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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.04.2007
Aktenzeichen: 1 KO 491/05
Rechtsgebiete: GG, WRV, EV, DDR-Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht, DDR-StHG, DDR-KommVerf, DDR-KVG, DDR-TreuhandG, DDR-VerfassungsgrundsatzeG, Gesetz zu dem Staatsvertrag, VZOG, BGB, EGBGB


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 135a Abs. 2
GG Art. 140
WRV Art. 138
EV Art. 21
EV Art. 22
DDR-Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht § 1 Abs. 1
DDR-StHG § 1 Abs. 1
DDR-KommVerf § 1 Abs. 3
DDR-KVG § 2
DDR-TreuhandG § 1
DDR-VerfassungsgrundsatzeG Art. 2
Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Thüringen und den Evangelischen Kirchen in Thüringen Art. 11 Abs. 2
Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Thüringen und den Evangelischen Kirchen in Thüringen Art. 13 Abs. 2
VZOG § 1a
VZOG § 11 Abs. 2
BGB § 419 i.d.F.v. 31.12.1998
BGB § 781
EGBGB Art. 223a
Die heutigen Städte und Gemeinden in Thüringen sind weder mit den früheren Räten der Gemeinden/Städte noch mit den bis zur Zentralisierung des Staatsapparates auf dem Gebiet der DDR existierenden Gemeinden/Städten identisch oder deren Rechtsnachfolger. Sie sind vielmehr 1990 originär neu errichtet worden. Sie können daher nicht aus vor ihrer Errichtung abgeschlossenen Kirchenbaulastverträgen in Anspruch genommen werden.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

1 KO 491/05 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Recht der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie der Ordensgesellschaften, hier: Berufung

hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hüsch und den an das Gericht abgeordneten Richter am Verwaltungsgericht Krome aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. April 2007 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 8. November 2004 - 1 K 915/98.Me - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu 1) 19/20 und die Klägerin zu 2) 1/20 zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägerinnen Ansprüche aufgrund von Kirchenbaulasten zustehen. Kirche und Pfarrhaus von H befinden sich auf dem Gebiet der heutigen Stadt Hildburghausen. Die Klägerin zu 1 ist als Kirchgemeinde Eigentümerin des Kirchengebäudes und die Klägerin zu 2 als Pfarrei Eigentümerin des Pfarrhauses. Die Klägerin zu 1 begehrt von der Beklagten, ihr, der Klägerin zu 1, 15.874,11 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. August 1998 zu erstatten, die sie für notwendige Instandsetzungsmaßnahmen am Kirchengebäude aufgewandt hat. Die Klägerin zu 2 verlangt die Zahlung von 754,62 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. August 1998 für ein Sachverständigengutachten wegen Hausschwammbefalls am Pfarrhaus.

Am 14. März/29. April 1928 schlossen die Kirchgemeinde H und die Gemeinde H eine Vereinbarung über Leistungen der Gemeinde an die Kirchgemeinde. Ziffer 4 dieser Vereinbarung verpflichtett die politische Gemeinde, die Kosten der Instandsetzung von Kirche und Pfarrei zu tragen. Ziff. 1e des Vertrages zwischen der Gemeinde H und der Pfarrei H vom 15. Februar 1929 verpflichtet die politische Gemeinde das Pfarreigebäude zu erhalten und die Kosten für die Feuerversicherung zu tragen. Im Übrigen wird wegen der baulichen Unterhaltung der Pfarreigebäude auf den Vertrag der Kirchgemeinde mit der politischen Gemeinde vom 14. März 1928, Pkt. 4, verwiesen. Danach hatte die politische Gemeinde die Kosten der Instandsetzung der Pfarrei zu tragen. Mit Schreiben vom 13. März 1992 meldete das Pfarramt H bei der Beklagten Leistungen für das Rechnungsjahr 1993 an. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Schreiben ihres Bürgermeisters vom 30. April 1992 eine Einstandspflicht ab. Der Vertrag vom 15. Februar 1929 sei nicht Bestandteil der Eingliederung geworden. Die Vertragsverhältnisse aus den Jahren 1928/29 seien 1969 nicht durch die Stadt Hildburghausen übernommen worden. In der Folgezeit gab es weiteren Schriftverkehr. Mit Schreiben vom 15. Februar 1994 kündigte die Beklagte die Verträge vom 14. März/29. April 1928 und vom 15. Februar 1929 mit der Begründung, die Geschäftsgrundlage sei weggefallen. Gemäß § 2 Vorläufige Kommunalordnung des Landes Thüringen könne sie freiwillige Aufgaben nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit übernehmen. Wegen der angespannten Haushaltssituation sei es ihr nicht zumutbar, an den vertraglichen Verpflichtungen festzuhalten. In der Folgezeit lehnte es die Beklagte erneut ab, Kosten für die Erstellung eines Gutachtens für notwendige Reparaturarbeiten am Pfarrhaus zu tragen.

Am 18. August 1998 haben die Klägerinnen Klage erhoben.

Die Klägerin zu 1 hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, an sie einen Betrag von 15.874,11 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. August 1998 zu zahlen.

Die Klägerin zu 2 hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, an sie einen Betrag von 754,62 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. August 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht Meiningen hat die Klagen durch Urteil vom 8. November 2004 abgewiesen.

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht unter anderem ausgeführt: Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB), da sie mit der Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen bzw. der Einholung eines Sachverständigengutachtens kein Geschäft für die Beklagte im Sinne des § 670 BGB besorgt hätten. Die Beklagte sei nicht aufgrund einer Kirchenbaulast verpflichtet gewesen, diese Maßnahmen durchzuführen. Als Rechtstitel scheide ein gewohnheitsrechtlich anerkanntes Herkommen aus. Nach Abschluss der beiden Verträge aus den Jahren 1928 bzw. 1929, die zum Zwecke der Rechtssicherheit schriftlich abgefasst worden seien, bleibe kein Raum mehr für einen Rückgriff auf "ungeschriebenes Herkommen". Das Zahlungsbegehren könne auch nicht aus einer örtlichen Observanz hergeleitet werden. Insoweit hätten die beiden Verträge in den Jahren 1928 und 1929 zum Erlöschen des alten Gewohnheitsrechts geführt. Ansprüche gegen die Beklagte ergäben sich ebenso wenig aus den beiden Verträgen aus den Jahren 1928/29. Zwar habe das Gericht keine Zweifel am wirksamen Zustandekommen der Verträge. Aus den Verträgen lasse sich jedoch keine Verpflichtung der heutigen Stadt Hildburghausen herleiten. Sie sei nicht Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Gemeinde H___-. Die erforderliche ununterbrochene Rechtsnachfolgekette sei nicht gegeben.

Sowohl die ehemalige Gemeinde H als auch die ehemalige Stadt Hildburghausen seien zur Zeit der DDR untergegangen. Spätestens mit dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18. Januar 1957 hätten die früheren Gemeinden der DDR aufgehört als Rechtssubjekte zu existieren. Die DDR sei ein Einheitsstaat gewesen. Die ehemals selbständigen Kommunen seien auch weder vor noch mit dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland in ihrer ursprünglichen Rechtsform wiederhergestellt worden. Vielmehr sei die Stadt Hildburghausen gemäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR vom 17. Mai 1990 originär neu geschaffen worden. Die Regelungen des Gesetzes über das Vermögen der Gemeinden, Städte und Landkreise vom 6. Juli 1990 belegten, dass der seinerzeitige DDR-Gesetzgeber von einem völligen Neubeginn ausgegangen sei. Die neu gegründete Stadt Hildburghausen sei auch weder mit dem früheren Rat der Stadt bzw. hier mit dem der früheren Gemeinde H identisch noch deren Rechtsnachfolger. Bei den Räten der Städte bzw. Gemeinden in der ehemaligen DDR habe es sich nicht um Selbstverwaltungskörperschaften gehandelt. Sie seien vielmehr örtliche Staats- und Verwaltungsorgane im System des zentralistischen Staatsaufbaus der DDR gewesen. Aus Art. 21 und 22 des Einigungsvertrages (EV) ergebe sich ebenfalls keine gesetzliche Grundlage für die Annahme einer Rechtsnachfolge. Die Beklagte sei auch nicht nach den §§ 414 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw. § 419 BGB in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung verpflichtet, die Verträge zu erfüllen. Sie hafte auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Funktionsnachfolge. Die engen Voraussetzungen dieses Haftungsinstituts seien nicht erfüllt. Die Kirchengutsgarantie des Art. 138 Weimarer Reichsverfassung (WRV) stehe grundsätzlich einem Untergang von Kirchenbaulastansprüchen nicht entgegen. Aus Art. 138 WRV folge keine Garantie des Status quo von Staatsleistungen. Im Übrigen fehle es an einem zielgerichteten Eingriff in das geschützte Kirchenvermögen. Selbst wenn von einem Eingriffsakt ausgegangen werden könne, sei das Gericht nicht gezwungen, die Auswirkungen des DDR-Systems dadurch rückgängig zu machen, dass eine Funktionsnachfolge begründet werde. Es bestehe kein rechtlich schützenswertes Bedürfnis, die ursprüngliche Rechtsposition wiederherzustellen. Die Verhältnisse im religiösen Bereich hätten sich gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses grundlegend verändert. Eine kirchenbaulastpflichtige Gemeinde könne bei gravierenden Veränderungen der konfessionellen Zusammensetzung eine Anpassung des Vertrages verlangen. Ein festzustellender erheblicher Mitgliederverlust von rund 68,5 % rechtfertige aller Voraussicht nach sogar den vollständigen Untergang der Kirchenbaulasten. Auf die Gründe für den Mitgliederschwund könne es nicht ankommen.

Das Urteil, in dem das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen hat, ist den Klägerinnen am 17. März 2005 zugestellt worden. Zur Begründung ihrer am 13. April 2005 eingelegten Berufung tragen sie im Wesentlichen vor:

Das Verwaltungsgericht lehne zu Unrecht eine Rechtsnachfolge der heutigen Stadt Hildburghausen in die Verträge aus dem Jahre 1928 und 1929 ab. Die Stadt Hildburghausen habe ihre Verpflichtung aus den Kirchenbaulastverträgen noch nach 1990 anerkannt und verhalte sich mit ihren nachträglichen Einwendungen gegen die Rechtsnachfolge widersprüchlich. In den Jahren 1990/91 seien die Kosten für die Instandsetzung des Daches des Pfarrhauses in Höhe von 5.765,67 DM vorbehaltlos übernommen worden. Danach habe sie noch weitere Baumaßnahmen finanziert. Das Kündigungsschreiben vom 15. Februar 1994 mache nur Sinn, wenn man von einem bestehenden Vertragsverhältnis ausgehe. Der Untergang der politischen Gemeinden im Einheitsstaat der DDR führe nicht zu einem Untergang ihrer vertraglichen Verpflichtungen. Kern der gesetzgeberischen Maßnahmen in den Jahren 1952 und 1957 in der DDR sei die Beendigung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden gewesen. Kein Rat der Stadt oder Gemeinde habe daraus die Schlussfolgerung abgeleitet, dass bestehende Rechte oder Pflichten nicht ihm, sondern der zentralen Staatsgewalt zuzurechnen seien. Im Alltagsleben sei selbstverständlich so verfahren worden, als ob der Rat an die Stelle der aufgelösten kommunalen Körperschaft getreten sei. Die auf das Gebiet einer Gemeinde bzw. ihrer Einwohner bezogenen wirtschaftlichen, sozialen und/oder kulturellen Kernaufgaben seien erhalten geblieben. Es sei daher von einer Kontinuität gebiets- bzw. einwohnerbezogener kommunaler Verbindlichkeiten auszugehen. Das durch das Kommunalvermögensgesetz der DDR vom 6. Juli 1990 den Gemeinden bzw. Landkreisen zugeordnete Vermögen habe bereits vorher den örtlichen Räten als Rechtsträgern von Volkseigentum zur Verfügung gestanden. Die Bestimmung in § 2 Abs. 1 e dieses Gesetzes werfe die Frage nach dem Schicksal der Verbindlichkeiten auf. Ein Schweigen des Gesetzgebers zum Übergang kommunaler Verbindlichkeiten sei unter rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vorstellbar. Der Gesetzgeber habe auf eine generelle Regelung verzichtet und es einer Einzelfallprüfung überlassen wollen, ob Verbindlichkeiten übergingen. Bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten bestehe der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass so genannte gebietsbezogene öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten z. B. im Falle einer territorialen Neugliederung ohne gesonderten Übertragungstatbestand übergingen. Allenfalls außergewöhnliche Umstände könnten es rechtfertigen, vormalige Verbindlichkeiten ersatzlos wegfallen zu lassen. Das Kommunalvermögensgesetz ziele in seiner Gesamtheit darauf ab, ein geschlossenes System einzelner Rechtsnachfolgen in übergeleitete und zu übertragende Vermögenspositionen zu schaffen. Auch aus der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 Kommunalverfassung der DDR (1990), wonach die Gemeinden ihre bisherigen Namen führten, könne nicht geschlossen werden, dass die Gemeinden originär neu entstanden seien. Ähnliche Vorschriften seien auch in Gemeindeordnungen der alten Bundesländer anzutreffen. Dieses Grundverständnis sei durch nachfolgende Gesetzgebungsakte bestätigt worden. Der Freistaat Thüringen sei in seinem Staatsvertrag vom 17. Mai 1994, abgeschlossen mit den evangelischen Kirchen in Thüringen, vom Fortbestand der altrechtlichen Verbindlichkeiten ausgegangen. In Art. 11 Abs. 2 des Vertrages sei ausdrücklich die Verpflichtung der Vertragsparteien geregelt, darauf hinzuwirken, dass sowohl die kommunalen Gebietskörperschaften als auch die Kirchgemeinden zügig die erforderlichen Auseinandersetzungsverträge bezüglich der früheren Vereinigten Kirchen und Schulämter abschließen oder die bereits abgeschlossenen Verträge durchführen. Diese Regelung setze voraus, dass die Kommunen verpflichtet seien, ihre altrechtlichen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Der Erlass einer gegenstandslosen Regelung könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.

Das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die 1990 erlassenen Gesetze unter prinzipieller Abkehr von der früheren rechtsstaatswidrigen Verfahrensweise vollzogen worden seien. Die DDR habe sich ausweislich ihrer Verfassungsgrundsätze vom 17. Juni 1990 unter anderem zur Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien verpflichtet. Die nachfolgelose Liquidation eines öffentlich-rechtlichen Schuldners sei jedoch rechtsstaatswidrig. Von daher könne die planwidrige Regelungslücke durch eine entsprechende Anwendung von § 2 Abs. 1 e Kommunalvermögensgesetz geschlossen werden. Nur wenn man eine Rechtsnachfolge annehme, könne auch die Frage beantwortet werden, wer zwischen dem 17. Mai 1990 (Inkrafttreten der Kommunalverfassung der DDR) und dem Inkrafttreten des Kommunalvermögensgesetzes am 6. Juli 1990 Eigentümer der kommunalen Liegenschaften gewesen sei. Ginge man - wie das Verwaltungsgericht - davon aus, dass die Vertragsbeziehungen zum Rat der Stadt Hildburghausen untergegangen seien, dann wären auch sämtliche anderen vertraglichen Verpflichtungen nach dem 17. Mai 1990 hinfällig. Für den Fall der Rückabwicklung eines nichtigen Grundstückskaufes habe der Bundesgerichtshof ausdrücklich entschieden, dass die beklagte Stadt Schuldner des Rückforderungsanspruchs sein könne, obwohl der Rat der Stadt den Kaufvertrag abgeschlossen hatte. In einer weiteren Entscheidung habe der Bundesgerichtshof die Möglichkeit bejaht, einen abgeschlossenen Investitionsvertrag durch die als Rechtspersönlichkeit nunmehr entstandene Beklagte fortzuführen.

Das Verwaltungsgericht gehe ferner zu Unrecht davon aus, dass Art. 138 Abs. 2 WRV Kirchenbaulasten nicht als kirchliches Vermögen schütze. Zwar hätten die Vorschriften des Grundgesetzes bei Inkrafttreten der Gesetze über die kommunale Neuordnung 1990 formell noch nicht gegolten. In den Verfassungsgrundsätzen vom 17. Juni 1990 sei jedoch schon das Prinzip des Eigentumsschutzes enthalten gewesen. Daher werde nur eine Auslegung der erlassenen Gesetze dem verfassungsrechtlichen Schutz des kirchlichen Vermögens gerecht, die eine Rechtsnachfolge begründe.

Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für eine Kündigung der Baulastverpflichtung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bejaht. Dies sei nach dem allein einschlägigen § 60 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) nicht der Fall. Danach spiele es nicht nur eine Rolle, ob sich die Verhältnisse seit Abschluss des Vertrages geändert hätten. Vielmehr müssten die Festsetzungen für den Vertragsinhalt maßgebend gewesen sein und die Veränderungen müssten so wesentlich sein, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Regelung nicht mehr zuzumuten sei. Die konfessionelle Zusammensetzung der ehemaligen Gemeinde H sei nicht Geschäftsgrundlage der Verträge in den Jahren 1928 und 1929 gewesen. Allein der Umstand, dass sich die konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung geändert habe, rechtfertige nicht den Wegfall einer Kirchenbaulastverpflichtung. Beim Baubedarf für die Kirche komme es auf die Nutzung der Kirche für Gottesdienste an und nicht auf den konfessionellen Anteil der betreffenden Konfession an der Ortsbevölkerung. Die Baulast für das Pfarrhaus erledige sich von selbst, wenn die Pfarrstelle gestrichen werde.

Eine Veränderung der Zahl der Gemeindemitglieder könne deshalb die Leistungspflicht nicht hindern. Die unveränderte Vertragsfortsetzung sei auch nicht unzumutbar. Eine Unzumutbarkeit sei z. B. dann gegeben, wenn das von den Parteien zugrunde gelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in ein grobes Missverhältnis gerate. Da Baulastverpflichtungen nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis ständen, könne eine Äquivalenzstörung bei Baulasten praktisch ausgeschlossen werden. Im Übrigen seien vor einer Kündigung die Voraussetzungen einer Vertragsanpassung zu prüfen.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 8. November 2004 - 1 K 915/98.Me - abzuändern und nach den Klageanträgen erster Instanz zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach 1990 hätten Vertreter der Beklagten zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran gelassen, dass eine Rechtsnachfolge in die Verträge von 1928 bzw. 1929 abgelehnt werde. Die Kosten für Instandsetzung des Pfarrhausdaches 1990 in Höhe von 5.765,67 DM seien freiwillig übernommen worden. Über den Einbau einer Ölheizung 1991 habe man keine Unterlagen auffinden können. Zahlungen entsprechend der vertraglichen Vorgaben würden bestritten. Auch die Klägerinnen könnten keine Zahlungen belegen. Gegenstand einer Pfarrhausbaulast könne im Übrigen nur die Unterhaltung einer ausreichend großen und standesgemäßen Wohnung für die Pfarrfamilie sein, nicht aber die Bereitstellung und Unterhaltung eines Amtszimmers und von Räumen für die Gemeindearbeit. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts zum Untergang der Vertragspflichten, die damit begründet werde, dass die politischen Gemeinden im Einheitsstaat der DDR untergegangen seien, stehe im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Daran änderten zur Zeit der DDR erfolgte staatliche Zahlungen an die Kirche nichts. Hierbei handele es sich um freiwillige Leistungen, die zudem nur in einem erheblich verminderten Umfang erfolgt seien. Zu Recht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Stadt Hildburghausen 1990 neu entstanden und nicht Rechtsnachfolgerin des zugleich aufgelösten Rates der Stadt sei. Die Rechtsnachfolge könne nicht aus Art. 21 und 22 des Einigungsvertrages abgeleitet werden, weil die neu gebildete Stadt nicht Inhaberin entsprechender Vermögenswerte geworden sei. Die von den Klägerinnen geltend gemachte Regelungslücke bestehe nicht. Sinn und Zweck des § 2 Kommunalvermögensgesetz habe ausschließlich darin bestanden, die neu errichteten Kommunen mit Aktivvermögen auszustatten. Eine Ausdehnung auf Verbindlichkeiten überschreite daher den Rahmen zulässiger Auslegung. Auf die Kirchengutsgarantie könnten sich die Klägerinnen bereits deshalb nicht berufen, weil vertragliche Baulastverpflichtungen einer politischen Gemeinde nicht unmittelbar Kultuszwecken dienten. Im Übrigen hätten die Vorschriften des Grundgesetzes vor der Vereinigung der beiden Deutschen Staaten auf dem Gebiet der DDR nicht gegolten. Das Grundgesetz sei dort auch nicht rückwirkend in Kraft getreten. Die Übernahme sämtlicher Verbindlichkeiten der DDR sei nicht geboten.

Zu Recht sei das Verwaltungsgericht bei seinen Hilfserwägungen davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Kündigung der Kirchenbaulast vorgelegen hätten. Grundlage der vertraglichen Vereinbarung in den Jahren 1928 und 1929 sei eine weitestgehende Identität der Mitglieder von politischer und kirchlicher Gemeinde gewesen. Grundsätzlich habe die Unterhaltung der Kirchengebäude immer den Mitgliedern der Kirchgemeinde als solche oblegen. Wenn sich die Zivilgemeinde dennoch in die Pflicht habe nehmen lassen, so beruhe dies in der Zeit bis zum 2. Weltkrieg überwiegend auf der weitestgehenden Identität der Mitglieder von kirchlicher und politischer Gemeinde. Bei Vertragsabschluss im Jahre 1928 bzw. 1929 habe niemand die dramatischen Veränderungen in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg vorhersehen können. Die Verträge von 1928 bzw. 1929 seien die Konsequenz daraus, dass die Kirchgemeinde H bis zum Erlass der Synodalordnung von 1876 im Herzogtum Sachsen-Meiningen mangels eigener körperschaftlicher Organisation von der Zivilgemeinde in organisatorischer Hinsicht praktisch abhängig und von dieser nicht zu unterscheiden gewesen sei. Erst 1876 sei sie als rechtsfähige Körperschaft organisiert worden. Die Umgestaltung der Verhältnisse habe sich noch über einen längeren Zeitraum hingezogen. Es sei heute nur schwer vorstellbar, dass die Pfarrstelle H ausschließlich für die noch wenigen Gläubigen vor Ort zuständig sei. Vielmehr sei der Pfarrer umfangreich in die Klinikseelsorge in der Stadt Hildburghausen selbst eingebunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die Behördenvorgänge (2 Hefter) sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 11. April 2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und rechtzeitig begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Klägerinnen haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für bauliche Maßnahmen am Kirchen- bzw. Pfarrgebäude unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag.

Die Beklagte ist nicht aufgrund der 1928 bzw. 1929 mit der damaligen Gemeinde H abgeschlossenen Verträge verpflichtet, die geltend gemachten Aufwendungen zu tragen. Es fehlt die erforderliche ununterbrochene Rechtsnachfolgekette auf Seiten der Beklagten. Die Beklagte ist nicht Rechtsnachfolgerin der 1957 aufgelösten Gemeinde H . Da die Beklagte 1990 originär ohne Anknüpfung an frühere Rechtssubjekte neu errichtet worden ist, scheidet weiter eine Übernahme der Verpflichtungen aus den 1928/29 abgeschlossenen Verträgen bereits aus diesem Grunde aus, ohne dass es darauf ankommt, ob die Verpflichtungen 1957 von zu Zeiten der DDR existierenden Rechtssubjekten übernommen worden sind oder nicht. Eine Haftung der Beklagten lässt sich auch nicht aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen herleiten.

Die frühere Gemeinde H hat spätestens mit dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18. Januar 1957 (GBl. der DDR, Teil I Nr. 8 vom 26. Januar 1957, S. 65 ff.) aufgehört als rechtlich selbständige Gebietskörperschaft zu existieren. Nur als solche hätte sie als eigenes Rechtssubjekt am Rechtsverkehr teilnehmen können. § 4 dieses Gesetzes übertrug die ehemals von den selbständigen Gemeinden wahrgenommenen Aufgaben dem jeweiligen Rat der Gemeinde als vollziehendes Organ der örtlichen Volksvertretung. Die Räte waren keine Organe der Gemeinde, sondern örtliche Organe der zentralen Staatsgewalt. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2005, XI ZR 353/04, SächsVBl. 2006, S. 209 ff.). Hintergrund für die Verwaltungsreform war die Einbeziehung der Gemeinde als Organ der Staatsgewalt in das "Prinzip des Demokratischen Zentralismus". Die Durchsetzung dieses Prinzips ließ keinen Raum für rechtlich selbständige Gemeinden. Der Senat folgt der Auffassung der Klägerinnen nicht, wonach den Gemeinden mit dem Gesetz vom 18. Januar 1957 über die örtlichen Organe der Staatsmacht nur die kommunale Selbstverwaltung nicht aber ihre Rechtsfähigkeit genommen worden ist. Gegen die Ansicht der Klägerinnen spricht bereits der Wortlaut der Bezeichnung des Gesetzes. Danach sind die Gemeinden bzw. Städte als örtliche Organe der Staatsmacht "Regelungsgegenstand". Folglich sind sie nicht mehr als selbständige Rechtssubjekte anzusehen. Dies folgt auch aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes, wonach die örtlichen Volksvertretungen in ihrem Zuständigkeitsbereich die obersten Organe der Staatsmacht sind. Die Räte der Gemeinden bzw. Städte waren keine rechtlich verselbstständigten juristischen Personen. Es handelte sich bei ihnen vielmehr um örtliche Staats- bzw. Verwaltungsorgane im System des zentralistischen Staatsaufbaus der DDR. Sie wurden ausschließlich als untere Verwaltungsbehörden tätig (ThürOVG, Urteil vom 11. Juni 2001, 4 KO 52/97, LKV 2002, S. 285 - 289). Dem entsprach es, dass die Räte der Gemeinden bzw. Städte keinen eigenständigen Haushalt mehr vorlegten. Dieser war vielmehr Teil des Staatshaushalts der DDR. Gemäß § 6 Abs. 2c des Gesetzes über die örtlichen Organe der Staatsmacht gehörte es zu den Aufgaben der örtlichen Volksvertretung, nur noch den Haushaltsplan für ihren Zuständigkeitsbereich auf der Grundlage des Staatshaushaltsplanes zu beschließen. Das früher im Eigentum der Gemeinde stehende Vermögen wurde in Volkseigentum überführt, und soweit es für die Erfüllung der Aufgaben auf der unteren Verwaltungsebene erforderlich war, den Räten der Gemeinde bzw. Städte als Rechtsträger zugeordnet. Damit war aber keine Anerkennung der Rechtsfähigkeit verbunden. Rechtsträgerschaft beinhaltete nach dem Recht der DDR nur die Befugnis, ein Grundstück zu verwalten und es in der Bilanz bzw. Vermögensrechnung aufzuführen. Dies folgt aus § 2 der Anordnung über das Verfahren bei Veränderungen in der Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken vom 16. März 1953 (GBl. der DDR, Teil I, Nr. 37 vom 23. März 1953, S. 449). Danach bedeutete ein Rechtsträgerwechsel, dass die Verwaltung eines Grundstücks abgegeben und es aus der Bilanz oder Vermögensrechnung eines Rechtsträgers ausgebucht und die Verwaltung des Grundstücks von einem anderen Rechtsträger übernommen und in dessen Bilanz oder Vermögensrechnung aufgenommen wurde. Gemäß § 1 Abs. 1 a der Anordnung über den Rechtsträgerwechsel konnten die Räte der Gemeinden bzw. Städte nur als staatliche Organe, die ihre Einnahmen und Ausgaben im Staatshaushalt abrechneten, Rechtsträger sein. Mit der Rechtsträgerschaft war keine Rechtssubjektivität, insbesondere keine Eigentümerstellung des Rechtsträgers verbunden. Die Rechtsträger hatten Befugnisse, die sie für den Eigentümer ausübten. Ausschließlicher Inhaber des Volkseigentums war der sozialistische Staat.

Die fehlende Rechtsfähigkeit des Rates der Gemeinde wird auch durch das Staatshaftungsgesetz der DDR in seiner Fassung vom 12. Mai 1969 (GBl. der DDR, Teil I 1969, S. 34) belegt. Gemäß § 1 Abs. 1 des Staatshaftungsgesetzes haftete für Schäden, die einem Bürger oder seinem persönlichen Eigentum durch Mitarbeiter oder Beauftragte staatlicher Organe oder staatlicher Einrichtungen in Ausübung staatlicher Tätigkeit rechtswidrig zugefügt wurden, das jeweilige staatliche Organ oder die staatliche Einrichtung. Erst im Zuge der grundlegenden Änderung des Staatshaftungsgesetzes durch den Einigungsvertrag wurde in der Neufassung von § 1 Abs. 1 des Staatshaftungsgesetzes eine Haftung des jeweiligen staatlichen oder kommunalen Organs begründet. Durch diese Neuregelung wurde erstmals eine staatshaftungsrechtliche Eigenverantwortlichkeit der Kommunen angeordnet (BGH, Urteil vom 6. Mai 2004, III ZR 248/03, SächsVBl. 2006, S. 211 ff.). Von diesem Rechtsverständnis ging auch das Kommunalvermögensgesetz der DDR vom 6. Juli 1990 aus. Die Formulierung in § 2 Abs. 1 e belegt, dass der Gesetzgeber der DDR nicht von einer neben der Staatsmacht der DDR existierenden Rechtspersönlichkeit der nachgeordneten Staatsverwaltungseinheiten ausging. Andernfalls bliebe die in dieser Vorschrift verwandte Formulierung "die den ehemaligen Gemeinden und Städten zustanden" ohne Sinn. Der DDR-Gesetzgeber ging "selbstverständlich" von einer Auflösung der Gemeinden und Städte in den 50er Jahren aus. Die frühere Gemeinde H hat als eigenständige Rechtspersönlichkeit spätestens mit dem Gesetz vom 18. Januar 1957 aufgehört zu existieren.

Es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass mit dem Untergang der ehemaligen Gemeinde H deren Verpflichtungen aus den Verträgen 1928 und 1929 auf andere Rechtssubjekte übertragen worden sind, weil dafür spezielle gesetzliche Regelungen fehlen. Dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18. Januar 1957 lässt sich zur Problematik nichts entnehmen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass zum damaligen Zeitpunkt in der DDR der rechtsstaatliche Grundsatz angewandt worden ist, eine nachfolgelose Liquidation eines öffentlich-rechtlichen Schuldners sei unzulässig. Nach dem Rechtsverständnis der DDR gewährte die Verfassung der DDR ihren Bürgern keine einklagbaren subjektiven Rechte. Das Oberste Gericht der DDR erklärte bereits im Jahre 1953 den Rechtsweg für Klagen auf Staatsleistungen und damit auch für die Erfüllung von Kirchenbaulastverpflichtungen für unzulässig (vgl. hierzu Lindner, Baulasten an kirchlichen Gebäuden, Tübingen 1995, S. 281).

Es kann für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits dahinstehen, ob die Verpflichtung auf zu Zeiten der DDR existierende Rechtssubjekte übergegangen ist.

Jedenfalls scheidet eine Übertragung der Verpflichtungen der politischen Gemeinde aus den Verträgen von 1928/29 auf die neu gegründete Gemeinde aus, weil die Gemeinde H 1957 als Rechtssubjekt untergegangen ist.

Denkbar ist, dass, unterstellt die Verbindlichkeiten der ehemaligen Gemeinde H____- seien im Zuge der Zentralisierung des Staatsapparates nicht "untergegangen", dass die Verpflichtung aus der Kirchenbaulast im Jahre 1957 auf den Gesamtstaat DDR übergegangen und die Beklagte insoweit als Rechtsnachfolger verpflichtet ist.

Dem steht jedoch entgegen, dass durch § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in derr DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. der DDR, Teil I Nr. 28 vom 25. Mai 1990, S. 255 ff.) diese als Gebietskörperschaft originär neu errichtet worden ist (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2005, XI ZR 353/04, SächsVBl. 2006, S. 209 ff.; ThürOVG, Urteil vom 11. Juni 2001, 4 KO 52/97, LKV 2002, S. 285 - 289). Sie ist weder mit dem Rat der Stadt Hildburghausen, dem Rat der Gemeinde H bzw. der bis 1957 existierenden Gemeinde H identisch, noch deren oder der DDR Rechtsnachfolgerin. Angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den Räten der Städte bzw. Gemeinden und den mit dem Gesetz vom 17. Mai 1990 neu gebildeten Städten und Gemeinden in Form von Selbstverwaltungskörperschaften ist es ausgeschlossen, anzunehmen, die heutigen Gemeinden auf dem Gebiet Thüringens seien mit den Räten der Städte und Gemeinden "identisch". Zwar behielten die Gemeinden nach §§ 9 bis 11 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR ihren bisherigen Namen, ihre Wappen und Flaggen sowie die bisherige Gebietszuständigkeit. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, es sei mit dieser Regelung kraft Gesetzes eine Identität von Rat der Stadt Hildburghausen und der Beklagten angeordnet worden. Auch eine Gesamtrechtsnachfolge der Städte und Gemeinden nach den früheren vor 1957 existierenden Gemeinden und Städte kann nicht angenommen werden. Dagegen spricht der Erlass des Kommunalvermögensgesetzes durch den Gesetzgeber der DDR am 6. Juli 1990. Es hätte dieses Gesetzes nicht bedurft, wenn sich bereits der am 17. Mai 1990 verabschiedeten Kommunalverfassung entnehmen ließe, eine Gesamtrechtsnachfolge werde angeordnet (BGH, Urteil vom 4. November 1994, LwZR 12/93, BGHZ 127, S. 285 ff.).

Dass der seinerzeitige DDR-Gesetzgeber von einem völligen Neubeginn der Selbstverwaltungskörperschaften in rechtlicher Hinsicht ausging, zeigt u. a. § 2 Abs. 1 e Kommunalvermögensgesetz. Gemäß dieser Vorschrift gehen alle sonstigen Rechte und Forderungen in das Vermögen der Gemeinde über, die den ehemaligen Gemeinden und Städten sowie deren nachgeordneten Betrieben und Einrichtungen zustanden. Aus der Verwendung der Formulierung "den ehemaligen Gemeinden und Städten" ergibt sich, dass die ehemalige Gemeinde gegenüber der neu gegründeten ein rechtliches aliud und mit ihr nicht im Sinne einer Gesamtrechtsnachfolge identisch ist (BGH, Urteil vom 6. Mai 2004, III ZR 248/03, SächsVBl. 2006, S. 211, 212). Allein die Annahme einer konstitutiven Vermögensübertragung wird dem Wortlaut der Norm gerecht. Der damalige Gesetzgeber der DDR ging aufgrund der Auflösung der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften in den 50er Jahren nicht von einer neben der Staatsmacht der DDR existierenden Rechtspersönlichkeit der nachgeordneten Staatsverwaltungseinheiten aus. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil das Kommunalvermögensgesetz noch vom Gesetzgeber der DDR erlassen wurde und daher dessen Verständnis von der Rechtsnatur der nachgeordneten Staatsverwaltungseinheiten in der DDR wiedergegeben wird. Soweit dieses Verständnis von § 2 Abs. 1 e Kommunalvermögensgesetz für verfehlt gehalten wird und die Regelung im Sinne einer Anknüpfung an die Gemeinden und Städte vor 1957 verstanden werden soll (vgl. hierzu Fastenrath, Dresden 800 Jahre alt oder 16 Jahre jung?, SächsVBl. 2006, S. 201 ff.), wird nicht ausreichend berücksichtigt, dass der damalige Gesetzgeber der DDR im Jahre 1990 vor der Aufgabe stand, Vermögen neugegründeten juristischen Personen zuzuordnen. Da die Städte und Gemeinden in der DDR spätestens 1957 als eigenständige juristische Persönlichkeiten aufgehört hatten zu existieren, bestand keine Möglichkeit, sich bei dieser Vermögenszuordnung an rechtlichen Gegebenheiten zu orientieren (vgl. hierzu OLG Dresden, Urteil vom 24. September 2004, 3 U 1049/03, zitiert nach Juris). Dass der Gesetzgeber des Kommunalvermögensgesetzes insoweit ausschließlich auf tatsächliche Verhältnisse abgestellt hat, ergibt sich auch aus anderen Regelungen des Kommunalvermögensgesetzes. So bestimmt sein § 1, dass volkseigenes Vermögen, welches kommunalen Aufgaben und kommunalen Dienstleistungen dient, den Gemeinden, Städten und Landkreisen kostenlos übertragen wird. Es wird also ausschließlich darauf abgestellt, ob bestimmte Vermögensgegenstände zur Aufgabenerfüllung der neu gegründeten Gemeinden, Städte und Landkreise erforderlich sind. In diesem Sinne ordnet § 2 Abs. 1 c Kommunalvermögensgesetz an, dass alle volkseigenen Grundstücke und Bodenflächen, die sich in Rechtsträgerschaft der ehemaligen Räte der Gemeinden und Städte befinden, in das Vermögen der Gemeinden und Städte übergehen. An die Eigentumsverhältnisse vor 1957 wird nicht angeknüpft. Die Auffassung, wonach die Existenz des Kommunalvermögensgesetzes nicht zwingend gegen die Annahme einer Gesamtrechtsnachfolge der Städte und Gemeinden spreche, weil das Kommunalvermögensgesetz aufgrund der Abschaffung des Rechtsinstituts des Volkseigentums erforderlich gewesen sei (vgl. hierzu Fastenrath, Dresden 800 Jahre alt oder 16 Jahre jung?, a. a. O.), verkennt, dass für den DDR-Gesetzgeber ein Regelungsbedarf auch deshalb bestand, weil die Gemeinden und Städte spätestens 1957 als eigenständige juristische Persönlichkeiten aufgehört hatten zu existieren.

Bereits § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz) vom 17. Juni 1990 (GBl. der DDR, Teil I, Nr. 33 vom 22. Juni 1990, S. 300 ff.) ordnet an, das volkseigene Vermögen zu privatisieren. Gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 dieses Gesetzes ist volkseigenes Vermögen, das kommunalen Aufgaben und kommunalen Dienstleistungen dient, durch Gesetz den Gemeinden und Städten zu übertragen. Auch diese Vorschrift verdeutlicht, dass ein konstitutiver Übertragungsakt notwendig ist. Das Kommunalvermögensgesetz ist daher von dem Bestreben des (DDR-)Gesetzgebers gekennzeichnet, neu gebildete kommunale Gebietskörperschaften mit Vermögen auszustatten. Eine Rechtsnachfolge der Gemeinden und Städte lässt sich ferner nicht mit der Überlegung begründen, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Kommunalverfassungsgesetzes vom 17. Mai 1990 deshalb nicht daran gedacht habe, die Kommunen neu zu gründen, weil in diesem Fall eine Vielzahl von Übergangsregelungen hätte erwartet werden dürfen. Zwar enthielt das Kommunalverfassungsgesetz vom 17. Mai 1990 z. B. keine Regelung zum Vermögen der neugegründeten Gemeinden. Dies erfolgte erst nachfolgend im Kommunalvermögensgesetz vom 6. Juli 1990. Das Kommunalvermögensgesetz konnte nicht zeitgleich mit der Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 erlassen werden, weil noch das Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens vom 17. Juni 1990 abzuwarten war.

Eine Rechtsnachfolge kann nur durch ausdrückliche Anordnung erfolgen oder sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben. Daran fehlt es vorliegend. Aus dem Einigungsvertrag ergibt sich kein genereller Übergang der Verbindlichkeiten auf neue Rechtsträger. Ein Übergang von Kirchenbaulastverpflichtungen der hier in Rede stehenden Art auf die Beklagte ist nicht vorgesehen. Soweit Schulden aufgrund des Einigungsvertrages von neuen Rechtsträgern zu übernehmen sind, sind dazu jeweils besondere Regelungen getroffen worden. Eine analoge Anwendung von § 2 Abs. 1 e Kommunalvermögensgesetz auf Verbindlichkeiten scheidet daher aus.

Aus dem Vertrag des Freistaats Thüringen mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen und dem entsprechenden Gesetz vom 17. Mai 1994 (GVBl. 1994, Nr. 17 vom 25. Mai 1994, S. 509) können die Klägerinnen nichts für eine Anerkennung der Kirchenbaulastverpflichtungen auf kommunaler Ebene herleiten. Soweit sich der Freistaat Thüringen in Artikel 13 des Vertrages zur Ablösung staatlicher Baulastverpflichtungen an Gebäuden in kirchlichem Eigentum verpflichtet hat, betrifft dies die Verträge der Evangelischen Kirche mit dem Land Preußen von 1931 bzw. mit dem Land Thüringen 1925 bzw. 1929 und nicht kommunale Kirchbaulasten (vgl. Thüringer Landtag, Erste Wahlperiode, 113. Sitzung, Plenarprotokoll vom 22. April 1994, S. 88725). Art. 11 Abs. 2 des Vertrages verpflichtet den Freistaat, bezüglich der früheren Vereinigten Kirchen und Schulämter darauf hinzuwirken, dass sowohl die kommunalen Gebietskörperschaften als auch die Kirchengemeinden zügig die erforderlichen Auseinandersetzungsverträge abschließen oder die bereits abgeschlossenen Verträge durchführen. Es ist bereits zweifelhaft, ob die geltend gemachte Baulastverpflichtung zur Erhaltung kirchlicher Gebäude hierunter zu fassen ist. Jedenfalls konnte durch diese Regelung bereits ihrem Wortlaut nach eine Verpflichtung der Beklagten zur Erfüllung der Verträge aus den Jahren 1928 und 1929 nicht begründet werden.

Die Klägerinnen können sich ferner nicht mit Erfolg auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz berufen, wonach für grundstücksbezogene Verbindlichkeiten nach den allgemeinen Grundsätzen des Zuordnungsrechts derjenige haftet, dem das Grundstück zugeordnet wird. Dieser Rechtsgrundsatz kommt z. B. in den Regelungen der §§ 1a, 11 Abs. 2 Satz 1 Vermögenszuordnungsgesetz zum Tragen. Gemäß diesen Vorschriften sind bei der Rückübertragung eines Vermögensgegenstandes solche Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnisse nach dem Vermögenszuordnungsgesetz zuordnungsfähig, die zu einem Grundstück einen konkreten Bezug aufweisen. Daher werden Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnisse mit einem Grundstück übertragen, soweit sie konkret grundstücksbezogen sind (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1994, 7 C 36/93, BVerwGE 96, S. 231 bis 239). Vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagten Vermögensgegenstände zugeordnet worden sind, die in der Vergangenheit dazu dienten, die Baulastverpflichtung aus den Verträgen von 1928 bzw. 1929 zu erfüllen. Die Verträge von 1928 bzw. 1929 sehen nur eine allgemeine Verpflichtung der damaligen Gemeinde H zur Erbringung bestimmter Leistungen vor und weisen keinen Grundstücksbezug auf.

Die Beklagte haftet auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Funktionsnachfolge. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, dass ein staatlicher Funktionsträger, der die gleichen oder auch überwiegend gleichen Funktionen ausübt wie sein Vorgänger, z. B. für dessen Amtspflichtverletzungen zu haften hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn der alte Funktionsträger nicht als selbständige und damit zahlungsfähige Rechtspersönlichkeit erhalten bleibt (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1952, III 114/52, BGHZ 8, S. 169 ff.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Haftung aus Funktionsnachfolge lediglich als eine Haftung subsidiären Charakters bis zur abschließenden gesetzlichen Regelung anzusehen. Ihrem Sinn nach soll die Haftung aus Funktionsnachfolge nur eine vorläufige Regelung für dringende Fälle bieten. Sie steht daher von vornherein unter dem Vorbehalt, dass das Gesetz nichts abweichend regelt. Werden diese Grundsätze auf die Frage einer möglichen Haftung des neuen Funktionsträgers für Verbindlichkeiten der ehemaligen DDR angewandt, fehlt es an den genannten Voraussetzungen für eine Rechtsnachfolge. Der Gesetzgeber hat eine Vielzahl von Regelungen getroffen, um zu bestimmen, welche Verpflichtungen der ehemaligen DDR von wem zu übernehmen sind. Beispielhaft ist nur auf die Regelungen im Einigungsvertrag (vgl. Art. 21 ff. EV) und im Vermögenszuordnungsgesetz zu verweisen. Da der Gesetzgeber bei der Frage des Haftungsübergangs tätig geworden ist, ist kein Raum mehr für den Haftungsgrund der Funktionsnachfolge (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1994, III ZR 105/93, BGHZ 128, S. 140 ff.).

Eine Haftung nach § 419 BGB in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden und hier gemäß Art. 223 a EGBGB noch anwendbaren Fassung scheidet ebenfalls aus. Die Vorschrift des § 419 BGB ist im Öffentlichen Recht nicht anwendbar. Der Senat schließt sich der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung an (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 1968, VII C 76.66, BVerwGE 29, S. 159 bis 166; BGH, Urteil vom 4. November 1994, LwZR 12/93, BGHZ 127, S. 285 ff.). Hintergrund für die bis zum 31.12.1998 geltende Vorschrift des § 419 BGB war, dass im Zivilrecht das Vermögen des Schuldners dessen vorrangige Haftungsgrundlage darstellt. Das öffentlich-rechtliche Vermögen dient dagegen nicht als Haftungsgrundlage für bestehende Verbindlichkeiten, sondern im Wesentlichen als materielle Basis für die von der Verwaltung zu erfüllenden Aufgaben. Die Finanzkraft des Staates beruht vorrangig auf dem Steuer- und Abgabenwesen (Dietlein, Nachfolge im Öffentlichen Recht, Berlin 1999, Schriften zum Öffentlichen Recht Band 791, § 8 C 3 a, S. 533/534).

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Verträge aus den Jahren 1928/29 zu erfüllen, weil sie nicht Rechtsnachfolgerin der vertragsschließenden Gemeinde ist. Aus verfassungsrechtlichen Bestimmungen ergibt sich nichts anderes. Insbesondere folgt der geltend gemachte Anspruch nicht aus Art. 14 GG, Art. 140 GG.

Spätestens mit dem Gesetz vom 18. Januar 1957 über die Organe der Staatsmacht sind die damals bestehenden Gemeinden und Städte in der DDR aufgelöst worden. Folglich bestand mit Inkrafttreten des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet keine Rechtsposition der Klägerinnen mehr, die Gegenstand des umfassenden Schutzes des Grundgesetzes z. B. über Art. 14 GG bzw. Art. 140 GG i. V. m. Art. 138 Weimarer Reichsverfassung hätte sein können. Ansprüche aus den Kirchenbaulastverträgen von 1928 bzw. 1929 sind bereits 1957 durch Wegfall des Schuldners nicht mehr ihm gegenüber durchsetzbar gewesen; ob sie gänzlich weggefallen sind, kann dahinstehen. Vermögenswerte Ansprüche aus Vertrag unterfallen zwar dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG. Jedoch erstreckte sich der Geltungsbereich des Grundgesetzes nicht auf das Gebiet der DDR und das Grundgesetz ist für dieses Gebiet auch nicht rückwirkend in Kraft getreten (BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 1997, 1 BvR 1611/94, BVerfGE 97, S. 89 bis 101). Es besteht keine verfassungsrechtliche Pflicht der Bundesrepublik Deutschland, die Bürger und Körperschaften, die im Gebiet der ehemaligen DDR gelebt/bestanden haben, nachträglich so zu stellen, als hätten sie unter dem Recht der Bundesrepublik Deutschland existiert. Enteignungen auf dem Gebiet der DDR können der Bundesrepublik Deutschland nicht zugerechnet werden, weil deren Staatsgewalt sich nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich auf das seinerzeitige Gebiet der Bundesrepublik beschränkte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 2005, 7 B 111/04, zitiert nach Juris). Daran ändert auch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der DDR vom 17. Juni 1990 nichts. Das Verfassungsgrundsätzegesetz vom 17. Juni 1990 (GBl. der DDR, Teil I Nr. 33, S. 299) war nur für die Zeit vom 17. Juni 1990 bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes wirksam (Art. 10). Die Verfassungsgrundsätze hatten zum Ziel, die Rechtslage in der DDR für die Zukunft zu ändern. Es war hingegen nicht beabsichtigt, die rückwirkende Beachtung der niedergelegten Verfassungsgrundsätze sicherzustellen (BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 1997, 1 BvR 1611/94, a. a. O.; BGH, Urteil vom 3. Juli 1998, V ZR 34/97, BGHZ 139, S. 152/160).

Unterstellt, die bestehenden Verbindlichkeiten der damaligen Gemeinde H aus den Kirchenbaulastverträgen der Jahre 1928/29 seien bei Auflösung der Gemeinde H im Jahre 1957 nicht ersatzlos untergegangen, lässt sich ebenfalls keine Haftung der Beklagten begründen. Dies hätte zur Konsequenz, dass die entsprechenden Verbindlichkeiten seit 1957 von der DDR zu erfüllen gewesen wären. Für einen Übergang dieser Verbindlichkeiten auf die Beklagte ist mangels ausdrücklicher Anordnung nichts ersichtlich. Vielmehr verhält es sich so, dass die DDR als Rechtssubjekt mit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages untergegangen ist, ohne dass eine Universalsukzession insbesondere zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland kraft Gesetzes angeordnet worden wäre. Soweit Schulden aufgrund des Einigungsvertrages zu übernehmen waren, sind dazu jeweils besondere Regelungen getroffen worden. Art. 135a Abs. 2 GG lässt sich nicht entnehmen, dass jede beliebige Verbindlichkeit der DDR auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist. Diese Vorschrift ermächtigt den Gesetzgeber zum Ausschluss und zu Beschränkungen von Verbindlichkeiten der DDR oder ihrer Rechtsträger. Ziel der Vorschrift war es ausschließlich, vorsorglich eine Grundlage zur Einschränkung von Verbindlichkeiten zu schaffen, deren Übergang sich aus anderen Vorschriften wie z. B. dem Einigungsvertrag ergibt (BGH, Urteil vom 30. November 2005, IV ZR 4/04, DVBl. 2006, S. 704 bis 706). Auch wenn die Kirchenbaulastverpflichtungen im Jahre 1957 übergegangen sein sollten, ist nicht ausgeschlossen, dass sie untergegangen sind. Der Gesetzgeber hat dadurch, dass er nicht ausdrücklich geregelte "isolierte Verbindlichkeiten" nicht "übergeleitet" hat, auch den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum nicht in grundgesetzwidriger Weise verletzt. Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist gewahrt. Der Gesetzgeber hat sich entschlossen, z. B. im Rahmen des Einigungsvertrages den Übergang von Verbindlichkeiten nur insoweit anzuordnen, als diese mit übernommenen Vermögenswerten in einem bestimmten Zusammenhang stehen. Das ist ein sachlicher Grund im Sinne des Artikel 3 Abs. 1 GG (BGH, Urteil vom 30. November 2005, IV ZR 4/04, a. a. O.). Es besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung die Übernahme sämtlicher Schulden der DDR zu regeln. Dies folgt auch aus Art. 135 a Abs. 2 GG, der den Gesetzgeber ermächtigt, über Art. 135 a Abs. 2 GG Verbindlichkeiten einzuschränken. Auch Artikel 14 Abs. 1 GG verlangt nicht die Übernahme sämtlicher Schulden der DDR. Der Schutz der Grundrechte vor der Vereinigung der beiden Deutschen Staaten erstreckte sich nicht auf das Territorium der DDR. Das Grundgesetz ist dort auch nicht rückwirkend in Kraft getreten. Erst mit dem Beitritt und der Anerkennung durch den Einigungsvertrag konnten vermögenswerte Rechtspositionen in den Schutzbereich des Grundrechts des Art. 14 GG gelangen (BVerfG, Urteil vom 28. April 1999, 1 BvL 32/95, BVerfGE 100, S. 1/33 ff.).

Die Klägerinnen können auch nicht beanstanden, dass der damalige Gesetzgeber der DDR bei Erlass des Kommunalvermögensgesetzes am 6. Juli 1990 davon abgesehen hat, den Übergang von Verbindlichkeiten auf die Gemeinden und Städte anzuordnen. Das Verfassungsgrundsätzegesetz der DDR gebot dies nicht. Zwar sahen die Verfassungsgrundsätze vom 17. Juni 1990 in Art. 2 den Schutz des Privateigentums vor. Jedoch bestand keine Verpflichtung des Gesamtstaats DDR, im Zuge des Kommunalvermögensgesetzes den Kommunen die Verpflichtungen aus den ehemaligen kommunalen Kirchenbaulasten zuzuordnen. Selbst wenn die Verpflichtung aus den Kirchenbaulastverträgen nicht untergegangen, sondern seit 1957 auf die DDR übergegangen sein sollte, bestand jedoch keine Verpflichtung der DDR im Juli 1990, diese wieder auf die neugegründeten Gemeinden und Städte zu übertragen. Von Verfassungs wegen war es jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn die DDR als Schuldner erhalten blieb.

Die Beklagte haftet gegenüber den Klägerinnen auch nicht aufgrund eines Anerkenntnisses. Aus vereinzelten Zahlungen nach 1990 kann bereits kein konstitutives Anerkenntnis i. S. d. § 781 BGB hergeleitet werden, weil es an der erforderlichen Schriftform fehlt. Gelegentliche Zahlungen nach 1990 können auch nicht als so genanntes deklaratorisches Schuldanerkenntnis angesehen werden. Den Zahlungen kommt keine Bedeutung des Inhalts zu, dass die Beklagte gewillt wäre, dauerhaft die Kirchenbaulastverpflichtung entsprechend den Verträgen von 1928 bzw. 1929 zu erfüllen. Auch wenn aus der vorbehaltlosen Zahlung z. B. der Reparaturrechnung über das Pfarrhausdach, möglicherweise zu folgern ist, dass die Gemeinde eine Verpflichtung in diesem Fall anerkannt hat, führt dies allein dazu, dass eine spätere Rückforderung nach den Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung ausgeschlossen ist. Hiervon zu trennen ist die Frage, inwiefern die Beklagte sich durch eine derartige Zahlung auf Dauer binden wollte. Da die Bezahlung einer einzelnen Reparaturkostenrechnung zunächst ein singulärer Vorgang ist, kann nicht von einer Bindungswirkung ausgegangen werden. Es existiert kein Rechtsgrundsatz dahingehend, dass mit einer unbeanstandeten Zahlung einiger Rechnungen auch hinsichtlich künftiger Forderungen gleichartige Einwendungen ausgeschlossen sein sollen. Ein Anerkenntnis durch Zahlung beschränkt sich grundsätzlich auf die konkrete Forderung und hat keine Rechtswirkungen hinsichtlich künftiger Forderungen (BGH, Urteil vom 11. Juli 1995, X ZR 42/93, NJW 1995, S. 3311/3312). In einzelnen Zahlungen kann daher in der Regel kein Bindungswille bzgl. künftiger Forderungen gesehen werden. Ansatzpunkte für eine dauerhafte Zahlungsbereitschaft der Beklagten existieren nicht. Aus gelegentlichen Zahlungen kann kein über die einzelne Zahlung hinausgehender Verpflichtungswille in dem Sinne gefolgert werden, dass die Beklagte hiermit an die Kirchenbaulastverpflichtungen aus den Jahren 1928 bzw. 1929 anknüpfen hätte wollen. Bereits im Jahre 1992 hat der Bürgermeister der Beklagten Zahlungen auf die Kirchenbaulast endgültig abgelehnt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8.502,13 € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 i. V. m. §§ 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Ende der Entscheidung

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