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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: 2 KO 253/05
Rechtsgebiete: BNV, ThürBG, ThürNVO, ThürVwVfG


Vorschriften:

BNV § 6
BNV § 7
BNV § 7
BNV § 10
BNV § 11
BNV § 13
ThürBG § 139
ThürNVO § 6
ThürNVO § 8
ThürNVO § 9
ThürNVO § 12
ThürNVO § 13
ThürNVO § 15
ThürVwVfG § 35
ThürVwVfG § 44 Abs. 1
ThürVwVfG § 44 Abs. 2
Die Pflicht eines Beamten zur Zahlung eines Entgeltes für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn im Rahmen der Ausübung von Nebentätigkeiten setzt den Erlass eines Festsetzungsbescheides voraus.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 2. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

2 KO 253/05 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Besoldung und Versorgung, hier: Berufung

hat der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Lindner, den Richter am Oberverwaltungsgericht Bathe und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht von Saldern aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2009 für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 30. September 2003 - 1 K 1017/02 GE - wird teilweise abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 4.802,72 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 5/8 und der Beklagte 3/8 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht vorher der jeweilige Vollstreckungsgläubiger in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger fordert - erstinstanzlich erfolgreich - vom Beklagten die Rückzahlung von 1994 bis 1998 erbrachten Geldleistungen aus Abführungen für anderweitig vergütete Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit seinem Amt als Landrat standen.

Der 1953 geborene Kläger wurde zum 1. Juni 1990 zum Landrat des ehemaligen Landkreises R gewählt und in diesem Amt mit Wirkung vom 25. September 1991 in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen. Mit Wirkung vom 1. Juni 1994 wurde er zum Landrat des neu gegründeten Landkreises S gewählt. Aus diesem Amt schied er mit Ende seiner Amtszeit am 30. Juni 2000 aus.

Anfang 1994 wandte sich der Kläger erstmalig an das Personalreferat des Landratsamtes zur Klärung verschiedener Rechtsfragen wegen der im Rahmen seines Amtes wahrgenommenen und zum Teil vergüteten Tätigkeiten außerhalb der Landkreisverwaltung. In der Antwort teilte das Personalreferat mit, dass es sich bei den Tätigkeiten zum Teil um Ehrenämter und zum Teil um genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten handele. Da die jährlichen Vergütungen unter dem Höchstbetrag lägen, ergebe sich keine Abführungspflicht.

Gleichwohl überwies der Kläger auf Grundlage eines Schreibens vom 16. Mai 1994, das nicht mehr auffindbar ist, am 19. Mai 1994 an den damaligen Landkreis R zum einen einen Betrag in Höhe von 19.774,35 DM mit dem Verwendungszweck "Abführung Nebeneinkünfte, die Freibetrag überschreitet" und zum anderen einen Betrag in Höhe von 1.151,45 DM mit der Angabe des Verwendungszwecks "Reisekosten 16.05.94". Dieser zuletzt genannten Zahlung lag eine Auflistung der Fahrten zur Wahrnehmung von Nebentätigkeiten zugrunde.

Der Kreisausschuss des neuen Landkreises S nahm in seiner Sitzung am 8. September 1994 eine vom Kläger vorgelegte Liste von Nebentätigkeiten zustimmend zur Kenntnis. Der Kreistag beschloss am 20. September 1994 als Beschluss Nr. 05-02/94:

"1. Der Landrat ... ist berechtigt, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Dienst-Pkw Privatfahrten ohne Inanspruchnahme eines Fahrers durchzuführen. Dies gilt nicht für Fahrten im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten des Landrates, soweit dadurch die gesetzliche Arbeitszeit des Fahrers nicht erweitert wird. Dem Landrat werden in diesem Fall die nach Reisekostenrecht gültigen Km-Pauschalen in Rechnung gestellt.

2. ...

3. Dieser Beschluss gilt rückwirkend ab 01.07.1994."

Mit Schreiben vom 19. April 1995 und 25. Mai 1995 beantragte der Kläger gegenüber dem Landesverwaltungsamt im Hinblick auf die zuvor in Kraft getretene Thüringer Nebentätigkeitsverordnung die Genehmigung der Ausübung von insgesamt acht Nebentätigkeiten sowie die Genehmigung der kostenpflichtigen Inanspruchnahme eines im Eigentum des Landkreises stehenden Dienstwagens und eines durch den Landkreis beschäftigten Fahrers für Fahrten, die im Zusammenhang mit der Ausübung der Nebentätigkeiten stehen.

Mit Bescheid vom 6. Juli 1995 erteilte das Landesverwaltungsamt dem Kläger die Genehmigung für die benannten Nebentätigkeiten und genehmigte die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Landkreises S im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und im für die Ausübung der Nebentätigkeit notwendigen Umfang. Ferner führte es aus, für die Inanspruchnahme des Dienstwagens sei ein angemessenes Entgelt an den Landkreis abzuführen, soweit dem Kläger eine entsprechende Entschädigung zur Ausübung der Nebentätigkeit gewährt werde.

Der Kläger beantragte daraufhin weitergehend mit Schreiben vom 6. September 1995 gegenüber dem Landesverwaltungsamt den Verzicht auf die Entrichtung eines Entgeltes für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Landkreises für die Wahrnehmung der von ihm unentgeltlich wahrgenommenen Nebentätigkeiten. Mit weiterem Schreiben vom 7. September 1995 bat er darüber hinaus um Bestätigung, dass hinsichtlich bestimmter Tätigkeiten nach § 9 ThürNVO zu verfahren sei.

Das Landesverwaltungsamt teilte daraufhin dem Kläger mit Schreiben vom 21. September 1995 mit, dass ein Verzicht durch den Landkreis erklärt werden müsse. Die weiterhin genannten Tätigkeiten unterlägen nach § 9 Nr. 10 ThürNVO nur insoweit keiner Ablieferungspflicht, als er - der Kläger - die Aufgaben im Auftrag der kommunalen Spitzenverbände ausübe.

Der Kläger bat nach Erhalt dieses Schreibens mit Schreiben vom 9. Oktober 1995 das Landesverwaltungsamt jedenfalls um Bestätigung, dass die im Schreiben vom 7. September 1995 genannten Einrichtungen Körperschaften des öffentlichen Rechts seien.

Ferner unterbreitete der Kläger dem Kreisausschuss eine Beschlussvorlage, die eine Klarstellung im Hinblick auf § 9 Nr. 10 ThürNVO beinhalten sollte. Der Kreisausschuss stimmte dem auf seiner Sitzung am 6. November 1995 unter TOP 5, Beschluss Nr. 19/95, zu:

"Der Kreisausschuss nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die Nebentätigkeiten gemäß der Pos.1 bis 7 und 9 bis 12 der Anlage auf Veranlassung der kommunalen Verbände bzw. deren Gremien in der Regel durch mündliche Vereinbarungen der jeweiligen Gremienmitglieder bzw. Wahlvorschläge durch Landrat Dr. T aufgenommen wurden."

Ferner legte der Kläger dem Kreisausschuss zu dieser Sitzung eine weitere Beschlussempfehlung vor mit dem Zweck, eine durchgehende übersichtliche Rechtsgrundlage zu seinen Nebentätigkeiten auf Grundlage der Bundes- und Landesnebentätigkeitsverordnung zu schaffen. Auch dem stimmte der Kreisausschuss mit Beschluss Nr. 20/95 zu:

"1. Der Kreisausschuss nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass das durch Landrat Dr. T gemäß § 13 (1) ThürNVO zu entrichtende Entgelt aus 5% für die Inanspruchnahme von Einrichtungen und 10% für die Inanspruchnahme von Personal bezogen auf die für Ausübung der Nebentätigkeit bezogene Bruttovergütung besteht.

2. Der Kreisausschuss beschließt, dass vorstehendes - im Einklang mit § 11 (1) BNV befindlich - rückwirkend seit Beginn der jeweiligen Nebentätigkeit gilt.

3. Gemäß § 12 (1) ThürNVO beschließt der Kreisausschluss, dass auf die Zahlung eines Entgeltes verzichtet wird für die Positionen 5, 6, 8 und 10 bis 12 der Anlage.

4. Der Kreisausschuss beschließt, dass vorstehendes - in Einklang mit § 10 (1) BNV befindlich - rückwirkend seit Beginn der jeweiligen Nebentätigkeit gilt.

5. Der Landrat ist verpflichtet, sich ändernde Voraussetzungen für die Beschlüsse 1. bis 4. dem Kreisausschuss bekannt zu geben und wenn nötig entsprechende Beschlussvorschläge zu unterbreiten."

Diese Beschlüsse übermittelte der Kläger mit Schreiben vom 13. November 1995 mit der Bitte um Rechtsprüfung dem Landesverwaltungsamt, das mit Schreiben vom 13. Januar 1996 mitteilte, dass die Beschlüsse zur Kenntnis genommen und rechtliche Bedenken gegen deren Inhalt nicht bestehen würden.

Mit Schreiben vom 19. Februar 1996 legte der Kläger dem Landesverwaltungsamt eine Abrechnung der Vergütungen für Nebentätigkeiten im Zeitraum 1991 bis 1995 auf Grundlage der Beschlüsse Nr. 19/95 und 20/95 des Kreisausschusses vor. Er gab an, eine Abführung nach § 8 Abs. 2 ThürNVO sei nicht erforderlich. Das Entgelt für die Inanspruchnahme von Personal und Einrichtungen des Landkreises gemäß § 13 ThürNVO betrage für die Jahre 1991 bis 1995 insgesamt 15.359,77 DM. Dem stünden bereits die geleisteten Zahlungen in Höhe von 19.774,35 DM und 1.151,45 DM aus dem Jahr 1994 gegenüber. Zur Verrechnung dieser Position habe er einen Rückerstattungsanspruch in Höhe von 5.566,03 DM. Er bat darum, dies zu bestätigen. Dem Schreiben war eine Liste der ausgeübten Nebentätigkeiten beigefügt.

In der Folge kam es zwischen dem Kläger und dem Landesverwaltungsamt zu verschiedenen mündlichen und schriftlichen Rücksprachen zu diesem Antrag, dabei wurde von Seiten des Klägers unter anderem mit Schreiben vom 6. Mai 1996 die Anlage zur Vergütungsübersicht zum Ausgangsantrag ausgetauscht.

Das Landesverwaltungsamt bat mit Schreiben vom 4. Juni 1996 den Kläger um ergänzende Angaben zu in der Anlage des Schreibens vom 19. Februar 1996 genannten, aber bislang noch nicht genehmigten Nebentätigkeiten. Ferner enthielt dieses Anschreiben folgende Anmerkungen:

"Die konkrete Abrechnung jeder einzelnen Nebentätigkeit wie auch die Abrechnung der Kosten für die Inanspruchnahme von Personal und Einrichtungen des Dienstherren nehmen Sie bitte direkt mit der für den Haushalt zuständigen Stelle des Landratsamtes vor."

Die erbetenen Informationen zu seinen Nebentätigkeiten übermittelte der Kläger mit Schreiben vom 6. Juni 1996.

In einem Vermerk vom 18. Juli 1996 führte das Dezernat 1 gegenüber der Kämmerei des Landratsamtes aus, dass vom Kläger für den Zeitraum von 1991 bis 1995 insgesamt 16.413,07 DM als Entgelt für die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Personal an den Landkreis abzuführen seien. Es sei aber zu berücksichtigen, dass der Landrat bereits 1.151,45 DM sowie 19.774,35 DM, also insgesamt 20.925,80 DM an den Landkreis abgeführt habe, sodass sich eine Überzahlung in Höhe von 4.512,73 DM ergebe. Mit Schreiben vom 23. Juli 1996, dem Kläger am 24. Juli 1996 zugegangen, informierte der Leiter des Hauptamtes in Abstimmung mit der Kämmerei dieses Ergebnis der Prüfung dem Kläger. Der danach überzahlte Betrag wurde in der Folge an den Kläger durch Überweisung zurückerstattet.

Mit Schreiben vom 16. Januar 1997 rechnete der Kläger gegenüber dem Landesverwaltungsamt seine Nebentätigkeiten für das Jahr 1996 ab. In einer Anlage gab er die erhaltenen Aufwandsentschädigungen an. Er bat um Berechnung des Entgeltes. Er erklärte, dass kein abführungspflichtiger Vergütungsanteil angefallen sei. Ferner bat er um die Genehmigung weiterer Nebentätigkeiten. In der Folge überwies der Kläger am 15. April 1997 einen Betrag in Höhe von 5.443,80 DM.

Der Kläger wandte sich sodann mit Schreiben vom 25. November 1997 an das Landesverwaltungsamt zur Klärung verschiedener Fragen zur Nutzung von Dienstfahrzeugen von kommunalen Wahlbeamten für die Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle. In diesem Schreiben bat er ferner um Information, inwieweit die Vorlagen zur Ausübung von Nebentätigkeiten gegenüber dem Landesverwaltungsamt verzichtbar seien, weil der bisherige Schriftverkehr dazu unbeantwortet geblieben sei.

Unter dem 10. Dezember 1997 bat das Landesverwaltungsamt in Reaktion auf das Schreiben vom 16. Januar 1997 um weitere Angaben zu den mitgeteilten Nebentätigkeiten. Dies beantwortete der Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 1998. Anlässlich dieses Vorgangs bat das Landesverwaltungsamt das Thüringer Innenministerium mit Schreiben vom 16. Dezember 1997 und in den Folgejahren wiederholt um Klärung von nebentätigkeitsrechtlichen Fragen.

In einem Schreiben vom 25. Januar 1998 an das Dezernat Hauptverwaltung überreichte der Kläger eine Auflistung seiner Abführung "des Anteils von Einnahmen aus Nebentätigkeiten" aus den Jahren 1991 bis 1997 und gelangte zu dem Ergebnis, dass nach Verrechnung mit Unter- und Überzahlungen aus den beiden Vorjahren für das Jahr 1997 er 3.949,50 DM zu entrichten habe. Diesen Betrag überwies der Kläger am 13. März 1998 an den Landkreis.

Mit Schreiben vom 4. August 1998 nahm das Landesverwaltungsamt auf die Anfrage des Klägers vom 25. November 1997 Bezug und teilte mit, dass es sowohl den Beschluss Nr. 5-02/94 des Kreistages als auch den Beschluss Nr. 20/95 des Kreisausschusses aus verschiedenen rechtlichen Gründen als rechtswidrig erachte. Soweit andere Beschlüsse nur bestimmte Umstände zur Kenntnis nähmen, bestünden daran keine Bedenken. Weitere Entscheidungen zu den vom Kläger ausgeübten Nebentätigkeiten seien von Absprachen mit dem Thüringer Innenministerium abhängig, die noch nicht zum Abschluss gekommen seien. Ferner sei es erforderlich, dass für die Überlassung der Nutzung von Vermögensgegenständen insbesondere für die private Nutzung von Dienst-Pkw ein marktübliches Entgelt nach den kommunalrechtlichen Bestimmungen zu verlangen sei.

Mit Schreiben vom 25. September 1998 bat der Kläger das Landesverwaltungsamt nochmals um schriftliche Genehmigung zur Nutzung des Dienstwagens des Landkreises einschließlich Fahrer bei der Ausübung von Nebentätigkeiten, ferner um Festsetzung des für die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Personal im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten 1995, 1996 und 1997 zu entrichtenden Entgeltes. Er forderte vorab eine Klärung, inwiefern es sich bei den wahrgenommenen Nebentätigkeiten um öffentliche Ehrenämter oder um Tätigkeiten im Hauptamt handele. Ferner erinnerte er an die Beantwortung der Schreiben der vergangenen Jahre.

Unter dem 22. Oktober 1998 legte das Rechnungsprüfungsamt des Landratsamtes einen auf Antrag des Klägers erstellten Bericht unter Nr. 17/98 zur Prüfung der Erstattungen von Kosten durch private Nutzung des Dienst-Pkw an den Landkreis sowie Prüfung zur Ausübung von Nebentätigkeiten vor. Der Bericht kam im Ergebnis zu Beanstandungen, zu denen der Kläger in verschiedenen Vermerken wiederholt kritisch Stellung nahm, während das Rechnungsprüfungsamt seine Auffassung verteidigte. In diesem Zusammenhang wurden in der Sache erfolglose Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen gegen den Kläger gerichtet. Der Kläger wie auch der Kreistag fragten in der Folge wiederholt nach dem Stand des nebentätigkeitsrechtlichen Verfahrens nach, woraufhin das Landesverwaltungsamt jeweils als Zwischeninformation angab, dass eine vertiefte Prüfung und eine notwendige, aber noch nicht abgeschlossene Klärung von Sach- und Rechtsfragen durch das Thüringer Innenministerium die Bearbeitung verzögere. Mit Schreiben vom 15. März 2000 gab der Kläger gegenüber dem Landesverwaltungsamt seine Einkünfte aus verschiedenen Tätigkeiten für die Jahre 1998 und 1999 an und beantragte die Festsetzung des Entgelts nach § 15 ThürNVO. In dem Schreiben vertrat er im Übrigen die Auffassung, dass alle Tätigkeiten, die an sein Amt geknüpft seien, dem Hauptamt zuzuordnen seien.

Auch die Nachfolgerin des Klägers im Amt des Landrates versuchte mehrmals eine Klärung der Frage der Nebentätigkeiten gegenüber dem Landesverwaltungsamt herbeizuführen.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2001 machte der Kläger eine Rückforderung der von ihm geleisteten Zahlungen in Höhe der Klageforderung geltend, die der Beklagte zurückwies. Zuletzt nahm das Landesverwaltungsamt mit Schreiben vom 19. Dezember 2002 gegenüber der Nachfolgerin des Klägers im Amt des Landrates umfassend zur Frage der Nebentätigkeiten und der Abführungs- und Entgeltpflichten des Klägers Stellung.

Bereits am 17. Juli 2002 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Weimar erhoben, mit dem Ziel, die von ihm gezahlten Beträge im Zusammenhang mit Vergütungen für die von ihm im Rahmen seines Amtes wahrgenommenen Tätigkeiten zurückzufordern. Es bestehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Die Geldleistungen seien ohne Rechtsgrund erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 13.194,59 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich keinen Antrag gestellt und sich schriftsätzlich nicht zur Sache geäußert.

Das Verwaltungsgericht Weimar hat sich mit Beschluss vom 13. August 2002 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Gera verwiesen.

Das Verwaltungsgericht Gera hat nach Erörterung mit den Beteiligten mit Urteil vom 30. September 2003 der Klage stattgegeben. Die zulässige Leistungsklage sei begründet. Es bestehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Die Zahlungen des Klägers seien ohne Rechtsgrund geleistet worden. Die von ihm entrichteten Entgelte für die Nutzung von Dienstwagen hätten einer Festsetzung nach § 15 ThürNVO bzw. § 67 ThürBG bedurft. Solche Verwaltungsakte lägen jedoch nicht vor. Auch sei kein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen den Beteiligten geschlossen worden. Die Beschlüsse des Kreisausschusses vom 6. November 1995 seien bloße Innenakte ohne Außenwirkung. Sie seien gegenüber dem Kläger nicht umgesetzt worden. Es läge auch kein Verwaltungsakt auf Unterwerfung vor. Der Rückforderung stehe ferner nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Eine Rechtsmissbräuchlichkeit des Verlangens setze voraus, dass die Gegenseite im Glauben gelassen werde, dass von der Befugnis kein Gebrauch gemacht werde. Hiervon habe der Beklagte aber nicht ausgehen können, da der Kläger von Anfang an auf eine verbindliche Regelung hingewirkt und zu keinem Zeitpunkt den Glauben habe entstehen lassen, dass es mit seinen Leistungen sein Bewenden haben sollte. Dem Beklagten stehe auch keine Gegenforderung zu. Es fehle an einer Aufrechnungslage, da ein auf die Gegenforderung bezogener Verwaltungsakt bislang nicht erlassen worden sei. Eine Widerklage sei nicht förmlich erhoben worden.

Gegen dieses ihm am 23. Oktober 2003 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 3. November 2003 die Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht Gera beantragt. Dem hat der Senat mit Beschluss vom 8. März 2005 - 2 ZKO 15/04 -wegen tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache entsprochen.

Der Beklagte führt zur Begründung der Berufung an, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der Kläger zwei Forderungen ausgesetzt gewesen sei, nämlich zum einen, die über den Freibetrag hinausgehende Nebentätigkeitsvergütung abzuliefern und zum anderen, die Vergütung für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Material und Personal des Dienstherrn zu entrichten. Beide sowohl in der Bundes- als auch in der Thüringer Nebentätigkeitsverordnung enthaltenen Verpflichtungen seien Rechtsgrundlage für die Zahlungen des Klägers. Das Verwaltungsgericht hätte bei richtiger Wertung der Sach- und Rechtslage zu dem Schluss kommen müssen, dass es im vorliegenden Fall gar nicht auf die entschädigungspflichtige Benutzung des Dienst-Kfz angekommen sei und auch nicht auf eine verbindliche Regelung zu den Nebentätigkeiten kommunaler Wahlbeamter. Die 15-prozentige Abführung für die Inanspruchnahme von Einrichtungen und Personal sei eine davon unabhängige Pauschalvergütung für Leistungen der Dienstbehörde, die diese aufgrund der Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt selbst habe geltend machen dürfen. Dagegen wäre die Abrechnung der Benutzung des Dienst-Kfz sowie die Ablieferung über den Freibetrag hinausgehender Nebentätigkeitsvergütungen besonders festzusetzen gewesen. Jedenfalls stehe dem Anspruch des Klägers der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Der Kläger habe bewusst im Hinblick auf eine Pauschalvergütung nach § 13 ThürNVO geleistet und damit zu erkennen gegeben, dass er von seiner Zahlungspflicht ausgegangen sei und dies auch gewusst habe. Es sei rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger die Pauschalvergütung durch die Kreisausschussbeschlüsse und die Genehmigung des Landesverwaltungsamtes herbeiführe und Jahre später vortrage, dies sei kein Rechtsgrund für die Zahlung gewesen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gera vom 13. September 2003 - 1 K 1017/02 GE - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Grundsätzlich sei er der Auffassung, dass die von ihm ausgeübten Tätigkeiten zum Hauptamt gehörten und daher keine Nebentätigkeiten darstellten, aus denen Abführungs- oder Entgeltverpflichtungen bestünden. Die Zahlungen seien ohne Rechtsgrund nur aus Gründen der "politischen Sauberkeit" erfolgt. Die Entgeltentrichtung sei im Übrigen von einem feststellenden Verwaltungsakt abhängig, da der Verpflichtete selbst nicht die Höhe des Entgeltes feststellen könne. Die Festsetzung hätte in seinem Fall auch nur durch das Landesverwaltungsamt erfolgen können. Dieses habe seine Befugnis nicht wirksam delegiert. Eine Abführungspflicht könne nicht bestanden haben, da diese davon abhängig gewesen sei, in welcher Höhe er Entgelte zu entrichten gehabt habe. Dies sei jedoch nicht wirksam festgestellt worden. Der Anspruch sei auch nicht treuwidrig erhoben, da er die Zahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht geleistet habe, wie er dies gegenüber dem Landesverwaltungsamt zum Ausdruck gebracht habe.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie auf die Behördenakten des Beklagten und des Landesverwaltungsamtes (je 1 Aktenordner), die beim Beklagten geführte Personalakte sowie die weiter vom Beklagten auf gerichtliche Anforderung vom 23./24. Februar 2009 vorgelegten Aktenteile, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht im vollen Umfang stattgegeben.

Die statthafte Leistungsklage ist zwar zulässig, jedoch nur zum Teil begründet. Der Kläger hat einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten in Höhe von 4.802,72 €; ein darüber hinausgehender Erstattungsanspruch besteht nicht.

Im öffentlichen Recht gilt, ebenso wie nach §§ 812 ff. BGB im bürgerlichen Recht, dass ohne Rechtsgrund erlangte Leistungen und sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vom Bereicherten zurückgefordert werden können. Der Verwirklichung dieses Grundsatzes dient der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Seine Geltung ist heute allgemein anerkannt (vgl. Urteil des Senats vom 22. Oktober 2002 - 2 KO 701/00 - NVwZ-RR 2003, 830; BVerwG, Urteile vom 15. Juni 2006 - 2 C 10.05 - NJW 2006, 3225, vom 18. Januar 2001 - 3 C 7.00 -BVerwGE 112, 351, vom 30. November 1995 - 7 C 56.93 - BVerwGE 190, 56 und vom 12. März 1985 - 7 C 48.82 - BVerwGE 71, 85). Ebenso ist anerkannt, dass die Anspruchsvoraussetzungen denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruches entsprechen (BVerwGE a. a. O.; vgl. im Einzelnen zu den dogmatischen Grundlagen: Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Auflage, § 28 Rz. 20; Hüttenbrink, SächsVBl 2001, 133; Morlock, Die Verwaltung 1992, 371; Ossenbühl NVwZ 1991, 513; Schock, Jura 1994, 82; Windthorst, JuS 1996, 894).

Die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs liegen im vorliegenden Fall nicht vor, soweit der Kläger seine Zahlungen aus 1994 bzw. 1996 zurückfordert (vgl. 1.). Sie sind jedoch zu bejahen, soweit er seine Leistungen aus den Jahren 1997 und 1998 zurückerstattet haben will (vgl. 2.).

1. Die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs bestehen zunächst nicht hinsichtlich der Überweisungen des Klägers vom 19. Mai 1994 in Höhe von 19.774,35 DM und 1.151,45 DM, von denen er infolge einer Neuberechnung von Zahlungsverpflichtungen im Juli 1996 einen Betrag in Höhe von 4.512,73 DM bereits zurückerstattet erhalten hat. Der Beklagte hat zwar durch die Überweisung des Klägers etwas erlangt. Die Zahlung der vom Beklagten letztlich einbehaltenen Leistung erfolgte jedoch mit Rechtsgrund.

Ohne Rechtsgrund sind Leistungen erbracht, wenn die Zuwendungen dem Leistungsempfänger nach den ihnen zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs endgültig nicht zustehen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, deren Verbindlichkeit nach der Zweckbestimmung - gegebenenfalls einer Tilgungsbestimmung - des Leistenden erfüllt werden sollte. Rechtsgrund dieser Verbindlichkeit kann jeder rechtsbegründende Akt sein, wie ein Gesetz, ein Vertrag oder ein Verwaltungsakt (vgl. Maurer, a. a. O., § 28 Rz. 24; Stelkens, Bonk u. a., VwVfG, 5. Aufl., § 43 Rz. 137).

Es kann zunächst dahinstehen, ob der Rechtsgrund der vom Kläger an den Beklagten am 19. Mai 1994 überwiesenen Zahlungen möglicherweise in einem dem Gericht nicht vorliegenden und nicht mehr auffindbaren Schreiben vom 16. Mai 1994 begründet ist. Denn die Rechtsbeziehung zwischen Kläger und Beklagtem in Bezug auf Abführungs- und Entgeltverpflichtungen aus der Wahrnehmung von Nebentätigkeiten im Zeitraum von 1991 bis 1995 wurde umfassend neu und damit auch unter jedenfalls konkludenter Aufhebung vorheriger Rechtsakte durch das Schreiben des Landratsamtes S - Dezernat Hauptverwaltung - vom 23. Juli 1996 unter Berücksichtigung des vorherigen Schreibens des Landesverwaltungsamtes vom 4. Juni 1996 geregelt. Die 1994 geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 20.925,80 DM (10.699,19 Euro) wurden mit nach diesem Schreiben bestehenden Rückforderungen in Höhe von 16.413,07 DM (8.391,87 Euro) aufgerechnet und dem Kläger demzufolge ein Betrag in Höhe von 4.512,73 DM (2.307,32 Euro) zurückerstattet.

Die demnach vom Kläger noch erbrachte Leistung in Höhe von 16.413,07 DM (8.391,87 Euro) findet ihren Rechtsgrund in diesen Schreiben, die einen ihm gegenüber erlassenen und weiterhin wirksamen Verwaltungsakt beinhalten.

Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 35 ThürVwVfG). Das Landratsamt, das hierzu mit Schreiben des Landesverwaltungsamtes vom 4. Juni 1996 beauftragt wurde, hat mit dem Schreiben vom 23. Juli 1996 gegenüber dem Kläger eine Maßnahme getroffen, die eine verbindliche Entscheidung über Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum von 1991 bis 1995 ihm gegenüber im Bereich seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses trifft. Aus der Gesamtschau des Verwaltungsvorgangs ergibt sich Folgendes: Das Landesverwaltungsamt genehmigte zunächst mit Bescheid vom 6. Juli 1995 Tätigkeiten des Klägers, die er im Zusammenhang mit seinem Amt wahrgenommen hat, als Nebentätigkeiten und die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Landratsamtes gegen Entrichtung eines angemessenen Entgeltes, soweit es um die Inanspruchnahme des Dienstfahrzeuges für vergütete Tätigkeiten geht. Der Kläger hat daraufhin aufgrund der zwischenzeitlich herbeigeführten Beschlusslage des Kreisausschusses mit Schreiben vom 19. Februar 1996 gegenüber dem Landesverwaltungsamt, seiner obersten Dienstbehörde, eine umfassende Berechnung aller Abführungs- und Entgeltverpflichtungen beantragt. Das Landesverwaltungsamt hat in Reaktion darauf mit Schreiben vom 4. Juni 1996 wegen der konkreten Abrechnung jeder einzelnen Nebentätigkeit wie auch die Abrechnung der Kosten für die Inanspruchnahme von Personal und Einrichtungen des Dienstherrn auf die für den Haushalt zuständige Stelle des Landratsamtes verwiesen. In Folge dieses Schreibens ist das Hauptamt des Landratsamtes sodann nach Abstimmung mit der Stadtkämmerei mit dem Schreiben vom 23. Juli 1996 gegenüber dem Kläger tätig geworden und bestimmte unzweideutig ihm gegenüber seine im Zeitraum 1991 bis 1995 bestehenden nebentätigkeitsrechtlichen Zahlungsverpflichtungen. Hierzu enthält die Anlage zu dem Schreiben, die derjenigen offenbar entspricht, die dem Landesverwaltungsamt übermittelt worden war, eine umfassende Aufstellung der erhaltenen Vergütungen und der daraus abzuleitenden Leistungsverpflichtungen. Aufgrund dieser Abrechnung stellte das Hauptamt unmissverständlich gegenüber dem Kläger Leistungspflichten fest und verrechnete diese mit den bereits in diesem Zusammenhang 1994 erfolgten Überweisungen des Klägers. Diese Festsetzung wurde sodann durch Rückerstattung der danach vom Kläger zu viel erbrachten Leistungen umgesetzt.

Anders als der Beklagte meint, beinhaltet diese Regelung auch nicht nur lediglich eine Festsetzung der Entgeltforderungen nach §§ 11 ff. ThürNVO (bzw. §§ 9 ff. BNV), sondern auch eine verbindliche Festlegung von Abführungspflichten nach § 8 ThürNVO (bzw. § 6 BNV). Insoweit ist die Anlage zu dem Schreiben eindeutig. Es werden lediglich Entgeltverpflichtungen für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material der Dienststelle festgestellt, während eine Abführungspflicht von Teilen der Vergütung - möglicherweise in Verkennung der Rechtslage - dem Grunde nach verneint wurde.

Die Regelung hat auch Außenwirkung. Sie trifft den Kläger als Beamten nicht lediglich in einem innerdienstlichen Anweisungsverhältnis, sondern in der Gestaltung von Leistungsansprüchen in seinem beamtenrechtlichen Grundverhältnis.

Dieser Verwaltungsakt wurde ausweislich der Verwaltungsvorgänge gegenüber dem Kläger am 24. Juli 1996 bekannt gegeben. Er wurde bislang nicht durch das Landesverwaltungsamt oder den Beklagten aufgehoben. Der Kläger ist gegen diese, seine Zahlungsverpflichtungen aus Nebentätigkeiten in den Jahren 1991 bis 1995 betreffende Regelung nicht vorgegangen. Er hat keinen Widerspruch innerhalb der hier mangels Rechtsmittelbelehrung laufenden einjährigen Frist nach Zugang des Bescheides (§ 126 BRRG, §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO) eingelegt. Ein solcher Widerspruch gegen diese Regelung kommt auch nicht in den in der Folge an das Landesverwaltungsamt gerichteten Schreiben des Klägers zum Ausdruck. Der Kläger geht in diesem Schreiben von der getroffenen Regelungslage aus und begehrt lediglich, Festsetzungen und Entgeltverpflichtungen für seine nach 1995 ausgeübten Nebentätigkeiten.

Die getroffene Regelung für die Jahre 1991 bis 1995 ist auch nicht nichtig. Zwar mögen insoweit Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit bestehen, jedoch liegt weder ein besonderer Nichtigkeitsgrund vor (§ 44 Abs. 2 ThürVwVfG), noch ist ein besonders schwerwiegender Fehler festzustellen, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist (§ 44 Abs. 1 ThürVwVfG). Die in dem Bescheid von 1996 liegende Ablehnung von Abführungspflichten aus der Vergütung von Nebentätigkeiten sowie die Festsetzung eines Entgeltes für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn im Rahmen der Wahrnehmung dieser Nebentätigkeiten findet eine Rechtsgrundlage zum einen in der allgemeinen Befugnis der Behörde, streitige bzw. in ihrem Umfang nicht bestimmte Leistungspflichten im Sinne einer verbindlichen Feststellung zu regeln, und zum anderen in der konkreten Ermächtigung zur Festsetzung eines Entgeltes nach § 15 ThürNVO. Von diesen Ermächtigungen hat das Landratsamt gegenüber dem Kläger nach einer Delegation dieser Aufgabe durch das Landesverwaltungsamt Gebrauch gemacht. Eine solche Delegation ist jedenfalls für den Bereich der Entgeltfestsetzung in § 15 Abs. 1 ThürNVO ausdrücklich vorgesehen, nach der die zuständige Behörde oder die von dieser mit der Berechnung beauftragte Stelle das zu zahlende Entgelt festsetzen kann. Ob diese Delegation darüber hinaus bestimmter Formen bedurfte, ist möglicherweise im Hinblick auf die Regelung des § 139 ThürBG fraglich. Dies bedürfte ggf. der Klärung verschiedener, nicht ohne weiteres zu beantwortender Vorfragen, insbesondere dahingehend, ob hier im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift eine Zuständigkeit oder lediglich eine Vollzugsübertragung stattgefunden hat. Diese rechtlichen Zweifel sind jedenfalls nicht solcher Art, dass sie offensichtlich oder so schwerwiegend sind, dass sie zur gesamten Unwirksamkeit der Maßnahme führen. Es werden auch hinsichtlich des materiellen Gehalts der Regelung, insbesondere im Hinblick auf die Angemessenheit der Höhe des Entgeltes, keine solche Bedenken geltend gemacht, die einen solchen Rechtsfehler begründen.

Ob darüber hinaus der Kläger materiell zu der von ihm erbrachten Zahlung in Höhe von 16.413,07 DM (8.391,87 Euro) nach den nebentätigkeitsrechtlichen Bestimmungen verpflichtet war, bedarf keiner weiteren Klärung. Allein die bestandskräftige Festsetzung bildet den nachträglichen und vom Kläger nicht angefochtenen Rechtsgrund seiner Leistung.

2. Etwas anderes hat jedoch für die weiteren Zahlungen des Klägers, nämlich erstens die Überweisung von 5.443,97 DM (2.783,46 Euro) am 15. April 1997 und zweitens die Überweisung von 3.949,50 DM (2.019,35 Euro) am 13. März 1998 zu gelten, mit denen er zweckgerichtet das Entgelt für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn im Rahmen der Ausübung von Nebentätigkeiten für das Jahr 1996 und 1997 entrichtet hat. Für diese Leistungen stand und besteht auch weiterhin kein Rechtsgrund (vgl. a.). Der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs können keine Einwendungen entgegengesetzt werden (vgl. b.).

a. Die Zahlungen hat der Kläger rechtsgrundlos geleistet.

Ein bestandskräftiger Verwaltungsakt, der Rechtsgrundlage der Zahlungen sein könnte, wurde nicht erlassen. Weder aus dem Vorbringen der Beteiligten noch aus den Verwaltungsakten ist ein Bescheid zur Zahlungspflicht des Klägers für die Jahre 1996 und 1997 zu entnehmen. Insbesondere sind keine Festsetzungen des Landratsamtes gegenüber dem Kläger ersichtlich, auf deren Grundlage er geleistet haben könnte. Die Schreiben des Klägers vom 16. Januar 1997, 25. November 1997 und vom 25. September 1998 lassen vielmehr erkennen, dass die Zahlungen auf eigenen Berechnungen beruhten und der Kläger nunmehr von der Notwendigkeit einer Festsetzung durch das Landesverwaltungsamt ausging.

Eine Festsetzung ergibt sich auch nicht aus der Beschlusslage des Kreisausschusses. Selbst wenn man in dem Beschluss Nr. 20/95, dessen Rechtmäßigkeit im Übrigen das Landesverwaltungsamt im Schreiben vom 4. August 1998 festgestellt hat, einen Verwaltungsakt erkennen wollte - was angesichts der grundsätzlichen bloßen Innenwirkung solcher Beschlüsse äußerst zweifelhaft ist -, enthält dieser Beschluss keine konkrete Festsetzung des Entgeltbetrages im Sinne des § 15 ThürNVO, den der Landrat zu entrichten hat.

Eine unmittelbar aus dem Gesetz folgende Verpflichtung auf Zahlung eines Entgeltes für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn im Rahmen der Ausübung von Nebentätigkeiten besteht ebenfalls nicht. Insoweit folgt der Senat dem Verwaltungsgericht; die Begründung einer solchen Pflicht setzt den Erlass eines Verwaltungsaktes voraus. Dies folgt unmittelbar aus § 15 Abs. 1 ThürNVO bzw. § 13 BNV, wonach die Entgeltforderung erst fällig werden kann, wenn ein Festsetzungsbescheid erlassen wurde. Diese Festsetzung hat nicht nur deklaratorische, sondern konstitutive Wirkung. Dies ist auch darin begründet, dass der Entgeltanspruch gesetzlich nicht genau bestimmt oder bestimmbar ist. Er ist abhängig von Vorentscheidungen, z. B. dem möglichen - hier auch vom Kläger wiederholt für seine unentgeltlichen Nebentätigkeiten beantragten - Verzicht auf Erstattungen und der Bestimmung der Höhe nach den Grundsätzen der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs. Dementsprechend sind die in den Nebentätigkeitsverordnungen enthaltenen Entgeltpauschalen Regelgebührensätze, die der individuellen Anpassung bedürfen (§§ 10, 11 BNV, §§ 12, 13 ThürNVO). Die zuständige Stelle ist verpflichtet, unter Berücksichtigung dieser notwendigen Bewertungen die konkrete Höhe des Entgeltes durch Verwaltungsakt sodann zu bestimmen. Eine solche Festsetzung für die Zahlungen des Klägers in den Jahren 1997 und 1998 liegt aber bislang nicht vor; ihr dürfte darüber hinaus auch mittlerweile die Verjährung entgegenstehen. Der Anspruch auf Nutzungsentgelt verjährt regelmäßig in vier Jahren bzw. nach Inkrafttreten der Reform der Verjährungsregeln im BGB in drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (BVerwG, Urteile vom 12. März 1987 - 2 C 10.83 - Buchholz 237.0 § 87 BaWü LBG Nr. 1 und vom 31. Oktober 2001 - 2 C 61.00 - BVerwGE 115, 218).

Da der Leistungszweck der Zahlung die Erfüllung einer vermeintlichen Entgeltverpflichtung wegen der Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn im Rahmen der Ausübung von Nebentätigkeiten für das Jahr 1996 und 1997 war und diese Tilgungsbestimmung zu einem späteren Zeitpunkt nicht geändert wurde, kann der Rechtsgrund nicht in der gesetzlichen Ablieferungspflicht nach §§ 6 und 7 BNV bzw. §§ 6 und 9 ThürNVO liegen. Auf eine solche Pflicht hat der Kläger nicht geleistet. Es bedarf daher grundsätzlich keiner Prüfung, ob entsprechende Ablieferungspflichten bestanden.

b. Der Beklagte kann gegenüber diesem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Klägers keine anspruchsvernichtenden Einwendungen geltend machen. Das Erstattungsverlangen des Klägers widerspricht nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Anstelle der Einwendungen des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts greift im Bereich des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB in entsprechender Anwendung). Es sind Leistungen so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Auf diesen Grundsatz können sich auch Körperschaften des öffentlichen Rechts berufen. Zwar können diese aufgrund ihrer Gesetzesbindung nicht in gleicher Weise wie der Bürger Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen. Dies verwehrt öffentlichrechtlichen Einrichtungen aber nicht generell die Möglichkeit, Grundsätze von Treu und Glauben geltend zu machen. Wie weit der Grundsatz von Treu und Glauben einer Rückforderung entgegenstehen kann, ist jedoch nicht abstrakt zu klären, sondern hängt jeweils von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. zu allem: Urteil des Senats vom 22. Oktober 2002 - 2 KO 701/00 - a. a. O.; BVerwG, Urteile vom 18. Januar 2001 - 3 C 7.00 - a. a. O. und Beschluss vom 5. März 1998 - 4 B 3.98 - NJW 1998, 3135).

Danach kann dem Kläger der Einwand eines treuewidrigen Verhaltens nicht entgegengehalten werden. Zwar spricht zunächst der vom Beklagten vorgetragene Gesichtspunkt dafür, dass der Kläger seine Zahlungen 1997 und 1998 im Hinblick auf den von ihm selbst begleiteten Beschluss des Kreisausschusses getätigt hat. Jedenfalls könnte erwogen werden, dass er auf eine Nichtschuld geleistet hat (entsprechend § 814 BGB). Dies verkennt jedoch, dass der Kläger selbst seit 1997 in seinen Schreiben gegenüber dem Landesverwaltungsamt sowie auch in den Vorgängen über den Rechnungsprüfungsbericht deutlich gemacht hat, dass seine Zahlungen vorbehaltlich einer endgültigen Festsetzung durch das allein hierzu berufene Landesverwaltungsamt erfolgten. Dem Kläger ist ersichtlich auch nicht vorzuwerfen, dass er die Schaffung einer Rechtsgrundlage für seine Zahlungen verhindert habe. Im Gegenteil ist er gegenüber dem Landesverwaltungsamt wiederholt und eindringlich vorstellig geworden und hat auf eine rechtswirksame Entgeltfestsetzung gedrängt. Ein treuwidriges Verhalten, das seiner späteren Geltendmachung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches entgegen zu halten wäre, kann unter diesen konkreten Umständen des Einzelfalls nicht angenommen werden.

Der Anspruch des Klägers ist auch in der Folge nicht erloschen. Insbesondere hat der Beklagte gegenüber dem Kläger bislang nicht die Aufrechnung mit Ansprüchen aus einer Ablieferungsverpflichtung nach §§ 6 und 7 BNV bzw. §§ 6 und 9 ThürNVO erklärt. Ungeachtet einer solchen Erklärung ist im Übrigen auch der Bestand einer solchen Ablieferungsverpflichtung ungewiss. Ungeachtet dessen, dass eine solche Ablieferungspflicht für den Zeitraum 1991 bis 1995 aufgrund der abschließenden Klärung durch den Bescheid vom 4. Juni/23. Juli 1996 nicht mehr zu begründen ist, ist für den Zeitraum nach 1995 die Höhe der Ablieferungspflicht nicht bestimmbar, da es insoweit wiederum an einer wirksamen Entgeltfestsetzung fehlt. Deren Höhe müsste neben dem Freibetrag von den vereinnahmten Vergütungen abgezogen werden, um die Ablieferungspflicht bestimmen zu können (§ 8 Abs. 3 Satz 3 ThürNVO).

Insgesamt ist somit die Klage in der Hauptsache in Höhe von 16.413,07 DM (8.391,87 Euro) unbegründet und in Höhe von 9.393,22 DM (4.802,72 Euro) begründet.

Dem Kläger steht überdies seit Rechtshängigkeit ein Zinsanspruch in entsprechender Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 7. September 2004 - 3 B 35.04 - Juris und Urteil vom 28. Juni 1995 - 11 C 22.94 - BVerwGE 99, 53).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Kostenverteilung entspricht dem ungefähren Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10 und 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 13.194,59 € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 2 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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