Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.12.2003
Aktenzeichen: 10 SO 905/02
Rechtsgebiete: GG, VwGO, StPO, ThürVwVfG


Vorschriften:

GG Art. 19 Abs. 4
GG Art. 20 Abs. 3
VwGO § 67 Abs. 1
VwGO § 88
VwGO § 99
StPO § 96
ThürVwVfG § 37 Abs. 1
1. Die Befugnisse eines bevollmächtigten Rechtsanwalts schließen die Vertretung der obersten Aufsichtsbehörde zur Abgabe einer Weigerungserklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht ein; sowohl der Rechtscharakter als Verwaltungsentscheidung als auch der besondere Zweck des Zuständigkeitsvorbehalts in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO stehen einer Delegierung auf bevollmächtigte Dritte außerhalb der behördlichen Verwaltungsorganisation entgegen.

2. Zu den Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit einer Weigerungserklärung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT -10. Senat- Beschluss

10 SO 905/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Sperrerklärung nach § 96 StPO,

hier: Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO

hat der 10. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat gemäß § 189 VwGO - durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Lindner, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bathe und den Richter am Oberverwaltungsgericht Best

am 19. Dezember 2003 beschlossen:

Tenor:

Es wird festgestellt, dass die Verweigerung der Vorlage der im Aufklärungsbeschluss des 2. Senats des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 25. September 2002 - 2 KO 163/02 - angeforderten Unterlagen durch den Beklagten, die auf die Sperrerklärung der Bevollmächtigten vom 27. November 2002 gestützt wird, rechtswidrig ist.

Der Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses haben die Kosten des Zwischenverfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zwischenverfahren auf 4.000,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich im Hauptsacheverfahren gegen eine Sperrerklärung des Beklagten nach § 96 StPO in einem bei einer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mühlhausen anhängigen ihn selbst und andere Mitangeschuldigte betreffenden Strafverfahren.

Hintergrund dieses Verfahrens sind Verträge zwischen mehreren Unternehmen der sog. "P__-Gruppe", insbesondere der P______ GmbH & Co. Beteiligungs KG als Auftraggeberin und der P__ GmbH & Co. Construction KG als Auftragnehmerin, über die Errichtung eines Werks zur Fertigung von Compact Discs (CDs) in A_ und die in diesem Zusammenhang im Wesentlichen vom Land Thüringen bewilligten und ausgezahlten Fördermittel. Dem Kläger als ehemaligem Steuer- und Unternehmensberater des Mitangeschuldigten P__ wird nach der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Mühlhausen vom 9. April 1998 im Strafverfahren besonders schwerer gemeinschaftlicher Subventionsbetrug in zwei Fällen im Zusammenhang mit der Beantragung von Fördermitteln in den Jahren 1990 und 1991 zur Last gelegt. Außerdem wird ihm nach der Anklageschrift vom 18. März 1999 vorgeworfen, die Auszahlung von Investitionszulagen durch die Finanzbehörden für die Jahre 1991 und 1992 durch besonders schweren gemeinschaftlichen Subventionsbetrug in zwei Fällen mitveranlasst zu haben. Im Beschluss des Landgerichts Mühlhausen vom 10. Dezember 1999, mit dem das Hauptverfahren eröffnet worden ist, sowie im Beschluss vom 23. Oktober 2000 wies die Strafkammer darauf hin, dass eine Verfolgung der angeklagten Taten auch unter dem Gesichtspunkt des Betruges und der Beihilfe hierzu in Betracht kommen könnte. Die Strafkammer versuchte zu ermitteln, in welchem Umfang die mit den Subventionsgewährungen befassten öffentlichen Stellen über das den Angeklagten vorgeworfene Vorgehen im Förderverfahren Kenntnis hatten.

Der Vorsitzende der Strafkammer durchsuchte aufgrund des Beschlusses vom 26. September 2000 die Thüringer Staatskanzlei. Bei der Durchsuchung wurden in der Anlage zum Durchsuchungsprotokoll unter den laufenden Nummern 1 bis 76 bezeichnete Gegenstände auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Mühlhausen beschlagnahmt (darunter u. a. Protokolle über eine Koordinierungsrunde, Unterlagen, Schriftwechsel, Kabinettsvorlagen, -beschlüsse, -Protokolle; Schriftverkehr zwischen der Staatskanzlei und den an der Förderung beteiligten privaten und öffentlichen Stellen). Im Asservatenverzeichnis wurde der Inhalt der einzelnen Akten dem sachlichen Gegenstand nach umschrieben.

In der Zeit vom 22. bis 29. November 2000 sichteten die hauptamtlichen Mitglieder der Strafkammer die in der Staatskanzlei sichergestellten Unterlagen. Bei der Sichtung wurden für verfahrensrelevant erachtete Unterlagen fotokopiert, in (zwei oder drei) Aktenordnern sowie vier Briefumschlägen zusammengestellt und dem früheren Bevollmächtigten des Beklagten am 23. November 2000 und 29. November 2000 zur Prüfung der Frage überlassen, ob insoweit eine Sperrerklärung abgegeben werde. Ob dieses dem Beklagten zur Verfügung gestellte Aktenmaterial, von den Briefumschlägen abgesehen, in zwei oder drei Ordnern enthalten war, ist zwischen dem Beklagten und dem Vorsitzenden der Strafkammer nach wie vor streitig.

Ausweislich der vom Bevollmächtigten unterschriebenen Empfangskenntnisse vom 23. November und 29. November 2000 handelt es sich insgesamt um folgende Unterlagen:

- aus dem Asservat Nr. 1: Protokolle und Schriftstücke zur 1. bis 22. Sitzung des Koordinierungsausschusses (1993 bis 1994);

- aus dem Asservat Nr. 2: Protokolle und Schriftstücke zur 23. bis 39. Sitzung des Koordinierungsausschusses (1994);

- aus dem Asservat Nr. 3: Protokolle und Schriftstücke zur 1. bis 33. Koordinierungsrunde (1993 bis 1994);

- aus dem Asservat Nr. 4 (erhalten am 29. November 2000): Protokolle und Schriftstücke zur 34. bis 40. Koordinierungsrunde;

- aus dem Asservat Nr. 5: Protokolle und Schriftstücke zur 41. bis 46. Koordinierungsrunde (25. April 1995 bis 4. Juli 1995);

- aus dem Asservat Nr. 6: Protokolle und Schriftstücke zur 47. bis 52. Koordinierungsrunde (8. August 1995 bis 24. Oktober 1995);

- aus dem Asservat Nr. 7: Protokolle und Schriftstücke zur 53. bis 63. Koordinierungsrunde (14. November 1995 bis 25. Juni 1996);

- aus dem Asservat Nr. 8: Protokolle und Schriftstücke zur 64. bis 73. Koordinierungsrunde (10. Juli 1996 bis 10. Dezember 1996);

- aus dem Asservat Nr. 11: Protokolle und Schriftstücke zur 87. bis 95. Koordinierungsrunde (1. Oktober 1997 bis 31. März 1998);

- aus dem Asservat Nr. 13: Protokoll und Schriftstücke zur 101. Koordinierungsrunde (25. August 1998);

- aus dem Asservat Nr. 14: Protokolle und Schriftstücke zum Koordinierungsgespräch CdS;

- Asservat Nr. 15: ein vollständiger Leitzordner mit der Aufschrift "__ (A___)";

- aus dem Asservat Nr. 16 (erhalten am 29. November 2000): Unterlagen zur 39. bis 42. Sitzung des Verwaltungsrats der Treuhandanstalt;

- aus dem Asservat Nr. 19 (erhalten am 29. November 2000): Unterlagen zur 10. Sitzung des Verwaltungsrats der Treuhandanstalt;

- aus dem Asservat Nr. 20 (erhalten am 29. November 2000): Unterlagen zur 10. bis 22. Sitzung des Verwaltungsrats der Treuhandanstalt;

- aus dem Asservat Nr. 54 (erhalten am 29. November 2000): Unterlagen zur Sitzung des Finanzausschusses des Verwaltungsrats der Treuhandanstalt vom 16. Dezember 1993;

- Briefumschlag mit der Aufschrift 73: Niederschrift über die 160. Kabinettssitzung (2 Blatt); Sitzung des Kabinetts am 8. Februar 1994 (10 Blatt);

- Briefumschlag mit der Aufschrift 74: Akte TIB Nr. 5200.0/94 (9 Blatt);

- Briefumschlag mit der Aufschrift 75: Protokoll der AL-Beratung vom 26. Januar 1994 (2 Blatt);

- Briefumschlag mit der Aufschrift 76: Vorlage für die Sitzung des Verwaltungsrates der Treuhandanstalt vom 17. Dezember 1993 (4 Blatt); Tagesordnung für die 43. Sitzung des Verwaltungsrates vom 17. Dezember 1993 (2 Blatt); Protokollauszug TOP 17 Blatt 17-22; Verwaltungsvorlage aus der Sitzung am 17. Dezember 1993 (13 Blatt).

Mit Schreiben vom 28. November 2000 übersandte die Strafkammer per Telefax weitere Unterlagen (ein Schreiben der Staatskanzlei an den Thüringer Minister für Wirtschaft und Verkehr vom 7. Oktober 1993, Auszüge aus den Protokollen der Koordinierungsrunde vom 14. März 1995, 27. Februar 1995, 7. Februar 1995, 24. Januar 1995, 10. Januar 1995 und ein Schreiben der "K___-Gruppe" an den Ministerpräsidenten Vogel vom 23. Januar 1994) zur Prüfung an die Thüringer Staatskanzlei.

Mit Schreiben vom 29. November 2000 gab der Beklagte die im Hauptsacheverfahren streitige Sperrerklärung ab, die der Minister selbst unterzeichnete.

Dem Schreiben waren zwei Aktenordner mit der Bezeichnung "Anlage zur Sperrerklärung vom 29. November 2000, hergerichteter Ordner 1" bzw. "Anlage zur Sperrerklärung vom 29. November 2000, hergerichteter Ordner 2" beigefügt. Darin sind Fotokopien folgender Unterlagen enthalten:

- Ordner 1: Protokolle des Koordinierungsausschusses und von -gesprächen ab September 1993 bis 1996, 1998 und 1999; interne handschriftliche Vermerke; bei einigen Protokollen aus dem Jahr 1995 finden sich erhebliche Angaben zu anderen Unternehmen;

- Ordner 2: Schriftwechsel, Pressemitteilungen, Vermerke, Auszüge aus Straf- und Zivilgerichtsakten, Redeentwürfe aus den Jahren 1992 bis 2000.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2000 gab die Strafkammer den Beteiligten des Strafverfahrens die Sperrerklärung im Wortlaut zur Kenntnis und erläuterte unter Bezugnahme auf die Empfangsbekenntnisse vom 23. und 29. November 2000 den Gegenstand der Sperrerklärung. In einer dienstlichen Erklärung vom 11. Dezember 2000 umschrieb der Vorsitzende der Strafkammer den Inhalt der Aktenordner und Briefumschläge, die der Staatskanzlei zur Abgabe einer Sperrerklärung Ende November 2000 übergeben worden waren. Ferner teilten die Mitglieder der Strafkammer in einer gemeinsamen dienstlichen Erklärung vom 26. Januar 2001 u. a. mit, dass die gesperrten Protokolle der Koordinierungsrunden und Koordinierungsgesprächen in erster Linie Protokolle betrafen, "in denen Sachverhalte zu anderen Unternehmen protokolliert seien".

Am 16., 19. und 24. Januar 2001 gab die Strafkammer die sichergestellten Originalakten an den Bevollmächtigten des Beklagten heraus mit Ausnahme derjenigen Unterlagen, die nicht gesperrt worden waren und nach der Sichtung für verfahrensrelevant gehalten wurden. Hinsichtlich dieser Unterlagen sollen die Originale, die beim Landgericht verblieben, gegen Fotokopien ausgetauscht worden sein.

Am 16. Februar 2001 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Weimar Klage gegen die Sperrerklärung erhoben.

Durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. Oktober 2001 ergangenes Urteil (Az.: 6 K 386/01.We) hat das Verwaltungsgericht die Sperrerklärung aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über das Herausgabeverlangen des Landgerichts Mühlhausen bezüglich der als beweisrelevant aus den Asservaten ausgeschiedenen Unterlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Es hat diese Entscheidung u. a. damit begründet, dass die Sperrerklärung des Beklagten schon nicht mit der gebotenen Bestimmtheit erkennen lasse, welche Akten und Schriftstücke von ihr erfasst seien, zumal sich ihr Regelungsgegenstand nur mit Mühe aus "dem Hin und Her der Akten zwischen der Staatskanzlei und dem Landgericht" eingrenzen lasse.

Zur Begründung der vom 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch Beschluss vom 6. März 2002 - 2 ZKO 892/01 - zugelassenen Berufung hat der Beklagte ergänzend u. a. vorgetragen:

Für die Strafkammer als Adressatin der Sperrerklärung sei diese hinreichend bestimmt. Ihr seien zwei hergerichtete Ordner beigefügt gewesen, die in ihrem Umfang und der Reihenfolge mit den Aktenordnern übereinstimmten, die dem früheren Bevollmächtigten von der Strafkammer im Oktober 2000 übergeben worden seien. Sie unterschieden sich von diesen nur dadurch, dass in den hergerichteten Ordnern Kopieabdeckungen vorgenommen worden seien. Die Abdeckungen seien aber so vorgenommen worden, dass sich die gesperrten Blätter und Textpassagen ohne Schwierigkeiten thematisch und den jeweils handelnden Personen zuordnen ließen. Nur wenige Vorgänge aus dem Jahre 2000, auf die sich die Sperrerklärung ebenfalls beziehe, seien nicht einmal auszugsweise in den hergerichteten Ordnern enthalten. Diese Unterlagen seien aber zum Einen in der Sperrerklärung hinreichend konkretisiert. Zum Anderen seien sie durch eine - der Berufungsschrift beigefügte - Liste im Einzelnen bezeichnet worden und damit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren hierzu ausgeführt, auch die vorgelegte Liste könne nicht auf ihre Vollständigkeit hin überprüft werden.

Durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. September 2002 ergangenem Beschluss (Az.: 2 KO 163/02) hat der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom Beklagten die im Strafverfahren gesperrten Unterlagen angefordert. Im Beschluss heißt es:

"Dem Beklagten wird aufgegeben, bis zum 15. Oktober 2002 dem Senat die im Folgenden näher bezeichneten Akten, Urkunden und Schriftstücke vollständig im Original vorzulegen, die ihm die Wirtschaftsstrafkammer Mühlhausen im Verfahren 350 Js 41163/95-8 Kis am 23. und 29. November 2000 als beweisgeeignetes Material zur Abgabe einer Sperrerklärung übergeben hat und auf die sich die Sperrerklärung vom 29. November 2000 bezieht (Asservate 1 bis 15 und 73 bis 76):

- aus dem Asservat Nr. 1: Protokolle und Schriftstücke zur 1. bis 22. Sitzung des Koordinierungsausschusses (1993 bis 1994);

- aus dem Asservat Nr. 2: Protokolle und Schriftstücke zur 23. bis 39. Sitzung des Koordinierungsausschusses (1994);

- aus dem Asservat Nr. 3: Protokolle und Schriftstücke zur 1. bis 33. Koordinierungsrunde (1993 bis 1994);

- aus dem Asservat Nr. 4: Protokolle und Schriftstücke zur 34. bis 40. Koordinierungsrunde (1993 bis 1994);

- aus dem Asservat Nr. 5: Protokolle und Schriftstücke zur 41. bis 46. Koordinierungsrunde (25. April 1995 bis 4. Juli 1995);

- aus dem Asservat Nr. 6: Protokolle und Schriftstücke zur 47. bis 52. Koordinierungsrunde (8. August 1995 bis 24. Oktober 1995);

- aus dem Asservat Nr. 7: Protokolle und Schriftstücke zur 53. bis 63. Koordinierungsrunde (14. November 1995 bis 25. Juni 1996);

- aus dem Asservat Nr. 8: Protokolle und Schriftstücke zur 64. bis 73. Koordinierungsrunde (10. Juli 1996 bis 10. Dezember 1996);

- aus dem Asservat Nr. 11: Protokolle und Schriftstücke zur 87. bis 95. Koordinierungsrunde (1. Oktober 1997 bis 31. März 1998);

- aus dem Asservat Nr. 13: Protokoll und Schriftstücke zur 101. Koordinierungsrunde (25. August 1998);

- aus dem Asservat Nr. 14: Protokolle und Schriftstücke zum Koordinierungsgespräch CdS;

- Asservat Nr. 15: ein vollständiger Leitzordner mit der Aufschrift "P__ (A___)";

- Briefumschlag mit der Aufschrift 73: Niederschrift über die 160. Kabinettssitzung (2 Blatt); Sitzung des Kabinetts am 8. Februar 1994 (10 Blatt);

- Briefumschlag mit der Aufschrift 74: Akte TIB Nr. 5200.0/94 (9 Blatt);

- Briefumschlag mit der Aufschrift 75: Protokoll der AL-Beratung vom 26. Januar 1994 (2 Blatt);

- Briefumschlag mit der Aufschrift 76: Vorlage für die Sitzung des Verwaltungsrates der Treuhandanstalt vom 17. Dezember 1993 (4 Blatt); Tagesordnung für die 43. Sitzung des Verwaltungsrates vom 17. Dezember 1993 (2 Blatt); Protokollauszug TOP 17 Blatt 17-22; Verwaltungsvorlage aus der Sitzung am 17. Dezember 1993 (13 Blatt)".

Mit Schreiben vom 27. November 2002 erklärten die Bevollmächtigten des Beklagten gegenüber dem Gericht, "dass die vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 27. September 2002 angeforderten Akten, Urkunden und Schriftstücke nicht vorgelegt werden können, da das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten, Urkunden und Schriftstücke dem Wohle des Freistaats Thüringen Nachteile bereiten würde".

Die Verweigerung der Vorlage begründeten sie im Einzelnen wie folgt:

"Unterlagen betreffend die regierungsinternen Koordinierungsrunden

Diese Unterlagen enthalten Daten, die andere Firmen und Personen als P__/CDA betreffen. Wenn auch diese Auszüge in den Prozess eingeführt würden und damit der Öffentlichkeit bekannt werden könnten, würden vertrauliche Unternehmensdaten bis in die Gegenwart hinein der Allgemeinheit bekannt. Dem steht ein Geheimhaltungsinteresse des Freistaats Thüringen entgegen. Ansiedlungswillige Unternehmen müssen sich darauf verlassen können, dass ihre vertraulichen Daten dauerhaft geschützt werden. Das wäre nicht mehr gewährleistet beim Bekanntwerden von nicht P___ betreffenden Auszügen aus den Protokollen. Damit wäre die Ansiedlungspolitik des Landes und die dringend notwendige Schaffung von Arbeitsplätzen erheblich gefährdet. Dies brächte für das Wohl des Landes erhebliche Nachteile mit sich. Darüber hinaus handelt es sich bei den Teilnehmern an den Koordinierungsrunden weitgehend um Regierungsmitglieder. Betroffen ist daher auch der anerkannte Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, der einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich voraussetzt, der dem Zugriff anderer Staatsgewalten entzogen ist.

Da die über P__/CD A___ hinaus erbetenen Unterlagen keine erkennbare Bedeutung für das (Ausgangs-)Strafverfahren haben, genießt das Geheimhaltungsinteresse des Staates Vorrang, ohne dass dadurch vorliegend das öffentliche Strafverfolgungsinteresse oder Belange der Angeklagten/Kläger in irgendeiner Weise beeinträchtigt wären, was im Übrigen auch nicht gewollt ist. In dem Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 20.11.2000 heißt es, dass der Behörde selbstredend die Überprüfung ihrer Akten dahin zusteht, ob der Inhalt für die angeforderte Stelle von Bedeutung sein könnte, da schließlich nicht der gesamte Aktenbestand einer Behörde herausgegeben werden könne.

Interne Vermerke der Staatskanzlei und des Justizministeriums sowie sonstige Unterlagen der Staatskanzlei

Die zuständige Strafkammer des Ausgangsstrafverfahrens hält auch interne Vermerke von Mitarbeitern der Staatskanzlei und des Justizministeriums, insbesondere aus dem Jahre 2000, für beweisgeeignet. Auch hinsichtlich dieser Vermerke wird eine Sperrerklärung abgegeben. Diese Vermerke sind lediglich regierungsintern entscheidungsvorbereitend. Relevant ist jedoch nur die nach außen verkündete Entscheidung einer Behörde. Erwägungen, die nur in intern vorbereitenden Vermerken auftauchen, die aber letztendlich von den Entscheidungsträgern der Behörde nicht als maßgeblich angesehen wurden, gehören grundsätzlich zum nicht ausforschbaren Initiativ- und Beratungsbereich des geschützten Kerns exekutiver Eigenverantwortung. Dies betrifft namentlich vorbereitende Vermerke im Rahmen der laufenden gerichtlichen Auseinandersetzung um die Durchsuchung und Aktenbeschlagnahme. Im Übrigen ist auch bei diesen Unterlagen eine Bedeutung für das Ausgangsstrafverfahren nicht ersichtlich. In jedem Falle ist im Wege der Abwägung das Geheimhaltungsinteresse überwiegend.

Schriftwechsel innerhalb der Landesregierung oder mit der Landesregierung betreffend das Klageverfahren des Freistaats Thüringen gegen die EU-Kommission

Auch hier handelt es sich lediglich um interne entscheidungsvorbereitende Unterlagen."

In einem weiteren Schriftsatz vom 7. Februar 2003 führt der Beklagte u. a. aus, die Auflistung der von der streitgegenständlichen Sperrerklärung erfassten Akten, Urkunden und Schriftstücke im Beschluss vom 25. September 2002 belegten die Bestimmtheit der ergangenen Sperrerklärungen. Im Schreiben vom 27. November 2002 sei auf diese Auflistung ausdrücklich Bezug genommen worden, weshalb eine nochmalige Auflistung überflüssig gewesen sei.

Mit Schreiben vom 7. April 2003 an den Senat hat der Beklagte die geltend gemachten Weigerungsgründe hinsichtlich der nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gesperrten Unterlagen - anhand von aus seiner Sicht geheimhaltungsbedürftigen Informationen - näher erläutert. Der Senat hat - dem Verlangen des Beklagten entsprechend - davon abgesehen, das Schreiben den übrigen Verfahrensbeteiligten zuzuleiten, und diese hierüber informiert.

Der Beklagte beantragt,

das In-Camera-Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO einzuleiten.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass die Verweigerung der Vorlage der mit Beschluss des 2. Senats des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 25. September 2002 angeforderten Akten rechtswidrig war, und

2. die Abgabe der Verfahrensakten in dem Verfahren 2 KO 163/02 an den nach § 189 VwGO zuständigen Spruchkörper des Thüringer Oberverwaltungsgerichts rückgängig zu machen.

Er trägt u. a. vor:

Die Sperrerklärung des Beklagten gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vom 27. November 2002 sei bereits nicht hinreichend bestimmbar und damit formell rechtswidrig. Weder für ihn, den Kläger, noch für den 2. Senat lasse sie erkennen, welche Akten und Schriftstücke von ihr erfasst seien.

Die Abgabe des Antrags des Beklagten gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Vorlage der Verfahrensakten an den nach § 189 VwGO zuständigen Fachsenat sei auch deshalb rechtswidrig, weil vom 2. Senat nicht geprüft worden sei, ob der Beklagte glaubhaft gemacht habe, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO für die Verweigerung der Vorlage von Urkunden oder Akten vorliegen. Zwar sei die Bestimmung des § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO a. F., die die Prüfung der Glaubhaftmachung der Voraussetzungen für die Verweigerung der Vorlage der Akten durch das Gericht der Hauptsache vorgeschrieben habe, geändert worden. Jedoch müsse auch nach der neuen Rechtslage das Gericht der Hauptsache die Glaubhaftmachung vor Durchführung eines "In-camera-Verfahrens" überprüfen. Die Behörde sei gehalten, in ihrer Sperrerklärung die konkreten Gründe ihrer Weigerung darzulegen, soweit entgegen stehende Gründe dies noch zuließen, damit dem Gericht die Überprüfung der Weigerung zumindest auf offensichtliche Fehler möglich sei. Ein Verzicht auf eine vorherige Überprüfung der Glaubhaftmachung laufe auf eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) der Beteiligten hinaus. Eine solche Beschränkung ergebe sich nicht nur wegen des Ausschlusses einer mündlichen Verhandlung im "In-camera-Verfahren", sondern auch dadurch, dass der Freistaat Thüringen beizuladen sei. Aufgrund der fehlenden Beteiligung des Klägers am "In-camera-Verfahren" werde ein Ungleichgewicht zwischen beiden Prozessbeteiligten geschaffen, denn der Freistaat Thüringen sei wegen seiner Beteiligung eindeutig bevorzugt.

Ferner habe der 2. Senat bereits vor der Anforderung der Akten in einem ersten Schritt die materielle Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung im Strafverfahren gemäß § 96 StPO - den Streitgegenstand in der Hauptsache - nach den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung des BVerwG ohne Sichtung der Akten prüfen müssen. Ihrer Beiziehung habe es nicht bedurft, weil sich schon ohne sie feststellen ließe, dass die Sperrerklärung gemäß § 96 StPO den materiellen Rechtmäßigkeitsanforderungen nicht genüge.

Auch die Berufung des Beklagten auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung gehe fehl.

Das Oberverwaltungsgericht sei jedenfalls verpflichtet, den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zur Nachholung eines entsprechenden Zwischenverfahrens zurückzuverweisen, weil das Verfahren ohne die vorgängige Prüfung durch den mit der Hauptsache befassten Spruchkörper an einem wesentlichen Mangel leide.

Das Schreiben des Beklagten vom 7. April 2003, in dem dieser die geltend gemachten Weigerungsgründe näher erläutere, unterliege nicht dem materiellen Geheimschutz, so dass es auch ihm, dem Kläger, zugänglich gemacht werden müsse. Ein entsprechendes Akteneinsichtsrecht nach § 100 Abs. 1 VwGO bestehe. Es sei nicht Gegenstand des sog. "In-camera-Verfahrens" nach § 99 Abs. 2 VwGO. Gegenstand seien vielmehr nur Urkunden oder Akten bzw. Auskünfte, die vom Gericht angefordert worden seien. Die Erklärungen zum Vorliegen von Weigerungsgründen nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO unterlägen selbst keinesfalls dem materiellen Geheimschutz. Über sie habe vielmehr der für die Hauptsache zuständige Senat zu befinden. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass mit immer neuen nachgeschobenen Gründen im Zwischenverfahren irgendwann einmal von der verweigernden Behörde ihr Ziel erreicht werde, den Geheimschutz plausibel darzulegen, was die Vorschriften der §§ 96 StPO, 99 VwGO gerade verhindern sollten.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beantragt,

festzustellen, dass die Verweigerung der Vorlage der im Beschluss des 2. Senats des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 25. September 2002 (2 KO 163/02) bezeichneten Urkunden und Akten rechtmäßig ist.

Zur Begründung bezieht er sich auf den Vortrag des Beklagten.

Nach Einleitung des Zwischenverfahrens gemäß § 99 Abs. 2 VwGO hat der Beklagte am 10. März 2003 dem nach § 189 VwGO zuständigen Fachsenat 2 Aktenordner übergeben, die mit den Aufschriften "I. KO-Runde 24.11.00 (vom LG am 23.11.00 übergeben)" und "II. P_ 24.11.00 (vom LG am 23.11.00 übergeben)" versehen sind. Er teilte hierzu mit, dass es sich dabei um den Originalbestand der vom Landgericht Mühlhausen in Fotokopie zusammengestellten Unterlagen handele, der ihm im November 2000 zur Prüfung und Abgabe einer Sperrerklärung zur Verfügung gestellt worden sei und auf den sich seine Sperrerklärung vom 29. November 2000 beziehe. Mit Beschluss vom 10. Juli 2003 hat der Senat dem Beklagten aufgegeben, die im Aufklärungsbeschluss des 2. Senats vom 25. September 2002 angeforderten Unterlagen in einer der Auflistung in diesem Beschluss entsprechenden geordneten Form zusammenzustellen und sie dem Senat erneut vorzulegen. Hierzu hat er die beiden Ordner dem Beklagten vorläufig zurückgegeben. Am 4. August 2003 hat der Beklagte dem Senat die zurückgegebenen 2 Ordner - der Darstellung des Beklagten zufolge unverändert in der vom Landgericht vorgegebenen Reihenfolge, aber mit der Zuordnung der betreffenden Asservat-Nummern gekennzeichnet - erneut zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus hat er dem Senat 2 weitere Aktenordner übergeben, die keine Aufschrift enthalten und in denen - seinen Angaben zufolge - die vom 2. Senat vorgegebene Reihenfolge der Asservat-Kennzeichnung umgesetzt worden ist.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (3 Bände), die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge (4 Aktenordner) und die vom Kläger vorgelegten Ablichtungen der Anklageschriften der Staatsanwaltschaft Mühlhausen vom 9. April 1998 und vom 18. März 1999 und des Eröffnungsbeschlusses des Landgerichts Mühlhausen vom 10. Dezember 1999 (1 Hefter), die ebenfalls Gegenstand der Beratung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Anträge haben keinen Erfolg.

Es bedarf im vorliegenden Zwischenverfahren nicht einer Beiladung der Thüringer Staatskanzlei als oberster Aufsichtsbehörde (§ 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO), die die Weigerungserklärung vom 27. November 2002 abgegeben hat. Wenn ein Verfahrensbeteiligter durch den Leiter der obersten Aufsichtsbehörde - wie im vorliegenden Fall der Beklagte durch den Chef der Staatskanzlei - vertreten wird, besteht kein Grund mehr für eine besondere Beteiligung der Aufsichtsbehörde selbst (vgl. andererseits: BVerwG, Beschluss vom 15. August 2002 - 2 AV 3.02 - DVBl. 2002, 1559 = NVwZ 2002, 1504).

Gegenstand des vorliegenden Zwischenverfahrens gemäß § 99 Abs. 2 VwGO in der hier maßgeblichen Fassung des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 - BGBl. I S. 3987 - (n. F.) sind die Anträge des Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses, mit denen sie die Klärung der Rechtmäßigkeit der Weigerungserklärung vom 27. November 2002 begehren, die vom 2. Senat durch Beschluss vom 25. September 2002 angeforderten Akten, Urkunden und Schriftstücke vorzulegen. Hingegen erstrebt der Kläger mit den Anträgen im Schriftsatz vom 20. Januar 2003 nicht die Durchführung eines eigenen Antragsverfahrens. In sachgerechter Auslegung entsprechend § 88 VwGO verfolgt er mit Blick auf das Rechtsschutzziel im Hauptsacheverfahren mit dem Antrag zu 1) allein das gegenläufige Sachbegehren, die Rechtswidrigkeit der Weigerung festzustellen. Der in der Sache vorrangige Antrag zu 2), die Abgabe der Verfahrensakten an den Fachsenat (§ 189 VwGO) rückgängig zu machen, zielt darauf ab, die Durchführung des Zwischenverfahrens abzulehnen, stellt mithin die Voraussetzungen für dessen Einleitung in Frage.

Die Anträge des Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses, über die mithin allein zu befinden ist, sind zulässig, insbesondere statthaft. Die Vorschrift des § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO n. F. sieht das Antragsrecht nicht nur für bestimmte Verfahrensbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens vor. Es steht vielmehr grundsätzlich auch anderen Beteiligten wie insbesondere der beklagten Behörde oder dem Vertreter des öffentlichen Interesses zu (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 99 Rn. 18; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 99 Rn. 31; Eyermann, VwGO, Nachtrag zur 11. Auflage 2000 (2003), § 99 N 16; Sodan/Ziekow, VwGO, § 99 Rn. 42). Der Wortlaut der Vorschrift lässt eine Beschränkung des Antragsrechts nicht erkennen. Diese erweist sich auch nicht aus anderen Gründen, insbesondere nach Sinn und Zweck der Regelung, als geboten. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung ersichtlich nicht nur ein Interesse des Klägers an einer Feststellung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der Weigerungserklärung für denkbar gehalten und dementsprechend das Antragsrecht nur ihm einräumen wollen (vgl. BT-Drs. 14/7474 S. 15 f.).

Bedenken hinsichtlich des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses bestehen nicht. Solche ergeben sich im Falle des Beklagten nicht daraus, dass der Leiter der Staatskanzlei, der ihn im verwaltungsgerichtlichen Ausgangsverfahren vertritt, als oberste Aufsichtsbehörde selbst für die Weigerungserklärung zuständig ist und damit die Grundlage für das Zwischenverfahren erst schafft. Zwar konnte der Beklagte schon durch die Abgabe dieser Erklärung verhindern, dass die vom 2. Senat im Aufklärungsbeschluss vom 25. September 2002 (Az.: 2 KO 163/02) angeforderten Unterlagen ohne Weiteres zum Gegenstand des Ausgangsverfahrens gemacht und damit vom Kläger eingesehen werden konnten. Die erstrebte Feststellung der Rechtmäßigkeit der Weigerung (§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO) kann aber seine verfahrensrechtliche Stellung im verwaltungsgerichtlichen Ausgangsverfahren verbessern, in dem er die Sperrerklärung gemäß § 96 StPO verteidigt.

Die Einleitung des durch die Neuregelung des § 99 Abs. 2 VwGO eingeführten "In-camera-Verfahrens" vor dem nach § 189 VwGO zuständigen Fachsenat setzt nicht, wie der Kläger meint, voraus, dass der für das verwaltungsgerichtliche Ausgangsverfahren zuständige Spruchkörper vor der Abgabe der Sache feststellt, die geltend gemachten Weigerungsgründe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO seien hinreichend glaubhaft gemacht. Ein solches Erfordernis findet im Wortlaut der Regelung des § 99 Abs. 2 VwGO n. F. keine Stütze. Die zu § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO a. F. ergangene Rechtsprechung ist nach der Neufassung der Vorschrift überholt (vgl. zur früheren Rechtslage nur BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1982 -4 B 172.82 - BVerwGE 86, 233 - NVwZ 1983, 407). Ebenso wenig setzt die Durchführung eines "In-camera-Verfahrens" voraus, dass von der Beiziehung der streitgegenständlichen Unterlagen durch den für das verwaltungsgerichtliche Ausgangsverfahren zuständigen Spruchkörper abzusehen ist, wenn die angefochtene Sperrerklärung im Strafverfahren gemäß § 96 StPO sich bereits - ohne Sichtung der Akten - nach den Grundsätzen der zur Vorschrift des § 99 Abs. 2 VwGO in deren früheren Fassung (vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Januar 2002) ergangenen Rechtsprechung des BVerwG als rechtswidrig erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2003 - 6 VR 3.03 - DVBl. 2003, 869 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 30). Eine solche Prüfung ist dem Fachsenat (§ 189 VwGO) nicht aufgegeben.

Die mithin zulässigen Anträge gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO n. F. sind jedoch unbegründet. Die Verweigerung der Vorlage der vom 2. Senat im Aufklärungsbeschluss vom 25. September 2002 (Az.: 2 KO 163/02) angeforderten Unterlagen durch die Bevollmächtigten des Beklagten in deren Schriftsatz vom 27. November 2002 ist nicht rechtmäßig. Der Senat hat deshalb im Hinblick auf die nur möglichen Aussprüche der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit die gegenläufige Feststellung zu treffen.

Die von den Bevollmächtigten des Beklagten abgegebene Erklärung, die angeforderten Akten, Urkunden und Schriftstücke vorzulegen, genügt nicht den formellen Anforderungen an eine Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die Befugnisse der Bevollmächtigten gemäß § 67 Abs. 1 VwGO zur Vertretung des Beklagten schließen die Vertretung der Aufsichtsbehörde, der die Aufgaben nach § 99 VwGO zur Wahrung spezieller öffentlicher Interessen übertragen sind, nicht ein. Die Erklärung über die Nichtvorlage von Akten ist der "obersten Aufsichtsbehörde" selbst vorbehalten. Das ist im vorliegenden Fall die Staatskanzlei, in deren Geschäftsbereich die streitigen Akten amtlich verwahrt werden. Zwar ist es unschädlich, wenn eine Weigerungserklärung im Sinne der zitierten Vorschrift nicht durch den Minister persönlich oder dessen Vertreter erfolgt. Ausreichend kann auch eine entsprechende Erklärung eines Prozesssachbearbeiters oder eines anderen Referenten der Behörde sein (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 1996 - 1 B 37.95 - DVBl. 1996, 814 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 24 = NVwZ-RR 1997, 133, m. w. N.). Eine Delegierung auf bevollmächtigte Dritte, die außerhalb der Verwaltungsorganisation der Behörde stehen, scheidet aber aus. Das ergibt sich schon aus dem Rechtscharakter der Weigerungserklärung. Diese stellt keine bloße Prozesserklärung eines Verfahrensbeteiligten in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren dar, die auch von einem Bevollmächtigten abgegeben werden könnte. Vielmehr handelt es sich bei ihr um eine - zumindest einem Verwaltungsakt vergleichbare - Verwaltungsentscheidung, die grundsätzlich ein staatlicher Hoheitsträger zu erlassen hat (vgl. zum Rechtscharakter einer Sperrerklärung: Senatsbeschluss vom 27. März 2003 - 10 SO 337/01 - ThürVBl. 2003, 253 m. w. N.).

Ebenso wenig wie eine - im öffentlichen Interesse erlassene - gesetzliche Regelung der Vertretungsmacht eines vertretungsberechtigten Organs kann eine vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung, einer Behörde eine bestimmte Aufgabe zuzuweisen, durch eine gewillkürte Vertretung verdrängt werden (vgl. nur Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht 1, 10. Auflage 1994, § 35 Rn. 15 m. w. N.).

Diese Aufgabenzuweisung wird durch den besonderen Zweck des Zuständigkeitsvorbehalts in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO unterstrichen. Er besteht darin, die Entscheidung über die Herausgabe geheimhaltungsbedürftiger Akten von einer Stelle treffen zu lassen, die den größten Überblick und ein umfassendes Urteilsvermögen hat, um Missbräuche bei der Geheimhaltung von Akten nach Möglichkeit auszuschalten und der Erklärung im Hinblick auf den Rang der Behörde eine besondere Autorität zu verleihen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 1996 - 1 B 37.95 - a. a. O., m. w. N.). Dem entspricht das grundsätzliche Erfordernis, die oberste Aufsichtsbehörde, der nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Entscheidung über Abgabe einer Sperrerklärung obliegt, selbst dann zum Zwischenverfahren gemäß § 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO beizuladen und damit ihre unmittelbare Beteiligung an diesem Verfahren zu gewährleisten, wenn sie Behörde der beklagten Körperschaft ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. August 2002 - 2 AV 3.02 - DVBl. 2002, 1559 = NVwZ 2002, 1504). Mit dem vorgenannten Zweck der Regelung des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist es nicht vereinbar, die Befugnis zur Abgabe einer Sperrerklärung auf die bevollmächtigten Rechtsanwälte des Ausgangsverfahrens zu übertragen.

Die Entscheidung selbst genügt in zweifacher Hinsicht nicht der inhaltlichen Bestimmtheit, wie sie für jede Verwaltungsentscheidung zu fordern ist (vgl. § 37 Abs. 1 ThürVwVfG). Das gilt sowohl hinsichtlich der behördlichen Unterlagen, auf die sich die Weigerungserklärung der Thüringer Staatskanzlei vom 27. November 2002 bezieht, als auch hinsichtlich der Form der abgegebenen Erklärung.

Die Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit einer Verwaltungsentscheidung beruhen auf dem grundgesetzlich verankerten Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und den daraus abgeleiteten Erfordernissen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Der hierin wurzelnde Grundsatz, dass behördliche Maßnahmen inhaltlich hinreichend bestimmt sein müssen, hat für Verwaltungsakte eine einfachgesetzliche Konkretisierung etwa in der Vorschrift des § 37 Abs. 1 ThürVwVfG gefunden. Als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes gilt diese Regelung daher auch für andere Formen behördlichen Verwaltungshandelns (vgl. nur Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 37 Rn. 4). Die in § 37 Abs. 1 ThürVwVfG enthaltene gesetzliche Formulierung ("inhaltlich hinreichend bestimmt") bringt zum Ausdruck, dass damit nur ein rechtsstaatlicher Mindeststandard verlangt wird, so dass Bestimmbarkeit des Regelungsgegenstands genügt. Dies bedeutet, dass aus der getroffenen Regelung, d. h. aus dem Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen, und sonstigen ohne Weiteres erkennbaren Umständen für die Beteiligten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere den Adressaten der Verwaltungsentscheidung, aber auch für sonstige durch die Maßnahme Betroffene die Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten darauf einstellen können, und, sofern es sich um mit der Angelegenheit befasste Behörden oder Gerichte handelt, insbesondere den Inhalt der Regelung weiteren zu treffenden Entscheidungen zugrunde legen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 1992 - 1 C 36.89 - GewArch 1993, 117 = Buchholz 451.45 § 16 HwO Nr. 8 m. w. N.; Kopp/Ramsauer, § 37 Rn. 5 m. w. N.). Dabei muss außer dem Rechtscharakter und dem Regelungsadressaten auch der Regelungsgegenstand bzw. -inhalt der Maßnahme bestimmbar sein. Im Einzelnen richten sich die inhaltlichen Anforderungen an die Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit der Verwaltungsentscheidung umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 = DVBl. 1990, 576 = NVwZ 1990, 658). Ungeachtet dessen, ob für die Bestimmbarkeit des Regelungsinhalts auch auf dem Betroffenen noch nicht vorliegende Unterlagen, auf die er erst noch Rückgriff nehmen muss, abgestellt werden darf (vgl. hierzu nur Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 37 Rn. 12 m. w. N.), ist der Regelungsinhalt jedenfalls dann nicht mehr bestimmbar, wenn die Regelungsadressaten oder die sonstigen von der Regelung Betroffenen weder den Inhalt der Unterlagen kennen noch unmittelbar auf diese Zugriff nehmen und sich damit die erforderliche Kenntnis verschaffen können.

Den vorbezeichneten Anforderungen hinsichtlich des Regelungsinhalts entspricht die Weigerungserklärung vom 27. November 2002 nicht. Diese Würdigung beruht auf einer an der Sicht des Oberverwaltungsgerichts - als Adressat der Erklärung - orientierten Beurteilung. Gleiches gilt für den unter dem Gesichtspunkt der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG mit zu berücksichtigenden Blickwinkel des Klägers - als ebenfalls von der Sperrerklärung Betroffener -, für den der Regelungsinhalt ebenfalls erkennbar sein muss.

Ausgehend von diesem Bezugspunkt der rechtlichen Prüfung der Erkennbarkeit des Regelungsinhalts bleibt unklar, auf welches Aktenmaterial sich die Weigerungserklärung bezieht. Diese Beurteilung zu dem vom 2. Senat angesprochenen Material ist dem Fachsenat (§ 189 VwGO) nicht im Hinblick darauf verwehrt, dass der 2. Senat seinerseits etwa von der hinreichenden Bestimmtheit der Sperrerklärung nach § 96 StPO ausgegangen ist und hiervon ausgehend eine Bezugnahme auf sie in der Aktenanforderung als ausreichend erachtet hat. Denn das vorliegende Zwischenverfahren und das verwaltungsgerichtliche Ausgangsverfahren haben gerade verschiedene Sperrerklärungen mit unterschiedlichen Adressaten, die Sperrerklärung vom 29. November 2000 das Strafgericht und diejenige vom 27. November 2002 das Oberverwaltungsgericht, zum Gegenstand; dies schließt die Möglichkeit abweichender Beurteilungen ein.

Die der Weigerungserklärung zugrunde liegende Aktenanforderung des 2. Senats gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO musste ihrerseits letztlich offen lassen, welche Unterlagen im Einzelnen dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt werden sollen. Die im Aufklärungsbeschluss des 2. Senats vom 25. September 2002 enthaltene Anforderung bezieht sich zwar auf nach Asservaten, der Art und dem betreffenden Zeitraum nach bezeichnete Schriftstücke. Eine hinreichende Konkretisierung des in Bezug genommenen Ausgangsmaterials, auf das sich die Sperrerklärung bezieht, ist indessen nicht erreicht worden. Denn der genannte Beschluss enthält im Eingang des Tenors einen Vorbehalt hinsichtlich der Unterlagen, die die Strafkammer dem Beklagten am 23. und 29. November 2000 überlassen hat und die Gegenstand der im Strafverfahren des Klägers abgegebenen Erklärung vom 29. November 2000 sind ("die im Folgenden näher bezeichneten Akten, Urkunden und Schriftstücke vollständig im Original vorzulegen, die ihm die Wirtschaftsstrafkammer im Verfahren 350 Js 41163/95-8 Kls am 23. und 29. November 2000 als beweisgeeignetes Material zur Abgabe einer Sperrerklärung übergeben hat und auf die sich die Sperrerklärung vom 29. November 2000 bezieht (Asservate 1 bis 15 und 73 bis 76)"); er ist damit der Aufzählung der Asservate in den jeweiligen Empfangsbekenntnissen vom 23. und 29. November 2000 gefolgt, wie sie dort jeweils dargestellt sind.

Schon die angesprochene Sammlung von Unterlagen lässt sich nicht von anderem Aktenmaterial hinreichend abgrenzen. Sie konnte vom Beklagten nicht in der Form, wie vom 2. Senat des Gerichts verlangt, vorgelegt werden. Dem Fachsenat sind vielmehr zwei Ordner mit den Aufschriften "I. KO-Runde 24.11.00 (vom LG am 23.11.00 übergeben)" und "II. P___ 24.11.00 (vom LG am 23.11.00 übergeben)" eingereicht worden, die das den Gegenstand der Sperrerklärung bildende Material darstellen sollen. Auch die Aufforderung mit Beschluss vom 10. Juli 2003, die Vorlagepflicht zu erfüllen und das Material in einer der dem Beschluss des 2. Senats entsprechenden Form zusammen zu stellen, hat nur zu dem Versuch des Beklagten geführt, das Material aus den übergebenen zwei Ordnern nachträglich in eine Ordnung zu bringen, wie sie der Beschluss vom 25. September 2002 zu den verschiedenen Asservaten vorgibt (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 12. August 2003).

Jedenfalls verfügt der Fachsenat im Ausgangspunkt damit nicht über die Unterlagen, aus deren Gesamtheit sich der Teil der Dokumente abgrenzen lässt, auf die sich die Sperrerklärung gemäß § 96 StPO vom 29. November 2000 bezieht und die wiederum zum Gegenstand der weiteren Sperrerklärung nach § 99 VwGO erhoben worden sind. Ausgehend von der hier maßgeblichen Perspektive des Oberverwaltungsgerichts und des Klägers ist nicht zu erkennen, welcher Aktenbestand dem konkreten Umfang der Sperrerklärung vom 29. November 2000 zugrunde lag.

Auch dann, wenn die Begründung der Sperrerklärung vom 29. November 2000 einbezogen wird, mit der die Unterlagen in fünf Gruppen geordnet worden sind (vgl. die kursiven Überschriften), lässt sich der konkrete Ausgangsbestand des von der Strafkammer als beweisrelevant erachteten und zusammen gestellten Aktenmaterials nicht verlässlich bestimmen. Zwar wird der Gegenstand inhaltlich durch eine Einordnung in fünf Gruppen (vgl. die kursiven Überschriften) umschrieben. Dies ermöglicht indessen noch keine Bestimmbarkeit des konkreten Ausgangsbestands des von der Strafkammer als beweisrelevant erachteten und zusammengestellten Aktenmaterials.

Der Umstand, dass der ursprünglichen Sperrerklärung zwei "hergerichtete Ordner" beigefügt waren, die - nach der Behauptung des Beklagten im Berufungsverfahren - im Umfang und in ihrer Reihenfolge mit Ausnahme von beim Kopieren abgedeckten Textpassagen und einzelnen vollständig entnommenen Vermerken identisch mit den von der Strafkammer übergebenen Ordnern sein sollen, führt ebenso nicht weiter. Diese Sammlung lässt vielmehr nur erkennen, worauf sich die Sperrerklärung nicht bezieht; nämlich auf die in den "hergerichteten Ordnern" abgehefteten Unterlagen hinsichtlich der darin enthaltenen nicht abgedeckten Textpassagen. Während bezüglich der teilkopierten Unterlagen in den "hergerichteten Ordnern" die betreffenden Schriftstücke immerhin noch ihrer Bezeichnung und Art nach bestimmt sind, fehlen demgegenüber hinsichtlich der vollständig gesperrten Vermerke jegliche Hinweise für eine Konkretisierung auf der Grundlage des jeweils vollständigen Dokuments.

Der Ausgangsbestand des als beweisrelevant ubergebenen Aktenmaterials ist ferner nicht aus den weiteren Umständen des Erlasses der Sperrerklärung gegenüber der Strafkammer erkennbar. Die Erläuterungen der Strafkammer im Beschluss vom 4. Dezember 2000, die dienstlichen Erklärungen der Richter der Strafkammer, die Empfangsbekenntnisse sowie das Asservatenverzeichnis lassen weder für das Oberverwaltungsgericht noch für den Kläger einen zwingenden Schluss darauf zu, welches Aktenmaterial jedenfalls "in corpore", d. h. in Umrissen den Ausgangsbestand bildete, aus dem das zum Gegenstand der Sperrerklärung erhobene Material abgetrennt worden ist.

Für die hinreichende Bestimmtheit mag zwar nicht zu fordern sein, dass die Sperrerklärung oder die Umstände ihres Erlasses für den Kläger und das Verwaltungsgericht zu erkennen geben, welche bestimmte Textpassage mit welchem konkreten Inhalt gesperrt worden ist. Damit wäre nicht nur eine Bezeichnung des äußeren Gegenstandes der Sperrerklärung, sondern ein - möglicherweise bereits der Geheimhaltung unterliegender - Inhalt der Unterlagen angesprochen, für den sich die Frage stellen könnte, ob die gegebene Begründung inhaltlich zureichend ist. Das folgt schon daraus, dass sich eine Aktenanforderung typischerweise auf einen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten allenfalls "in corpore" bekannten Aktenbestand bezieht und Kenntnisse über den Inhalt der gesperrten Akten grundsätzlich nur über die Begründung der Sperrerklärung erlangt werden können. Indessen kann von einer hinreichenden Konkretisierung des äußeren Gegenstandes der Sperrerklärung durch weitere Erläuterungen dergestalt, dass die einzelnen gesperrten Schriftstücke etwa mittels themenbezogener Beschreibung ihres Inhalts und unter Mitteilung des Datums, des Verfassers und des etwaigen Adressaten bezeichnet werden, nicht abgesehen werden.

Die im Zwischenverfahren vom Beklagten am 10. März 2003 vorgelegten zwei Ordner mit den Aufschriften "I. KO-Runde 24.11.00 (vom LG am 23.11.00 übergeben)" und "II. P__ 24.11.00 (vom LG am 23.11.00 übergeben)", das aus allen von der Strafkammer der Staatskanzlei übergebenen Unterlagen gebildet worden sein soll, lassen für sich genommen ebenso keine eindeutigen Feststellungen zum gesperrten Aktenmaterial zu. Auch dann, wenn man dem Beklagten darin folgen wollte, das die dem Fachsenat am 10. März 2003 übergebenen 2 Ordner die von der Sperrerklärung erfassten Dokumente enthalten sollen, müsste nachvollziehbar sein, welche der ursprünglich von der Strafkammer übergebenen Asservate in diese Sammlung eingegangen sind. Daran fehlt es. Weder ist bei der Durchsicht eine innere Ordnung erkennbar geworden, noch sind bei den einzelnen Schriftstücken Kennzeichnungen vorgenommen, die das Bezugsverhältnis zum Ausgangsmaterial klären, noch wurde eine Gesamtübersicht gefertigt, die Auskunft über die Bildung des Auszugs aus dem Ursprungsmaterial gibt.

Bezieht man die Unterlagen aus den der Sperrerklärung beigefügten "hergerichteten Ordnern" (mit nicht gesperrtem Material) ein, ist das gesperrte Aktenmaterial ebenso wenig verlässlich durch einen Abgleich dieser Ordner mit den vorgenannten - am 10. März 2003 übergebenen - Ordnern (mit gesperrten und nicht gesperrten Unterlagen) definiert. Eine bestimmte Ordnung weisen diese Ordner, die den Ausgangsbestand enthalten sollen, nicht auf. Schon die Zuordnung der einzelnen Dokumente zu den verschiedenen Asservaten geht daraus nicht hervor. Auch anderweitige Kennzeichnungen, die erkennen ließen, dass es sich um die von der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mühlhausen selbst übergebenen Materialien in der von dieser Kammer gewählten Ordnung handelt, fehlen. Unter diesen Umständen lagen auch insoweit schon von Anfang an nicht die Voraussetzungen vor, die eine spätere Prüfung, ob das Ausgangsmaterial in vollständiger Form dem Senat vorliegt, erst ermöglichen könnten.

Die nachträglichen Rekonstruktionsversuche des Beklagten haben nichts mehr erbracht. Denn mit ihnen ist nur der Versuch unternommen worden, den hinsichtlich seines Zustandekommens nicht nachvollziehbaren Teil der Unterlagen aus dem ursprünglichen Bestand der Ordnung zu unterwerfen, wie sie der Beschluss des 2. Senats vorgegeben hat. Das gilt hinsichtlich der am 4. August 2003 dem Fachsenat übergebenen weiteren 2 Aktenordner (ohne Aufschrift), in denen den Angaben des Beklagten zufolge die vom 2. Senat in seiner Aktenanforderung im Beschluss vom 25. September 2002 vorgegebene Reihenfolge der Asservat-Kennzeichnung umgesetzt worden sein soll, ebenso wie in Bezug auf die erst später vorgenommene Kennzeichnung des Aktenmaterials in den Ordnern mit den Aufschriften "I. KO-Runde 24.11.00 (vom LG am 23.11.00 übergeben)" und "II. P__ 24.11.00 (vom LG am 23.11.00 übergeben)" durch Zuordnung der betreffenden Asservat-Nummern. Diese erst im nachhinein erfolgten weiteren Konkretisierungsbemühungen konnten nicht mehr gelingen.

Die Sperrerklärung vom 27. November 2002 erweist sich darüber hinaus aus einem weiteren Grunde als nicht inhaltlich hinreichend bestimmt. Sie lässt nicht erkennen, welche Dokumente im Einzelnen aus welchen der angegebenen Gründe gesperrt worden sind. Im selben Schriftsatz werden die gesperrten Unterlagen lediglich durch eine Einteilung in drei Gruppen umschrieben und jeweils nur für jede Gruppe eine inhaltlich allgemein gehaltene Begründung gegeben. Die erforderliche Zuordnung der einzelnen Schriftstücke aus den Ordnern zu einer möglicherweise passenden, die Sperrerklärung tragenden Begründung wird damit dem Senat überlassen. Auch dies ist mit den Anforderungen an die Bestimmbarkeit einer Verwaltungsentscheidung nicht vereinbar.

Eine nachträgliche (teilweise) Heilung der somit nicht hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit der Sperrerklärung vom 27. November 2002 - etwa durch eine spätere Konkretisierung des Regelungsgegenstands im Hinblick auf die vom Beklagten bereits im Zulassungsverfahren vorgelegte Liste (B 2) - kommt nicht in Betracht unabhängig davon, dass diese ohnehin nur diejenigen 12 Dokumente enthalten soll, die in Gänze gesperrt worden seien. Zwar kann grundsätzlich noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ein Bestimmtheitsmangel einer Verwaltungsentscheidung durch eine - in derselben Form ergehende - nachträgliche Klarstellung rückwirkend geheilt werden, sofern nicht die Verwaltungsentscheidung wegen dieses Mangels nichtig, sondern nur rechtswidrig ist (vgl. Kopp/Ramsauer, § 37 Rn. 17 m. w. N.). Ob der Bestimmtheitsmangel der Sperrerklärung zu deren Nichtigkeit führt, kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen. Die Heilung im Wege einer nachträglichen Konkretisierung setzt nämlich des Weiteren voraus, dass diese Ergänzung in der Form erfolgt, in der auch die Verwaltungsentscheidung - hier die Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO - selbst zu ergehen hat (vgl. Kopp/Ramsauer, a. a. O., m. w. N.). Die vorbezeichnete Liste (B 2), die der frühere Bevollmächtigte des Beklagten einem Schriftsatz als Anlage beigefügt hat, genügt nicht. Vielmehr bedürfte es einer - hier nicht ersichtlichen - ergänzenden Verfügung der Staatskanzlei.

Die nach alledem fortbestehenden formellen Mängel der Weigerungserklärung vom 27. November 2002 tragen die getroffene Feststellung. Der weiteren Frage, ob einer der gesetzlichen Tatbestände des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorliegt, auf die die Verweigerung der Vorlage von Urkunden oder Akten gestützt werden darf, und die Staatskanzlei ihr Ermessen sachgerecht ausgeübt hat, ist nicht mehr nachzugehen.

Das Schreiben des Beklagten vom 7. April 2003, mit dem die geltend gemachten Weigerungsgründe präzisiert werden sollen, ist für die Entscheidungsfindung des Senats ohne Belang. Der Schriftsatz wird dem Beklagten nach Abschluss des Zwischenverfahrens zurückgegeben werden. Sollte der Beklagte etwa im Rechtsmittelverfahren auf dessen Einführung bestehen, wäre er so vorzulegen, dass seine Übermittlung an die weiteren Verfahrensbeteiligten zur Wahrung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. November 2003 - 20 F 16.03 -).

Über die Kosten des Zwischenverfahrens ist im Hinblick auf dessen Selbständigkeit gesondert zu befinden (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 13. November 2002 - 2 AV 3.02 - NVwZ 2003, 348). Wegen der Erfolglosigkeit der Anträge auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung vom 27. November 2002 haben der Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses als unterlegene Antragsteller die Kosten des Zwischenverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO), hinsichtlich deren sie nach Kopfteilen haften (§ 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO).

Die Festsetzung des Streitwerts für das - selbständige - Zwischenverfahren beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Anhaltspunkte für eine anderweitige Bestimmung als nach dem Auffangstreitwert sind nicht erkennbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 2002 - 2 AV 3.02 - a. a. O.). Dieser bestimmt sich in nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerberatergebührenverordnung auf Euro (KostREuroUG) vom 27. April 2001 (BGBl. I S. 751) eingeleiteten Zwischenverfahren - wie hier - generell nach der Wertvorschrift in der geänderten, neuen Gesetzesfassung unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt das verwaltungsgerichtliche Ausgangsverfahren in beiden Instanzen anhängig wurde (§ 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 GKG entsprechend). Der damit maßgebliche Betrag von 4000,- € ist wegen des parallelen Interesses des Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses nicht zweifach in Ansatz zu bringen.

Ende der Entscheidung

Zurück