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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.05.2007
Aktenzeichen: 4 EO 101/07
Rechtsgebiete: ThürKAG, ThürKO


Vorschriften:

ThürKAG § 21a Abs. 2
ThürKAG § 21a Abs. 4
ThürKAG § 21a Abs. 5
ThürKO § 120 Abs. 1 S. 2
1. Eine Rückzahlungspflicht für Abwasserbeiträge nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 besteht nur für diejenigen Aufgabenträger, die vor dem 01.01.2005 als Beitragsgläubiger Abwasserbeiträge erhoben haben und die seit Inkrafttreten der Neuregelungen des ThürKAG 2005 noch Abwasserbeiträge nach Maßgabe der Privilegierungstatbestände in § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 erheben.

Im Falle eines vor dem 01.01.2005 bewirkten Wechsels des Aufgabenträgers, der die Abwasserbeiträge erhoben hat, besteht deshalb weder für den neuen Aufgabenträger noch für den früheren Aufgabenträger eine Rückzahlungspflicht für Abwasserbeiträge nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005.

2. Wenn die Beitragszahler, bei denen der Aufgabenträger vor dem 01.01.2005 gewechselt hat, weder gegen den alten noch gegen den neuen Aufgabenträger einen Rückzahlungsanspruch haben, handelt es sich nur scheinbar um eine Lücke in der Regelung der Privilegierungstatbestände und Rückzahlungspflichten nach dem ThürKAG 2005. Tatsächlich handelt es sich um das Problem der Vermeidung von Doppelbelastungen der Beitragszahler bei einem Wechsel des Aufgabenträgers und damit um ein Problem, auf das die Übergangsbestimmungen des ThürKAG 2005 überhaupt nicht zugeschnitten sind.

3. Unabhängig von den zum 01.01.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen im Abwasserbeitragsrecht sind bei jeder Art eines Trägerwechsels der öffentlichen Einrichtung die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Gleichheitssatzes und des Äquivalenzprinzips zu berücksichtigen und Doppelbelastungen der Beitragszahler zu vermeiden. Dem kann auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen werden.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 101/07 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Kommunalaufsichtsrecht,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert am 3. Mai 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 08.01.2007 - 8 E 660/06 Me - abgeändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die mit Änderungsbescheid vom 19.07.2006 für sofort vollziehbar erklärte Aufforderung in Ziffer 2. des Bescheides des Landratsamtes Wartburgkreis vom 03.05.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.07.2006 wiederhergestellt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist ein kommunaler Trink- und Abwasserzweckverband. Er wendet sich im Eil- und Beschwerdeverfahren gegen die für sofort vollziehbar erklärte Aufforderung der Rechtsaufsichtsbehörde, unverzüglich bzw. binnen 12 Monaten über die bei ihm eingegangenen Anträge auf Rückzahlung von Abwasserbeiträgen nach § 21a Abs. 4 ThürKAG i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 17.12.2004 (GVBl. S. 889) - ThürKAG 2005 -, die andere Aufgabenträger vor dem 01.01.2005 erhoben hatten, zu entscheiden.

Der Antragsteller wurde mit Wirkung zum 01.01.2003 von 7 Städten und Gemeinden als kommunaler Zweckverband gegründet, dem in zwei getrennten Aufgabenbereichen die Aufgaben der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung übertragen wurden. Nach § 2 der Verbandssatzung - VS - des Antragstellers hat dieser im Gebiet von 4 Mitgliedsgemeinden (die in § 1 Abs. 5 VS genannten Städte Eisenach und Ruhla sowie die Gemeinden Wutha-Farnroda und Seebach) im Bereich "A Entsorgung (Abwasser)" u. a. die Aufgabe, die Abwässer aus den Mitgliedsgemeinden zu sammeln, den Verbandskläranlagen zuzuleiten, zu klären und abzuleiten. Als Abwasseranlagen des Zweckverbandes werden in § 3 Abs. 1 VS die Verbandssammler, Ableitungen, Regenüberlaufbecken und andere Sonderbauwerke sowie die Verbandskläranlagen bezeichnet. Dem Zweckverband wurde von seinen Mitgliedsgemeinden die zur Aufgabenwahrnehmung und Finanzierung erforderliche Satzungskompetenz übertragen. Nach § 14 Abs. 4 VS erhob er Beiträge nach Maßgabe des ThürKAG und seines Satzungsrechts (vgl. die Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung - BS-EWS -, veröffentlicht im ThürStAnz. 2003, 1650).

Die Aufgabe der örtlichen Abwasserableitung innerhalb der Mitgliedsgemeinden und der Betrieb der jeweiligen Ortskanalisation verblieb danach bei den Mitgliedsgemeinden, die hierfür nach Maßgabe ihres eigenen Satzungsrechts Gebühren und Beiträge erhoben.

Vor der Gründung des Antragstellers waren die Aufgaben der Trinkwasserversorgung und der Abwasserbeseitigung im Gebiet der Mitgliedsgemeinden von zwei verschiedenen Zweckverbänden wahrgenommen worden, dem "Trinkwasserzweckverband Eisenach-Erbstromtal" und dem "Abwasserzweckverband Eisenach-Erbstromtal". Beide Zweckverbände wurden zum 31.12.2002 aufgelöst und befinden sich seither in Abwicklung. Der "Abwasserzweckverband Eisenach-Erbstromtal" war nur zuständig für die sog. überörtliche Abwasserbeseitigung im Bereich seiner Mitgliedsgemeinden und hatte auf der Grundlage einer Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung - BS-EWS -vom 20.11.1996 hierfür Abwasserbeiträge erhoben. Die späteren Mitgliedsgemeinden des Antragstellers hatten überwiegend vor dem 01.01.2003 für ihre örtlichen Entwässerungseinrichtungen Abwasserbeiträge auf der Grundlage ihres Satzungsrechts erhoben. Wegen der Einzelheiten zur Beitragserhebung durch die jeweiligen Kommunen wird auf die Aufstellung des Antragstellers zum Schriftsatz vom 13.03.2007 verwiesen.

Mit Wirkung zum 01.01.2005 sollte der Antragsteller nach dem Willen seiner Mitglieder in einen "Vollverband" umgewandelt werden, der nicht mehr nur für die überörtliche, sondern auch für die örtliche Abwasserbeseitigung zuständig sein sollte. Seit Inkrafttreten der 3. Änderungssatzung zur VS zum 01.01.2005 war der Antragsteller daher in 6 Mitgliedsgemeinden für die Abwasserbeseitigung insgesamt zuständig. Mit Inkrafttreten der 4. und 5. Änderungssatzungen zur VS zum 01.08.2005 bzw. 01.07.2006 wurden das Verbandsgebiet des Antragstellers und seine Zuständigkeit für die Abwasserbeseitigung auf 3 weitere Kommunen erweitert.

Auf der Grundlage seiner zum 01.01.2005 in Kraft getretenen BS-EWS (ausgefertigt am 16.12.2005, veröffentlicht im ThürStAnz. 2005, 2551) in der Fassung der jeweiligen Änderungssatzung erhebt der Antragsteller seither Beiträge für die Herstellung/Anschaffung seiner Entwässerungseinrichtung.

Mit aufsichtsbehördlichem Schreiben des Landratsamtes Wartburgkreis vom 16.03.2006 wurde der Antragsteller u. a. darauf hingewiesen, dass der Aufsichtsbehörde die noch nicht fristgerechte Abarbeitung von Anträgen auf Rückzahlung von Abwasserbeiträgen nach § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 bekannt geworden sei. Der Antragsteller wurde um Mitteilung der Anzahl der eingegangenen Erstattungsanträge und der Gründe für die noch nicht erfolgte abschließende Bearbeitung gebeten. Nachdem eine Reaktion des Antragstellers hierauf ausblieb, wurde der Antragsteller mit Schreiben des Landratsamtes Wartburgkreis vom 03.04.2006 darauf hingewiesen, dass er u. a. zu monatlichen Berichten über den Stand der abwasserbeitragsrechtlichen Rückzahlungsverfahren verpflichtet sei und wurde nochmals zur Abgabe der entsprechenden Informationen aufgefordert.

Mit Schreiben vom 31.03.2006 machte der Antragsteller geltend, dass im Bereich Abwasser durch die Gründung des Vollverbandes und den Beitritt weiterer Kommunen für die zum 01.01.2005 neu gebildete öffentliche Einrichtung eine neue Beitragspflicht entstanden sei. Der Zweckverband werde daher für jedes Grundstück einen neuen Bescheid erstellen und bereits geleistete Zahlungen anrechnen. Es handele sich dabei nicht um eine Nacherhebung, sondern um eine erstmalige Erhebung des (Rest-)Beitrags unter Berücksichtigung der Privilegierungstatbestände. Die Antragsteller würden bevorzugt behandelt.

Das Landratsamt Wartburgkreis beharrte mit Schreiben vom 04.04.2006 auf seinem Informationsersuchen und forderte den Antragsteller u. a. zu einer nach Monaten differenzierten Mitteilung der eingegangenen Anträge auf Rückzahlung von Abwasserbeiträgen auf. Mit Schreiben vom 07.04.2006 folgte die Anhörung des Antragstellers zur Einleitung rechtsaufsichtlicher Maßnahmen wegen der nicht fristgerechten Entscheidung über Rückzahlungsanträge nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005.

Mit Bescheid des Landratsamtes Wartburgkreis vom 03.05.2006 wurde gegenüber dem Antragsteller die nicht fristgemäße Entscheidung über Anträge auf Rückzahlung von Abwasserbeiträgen rechtsaufsichtlich beanstandet (Ziffer 1) und der Antragsteller verpflichtet, über die bis zum 03.05.2006 eingegangenen Anträge unverzüglich sowie über später eingegangene oder noch eingehende Anträge innerhalb der Jahresfrist des § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 zu entscheiden (Ziffer 2). Ferner wurde der Antragsteller verpflichtet, über den Bearbeitungsstand der Rückzahlungsverfahren im Abwasserbereich wöchentlich zu berichten, beginnend ab dem 12.05.2006 (Ziffer 3), und den Inhalt dieses Bescheides der Verbandsversammlung bekannt zu geben (Ziffer 4). Die Rechtsaufsichtsbehörde begründete den Beanstandungsbescheid im Wesentlichen damit, dass der Antragsteller nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 verpflichtet sei, innerhalb von 12 Monaten nach Antragstellung eine Entscheidung zu treffen und dieser Pflicht in mindestens 456 Fällen nicht nachgekommen sei. Die beabsichtigte Anrechnung gezahlter Beiträge bei der Neubescheidung befreie nicht von der Einhaltung der gesetzlichen Bearbeitungsfrist. Hinderungsgründe seien nicht ersichtlich, da der Verband über eine an die Novellierungen des ThürKAG 2005 angepasste Beitragssatzung verfüge und daher die Prüfung der Rückzahlungsberechtigung sowie der Berechnung der Rückzahlungshöhe in jedem Falle möglich seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 15.05.2006 im Wesentlichen mit der Begründung Widerspruch, er sei nicht zur Rückzahlung von Abwasserbeiträgen verpflichtet, die auf Beitragsschuldverhältnissen zwischen den Aufgabenträgern vor dem 01.01.2005 und den Grundstückseigentümern beruhten. Der Verband habe erst zum 01.01.2005 die Aufgabe der Abwasserentsorgung von seinen Mitgliedsgemeinden übernommen und Beitragspflichten seien erst nach Maßgabe der zum 01.01.2005 in Kraft getretenen BS-EWS für die neue öffentliche Einrichtung des Verbandes entstanden. Die Vereinbarung mit den Mitgliedsgemeinden, bereits gezahlte Beiträge mit den zu erhebenden Beiträgen zu verrechnen, habe nichts mit der Änderung des ThürKAG zu tun. Er sei der falsche Adressat für den Beanstandungsbescheid.

Mit Bescheid vom 19.07.2006 änderte das Landratsamt Wartburgkreis den Bescheid vom 03.05.2005 in Ziffer 2. dahingehend ab, dass der Antragsteller verpflichtet wurde, über die bei ihm bis zum 11.07.2005 eingegangenen Anträge auf Rückzahlung ehemals bezahlter Abwasserbeiträge unverzüglich bzw. über später bei ihm eingegangene oder künftige Anträge innerhalb von 12 Monaten nach Antragstellung zu entscheiden und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung stützte sich die Aufsichtsbehörde darauf, dass der Antragsteller nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 zur Rückzahlung binnen 12 Monaten nach Antragstellung verpflichtet sei, weil derjenige Aufgabenträger rückzahlungspflichtig sei, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des novellierten ThürKAG am 01.01.2005 Inhaber der Abwasserbeseitigungspflicht sei. Die Mitgliedsgemeinden des Antragstellers seien hingegen nicht rückzahlungspflichtig, weil sie ihr Beitragssatzungsrecht mangels Satzungshoheit nicht mehr an die neue Rechtslage anpassen könnten. Die Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 27.03.2006 sei beschränkt auf den Anwendungsbereich des § 21a Abs. 3 ThürKAG 2005 und nicht auf § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 übertragbar. Der Verband dürfe auch dann nicht untätig bleiben, wenn er zu der Ansicht gelange, dass im Einzelfall ein Rückzahlungsanspruch nicht bestehe. Er sei auch in diesen Fällen nach § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 verpflichtet, durch rechtsbehelfsfähigen Bescheid über die Zurückweisung des Antrags zu entscheiden. Auch die geplante Verrechnung gezahlter Beiträge bei der neuen Beitragserhebung befreie nicht von der Verpflichtung, über die Anträge fristgerecht zu entscheiden. Dem sei der Antragsteller in mindestens 764 Fällen nicht nachgekommen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei sowohl aus öffentlichem Interesse als auch wegen überwiegender Beteiligteninteressen geboten: Ein besonderes öffentliches Interesse folge bereits aus dem dauerhaften rechtwidrigen Verhalten des Antragstellers, das nicht auf Einzelsachverhalte beschränkt sei, sondern aufgrund einer fehlerhaften Organisationsentscheidung für eine Vielzahl von 764 Fällen gelte. Der formal denkbare Einwand, die Rückzahlungsantragsteller auf einen Verpflichtungswiderspruch zu verweisen, vermöge nicht zu überzeugen und würde zu einem erheblichen Kostenrisiko für den Verband führen. Die Verfahrensweise des Antragstellers könne zu Schadensersatzansprüchen der Antragsteller wegen schuldhaft rechtswidriger Untätigkeit führen und verstoße daher auch gegen den Grundsatz der Sparsamkeit. Aus im Ergebnis gleichen Gründen laufe die beanstandete Verfahrensweise auch den überwiegenden Beteiligteninteressen (den mindestens 764 Antragstellern) zuwider.

Der Antragsteller legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und beantragte am 13.12.2006 beim Verwaltungsgericht Meiningen - 8 E 660/06 Me - die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die aufsichtsbehördlichen Bescheide.

Das Verwaltungsgericht Meiningen lehnte den Eilantrag des Antragstellers mit Beschluss vom 08.01.2007 ab. In der Begründung ließ es die Erfolgsaussichten des Antragstellers letztlich offen, weil die Frage des Rückzahlungsverpflichteten bezüglich geleisteter Abwasserbeiträge im summarischen Verfahren nicht abschließend beantwortet werden könne. Insofern müsse offen bleiben, ob die Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts zum Rückzahlungspflichtigen im Bereich der Wasserbeiträge auf das Abwasserbeitragsrecht übertragbar sei. Die anzustellende Interessenabwägung führe aber dazu, dass die aufsichtsbehördliche Verfügung gerichtlich unbeanstandet bleibe. Es erscheine nicht zwingend abwegig, den Antragsteller als Rückzahlungsverpflichteten anzusehen. Es widerspräche der Zielsetzung des Gesetzgebers, wenn die in § 21a Abs. 2 - 4 ThürKAG 2005 angegebenen Fristen und Modalitäten nicht eingehalten werden. Entscheidend für die Interessenabwägung sei daher, dass die Zahlungspflichtigen Leistungen an einen Aufgabenträger erbracht haben und diese zeitnah nach dem Willen des Gesetzgebers erstattet werden sollen. Für den Antragsteller ergäben sich hieraus keine durchgreifenden tatsächlichen oder rechtlichen Nachteile, weil ihm entweder ein Erstattungsanspruch nach § 21a Abs. 5 ThürKAG 2005 gegenüber dem Antragsgegner zustehe oder ein Ausgleichsanspruch aus dem Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes.

Gegen den am 26.01.2007 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 01.02.2007 Beschwerde erhoben, die er am 14.02.2007 begründet hat. Dabei macht er im Wesentlichen geltend, der aufsichtsbehördliche Bescheid sei schon offensichtlich rechtswidrig und im Übrigen habe auch die besondere Eilbedürftigkeit verneint werden müssen. Er sei nicht zur Rückzahlung von Abwasserbeiträgen verpflichtet, die ein anderer Aufgabenträger festgesetzt und erhalten habe. Der Rückzahlungsanspruch nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 setze ein begründetes und weiterhin bestehendes Beitragsschuldverhältnis voraus, weshalb ein neuer Aufgabenträger als Rückzahlungsverpflichteter ausscheide. Mangels ausdrücklicher Nennung des Rückzahlungsverpflichteten im Gesetz müsse auf § 37 Abs. 1 und 2 AO zurückgegriffen werden, wonach der Rückzahlungsverpflichtete und -berechtigte identisch mit dem Beitragsgläubiger und -schuldner des Beitragsschuldverhältnisses seien. Für den neuen Einrichtungsträger sei die Anpassung des Satzungsrechts - wenn nicht unmöglich - mit größeren Komplikationen verbunden, weil es sein könne, dass er überhaupt keine Beiträge erhebe oder andere Beitragsmaßstäbe verwende, aber auch andere Kostenmassen und Berechnungsflächen der Berechnung des Beitragssatzes zu Grunde lege. Die Anordnung des Sofortvollzuges rechtsfertige sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt besonderer Eilbedürftigkeit, weil es nicht zu Lasten einer Körperschaft gehen könne, wenn der Gesetzgeber es versäumt habe, den Rückzahlungsverpflichteten zu bestimmen. Bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen sei das Risiko auf Seiten des Verbandes höher als auf Seiten der Antragsteller, weil der Verband massive finanzielle Einbußen zu fürchten habe, wenn er (voreilig) zur Zahlung nicht unbeträchtlicher Summen gezwungen würde.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 08.01.2007 - 8 E 660/06 Me - die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Aufforderung in Ziffer 2. des Bescheides des Landratsamtes Wartburgkreis vom 03.05.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.07.2006 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt seine Rechtsauffassung, wonach der Antragsteller zur Rückzahlung der ehemals im Verbandsgebiet erhobenen Abwasserbeiträge verpflichtet sei. Auch wenn der Rückzahlungspflichtige in § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 nicht ausdrücklich bezeichnet werde, folge aus der systematischen und teleologischen Auslegung unzweifelhaft, dass der am 01.01.2005 zuständige Aufgabenträger der Abwasserentsorgung zur Rückzahlung der ehemals gezahlten Abwasserbeiträge verpflichtet sei, hier also der Antragsteller als der für sein gesamtes Gebiet räumlich zuständige Aufgabenträger. Der Regelungsgehalt der Worte "werden ... zurückgezahlt" sei nicht umgangssprachlich zu verstehen und ziele daher nicht auf den Gläubiger oder Schuldner des Beitragsschuldverhältnisses, sondern knüpfe an den Umfang der Rückzahlung. Zurückgezahlt würden die Abwasserbeiträge nämlich nur in der Höhe, wie sie auch tatsächlich bereits gezahlt wurden und einen nach § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 neuen Beitrag überstiegen. Die Anwendbarkeit des § 37 AO sei nicht eröffnet, weil § 21a ThürKAG 2005 ein von dem ursprünglichen Beitragsverhältnis unabhängiges, neues abgabenrechtliches Schuldverhältnis begründe. § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 sei als gesetzliche, abschließend formulierte Spezialregelung zu verstehen und nicht als Unterfall von § 37 AO. Der gesetzliche Rückzahlungsanspruch in § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 ziele ebenso wie § 21a Abs. 3 ThürKAG 2005 nicht auf die Rückzahlung im Sinne des nachträglichen Wegfalls eines Abgabenanspruchs nach § 37 AO, sondern auf den Ausgleich der sich aus dem gesetzlichen Systemwechsel für den Gebührenhaushalt ergebenden Folgen. Deshalb sei Rückzahlungsgläubiger nicht der historische Beitragsschuldner, sondern der aktuelle Berechtigte nach § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005, der zugleich auch Gebührenschuldner sei. Dementsprechend könne auch nur der aktuelle Aufgabenträger Rückzahlungsschuldner sein, weil nur dieser zur Gebührenerhebung berechtigt sei. Auch die Verpflichtung zur Satzungsanpassung nach § 21a Abs. 2 ThürKAG 2005 zeige, dass nur der aktuelle Aufgabenträger rückzahlungspflichtig sein könne. Die erforderliche Anpassung des Satzungsrechts beschränke sich nicht nur auf die beitragsrechtlichen Bestimmungen, sondern erfordere auch eine Anpassung der gebührenrechtlichen Bestimmungen an § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005, weil sich aus der Umsetzung des § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 eine Reduzierung von Beitragseinnahmen und daher ein Gebührenmehrbedarf ergäbe. Vorliegend seien weder die ehemals für ihre Ortsnetze zuständigen Mitgliedsgemeinden noch der in Abwicklung befindliche Abwasserzweckverband in der Lage, ihr Satzungsrecht so an die Novellierung des ThürKAG anzupassen, dass sich der jeweilige Rückzahlungsanspruch beziffern ließe. Schließlich ergäbe sich auch aus § 21a Abs. 5 ThürKAG 2005, dass rückzahlungspflichtig nur sein könne, wer am 01.01.2005 Inhaber der Aufgabenzuständigkeit sei. Auch wenn dort die erstattungsfähigen Aufwendungen der Aufgabenträger nur exemplarisch aufgeführt würden, folge daraus, dass der Rückzahlungspflichtige bei der Gebührenerhebung einen kalkulatorischen Nachteil erleide, der grundsätzlich geeignet sei, eine künftige Gebührenerhöhung zu verursachen. Dies setze voraus, dass der zur Beitragsrückzahlung Verpflichtete auch zur Gebührenerhebung berechtigt sei. Die Mitgliedsgemeinden und der in Abwicklung befindliche Abwasserzweckverband verfügten jedoch nicht mehr über die erforderliche Satzungshoheit. Eine anderweitige Auslegung des Normverständnisses sei dem Willen des Gesetzgebers nicht zu entnehmen. Sollte der Aufgabenträger rückzahlungspflichtig sein, der die Abwasserbeiträge ehemals vereinnahmt habe, wären die Rückzahlungsgläubiger vor erhebliche Probleme gestellt, weil ihnen nicht bekannt sei, an welchen historischen Aufgabenträger sie sich wenden müssten. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der aufsichtsbehördlichen Bescheide sei nicht nur gerechtfertigt, sondern wegen der gesetzlich angeordneten Bearbeitungsfrist sogar zwingend zu treffen gewesen. Massive oder sogar existenzbedrohende Nachteile des Antragstellers würden bestritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten (6 Hefter und 1 Ordner) Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Antragsteller hat mit seinen fristgerecht im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Nachprüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die aufsichtsbehördliche Anordnung in Ziffer 2. des Bescheides vom 03.05.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.07.2006 nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO stattgeben müssen.

Bei der Entscheidung über einen einstweiligen Rechtsschutzantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem Interesse an der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits vorzunehmen. Für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts ist dabei ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt, unabhängig davon, ob die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) oder einer behördlichen Anordnung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) entspringt (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18.07.1973 - 1 BvR 23, 155/73 - BVerfGE 35, 382 [402]; Beschluss des Zweiten Senats vom 21.03.1985 - 2 BvR 1642/83 - BVerfGE 69, 220 [228, 229]). Nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO ist daher die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Bescheid, dessen sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO behördlich angeordnet worden ist, wiederherzustellen, wenn es an den formellen Begründungsvoraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO fehlt oder in materieller Hinsicht das Aufschubinteresse des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Vollziehung des angegriffenen Bescheides überwiegt. Ein überwiegendes öffentliches Interesse kann nicht angenommen werden, wenn die besondere Eilbedürftigkeit zu verneinen oder der Bescheid offensichtlich rechtswidrig ist (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 16.12.2002 - 4 EO 866/02 - ThürVGRspr. 2003, 135 = ThürVBl. 2003, 132 = KStZ 2003, 114 und vom 15.10.2003 - 4 EO 551/03 - NJ 2004, 138).

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die für sofort vollziehbar erklärte Aufforderung in Ziffer 2. des Bescheides des Landratsamtes Wartburgkreis vom 03.05.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.07.2006 wieder herzustellen. Die aufsichtsbehördliche Aufforderung an den Antragsteller, über die bei ihm bis zum 11.07.2005 eingegangenen Anträge auf Rückzahlung ehemals bezahlter Abwasserbeiträge unverzüglich und über später bei ihm eingegangene oder künftig noch eingehende Anträge innerhalb von 12 Monaten nach Antragstellung zu entscheiden, erweist sich nicht aus den von der Aufsichtsbehörde im Änderungsbescheid vom 19.07.2006 angegebenen Gründen als besonders eilbedürftig. Der Antragsteller verstößt entgegen der Auffassung des Antragsgegners dadurch, dass er über die bei ihm eingegangenen Anträge auf Rückzahlung von Abwasserbeiträgen in mindestens 764 Fällen nicht innerhalb von 12 Monaten nach Antragstellung entschieden hat, nicht gegen die in § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 festgelegte Frist. Denn der Antragsteller ist, wie die folgenden Erwägungen zeigen, nicht gemäß § 21a Abs. 4 Satz 1 ThürKAG 2005 zur Rückzahlung von Abwasserbeiträgen verpflichtet, die seine Mitgliedsgemeinden oder der in Abwicklung befindliche "Abwasserzweckverband Eisenach-Erbstromtal" vor dem 01.01.2005 für ihre öffentlichen Entwässerungseinrichtungen erhoben haben. Wenn jedoch nach den Erkenntnissen im Beschwerdeverfahren die beim Antragsgegner eingegangenen Rückzahlungsanträge überwiegend keine Rückzahlungsansprüche nach § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 betreffen, weil diese Anträge auf Beitragszahlungen bezogen sind, die der Antragsteller nicht selbst erhoben und erhalten hat, verstößt die Nichtbescheidung der Rückzahlungsanträge nicht gegen die Frist des § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 und es drohen insoweit keine Schadensersatzansprüche für die nicht rechtzeitig erfolgte Rückzahlung von Abwasserbeiträgen durch den Antragsteller. Daher besteht auch nicht die vom Antragsgegner angenommene Eilbedürftigkeit für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der aufsichtsbehördlichen Aufforderung in Ziffer 2. des Bescheides. Dem Antragsteller droht im Falle der Nichtbescheidung der eingegangenen Rückzahlungsanträge ohne zureichenden Grund in angemessener Frist allenfalls die Erhebung von Untätigkeitsklagen der Beitragszahler gemäß § 75 VwGO vor der Durchführung des Widerspruchsverfahrens:

Die aufsichtsbehördliche Verpflichtung des Antragstellers zur unverzüglichen bzw. binnen 12 Monaten nach Antragstellung vorzunehmenden Entscheidung über bei ihm eingegangene Anträge auf Rückzahlung von Abwasserbeiträgen findet ihre Rechtsgrundlage in § 120 Abs. 1 Satz 2 ThürKO. Sie setzt die Nichterfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung durch den Antragsteller voraus. Der Antragsteller verstößt durch die Nichtbescheidung der bei ihm eingegangenen Anträge auf Rückzahlung von Abwasserbeiträgen jedoch entgegen der Auffassung der Aufsichtsbehörde nicht gegen eine in § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 festgelegte Bearbeitungs- und Entscheidungsfrist.

Nach § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 erfolgt die auf Antrag vorzunehmende Rückzahlung von Abwasserbeiträgen im Sinne von § 21a Abs. 4 Satz 1 ThürKAG 2005 unverzüglich nach der Anpassung des Satzungsrechts an die Neuregelungen des § 7 Abs. 2 und 7 ThürKAG 2005 (vgl. insoweit § 21a Abs. 2 ThürKAG 2005), spätestens 12 Monate nach Antragstellung. Die genannte Frist ist nach dem Wortlaut der Norm also keine spezialgesetzlich vorgeschriebene Bearbeitungsfrist für die Bescheidung von Rückzahlungsanträgen, sondern eine Frist für die Rückzahlung positiv beschiedener Rückzahlungsanträge. Falls aus dem Umstand, dass über die Rückzahlungsanträge durch Bescheid zu entscheiden ist (vgl. Blomenkamp in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 36. Erg.Lfg., Stand: März 2007, Rn. 1539 zu § 8; so auch VG Weimar zur Entscheidung über einen Antrag auf Rückzahlung von Wasserbeiträgen: Urteil vom 24.01.2007 - 6 K 1029/06 We -), auch auf eine Bearbeitungs- und Bescheidungsfrist gefolgert werden könnte, gilt dies nur für Anträge, bei denen es um die Rückzahlung von Abwasserbeiträgen auf der Grundlage von § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 geht.

Der Antragsteller verstößt jedoch durch die Nichtbescheidung der bei ihm eingegangenen Anträge auf die Rückzahlung von Abwasserbeiträgen nicht gegen eine fristgerechte Rückzahlung, weil diese Rückzahlungsanträge nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen keine Abwasserbeiträge betreffen, die der Antragsteller als Beitragsgläubiger vor dem 01.01.2005 erhoben und erhalten hat und zu deren Rückzahlung er somit nicht gemäß § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 verpflichtet ist. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist den zum 01.01.2005 in Kraft gesetzten Neuregelungen des ThürKAG weder in der Übergangsbestimmung des § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 noch an anderer Stelle eine Regelung über die Bestimmung des rückzahlungspflichtigen Aufgabenträgers im Bereich der Abwasserbeiträge zu entnehmen (anders § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 zur Person des Rückzahlungsberechtigten). Insofern liegt es nahe, ebenso wie bei der Bestimmung des Rückzahlungspflichtigen für die Rückzahlung der Wasserbeiträge nach § 21a Abs. 3 ThürKAG 2005 davon auszugehen, dass sich der Rückzahlungspflichtige in Ermangelung einer anderen gesetzlichen Bestimmung aus der gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b ThürKAG entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 37 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - ergibt. Danach wäre zur Rückzahlung der Abwasserbeiträge gemäß § 21a Abs. 4 Satz 1 und 2 ThürKAG 2005 nur der Beitragsgläubiger (bzw. sein Rechts- oder Funktionsnachfolger) verpflichtet, an den bis zum 01.01.2005 aufgrund eines begründeten Beitragsschuldverhältnisses Abwasserbeiträge bezahlt worden sind (vgl. entsprechend zur Bestimmung des Rückzahlungspflichtigen im Bereich der Wasserbeiträge den Senatsbeschluss vom 27.03.2006 - 4 EO 87/06 - ThürVBl. 2006, 180; hierzu auch Hinkel in Ecker u. a., Komunalabgaben in Thüringen, Stand: 31. Erg.Lfg., Anm. 4.2.2.2.2 zu § 21a ThürKAG). Denn der Anspruch auf Rückzahlung von Abwasserbeiträgen nach § 21a Abs. 4 Satz 1 ThürKAG 2005 bezieht sich - ebenso wie der Rückzahlungsanspruch im Bereich der Wasserbeiträge nach § 21a Abs. 3 ThürKAG 2005 - auf Beitragszahlungen, deren Grundlage die vor dem Inkrafttreten der Übergangsbestimmung bereits begründeten Beitragsschuldverhältnisse sind.

Die gesetzliche Anknüpfung an bereits entstandene Beitragspflichten bzw. begründete Beitragsschuldverhältnisse als Voraussetzung für die normierten Stundungs- und Rückzahlungsansprüche in § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 ist auch bei einer am Wortlaut, an der Entstehungsgeschichte, dem systematischen Regelungszusammenhang zwischen den Übergangsbestimmungen in § 21a Abs. 2 und 4 ThürKAG 2005 sowie einer am Sinn und Zweck der Übergangsbestimmung orientierten Auslegung zwingend:

Anders als im Bereich der Wasserbeiträge wird durch die Neuregelungen des ThürKAG 2005 die Erhebung von Abwasserbeiträgen nicht seit dem 01.01.2005 verboten oder rückgängig gemacht, sondern das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten wird im Abwasserbeitragsrecht nach Maßgabe der Privilegierungstatbestände in § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 in ihrem Umfang und somit auch in der Höhe beschränkt (vgl. hierzu Blomenkamp in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 1538 zu § 8). Da die Privilegierungstatbestände des § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 jedoch nicht rückwirkend, sondern mit Wirkung zum 01.01.2005 in Kraft getreten sind, gelten sie unmittelbar nur für die seit dem 01.01.2005 neu entstehenden sachlichen Beitragspflichten und sind nicht unmittelbar auf die sog. Altfälle anwendbar, in denen sachliche Beitragspflichten bereits vor dem In-Kraft-Treten des ThürKAG 2005 entstanden waren. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die der Beitragserhebung zu Grunde zu legende Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht. Spätere Änderungen des Landes- oder Satzungsrechts haben keine Auswirkungen auf zuvor bereits begründete sachliche Beitragspflichten (vgl. die ständige Senatsrechtsprechung: Beschlüsse vom 18.03.2002 - 4 ZEO 669/01 - ThürVBl. 2002, 281 und vom 05.05.2003 - 4 ZEO 294/01 -). Dies würde ohne den Erlass von Übergangsbestimmungen für Altfälle dazu führen, dass im Zuständigkeitsbereich desselben Einrichtungsträgers diejenigen Grundstücke, bei denen sachliche Beitragspflichten erst seit dem 01.01.2005 neu entstehen, in den Genuss der Privilegierungen nach § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 i. V. m. der angepassten Abwasserbeitragssatzung kämen, währeend die Grundstücke, bei denen die sachlichen Beitragspflichten bis zum 31.12.2004 bereits entstanden waren, nicht privilegiert würden. Um diese ungleiche Behandlung von Alt- und Neufällen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber mit der Übergangsbestimmung in § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 dafür Sorge getragen, dass auch in den Fällen, in denen sachliche Beitragspflichten (nicht "Beiträge") bereits vor dem Inkrafttreten des ThürKAG 2005 entstanden sind, die Privilegierungstatbestände des § 7 Abs. 7 Satz 2 - 5 ThürKAG 2005 durch ein Hinausschieben der Fälligkeit nachträglich zur Anwendung kommen.

Nach dem entsprechend auszulegenden Regelungsgehalt der Übergangsbestimmung wird dabei unterschieden zwischen den Fällen, in denen sachliche Beitragspflichten bereits entstanden, die Beiträge aber noch nicht fällig gestellt bzw. noch nicht gezahlt wurden (Fallgruppe des § 21a Abs. 4 Satz 1, 1. Hs. ThürKAG 2005) und den Fällen, in denen Abwasserbeiträge bereits festgesetzt, gefordert und gezahlt wurden (Fallgruppe des § 21a Abs. 4 Satz 1, 2. Hs. ThürKAG 2005). In der ersten Fallgruppe bleibt die Entstehung der sachlichen Beitragspflichten und eine ggf. schon erfolgte Festsetzung von Abwasserbeiträgen nach der bis zum 31.12.2004 maßgeblichen Rechtslage unberührt, jedoch werden die Abwasserbeiträge nur noch in dem Umfang fällig, in dem bei Anwendung neuen Rechts Beitragspflichten gemäß § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 entstanden wären. Die Übergangsbestimmung in § 21a Abs. 4 Satz 1, 1. Hs. ThürKAG 2005 schafft also eine gesetzliche Modifizierung der Regelungen über die Fälligkeit des Anspruchs aus dem Beitragsschuldverhältnis, die vom Beitragsgläubiger in den Privilegierungsfällen eine Anpassung seines bisherigen Leistungsgebots an die neue Rechtslage von Amts wegen verlangt (vgl. hierzu VG Weimar, Beschluss vom 24.07.2006 - 6 E 64/06 We -; Blomenkamp in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 1536 zu § 8). Dieses Verständnis der Regelung wird gestützt durch die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung, wonach die Verzögerung der Fälligkeit bereits entstandener, aber noch nicht gezahlter Entsorgungsbeiträge nach § 21a Abs. 4 Satz 1, Halbsatz 1 der Entwurfsfassung in laufende, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte eingreift. Sie begünstigt den Abgabenpflichtigen, während der kommunale Entsorger die Leistung erst später fordern kann (vgl. LTDrucks. 4/187, S. 23). Die nachträgliche Änderung des Umfangs der Fälligkeit eines begründeten Beitragsanspruchs kann jedoch nur innerhalb des Beitragsschuldverhältnisses vollzogen werden. Gleiches gilt für die zweite Fallgruppe in § 21a Abs. 4 Satz 1, 2. Hs. ThürKAG 2005: Für die Fälle, in denen eine Heranziehung zu Abwasserbeiträgen bereits durch Zahlung vollzogen wurde, wird der festgesetzte und geforderte Beitrag auf Antrag gestundet und zurückgezahlt. Damit wird nachträglich ein neuer landesgesetzlicher Stundungsanspruch geschaffen, mit dem die Fälligkeit des Anspruchs aus einem begründeten Beitragsschuldverhältnis im Umfang der Privilegierungstatbestände des § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 nachträglich und unabhängig von den Voraussetzungen der Bestimmungen in § 7b ThürKAG 2005 und § 222 AO hinausgeschoben wird und einen Rückzahlungsanspruch begründen kann.

Handelt es sich somit auch bei dem Rückzahlungsanspruch in § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 um einen Anspruch aus dem Beitragsschuldverhältnis entsprechend § 37 Abs. 1 AO 1977, sind der Rückzahlungspflichtige und der Rückzahlungsberechtigte grundsätzlich identisch mit dem Beitragsgläubiger (also der zur Beitragserhebung berechtigten Körperschaft) und dem Beitragsschuldner des Beitragsschuldverhältnisses, soweit im ThürKAG nichts anderes bestimmt ist (vgl. § 15 Abs. 1 ThürKAG).

Eine solche andere Bestimmung folgt betreffend den rückzahlungspflichtigen Aufgabenträger aus dem zwingenden Regelungszusammenhang zwischen der Übergangsbestimmung in § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 mit der Pflicht zur Anpassung des geltenden Satzungsrechts der Aufgabenträger an die zum 01.01.2005 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen gemäß § 21a Abs. 2 ThürKAG 2005 einerseits und der damit einhergehenden Erstreckung des Geltungsbereichs der vom jeweiligen Satzungsgeber festgelegten Privilegierungstatbestände nach § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 auf die sog. Altfälle andererseits. Danach wird der Kreis der rückzahlungspflichtigen Aufgabenträger in zeitlicher Hinsicht auf bestimmte Beitragsgläubiger beschränkt. Anders als im Bereich der Wasserbeiträge besteht eine Rückzahlungspflicht für Abwasserbeiträge nicht für jeden Beitragsgläubiger, der vor dem 01.01.2005 Beitragszahlungen erhalten hat, sondern nur für diejenigen Aufgabenträger, die vor dem 01.01.2005 Abwasserbeiträge erhoben haben und seit Inkrafttreten der Neuregelungen des ThürKAG 2005 nach ihrem zum 01.01.2005 angepassten Satzungsrecht noch Abwasserbeiträge nach Maßgabe der Privilegierungstatbestände in § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 erheben:

Die Rückzahlung der Abwasserbeiträge erfolgt nach § 21a Abs. 4 Satz 2 ThürKAG 2005 unverzüglich nach Anpassung des Satzungsrechts, spätestens 12 Monate nach Antragstellung. Die Übergangsvorschrift nimmt damit ausdrücklich Bezug auf die den Aufgabenträgern der Abwasserentsorgung seit dem 01.01.2005 obliegende Pflicht zur Anpassung ihres Satzungsrechts an die in Kraft getretenen Neuregelungen über das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht in § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 innerhalb von 12 Monaten gemäß § 21a Abs. 2 ThürKAG 2005. Denn eine vorherige Satzungsanpassung ist für die Rückzahlung von Abwasserbeiträgen nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 unabdingbar, weil der jeweilige Aufgabenträger nur nach der Festlegung der Privilegierungstatbestände in der neuen Beitragssatzung ermitteln kann, ob und ggf. in welcher Höhe für bereits entstandene Beitragsschuldverhältnisse ein Rückzahlungsanspruch konkret besteht. Zur Anpassung einer Beitragssatzung an ein zum 01.01.2005 in Kraft getretenes Landesgesetz können jedoch - wie der Senat zur Anwendung von § 21a Abs. 2 ThürKAG 2005 bereits verdeutlicht hat (vgl. den Senatsbeschluss vom 27.03.2006 - 4 EO 87/06 - a. a. O.) - nur diejenigen Aufgabenträger verpflichtet sein, die zu diesem Zeitpunkt zuständige Aufgabenträger der Abwasserentsorgung sind und nach ihrem einschlägigen Satzungsrecht (noch) Abwasserbeiträge erheben, denn nur sie haben im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 21a Abs. 2 ThürKAG 2005 die Kompetenz und Veranlassung zur Anpassung ihres Satzungsrechts an die neu geschaffenen Privilegierungstatbestände. Frühere Aufgabenträger sind - wie der Antragsgegner zutreffend vorgetragen hat - im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderungen weder Träger der öffentlichen Abwasserentsorgung noch haben sie in diesem Zeitpunkt eine Satzungskompetenz für die Änderung von Beitragssatzungen. Diejenigen Aufgabenträger, die vormals Abwasserbeiträge erhoben haben, aber vor dem 01.01.2005 aufgelöst wurden, einem anderen Aufgabenträger beigetreten sind oder aus anderen Gründen am Stichtag keine Satzungsbefugnis haben (z. B. fehlerhafte Zweckverbände), können somit ab dem 01.01.2005 mangels Satzungsbefugnis keine Änderung einer Beitragssatzung vornehmen. In der Konsequenz sind diejenigen Aufgabenträger, die nicht zur Anpassung ihrer Beitragssatzungen verpflichtet und berechtigt sind, auch nicht nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 zur Rückzahlung von Abwasserbeiträgen verpflichtet (so auch Blomenkamp in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 1538 zu § 8).

Die Pflicht zur Satzungsanpassung gilt demzufolge auch nicht für diejenigen Aufgabenträger, die ihr Finanzierungssystem mit Wirkung vor dem 01.01.2005 auf eine reine Gebührenerhebung oder die Erhebung privater Entgelte umgestellt haben, denn sie verfügen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 21a Abs. 2 ThürKAG 2005 nicht mehr über eine geltende Abwasserbeitragssatzung, die an die neue Rechtslage angepasst werden könnte. Diese Aufgabenträger trifft allerdings ungeachtet der Neuregelungen des ThürKAG 2005 die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass mit der Umstellung des Finanzierungssystems keine gegen die Einmaligkeit der Beitragserhebung und den Gleichheitssatz verstoßende Doppelbelastung eintritt (hierzu im Einzelnen: OVG NW, Urteil vom 17.09.1980 - 2 A 1653/79 - OVG MüLü 36, 20 ff.; BVerwG, Urteile vom 26.02.1992 - 8 C 70.89 - NVwZ 1992, 668 und vom 16.09.1981 - 8 C 48.81 - NVwZ 1982, 622).

Dass die Pflicht zur Rückzahlung von Abwasserbeiträgen nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 auf diejenigen Aufgabenträger beschränkt ist, die vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen des ThürKAG 2005 als Beitragsgläubiger auf Grund eines begründeten Beitragsschuldverhältnisses Abwasserbeitragszahlungen erhalten haben und die nach ihrem zum 01.01.2005 angepassten Satzungsrecht noch Abwasserbeiträge nach Maßgabe der Privilegierungstatbestände in § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 erheben, folgt zudem aus der Abhängigkeit des Stundungs- und Rückzahlungsanspruchs in § 21a Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz ThürKAG 2005 vom Vorliegen eines in der Satzung dieses Aufgabenträgers vorgesehenen Privilegierungstatbestandes. Der bereits dargestellte, vom Gesetzgeber mit der Schaffung der Übergangsbestimmung beabsichtigte Zweck, die sog. Altfälle mit den Fällen gleich zu behandeln, in denen die Privilegierungstatbestände des § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 unmittelbar Anwendung finden, kann nur verwirklicht werden, wenn sich die vor dem 01.01.2005 bereits begründeten Altfälle ebenso wie die nach dem 01.01.2005 neu entstehenden Beitragspflichten auf dieselbe beitragsfähige Maßnahme beziehen, für die Privilegierungen in der Beitragssatzung vorgesehen sind. Die Beitragssatzung begründet im Abwasserbeitragsrecht Beitragspflichten nur für eine bestimmte beitragsfähige Maßnahme, die der öffentlichen Einrichtung eines bestimmten kommunalen Einrichtungsträgers zugeordnet ist. Nur für diese, in der EWS des Einrichtungsträgers definierte(n) öffentliche(n) Einrichtung(en) gelten die Bestimmungen in der Beitragssatzung über den anzuwendenden Beitragsmaßstab, den für die konkrete Maßnahme festgelegten Beitragssatz und die durchschnittliche Grundstücksfläche im Verteilungsgebiet der Einrichtung dieses Aufgabenträgers nach den dort gegebenen örtlichen Verhältnissen gemäß § 7 Abs. 7 Satz 3 und 4 ThürKAG 2005. Eine Gleichbehandlung der Alt- und Neufälle ist damit von Gesetzes wegen nur gewährleistet, wenn der Beitragsgläubiger und Satzungsgeber in beiden Fällen derselbe ist. Wurden Abwasserbeiträge in der Vergangenheit nicht von demselben Aufgabenträger nach Maßgabe seiner Beitragssatzung, sondern von einem anderen Beitragsgläubiger erhoben, lagen dieser Beitragserhebung zwangsläufig eine andere öffentliche Einrichtung, eine andere beitragsfähige Maßnahme, andere Verteilungsmaßstäbe und eine andere für die Bestimmung des angewendeten Beitragssatzes maßgebliche Berechnung von Investitionsaufwand und Verteilungsflächen zugrunde.

Dies bedeutet entgegen der vom Antragsgegner vertretenen Rechtsauffassung, dass im Falle eines vor dem 01.01.2005 bewirkten Wechsels des Aufgabenträgers, der die Abwasserbeiträge erhoben hat, weder für den neuen Aufgabenträger noch für den vor dem 01.01.2005 bestehenden Aufgabenträger eine Rückzahlungspflicht für Abwasserbeiträge nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 besteht. Der frühere Aufgabenträger ist mangels Satzungskompetenz nicht (mehr) zur Anpassung seines Satzungsrechts an die Neuregelungen des § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 berechtigt. Der neue Aufgabenträger ist zur Rückzahlung der Abwasserbeiträge nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 nicht verpflichtet, weil er diese nicht selbst als Beitragsgläubiger vor dem 01.01.2005 für seine öffentliche Einrichtung erhoben hat. Einem neuen Aufgabenträger, der nach seinem Satzungsrecht erst seit dem 01.01.2005 Beiträge für seine öffentliche Abwasserentsorgungseinrichtung erhebt, obliegt keine Rückzahlungsverpflichtung nach § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005, da er selbst bis zum 31.12.2004 keine Abwasserbeiträge erhoben hat und sachliche Beitragspflichten nur nach Maßgabe seines ab dem 01.01.2005 erstmals in Kraft getretenen Satzungsrechts gemäß § 7 Abs. 7 ThürKAG 2005 entstehen können. Für diesen Aufgabenträger gibt es also keine Altfälle, die durch Rückzahlung erst den Neufällen gleichgestellt werden müssten.

Aus der Übergangsbestimmung in § 21a Abs. 5 ThürKAG 2005 kann nichts Gegenteiliges entnommen werden, da dieser Vorschrift keine Aussagen zum Kreis der rückzahlungspflichtigen und erstattungsberechtigten Aufgabenträger in § 21a Abs. 3 und 4 ThürKAG 2005 zu entnehmen sind (so schon der Senatsbeschluss zu § 21a Abs. 3 ThürKAG 2005 vom 27.03.2006 - 4 EO 87/06 - a. a. O.).

Der danach eingeschränkte Anwendungsbereich der Übergangsbestimmung für die Rückzahlung der Abwasserbeiträge stellt sich jedoch nicht als Folge einer systemwidrigen, dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufenden Regelungslücke in den Bestimmungen des § 21a ThürKAG 2005 dar, die durch Auslegung oder analoge Anwendung behoben werden könnte, sondern als Folge eines ganz anderen Problems, das einer eigenständigen Lösung nach anderen Regeln bedarf. Denn wenn die Beitragszahler, bei denen der Aufgabenträger vor dem 01.01.2005 gewechselt hat, weder gegen den alten noch gegen den neuen Aufgabenträger einen Rückzahlungsanspruch haben, handelt es sich nur scheinbar um eine Lücke in der Regelung der Privilegierungstatbestände und Rückzahlungspflichten nach dem ThürKAG 2005. Tatsächlich handelt es sich um das Problem der Vermeidung von Doppelbelastungen der Beitragszahler bei einem Wechsel des Aufgabenträgers und damit um ein Problem, auf das die Übergangsbestimmungen des ThürKAG 2005 überhaupt nicht zugeschnitten sind. Die sich aus dem eingeschränkten Anwendungsbereich der Übergangsbestimmung ergebende Ungleichbehandlung derjenigen Beitragszahler, bei denen der Beitragsgläubiger auch seit dem 01.01.2005 zuständig geblieben ist und Abwasserbeiträge erhebt, mit denjenigen Beitragszahlern, bei denen der zuständige und Abwasserbeiträge erhebende Aufgabenträger vor dem 01.01.2005 gewechselt hat, beruht auf der vielfach bei einem Wechsel des Aufgabenträgers von den beteiligten Körperschaften nicht genügend beachteten Verpflichtung, eine Doppelbelastung der Beitragspflichtigen durch den Wechsel des Aufgabenträgers zu verhindern: Eine Doppelbelastung der Beitragszahler kann nicht nur dadurch entstehen, dass der Einrichtungsträger das Finanzierungssystem für seine Abwasserentsorgungseinrichtung von einer gemischten Beitrags- und Gebührenfinanzierung auf eine reine Gebühren- oder Entgeltfinanzierung umstellt (hierzu bereits die voranstehenden Ausführungen), sondern auch dadurch, dass ein Aufgabenträger zunächst eine eigene öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung betrieben und zu deren Finanzierung Abwasserbeiträge erhoben oder abgelöst hat und danach die Aufgabe der Abwasserbeseitigung auf einen anderen Aufgabenträger überträgt (z. B. durch den Beitritt zu einem Zweckverband). Dieser neue Aufgabenträger ist grundsätzlich nicht gehindert, nach seinem maßgeblichen Satzungsrecht von allen Grundstücken im Bereich seiner öffentlichen Einrichtung Gebühren und/oder Beiträge zu erheben, auch wenn bestimmte Teile der Einrichtung bereits zuvor über Beiträge finanziert wurden. Denn die Einrichtung des neuen Einrichtungsträgers ist regelmäßig nicht identisch mit derjenigen des früheren Einrichtungsträgers (vgl. hierzu das Senatsurteil vom 21.06.2006 - 4 N 574/98 -KStZ 2006, 212 ff.; so auch BayVGH, Urteil vom 29.06.2006 - 23 N 05.3090 -). Allerdings sind unabhängig von den zum 01.01.2005 in Kraft getretenen Neuregelungen im Abwasserbeitragsrecht bei jeder Art eines Trägerwechsels der öffentlichen Einrichtung die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen und Doppelbelastungen der Beitragszahler zu vermeiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Anforderungen des Gleichheitssatzes und des Äquivalenzprinzips an die Erhebung kommunaler Beiträge auch dann zu beachten, wenn eine gemeindliche Entwässerungseinrichtung auf einen kommunalen Abwasserverband übergeht, ohne dass der neue Einrichtungsträger Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolger der Gemeinde wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.03.2007 - 10 BN 5.06 - und vorgehend BayVGH, Urteil vom 29.06.2006 - 23 N 05.3090 - zitiert nach Juris). Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben kann jedoch auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen werden. So ist der neue Aufgabenträger und Satzungsgeber nach dem Trägerwechsel nicht verpflichtet, unterschiedliche Beitragssätze für Alt- und Neuanschließer festzulegen. Der gebotene Belastungsausgleich kann vielmehr auch im Rahmen des Heranziehungsverfahrens (z. B. durch Erlass oder Teilerlass) bewirkt werden, wenn von Differenzierungen der Beitragsregelungen aus Gründen kaum zu bewältigender Regelungskomplexität Abstand genommen wird (hierzu BVerwG, Beschluss vom 22.03.2007 - 10 BN 5.06 - und Urteil vom 16.09.1981 - 8 C 48.81 - a. a. O.). Die Vermeidung einer Doppelbelastung kann aber beispielsweise auch auf die Weise geschehen, dass der frühere Aufgabenträger die von ihm vor dem Trägerwechsel erhobenen und noch nicht verbrauchten Beiträge zurückzahlt oder der neue Aufgabenträger sich - wie offenbar der Antragsteller - zu einer Verrechnung der früher erhobenen Beiträge mit den von ihm künftig zu erhebenden Beiträgen bereit erklärt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.03.2007 - 10 BN 5.06 - und BayVGH, Urteil vom 29.06.2006 - 23 N 05.3090 - m. w. Nw.). Ob ein durch einen Aufgabenträgerwechsel gebotener Ausgleich letztlich im erforderlichen Umfang gewährleistet wurde, berührt jedoch nicht die Reichweite des Anwendungsbereichs der Übergangsbestimmung des § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005.

Demzufolge ist der Antragsteller jedenfalls auf der Grundlage des § 21a Abs. 4 ThürKAG 2005 nur rückzahlungspflichtig für die von ihm selbst für seine öffentliche Entwässerungseinrichtung erhobenen Abwasserbeiträge. Ob und in welchem Umfang der Antragsteller seit seiner Gründung zum 01.01.2003 und vor dem 01.01.2005 Abwasserbeiträge auf der Grundlage seines damaligen Satzungsrechts (vgl. die BS-EWS vom 14.08.2003) erhoben hat und ob die bei ihm eingegangenen Rückzahlungsanträge sich auf diese Beitragszahlungen beziehen, ist offenbar von der Aufsichtsbehörde nicht ermittelt worden und erschließt sich dem Senat aus dem Akteninhalt nicht. Vielmehr gehen offenbar beide Beteiligte davon aus, dass sich die Rückzahlungsanträge im Wesentlichen auf Beitragszahlungen beziehen, die die Mitgliedsgemeinden des Antragstellers bzw. der in Abwicklung befindliche Abwasserzweckverband für ihre vor dem 01.01.2005 betriebenen öffentlichen Einrichtungen erhoben haben. Unter diesen Voraussetzungen vermag der Senat kein besonderes Eilbedürfnis zu erkennen, das die Anordnung der sofortigen Vollziehung der aufsichtsbehördlichen Aufforderung zu Ziffer 2. des Bescheides rechtfertigen könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. § 5 ZPO. Der Senat bemisst den Wert für eine kommunalaufsichtliche Streitigkeit im Hauptsacheverfahren in Anlehnung an den "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" mit 15.000,-- € (vgl. Abschnitt II, Ziffer 22.5 des Streitwertkataloges in der Fassung 7/2004: NVwZ 2004, 1327 ff.; hierzu auch der Senatsbeschluss vom 15.02.2005 - 4 VO 668/03 -). Dieser Wert wird im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Hälfte reduziert (Abschnitt II, Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges in der Fassung 7/2004).

Ende der Entscheidung

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