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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.06.2009
Aktenzeichen: 1 ZKO 730/08
Rechtsgebiete: VwGO, RGebStV, ThürRfGebBefrVO


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
RGebStV § 5 Abs. 7 S 1 Nr. 2
ThürRfGebBefrVO § 3 Abs. 1 Nr. 2
Das Autoradio in einem Kleinbus einer Behinderteneinrichtung, der ausschließlich der Beförderung der behinderten Bewohner dient, gehört nicht zu den gebührenbefreiten Rundfunkempfangsgeräten, die "in der Einrichtung" bereitgehalten werden.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - Beschluss

1 ZKO 730/08

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Rundfunk- und Fernsehrechts einschl. Gebührenbefreiung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan und die Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider und Prof. Dr. Ruffert am 22. Juni 2009 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das am 9. Oktober 2008 beratene Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen - 8 K 344/06 Me - wird abgelehnt.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge auf 231,81 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner, die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (ständige Rechtsprechung des Senats: vgl. Beschluss vom 23.05.2008 - 1 ZKO 328/07 -m. w. N.).

Der mit der Klage verfolgte Anspruch auf Befreiung von Rundfunkgebühren für ein Radio in einem Kleinbus einer Behinderteneinrichtung der Klägerin ergibt sich weder für die Zeit bis zum 31.03.2005 aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Thüringer Verordnung über die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 01.02.1994 (GVBl. 1994, 181), geändert durch Verordnung vom 03.05.2003 (GVBl. S. 305) - ThürRfGebBefrVO -, noch aus § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) in der seit dem 1. April 2005 in Thüringen nach dem Zustimmungsgesetz geltenden Fassung des Art. 5 Nr. 5 des Achten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag) vom 15.02.2005 (GVBl. S. 192).

Nach diesen im Wortlaut im Wesentlichen identischen Vorschriften wird eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht auf Antrag für Rundfunkempfangsgeräte gewährt, die in Einrichtungen für behinderte Menschen, insbesondere in Heimen, in Ausbildungsstätten und in Werkstätten für behinderte Menschen, für den jeweils betreuten Personenkreis ohne besonderes Entgelt bereitgehalten werden.

Das Autoradio im Kleinbus der Behinderteneinrichtung der Klägerin gehört nicht zu den Rundfunkempfangsgeräten, die dieser Befreiungstatbestand erfasst. Denn die Klägerin hält es nicht, wie dort vorausgesetzt, "in der Einrichtung" bereit.

Dieses Tatbestandsmerkmal, das sowohl in der Befreiungsverordnung als auch im Rundfunkgebührenstaatsvertrag enthalten ist, erfasst nicht Radios in Kraftfahrzeugen, die ausschließlich der Beförderung der behinderten Bewohner einer bestimmten Einrichtung für Behinderte im Rahmen ihrer Betreuungszwecke dienen (ebenso für das jeweils geltende Landesrecht bzw. für den ab dem 01.04.2005 als Landesrecht geltenden RGebStV: BayVGH, Urteil vom 18.04.2002 - 7 B 01.2382 - zit. nach Juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.06.2005 - 2 S 395/04 -, zit. nach Juris; OVG NRW, Urteil vom 10.06.2008 - 19 A 2450/07 - zit. nach Juris; Göhmann/Naujock/Siekmann, in: Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, RGebStV § 5 Rdnr. 65, m. w. N.; anders für das bis zum 01.04.2005 geltende Landesrecht: OVG Rh.-Pf., Urteil vom 28.03.2002 - 12 A 11623/01 -, zit. nach Juris; Nds. OVG, Urteil vom 21.09.1999 - 10 L 2704/99 -, zit. nach Juris; OVG NRW, Urteil vom 18.08.2004 - 19 A 2349/02 - zit. nach Juris).

So lässt der Wortlaut dieser Bestimmungen ("in Einrichtungen für Behinderte/behinderte Menschen, insbesondere in Heimen, in Ausbildungsstätten und in Werkstätten für Behinderte/behinderte Menschen") eine Abweichung vom zwingenden Erfordernis einer räumlichen Bezogenheit nicht zu. Die von der Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 100 Abs. 1 BSHG a. F. (vgl. Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/92 - BVerwGE 95, 149) vertretene weite Interpretation des Einrichtungsbegriffs, die sich losgelöst von einer Orts- und Gebäudebezogenheit ausschließlich an dem vom gemeinnützigen Rechtsträger verfolgten Betreuungszweck orientiert, entfernt sich zu weit vom Wortlaut der hier in Frage stehenden Rechtsnormen und verkennt, dass ein in ein Kraftfahrzeug eingebautes Empfangsgerät schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht in der Einrichtung betrieben wird, sondern von der Einrichtung bzw. im Rahmen dieser Einrichtung. Der Einrichtungsbegriff im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 ThürRfGebBefrVO/§ 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 RGebStV hat sich am Wortlaut sowie an Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift zu orientieren. In den genannten Vorschriften werden überdies die Begriffe Betrieb oder Einrichtung ersichtlich als Oberbegriffe verstanden und in der für den vorliegenden Fall allein in Frage kommenden Nr. 2 dieser Vorschriften durch Beispiele konkretisiert. In allen Beispielsfällen handelt es sich um Einrichtungen, die eine anstalts- bzw. heimmäßige Betreuung ermöglichen. Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber nur solche Rundfunkempfangsgeräte von der Gebührenpflicht befreien wollte, die im Rahmen einer stationären Einrichtung bereitgehalten werden.

Das Auslegungsergebnis steht auch mit dem Zweck des § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 RGebStV im Einklang. Dieser Zweck besteht ebenso wie bei § 3 Abs. 1 Nr. 2 ThürRfGebBefrVO darin, dem anstalts- oder heimmäßig untergebrachten Personenkreis, der sich dort regelmäßig über einen längeren zusammenhängenden Zeitraum aufhält, durch die damit eröffnete Gelegenheit zur kostenlosen Teilnahme am Rundfunk Ersatz für die nicht mögliche Teilnahme am öffentlichen, sozialen und kulturellen Leben zu verschaffen und eine "kulturelle Verödung" zu vermeiden. Diese Ersatzfunktion der Gebührenbefreiung wird durch die Nichteinbeziehung auch der Autoradios in Fahrzeugen von Behinderteneinrichtungen nicht durchgreifend beeinträchtigt. In erster Linie wird sie durch die Gebührenbefreiung für diejenigen Rundfunkempfangsgeräte gewährleistet, die der Träger in den Räumlichkeiten seiner Einrichtung "stationär" verwendet. Diese Hauptfunktion der Gebührenbefreiung bleibt durch die Nichteinbeziehung auch der Autoradios in seinen Fahrzeugen unangetastet, in denen sich die Behinderten regelmäßig nur kurze Zeit aufhalten.

Dieses Auslegungsergebnis kann sich auch auf eine historisch-genetische Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen stützen.

Während in anderen Bundesländern die Befreiung von Autoradios in Fahrzeugen von Behinderteneinrichtungen ausdrücklich geregelt war (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 BefrVO NRW in der seit dem 01.01.2004 geltenden Fassung des Art. 8 Nr. 3 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung vom 16.12.2003, BefrVO NRW 2003, GV NRW S. 766), hat der Thüringer Verordnungsgeber trotz anderweitiger Veränderungen keine Veranlassung gesehen, § 3 Abs. 1 Nr. 2 ThürRfGeb-BefrVO dem anzugleichen.

Auch die Begründung zu Art. 5 Nr. 5 des 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrags stützt das Auslegungsergebnis. Dieser staatsvertraglichen Begründung, die dem Landtag bei seiner Zustimmung zu dem Staatsvertrag vorgelegen hat (vgl. Anlage zur Landtags-Drucksache 4/466, dort S. 20 f.), kommt für die Auslegung des § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 RGebStV maßgebliche Bedeutung zu. Denn die gemeinsame amtliche, wortgleich in den Landtagsdrucksachen niedergelegte Begründung ist angesichts der vielschichtigen Motivationen der Beteiligten der einzig verlässliche Anhaltspunkt für den Willen der Ländergesamtheit, den der Thüringer Landesgesetzgeber als den seinigen anerkannt hat. In der Begründung zu § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV heißt es ausdrücklich, von dieser Befreiungsmöglichkeit würden die Rundfunkempfangsgeräte erfasst, "die in derartigen Betrieben bzw. Einrichtungen stationär bereit gehalten werden". Damit kommt deutlich zum Ausdruck, dass sich die Gebührenbefreiung nur auf solche Rundfunkempfangsgeräte beziehen soll, die in einem zu der jeweiligen Einrichtung gehörenden Gebäude an einen festen Standort gebunden, also in den Räumlichkeiten der jeweiligen Einrichtung, bereitgehalten werden. Dieser Wille hat auch - wie oben ausgeführt - hinreichenden Ausdruck im Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen gefunden.

Nimmt man die vorangehende Bemerkung in der Begründung hinzu, § 5 Abs. 7 bis 9 RGebStV betreffe die bisher in § 3 Abs. 1 der Befreiungsverordnungen vorgesehenen Befreiungstatbestände, und eine materielle Änderung sei damit nicht verbunden, wird deutlich, dass für Thüringen und für die meisten anderen Bundesländer die Rechtslage vor und nach Inkrafttreten des 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrags identisch geblieben ist.

Zu Recht weist schließlich der VGH Baden-Württemberg darauf hin, dass eine enge Auslegung der einzelnen Befreiungstatbestände im Rundfunkgebührenrecht aus abgabenrechtlicher Sicht, insbesondere wegen der verfassungsrechtlichen Grundsätze der rechtsstaatlichen Bestimmtheit und der abgabenrechtlichen Gleichbehandlung, geboten ist. Denn mit jeder Befreiung von der Abgabenpflicht ist eine verstärkte Kostenbelastung der verbleibenden Abgabepflichtigen verbunden. Zudem würde eine Auslegung, die die jeweilige Nutzung des betroffenen Kraftfahrzeugs der Einrichtung zum maßgeblichen Anknüpfungspunkt der Befreiung machte, sich mit den genannten Grundsätzen nur schwer vereinbaren lassen (vgl. im Einzelnen: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.06.2005 - 2 S 395/04 -, zit. nach Juris, Rdnr. 30).

Die Nichteinbeziehung auch der Autoradios in Fahrzeugen von Behinderteneinrichtungen in die Gebührenbefreiung nach § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 RGebStV ist schließlich auch mit dem Benachteiligungsverbot für Behinderte in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG und Art. 2 Abs. 4 ThürVerf vereinbar. Der Gesetzgeber war danach insbesondere nicht daraus verpflichtet, für die in § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 RGebStV genannten Behinderteneinrichtungen eine Sonderregelung zu treffen, um speziell die für diesen Personenkreis verwendeten Rundfunkempfangsgeräte weitergehend von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien als die für Nichtbehinderte verwendeten Geräte. Einer solchen Bevorzugung, etwa mit dem Ziel einer Angleichung der Verhältnisse von Nichtbehinderten und Behinderten, stehen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG und Art. 2 Abs. 4 ThürVerf nicht entgegen, gebieten sie jedoch auch nicht ohne weiteres. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung darüber, inwieweit und mit welchen rechtlichen Mitteln er eine solche Kompensation gewähren will, vielmehr einen Gestaltungsspielraum, bei dem er auch andere Gemeinschaftsbelange berücksichtigen und sich die Möglichkeit erhalten muss, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel für solche anderen Belange einzusetzen, wenn er dies für erforderlich hält.

Mit der Erwägung, nur die "stationären" Rundfunkempfangsgeräte, nicht aber auch die Autoradios in Fahrzeugen von Trägern von Einrichtungen mit heimmäßiger Unterbringung zu befreien, hat der thüringer Gebührengesetzgeber diesen Gestaltungsspielraum willkürfrei ausgefüllt. Willkür ist schon deshalb nicht erkennbar, weil die Nichteinbeziehung der Autoradios in die Gebührenbefreiung Behinderte und Nichtbehinderte in Einrichtungen mit heimmäßiger Unterbringung in gleicher Weise betrifft. Denn die Nichteinbeziehung der Autoradios erfasst nicht nur die in Nr. 2 des § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV/§ 3 Abs. 1 ThürRfGebBefrVO genannten Behinderteneinrichtungen, sondern ebenso auch alle anderen Einrichtungen, die in dieser Vorschrift aufgezählt sind (z. B. Krankenhäuser und Jugendhilfeeinrichtungen) und in denen auch Nichtbehinderte untergebracht sind. Insofern sind Behinderte von der Nichteinbeziehung solcher Autoradios in die Gebührenbefreiung nicht anders betroffen als Nichtbehinderte in Einrichtungen im Sinne des § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV/§ 3 Abs. 1 ThürRfGebBefrVO. Eine vollständige Gleichstellung von Nichtbehinderten außerhalb von Einrichtungen sowie von Behinderten und Nichtbehinderten in Einrichtungen im Sinne des § 5 Abs. 7 Satz 1 RGebStV/§ 3 Abs. 1 ThürRfGebBefrVO ist weder nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG noch nach Art. 3 Abs. 1 GG geboten.

Soweit die Klägerin auf ihre besonderen Konzepte zur Förderung der in ihrer Einrichtung aufgenommenen behinderten Menschen abhebt, ist nicht dargelegt, warum sie diese nicht auch anders - etwa mit einem Abspielgerät im Fahrzeug - verfolgen kann.

3. Der Kläger hat auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt bzw. es liegt keine solche Bedeutung vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Letzteres ist nur dann der Fall, wenn eine Rechtsstreitigkeit eine Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Sinne der Rechtseinheit der Klärung bedarf. Die Entscheidung des Berufungsgerichts muss aus Gründen der Rechtssicherheit, der Einheit der Rechtsordnung oder der Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse liegen.

Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind die Gründe, aus denen die Berufung aus Sicht des Antragstellers zuzulassen ist, darzulegen. Diesem Darlegungsgebot ist im Hinblick auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nur dann genügt, wenn in Bezug auf die Rechtslage eine entscheidungserhebliche, unmittelbar aus dem Gesetz nicht zu beantwortende, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte konkrete Frage aufgeworfen und erläutert wird, warum sie über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts zu klären ist. Es muss deshalb in der Begründung des Zulassungsantrags deutlich werden, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer konkreten Rechts- und Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen, es demnach erforderlich ist, dass sich das höhere Gericht klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt und entscheidet, ob die Bedenken durchgreifen. Das Darlegungsgebot erfordert deshalb bei der Behauptung einer grundsätzlichen Rechtsfrage eine konkrete Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil und den Vortrag gewichtiger Bedenken gegen diesen Rechtsstandpunkt.

Soweit der Zulassungsantrag, die Frage aufwirft, ob § 3 Abs. 1 Nr. 2 ThürRfGeb-BefrVO den geltend gemachten Befreiungsanspruch gewährt, ist bereits dem Darlegungsgebot nicht hinreichend Genüge getan.

Tritt nämlich - wie hier durch Aufhebung der Rundfunkgebührenbefreiungsverordnung (vgl. § 3 Abs. 3 des Thüringer Gesetzes zu dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag) - eine Rechtsänderung ein, sind die Grundsätze einschlägig, die für die grundsätzliche Bedeutung von Rechtsfragen aufgrund ausgelaufenen Rechts gelten. Da die Zulassungsvorschrift des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur eine für die Zukunft geltende Klärung herbeiführen soll, haben solche Rechtsfragen trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. Kopp/Schenke: VwGO, 15. Aufl. Rdnr. 10 m. w. N.). Dies gilt nur dann nicht, wenn die Klärung noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist. Für das Vorliegen einer solchen Sachlage ist der Beschwerdeführer darlegungspflichtig. Es müssen Anhaltspunkte für eine erhebliche Zahl von Altfällen dargetan und ersichtlich sein. Dem trägt die Begründung des Zulassungsantrags insoweit nicht ausreichend Rechnung.

Nachdem § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 RGebStV, der in allen Bundesländern einheitlich als Landesrecht gilt, im Hinblick auf den hier streitigen Fall von der obergerichtlichen Rechtsprechung inzwischen übereinstimmend ausgelegt wird und auch der Senat - wie oben dargelegt - keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Auslegung hat, erscheint diese Rechtsfrage obergerichtlich geklärt. Die Klägerin hat insoweit - aber auch bezogen auf § 3 Abs. 1 ThürRfGebBefrVO, nicht dargelegt, dass im Vergleich zu anderen Bundesländern in Thüringen besondere Umstände, etwa im Hinblick auf die Normfassung oder die Gesetzgebungsgeschichte, bestehen, die für Thüringen eine obergerichtliche Klärung der Rechtsfrage aufdrängten. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 31.03.2008 - 5 B 377/06 - verweist, betrifft dieser offenkundig nicht die hier maßgebliche Rechtsvorschrift und damit nicht die hier aufgeworfene Rechtsfrage. Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung scheidet demnach aus.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung ist auch nicht gemäß § 188 VwGO gerichtskostenfrei.

Zwar sind nach der inzwischen geänderten Rechtsprechung des Senates Verfahren, in denen um die Gebührenbefreiung aus sozialen Gründen gestritten wird, als Angelegenheiten der "Fürsorge" nach § 188 VwGO gerichtskostenfrei (vgl. Senatsbeschluss vom 15. April 2009 - 1 ZO 165/09 - unter Aufgabe der Rechtsprechung im Senatsurteil vom 30.11.2004 - 1 KO 867/04 -). Dies gilt indes nicht für die Gebührenbefreiung für besondere Betriebe oder Einrichtungen sowie Schulen (vgl. etwa § 5 Abs. 7, 10 RGebStV). Kennzeichnend für die Fürsorge im Sinne von § 188 VwGO ist die Erbringung einer sozialen Leistung gegenüber einem Individuum. Durch die § 5 Abs. 7, 10 RGebStV werden aber Rechtsträger von Einrichtungen und Schulen aus sozialpolitischen Gründen begünstigt. Es handelt sich nicht um die Ausreichung sozialer Leistungen an Begünstigte, deren Erstattung oder die Befreiung von Abgaben aus sozialen Gründen unter Beachtung bestimmter Einkommensgrenzen.

Die deshalb erforderliche Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. den Empfehlungen in Nrn. 3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Bei der Festsetzung des Streitwertes ist danach von der Bedeutung der Sache für den Kläger auszugehen. Nach dem Streitwertkatalog ist bei wiederkehrenden Leistungen aus Abgaben der 3 1/2-fache Jahresbetrag zu Grunde zu legen, soweit nicht die voraussichtliche Belastungsdauer geringer ist. Für letzteres gibt es hier keine Hinweise. Bei der im Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Gebühr für den Radioempfang von 5,52 € Rundfunkgebühr im Monat errechnet sich mithin ein Gesamtbetrag von 231,84 €. Die Abänderungsbefugnis ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Hinweis:

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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