Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.05.2003
Aktenzeichen: 2 KO 503/02
Rechtsgebiete: GG, VerkG, ThürRAVG, ThürRAVwS


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
VerkG § 4 Abs. 1
ThürRAVG § 2 Abs. 1
ThürRAVG § 2 Abs. 2
ThürRAVG § 6 Abs. 1
ThürRAVG § 6 Abs. 2
ThürRAVG § 11 S. 2 Nr. 1
ThürRAVG § 11 S. 2 Nr. 2
ThürRAVG § 11 S. 2 Nr. 4
ThürRAVG § 14
ThürRAVG § 19 S. 2
ThürRAVwS § 23 Abs. 1
ThürRAVwS § 41 Abs. 3
ThürRAVwS § 41 Abs. 4
Das Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Thüringen ist wirksam gegründet worden.

§ 23 Abs. 1 ThürRAVwS bringt hinreichend bestimmt zum Ausdruck, dass sich der monatliche Pflichbeitrag der Mitglieder des Versorgungswerkes ausgehend von der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung nach dem dort jeweils geltenden Beitragssatz berechnet.

Eine Befreiung vom monatlichen Pflichtbeitrag nach § 41 Abs. 3 und 4 Satz 1 lit. a ThürRAVwS kommt nur dann in Betracht, wenn das Pflichtmitglied für den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Thüringer Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte den Abschluss einer Renten- oder Kapitalversichrung mit einer Lebensversicherungssumme von mindestens 150.000,00 DM sowohl für den Erlebens als auch auf den Todesfall nachweist. Eine Rentenversicherung, die im Todesfall nur eine Rückgewähr der eingezahlten Beiträge in einer Höhe vorsieht, die diese Summe nicht erreicht, erfüllt jedenfalls die genannten Voraussetzungen nicht.

Die Satzung des Versorgungswerkes konnte ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Ausgestaltung dieses Befreiungstatbestandes außer Acht lassen, dass unverheiratete und kinderlose Pflichtmitglieder keine zu versorgenden Angehörigen im Todesfall zurücklassen.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

- 2. Senat - 2 KO 503/02

Verkündet am 01.07.2003

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Recht der freien Berufe einschl. Kammerrecht (z.B. Apotheker, Architekten, Ärzte, Tierärzte, Zahnärzte, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater),

hier: Berufung

hat der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Graef, den Richter am Oberverwaltungsgericht Schneider und den an das Gericht abgeordneten Richter am Verwaltungsgericht Gith aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1954 geborene Kläger, der nach einer anwaltlichen Tätigkeit in Bayern seit März 1992 als selbständiger Anwalt Mitglied der Rechtsanwaltskammer Thüringen ist, begehrt mit seiner erstinstanzlich erfolglos gebliebenen Klage, ihn von der Zahlung von Beiträgen für das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Thüringen vollständig zu befreien.

Am 8. Juni 1996 trat das Thüringer Gesetz über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte - im Folgenden: ThürRAVG - in Kraft. Danach sind grundsätzlich alle berufsfähigen Rechtsanwälte, die der Rechtsanwaltskammer Thüringen angehören, Mitglieder des Versorgungswerkes. Dieses Gesetz bestimmt unter anderem, dass diese Mitglieder nach weiterer Maßgabe der Satzung beitragspflichtig und im Versorgungsfall leistungsberechtigt sind. Die vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer am 22. Juni 1996 auf dieser Grundlage beschlossene Satzung des Thüringer Rechtsanwaltsversorgungswerkes - im Folgenden:

ThürRAVwS - trat nach der vorläufigen Genehmigung des früheren Thüringer Ministeriums für Justiz und Europaangelegenheiten, der Bestätigung der Vertreterversammlung und der Ausfertigung durch den Vorsitzenden der Rechtsanwaltskammer am 17. Dezember 1996 rückwirkend zum 1. Juli 1996 in Kraft. In § 23 Abs. 1 bestimmt die Satzung den monatlichen Pflichtbeitrag, von dessen Zahlung die Mitglieder unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise befreit werden können, in folgender Weise:

"Der monatliche Regelpflichtbeitrag ist ein bestimmter Teil der Beitragsbemessungsgrenze der Angestelltenversicherung gemäß § 159 SGB VI. Er beträgt bei Inkrafttreten des Rechtsanwaltsversorgungsgesetzes den zwölften Teil von 19,2 vom Hundert."

Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen dieser Satzung über die vollständige Beitragsbefreiung (vgl. § 41 Abs. 3 und 4 ThürRAVwS) lauten:

"(3) Eine volle Beitragsbefreiung wird auf Antrag gewährt, wenn einer der nachfolgenden in Abs. 4 genannten Befreiungstatbestände vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vorgelegen haben.

(4) Befreiungstatbestände sind:

a) der Abschluss einer Renten- oder einer Kapitalversicherung auf den Erlebens und auf den Todesfall, wenn die Versicherungen mindestens auf das 60. Lebensjahr und höchstens auf das 68. Lebensjahr abgeschlossen sind oder

b) (...)

c) (...)

Der Nachweis der Prämienzahlung für eine Lebensversicherungssumme (gem. a) von mindestens 75.000,00 DM erfüllt die Voraussetzung für die Befreiung auf den Mindestbeitrag. Der Nachweis der Prämienzahlung für eine Lebensversicherungssumme von mindestens 150.000,00 DM erfüllt die Voraussetzung für die volle Befreiung."

Am 26. Juni 1997 beantragte der Kläger die vollständige Befreiung von der Beitragszahlung. Er habe eine Lebensversicherung in Höhe von mindestens 150.000,00 DM abgeschlossen. Nach dem Versicherungsschein der AXA Lebensversicherung steht ihm im Erlebensfall eine monatliche Altersrente in Höhe von 1.066,60 DM oder wahlweise eine Kapitalabfindung in Höhe von 163.393,00 DM (jeweils zum Stand 10. August 1995), fällig am 1. Oktober 2019, zu. Im Todesfall vor Beginn der Rentenzahlung werden die eingezahlten Beiträge einschließlich eingezahlter Stückkosten - und Ratenzuschläge zurück gewährt. Im Juni 1996 hatte der Kläger ca. 11.780,00 DM an Beiträgen in diese Versicherung eingezahlt. Der Kläger wies nach, dass er die Beiträge von monatlich 348,41 DM bislang regelmäßig gezahlt hatte.

Mit Bescheiden vom 10. Februar 1998 stellte der Beklagte fest, dass der Kläger Mitglied des Beklagten ist, und setzte den Beitrag des Klägers auf 5/10 des Regelpflichtbeitrages und zwar für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 31. Dezember 1996 auf monatlich 652,80 DM, für das Jahr 1997 auf monatlich 720,65 DM und für das Jahr 1998 auf monatlich 710,50 DM fest.

Gegen diese Bescheide erhob der Kläger am 4. März 1998 Widerspruch. Er trug vor, auch die von ihm abgeschlossene private Rentenversicherung gewährleiste eine im Sinne der Befreiungsvorschrift der Satzung des Versorgungswerkes ausreichende Versorgung. Er sei nicht verheiratet und habe deshalb keine Veranlassung für eine Vorsorge im Todesfall gesehen. Sie werde nach dem Wortlaut der Satzung auch nicht verlangt. Die Begriffe "auf den Erlebens- und Todesfall" sowie die in der Satzung angegebenen Mindestversicherungssummen bezögen sich nur auf den Abschluss einer Kapitallebensversicherung. Deshalb reiche der Abschluss einer Rentenversicherung aus. Der Todesfallschutz stehe bei einer Rentenversicherung bereits begrifflich nicht im Vordergrund. Denn bei einer "Rentenversicherung" gebe es keine Absicherung für den Todesfall. Diese würden grundsätzlich nur auf den Erlebensfall abgeschlossen. Eventuelle Unklarheiten in der Satzung gingen zu Lasten der Beklagten. Im Todesfall würden im Übrigen in seinem konkreten Fall die eingezahlten Beiträge zuzüglich eventueller Überschussanteile erstattet. Es bestehe auch die Möglichkeit sich auf den maßgeblichen Zeitpunkt hin nachzuversichern.

Mit Bescheid vom 23. Juli 1998, dem Kläger am 28. Juli 1998 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, von der Beitragspflicht sollten nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Befreiungstatbestandes nur solche Personen entbunden werden, die sich schon zum maßgeblichen Stichtag sowohl für das Alter als auch für die Hinterbliebenen abgesichert hätten. In diesem Sinne sei die hier maßgebliche Bestimmung der Satzung zu verstehen. Eine Rentenversicherung, wie die des Klägers, die im Todesfall an die Hinterbliebenen lediglich die eingezahlten Beiträge auszahle, begründe demnach keine ausreichende Absicherung. Eine nachträgliche Änderung des maßgeblichen Versicherungsvertrages sei wegen der Stichtagsregelung unbeachtlich.

Am 28. August 1998 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Weimar Klage erhoben. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen bekräftigt und vertieft. Er meint, die Satzung regele nicht ausdrücklich, dass die Mindestversicherungssummen auch bei einer Lebensversicherung im Rahmen einer Rentenversicherung zu beachten seien. Der Befreiungstatbestand sei aber wörtlich und in einem engen Sinne zu verstehen. Im Übrigen hätte berücksichtigt werden müssen, dass bei ihm als unverheiratetem und kinderlosem Pflichtmitglied ein Hinterbliebenenschutz gar nicht erforderlich sei. Die vom Beklagten gewählte Auslegung verstoße auch gegen den Vertrauensschutz und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. So habe er, der Kläger, sich aufgrund seines fortgeschrittenen Lebensalters um eine Absicherung im Alter kümmern müssen und habe nicht auf die zögerliche Gründung des Versorgungswerkes warten können. Außerdem werde eine Hinterbliebenenversorgung im Befreiungstatbestand gefordert, die der Beklagte selbst nicht leiste und die er nicht benötige.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

die Bescheide des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Thüringen vom 10. Februar 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 1998 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn von der Beitragspflicht vollständig zu befreien.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf die Gründe des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, der hier angesprochene Befreiungstatbestand sei eng auszulegen. Er stelle im Verhältnis zu den anderen Befreiungsregelungen eine großzügigere Regelung dar.

Mit dem am 9. Oktober 2000 unterschriebenen Gerichtsbescheid - 6 K 2379/98.We - hat das Verwaltungsgericht Weimar nach Übertragung auf den Einzelrichter die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die zulässige Klage sei unbegründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger sei Pflichtmitglied bei der Beklagten. Die Satzung des Versorgungswerkes sei formell und materiell rechtmäßig. Insbesondere sei nicht gegen das Verbot der Rückwirkung verstoßen worden. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf vollständige Befreiung von der Beitragszahlung. Die maßgebliche Satzungsbestimmung könne nur so verstanden werden, dass eine vollständige Befreiung nur dann in Betracht komme, wenn vom Betroffenen zum Stichtag 8. Juni 1996 entweder eine Kapitallebensversicherung oder Rentenversicherungen auf den Erlebens- und den Todesfall mit einer Versicherungssumme von 150.000,00 DM abgeschlossen worden sei. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift, die eine strukturelle Gleichheit zwischen öffentlicher und privater Versorgung sicherstellen wolle. Eine Befreiung solle zum Schutz der Hinterbliebenen deshalb nur unter den genannten Voraussetzungen möglich sein. Es sei auch gleichgültig, ob ein solches Risiko bestehe, das Mitglied also Hinterbliebene im Todesfall zurücklasse. Die in der Satzung verwendeten Begriffe seien vor diesem Hintergrund auch nicht an den Gebräuchen der Versicherungswirtschaft zu orientieren. Die genannten Voraussetzungen erfülle die vom Kläger abgeschlossene Versicherung nicht, weil sie keinen Schutz für die Hinterbliebenen enthalte.

Gegen den dem Kläger am 12. Oktober 2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am Montag den 13. November 2000 beim Verwaltungsgericht Weimar beantragt, die Berufung zuzulassen. Diesem Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 1. August 2002 - 2 ZKO 892/00 - entsprochen.

Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Er führt ergänzend aus, der Befreiungstatbestand sei unbestimmt. So sei die im Todesfall an die Hinterbliebenen zu leistende Rente der Höhe nach nicht geregelt. Diese Bestimmung könne auch nicht im Sinne der vom Beklagten vertretenen Auffassung ausgelegt werden. Versicherungstechnisch verbinde sich mit dem Begriff "Rentenversicherung" ausschließlich eine Rentenleistung im Erlebensfall. Im Übrigen werde auch bei der Rentenversicherung mit der Rückzahlung der Beiträge eine Versicherungsleistung gewährt. Dies sei im Versicherungsvertragsrecht auch so bestimmt. Der Begriff "Lebensversicherungssumme" lege außerdem nahe, dass damit nur Anforderungen an eine Kapitallebensversicherung gestellt werden sollten. Bei unverheirateten und kinderlosen Pflichtmitgliedern einen Hinterbliebenenschutz zu verlangen, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den am 9. Oktober unterschriebenen Gerichtsbescheid - Az.: 6 K 2379/98.We - des Verwaltungsgerichts Weimar abzuändern und die Bescheide des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Thüringen vom 10. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 1998 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, ihn von der Beitragspflicht vollständig zu befreien.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und verteidigt die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Satzungsgeber habe ohne rechtlichen Verstoß die familiären Verhältnisse des Mitglieds zum Stichtag außer Betracht lassen dürfen. Soweit das Verwaltungsgericht von der in einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts geäußerten Auffassung zur Berücksichtigung der Rückerstattung der Beiträge und Überschussbeteiligungen bei Rentenversicherungen im Todesfall abweiche, habe dies im konkreten Fall keine Auswirkungen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze Bezug genommen. Zwei Ordner Satzungsunterlagen und ein Hefter Behördenakten lagen dem Gericht vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

Die Bescheide des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Thüringen vom 10. Februar 1998 in der jeweiligen Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 1998, mit denen die Mitgliedschaft des Klägers bestätigt und die Beiträge für die Jahre 1996 bis 1998 festgesetzt wurden, sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten. Insbesondere ist der Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger vollständig von der Beitragspflicht zu befreien (vgl. § 113 VwGO).

Rechtsgrundlage für die formell rechtmäßigen Bescheide sind die §§ 2 und 6 Abs. 1 und 2 ThürRAVG in Verbindung mit den §§ 23 ff. ThürRAVwS. Danach erhebt der Beklagte bei den Pflichtmitgliedern des Versorgungswerkes Pflichtbeiträge, von denen grundsätzlich nur unter besonderen Voraussetzungen ganz oder teilweise abgesehen werden kann (vgl. § 41 ThürRAVwS).

Der Kläger erfüllt die subjektiven und objektiven Voraussetzungen der Leistungspflicht:

Er ist zum einen Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Thüringen. Nach § 2 Abs. 1 ThürRAVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 ThürRAVwS sind alle nicht berufsunfähigen Rechtsanwälte, die - wie der Kläger - seit 1992 der Rechtsanwaltskammer Thüringen angehören, Mitglieder des Beklagten.

In der Person des Klägers sind die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Mitgliedschaft nicht begründet. So konnte er nicht altersbedingt von der Mitgliedschaft ausgenommen werden. Eine solche Ausnahme liegt nur vor, wenn der Kläger nach Vollendung seines 45. Lebensjahres Mitglied der Rechtsanwaltskammer Thüringen geworden ist (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 ThürRAVG, § 5 Abs. 2 Nr. 1 ThürRAVwS). Dies ist hier nicht der Fall. Der Kläger ist im Alter von 38 Jahren der Kammer beigetreten. Der Kläger war auch zu keinem Zeitpunkt berufsunfähig. Außerdem hatte er bei Inkrafttreten des ThürRAVG am 8. Juni 1996 (vgl. § 19 Satz 1 ThürRAVG) das 45. Lebensjahr vollendet (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 ThürRAVG, § 5 Abs. 2 Nr. 2 ThürRAVwS). Schließlich hat er keine Befreiung von der Mitgliedschaft beantragt (vgl. § 2 Abs. 4 ThürRAVG, § 6 ThürRAVwS).

Die Errichtung des Versorgungswerkes für Rechtsanwälte in Thüringen ist auch wirksam erfolgt.

Gegen die Errichtung von Versorgungswerken für Rechtsanwälte durch den Landesgesetzgeber, die mit Pflichtmitgliedschaften und Pflichtbeiträgen verbunden sind, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht ist ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht nach ständiger Rechtsprechung der Auffassung, dass solche Versorgungswerke mit den Art. 2, 3, 12 und 14 GG dem Grunde nach vereinbar sind (vgl. BVerfG Beschluss vom 4. April 1989 - 1 BvR 685/88 -, NJW 1990, 1653 unter Bezugnahme auf BVerfGE 10, 354 und 12, 319; vgl. auch BVerfGE 44, 70; 48, 227 [234] sowie BVerwG, Beschluss vom 3. November 1989 - 1 B 131/89 -, NJW 1990, 589). Insoweit sind die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung und der Pflichtmitgliedschaft in berufsständischen Versorgungswerken geklärt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. November 1997 - 1 BvR 324/93 -, AnwBl 1998, 162). Es wird vom Kläger auch nicht in Zweifel gezogen, dass die Thüringer Regelungen, mit denen die Pflichtmitgliedschaft begründet wurde, diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht entsprächen.

Der Kläger ist als Pflichtmitglied auch zur Leistung von 5/10 des Pflichtbeitrages verpflichtet. Denn die Leistungspflicht wurde in der für das jeweilige Jahr durch die drei angefochtenen Bescheide festgesetzten Höhe auf der Grundlage von §§ 6 und 11 ThürRAVG durch § 23 Abs. 1 ThürRAVwS wirksam begründet (im Folgenden unter Nr. 1) und der Kläger ist nicht nach § 41 Abs. 3 und 4 ThürRAVwS vollständig von der Beitragspflicht zu befreien (im Folgenden unter Nr. 2).

1. Die Beitragspflicht wird durch § 6 Abs. 1 und 2 und § 11 Satz 2 Nr. 1 ThürRAVG in Verbindung mit § 23 Abs. 1 der insoweit wirksamen Satzung des Versorgungswerkes für Rechtsanwälte in Thüringen begründet und ihrer Höhe bestimmt.

§ 6 ThürRAVG bestimmt zwar nicht ausdrücklich, dass ein Mitglied einen Pflichtbeitrag zu erbringen hat. Er regelt in seinen Absätzen 1 und 2 nur die Voraussetzungen und den Umfang der Beitragspflichten der Mitglieder des Versorgungswerkes. So gibt § 6 Abs. 1 ThürRAVG den Höchstbeitrag vor und ermächtigt zur Festsetzung eines Mindestbeitrags. § 6 Abs. 2 ThürRAVG bestimmt die Voraussetzungen und den Umfang von Beitragsermäßigungen. Aus der Festlegung von Mindest- und Höchstbeitragssätzen folgt zugleich, dass überhaupt ein Pflichtbeitrag zu erheben ist. Dies macht auch § 19 Satz 2 ThürRAVG deutlich, nach dem die Pflichten nach § 6 Abs. 1 - also die Beitragspflicht - erst in dem in der Satzung zu bestimmenden Zeitpunkt entsteht. Diese gesetzlichen Regeln legen die Beitragspflicht dem Grunde nach fest und ermächtigen zusammen mit § 11 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 4 ThürRAVG weiter dazu, durch die Satzung des Beklagten in der jeweils gültigen Fassung die Höhe des Pflichtbeitrages und den Beginn festzulegen sowie die Voraussetzungen zu bestimmen, nach denen von der Beitragspflicht entbunden werden kann. Damit hängt das Bestehen der Leistungspflicht ihrer Höhe und ihres Beginns nach von der Wirksamkeit der Satzung ab.

Die Satzung des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte in Thüringen in der hier maßgeblichen Fassung vom 17. Dezember 1996 ist - soweit es um die für die Entscheidung des vorliegenden Falles maßgeblichen Bestimmungen geht (vgl. §§ 23 Abs. 1, 41 Abs. 3 und 4 ThürRAVwS) - wirksam.

Dabei ist zunächst klarzustellen, dass im vorliegenden Fall § 23 Abs. 1 ThürRAVwS in der Fassung von 1996 und nicht in der am 11. November 2002 beschlossenen und am 6. Januar 2003 im Thüringer Staatsanzeiger veröffentlichten Fassung (vgl. S. 17 f.) auf die angefochtenen Bescheide anzuwenden ist.

Dabei kann offen bleiben, ob die im Thüringer Staatsanzeiger veröffentliche Änderung überhaupt wirksam ist. Hieran bestehen erhebliche Bedenken. Denn nach § 4 Abs. 1 Verkündungsgesetz - im Folgenden: VerkG - sind Satzungen von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die wie das Versorgungswerk der Aufsicht des Landes unterstehen (vgl. § 1 Abs. 1, § 13 ThürRAVG), zwar im Thüringer Staatsanzeiger bekannt zu machen. Dies gilt aber nur, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (vgl. § 4 Abs. 1 3. Halbsatz ThürRAVG). Nach § 11 Nr. 9 ThürRAVG hat der Landesgesetzgeber jedoch den Satzungsgeber ermächtigt, die Art der Veröffentlichung von Bekanntmachungen des Versorgungswerks selbst zu regeln. Hiervon hat das Versorgungswerk in § 35 ThürRAVwS auch Gebrauch gemacht und bestimmt, dass Bekanntmachungen des Versorgungswerks im Mitteilungsblatt der Rechtsanwaltskammer Thüringen erfolgen. Die genannte Satzungsänderung wurde aber nicht in diesem Mitteilungsblatt veröffentlicht. Dem Senat wurde vom Beklagten lediglich die "Mitglieder-Information Nr. 01" vom Dezember 2002 vorgelegt, in der das Versorgungswerk den Wortlaut der neuen Satzung an die Mitglieder versandt hat. Diese Form der Bekanntgabe erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht. Gegen diese Bedenken lässt sich auch nicht einwenden, die Veröffentlichung im Staatsanzeiger biete ein "mehr" an Öffentlichkeit. Denn hiervon kann keine Rede sein. Durch die rechtlich einwandfreie Festlegung des Publikationsorgans des Versorgungswerkes haben sich die Rechtsanwälte in Thüringen auf die Veröffentlichung von Bekanntmachungen des Versorgungswerks im Mitteilungsblatt der Rechtsanwaltskammer eingestellt und dürfen erwarten, dass nur über dieses Publikationsorgan Satzungsänderungen veröffentlicht werden. Eine dem § 22 Abs. 1 Satz 2 l. Hs. des Thüringer Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit entsprechende Vorschrift, wonach die Veröffentlichungen von Satzungen kommunaler Zweckverbände jedenfalls im Staatsanzeiger für die Bekanntmachung ausreichen, existiert für das Versorgungswerk nicht (vgl. VerkG, ThürRAVG). Dass das Mitteilungsblatt der Rechtsanwaltskammer inzwischen unter einer anderen Bezeichnung erscheint, führt nur dazu, dass der Beklagte dies mit einer - klarstellenden - Satzungsänderung nachzuvollziehen hat, wird nicht für die Zukunft eine ganz andere Form der Veröffentlichung gewählt.

Ob diese Satzungsänderung wirksam bekannt gemacht wurde, kann aber deshalb offen bleiben, da § 23 Abs. 1 ThürRAVwS in der Fassung vom November 2002 jedenfalls nicht auf die hier zu beurteilenden Bescheide anzuwenden ist, weil diese Satzungsänderung ausdrücklich erst mit Wirkung vom 1. Januar 2003 in Kraft treten sollte.

Die der Satzungsänderung von November 2002 vorangegangenen Satzungsänderungen, für die im Übrigen ebenfalls keine den Anforderungen des § 35 ThürRAVwS entsprechende Veröffentlichung nachgewiesen wurde, sind nicht heranzuziehen, weil sie die hier maßgeblichen Bestimmungen nicht berührten (vgl. Beschluss der Vertreterversammlung vom 12. November 1997 zu § 23 Abs. 5 ThürRAVwS und § 28 Abs. 6 ThürRAVwS sowie Beschlüsse vom 18. November 1998 und vom 11. Dezember 2000 zu § 12 Abs. 2 ThürRAVwS).

Prüfungsmaßstab für die hier angefochtenen Bescheide aus dem Jahr 1998 ist allein die Satzung in der Fassung von November 1996.

Diese Satzung, für die eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage besteht (vgl. § 11 TürRAVG), ist formell wirksam zustande gekommen. In Anwendung von § 14 ThürRAVG hat der Vorstand der Rechtsanwaltskammer mit Beschlüssen vom 22. Juni und 11. September 1996 diese Satzung beschlossen. Sie wurde von der ersten Vertreterversammlung am 20. November 1996 bestätigt (vgl. § 14 Satz 4 ThürRAVG) und am 28. November 1996 erteilte das Thüringer Ministerium für Justiz- und Europaangelegenheiten die vorläufige Genehmigung (vgl. § 14 Satz 3 ThürRAVG). Unter dem 17. Dezember 1996 wurde die Satzung ausgefertigt und am 6. Januar 1997 im Thüringer Staatsanzeiger bekannt gemacht. Diese Bekanntmachung entsprach auch dem hier noch zur Anwendung kommenden § 4 Abs. 1 VerkG, weil die abweichende Regelung der Bekanntmachung in § 35 ThürRAVwS (vgl. § 4 Abs. 1 3. Halbsatz VerkG und § 11 Nr. 9 ThürRAVG) mit der ersten Satzung erst für die Zukunft in Geltung gesetzt werden musste.

Diese Satzung ist auch materiell rechtmäßig, soweit sie die monatliche Regelbeitragspflicht der Höhe nach regelt (vgl. § 42 Abs. 6 i. V. m. § 23 Abs. 1 ThürRAVwS). Sie steht insoweit mit höherrangigem Recht in Einklang. Die in § 23 Abs. 1 ThürRAVwS enthaltene Regelungen zur Berechnung der Beiträge für das Versorgungswerk für selbständige Rechtsanwälte ist insbesondere hinreichend bestimmt (ebenso VG Weimar, Urteil vom 10. Juli 2000 - 6 K 2242/98.We - Seite 7 und 8 des Umdrucks m. w. N.; a. A. zu § 23 Abs. 1 ThürRAVwS: VG Meiningen, Urteil vom 25. Juni 2002 -1 K 539/98.Me - ThürVBl. 2002, 262).

Die vom Verwaltungsgericht Meiningen gegen die Bestimmtheit dieser Norm erhobenen Bedenken, teilt der Senat nicht. Aufgrund der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit einer Norm ist ein Normgeber grundsätzlich gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Damit wird gewährleistet, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Die Notwendigkeit der Auslegung einer Bestimmung nimmt ihr aber noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einer Norm fordert. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn Auslegungsschwierigkeiten mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (vgl. BVerfGE 17, 67 [82]; BVerfGE 83, 130 [145]; ThürOVG, Beschluss vom 12. Juli 2002 - 4 ZEO 243/00 -). Dabei hat sich die Auslegung von wegen ihrer Bestimmtheit umstrittenen Satzungsnormen nach den anerkannten juristischen Auslegungsmethoden auch an den einschlägigen verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften zu orientieren. Das höherrangige Recht kann nicht nur Anhaltspunkte für die inhaltliche Bestimmung einer Satzungsnorm liefern. Es kann auch eine Auslegung in bestimmter Weise gebieten, wenn der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der Regelungen und der Sinn und Zweck der Norm mehrere Deutungen zulassen, von denen nur eine zu einem verfassungs- oder gesetzeskonformen Ergebnis führt (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 28. November 2002 - 4 N 563/02 -). Darüber hinaus verlangt das Gebot der bestandserhaltendenden Auslegung und Anwendung von Normen, dass zunächst Auslegungsschwierigkeiten mit herkömmlichen juristischen Methoden zu bewältigen sind, bevor ihre Nichtigkeit festgestellt werden kann (vgl. BVerfGE 86, 288, [320]).

Hieran gemessen ist der Wortlaut von § 23 Abs. 1 ThürRAVwS unter Berücksichtigung des Regelungssystems hinreichend bestimmt. Er lautet:

"Der monatliche Regelpflichtbeitrag ist ein bestimmter Teil der Beitragsbemessungsgrenze der Angestelltenversicherung gemäß § 159 SGB VI. Er beträgt bei Inkrafttreten des Rechtsanwaltsversorgungsgesetzes den zwölften Teil von 19,2 vom Hundert."

Satz 1 dieser Regelung ist nicht deshalb unbestimmt, weil aus dem verwendeten Begriff "ein bestimmter Teil der Beitragsbemessungsgrenze" nicht hinreichend klar genug - etwa durch einen Hinweis auf den sich meist jährlich ändernden Beitragssatz zur Rentenversicherung nach § 158 SGB VI oder eine andere dynamische Verweisung - der Wille des Normgebers zum Ausdruck kommt, dass sich der jährliche Regelpflichtbeitrag in dem prozentualen Anteil wie in der Angestelltenversicherung ändern soll. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Der Wortlaut von § 23 Abs. 1 ThürRAVwS ist in Satz 1 insofern klar und bestimmt, als er den monatlichen Regelpflichtbeitrag als einen bestimmten Teil der Beitragsbemessungsgrenze der Angestelltenversicherung gemäß § 159 SGB VI feststellt. Damit ist zum einen klar, was als Beitragsbemessungsgrundlage im Sinne etwa des § 157 SGB VI für diesen "bestimmten Teil" heranzuziehen ist, nämlich die jährlich gemäß § 159 SGB VI neu festzusetzende Beitragsbemessungsgrenze, also der in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung jeweils geltende Höchstsatz für die Beitragsbemessungsgrundlage, wobei sich die Berechnung dieser Grenze auf das Kalenderjahr bezieht (vgl. § 159 Satz 1 und 2 SGB VI). Zum anderen wird durch die uneingeschränkte Bezugnahme auf § 159 SGB VI deutlich, dass hier nicht nur eine dynamische Verweisung auf diese Rechtsnorm, sondern auch auf die gemäß dieser Rechtsgrundlage jährlich neu festzusetzenden Beitragsbemessungsgrenzen gewollt war. Damit regelt Satz 1 bereits eine - jährliche - Dynamisierung, nämlich hinsichtlich der als Beitragsbemessungsgrundlage dienenden Beitragsbemessungsgrenze. Der Satzungsgeber hat damit - bezogen auf die Beitragsbemessungsgrundlage - das dynamische Modell der Ermittlung der monatlichen Rentenversicherungsbeiträge in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung zur Grundlage seiner Bestimmung des monatlichen Pflichtbeitrages gemacht.

Vor diesem Hintergrund erschließt sich auch der Regelungsgehalt des Satzes 2 von § 23 Abs. 1 ThürRAVwS und wird die Festsetzung des "bestimmten Teils" hinreichend deutlich. Danach beträgt "er" (d. h. der bestimmte Teil der Beitragsbemessungsgrenze) "bei Inkrafttreten des Rechtsanwalts-versorgungsgesetzes den zwölften Teil von 19,2 von Hundert". Die Festlegung "des zwölften Teils" dient dabei lediglich der Umrechnung des Jahresbetrags auf den Monat, der durch den in Satz 1 geregelten monatlichen Pflichtbeitrag bezogen auf die jährliche Beitragsbemessungsgrenze gefordert ist.

Der Satzungsgeber hat weiter (noch hinreichend) deutlich gemacht, dass er den jeweils in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung geltenden Prozentsatz (Beitragssatz, vgl. § 157 SGB VI) zur Grundlage seiner Beitragsberechnung machen wollte. Er hat zwar in Satz 2 nur geregelt, dass der bestimmte Teil bei Inkrafttreten des Rechtsanwaltsversorgungsgesetzes den zwölften Teil von 19,2 von Hundert beträgt. Damit hat er nach dem Regelungssystem aber nicht nur deklaratorische den im Jahre 1996 geltenden Beitragssatz wiedergegeben, sondern konstitutiv den jeweils geltenden Beitragssatz für die Zukunft geregelt. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut der Bestimmung selbst: Die Festsetzung des Beitragssatzes in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung von 1996 in Höhe von 19,2 % sollte ausdrücklich nur im Jahr 1996 gelten. Damit war gleichzeitig die Veränderung des Satzes für die Zukunft vorgegeben. Dass künftig der jeweils in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung geltende Beitragssatz auch für die Festsetzung des Pflichtbeitrages zur Anwendung kommen sollte, ergibt sich zum anderen aus dem Regelungssystem. So hat der Satzungsgeber mit dem Verweis auf die Regeln der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung zur Dynamisierung der Bemessungsgrundlage in Satz 1, das sozialversicherungsrechtliche Modell der Dynamisierung der Beitragsberechnung in seinen Willen aufgenommen. Zum anderen bestimmt die die Beitragspflicht begründende Rechtsgrundlage in § 6 Abs. 1 ThürRAVG, dass der Pflichtbeitrag zum Versorgungswerk den jeweiligen Höchstbeitrag in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung nicht übersteigen darf. Damit ist zwar nur der Höchstbeitrag festgeschrieben. Der Satzungsgeber hat aber vorliegend gerade diesen Höchstbeitrag in § 23 Satz 1 ThürRAVwS zum monatlichen Regelpflichtbeitrag gemacht. Damit hat er sich nicht etwa nur für das Jahr 1996 an dieser Norm orientiert, sondern - wozu er nicht verpflichtet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2000 - 1 C 11.00 -, NJW 2001,1590) - zur Grundlage seines Regelungssystems gemacht. Deshalb liegt es auch nahe, dass auch für die Zukunft der jeweilige Höchstbeitrag in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung für den Pflichtbeitrag maßgeblich sein sollte. Auch Satz 2 des § 6 Abs. 1 ThürRAVG, der einen Mindestbeitrag vorschreibt, steht dieser Annahme nicht entgegen. Zwar wird aus dem Zusammenspiel von Satz 1 (Höchstbeitrag) und Satz 2 (Mindestbeitrag) deutlich, dass der Gesetzgeber bezüglich der Festsetzung der Beitragshöhe dem Satzungsgeber einen Spielraum einräumen wollte. Diesen hat der Beklagte mit § 23 Abs. 1 ThürRAVwS für den Regelpflichtbeitrag erkennbar nicht genutzt, sondern die Regelung des Höchstbeitrags in § 6 Abs. 1 Satz 1 ThürRAVG mit ihrem Verweis auf den jeweiligen Höchstbeitrag in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung in seinen Willen aufgenommen. Schließlich verweist auch § 23 Abs. 3 Satz 1 ThürRAVG für die von der gesetzlichen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreiten angestellten Rechtsanwälte für die Berechnung ihres persönlichen Beitrags auf § 158 SGB VI in der jeweiligen Fassung, also auf die Bestimmung, die die Grundlage für den jeweils geltenden Beitragssatz bildet.

Damit liegt dem System für die Ermittlung der Beiträge erkennbar und hinreichend bestimmt der jeweilige jährliche Beitragssatz in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung zugrunde. Er ist der "bestimmte Teil" im Sinne des § 23 Abs. 1 ThürRAVwS.

Im Übrigen gibt es keine Hinweise darauf, dass der Satzungsgeber bewusst eine letzte Klarheit vermeiden wollte, um künftig die Beitragssätze "flexibel", d. h. willkürlich zu handhaben. Für diese Auffassung lässt sich weder dem Gesetzgebungsmaterial noch sonstigen Verlautbarungen des Versorgungswerks etwas entnehmen. Die Äußerung des Versorgungswerkes in einer internen Publikation vom Dezember 1996, auf die sich das Verwaltungsgericht Meiningen in seiner Entscheidung bezog, kann nicht in diesem Sinne verstanden werden. Aus dem Gesamtzusammenhang, insbesondere aus der Bezugnahme auf den Beitragssatz für 1997, wird deutlich, dass der Beklagte sein Regelungssystem konsequent vollziehen wollte. Es kann daher als sicher gelten, dass er eine Abkoppelung von diesem System nur nach einer ausdrücklichen Satzungsänderung vornehmen würde. Dafür spricht auch das weitere Verhalten der Organe des Beklagten. So hatte im Oktober 1997 die Vertreterversammlung bereits über eine Klarstellung des Wortlautes von § 23 Abs. 1 ThürRAVwS beschlossen, nach der der monatliche Pflichtbeitrag dem Höchstbetrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Diese Regelung wurde jedoch nur wegen eines Hinweises der Versicherungsaufsicht, dass diese Regelung insoweit unbestimmt sei, als sie - anders als die bisherige Regelung - nicht die monatliche Umrechnung des Jahresbetrags enthalte, fallen gelassen. Schließlich hat die Vertreterversammlung mit ihrem Beschluss vom 14. November 2002 über die Änderung des Wortlautes des § 23 Abs. 1 ThürRAVwS das Regelungssystem im oben festgestellten Sinne klargestellt (vgl. Nr. 10 der Begründung zum Entwurf der Satzungsänderung).

Verfassungsrechtlich ist auch nicht zu beanstanden, dass die Satzung zum 1. Juli 1996 rückwirkend in Kraft gesetzt und die Beitragspflicht ab diesem Zeitpunkt begründet wurde (vgl. § 42 Abs. 5 und 6 ThürRAVwS). Zwar wurde damit die Beitragserhebung für das Jahr 1996 für einen Zeitraum vor Veröffentlichung der Satzung im Januar 1997 ermöglicht. Dies ist vorliegend aber unschädlich.

Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 ff. [167 f.]). Es schützt das Vertrauen des Betroffenen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Im Gegensatz zur "unechten Rückwirkung" ist danach die "echte Rückwirkung" verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl. BVerfGE 11, 129 ff. [145 f.]). In solchen Fällen tritt das Rückwirkungsverbot nur ausnahmsweise dann zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte, weil der Betroffene in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste (vgl. BVerfGE 95, 64 ff. [86 f.]; vgl. auch Hahn, Das berufsständische Versorgungsrecht in der Rechtsprechung des BVerwG seit dem Jahr 2000, GewArch 2002, 441, 443).

So liegt der Fall hier. Zwar wurde im Hinblick auf die Möglichkeit der Erhebung von Beiträgen für das Kalenderjahr 1996 in einen bereits der Vergangenheit angehörenden Tatbestand eingegriffen. Die Betroffenen mussten aber mit dieser Regelung ab dem in der Satzung bestimmten Zeitpunkt des Inkrafttretens, also zum 1. Juli 1996, rechnen.

Schon im November 1992 hat die Rechtsanwaltskammer Thüringen allen Mitgliedern mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ein Rechtsanwaltsversorgungswerk in Thüringen einzuführen. Dieser Information waren Entwürfe eines Rechtsanwalts-versorgungsgesetzes und einer Satzung des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte im Lande Thüringen beigefügt. Entscheidend ist allerdings hier, dass schon im Juni 1996 das Rechtsanwaltsversorgungsgesetz bekannt gemacht wurde und am 8. Juni 1996 in Kraft getreten ist. In diesem Gesetz wurde die Beitragspflicht dem Grunde nach geregelt sowie zum Erlass einer die Beitragspflicht in der Höhe und bezüglich des Zeitpunkts ihrer Erhebung regelnden Satzung ermächtigt. Auf dieser Grundlage hatte der Vorstand der Rechtsanwaltskammer bereits am 22. Juni 1996 einen Beschluss über die Satzung des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte in Thüringen getroffen. Hierüber wurden alle zugelassenen Rechtsanwälte in Thüringen im Mitteilungsblatt der Rechtsanwaltskammer vom Juni 1996 unter Beifügung von Gesetz und Satzung sogleich in Kenntnis gesetzt. Deshalb konnte ein Vertrauen, nach dem 1. Juli 1996 von einer Beitragserhebung verschont zu bleiben, nicht mehr bestehen (so auch VG Meiningen, a. a. O.; VG Weimar, Urteil vom 2. Februar 2000 - 6 K 1635/98.We -).

Im vorliegenden Fall wurde der Beitrag des Klägers auf dieser Grundlage sowie der Bestimmung des § 41 Abs. 1 ThürRAVwS, der für diejenigen gilt, die bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes Mitglieder der Rechtsanwaltskammer waren, auf Antrag ohne besondere Nachweise auf die Hälfte des Regelpflichtbeitrages festgesetzt. Berechnungsfehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dafür, dass der Beitrag für die Jahre 1996 bis 1998 gemäß § 23 Abs. 2 ThürRAVwS abweichend vom Regelpflichtbeitrag als persönlicher Pflichtbeitrag auf der Grundlage des konkreten Einkommens hätte festgesetzt werden müssen, fehlt es an Anhaltspunkten. Der Kläger hatte bereits 1997 bei der Erhebung seiner Beitragsdaten durch das Versorgungswerk Gelegenheit, hierzu vorzutragen. Der Widerspruchsbescheid im Jahre 1998 hatte nochmals auf diese Möglichkeit hingewiesen. Nachdem vom Kläger der persönliche Pflichtbeitrag nicht begehrt wird, ist vorliegend auch nicht der Frage nachzugehen, ob § 23 Abs. 2 Satz 3 lit. a) ThürRAVwS, der Grundlage der Berechnung des persönlichen Pflichtbeitrages ist, nicht hinreichend bestimmt ist (so VG Meiningen, a. a. O.). Ebenfalls kann im vorliegenden Fall unberücksichtigt bleiben, ob der in § 23 Abs. 4 ThürRAVwS festgelegte einkommensunabhängige Mindestbeitrag in Höhe von 3/10 des Regelpflichtbeitrages gegen Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (so aber OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. Juni 2002 - 6 A 10219/01 -; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 2000 - 1 C 11/00 - NJW 2001, 1590). Ein solcher kann nur auf der Grundlage des konkreten Einkommens gemäß § 23 Abs. 2 Satz 3 lit. a) ThürRAVwS bzw. über den hier nicht einschlägigen § 41 Abs. 2 ThürRAVwS erreicht werden.

Die vom Kläger allein begehrte vollständige Beitragsbefreiung nach § 41 Abs. 3 und 4 ThürRAVwS kommt nicht in Betracht. Danach wird eine volle Beitragsbefreiung auf Antrag dann gewährt (Abs. 3), wenn einer der nachfolgenden in Abs. 4 genannten Befreiungstatbestände vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vorgelegen hat. Von diesen Befreiungstatbeständen kommt dabei hier allein der nachgewiesene Abschluss einer Renten- oder einer Kapitalversicherung auf den Erlebens- und auf den Todesfall in Frage, vorausgesetzt, diese Versicherung wurde mindestens auf das 60. Lebensjahr und höchstens auf das 68. Lebensjahr abgeschlossen (vgl. Abs. 4 lit. a)). Insoweit bestimmen §§ 41 Abs. 4 Satz 2 und 3 ThürRAVwS, dass der Nachweis der Prämienzahlung für eine Lebensversicherungssumme (gem. a) von mindestens 75.000,00 DM die Voraussetzung für die Befreiung auf den Mindestbeitrag erfüllt. Der Nachweis der Prämienzahlung für eine Lebensversicherungssumme von mindestens 150.000,00 DM erfüllt das Erfordernis für die volle Befreiung.

Grundsätzlich ist § 41 Abs. 3 ThürRAVwS auf den Kläger anwendbar, der im Juli 1996 als selbständiger Rechtsanwalt tätig war.

Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass § 41 Abs. 3 ThürRAVwS auf Rechtsanwälte, die bei Inkrafttreten des ThürRAVG im Juni 1996 in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt waren, nicht zur Anwendung kommt. Denn der Satzungsgeber beabsichtigte mit dieser Vorschrift das Vertrauen nur derjenigen Rechtsanwälte zu schützen, die vor Inkrafttreten des ThürRAVG ihre Grundversorgung durch den Abschluss privater Versicherungen sichergestellt hatten.

Dies trifft allein für selbständige Rechtsanwälte, wie den Kläger, zu. Nur sie waren veranlasst, sich privat abzusichern, weil es für sie bis zur Errichtung des Versorgungswerks keine Pflichtversicherung gab. Für die angestellten Rechtsanwälte als Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) war dagegen die Grundversorgung schon vor Errichtung des Versorgungswerks gewährleistet, so dass sie ihre Altersversorgung nicht privat absichern mussten (vgl. Senatsbeschluss vom 26. August 2002 - 2 EO 204/00 -).

Allerdings sind die materiellen Voraussetzungen dieser Befreiungsregelung im Falle des Klägers nicht erfüllt. Nach dem Versicherungsschein der AXA Lebensversicherung stand dem Kläger zum maßgeblichen Stichtag im Erlebensfall eine monatliche Altersrente in Höhe von 1.066,60 DM oder wahlweise eine Kapitalabfindung in Höhe von 163.393,00 DM (jeweils zum Stand 10. August 1995), fällig am 1. Oktober 2019, zu. Tritt der Tod des Berechtigten vor Beginn der Rentenzahlung ein, so werden die eingezahlten Beiträge einschließlich eingezahlter Stückkosten - und Ratenzuschläge an die Hinterbliebenen zurück gewährt. Im Juni 1996 hatte der Kläger ca. 11.780,00 DM an Beiträgen in diese Versicherung eingezahlt. Der Kläger wies nach, dass er die Beiträge von monatlich 348,41 DM regelmäßig zahlte.

Der Kläger hätte aber nur dann in den Genuss der Befreiungsvorschrift kommen können, wenn die in der Rentenversicherung versprochene Kapitalabfindung in Höhe von 163.393,00 DM als Lebensversicherungssumme im Sinne von § 41 Abs. 4 Satz 3 ThürRAVwS anzusehen wäre. Denn nur dann hätte er den dort festgelegten Wert von 150.000,00 DM überschritten.

Diese Auffassung trifft aber nicht zu. Denn die in der Rentenversicherung des Klägers versprochene Kapitalabfindung setzt voraus, dass er den Zeitpunkt der Fälligkeit erlebt. Im Todesfall werden lediglich die bisher gezahlten Beiträge zurückgewährt. § 41 Abs. 4 Satz 1 lit. a) ThürRAVwS verlangt seinem Wortlaut nach, dass eine "Renten- oder Kapitalversicherung auf den Erlebens- und Todesfall" abgeschlossen wurde. Satz 3 verlangt weiter, dass die "Lebensversicherungssumme" nach Satz 1 lit. a) 150.000,00 DM beträgt. Damit wird hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch die Rentenversicherung auf den Todesfall abgeschlossen sein und in diesem Falle die versprochene Versicherungsleistung 150.000,- DM betragen muss. In diesem Sinne hat auch der VGH Baden-Württemberg die insoweit inhaltsgleiche Bestimmung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BWRAVwS verstanden (vgl. Urteil vom 14. Oktober 1987 - 9 S 484/87 -, S. 7 f. des Entscheidungsumdrucks). Dieses Verständnis der Bestimmung wird durch folgende Überlegungen bestätigt:

Der Satzungsgeber hat mit seiner Regelung an die Begrifflichkeit des Versicherungsvertragsrechts angeknüpft. Renten- oder Kapitalversicherung sind nach diesem Recht lediglich Unterfälle der Lebensversicherung im Sinne der §§ 159 ff. VVG, wobei bei der ersten Versicherungsart im Leistungsfall eine Rente und bei der zweiten Versicherungsart ein einmaliges Kapital gezahlt wird (vgl. Prölss/Matin: Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl., Vor §§ 159 - 178, Rdnr. 3 m. w. N.). Der Einwand des Klägers, § 41 Abs. 4 Satz 1 lit. a) ThürRAVwS sei so zu verstehen, dass sich die Worte "auf den Erlebens- und Todesfall" nur auf die Kapitalversicherung beziehen könne, weil es keine Rente auf den Todesfall gebe, greift nicht durch. Spätestens seit den frühen 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts werden Rentenversicherungen auch mit dem Leistungsteil "Hinterbliebenenrentenzusatzversicherung" und damit als Rentenversicherungen auf den Todesfall angeboten (vgl. Prölss/Matin: a. a. O.). Voraussetzung war und ist allerdings eine entsprechende Zusatzvereinbarung. Dass dies in der Versicherungspraxis "ungewöhnlich" sein mag und Rentenversicherungen üblicherweise nur auf den Erlebensfall vereinbart werden, ist für die Auslegung ohne Belang. Denn der Wortlaut von § 41 Abs. 4 Satz 2 und 3 ThürRAVwS ist insoweit klar; so macht er mit der Formulierung, dass die "Lebensversicherungssumme (gem. a) )" als Summe im Erlebens- und Todesfall gezahlt werden soll, keinen Unterschied zwischen Renten- und Kapitalversicherung.

Für die hier vorgenommene Auslegung sprechen auch der Sinn und Zweck der Regelung. Die Befreiungsvorschrift dient dem Zweck, demjenigen und nur demjenigen unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes eine Vergünstigung zukommen zu lassen, der im Regelungsbereich der Rechtsanwaltsversorgung vor Begründung der Pflichtmitgliedschaft bereits Vermögensdispositionen getroffen hat. Eine Befreiung "musste" nach diesem Regelungskonzept einem im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ThürRAVG selbständigen Rechtsanwalt deshalb nur dann gewährt werden, wenn er sich bereits vorher gegen solche Risiken abgesichert hatte, für deren Absicherung das Versorgungswerk gegründet wurde und zu dessen Pflichtmitglied er mit neuen, im Zeitpunkt der Dispositionen nicht absehbaren Lasten wurde. Die insoweit getroffenen Dispositionen des Anwalts brauchte der Satzungsgeber daher auch nur insoweit berücksichtigen, als er selbst regelnd eingriff. Das Versorgungswerk leistet aber nicht nur im Erlebensfall eine Rente, sondern bietet auch im Todesfall den Hinterbliebenen des Anwalts eine ausreichende Versorgung. Deshalb muss auch der Befreiungstatbestand, der als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, so verstanden werden, dass der Anwalt bereits eine dem Leistungskatalog der Beklagten im Kern vergleichbare Vorsorge getroffen haben muss. Deshalb kann dem Anwalt nur dann die Befreiung von der Beitragspflicht zuteil werden, wenn er seine Rentenversicherung auf den Erlebens- und auf den Todesfall abgeschlossen hat und unabhängig davon, wie sie zu berechnen ist, bei der Rentenversicherung auf eine Versicherungssumme im Todesfall von 150.000,00 DM kommt.

Der Einwand, dieses Verständnis bei der Auslegung des § 41 Abs. 4 ThürRAVwS komme im Wortlaut der Norm nicht hinreichend zum Ausdruck mit der Folge, dass die Norm zu unbestimmt und damit nichtig sei, greift bereits deshalb nicht durch, weil der Inhalt der Norm mit den üblichen juristischen Auslegungsregeln - wie soeben gezeigt - bestimmbar ist. Hinzu kommt, dass an die Bestimmtheit einer Norm geringere Anforderungen zu stellen sind, wenn sie nicht selbst Pflichten des Normadressaten begründet, sondern - wie hier - anderweitig statuierte Pflichten reduziert bzw. ermäßigt und den Normadressat entlastet (BVerfG, Beschluss vom 28. November 1991 - 2 BvR 1772/89 - NJW 1992, 1496, zu einer Regelung der Beitragsermäßigung eines Rechtsanwaltsversorgungswerks). Etwaige subjektive Unklarheiten darüber, ob und inwieweit durch eine Satzung Beitragskürzungen ermöglicht werden, begründen keinen Vertrauensschutz zugunsten des Klägers. Sollte er trotz der bestehenden Unklarheiten zusätzliche Lasten übernommen haben, so tat er dies auf eigene Gefahr (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. April 1989 - 1 BvR 685/88 -, NJW 1990, 1635). Der Beklagte jedenfalls hat ihn hierzu nicht veranlasst.

Diese hier maßgebliche Bestimmung steht auch bei der vom Senat getroffenen Auslegung mit höherem Recht in Einklang; § 11 Satz 2 Nr. 4 ThürRAVG hat den Satzungsgeber ermächtigt, eine Befreiungsregelung zu treffen.

Diese Regelung verletzt auch nicht - wie der Kläger meint - den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG oder die in Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit, weil der Umstand nicht berücksichtigt worden sei, dass er eine Versorgung für Hinterbliebene nachweisen müsse, obwohl weder Kinder noch eine Ehepartnerin habe.

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt (vgl. insoweit die Zusammenfassung: BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2002 - 6 C 9/01 -, NJW 2002, 2193), dass Art. 3 Abs. 1 GG bei Beitragsbefreiungsregeln nur dann verletzt ist, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dasselbe gilt dann, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten gleich behandelt wird, obgleich zwischen beiden Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die gleiche Behandlung nicht rechtfertigen könnten. Da sich die zu vergleichenden Lebenssachverhalte aber einander nie in allen, sondern stets nur in einigen Merkmalen gleichen, ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Merkmalen er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es ihm nur, dabei Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen (BVerfGE 97, 332 <344>; BVerwG, Beschluss vom 29. Februar 2000 - 1 B 82.99 -, Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 41, S. 4). Bei zulässiger Einbeziehung in ein Pflichtversorgungssystem gesteht das Bundesverfassungsgericht dem Gesetz- bzw. Satzungsgeber bei der Ausgestaltung und Abgrenzung von begünstigenden Ausnahme- oder Befreiungstatbeständen einen besonders weiten Spielraum zu. Die Grenzen werden allerdings dann überschritten, wenn entweder willkürliche Diskriminierung vorliegt oder eine nicht gerechtfertigte Privilegierung gegeben ist (BVerfG, Beschlüsse vom 28. November 1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134, und vom 9. Februar 1977 - 1 BvL 11/74 u. a. -, BVerfGE 44, 70 <91>; BVerwG, Urteil vom 25. November 1982 - 5 C 69.79 - Buchholz 430.4. Versorgungsrecht Nr. 11, S. 10). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt nicht bereits dann vor, wenn sich aus typisierenden Regelungen geringfügige Ungleichbehandlungen, gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten ergeben (BVerfGE 26, 265 <275>; 71, 39 <50>; st. Rspr).

Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG kann nur dann verletzt sein, wenn durch eine Berufsausübungsregelung, die im ganzen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte Gruppen typischer Fälle ohne zureichende Gründe wesentlich stärker als andere belastet werden (BVerfGE 68, 155 <173>). Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere eines Eingriffs in die Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe müssen die Grenzen der Zumutbarkeit gewahrt sein (BVerfGE 85, 360 <377>).

Diese Grenzen sind hier nicht überschritten. Soweit der Kläger insoweit rügt, die hier gewählte Auslegung, die eine Rentenversicherung auf den Todesfall in der Höhe von 150.000,00 DM verlangt, verstoße deshalb gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil er keine Hinterbliebenen habe, greift der Einwand nicht durch. Der Satzungsgeber handelte offenkundig nicht sachwidrig, wenn er bei denjenigen, die im maßgeblichen Zeitpunkt - im Juni 1996 - keine Ehepartner oder Kinder hatten, im Rahmen des Befreiungstatbestandes dennoch eine Hinterbliebenenabsicherung in der genannten Höhe verlangte. Denn die Gruppe derjenigen, die 1996 Pflichtmitglieder geworden sind, gehörte kraft Gesetzes zu den unter 45-jährigen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 ThürRAVG). Bei ihnen war unter Berücksichtigung der vielgestaltigen Lebensverhältnisse und individueller Lebensplanung nicht auszuschließen, dass sie später noch versorgungsberechtigte Angehörige haben werden. Wegen dieser sachgerechten Erwartung besteht keine verfassungsrechtliche Pflicht des Beklagten, für die Gruppe der Alleinstehenden eine anderweitige Regelung zu treffen. Geringfügige Ungleichbehandlungen, gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten, die dadurch entstehen, wenn sich diese denkbare Erwartung im Einzelfall nicht erfüllt, sind vom Betroffenen, der letztlich alleine bleibt, daher hinzunehmen.

Auch der Wechsel des Klägers vom bayerischen zum thüringer Versorgungsträger gebietet keine andere Sicht der Dinge. Soweit die Uneinheitlichkeit der regional gegliederten Versorgungssysteme die Freiheit der Berufsausübung behindern kann, ist die darin liegende Einschränkung grundsätzlich mit Art 12 Abs. 1 und Art 2 Abs. 1 GG vereinbar (BVerfG, Beschluss vom 25. September 1990 - 1 BvR 907/87 - NJW 1991, 746; BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 1993 - 1 B 95/92 -). Eine kollektive Altersversorgung der Rechtsanwälte, die auf dem Versicherungsgrundsatz aufbaut, ist wirtschaftlich nur durchführbar, wenn grundsätzlich alle Anwälte zu ihrer Finanzierung beitragen (BVerfGE 10, 354 <370>). Dem Ziel der Schaffung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft stände ein Wahlrecht entgegen, das jedem Anwalt ermöglichte, an der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit im Laufe eines Berufslebens festzuhalten und alle anderen Versicherungspflichten auszuschließen, was sich langfristig nachteilig für diejenigen Versorgungswerke auswirken müsste, die ein ungünstigeres Versicherungsrisiko mit einem geringeren Mitgliederbestand abdecken. Wie bereits höchstrichterlich geklärt ist, folgt daraus nicht, dass ein Rechtsanwalt bei einem Wechsel in ein anderes Bundesland mit einer berufsständischen Pflichtversicherung gegenüber der Pflichtmitgliedschaft und der Beitragspflicht schutzlos wäre, insbesondere auch unverhältnismäßige Belastungen hinzunehmen hätte. Er muss dann erforderlichenfalls seine bisherige Versorgungsplanung der neuen Lage anpassen. Dabei entstehende Schwierigkeiten dürfen zwar bei der Regelung der Pflichtversicherungs- und Befreiungstatbestände nicht völlig vernachlässigt werden; ein besonderer Vertrauensschutz ist indes nicht geboten (Beschluss vom 23. Dezember 1992 - BVerwG 1 B 57.92 -; ferner BVerfG, Beschluss vom 25. September 1990 - 1 BvR 907/87 - a. a. O.). Insoweit hat der Kläger jedoch nichts vorgetragen, was auf eine unzumutbare Belastung hinweisen könnte.

Durch den Befreiungstatbestand werden auch die bereits abgeschlossenen, privaten Verträge nicht berührt, da die Satzung in deren Bestand nicht eingreift und nicht eingreifen kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Januar 1987 - 8 S 2505/83 - NJW 1987, 1350 [1352]).

Schließlich kann auch der Hinweis des Klägers nicht durchgreifen, ihm sei von seiner Versicherung zugesagt worden, er könne seine Versicherung nachträglich den Erfordernissen des § 41 Abs. 3 und 4 ThürRAVwS anpassen. Unabhängig davon, dass eine Vertragsänderung bis heute noch nicht durchgeführt wurde, könnte sich die rückwirkende Vertragsänderung nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck dieser Regelung nicht mehr auswirken. So ist der "Abschluss" nach der genannten Bestimmung bezogen auf den Stichtag "nachzuweisen". Dies bedeutet, dass selbst die zivilrechtliche Vereinbarung eines auf dem vor dem Stichtag liegenden Vertragsbeginns nichts an dem Umstand ändert, dass erst ab der Vertragsänderung - also nach dem satzungsrechtlichen Stichtag - der entsprechende Versicherungsschutz besteht bzw. ab diesem Zeitpunkt nachgewiesen werden kann. Bei der Rückdatierung eines Lebensversicherungsvertrages handelt es sich nur um die Vorverlegung des technischen Vertragsbeginns, die ein günstigeres Eintrittsalter und eine kürzere Laufzeit bewirkt. Sie ist nicht mehr als eine rechtliche Fiktion (vgl. auch VGH Baden-Württemberg zu der insoweit inhaltsgleichen Bestimmung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BWRAVwS, Urteil vom 14. Oktober 1987 - 9 S 484/87 -, S. 8 f. des Entscheidungsumdrucks).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO in entsprechender Anwendung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).



Ende der Entscheidung

Zurück