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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.09.2008
Aktenzeichen: 1 KO 810/05
Rechtsgebiete: ThürHG, HRG


Vorschriften:

ThürHG i.d.F.v. 11.05.2005 § 42 Abs. 1 S. 1
ThürHG i.d.F.v. 11.05.2005 § 107a
ThürHG i.d.F.v 21.12.2006 § 23 Abs. 1 S. 1
HRG § 37 Abs. 3
Die Berücksichtigung von nur zwei Semestern, in denen sich ein Student in Hochschulgremien betätigt hat, bei der Berechnung der für die Heranziehung zu Langzeitstudiengebühren maßgeblichen Überschreitung der Regelstudienzeit verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

1 KO 810/05 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Hochschulrecht einschl. hochschulrechtliche Abgaben, hier: Berufung

hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan, die Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider und Dr. Hinkel ohne mündliche Verhandlung am 23. September 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 16. Juni 2005 - 2 K 6101/04 We - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Langzeitstudiengebühren.

Er studierte von Oktober 1996 bis März 1999 an der B Weimar Bauingenieurwesen, wo er von Januar 1997 bis März 1999 im Konzil und im Fachschaftsrat Bauingenieurwesen der B Weimar tätig war. Zum Sommersemester 1999 schrieb er sich bei der Beklagten für den Diplomstudiengang Erziehungswissenschaften ein. Er war im Mai 2004 Wahlleiter für die Wahl des Studierendenrats der Beklagten.

Auf seinen Antrag hin stellte die Beklagte unter dem 20.04.2004 fest, dass sich in Folge der Mitarbeit in Hochschulgremien die Pflicht zur Zahlung von Gebühren bei Überschreitung der Regelstudienzeit um zwei Semester hinausschiebe. Ab dem Wintersemester 2004/2005 bestehe keine Gebührenfreiheit mehr.

Mit Bescheid vom 14.06.2004 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger für das Wintersemester 2004/2005 eine Langzeitstudiengebühr in Höhe von 500,00 EUR mit der Begründung fest, er habe die Regelstudienzeit um die zulässigen "Toleranzsemester" überschritten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Gebühr greife in sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz - GG - ein. Die Erhebung der Langzeitstudiengebühr verletze das Rückwirkungsverbot. In § 107 Abs. 1 Thüringer Hochschulgesetz - ThürHG - sei seit 1990 ein gebührenfreies Studium gewährleistet. Die Bestimmung enthalte einen konkreten Vertrauenstatbestand, auf den er sich bei der Studienplanung habe einrichten dürfen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass er bei seinem Studienfachwechsel nicht damit habe rechnen müssen, später verpflichtet zu werden, Studiengebühren zu zahlen. Insoweit sei es rechtswidrig, sein erstes Studium deshalb voll zu berücksichtigen, weil er die Fachrichtung nicht vor dem zweiten Semester gewechselt habe. Er habe zu diesem Zeitpunkt auf die Gebührenfreiheit vertraut. Weiter sei die gesetzliche Berücksichtigung seiner Hochschulgremientätigkeit unzureichend. Die maßgebliche Regelung verstoße gegen das gesetzliche Benachteiligungsverbot. Außerdem stellte er gleichzeitig einen Antrag auf Erlass der Gebühr.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte unter Festsetzung einer Widerspruchsgebühr von 25,00 EUR durch Widerspruchsbescheid vom 22.09.2004 zurück. Zur Begründung stützte sie sich auf § 107a Abs. 1 ThürHG. Danach hätten die Hochschulen von Studierenden, die die Regelstudienzeit eines Studiengangs, der zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führe, um mehr als vier Semester überschritten hätten, Gebühren von 500,00 EUR für jedes weitere Semester zu erheben. Nachdem der Kläger bislang noch kein Studium abgeschlossen habe, bestimme sich die Regelstudienzeit nach dem derzeitigen Studiengang und liege mithin bei 9 Semestern. Die gesetzliche Obergrenze sei demnach bei 13 Semestern. Diese Grenze habe der Kläger überschritten. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass über den Erlass gesondert entschieden werde.

Am 15.10.2004 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Weimar erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen gegen den Gebührenbescheid. Er rügt insbesondere eine unzulässige tatbestandliche Rückanknüpfung der Gebührenregelung und die damit verbundene Verletzung des Rechtsstaatsprinzips und seines Vertrauens in die Gebührenfreiheit seines Hochschulstudiums. Insoweit seien die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze aus dem Ausbildungs-förderungsrecht heranzuziehen. Bei der Gremientätigkeit hätte die jeweilige Amtsdauer berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls seien die maßgeblichen Bestimmungen entsprechend auszulegen. Schließlich sei die Widerspruchsgebühr rechtswidrig, weil das Verwaltungskostengesetz nicht auf Hochschulen anwendbar sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.09.2004 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen und trägt vor, der Gesetzgeber habe die Gremientätigkeit mit zwei Semestern hinreichend und verfassungskonform berücksichtigt. Nach der maßgeblichen Allgemeinen Gebührenordnung der Universität Erfurt gelte das Verwaltungskostengesetz, das im Übrigen auf das Handeln des Präsidenten anwendbar sei, subsidiär. Deshalb sei die Festsetzung der Widerspruchsgebühr rechtmäßig.

Das Verwaltungsgericht Weimar hat mit Urteil vom 16.06.2005 - 2 K 6101/04 We - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es unter Auswertung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.07.2001 - 6 C 8.00 -, das sich auf das Hochschulrecht in Baden-Württemberg bezieht, im Wesentlichen ausgeführt, die Bestimmung des § 107a ThürHG verstoße nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG und auch nicht gegen das Verbot unzulässiger Rückwirkung. Insbesondere sei das Vertrauen der bei Inkrafttreten dieser Bestimmung schon Studierenden nicht schutzwürdig. Eine solche Schutzwürdigkeit des Vertrauens begründe auch § 107 Abs. 1 ThürHG nicht, wonach Studiengebühren vor Einfügung des § 107a ThürHG nicht hätten erhoben werden dürfen. Denn die Freiheit von Studiengebühren bliebe im Wesentlichen erhalten. Die Gebühr für Langzeitstudierende sei eine Ausnahme. Die Tätigkeit in Hochschulgremien werde vom Gesetzgeber in ausreichendem Maße berücksichtigt. Insbesondere werde dadurch die übliche Amtszeit für Gremientätigkeit beachtet. Eine unbegrenzte Berücksichtigung dieser Tätigkeit verbiete sich.

Gegen das Urteil, gegen das die Berufung zugelassen und das am 05.07.2005 zugestellt wurde, hat der Kläger am 07.07.2005 Berufung erhoben und mit am 05.09.2005 beim Thüringer Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Er vertieft seine Auffassung zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 107a ThürHG. Die ausdrückliche Regelung der Gebührenfreiheit in § 107 Abs. 1 ThürHG habe das Vertrauen zur Aufnahme eines gebührenfreien Studiums begründet. Daraus resultiere ein gesteigertes Vertrauensschutzinteresse der Studierenden in Thüringen im Vergleich zu Studierenden in anderen Bundesländern, in denen eine solche Regelung nicht existiere. Deshalb müsse die Abwägung zwischen diesem Interesse der Studierenden und dem Interesse des Gesetzgebers, das Studierverhalten zu lenken, in Thüringen zu einem anderen Ergebnis führen als in Baden-Württemberg. Dies wirke sich dahingehend aus, dass bei der Berechnung der Studienzeiten nach § 107a Abs. 1 ThürHG Studienzeiten vor Inkrafttreten des Gesetzes keine Berücksichtigung finden dürften. Die Berücksichtigung von nur zwei Semestern Gremientätigkeit sei unzureichend, weil er sich wegen des Benachteiligungsverbots auf einen gesteigerten Vertrauensschutz berufen könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 16.06.2005 - 2 K 6101/04 We - aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 14.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.09.2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Bescheid über die Erhebung von Langzeitstudiengebühren für rechtmäßig und auch die Bestimmung des § 107a ThürHG für verfassungsgemäß.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat ist zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren befugt, nachdem die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.09.2004, mit dem gegenüber dem Kläger für das Wintersemester 2004/2005 eine Langzeitstudiengebühr in Höhe von 500,00 EUR festgesetzt wurde, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheides ist § 107a Abs. 1 ThürHG in Verbindung mit § 8 der Allgemeinen Gebührenordnung der Universität Erfurt in der Fassung vom 22.04.2004. § 107a ThürHG wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes und des Gesetzes über die Aufhebung der Pädagogischen Hochschule Erfurt vom 10. 04.2003 - Gesetz vom 10.04.2003 - (GVBl. S. 213) in das Thüringer Hochschulgesetz eingefügt und galt bis zum 31.12.2006 (vgl. die derzeit geltende inhaltsgleiche Regelung in § 5 Thüringer Hochschulgebühren- und -entgeltgesetz vom 21.12.2006 - ThürHGEG -, GVBl. S. 601, [644]).

Nach § 107a Abs. 1 Nr. 1 ThürHG erheben Hochschulen Gebühren in Höhe von 500,00 EUR für jedes weitere Semester von Studierenden, die die Regelstudienzeit eines Studiengangs, der zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt, um mehr als vier Semester überschritten haben. § 107a Absätze 2 bis 5 ThürHG enthalten Regelungen zur Berechnung des nach § 107a Abs. 1 Nr. 1 ThürHG maßgeblichen Zeitraums, zum Hinausschieben und zum Entfallen der Gebührenpflicht. Des Weiteren besteht nach § 107a Abs. 6 ThürHG die Möglichkeit, die Gebühr wegen unbilliger Härte zu erlassen. In § 135b Abs. 6 ThürHG, der ebenfalls durch das Gesetz vom 10.04.2003 in das Thüringer Hochschulgesetz eingefügt wurde, ist bestimmt, dass Langzeitstudiengebühren erstmalig zum Wintersemester 2004/2005 erhoben werden.

Der Bescheid der Beklagten vom 14.06.2004 ist auf dieser gesetzlichen Grundlage formell und materiell rechtmäßig ergangen. Die materiellen Voraussetzungen zur Erhebung der Langzeitstudiengebühr für das Wintersemester 2004/2005 lagen vor (1.). § 107a ThürHG ist verfassungsgemäß und damit wirksam (2.). Dies gilt insbesondere für die Regelung in § 107a Abs. 4 Nr. 2 ThürHG, der die Berücksichtigungsfähigkeit der Gremientätigkeit beim zeitlichen Hinausschieben der Gebührenpflicht regelt (3.). Die Festsetzung der Widerspruchsgebühr entspricht geltendem Recht (4.).

1. Der Kläger erfüllte zum Wintersemester 2004/2005 die Voraussetzungen zur Erhebung der Langzeitstudiengebühr. Er hatte zu diesem Zeitpunkt die Regelstudienzeit für den Studiengang Erziehungswissenschaften von neun Semestern um mehr als vier Semester überschritten. Er befand sich im Wintersemester 2004/2005 im Sinne des § 107a ThürHG im 15. Studiensemester.

Denn nach § 107 Abs. 4 Nr. 2 ThürHG in Verbindung mit der Feststellung der Beklagten vom 20.04.2004 waren nur zwei Semester für eine aktive Mitarbeit in Hochschulgremien anzurechnen, also von der im Wintersemester 2004/2005 absolvierten Gesamtstudiendauer von 17 Semestern abzuziehen. Nach Maßgabe des § 107a Abs. 3 Satz 2 ThürHG, wonach alle Studienzeiten an Hochschulen angerechnet werden, waren nämlich neben den 12 Semestern an der Universität Erfurt auch die fünf Semester, die der Kläger zunächst im Fach Bauingenieurwesen der B___- Weimar studiert hat, voll in die Berechnung des nach § 107a Abs. 1 Nr. 1 ThürHG maßgeblichen Zeitraums einzubeziehen. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 ThürHG bleibt ein einmaliger Studienfachwechsel nur bis zum Abschluss des zweitens Semesters unberücksichtigt. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger, der das Studienfach nach fünf Semestern wechselte, eindeutig nicht.

2. § 107a ThürHG ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Senat verweist zur weiteren Begründung auf seine Grundsatzentscheidung vom 13.12.2007 - 1 KO 1020/06 -, die den Beteiligten bekannt ist. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren hat keinen Anlass dafür geboten, von dieser Entscheidung abzuweichen.

3. Soweit der Kläger meint, § 107a Abs. 4 Nr. 2 ThürHG verstoße gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen das in § 37 Abs. 3 HRG enthaltene Benachteiligungsverbot, das vom Landesgesetzgeber als Rahmenrecht des Bundes zu beachten ist, trifft dies nicht zu.

§ 107a Abs. 4 Nr. 2 ThürHG bestimmt, dass die Gebührenpflicht nach Absatz 1 des § 107a ThürHG auf Antrag des Studierenden um Zeiten der aktiven Mitarbeit in Hochschulgremien hinausgeschoben wird, soweit diese entsprechend § 13a Abs. 4 Satz 1 ThürHG nach der maßgeblichen Prüfungsordnung nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet werden, höchstens jedoch um zwei Semester. Diese - im Falle des Klägers ausgeschöpfte - Grenze verstößt nicht gegen § 37 Abs. 3 HRG, der dem § 22 Abs. 5 Satz 1 ThürHG entspricht. Danach dürfen Hochschulmitglieder wegen ihrer Tätigkeiten in der Selbstverwaltung nicht benachteiligt werden.

Dieses Benachteiligungsverbot erschöpft sich zwar nicht in einem Verbot zielgerichteter Diskriminierungen, sondern soll daneben auch den Eintritt rechtlicher oder tatsächlicher Nachteile verhindern, die wegen der Tätigkeit in einem Selbstverwaltungsgremium entstehen können (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.11.2006 - 15 A 2407/05 -, NWVBl. 2007, 111). Deshalb werden aus ihm für studentische Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane etwa im Prüfungsrecht oder im Ausbildungsförderungsrecht Folgerungen gezogen, die mögliche mittelbare Benachteiligungen verhindern. So ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, dass sich Studenten im Hinblick auf das Verbot der Benachteiligung wegen Gremientätigkeit auf gesteigerten Vertrauensschutz berufen können, wenn es um die Auslegung von Übergangsbestimmungen bei der Umstellung der Ausbildungsförderung von Teilzuschuss auf volle Darlehensgewährung geht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.04.2000 - 1 BvL 18/99 -, FamRZ 2000, 947, und Beschluss vom 12.03.2003 - 1 BvR 894/01 - zit. nach Juris). Auch sieht § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG vor, dass über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet wird, wenn sie infolge einer Mitwirkung in gesetzlich vorgesehenen Gremien und satzungsmäßigen Organen der Hochschulen und der Länder sowie in satzungsmäßigen Organen der Selbstverwaltung der Studierenden an diesen Ausbildungsstätten überschritten worden ist.

Das Benachteiligungsverbot gebietet es aber nicht, dass die geleistete Gremientätigkeit unbegrenzt, insbesondere länger als zwei Semester, bei der Heranziehung zu Langzeitstudiengebühren Berücksichtigung findet.

Die mit der Tätigkeit in der Selbstverwaltung verbundenen Belastungen werden nämlich nur dann von § 37 Abs. 3 HRG erfasst, wenn sie sich unvermeidbar nachteilig auf den Fortgang des Studiums auswirken und zu dessen Verlängerung führen. Aber auch insoweit ist nur eine der jeweiligen Benachteiligung angemessene Kompensation geboten. Deshalb verpflichtet diese Schutzvorschrift von vornherein allenfalls zu einer Kompensation der regelmäßig eintretenden Studienverlängerung. Hieraus folgt, dass als angemessen nur die Berücksichtigung des Zeitraums gelten kann, der der regelmäßigen Amtsdauer entspricht. Zu Recht verweist deshalb das Verwaltungsgericht auf § 42 Abs. 1 Satz 1 ThürHG a. F., der § 23 Abs. 1 Satz 1 ThürHG n. F. entspricht, wonach die Amtszeit der Vertreter der Studierenden in den Hochschulgremien in der Regel ein Jahr beträgt. An diese Vorschrift konnte der Gesetzgeber in typisierender Betrachtungsweise anknüpfen, als er im hier maßgeblichen Gebührenrecht die Gremientätigkeit berücksichtigte. In diesen Bestimmungen kommt im Übrigen die grundsätzliche Überlegung zum Ausdruck, dass Studierende gehalten sind, nur ein vertretbares Maß an Gremientätigkeit zu wahren. Die Gremientätigkeit darf im Vergleich zum Studium insgesamt nur von untergeordneter Bedeutung sein. Studierende sind nämlich auch unter Berücksichtigung ihrer Gestaltungsfreiheit gehalten, in erster Linie ihr Studium zu betreiben, da sie insofern öffentliche Leistungen und Einrichtungen in Anspruch nehmen. Im Zusammenhang mit der Erhebung von Langzeitstudiengebühren und der damit einhergehenden Frage der Anerkennung eines "Bonussemesters" sowie der Frage der Verlängerung der Förderhöchstdauer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ist deshalb anerkannt, dass grundsätzlich nur derjenige Zeitaufwand zu kompensieren ist, der auch regelmäßig durch die entsprechende Tätigkeit entsteht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.11.2006 - 15 A 2407/05 - NWVBl. 2007, 111; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 14.09.2007 - 2 LA 408/07 - zit. nach Juris m. w. N.).

Damit wird zudem sichergestellt, dass nicht - in Verkehrung des Benachteiligungsverbots des § 37 Abs. 3 HRG - Studierende sich aus der Tätigkeit in der Selbstverwaltung Vorteile gegenüber ihren Kommilitonen verschaffen.

Wirkt ein Studierender in einem Gremium der Selbstverwaltung mit, so wird er regelmäßig neben dieser Tätigkeit zugleich auch in mehr oder weniger großem Umfang sein Studium vorantreiben können und müssen. Ihm für jedes Semester, in welchem er einem Gremium der Hochschulselbstverwaltung angehört, ein "Bonussemester" im Hinblick auf den Eintritt der Langzeitstudiengebührenpflicht einzuräumen, stellt ihn daher prinzipiell besser als einen Studierenden, der sein Studium ohne entsprechende Tätigkeiten absolviert. Die Begrenzung der Anrechnung auf zwei Semester erscheint vor diesem Hintergrund als geboten und ausreichend bemessen. Der Studierende kann sich damit während eines nicht unerheblichen Teils seiner Zeit mit Tätigkeiten der Hochschulselbstverwaltung beschäftigen, ohne dadurch im Hinblick auf die Studiengebühren und die Weitergewährung von Ausbildungshilfe Nachteile befürchten zu müssen. Macht ein Studierender hingegen die Tätigkeit in Gremien der Hochschulselbstverwaltung zu einer dauerhaften Beschäftigung, so besteht keine Veranlassung, ihm eine vollständige Kompensation für den erlittenen Zeitverlust zu gewähren. Denn von dem Studierenden kann erwartet werden, dass er den Privilegierungstatbestand nicht über das angemessene Maß hinaus ausnutzt. Er ist vielmehr gehalten, den Zeitverlust aus seiner Gremientätigkeit zu begrenzen und sein Studium zielstrebig voranzutreiben (vgl. hierzu hinsichtlich der Förderungshöchstdauer nach dem BAföG etwa BVerwG, Beschlüsse vom 01.06.1979 - 5 B 75.78 - und vom 18.07.1986 - 5 B 21.85 -).

Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts herleiten. Soweit der Kläger auf den Beschluss vom 12.03.2003 verweist (- 1 BvR 894/01 - zit. nach Juris), ergibt sich daraus nicht, dass sechs Semester Gremientätigkeit zur Vermeidung von Benachteiligungen zu berücksichtigen sind. Vielmehr ist der tragende Gedanke dieser Entscheidung, dass das Verwaltungsgericht in seinem durch eine Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil die Gremientätigkeit und den damit verbundenen gesteigerten Vertrauensschutz entgegen der durch das Bundesverfassungsgericht bereits aufgezeigten Möglichkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.04.2000 - 1 BvL 18/99 -, FamRZ 2000, 947) im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von Übergangsbestimmungen im Zusammenhang mit der Umstellung der Ausbildungsförderung von Teilzuschuss auf volle Darlehensgewährung überhaupt nicht berücksichtigt hatte.

4. Die Festsetzung der Widerspruchsgebühr von 25,00 EUR ist ebenfalls rechtmäßig.

Es kann dahin stehen, ob sich die Beklagte unmittelbar auf das Verwaltungskostengesetz in der früheren und zum maßgeblichen Zeitpunkt noch geltenden Fassung vom 07.08.1991 (GVBl. S. 285) - ThürVwKostG a. F. -, berufen kann. Insbesondere kann offen bleiben, ob sie aufgrund des Umstandes, dass sie eine unter der Aufsicht des Landes stehende Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, für die der Präsident handelt, als "Behörde des Landes" im Sinne des § 1 Abs. 1 ThürVwKostG a. F. angesehen werden kann. Dafür spricht, dass diese Körperschaft jedenfalls als Behörde der mittelbaren Landesverwaltung zu betrachten ist. Dagegen könnte die systematische Auslegung des § 1 ThürVwKostG a. F. sprechen, der in Absatz 2 für Landesbehörden im weiteren Sinne eine eigenständige Anwendungsregel enthält.

Jedenfalls bietet die (auch) auf der Grundlage des § 107 Abs. 4 ThürHG und § 107a Abs. 8 ThürHG in der Fassung des Gesetzes vom 10.04.2003 ergangene Allgemeine Gebührenordnung der Universität Erfurt vom 22.04.2004 eine hinreichende Rechtsgrundlage.

Denn nach § 1 Abs. 3 dieser Gebührenordnung, gegen deren Wirksamkeit keine Einwände erhoben wurden und nicht ersichtlich sind, kommt in Fällen, die nicht in dieser Ordnung geregelt sind, die Thüringer Allgemeine Verwaltungskostenordnung (ThürAllgVwKostO) in der jeweiligen Fassung zur Anwendung. Sie eröffnet damit für den Anwendungsbereich, zu dem auch der Vollzug des § 107a ThürHG zählt, den Rückgriff auf diese Bestimmungen. Im hier maßgeblichen Zeitpunkt, im September 2004, galt die Thüringer Allgemeine Verwaltungskostenordnung in der Fassung vom 03.12.2001 (GVBl S. 456), die Anlage geändert durch Verordnung vom 10.07.2003 (GVBl. S. 423). Nach der Anlage 1 Nr. 1.1.2 war für "Amtshandlungen im Widerspruchsverfahren - Zurückweisung eines Widerspruchs -" ein Gebührenrahmen von 5,00 bis 2500,00 EUR bestimmt. Die Festsetzung der Widerspruchsgebühr von 25,00 EUR im vorliegenden Fall hält sich in diesem Rahmen und ist auch sonst ermessensfehlerfrei.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 500,00 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 i. V. m. §§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

Hinweis: Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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