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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.12.2008
Aktenzeichen: 2 EO 239/08
Rechtsgebiete: GG, ThürBG, ThürLbVO


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
ThürBG § 8 Abs. 2
ThürBG § 29
ThürLbVO § 3 Abs. 2
ThürLbVO § 10
ThürLbVO § 11 Abs. 1
Der Dienstherr ist berechtigt, ohne weitere Auswahlentscheidung den Beamten zu befördern, der sich nach Übertragung eines Beförderungsdienstpostens auf diesem bewährt hat (§§ 11 Abs. 1 Satz 1, 10 ThürLbVO). Dies setzt voraus, dass den Anforderungen nach Art. 33 Abs. 2 GG bereits bei der Besetzung des Beförderungsdienstpostens genügt worden ist.

Ein konkurrierender Beamter kann gegen die Beförderung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ThürLbVO Einwendungen geltend machen, die Mängel des der Übertragung des Beförderungsdienstposten vorausgegangenen Auswahlverfahrens betreffen, soweit er seine prozessualen Befugnisse nicht verwirkt hat.

Die Entscheidung, das Auswahlverfahren für eine Beförderungsstelle bzw. einen Beförderungsdienstposten auf die Beamten des eigenen Ressorts zu beschränken, gehört zum Bereich der Organisationsgrundentscheidungen des Dienstherrn, die - anders als die Entscheidungen im Auswahlverfahren - aufgrund sachlicher Erwägungen ohne Beschränkung auf verfassungsrechtliche Belange getroffen werden kann.

Hier: Einzelfall, in dem die oberste Dienstbehörde eine Organisationsgrundentscheidung, ein ressortbeschränktes Auswahlverfahren durchzuführen, nicht dargelegt hat.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 2. Senat - Beschluss

2 EO 239/08 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Recht der Landesbeamten,

hier: Beschwerde nach § 123 VwGO

hat der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Lindner, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bathe und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht von Saldern am 16. Dezember 2008 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 10. April 2008 - 4 E 203/08 We - abgeändert und dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Beigeladenen auf die Stelle des Vertreters des Leiters der Abteilung 2 - Steuern, Steuerpolitik, Steuerberatungsrecht, Verwaltungskostenrecht - im Thüringer Finanzministerium zum Leitenden Ministerialrat (Besoldungsgruppe B 3) zu ernennen, zu befördern oder in eine entsprechende Planstelle einzuweisen, solange nicht über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden ist.

Der Antragsgegner hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Davon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 19.684,50 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die beabsichtigte Ernennung des Beigeladenen zum Leitenden Ministerialrat (Besoldungsgruppe B 3) bzw. die Übertragung des Dienstpostens des Leiters des Referats "Einkommensteuer, Steuerpolitik" und des Vertreters des Leiters der Abteilung 2 im Thüringer Finanzministerium.

Am 31. Januar 2008 billigte der Staatsekretär des Thüringer Finanzministeriums einen Vermerk der Personalverwaltung vom 28. Januar 2008, mit dem diese die Beförderung des Beigeladenen zum 1. April 2008 vorschlug. Aktuell habe kein anderer Bediensteter, der beförderbar sei, einen nach B 3 bewerteten Dienstposten inne. Mit Schreiben vom 20. Februar 2008 richtete das Thüringer Finanzministerium eine entsprechende Kabinettvorlage an die Landesregierung.

Mit Schreiben vom 21. Februar 2008 beantragte die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe B 3 in der Laufbahn des allgemeinen nichttechnischen Verwaltungsdienstes in deren Geschäftsbereich auf eine der zur Beförderung freigegebenen Planstellen. Der Antrag erstrecke sich gleichzeitig auf die Übertragung des jeweiligen Beförderungsdienstpostens derjenigen Stelleninhaber, die zur Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe B 3 vorgesehen sind. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 27. Februar 2008 ohne weitere Begründung ab.

Am 3. März 2008 hat die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Weimar nachgesucht, den sie im Wesentlichen damit begründet hat, dass eine fehlerhafte Auswahlentscheidung vorliege. Eine organisatorische Grundentscheidung, ressortfremde Bewerber von der Auswahl auszuschließen, sei nicht belegt. Eine solche Beschränkung sei zudem verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Die Antragstellerin hat sinngemäß beantragt,

dem Antragsgegner vorläufig bis zum bestandskräftigen Abschluss eines erneuten Auswahlverfahrens über die zum 1. April 2008 vorgesehenen Beförderungen auf im Thüringer Finanzministerium und dessen nachgeordneten Geschäftsbereich besetzbaren Planstellen zur/zum (Leitenden) Ministerialrätin/Ministerialrat (Besoldungsgruppe B 3 BBesO) zu untersagen, den Beigeladenen zum Leitenden Ministerialrat zu ernennen, zu befördern oder in entsprechende Planstellen einzuweisen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hat zur Begründung vorgetragen, dass eine Auswahlentscheidung zwischen dem Beigeladenen und der Antragstellerin nicht stattgefunden habe, da diese keinen der Besoldungsgruppe B 3 im Thüringer Finanzministerium zugeordneten Dienstposten innehabe. Die dem Ressort nach den haushaltsrechtlichen Maßgaben mögliche Beförderung stände nur den ressorteigenen Beamten offen, denen ein entsprechender Beförderungsdienstposten in der Vergangenheit übertragen worden sei.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht zur Sache geäußert.

Das Verwaltungsgericht Weimar hat mit Beschluss vom 10. April 2008 den Rechtsschutzantrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar ein Anordnungsgrund bestehe. Der Antragstellerin könne kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden, da sie ein sachliches, ihr von Rechts wegen eingeräumtes Anliegen geltend mache. Es bestehe jedoch kein Anordnungsanspruch. Der Antragsgegner habe zu Recht den Bewerberkreis für die streitgegenständliche Beförderung auf Beamte des eigenen Ressorts beschränkt. Der Antragsgegner könne sich insoweit auf sein Organisations- und Stellenbewirtschaftungsermessen berufen. Es stelle einen sachlichen Grund dar, wenn im Zuge des haushaltspolitisch vorgegebenen Stellenabbaus bei gleichzeitigem Bestreben der Erhaltung des effektiven Einsatzes des verbleibenden Personals in den jeweiligen Ressorts durch begleitende personalpolitische Maßnahmen der Dienstherr zuförderst den Beamten des jeweiligen Geschäftsbereichs auf der Grundlage der dort gezeigten Leistungen und erworbenen ressortspezifischen Kenntnisse in einem überschaubaren haushaltsrechtlichen Rahmen angemessene Möglichkeiten der beruflichen Entwicklung bieten wolle. Diese vorrangige ressorteigene Personalbewirtschaftung entspreche auch der von der Landesregierung beschlossenen Personalentwicklungsrichtlinie vom 5. Oktober 2005. Dies sei aus dienstrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Eine solche Maßgabe entspreche vielmehr der Regelung in § 3 Abs. 2 ThürLbVO, wonach Beförderungsdienstposten innerhalb des Behördenbereichs ausgeschrieben werden sollen.

Gegen diesen ihr am 15. April 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 21. April 2008 beim Verwaltungsgericht Weimar Beschwerde eingelegt, die sie mit einem am 15. Mai 2008 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Antragstellerin rügt, dass bereits die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts fehlerhaft seien. Eine vom Verwaltungsgericht vorausgesetzte Organisationsgrundentscheidung, den Bewerberkreis zu beschränken, fehle. Sie sei jedenfalls nicht dokumentiert. Sie folge auch nicht aus der vom Verwaltungsgericht zitierten Richtlinie, die keine verbindlichen Vorgaben enthalte. Auch § 3 Abs. 2 ThürLbVO verbiete keine externe Ausschreibungen. Jedenfalls sei die Ressortbeschränkung der Auswahl rechtlich fehlerhaft. Das Leistungsprinzip spreche nicht für eine solche Beschränkung. Ressortfremde Bewerber seien nicht per se weniger geeignet, befähigt oder leistungsbereit als Beamte des eigenen Ressorts. Weder die vom Verwaltungsgericht benannten Gesichtspunkte der Effektivität des verbleibenden Personals im Falle eines haushaltspolitisch vorgegebenen Stellenabbaus, noch die angemessene Möglichkeit der beruflichen Entwicklung stellten rechtfertigende Belange von Verfassungsrang dar; sie beruhten auch nicht auf einer gesetzlichen Grundlage. Die Personalentwicklungsrichtlinie und die Thüringer Laufbahnverordnung hätten keine Gesetzesqualität. Das verfassungsrechtliche Ressortprinzip rechtfertige ebenfalls nicht die Einschränkung. Dieses eröffne erst das Organisationsermessen, bilde jedoch nicht die Grundlage für eine Einschränkung des verfassungsrechtlichen Leistungsgrundsatzes.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 10. April 2008 aufzuheben und im Wege der einstweiligen Anordnung dem Antragsgegner vorläufig bis zum bestandskräftigen Abschluss eines erneuten Auswahlverfahrens über die zum 1. April 2008 vorgesehene Beförderung auf die im Thüringer Finanzministerium und deren Geschäftbereich besetzbaren Planstellen zur/zum (Leitenden) Ministerialrätin/rat (Besoldungsgruppe B 3) zu untersagen, den Beigeladenen zum Leitenden Ministerialrat zu ernennen, zu befördern oder in die entsprechende Planstelle einzuweisen bzw. zu untersagen, den Dienstposten des Leiters/der Leiterin der Abteilung 2 - Steuern, Steuerpolitik, Steuerberatungsrecht, Verwaltungskostenrecht - im Thüringer Finanzministeriums zum Zwecke der Erprobung auf den Beigeladenen zu übertragen bzw. ihn auf diesem Beförderungsdienstposten zu verwenden.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen

Der Senat hat mit Schreiben vom 3. Juli 2008 darauf hingewiesen, dass möglicherweise nicht vorrangig die zum 1. April 2008 anstehende Beförderungsentscheidung, sondern die dem vorausgegangene Übertragung des Beförderungsdienstpostens auf den Beigeladenen einer rechtlichen Überprüfung bedarf. Der Antragsgegner teilt darauf zu den Umständen dieser Personalmaßnahme mit, dass die Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen zum 1. Juli 2001 auf einer ressortinternen Auswahlentscheidung beruhe, der keine Ausschreibung vorausgegangen sei. Ein Auswahlvermerk existiere nicht. Die Antragstellerin wäre mangels steuerrechtlicher Erfahrungen in diesem Auswahlverfahren chancenlos gewesen. Die Antragstellerin hätte ihr Recht, gegen diese Dienstpostenübertragung verwirkt, da diese durch das Organigramm des Thüringer Finanzministeriums bekannt gewesen sei. Die Antragstellerin erwidert daraufhin, eine Auswahl werde von ihr bestritten. Jedenfalls sei nicht erkennbar, inwieweit die Dienstpostenübertragung 2001, von der sie keine Kenntnis gehabt habe, für die beabsichtigte Beförderung kausal sei.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag und äußert sich nicht zur Sache.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum beruflichen Werdegang, zum Auswahlverfahren sowie zum erstinstanzlichen Vortrag der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte (ein Band), die beigezogene Heftung zum behördlichen Auswahlverfahren und die Personalakten der Antragstellerin und des Beigeladenen Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat ihren vorläufigen Rechtsschutzantrag zu Unrecht abgelehnt.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146 Abs. 4, 147 VwGO). Die Beschwerde genügt insbesondere den besonderen Begründungsanforderungen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). So hat die Antragstellerin Gründe dargelegt, aus denen nach ihrer Auffassung die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist.

Die Beschwerde ist auch begründet. Mit ihrem Beschwerdevorbringen, das Gegenstand der Prüfung im Beschwerdeverfahren ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), zeigt die Antragstellerin solche Gründe auf, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern ist. Die Antragstellerin hat einen Anspruch darauf, dem Antragsgegner vorläufig bis zur bestandskräftigen Entscheidung über seine Bewerbung zu untersagen, den Beigeladenen auf der Stelle des Vertreters der Abteilung 2 des Thüringer Finanzministeriums zum Leitenden Ministerialrat (Besoldungsgruppe B 3) zu ernennen.

Die von der Antragstellerin begehrte einstweilige Anordnung ist - auch bereits vor einer Klageerhebung - zu erlassen, wenn in Bezug auf den Streitgegenstand die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines ihr zustehenden Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Anordnungsgrund und der Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO in entsprechender Anwendung).

Der Antragstellung steht zunächst nicht der Einwand eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegen. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin möglicherweise zusammen mit anderen Beamten gegenüber verschiedenen Ministerien gleiche Ansprüche geltend gemacht hat, rechtfertigt nicht den Vorwurf, ihre alleinige Absicht sei die Schädigung des Antragsgegners durch Blockierung seiner Personalentscheidungen gewesen. Die aufgezeigten Umstände sprechen nicht gegen die Ernsthaftigkeit ihres Rechtsschutzbegehrens. Die Antragstellerin hat im Einzelnen Gründe dargelegt, warum sie ihre Rechtsposition als verletzt ansieht, denen nicht von vornherein jegliche Substanz abzusprechen ist. Diese Rechtsposition will sie durch die eingeleiteten Verfahren gesichert wissen. Diese Inanspruchnahme ihr zustehender prozessualer Rechte ist ihr nicht entgegen zu halten.

Die Antragstellerin hat den Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Eine Sicherung ihres Anspruchs ist geboten, da der Antragsgegner beabsichtigt, den Beigeladenen zum Leitenden Ministerialrat (Besoldungsgruppe B 3) zu befördern und die Antragstellerin für dieses Amt endgültig nicht zu berücksichtigen. Mit Besetzung dieser Stelle würde die Beförderung der Antragstellerin als unterlegener Bewerberin unmöglich werden, da die Beförderung des Beigeladenen wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte.

Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch genügend glaubhaft gemacht.

Im Interesse der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gilt dabei im Rahmen der beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren ein herabgestufter Prüfungsmaßstab. Ein Anordnungsanspruch ist dann zu bejahen, wenn nach dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erkennbaren Sach- und Streitstand nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die vom Dienstherrn getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten der Antragstellerin rechtsfehlerhaft ist, weil deren Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hatte. Zugleich müssen die Aussichten des Betroffenen, in einem neuen rechtmäßigen Verfahren ausgewählt zu werden, zumindest "offen" sein (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 26. Juli 2007 - 2 EO 14/07 - n. v.; BVerfG, Beschlüsse vom 29. Juli 2002 - 2 BvR 311/03 - NVwZ 2004, 1524 und vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; BVerwG, Beschlüsse vom 20. Januar 2004 - 2 VR 3.03 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23 und vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370).

Kommt der Entscheidung jedenfalls im Falle der Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzantrags weitgehend die Bedeutung der Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu, ist die gerichtliche Überprüfung auch nicht lediglich auf eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage beschränkt; vielmehr ist grundsätzlich eine eingehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Anspruchs auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl geboten (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99).

Unter Beachtung dieses strengen Maßstabs ist ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin gegeben. Ob der im Falle einer Auswahlentscheidung um die Besetzung eines Beförderungsamtes bzw. Beförderungsdienstpostens vom Antragsgegner grundsätzlich zu beachtende Bewerbungsverfahrensanspruch des konkurrierenden Beamten, nämlich dass der Dienstherr das ihm bei der zu treffenden Entscheidung zustehende Auswahlermessen unter Einhaltung etwaiger Verfahrensvorschriften fehlerfrei ausgeübt hat (vgl. eingehend zuletzt: Beschluss des Senats vom 30. Januar 2008 - 2 EO 236/07 - Juris Rz 48 ff. m. w. N.), verletzt ist, ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Dies bedarf der Klärung im Klageverfahren. Zwar bedurfte es einer diesen Anspruch voraussetzende Auswahlentscheidung im Hinblick auf die zum 1. April 2008 beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ThürLbVO grundsätzlich nicht (vgl. 1.). Bei dieser Art der Beförderung hat ein konkurrierender Beamter jedoch einen Anspruch darauf, in die der Beförderung vorausgegangene Übertragung des Dienstpostens einbezogen zu werden. Ob eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügende Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen dessen Übertragung des streitigen Dienstpostens vorausgegangen ist oder jedenfalls eine gegenläufige organisatorische Grundentscheidung des Antragsgegners vorliegt, die die Einbeziehung der Antragstellerin in ein Auswahlverfahren ausschließt, lässt sich gegenwärtig nicht feststellen (vgl. 2.). Ausgehend von diesen ungeklärten Grundlagen der Personalentscheidung sind die Erfolgsaussichten offen (vgl. 3.).

1. Der Antragsgegner konnte grundsätzlich ein Beförderungsverfahren nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ThürLbVO wählen und den Beigeladenen zum 1. April 2008 ohne weitere Auswahlentscheidung in das Amt eines Leitenden Ministerialrats (Besoldungsgruppe B 3) befördern. Das grundsätzlich bei jeder Beförderungsentscheidung zu beachtende Leistungsprinzip gemäß Art. 33 Abs. 2 GG wird in diesen Fällen dadurch gewährleistet, dass das Beförderungsamt erst verliehen werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 10 ThürLbVO erfüllt sind, nämlich der Beamte seine Eignung für einen höher bewerteten Dienstposten in einer Erprobungszeit nachgewiesen hat. Diese Vorschriften konkretisieren die gesetzliche Vorgabe des § 29 Abs. 2 Nr. 4 ThürBG, wonach der Beamte nicht befördert werden darf "vor Ablauf einer Erprobungszeit von sechs Monaten auf einem höher bewerteten Dienstposten" (vgl. auch § 12 Abs. 2 Nr. 4 BRRG). Die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens soll unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass der Inhaber des Dienstpostens - besser als etwaige Mitbewerber - den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird. Nur der erfolgreich Erprobte hat die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen für eine Beförderung aus laufbahnrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Damit wird die Auslese für Beförderungsämter vorverlagert auf die Auswahl unter den Bewerbern um "Beförderungsdienstposten" (vgl. grundlegend BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - a. a. O. und vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 jeweils m. w. N., vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2008 - 6 P 13.07 - PersR 2008, 381 und Urteil vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237).

Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist dem Grunde nach eröffnet. Wie sich aus den Angaben und den vorgelegten Unterlagen des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren ergibt, stellt sich die Beförderung des Beigeladenen als Folge der Übertragung des höherwertigen Beförderungsdienstpostens an ihn zum 1. Juli 2001 und seiner bereits im Vermerk vom 14. Mai 2007 festgestellten erfolgreichen Erprobung auf diesem Dienstposten dar.

2. Es kann jedoch auf Grundlage der bisher dem Senat bekannt gewordenen Tatsachen, nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Antragstellerin darauf berufen kann, bei der Übertragung des Beförderungsdienstposten auf den Beigeladenen zum 1. Juli 2001 zu Unrecht übergangen worden zu sein.

Wie ausgeführt, kann der ausgewählte Beamte nach erfolgreichem Abschluss einer Erprobungszeit ohne nochmalige Bewerberauswahl befördert werden, wenn den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG bereits bei der Besetzung des Dienstpostens genügt worden ist. Dies bringt unmittelbar die Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative ThürLbVO zum Ausdruck, der die Auswahl nach dem Leistungsprinzip bei Beförderungen vorschreibt, für die nicht eine solche Auslese vorausgegangen ist. Ob der Übertragung des Beförderungsdienstpostens auf den Beigeladenen eine diesen Anforderungen genügende Auswahlentscheidung zugrunde lag, kann derzeit nicht festgestellt werden. Zwar wurde dem Beigeladenen der Dienstposten - nunmehr auch auf Dauer - übertragen (vgl. a.). Es kann aber die prozessuale Befugnis der Antragstellerin, die Dienstpostenübertragung im vorliegenden Verfahren noch anzufechten, nicht ausgeschlossen werden. (vgl. b.). Es fehlt derzeit an dem Nachweis, dass der Antragsgegner eine Organisationsgrundentscheidung, ressortfremde Bewerber von der Auswahl auszuschließen, überhaupt getroffen hat (vgl. c.).

a. Dem Beigeladenen ist als Voraussetzung einer Beförderung ohne weitere Auswahl ein Beförderungsdienstposten zur Erprobung nach § 10 ThürLbVO durch den Antragsgegner mit Wirkung vom 1. Juli 2001 übertragen worden.

Dies wird unmittelbar durch die vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren vorgelegte Personalakte des Beigeladenen belegt. Nach seinem Prozessvortrag existieren darüber hinaus keine Unterlagen, die die ohne Ausschreibung vorausgegangene Auswahlentscheidung betreffen. Die Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen war in der Folge zudem Gegenstand eines beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahrens, das ein anderer Beamter des Thüringer Finanzministeriums angestrengt hat. Mit Schreiben des Antragsgegners vom 23. Mai 2007 wurde ferner dem Beigeladenen der hier allein streitige Dienstposten des Vertreters des Leiters der Abteilung 2 des Thüringer Finanzministeriums auf Dauer übertragen.

b. Der Senat kann nicht feststellen, dass die Antragstellerin prozessual mit ihrem Vorbringen gegen die ursprüngliche Personalmaßnahme ausgeschlossen ist.

Der Antragstellerin fehlt zunächst nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich der Rechtsschutz wegen der zum 1. Juli 2001 kommissarischen und mit Schreiben vom 23. Mai 2007 endgültigen Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen erledigt hätte. Das Stellenbesetzungsverfahren ist nicht vor der Ernennung - hier durch die Beförderung des anderen Bewerbers - endgültig abgeschlossen. Weder die Beendigung der Ausschreibung noch die Übertragung des Beförderungsdienstpostens auf den Mitbewerber führt zu einer Erledigung des Konkurrentenstreits. War die Auswahlentscheidung zugunsten des Mitbewerbers rechtswidrig, so kann sie neu getroffen, durch eine andere Auswahlentscheidung ersetzt und gegebenenfalls die Übertragung des Dienstpostens auf den Mitbewerber rückgängig gemacht sowie der Beförderungsdienstposten anderweitig besetzt werden (BVerwG, Urteil vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58, Juris Rz 27).

Es ist nach dem bisherigen Vortrag der Beteiligten oder anderen objektiven Umständen nicht nachgewiesen, dass die Antragstellerin ihre prozessuale Befugnis, diese frühere Dienstpostenübertragung anzufechten, verwirkt hat.

Insoweit ist jedoch in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass auch die Geltendmachung verfahrensrechtlicher Rechte den Grundsätzen von Treu und Glauben unterliegt und dass diese verwirkt werden können mit der Folge, dass sie nicht mehr ausgeübt werden dürfen. Diese Verwirkung setzt einen längeren Zeitraum voraus, währenddessen die Möglichkeit der Einleitung von Verfahrensschritten bestand. Diese Möglichkeit muss dem Berechtigten bewusst gewesen sein. Der positiven Kenntnis steht es regelmäßig gleich, wenn der Berechtigte von der ihn belastenden Maßnahme zuverlässig Kenntnis hätte haben müssen, weil sich ihm zum einen deren Vorliegen hätte aufdrängen müssen und es ihm zum anderen möglich und auch zumutbar war, sich über die getroffene Maßnahme letzte Gewissheit zu verschaffen. Die Einleitung eines Verfahrens muss gerade deshalb gegen Treu und Glauben verstoßen, weil der Berechtigte trotz vorhandener Kenntnis oder der ihm zuzurechnenden Möglichkeit der Kenntnis erst zu einem derart späten Zeitpunkt seine prozessualen Rechte geltend macht, zu dem die nunmehr angegriffene Behörde nicht mehr damit rechnen musste. Die betroffene Behörde rechnet dann nicht mehr mit einer Anfechtung ihrer Maßnahme, wenn ein Berechtigter unter Verhältnissen ihr gegenüber untätig bleibt, unter denen jedermann vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen hätte. Durch das Unterlassen wird eine tatsächliche Lage geschaffen, auf die sich die Behörde einstellen darf. Endlich muss sich die Behörde auch tatsächlich in einer Weise auf das Verhalten des Berechtigten eingerichtet haben, dass für sie eine begründete Anfechtung mit nicht mehr zumutbaren Nachteilen verbunden wäre. In der Situation des beamtenrechtlichen Konkurrentenverfahrens kommt hinzu, dass nicht, wenn nicht der Rechtskreis, so jedoch berechtigte Interessen eines Drittbetroffenen, nämlich des begünstigten Beamten, durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung berührt werden (vgl. zu allem BVerwG, Urteil vom 10. August 2000 - 4 E 11.99 - DVBl. 2000, 1862; HessVGH, Beschluss vom 4. August 1993 - 1 TG 1460/93 - NVwZ 1994, 398 jeweils m. w. N.).

Ob die Antragstellerin dadurch, dass sie es unterlassen hat, innerhalb eines mehrjährigen Zeitraums nach Übertragung des Beförderungsdienstpostens auf den Beigeladenen ihre Rechte in einem Konkurrentenstreitverfahren geltend zu machen, die Treuwidrigkeit entgegenzuhalten ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Nach dem Vortrag des Antragsgegners ist es nicht zweifelsfrei, dass die Antragstellerin Kenntnis von der Personalmaßnahme hatte bzw. hätte haben müssen. Der Antragsgegner führt lediglich an, dass die Organisationsstruktur des Thüringer Finanzministeriums im Internet eingestellt sei. Weitere konkrete Angaben hierzu unterlässt er, insbesondere auch zum Zugang zu dieser Informationsquelle für die Mitarbeiter der Dienststellen des Landes und zu deren Verpflichtung, dieses Medium zu benutzen. Dies kann jedoch dahin stehen, da allein aus der Organisationsstruktur des Ministeriums die Umstände der Dienstpostenübertragung und die Art der Aufgabenwahrnehmung nicht zwingend deutlich werden. So ist in den vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren vorgelegten Skizzen der Dienstposten mit der Buchstabenfolge "m.d.W.b." verknüpft; die Begriff "mit der Wahrnehmung beauftragt" lässt aber gerade nicht den notwendigen Schluss zu, dass eine Übertragung eines Beförderungsdienstpostens vorliegt. Es bedarf der näheren Klärung im Hauptsacheverfahren, ob der Verwirkungstatbestand aufgrund noch ergänzender Informationen, möglicherweise auch im Hinblick auf die von der Antragstellerin in der Vergangenheit wahrgenommenen Aufgabe im Thüringer Innenministerium als für das Beamtenrecht zuständigen Referatsleiterin, zu bejahen sein wird.

c. Es kann nach dem derzeitigen Angaben des Antragsgegners eine Verletzung des auf Art. 33 Abs. 2 GG gestützten Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin durch die damalige Übertragung des Dienstpostens auf den Beigeladenen nicht ausgeschlossen werden.

Dieses Recht der Antragstellerin beansprucht Geltung im Rahmen eines Auswahlverfahrens, wie dies der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung betont hat (vgl. nur Beschluss des Senats vom 30. Januar 2008 - 2 EO 236/07 - m. w. N.). Wie der Senat in einem anderen Verfahren der Antragstellerin am heutigen Tag entschieden hat (Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2008 - 2 EO 228/08 -), setzt dies allerdings voraus, dass sich die Dienstbehörde auf Grundlage einer sachlich gerechtfertigten Organisationsgrundentscheidung dazu entschlossen hat, ein Auswahlverfahren durchzuführen und damit den Schutzbereich der grundgesetzlichen Anforderungen nach Art. 33 Abs. 2 GG zu eröffnen. Art. 33 Abs. 2 GG gewährt zwar jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Dies begründet jedoch kein Recht auf die Einrichtung und Besetzung von Stellen. Die Zahl der im öffentlichen Dienst besetzbaren Stellen wird allein von der Organisationsgewalt der öffentlich-rechtlichen Körperschaften bestimmt. Dies hat auch zur Folge, dass Art. 33 Abs. 2 GG keinen unbedingten Anspruch auf Übernahme in den öffentlichen Dienst gewährt. Die Organisations- und haushaltsrechtlichen Vorentscheidungen, die überhaupt zur Existenz eines verfügbaren öffentlich-rechtlichen Amtes führen, sind demnach nicht Gegenstand, sondern Voraussetzung für die Gewährleistungen des Art. 33 Abs. 2 GG. Dies bedeutet, dass der Schutzbereich der Norm erst auf der Grundlage einer im Rahmen der Organisationsgewalt zur Verfügung gestellten und für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben gewidmeten Stelle eröffnet ist. Dabei finden die Entscheidungen der Träger der staatlichen Organisationsgewalt ihre leitenden Orientierungsdaten einerseits in den legitimen Verwaltungsaufgaben und andererseits in den verfügbaren Finanzmitteln. Dem entspricht es, dass die Rechtsprechung betont, dass der Dienstherr aufgrund seiner Organisationsfreiheit berechtigt ist, zwischen Umsetzung, Versetzung und Beförderung als Mittel zur Besetzung eines freien Dienstpostens zu wählen. Die Ausübung dieses Rechts steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. zu allem BVerwG, Urteile vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237, vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147, vom 20. August 2003 - 1 WB 23.03 - RiA 2004, 35 und vom 23. Oktober 1980 - 2 C 22.79 - ZBR 1981, 228; OVG Hamburg, Beschluss vom 29. Dezember 2005 - 1 Bs 260/05 - ZBR 2006, 256; Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 9. Mai 2006 - 5 ME 31/06 - NVwZ-RR 2007, 398 und vom 17. August 2005 - 5 ME 100/05 - OVG MüLü 50, 367; OVG NW, Beschlüsse vom 15. März 2003 - 1 B 2230/02 - RiA 2004, 152 und vom 28. Januar 2002 - 6 B 1275/01 - RiA 2003, 155; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. September 2007 - 2 B 10807/07 - IÖD 2008, 51; Sächsisches OVG, Beschluss vom 13. November 2007 - 3 BS 19/07 - BDVR-Rundschreiben 2008, 39; OVG SachsenAnhalt, Beschluss vom 13. Februar 2007 - 1 M 22/07 - ZBR 2007, 321). Diese Spruchpraxis hat das Bundesverfassungsgericht in seiner ständigen Rechtsprechung gebilligt (BVerfG, Beschlüsse vom 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 - NVwZ 2007, 693, vom 20. September 2002 - 2 BvR 819/01 - DVBl 2002, 1629 und vom 11. November 1999 - 2 BvR 1992/99 - ZBR 2000, 377 jeweils m. w. N.). Die Organisationsgrundentscheidung kann mithin aufgrund sachlicher Erwägungen ohne Beschränkung auf verfassungsrechtliche Belange getroffen werden.

Anderes gilt erst dann, wenn die Dienstbehörde, der die personalwirtschaftlichen Befugnisse durch Organisationsakt übertragen sind, eine Auswahlentscheidung innerhalb des von ihr angesprochenen Bewerberkreises zu treffen hat. Die Auswahlmaßnahmen, beginnend von der Erstellung des Anforderungsprofils bis hin zur eigentlichen Auswahlentscheidung dürfen grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber unmittelbar betreffen. Belange, die im Leistungsgrundsatz nicht verankert sind, können bei der Bewerberauswahl zur Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen außerhalb von Art. 33 Abs. 2 GG Verfassungsrang eingeräumt ist und sie - soweit es nicht um die Ausnahme einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes, sondern nur um Fragen des optimierenden Ausgleichs mit anderen verfassungsrechtlich geschützten Interessen geht - auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - a. a. O. m. w. N.).

Ob eine Beschränkung des Auswahlverfahrens im vorliegenden Fall auf ressorteigene Beamte gerechtfertigt wäre - was der Senat in dem anderen am heutigen Tag entschiedenen Verfahren der Antragstellerin für eine 2007 getroffene Dienstpostenübertragung bejaht hat -, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren nicht ausreichend dargelegt, dass im Rahmen des Verfahrens der Übertragung des hier streitgegenständlichen Beförderungsdienstpostens eine Organisationsgrundentscheidung dergestalt in der weise getroffen worden ist, dass er das Auswahlverfahren auf Mitarbeiter seines Ressorts, des Thüringer Finanzministeriums, beschränkt hat.

Eine solche Entscheidung ergibt sich nicht als unmittelbare Folge aus der Richtlinie zur Vermittlung von Personal sowie zur Besetzung von Stellen/Planstellen in der Thüringer Landesverwaltung (ThürStAnz 2005 S. 2056 - Personalentwicklungsrichtlinie -). Zum einen ist diese Richtlinie erst 2005 wirksam geworden und kann daher nicht Grundlage einer Personalmaßnahme 2001 sein. Zum anderen schreibt diese Richtlinie nicht zwingend eine ressortbeschränkte Auswahl vor, sondern setzt eine eigenverantwortliche Entscheidung der Ressorts voraus.

Der Antragsgegner hat seine Angaben zu der Dienstpostenübertragung auch nicht weiter substantiiert. Trotz des Bestreitens der Antragstellerin und der Aufforderung des Senats hierzu ergänzend vorzutragen, hat der Antragsgegner sich lediglich dahingehend geäußert, der Dienstposten sei nach einer ressortbeschränkten Auswahl dem Beigeladenen übertragen worden. Jegliche Dokumentation dieses Entscheidungsvorganges fehlt; weder aus der vorgelegten Personalakte des Beigeladenen noch aus sonstigen Umständen ergibt hierzu Einschlägiges. Der Antragsgegner hat seine Angaben auch in keiner Weise konkreter gefasst. Es fehlen Angaben zu den Zeiträumen, zum Verfahren oder zu den verantwortlichen Personen, die die Entscheidung getroffen haben sollen. Ungeachtet dessen, ob dies ausreichend wäre, wird nicht einmal angegeben, dass eine solche ressortbeschränkte Auswahl einer ständigen damaligen Verwaltungspraxis entsprochen habe. Der Senat sieht auch aufgrund seiner Aufforderung, die Dienstpostenübertragung näher darzulegen, keine Veranlassung - quasi ins Blaue hinein - nunmehr weitere Beweise im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu erheben (vgl. im Übrigen zur Dokumentationspflicht jedenfalls einer nachfolgenden Auswahlentscheidung: BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178).

Insgesamt sind diese Zweifel des Senats an dem Bestand einer Organisationsgrundentscheidung den Bedenken ähnlich, die das Verwaltungsgericht Weimar an dem Bestand einer späteren Auswahlentscheidung im Zusammenhang mit der Übertragung des streitigen Dienstpostens auf den Beigeladenen geäußert hat, womit es im Wesentlichen einer Klage eines anderen Beamten des Thüringer Finanzministeriums, der durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners vertreten wurde, stattgegeben hat (vgl. VG Weimar, Urteil vom 21. Dezember 2004 - 4 K 690/02.We -).

Es bedarf der Klärung im Hauptsacheverfahren auf Grundlage konkreter Darlegungen des Antragsgegners und gegebenenfalls Beweiserhebungen, den Zweifeln am Vorliegen einer Organisationsgrundentscheidung entgegenzutreten.

3. Aufgrund der ungeklärten tatsächlichen Voraussetzungen des Auswahlverfahrens zur Übertragung des Beförderungsdienstpostens sind die Erfolgsaussichten des von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruchs offen. Jedenfalls in dem für sie günstigen Fall der Nichterweisbarkeit einer Entscheidung über eine ressortbeschränkte Auswahl sind ihre Aussichten, in einem neuen rechtmäßigen Verfahren ausgewählt zu werden, nicht von vornherein ausgeschlossen. Der Hinweis des Antragsgegners, der Antragstellerin fehle jede steuerrechtliche Erfahrung, setzt den Vergleich der Bewerber basierend auf deren Beurteilungslage im Hinblick auf ein festgelegtes Anforderungsprofil voraus. Weder ist bislang verbindlich ein Anforderungsprofil erstellt worden oder dargelegt worden, aus welchen Rechtsvorschriften oder Geschäftsanweisungen sich dieses zwingend ergibt, noch wurde der verlangte Vergleich unter Ausschöpfung der im Rahmen des Leistungsvergleichs heranzuziehenden Beurteilungen bislang vorgenommen. Es ist dem Gericht verwehrt, eine in dieser Weise qualifizierte Entscheidung anstelle der allein hierzu berufenen Dienstbehörde durch deren verantwortliche Vertreter, nicht deren Bevollmächtigte, vorzunehmen. Der Senat verweist im Übrigen auf die vom Verwaltungsgericht im bereits zitierten Urteil vom 21. Dezember 2004 vorgetragenen Bedenken gegen die Annahme des Vorliegens einer Auswahlentscheidung überhaupt.

Dem vorläufigen Rechtsschutzbegehren ist auch nicht der Erfolg mit dem Hinweis zu versagen, dass selbst dann, wenn die Auswahl schließlich auf die Antragstellerin fallen würde, eine besetzbare Planstelle fehle. Diese Problemlage wäre durch den Antragsgegner im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen der Stellenbewirtschaftung zu lösen. Wie bereits das Oberverwaltungsgericht RheinlandPfalz hierzu ausgeführt hat (vgl. Beschluss vom 30. Januar 1997 - 2 B 10052/97 -RiA 1997, 258, Juris Rz. 9; vgl. hierzu auch Beschluss des Senats vom 24. September 2007 - 2 EO 581/06 - ThürVBl 2008, 231) stünden der Dienstbehörde mehrere Möglichkeiten offen. Sie könnte die Antragstellerin befördern, ihr einen Dienstposten zuweisen und einen anderen Dienstposteninhaber umsetzen oder versetzen. Schließlich steht es dem Dienstherrn aufgrund seines Organisationsrechts zu, ein Auswahlverfahren zur Besetzung einer Beförderungsstelle aus sachlichen Gründen jederzeit zu beenden und von der ursprünglich geplanten Beförderung abzusehen, ohne dass davon die Rechtsstellung von Bewerbern berührt wird.

4. Der Senat hat den Ausspruch der vorläufigen Sicherung des Anspruchs der Antragstellerin auf das Verbot der Beförderung des Beigeladenen auf die streitige Planstelle beschränkt. Eines Verbots, dem Antragsgegner auch die weitere Besetzung des Dienstpostens zu untersagen, bedarf es nicht. Dabei geht der Senat davon aus, dass, selbst wenn die Antragstellerin in der Hauptsache obsiegen würde, ihr - wie oben ausgeführt - aufgrund der in der Vergangenheit ihr gegenüber fehlerhaft ergangenen Auswahlentscheidung eine mögliche tatsächliche Bewährung des Beigeladenen nicht entgegengehalten werden könnte.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Antragsgegner auch die außergerichtlichen Kosten des - im Übrigen auf seiner Seite streitenden - Beigeladenen aufzuerlegen. Dieser hat im gesamten Verfahren weder einen Antrag gestellt noch in der Sache Stellung genommen mit der Folge, dass er sich einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Der Streitwert ist auf Grundlage des § 63 Abs. 2 i. V. m. § 47, 53 Abs. 3 Nr. 1 sowie § 52 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 GKG festzusetzen; insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Begründung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung im angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts.

Hinweis:

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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