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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 22.12.2004
Aktenzeichen: 2 KO 158/04
Rechtsgebiete: ThürKO, ThürSchAG, ThürSchFG, ThürSchulG, VwGO


Vorschriften:

ThürKO § 118 Abs. 5
ThürKO § 124 Nr. 2
ThürSchAG § 2 Abs. 2
ThürSchAG § 4 Abs. 2 S. 1
ThürSchAG § 4 Abs. 3 S. 1
ThürSchAG § 4 Abs. 3 S. 2
ThürSchFG § 2 Abs. 1 S. 3
ThürSchulG § 10
VwGO § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
Die Erhebung der Gebühren, mit denen Eltern an den Personalkosten des Schulhorts beteiligt werden, durch die im übertragenen Wirkungskreis tätigen kommunalen Schulträger unterliegt der Schulaufsicht. Diese übt das Thüringer Kultusministerium als oberste Landesbehörde aus, so dass über Widersprüche gegen die Hortkostenbeteiligung die Ausgangsbehörde selbst entscheidet (§ 124 Nr. 2 ThürKO, § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO).
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 2. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

2 KO 158/04

Verkündet am 22.12.2004

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Kommunalrecht (ohne kommunales Abgabenrecht), hier: Berufung

hat der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Graef, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bathe und den Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

In Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2003 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Gera - 2 K 2257/02 GE - wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Vertreters des öffentlichen Interesses, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine fachaufsichtliche Weisung des Beklagten, mit der er die Klägerin verpflichtet, Widersprüche gegen Gebührenbescheide, mit denen Eltern an den Personalkosten des Schulhorts beteiligt werden, zu bearbeiten und zu entscheiden.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 des Thüringer Gesetzes über die Finanzierung der staatlichen Schulen (ThürSchFG) in der Fassung des Thüringer Haushaltsbegleitgesetzes 2001/2002 vom 21. Dezember 2000 (GVBl. S. 408) trägt das Land den Personalaufwand für die Erzieher an Grundschulhorten. An diesen Personalkosten sowie an den von den kommunalen Schulträgern zu tragenden Betriebskosten werden die Eltern beteiligt. Das Gesetz überträgt den kommunalen Schulträgern die Erhebung und Weiterleitung der Personalkostenbeteiligung als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises. Näheres zur Erhebung regelt sodann die Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung vom 12. Februar 2001 (GVBl. S. 16).

Gegen die auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Gebührenbescheide der Klägerin legten betroffene Eltern Widerspruch ein. In deren Folge vertrat die Klägerin wie auch andere Gemeinden und der Thüringer Städte- und Gemeindebund die Auffassung, nicht sie, sondern das Staatliche Schulamt sei zur Entscheidung über diese Widersprüche berufen.

Mit Schreiben vom 21. März 2002, dem keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, wies das Thüringer Kultusministerium die Klägerin an, die Widersprüche gegen die Gebührenbescheide als zuständige Widerspruchsbehörde innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zugang des Schreibens zu bearbeiten. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Klägerin ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkomme. Die Weisung sei im öffentlichen Interesse notwendig, da durch die Weigerung, die Widersprüche zu bearbeiten, ein öffentlicher Missstand eingetreten sei. Eine weitere Verzögerung sei nicht hinnehmbar. Die Weisung sei im Übrigen auch verhältnismäßig.

Hiergegen legte die Klägerin mit dem Beklagten am 10. Juni 2002 zugegangenem Schreiben Widerspruch ein. Sie trug vor, dass die Weisung ein Verwaltungsakt sei. Die Weisung habe Außenwirkung; sie greife in ihren Selbstverwaltungsbereich ein. Die Weisung verlange von ihr die Erfüllung einer Aufgabe, die ihr nicht aufgrund einer gesetzlichen Regelung zugewiesen sei. Nicht sie, sondern das Staatliche Schulamt als untere Schulaufsichtsbehörde sei nach § 124 Nr. 2 ThürKO die zuständige Widerspruchsbehörde. Die Gebührenerhebung nehme sie als übertragene Aufgabe wahr. In diesem Bereich unterliege sie nach § 4 Abs. 3 Satz 2 Thüringer Schulaufsichtsgesetz (ThürSchAG) der Aufsicht der unteren Schulaufsichtsbehörde. Diese Bestimmung regele die Aufsicht sowohl im Bereich der Erfüllung von Aufgaben im eigenen als auch im übertragenen Wirkungskreis des kommunalen Schulträgers. Der Hinweis im 2. Halbsatz der Bestimmung auf die Mithilfe der Rechtsaufsichtsbehörde bei der Durchsetzung der Aufsichtsmaßnahmen stehe der Annahme einer Fachaufsicht des Schulamtes im übertragenen Wirkungskreis der Schulträger nicht entgegen. Insoweit wiederhole die Vorschrift nur das, was auch allgemein nach der Kommunalordnung gelte. Das Staatliche Schulamt sei demnach die ihr übergeordnete Aufsichtsbehörde und nicht das Thüringer Kultusministerium. Mithin sei ihre Widerspruchszuständigkeit auch nicht unter dem Aspekt gegeben, dass die nächsthöhere Aufsichtsbehörde eine oberste Landesbehörde sei. Zu berücksichtigen sei ebenfalls, dass bei der Auflösung der Schulabteilung des Landesverwaltungsamtes 1997 beschlossen worden sei, reine Verwaltungstätigkeiten, wie die Bearbeitung von Widersprüchen, den Staatlichen Schulämtern zu übertragen. Gegen ihre Widerspruchszuständigkeit spreche überdies, dass der Beklagte bislang keine Erstattung der den Schulträgern anfallenden Kosten für die Bearbeitung der Widersprüche vorgesehen habe.

Mit Bescheid vom 30. September 2002 wies das Thüringer Kultusministerium den Widerspruch als unzulässig zurück. Dieser könne sich nur gegen Verwaltungsakte richten. Die fachaufsichtliche Weisung sei aber kein Verwaltungsakt. Sie bringe lediglich das zum Ausdruck, was nach der Gesetzeslage, nämlich nach § 2 Abs. 1 Satz 2 ThürSchFG, § 4 Abs. 2 Satz 1 ThürSchAG und § 124 Nr. 2 2. Halbs. ThürKO, hinsichtlich der Zuständigkeit der Bearbeitung von Widersprüchen gelte.

Am 30. Oktober 2002 hat die Klägerin Klage bei dem Verwaltungsgericht Gera erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus ihrem Widerspruchsschreiben wiederholt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Weisung des Beklagten vom 21. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 30. September 2002 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zunächst hat er seinen Einwand wiederholt, dass es sich bei der Weisung nicht um einen Verwaltungsakt handele. In der Sache stimme er mit der Klägerin insoweit überein, dass sich die Zuständigkeit für den Erlass eines Widerspruchsbescheides nach § 124 Nr. 2 ThürKO bestimme. Es sei jedoch so, dass nach den Bestimmungen des Schulaufsichtsgesetzes in dem streitigen Bereich das Thüringer Kultusministerium die Fachaufsichtsbehörde sei, mithin eine oberste Landesbehörde. In diesem Fall entscheide aber die Behörde über den Widerspruch, die den Verwaltungsakt erlassen habe, demzufolge im Hinblick auf die streitgegenständlichen Widersprüche die Klägerin. Das Thüringer Schulaufsichtsgesetz normiere keine Aufsicht der Staatlichen Schulämter über die Erfüllung der den Schulträgern übertragenen Aufgabe. Deren Aufsichtsaufgaben gegenüber den Schulträgern beschränke sich auf solche, die diese im eigenen Wirkungskreis wahrnehmen.

Mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2003 hat das Verwaltungsgericht Gera der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, dass die Klage als Anfechtungsklage zulässig sei. Zwar kämen fachaufsichtsrechtlichen Weisungen grundsätzlich keine Außenwirkung zu. Etwas anderes müsse jedoch dann gelten, wenn die Rechtswirkung der Weisung nicht im staatlichen Innenbereich verbleibe, sondern in den rechtlich geschützten Bereich der kommunalen Selbstverwaltung übergreife. Dies sei hier der Fall. Der im Bescheid der Klägerin zugeschriebenen Zuständigkeit fehle die Rechtsgrundlage. Nach § 124 Nr. 2 ThürKO sei der Widerspruchsbescheid in Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises durch die Fachaufsichtsbehörde zu erlassen. Zuständige Fachaufsichtsbehörde sei hier auch keine oberste Landesbehörde, sondern nach § 4 Abs. 1 und 3 Satz 2 1. Halbs. ThürSchAG das Staatliche Schulamt. Nach dieser Vorschrift führten die unteren Schulaufsichtsbehörden die Aufsicht über die Erfüllung der dem Schulträger obliegenden Aufgaben. Sie um fassten auch die Erfüllung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises. Dies ergebe sich bereits aus dem Begriff der "Aufsicht" in dieser Bestimmung, der gerade nicht zwischen Fach- und Dienstaufsicht unterscheide und daher alle Formen der Aufsicht erfasse. Dem stehe auch nicht § 4 Abs. 3 Satz 2 2. Halbs. ThürSchAG entgegen. Diese Bestimmung besage nichts anderes als dasjenige, dass nach dem allgemeinen Kommunalrecht schon als Grundsatz gelte, dass sich nämlich die Fachaufsicht bei Durchsetzung ihrer Maßnahmen der Mittel der kommunalen Rechtsaufsicht bedienen müsse. Auch § 2 Abs. 2 Nr. 6 ThürSchAG stelle dieses Ergebnis nicht in Frage. Die Norm regele nicht, welche Behörde die Schulaufsicht wahrnehme.

Gegen das ihm am 21. November 2003 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 17. Dezember 2003 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 22. März 2004 - 2 ZKO 1195/03 - aus dem Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten entsprochen hat.

Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei seine fachaufsichtliche Weisung kein Verwaltungsakt. Hierzu wiederholt er seinen bisherigen Vortrag. Die Weisung sei auch zu Recht ergangen. Die Klägerin sei zuständige Behörde für die Widerspruchsbearbeitung. Hierbei handele es sich um eine Aufgabe der Schulaufsicht nach dem Thüringer Schulaufsichtsgesetz. Diese Schulaufsicht sei aber im vorliegenden Fall nicht beim Staatlichen Schulamt angesiedelt. Seine Aufsichtstätigkeit sei abschließend in § 4 Abs. 3 ThürSchAG beschrieben. Soweit dem Schulamt gegenüber den Schulträgern Aufsichtsbefugnisse übertragen seien, beschränkten sich diese auf die Erfüllung der eigenen Selbstverwaltungsaufgaben nach den Schulgesetzen. Dem stünde auch nicht die Verwendung des Begriffes "Aufsicht" in § 4 Abs. 3 Satz 2 ThürSchAG entgegen. Hiermit sei nur eine eingeschränkte Aufsicht, die weniger als eine Fach- oder Dienstaufsicht sei, gemeint. Dies ergebe sich auch aus der Aufgabenumschreibung in § 2 Abs. 2 Nr. 6 ThürSchAG. Der Annahme einer Fachaufsicht durch das Staatliche Schulamt stehe überdies entgegen, dass diese als untere staatliche Aufsichtsbehörde keine nächsthöhere Behörde im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 VwGO gegenüber einer Gemeinde oder einem Landkreis sei.

Er beantragt,

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Gera - 2 K 2257/02 GE - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag und verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligt sich am Berufungsverfahren, ohne einen Antrag zu stellen. In der Sache schließt er sich im Wesentlichen der Auffassung des Beklagten an.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte (1 Band) und die Behördenakte des Beklagten (1 Band), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

Die Klage ist zulässig. Zwar ist sie nicht als Anfechtungsklage statthaft. Wie noch aufgezeigt wird, kommt der angegriffenen Weisung keine Außenwirkung zu; sie ist eine Maßnahme der Fachaufsicht, die nicht in den eigenen Wirkungskreis der Klägerin eingreift (vgl. nur zum Verwaltungsaktcharakter der fachaufsichtlichen Weisung: einerseits BVerwG, Urteile vom 14.12.1994 - 11 C 4/94 -, NVwZ 1995, 910, und vom 20.04.1994 - 11 C 17/93 -, BVerwGE 95, 333; andererseits Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Auflage, 1997, § 9 Rz. 26). Sie ist dann aber als eine auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der schlicht-hoheitlichen Maßnahme gerichteten Klage zulässig.

Die Klage ist aber unbegründet. Die Weisung des Beklagten vom 21. März 2003 an die Klägerin, die Widersprüche gegen die Gebührenbescheide, mit denen die Eltern an den Personalkosten der Schulhorte beteiligt werden, zu bearbeiten, ist rechtmäßig. Die Klägerin ist für den Erlass der Widerspruchsbescheide zuständig. Nach § 124 Nr. 2 ThürKO erlässt den Widerspruchsbescheid nach § 73 VwGO in Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises die Fachaufsichtsbehörde. Ist aber - wie hier - Fachaufsichtsbehörde eine oberste Landesbehörde, so entscheidet die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

Die Widersprüche gegen die streitgegenständlichen Gebührenbescheide betreffen Angelegenheiten des den kommunalen Schulträgern übertragenen Wirkungskreises (§ 2 Abs. 1 Satz 3 ThürSchFG).

Die zur Widerspruchsentscheidung zuständige Fachaufsichtsbehörde ist im Falle der Klägerin als einer kreisfreien Stadt dann grundsätzlich das Landesverwaltungsamt, soweit durch Gesetz oder durch Rechtsverordnung der Landesregierung nichts anderes bestimmt ist (§ 118 Abs. 5 ThürKO). Das Thüringer Gesetz über die Schulaufsicht regelt aber, dass im vorliegenden Fall die Fachaufsicht dem Thüringer Kultusministerium obliegt.

Die Erhebung der streitgegenständlichen Gebühren durch die kommunalen Schulträger in deren übertragenen Wirkungskreis unterliegt dem Anwendungsbereich des Thüringer Gesetzes über die Schulaufsicht.

Dies folgt ungeachtet, ob das Regelbeispiel nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 ThürSchAG des Katalogs der schulaufsichtsrechtlichen Materien bereits die hier streitgegenständliche Materie erfasst, aus der generellen Öffnungsklausel des Thüringer Schulaufsichtsgesetzes (§ 2 Abs. 2 ThürSchAG). Danach umfasst die Schulaufsicht die Gesamtheit der staatlichen Aufgaben zur inhaltlichen, organisatorischen und planerischen Gestaltung und die Beaufsichtigung des Schulwesens. Bereits der Wortlaut legt ein weites Verständnis des Umfangs der Schulaufsicht nahe. Dies betont auch die Einleitungsvorschrift des Gesetzes, nach der das Schulaufsichtsgesetz für die Aufsicht des Landes über das "gesamte" Schulwesen gilt (§§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 ThürSchAG, vgl. auch Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 23 Abs. 2 ThürVerf). Das der Aufsicht unterworfene Schulwesen umfasst danach alle Fragen der Verfassung, Unterhaltung und Verwaltung der öffentlichen Schulen, insbesondere unterliegen ihr alle aufgrund des Schulverhältnisses zu den Schulbeteiligten, also auch den Eltern und Schülern bestehenden rechtlichen Beziehungen.

Zwar dient die der hier streitigen Widerspruchsbearbeitung zugrunde liegende Gebührenerhebung durch die kommunalen Schulträger auch der Befriedigung fiskalischer Bedürfnisse des Landes, gleichwohl knüpft die Gebührenerhebung an das Schulverhältnis an und betrifft, wenn auch nicht die unterrichtsbezogenen inneren Schulangelegenheiten, so doch die ebenfalls von der Schulaufsicht erfassten verwaltungsfachlichen, d. h. die äußeren Schulangelegenheiten (vgl. insgesamt Heckel/Arvenarius, Schulrechtskunde, 6. Auflage 1986, S. 101 ff., 107 ff.).

Der Anwendung des Gesetzes steht auch nicht entgegen, dass die streitgegenständlichen Gebühren Schulhorte betreffen. Nach der Rechtslage in Thüringen sind Schulhorte Teil der staatlichen Schulen (vgl. § 10 ThürSchulG, § 49 ThürSchulO, § 1 Abs. 4 Kindertageseinrichtungsgesetz). Sie werden als Teil der Schule auch von der Schulaufsicht umfasst.

Nach den Bestimmungen des Thüringer Schulaufsichtsgesetzes ist jedoch nicht die untere Schulaufsichtsbehörde - also das Staatliches Schulamt - gegenüber den kommunalen Schulträgern, soweit diese im übertragenen Wirkungskreis tätig sind, Aufsichtsbehörde. Dies ist vielmehr in diesem Bereich das Kultusministerium als eine oberste Landesbehörde.

Dies ergibt sich aus der Auffangbestimmung des § 4 Abs. 2 Satz 1 ThürSchAG, wonach die oberste Schulaufsichtsbehörde für alle Angelegenheiten der Schulaufsicht zuständig ist, sofern diese nicht durch Gesetz anderen Behörden zugewiesen sind. Die allein für die Zuständigkeitsbestimmung der unteren Schulaufsichtsbehörde maßgebliche Regelung des § 4 Abs. 3 ThürSchAG enthält keine solche anderweitige Zuständigkeitszuweisung. Insbesondere ergibt sich diese auch nicht aus Satz 2 der angeführten Vorschrift. Danach führen die unteren Schulaufsichtsbehörden die Aufsicht über die Erfüllung der den Schulträgern obliegenden Angelegenheiten; für Maßnahmen gegenüber den Schulträgern der staatlichen Schulen zur Durchsetzung der diesen obliegenden Aufgaben ist die Rechtsaufsichtsbehörde zuständig.

Anders als dies das Verwaltungsgericht und die Klägerin meinen, kann die Bestimmung nur als Aufsicht gegenüber den Schulträgern in den Angelegenheiten ihres eigenen Wirkungskreises verstanden werden. Zwar kommt dies im Wortlaut des §4 Abs. 3 Satz 2 1. Halbs. ThürSchAG nicht unmittelbar zum Ausdruck. Insbesondere ist der Begriff "Aufsicht" allgemein gehalten und könnte sowohl die Fachaufsicht im übertragenen Bereich als auch die Rechtsaufsicht im Bereich eigener Angelegenheiten meinen. Eine solche allein vom Wortlaut her angelegte Auslegung der Vorschrift verkennt jedoch dessen historische und systematische Einordnung.

Eine Auslegung im Sinne der Beschränkung der Aufsicht der unteren Schulaufsichtsbehörde auf die Erfüllung der Selbstverwaltungsangelegenheiten der kommunalen Schulträger ergibt sich schon aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Bis zur Übertragung der Gebührenerhebung im Rahmen der Hortkostenbeteiligung durch die kommunalen Schulträger im übertragenen Wirkungskreis durch die Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung vom 27. August 1997 und später durch § 2 Abs. 1 ThürSchFG in der Fassung des Thüringer Haushaltsbegleitgesetzes 2001/2002 war diese Art des hoheitlichen Tätigwerdens der Gemeinden und Landkreise im Schulbereich unbekannt. Der Gesetzgeber hatte zuvor bei Erlass des Thüringer Gesetzes über die Schulaufsicht im Jahre 1993 diesen Fall nicht berücksichtigt und ausschließlich die Schulaufsicht im Bereich der eigenen Angelegenheiten der kommunalen Schulträger regeln wollen (Landtagsdrucksache 1/1052, insbesondere Begründung zu § 4 a. E.). Auch die späteren Novellierungen des Schulaufsichtsgesetzes nach Übertragung der Gebührenerhebung in den übertragenen Wirkungskreis der Kommunen änderten hieran nichts und erfassten weiterhin nur die Aufsicht der Schulämter über die Tätigkeit der kommunalen Schulträger im eigenen Wirkungskreis, nämlich die Überwachung der Aufbringung des sog. Schulsachaufwandes (vgl. § 2 Abs. 2 ThürKO, § 13 Abs. 2 ThürSchulG).

Will der Gesetzgeber aber nur die Aufsicht der Staatlichen Schulämter gegenüber den Schulträgern im eigenen Wirkungskreis regeln, meint § 4 Abs. 3 Satz 2 ThürSchAG, dessen 2 Halbsätze als innere Einheit zu verstehen sind, dass der unteren Schulaufsichtsbehörde keine fachaufsichtsrechtlichen Befugnisse zustehen, sondern alle gegenüber dem Schulträger gerichteten Maßnahmen ausschließlich der kommunalen Rechtsaufsichtsbehörde zustehen sollen. Der Begriff der Aufsicht in dieser Norm ist in diesem Zusammenhang nicht, wie die Klägerin und das Verwaltungsgericht meinen, als ein Sammelbegriff aller möglichen Aufsichtsarten, sondern als ein gegenüber der Fach-, Dienst- und Rechtsaufsicht einengender Begriff zu verstehen. Benennt § 4 Abs. 3 Satz 1 ThürSchAG die konkreten obligatorischen Weisungs- und Aufsichtsmittel gegenüber den unmittelbar in den staatlichen Bereich eingeordneten Institutionen und Personen, darf die untere Schulaufsicht gegenüber dem im eigenen Wirkungskreis tätigen Schulträger nur eine davon abweichende Aufsicht ausüben, nämlich nur die kommunale Rechtsaufsicht vorbereitende Maßnahmen treffen. Sie besitzt ein allgemeines Kontrollrecht in Vorbereitung der dann nach dem 2. Halbsatz eigentlichen Aufsichtsmaßnahmen der Kommunalaufsichtsbehörde (vgl. insoweit auch zur vergleichbaren niedersächsischen Rechtslage: OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. März 1998 - 13 L 6648/96 -, Nds. VBl. 1998, 192). Eine weitergehende Fachaufsicht wollte der Gesetzgeber den Staatlichen Schulämtern gegenüber den Gemeinden und Landkreisen nicht übertragen.

Besteht daher keine Aufsichtszuständigkeit der unteren Schulaufsichtsbehörde, sondern ist das Thüringer Kultusministerium die den kommunalen Schulträgern übergeordnete Schulaufsichtsbehörde, so folgt aus § 124 Abs. 2 Nr. 2 2. Halbsatz ThürKO - wie auch aus § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO -, dass die Klägerin als Ausgangsbehörde auch zur Widerspruchsbearbeitung zuständig ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO in entsprechender Anwendung.

Gründe für die Zulassung einer Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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