliche als Abschlüsse den Haupt- und den Realschulabschluss. Die nächstgelegene aufnahmefähige, staatliche Schule, an der diese Abschlüsse erworben werden könnten, sei die Regelschule 29 in Kerspleben. Die Entfernung zu dieser Schule betrage weniger als 3 km.
Hiergegen erhob die Klägerin am 05.08.2005 Widerspruch und trug vor, dass ihre Tochter aufgrund der bisher gezeigten guten Leistungen das Abitur anstrebe. Wäre sie nicht an der IGS aufgenommen worden, an der das Abitur erworben werden könne, hätte sie sie an einem anderen Gymnasium in Erfurt angemeldet.
Mit Bescheid vom 14.03.2006 wies das Thüringer Landesverwaltungsamt den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, ein Anspruch auf Erstattung der Beförderungskosten bestehe nur, wenn die Länge des Schulwegs mindestens 3 km betrage. Abzustellen sei insoweit auf die kürzeste Wegstrecke zwischen der Wohnung des Schülers und der nächstgelegenen aufnahmefähigen Schule, die dem Schüler den von ihm angestrebten Abschluss ermögliche. Bei der Tochter der Klägerin, die die 5. Klasse einer integrativ geführten Gesamtschule besuche, sei bis zur Klassenstufe 10 davon auszugehen, dass der von ihr angestrebte Schulabschluss (vorerst) der Haupt- bzw. Realschulabschluss sei. Die gymnasiale Oberstufe werde erst ab der 11. Klasse angeboten; erst ab diesem Zeitpunkt bestehe die Beförderungs- und Erstattungspflicht zum nächstgelegenen staatlichen Gymnasium. Die nächstgelegene aufnahmefähige Schule, die ihr den Haupt- bzw. Realschulabschluss ermögliche, sei die Regelschule 29, die weniger als 3 km von der klägerischen Wohnung entfernt sei.
2. Am 10.04.2006 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Weimar erhoben und vorgetragen, die Ablehnung der Kostenerstattung könne nicht damit begründet werden, dass der regelmäßige Abschluss der integrierten Gesamtschule der Realschulabschluss sei. Durch das Thüringer Schulgesetz werde die Möglichkeit eröffnet, eine integrierte Gesamtschule mit einer gymnasialen Oberstufe zu verbinden. Werde hiervon - wie bei der besuchten Schule - Gebrauch gemacht, ermögliche die Gesamtschule auch das Abitur als Schulabschluss. Sollten das Thüringer Schulgesetz und das Thüringer Schulfinanzierungsgesetz nicht in diesem Sinne auszulegen sein, wären die entsprechenden Regelungen verfassungswidrig, da sie gegen das Gebot der Normenklarheit verstießen. In der von der Beklagten herangezogenen Auslegung verstoße das Thüringer Schulfinanzierungsgesetz außerdem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Gebot des Vertrauensschutzes. Die Regelung würde zu einer gezielten und willkürlichen Benachteiligung der Schulart "Gesamtschule" und deren Schüler führen. Die Besonderheit und der Vorteil der IGS lägen gerade darin, dass die Schüler - ihrem jeweiligen Leistungsprofil entsprechend -während der Schuljahre ohne weiteres zwischen den Kursen 1, 2 und 3 wechseln könnten. Bisher seien die Fahrkosten für Gesamtschulen erstattet worden. Für den Anspruch auf Fahrtkostenerstattung sei im Ergebnis allein und entscheidend auf die Entfernung zwischen der Wohnung des Schülers und der von ihm besuchten IGS abzustellen. Insoweit sei ähnlich zu verfahren wie bei den Sportgymnasien und Spezialschulen. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich, wenn sie die Schüler der IGS erst ab der Klasse 11 beförderungskostenrechtlich wie Schüler des Gymnasiums behandle. Denn mit dem Erreichen der gymnasialen Oberstufe stehe für diese Schüler fest, dass sie diese auch in der Vergangenheit in den Klassenstufen 5 bis 10 angestrebt hätten, was wegen den bereits ab der 7. Klasse bestehenden drei verschiedenen Kursen möglich sei. Konsequenterweise müsste sie diese Schüler dann (rückwirkend) wie Gymnasiasten behandeln und ihnen nachträglich die Fahrtkosten für die Klassenstufen 5 bis 10 erstatten. Das Umgekehrte müsse gelten, wenn ein Gymnasiast auf dem Weg zum Abitur scheitere und dann auf die Regelschule wechsle. Ihre Tochter strebe im Übrigen bereits jetzt das Abitur an.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 01.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 14.03.2006 zu verpflichten, die Kosten für die Beförderung ihrer Tochter B zur Integrierten Gesamtschule Erfurt ab dem 25.08.2005 in Höhe jeweils einer Schülerjahresfahrkarte zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, dass an einer IGS, die mit einer gymnasialen Oberstufe verbunden sei, eine Einstufung der Schüler in unterschiedlich profilierte Klassen und Kurse erfolge, die auf den Erwerb des Hauptschulabschlusses (I), Realschulabschlusses (II) bzw. der allgemeinen Hochschulreife (III) vorbereiteten. Die Einstufung in die unterschiedlichen Klassen und Kurse I bis III erfolge für jedes Schulfach gesondert und sei lediglich auf ein Schulhalbjahr bezogen, so dass es möglich sei, dass der einzelne Schüler durch eine individuelle Schulfachbelegung nicht durchgängig mit einem gleichen Anforderungsprofil eingestuft werde. Nur etwa die Hälfte der Schüler der IGS erreiche das Abitur, so dass die Selbsteinschätzung der Schüler nicht maßgeblich sein könne. Aufgrund dessen könne bei einem Schüler einer IGS erst dann objektiv davon ausgegangen werde, dass der Schulabschluss der "allgemeinen Hochschulreife" angestrebt werde, wenn seine Einstufung in ihrer Gesamtheit nach außen erkennbar auf diesen bestimmten Schulabschluss hindeute. Erstmals ließe sich anhand des Schulhalbjahreszeugnisses der Klassenstufe 10 eindeutig erkennen, ob ein Schüler für den Schulabschluss "allgemeine Hochschulreife" in Betracht komme. Erst ab der Klassenstufe 11 werde nach außen klar erkennbar, dass dieser die allgemeine Hochschulreife anstrebe, so dass auch erst ab diesem Zeitpunkt zur Beurteilung der Frage der nächstgelegenen Schule die anderen Gymnasien heranzuziehen seien. Schüler der Klassenstufen 5 bis 10 erhielten eine Erstattung der Beförderungskosten in der Höhe, wie sie beim Besuch der nächstgelegenen Regelschule anfallen würden. Hierin liege auch keine Benachteiligung der Schüler an Gesamtschulen gegenüber Schülern der anderen Schularten.
Die Klage der Klägerin, mit der sie sich auch gegen den Widerruf von Bescheiden der Beklagten gewendet hat, die für zwei andere ihrer Töchter die Kostenübernahme für die Fahrt zur IGS in der Vergangenheit bewilligt hatte, sowie gegen darauf gestützte Rückforderungen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24.10.2007 vom vorliegenden Verfahren abgetrennt.
Mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2007 hat das Verwaltungsgericht Weimar der Klage stattgegeben (Az.: 2 K 535/06). Die zulässige Klage sei begründet, weil der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids rechtswidrig sei und die Klägerin in ihren Rechten verletze. Sie habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Beförderung ihrer Tochter zur IGS. Dem Anspruch stehe § 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG nicht entgegen. Danach bestehe die Beförderungs- oder Erstattungspflicht nur für die kürzeste Wegstrecke zwischen der Wohnung des Schülers und der nächstgelegenen, aufnahmefähigen staatlichen Schule, die dem Schüler den von ihm angestrebten - formal verstandenen - Schulabschluss ermögliche. Im Gegensatz zum früheren Recht komme es dabei nicht mehr auf den Begriff des Bildungsgangs an.
Ebenso wenig sei auf die nächstgelegene Schule der gewählten Schulart oder des verfolgten Bildungsweges abzustellen. Ausgehend von diesen Maßgaben sei nicht die weniger als 3 km entfernt liegende staatliche Regelschule in Erfurt-Kerspleben die nächstgelegene Schule, die den von der Tochter der Klägerin angestrebten Schulabschluss ermögliche, sondern es sei auf den (fiktiven) Schulweg zum nächstgelegenen Gymnasium im Stadtgebiet von Erfurt abzustellen, welches mehr als 3 km von der klägerischen Wohnung entfernt sei. Die Frage, welcher der von der Tochter der Klägerin angestrebte Schulabschluss sei, sei anhand objektiver Kriterien zu beantworten. Maßgeblich sei demnach, welchen Schulabschluss die Tochter der Klägerin an der von ihr besuchten Schule ohne Schulwechsel erreichen könne. An einer integrierten Gesamtschule könnten die Abschlüsse der Regelschule erworben werden. Integrierte Gesamtschulen könnten allerdings auch mit einer dreijährigen gymnasialen Oberstufe verbunden werden. Schüler der Klasse 10 der integrierten Gesamtschule könnten in die dreijährige gymnasiale Oberstufe übertreten, wenn sie entweder an einer Aufnahmeprüfung teilgenommen hätten, im Halbjahreszeugnis der 10. Klasse die entsprechenden Notenvoraussetzungen sowie am Schuljahresende den Realschulabschluss erreicht hätten oder aber anstelle der Notenvoraussetzungen eine Empfehlung für den Bildungsweg des Gymnasiums vorliege. Sei die integrierte Gesamtschule - wie im vorliegenden Fall die IGS in Erfurt - mit einer dreijährigen gymnasialen Oberstufe verbunden, könne dort mithin auch die allgemeine Hochschulreife erworben werden. Soweit demgegenüber in der Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Schulfinanzierungsgesetzes unter Hinweis auf § 4 Abs. 9 S. 2 ThürSchulG ausgeführt werde, dass die Abschlüsse der Gesamtschule - mit Ausnahme des Gymnasialzweigs der kooperativen Gesamtschule - der Hauptschul- und der Realschulabschluss seien, sei dies nach der beschriebenen Rechtslage unzutreffend. Mit dem Besuch einer integrierten Gesamtschule, die - wie hier - mit einer gymnasialen Oberstufe verbunden sei, könne auch die allgemeine Hochschulreife als Schulabschluss erworben werden. Dies habe zur Folge, dass die Schüler, die eine solche IGS besuchen, beförderungskostenrechtlich wie Schüler eines Gymnasiums zu behandeln seien. Soweit die Praxis hingegen Schüler der IGS bis zur 10. Klassenstufe den Regelschülern gleichstelle und sie erst ab Klasse 11 schülerbeförderungskostenrechtlich wie Gymnasiasten behandele, finde dies im Gesetz keine Stütze. Insbesondere lasse sich diese Differenzierung nicht damit rechtfertigen, dass nur ein Teil der Gesamtschüler tatsächlich die gymnasiale Oberstufe absolviere und die allgemeine Hochschulreife erwerbe. Denn es dürfte unstreitig sein, dass auch von den Schülern an Gymnasien ein bestimmter Prozentsatz nicht die gymnasiale Oberstufe erfolgreich absolviere, weil er entweder im Laufe der Schulzeit vom Gymnasium an eine Regelschule wechsle oder sich etwa dafür entscheide, das Gymnasium nach der 10. Klasse mit der Bescheinigung einer dem Realschulabschluss gleichwertigen Schulbildung zu verlassen. Gleichwohl würden ausnahmslos alle Gymnasialschüler ab Klassenstufe 5 beförderungskostenrechtlich so gestellt, als würden sie das Abitur anstreben.
3. Gegen das ihr am 26.02.2008 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar, das die Berufung zugelassen hat, hat die Beklagte am 26.03.2008 Berufung eingelegt und mit am Montag, dem 28.04.2008 beim Thüringer Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz zur Begründung vorgetragen, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, Schüler einer integrierten Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe müssten beförderungskostenrechtlich Schülern an einem Gymnasium gleichgestellt werden, sei mit dem Thüringer Landesrecht nicht vereinbar. Auch bei dieser Schulart sei der angestrebte Abschluss objektiv zu bestimmen. Die Schwierigkeit, die sich daraus ergebe, dass diese Schulart den Erwerb von drei verschiedenen Abschlüssen ermögliche, könne nicht - wie es das Verwaltungsgericht tue - damit gelöst werden, dass sofort auf den möglichen gymnasialen Abschluss abgestellt werde. Vielmehr könne der "höhere" Abschluss Abitur an der integrierten Gesamtschule von den Schülern erst dann erreicht werden, wenn der "niedrigere" Realschulabschluss bewältigt sei. Der Schüler trete mithin in die gymnasiale Oberstufe über. Die unterschiedliche Behandlung zwischen Gymnasiasten und Schülern von Regelschulen bzw. von integrierten Gesamtschulen, die das Abitur erreichen wollten, zeige sich daran, dass letztere erst nach 13 Schuljahren Abitur machen könnten. Es komme auch nicht zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Schülern, die das Gymnasium besuchen und es später verlassen, um einen Realschulabschluss zu machen. Denn solange sie am Gymnasium seien, strebten sie das Abitur an und dies werde durch die gewählte Schulart ermöglicht. Demgegenüber müssten Schüler der IGS immer erst den Realschulabschluss erreichen, bevor sie in die gymnasiale Oberstufe wechselten. Schließlich würden nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entgegen den Absichten des Gesetzgebers selbst die Schüler wie Gymnasiasten behandelt, die von Anfang an an der IGS nur einen Haupt- oder Realschulabschluss erstrebten. Die praktische Umsetzung der angegriffenen Entscheidung würde überdies dazu führen, dass Schüler, die ein gegenüber der IGS weiter entferntes Gymnasium besuchen wollten, beförderungskostenrechtlich auf die IGS zu verweisen wären, obwohl sie dort ein Schuljahr mehr zum Abitur benötigten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 6. Dezember 2007 - 2 K 535/06 We - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und bekräftigt ihre erstinstanzlich vorgetragene Auffassung. Außerdem erwidert sie, die Beklagte übersehe, dass in Thüringen auch Schüler des Gymnasiums den Realschulabschluss machen müssten. Ein eigenständiges Aufnahmeverfahren in die gymnasiale Oberstufe bestehe bei der IGS nicht; vielmehr würden die in der 10. Klasse erfolgreichen Schüler einfach in die 11. Klasse versetzt. Die Behauptung der Beklagten, viele Schüler der IGS strebten nur den Haupt- oder Realschulabschluss an, treffe nicht zu. Es müsse - wie bei den Spezialgymnasien - schließlich niemand auf die näher liegende IGS verwiesen werden, wenn sie gegenüber dem gewählten Gymnasium näher liege.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (ein Band) und die Verwaltungsakten der Beklagten (eine Heftung) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Verpflichtungsklage der Klägerin zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist nämlich unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 01.08.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 14.03.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten. Sie hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Beförderung ihrer Tochter zur integrierten Gesamtschule in Erfurt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Gesamtschüler bzw. ihre Eltern haben zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung von Schülerbeförderungskosten.
Maßgebend für das Begehren der Klägerin auf Erstattung der Schülerbeförderungskosten ab dem 25.08.2005 ist insoweit § 4 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 2. Alt., Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Thüringer Schulfinanzierungsgesetz - ThürSchFG - in der seit dem 01.08.2003 geltenden Fassung. Soweit der Klageantrag so zu verstehen ist, dass sie über das Schuljahr 2005/2006 hinaus "bis auf weiteres" die Erstattung der Schülerbeförderungskosten begehrt, ist ab dem 01.01.2008 das Thüringer Schulfinanzierungsgesetz in der Fassung des Thüringer Haushaltsbegleitgesetzes 2008/2009 vom 20.12.2007 (GVBl. 269) anzuwenden, das allerdings in Bezug auf die hier relevanten Bestimmungen keine grundsätzlichen Änderungen erfahren hat.
Der Träger der Schülerbeförderung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 ThürSchFG, hier die Beklagte als kreisfreie Stadt, hat nach den genannten Bestimmungen dem Schüler einer allgemein bildenden Schule oder seinen Eltern die Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten, sofern die Beförderung notwendig ist.
Dass die integrierte Gesamtschule als allgemein bildende Schule im beförderungskostenrechtlichen Sinne zu verstehen ist, ergibt sich bereits daraus, dass das Schulrecht Gesamtschulen als solche ansieht. So stellt § 4 Abs. 1 Satz 2 ThürSchulG die Schulart "Gesamtschule" neben die allgemein bildenden Schulen im gegliederten Schulsystem und gibt damit zu erkennen, dass diese Schulart selbst zu den allgemein bildenden Schulen im nicht gegliederten Schulsystem zählt. Im Übrigen zeigt § 4 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Nr. 2 ThürSchFG mit der Erwähnung der "Gesamtschule", dass sie im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürSchFG als allgemein bildende Schule im Beförderungskostenrecht zu behandeln ist; denn diese Schulart lässt sich den Schulformen des § 4 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ThürSchFG nicht zuordnen.
2. Die Beförderung der Tochter der Klägerin ist jedoch im Rechtssinne nicht notwendig.
Die Beförderung ist nach § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ThürSchFG für Schüler der Gesamtschule regelmäßig nur dann notwendig, wenn der Schulweg mindestens 3 Kilometer beträgt.
Zwar besucht die Tochter der Klägerin die integrierte Gesamtschule in Erfurt, die ca. sieben Kilometer und damit weiter als drei Kilometer von der klägerischen Wohnung entfernt ist. Auf diese Entfernung kann aber nicht abgestellt werden.
Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 5 ThürSchFG. Nach Satz 1 dieser Bestimmung besteht die Beförderungs- oder Erstattungspflicht nur für die kürzeste Wegstrecke zwischen der Wohnung des Schülers und der nächstgelegenen, aufnahmefähigen staatlichen Schule, die dem Schüler den von ihm angestrebten Schulabschluss ermöglicht.
Für die Auslegung des streitentscheidenden 2. Halbsatzes dieser Regelung "die dem Schüler den von ihm angestrebten Schulabschluss ermöglicht" gilt Folgendes:
§ 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG dient seinem Regelungszweck nach der Begrenzung des Anspruchsumfangs auf Erstattung der Beförderungskosten (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, Landtags-Drucksache 3/2693 v. 05.09.2002, S. 73). Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Schüler seinen Abschluss nicht an der nächstgelegenen staatlichen Schule anstrebt, sondern eine andere Schule besucht. So bestimmt diese Regelung zum einen die Wegstrecke im Rechtssinne, die nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ThürSchFG als notwendige erstattungsfähig ist. Zum anderen steht sie in direktem Zusammenhang mit § 4 Abs. 6 ThürSchFG. Danach gilt: Besucht ein Schüler eine andere Schule als die, bei deren Besuch er einen Anspruch auf Beförderung oder Erstattung der notwendigen Aufwendungen hätte, so werden ihm, wenn er die Beförderungsleistung des Trägers der Schülerbeförderung nicht in Anspruch nimmt, nur die Aufwendungen erstattet, die beim Besuch der nächstgelegenen Schule anfallen würden, höchstens jedoch die Aufwendungen für den tatsächlichen Schulweg. Hieraus ist ebenfalls zu schließen, dass die Kosten zur nächst gelegenen staatlichen Schule in jedem Falle den Erstattungsanspruch limitieren. Denn begrenzt der "fiktive" Weg zur nächstgelegenen Schule, für den ein Erstattungsanspruch besteht, die erstattungsfähigen Kosten für den Weg zu einer anderen Schule, so muss dies erst recht gelten, wenn für den Weg zur nächstgelegenen Schule - etwa wegen der fehlenden Notwendigkeit im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ThürSchFG - überhaupt kein Erstattungsanspruch besteht. § 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG kann folglich wegen der beabsichtigten Begrenzungsfunktion nicht - was nach seinem reinen Wortlaut naheliegen könnte - so verstanden werden, dass der subjektiv geäußerte Wille zum angestrebten Abschluss allein maßgeblich für die Bestimmung ist, welches die nächstgelegene staatliche Schule ist.
Damit verlangt § 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 ThürSchFG bezüglich des maßgeblichen angestrebten Schulabschlusses einen Vergleich zwischen der nächstgelegenen, aufnahmefähigen staatlichen Schule und der tatsächlich besuchten Schule. Die nächstgelegene staatliche Schule muss dabei mit der tatsächlich besuchten Schule abschlussbezogen gleich sein, also den derzeit tatsächlich an einer anderen Schule angestrebten Schulabschluss im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG ermöglichen. Damit wird der hier umstrittene Vergleich zwischen den von der IGS einerseits und der nächstgelegenen Regelschule bzw. dem nächstgelegenen Gymnasium anderseits ermöglichten Abschlüssen entscheidungsrelevant.
Die nächstgelegene, aufnahmefähige staatliche Schule, die der Tochter der Klägerin im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz ThürSchFG den von ihr angestrebten (im Folgenden c) Schulabschluss (im Folgenden a) ermöglicht (im Folgenden b), ist nicht das mehr als drei Kilometer entfernte Gymnasium, sondern die weniger als drei Kilometer entfernte Regelschule.
a) Der Begriff des "Schulabschlusses" in der maßgeblichen Bestimmung ist so zu verstehen, dass er jedenfalls die formalen Schulabschlüsse im engeren Sinne, also den Hauptschul- und Realschulabschluss sowie das Abitur erfasst. Ob von diesem Begriff auch die von den Schulformen im Sinne des § 8 ThürSchulG am Ende der Schulzeit vermittelten Qualifikationen, wie etwa eine berufliche (Teil-)Qualifikation erfasst werden, kann im vorliegenden Fall dahin stehen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 25.02.2009 - 1 ZO 403/08); denn diese "Abschlüsse" sind hier nicht Gegenstand der erforderlichen Vergleichsprüfung.
Dieses Verständnis des Begriffs "Schulabschluss" ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut und wird durch die Gesetzgebungsgeschichte bzw. dem dabei erkennbar gewordenen Willen des Gesetzgebers bestätigt:
§ 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG hat nämlich § 4 Abs. 4 ThürSchFG in der bis zum 01.08.2003 geltenden Fassung (GVBl. 1992, S. 366) abgelöst, wonach bei der Vergleichsprüfung auf diejenige Schule abzustellen war, die "den von dem Schüler verfolgten Bildungsgang" anbot. Der Thüringer Gesetzgeber hat mit dieser Neufassung ausdrücklich geklärt, dass im Schülerbeförderungskostenrecht allein an das - formale - Kriterium des Schulabschlusses anzuknüpfen ist (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, Landtags-Drucksache 3/2693 v. 05.09.2002, S. 73). Damit ist die früher streitige Frage gesetzgeberisch entschieden, ob der Begriff des Bildungsgangs nach früherem Recht als Beschreibung bestimmter Bildungsinhalte bezogen auf fachliche, pädagogische oder sonstige Schwerpunktbildungen oder in einem auf das Bildungsziel hin formalisierten, auf das Erreichen bestimmter Abschlüsse eines Bildungsweges bezogenen Sinne zu verstehen war (im letzteren Sinne bereits Senatsurteil vom 16.08.2001 - 1 KO 945/00). Der Gesetzgeber hat mithin das Verständnis der Rechtsprechung vom Begriff "Bildungsgang" im Sinne eines formalen Schulabschlusses gesetzlich klargestellt (vgl. auch Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, Landtags-Drucksache 3/2693 v. 05.09.2002, S. 5).
b) Ausgehend von dem beschriebenen Verständnis des Begriffs "Schulabschluss" ist zwar festzustellen, dass der Tochter der Klägerin an der integrierten Gesamtschule als tatsächlich besuchter Schule die gleichen Schulabschlüsse im objektiven Sinne "ermöglicht" werden wie an einem Gymnasium. Daneben ermöglicht die integrierte Gesamtschule aber auch die Abschlüsse der Regelschule.
Denn die Gesamtschule ist eine eigene Schulart (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 ThürSchulG), die mit der Klassenstufe 5 beginnt und kooperativ oder integrativ geführt werden kann (vgl. § 4 Abs. 9 Satz 1 ThürSchulG). In der integrierten Gesamtschule wird zwar - anders als bei der kooperativen Gesamtschule, bei der die Klassen in einem Regelschul- und einem Gymnasialteil geführt werden - in den ersten beiden Jahrgangsstufen im Hinblick auf einen möglichen Abschluss der Unterricht nicht getrennt durchgeführt. Der Unterricht in den fortscheitenden Jahrgangsstufen wird dann aber in gemeinsamen Kerngruppen sowie in nach Leistung, Begabung und Neigung differenzierten Kursgruppen oder in auf den Abschluss bezogenen Klassen erteilt. An der integrierten Gesamtschule können nach dem erfolgreichen Absolvieren dieser Klassen und Kurse gem. § 150 Abs. 1 ThürSchulO die Abschlüsse der Regelschule erworben werden. Sind integrierte Gesamtschulen gemäß § 4 Abs. 9 Satz 3 ThürSchulG mit einer dreijährigen gymnasialen Oberstufe verbunden, kann auch die allgemeine Hochschulreife, also das Abitur, erworben werden (§ 150 Abs. 1 Satz 2, § 83 Abs. 1 ThürSchulO). Aus der Perspektive der von der Tochter der Klägerin im Jahr ihres Erstattungsantrags besuchten 5. Klasse gilt dies aber auch für die Abschlüsse der Regelschule.
Nachdem die von ihr tatsächlich besuchte integrierte Gesamtschule in Erfurt mit einer dreijährigen Oberstufe verbunden ist, wird der von ihr derzeit erstrebte Abschluss "Abitur" dort zwar - wie das Verwaltungsgericht richtig festgestellt hat - rein objektiv und ohne weitere Bewertung des subjektiv angestrebten Schulabschlusses ermöglicht.
c) Der Umstand, dass die besuchte IGS den von der Tochter erstrebten Abschluss "Abitur" objektiv ermöglicht, führt aber nicht dazu, dass dieser dort in den ersten Jahrgangsstufen im Rechtssinne auch "angestrebt" wird (1). Vielmehr ist der Wille, diesen Abschluss anzustreben, zu bewerten, was hier dazu führt, dass Schüler der IGS bis zur 10. Klasse so zu behandeln sind, als strebten sie einen Regelschulabschluss an (2).
(1) Anders als das Verwaltungsgericht meint, steht aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung der Schulart der integrierten Gesamtschule beim Eintritt und Besuch bis zur 9. bzw. 10. Jahrgangstufe der angestrebte Abschluss eines Schülers nicht objektiv fest.
Während mit dem Eintritt in die Grundschule, in die Regelschule, in das Gymnasium, in die berufsbildende Schule oder in die kooperative Gesamtschule (mit dem Eintritt in den Regelschul- oder Gymnasialteil) bzw. beim Besuch der jeweiligen Klassenstufe dieser Schulen ex ante der subjektiv erstrebte und der objektiv ermöglichte Schulabschluss deckungsgleich sind und damit die nächstgelegene staatliche Vergleichschule nach § 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG objektiv feststeht, ist dies bei der Integrierten Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe bis zur 10. Klasse nicht der Fall. Denn dort findet in den Klassen 5 und 6 ein gemeinsamer Unterricht aller Schüler ohne weitere Differenzierung im Hinblick auf einen erstrebten Schulabschluss statt. Die Klassenstufen 7 und 8 weisen Leistungsdifferenzierungen nach den Anforderungsprofilen der Kurse I und II oder I, II und III auf. Kurs I entspricht dem Anforderungsprofil der Hauptschule, Kurs II dem der Realschule und Kurs III dem des Gymnasiums. Ab der Klassenstufe 9 sind Leistungsdifferenzierungen nach drei Anforderungsprofilen vorzunehmen. Ab der Klassenstufe 7 wird in den Fächern Mathematik und erste Fremdsprache, spätestens ab der Klassenstufe 9 im Fach Deutsch sowie im Fach Physik in der Klassenstufe 9 in Kurse differenziert. Ab der Klassenstufe 9 können auf den Abschluss bezogene Klassen geführt werden (§ 149 Abs. 1 ThürSchulO). Für die Einstufung in die unterschiedlich profilierten Kurse oder Klassen spricht die Klassenkonferenz für jeden Schüler eine Empfehlung aus (§ 149 Abs. 2 Satz 1 ThürSchulO). Zum Ende des Schuljahrs oder Schulhalbjahrs ist eine Umstufung möglich (§ 149 Abs. 3 Satz 1 ThürSchulO).
Aus dieser Struktur folgt - dem von der Klägerin hervorgehobenen Schulkonzept entsprechend -, dass die Einstufungen des Schülers nach Fach und Schulhalbjahr individuell erfolgt und eine objektive Feststellung ex ante, welchen Schulabschluss der Schüler in den ersten fünf Schuljahren, nämlich Hauptschul-, Realschulabschluss und Abitur, anstrebt, nicht möglich ist.
(2) Hiervon ausgehend bedarf deshalb der Begriff, wann im Rechtssinne ein Schulabschluss "angestrebt" wird, einer weiteren Auslegung, die zum einen den Wortlaut beachtet, zum anderen das beförderungskostenrechtliche System möglichst widerspruchsfrei zu erhalten sucht und schließlich die Anwendung des § 4 ThürSchFG in das allgemeine schulrechtliche System einfügt:
Der Wortlaut "angestrebter Schulabschluss" verweist sprachlich darauf, dass der Schulabschluss in der Zukunft gewollt wird und zwar auf der Grundlage der derzeit bestehenden Schulwahl und dem aktuellen Stand der Schullaufbahn. Ausgehend von diesem Wortverständnis sind folgende Abgrenzungen vorzunehmen:
Der Begriff "angestrebt" verweist zunächst auf einen zeitlichen Aspekt ("in der Zukunft").
Es kommt deshalb für die Bestimmung des zu vergleichenden Schulabschlusses auf den Willen und die Umstände an, die bei der Antragstellung bestehen. Aufgrund der regelmäßig vor oder zu Beginn eines Schuljahres gestellten Kostenübernahme- oder Beförderungsanträge steht entscheidungsmaßgeblich und zulässigerweise typisierend fest, in welcher Schule, in welcher Klasse und an welchem Wohnort sich der Schüler befindet. Nachträgliche Änderungen beziehen sich immer nur auf die Verhältnisse in der Zukunft, führen aber nicht dazu, dass der Anspruch für die Vergangenheit entfällt.
Daraus folgt, dass aufgrund der Betrachtung ex ante, die allein die widerspruchsfreie Handhabung des § 4 ThürSchFG ermöglicht, ein Regelschüler oder Gymnasiast oder ein Schüler eines bestimmten Teils einer kooperativen Gesamtschule einer bestimmten Klasse abschlussbezogen so zu behandeln ist, als wolle er in der Zukunft den dort am Ende der Ausbildung bei dem üblichen Durchlaufen der Schullaufbahn möglichen Schulabschluss erreichen. Ein Schüler der IGS kann demgegenüber erst ab der 11. Klasse hinsichtlich des angestrebten Abschlusses sicher als "Abiturient" eingestuft werden. Diese lebensnahe Betrachtungsweise schließt weiter sämtliche Überlegungen ex post aus, die darauf gerichtet sind, wie eine Schullaufbahn im Rückblick zu bewerten ist. Deshalb ist es beförderungskostenrechtlich ebenso unbeachtlich, dass ein Gymnasiast nach einer erfolgreichen besonderen Leistungsfeststellung in der 10. Klasse die Schule verlässt und im Rückblick als "Regelschulschüler" zu betrachten sein könnte, wie die Überlegung, dass ein Schüler der IGS in der 11. Klasse der gymnasialen Oberstufe im Rückblick sich als gymnasialer Schüler "erweist". Dass etwa 50 % der Schüler der IGS in die gymnasiale Oberstufe übertreten, zeigt insoweit allenfalls auf, dass der Übertritt nicht allgemein üblich ist.
Der Begriff "angestrebt" verweist weiter auf ein subjektives Element ("gewollt").
Denn ein "Anstreben" lässt sich nur aus der Sicht dessen bestimmen, der einen bestimmten Willen fasst. Ausgangspunkt der Bestimmung des zu vergleichenden Schulabschlusses muss daher auch der Wille des Schülers und seiner Eltern sein.
Hieraus folgt, dass ein Schüler, der nach eigener Aussage in den ersten Klassen der IGS mit gymnasialer Oberstufe den Hauptschul- oder den Realschulabschluss anstrebt, auch beförderungskostenrechtlich mit diesem Willen ernst genommen werden muss und nicht - wie es aus dem angegriffen Urteil des Verwaltungsgerichts folgt -einem Gymnasiasten pauschal gleichgestellt werden kann. Dieses Verständnis führt auch dazu, dass Schüler der IGS, die einen solchen Willen äußern, mit den Schülern von Schulklassen des Regelschulteils einer kooperativen Gesamtschule gleichbehandelt werden, bei denen sich der subjektive Wille mit dem objektiv möglichen Schulabschluss im Regelschulteil deckt. Ingesamt können diese Schüler im Bezug auf den erforderlichen abschlussbezogenen Vergleich zwischen nächstgelegener staatlicher Schule mit der tatsächlich besuchten Schule mit Regelschulschülern gleich gesetzt werden.
Der Begriff "angestrebt" verweist schließlich - zusammen mit dem Begriff "ermöglichen" - auf ein normatives Element ("derzeit bestehende Schulwahl und aktueller Stand der Schullaufbahn").
Der grundsätzlich zu beachtende subjektive Wille steht - wie festgestellt - nämlich in Beziehung zu den in der konkret besuchten Schule bzw. über die dort besuchten Klassen ermöglichten Schulabschlüsse. Der subjektive Wille vollzieht sich damit in einer gesetzlich geregelten Ordnung, also "im Rahmen der Gesetze". Hieraus folgt, dass der geäußerte Wille nach dieser Ordnung danach zu bewerten ist, ob seine Verwirklichung in einem rechtlichen Sinne angestrebt werden kann, d. h. ermöglicht wird. Deshalb ist maßgeblich, wie der Gesetzgeber diesen Willen unter Berücksichtigung der an der tatsächlich besuchten Schule und Klasse abschlussbezogen bewertet.
Diese Bewertung ergibt hier, dass der Thüringer Schulgesetzgeber den Abschluss der 10. Klasse der IGS bezogen auf den "angestrebten" Abschluss "Abitur" der Klassenstufe 10 der Regelschule gleichstellt mit der weiteren Folge, dass Schüler der IGS bis zur 10. Klasse abschlussbezogen mit Regelschülern zu vergleichen sind. Das ergibt sich aus Folgendem:
Der Gesetzgeber definiert in § 4 Abs. 9 Satz 1 und 2 ThürSchulG das Leitbild für die Gesamtschulen. Nach Satz 2 umfassen die Gesamtschulen danach die Klassenstufen 5 bis 10. Damit ist der gesetzgeberische Grundtyp der Gesamtschule eine Schule mit 10 Klassen. Dieser Grundtyp verweist für die Klassen 5 bis 10 abschlussbezogen für den erforderlichen Vergleich der angestrebten Abschlüsse bereits auf die Regelschule.
Nach Satz 3 können zwar über diesen Grundtyp hinaus Gesamtschulen mit einer dreijährigen gymnasialen Oberstufe verbunden sein und sich damit abschlussbezogen öffnen. Allerdings sind (auch) in diesem Falle abschlussbezogen die Bewertungen der Abschlüsse der IGS in der 9. und 10. Klasse nach § 149 Abs. 5 und 6 ThürSchulO zu beachten:
Nach § 149 Abs. 5 ThürSchulO gilt für die Aufnahme oder Versetzung in die Klassenstufe 10 der IGS § 53 entsprechend; Kurse oder Klassen, die auf den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife vorbereiten, werden dabei behandelt wie Kurse und Klassen, die auf den Erwerb des Realschulabschlusses vorbereiten. Diese Bestimmung stellt also nicht nur den Abschluss der Kurse und Klassen, die auf den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife vorbereiten, in diesem Stadium der Schullaufbahn an der IGS den auf den Erwerb des Realschulabschlusses vorbereitenden gleich, sondern verweist auf § 53 ThürSchulO und damit auf die Regelung über die Versetzung und Aufnahme in die Klassenstufe 10 der Regelschule.
Nach § 149 Abs. 6 Satz 1 ThürSchulO gilt für die mit einer integrierten Gesamtschule verbundene dreijährige gymnasiale Oberstufe in den Klassenstufen 11 bis 13 der Achte Teil Erster Abschnitt der Schulordnung. § 149 Abs. 6 Satz 2 ThürSchulO ordnet - und dies macht die abschlussbezogene Bewertung des Gesetzgebers bezüglich des Abschlusses der 10. Klasse der IGS deutlich - an, dass für die Aufnahme in die dreijährige gymnasiale Oberstufe § 125 Abs. 3 entsprechend gilt. Die zuletzt genannte Bestimmung regelt aber in der direkten Anwendung gerade, wie Schüler "der Klassenstufe 10 der Regelschule" in die dreijährige Oberstufe des Gymnasiums "übertreten" können, nämlich:
Schüler der Klasse 10 der integrierten Gesamtschule/Regelschule können nach § 125 Abs. 3 ThürSchulO in die dreijährige gymnasiale Oberstufe übertreten, wenn sie entweder an einer Aufnahmeprüfung teilgenommen haben (§ 125 Abs. 3 S. 1 ThürSchulO) oder im Halbjahreszeugnis der 10. Klasse die entsprechenden Notenvoraussetzungen sowie am Schuljahresende den Realschulabschluss erreicht haben (§ 125 Abs. 3 S. 2 ThürSchulO) oder aber anstelle der Notenvoraussetzungen eine Empfehlung für den Bildungsweg des Gymnasiums vorliegt (§ 125 Abs. 3 S. 3 ThürSchulO).
Hieraus folgt, dass der Schulgesetzgeber den Abschluss der 10. Klasse der IGS bezogen auf den "angestrebten" Abschluss "Abitur" der Klassenstufe 10 der Regelschule gleich stellt.
Dieser Bewertung steht auch nicht § 149 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz ThürSchulO entgegen, wonach bei der Aufnahme in die gymnasiale Oberstufe § 51 Abs. 3 Satz 1 ThürSchulO für den Kurs III entsprechend anzuwenden ist, also Noten in Kursen, die in der 10. Klasse dem Anforderungsprofil des Gymnasiums entsprachen, bei der Leistungsbewertung gemäß § 125 Abs. 3 ThürSchulO um eine Note höher angesetzt werden. Denn damit wird nur dem Umstand Rechnung getragen, dass der Schüler in einzelnen Kursen bereits gymnasial gefordert war und sich dies bei der fachbezogenen Benotung Berücksichtigung finden muss. Damit hat der Landesgesetzgeber aber nicht insgesamt sein Bewertungskonzept zum Abschluss der 10. Klasse der IGS aufgegeben. Gleiches gilt, wenn eine IGS von der Möglichkeit nach § 149 Abs. 1 Satz 4 ThürSchulO Gebrauch macht und abschlussbezogene Klassen führt.
Die gesetzliche Wertung lässt sich mithin so zusammenfassen, dass abschlussbezogen Schüler der IGS bis zur 10. Klasse mit Schülern von Regelschulen bis zur 10. Klasse gleich zu behandeln sind. Dies führt zwingend dazu, dass der in der IGS bis dahin "angestrebte" Schulabschluss so zu bewerten ist, dass er einer Regelschule vergleichbar ist.
Diese Bewertung ist auch sachgerecht, weil beide Abschlüsse nur die dreijährige Oberstufe eröffnen und beide Schullaufbahnen nicht unmittelbar darauf bezogen sind, das Abitur abzulegen. Sie ergibt sich im Übrigen bereits aus dem Schulkonzept der IGS, die die Integration in den ersten Jahren gerade deshalb will, um nicht - wie die Schularten des gegliederten Schulsystems - zu früh die Entwicklung der Schullaufbahn des Kindes im Hinblick auf die möglichen Schulabschlüsse festzulegen. Stattdessen soll Durchlässigkeit geschaffen werden. Wählen Eltern und Schüler typischerweise wegen des so gesetzlich fixierten Schulkonzepts die integrierte Gesamtschule, wäre es widersprüchlich, wenn man nun beförderungskostenrechtlich annehmen wollte, die Schüler "strebten" bereits in den ersten 5 Klassen der IGS nur das Abitur "an".
Dieses Gesetzesverständnis vermeidet weiter Wertungswidersprüche. So wird nicht allein von dem - etwa in einem Antragsbogen erfragten - subjektiv erklärten Schulabschluss ausgegangen, ohne weiter in den Blick zu nehmen, wie der Gesetzgeber diesen Willen bewertet und ob der Schüler durch seine Leistungen in den Klassenstufen und Kursen an der IGS diesen Schulabschluss überhaupt erreichen kann. Außerdem wird ausgeschlossen, dass ein Schüler nur deswegen den Schulabschluss Abitur an der IGS "anstrebt", weil ihm dies beförderungskostenrechtlich Vorteile bringt. Schließlich wird verhindert, dass Schüler, die auf ein Gymnasium gehen wollen, beförderungskostenrechtlich auf eine unter Umständen näherliegende IGS mit gymnasialer Oberstufe verwiesen werden, obwohl sie das Abitur in 12 Jahren in gymnasial strukturierten Klassen anstreben. Der gewählte Ansatz behandelt schließlich Schüler, die eine IGS mit dem erklärten Ziel besuchen, sie wollten nur einen Hauptschul- oder Realschulabschluss erstreben, auch nach ihrem Willen und belastet in diesen Fällen den Kostenträger trotz einer näherliegenden staatlichen Regelschule nicht mit Kosten zu einem entfernteren Gymnasium.
Ausgehend von diesen Maßgaben ist vorliegend gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG - entgegen der Auffassung der Klägerin und des Verwaltungsgerichts -die weniger als 3 Kilometer entfernt liegende staatliche Regelschule in Erfurt-Kerspleben die nächstgelegene Schule, die den von der Tochter der Klägerin angestrebten Schulabschluss ermöglicht. Damit findet die Praxis der Beklagten, die Schüler der IGS bis zur 10. Klassenstufe den Regelschülern gleichstellt und sie erst ab Klasse 11 (schülerbeförderungskostenrechtlich) wie Gymnasiasten behandelt, im Gesetz eine Stütze.
(3) Dieses Auslegungsergebnis ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich:
(a) Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 ThürVerf) sowie gegen das Recht auf freien und gleichen Zugang zu Bildung sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder zu bestimmen (Art. 20 und 21 ThürVerf) kann nicht festgestellt werden.
Es kann bereits nicht davon gesprochen werden, dass es durch die vom Senat getroffene Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG zu einer generellen Benachteiligung der Schüler der IGS gegenüber Schülern anderer Schularten kommt. Die konkrete beförderungskostenrechtliche Behandlung der Schüler einer IGS hängt nach den vom Senat näher bestimmten Regeln wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. So kann etwa die vom Senat für richtig befundene Auslegung bei der Anwendung des Gesetzes im Einzelfall auch dazu führen, dass ein Schüler der ersten Jahrgangsstufen der IGS, der in der Nähe eines Gymnasiums wohnt, die nächste Regelschule aber mehr als drei Kilometer entfernt ist, einen Erstattungsanspruch hat, während dies nach dem Verständnis des Verwaltungsgerichts nicht der Fall wäre.
Der Senat hat im Übrigen zu den genannten Grundrechten bereits in seinem Urteil vom 16.08.2001 - 1 KO 945/00 - festgestellt:
"Die sich daraus ergebende Ablehnung eines Anspruchs auf Erstattung der Beförderungskosten verletzt auch keine Rechte der Eltern (und Schüler). Das in § 3 Abs. 1 ThürSchulG einfachgesetzlich gewährleistete Recht der Eltern, für ihre Kinder zwischen den zur Verfügung stehenden Schularten, Schulformen und Bildungsgängen sowie deren jeweiligen Bildungsmöglichkeiten zu wählen (vgl. auch Art. 21 ThürVerf), wird nicht berührt, denn ein Anspruch auf Erstattung der sich aus der Ausübung dieser Wahlfreiheit im Einzelfall ergebenden Kosten lässt sich daraus nicht herleiten (vgl. zu dieser Unterscheidung zwischen Wahlfreiheit und der leistungsrechtlichen Subventionierung der getroffenen Entscheidung: Ladeur, RdJB 1995, 335, 336). Eine mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare willkürliche Schlechterstellung der Eltern, die sich im Hinblick auf das besondere Bildungsangebot (die besonderen Bildungsmöglichkeiten) einer weiter entfernt liegenden Schule für diese Schule entscheiden, kann in der Ablehnung eines Anspruchs auf Erstattung der Beförderungskosten gleichfalls nicht erblickt werden. Den Eltern ist in diesem Falle zuzumuten, die finanziellen Folgen ihrer Entscheidung gegen die nächstgelegene Schule selbst zu tragen (so etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.1.1997 - 9 S 1904/94 -, DVBl. 1997, 1184 unter Hinweis auf den Beschluss vom 8.3.1996 - 9 S 1955/93 -, DVBl. 1996, 999, 1000; vgl. a. Hess. StGH, NVwZ 1984, 788, 789). Die Übernahme der Schülerbeförderungskosten will nur die Chancengleichheit hinsichtlich des Zugangs zu den unterschiedlichen "Bildungsgängen" sicherstellen, nicht auch zu den unterschiedlichen "Bildungsmöglichkeiten"."
An dieser Auffassung ist auch nach der Rechtsänderung in § 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG festzuhalten und auf "Schulabschlüsse" zu übertragen. Art. 20 Satz 2 ThürVerf gewährleistet im Übrigen den gleichen Zugang zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen nur "nach Maßgabe der Gesetze". Dass die hier anzuwendenden Bestimmungen willkürlich differenzierten, ist nicht festzustellen. Insbesondere können gymnasiale Schüler und Schüler des gymnasialen Teils der kooperativen Gesamtschule bis zur Klasse 10 beförderungskostenrechtlich deshalb anders behandelt werden, weil der von ihnen angestrebte Schulabschluss aufgrund der zu dem IGS grundlegend anderen Schulkonzeption auch beförderungskostenrechtlich anders behandelt werden muss.
Auch die beförderungskostenrechtliche Behandlung von Spezialklassen und -schulen im Sinne der Absätze 7 und 8 des § 7 ThürSchulG sowie von überregionalen Förderschulen nach § 4 Abs. 5 Satz 2 ThürSchFG ist sachgerecht und nicht willkürlich, weil damit Sonderbegabungen und Benachteiligungen körperlicher Art im Wege staatlicher Leistungen gefördert bzw. gemildert werden und der Gesetzgeber nach den Regelungen der Thüringer Verfassung hierzu aufgerufen ist (vgl. Art. 20 Satz 3 ThürVerf).
(b) Auch die von der Klägerin gegen die Bestimmtheit des § 4 Abs. 5 Satz 1 ThürSchFG erhobenen Bedenken, bestehen nicht. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in mehreren Entscheidungen die Anforderungen insoweit klar gestellt. So hat der 2. Senat in seinem Urteil vom 27.05.2003 - 2 KO 503/02 - (NJW 2004, 791), dem sich der Senat anschließt, ausgeführt:
"Aufgrund der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit einer Norm ist ein Normgeber grundsätzlich gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Damit wird gewährleistet, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Die Notwendigkeit der Auslegung einer Bestimmung nimmt ihr aber noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einer Norm fordert. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn Auslegungsschwierigkeiten mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (vgl. BVerfGE 17, 67 [82]; BVerfGE 83, 130 [145]; ThürOVG, Beschluss vom 12. Juli 2002 - 4 ZEO 243/00 -). Dabei hat sich die Auslegung von wegen ihrer Bestimmtheit umstrittenen Satzungsnormen nach den anerkannten juristischen Auslegungsmethoden auch an den einschlägigen verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften zu orientieren. Das höherrangige Recht kann nicht nur Anhaltspunkte für die inhaltliche Bestimmung einer Satzungsnorm liefern. Es kann auch eine Auslegung in bestimmter Weise gebieten, wenn der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der Regelungen und der Sinn und Zweck der Norm mehrere Deutungen zulassen, von denen nur eine zu einem verfassungs- oder gesetzeskonformen Ergebnis führt (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 28. November 2002 - 4 N 563/02 -). Darüber hinaus verlangt das Gebot der bestandserhaltenden Auslegung und Anwendung von Normen, dass zunächst Auslegungsschwierigkeiten mit herkömmlichen juristischen Methoden zu bewältigen sind, bevor ihre Nichtigkeit festgestellt werden kann (vgl. BVerfGE 86, 288, [320])."
Übertragen auf den vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Auslegung der streitentscheidenden Norm mit den herkömmlichen juristischen Auslegungsmethoden, insbesondere die systemgerechte Einbettung des Auslegungsergebnisses in das Thüringer Schulrecht, zu einem klaren Auslegungsergebnis führt.
(c) Der Senat kann auch keinen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip des Vertrauensschutzes feststellen. Unabhängig davon, dass dieser Aspekt von der Klägerin gegen den Widerruf der Bewilligung der Schülerbeförderungskosten für die Vergangenheit vorgebracht wurde, ist davon auszugehen, dass auch nach früherem Recht auf der Grundlage der Entscheidung des Senats zum Begriff des "Bildungsgangs" die Rechtslage bezogen auf die IGS der heutigen entsprach. Ein Vertrauen der Klägerin in eine rechtswidrige - und vom Kultusministerium bereits im Jahr 1995 missbilligte (vgl. Schreiben des Kultusministeriums vom 01.08.1995) - Praxis besteht aber nicht.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO in entsprechender Anwendung.
Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen, liegen nicht vor (§ 132 VwGO).
Beschluss
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 369,60 EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2 i. V. m. §§ 47 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG).
Hinweis:
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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