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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.06.2009
Aktenzeichen: 4 EO 109/06
Rechtsgebiete: FStrG, ThürKAG, ThürStrG, ThürVwVfG, ThürWG


Vorschriften:

FStrG § 5
ThürKAG § 2 Abs. 6
ThürKAG § 12 Abs. 1
ThürStrG § 23 Abs. 5
ThürVwVfG § 54
ThürVwVfG § 56
ThürVwVfG § 59
ThürWG § 57
ThürWG § 58
1. Ein Vertrag zwischen dem Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße und einem kommunalen Abwasserzweckverband, der nach dem Muster der Ortsdurchfahrtenrichtlinie (ODR) die Mitbenutzung des zur Einrichtung des Zweckverbands gehörenden Kanals zur Straßenentwässerung regelt, bewirkt die Übertragung der Teilaufgabe der Straßenentwässerung vom originären Träger der Straßenbaulast auf den Abwasserzweckverband.

2. Soweit der Abwasserzweckverband sich in diesem Vertrag unwiderruflich verpflichtet, das Straßenwasser dauernd und unentgeltlich aufzunehmen und schadlos zu beseitigen, handelt es sich dabei nicht um einen Vertrag über Abgaben und insbesondere nicht um einen Gebührenverzicht; vielmehr ergibt sich diese Verpflichtung als rechtliche Konsequenz aus der Übernahme der Rechtsstellung des Trägers der Straßenbaulast für die Straßenentwässerung.

3. An die durch den Vertrag übernommenen Verpflichtungen zur Straßenentwässerung einschließlich der laufenden Unterhaltungspflichten ist kraft der durch den Vertrag bewirkten öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung der Entwässerungsanlage auch ein neuer kommunaler Einrichtungsträger gebunden, der nicht Rechtsnachfolger der Vertragspartei ist, der aber die Aufgabe der Abwasserbeseitigung übernommen und im Zusammenhang damit die öffentliche Sachherrschaft über die Entwässerungsanlage erlangt hat.

4. Die Gebührensatzung muss in ihren Bestimmungen über die Erhebung von Gebühren für die Straßenentwässerung mit hinreichender Deutlichkeit und zutreffend selbst klarstellen, dass Gebühren nicht erhoben werden, wenn die Voraussetzungen eines Gebührenausschlusses nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG vorliegen. Daran fehlt es, wenn die Satzung vorsieht, dass die Gebühr in dem Maße entfällt, in dem der Gebührenpflichtige nachweislich eine Kostenbeteiligung gezahlt hat, die den Anforderungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG genügt (Fortführung der Rechtsprechung im Senatsbeschluss vom 18.11.2008 - 4 EO 129/06 -).


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 109/06

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Benutzungsgebührenrechts,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert am 11. Juni 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 17. Januar 2006 - 4 E 6455/04 We - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstands wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 4.783,65 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller nimmt im Auftrag des Bundes die Aufgaben des Trägers der Straßenbaulast für die Bundesstraßen des Fernverkehrs im Gebiet des Freistaats Thüringen wahr. Er begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Vollziehung eines Gebührenbescheids des Antragsgegners vom 24. März 2004, mit dem er zur Zahlung von Entwässerungsgebühren für die Entwässerung der Ortsdurchfahrten der Bundesstraße B 80 in den Gemeinden Breitenbach, Breitenworbis, Kirchworbis und Worbis für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2003 herangezogen wird. Er macht geltend, er habe sich auf der Grundlage entsprechender Vereinbarungen gemäß Nr. 14 der Ortsdurchfahrtenrichtlinie an den Baukosten der Abwasseranlage beteiligt. Es sei vereinbart worden, dass darüber hinaus kein Entgelt zu zahlen ist.

Der Antragsgegner ist ein Wasser- und Abwasserzweckverband, zu dessen Mitgliedsgemeinden u. a. die Gemeinden Breitenbach, Breitenworbis, Kirchworbis und Worbis gehören. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 und § 19 der im Amtsblatt für den Landkreis Eichsfeld vom 4. November 2002 bekanntgemachten Verbandssatzung wurde dem Antragsgegner mit Wirkung zum 1. Januar 2003 u. a. die Aufgabe der Abwasserentsorgung übertragen. Nach § 5 der Verbandssatzung übernahm der Antragsgegner u. a. alle der öffentlichen Abwasserentsorgung dienenden bestehenden Anlagen und Einrichtungen des Abwasserzweckverbandes "Wipper-Ohne" und alle noch nicht auf diesen übertragenen Altanlagen der Verbandsgemeinden.

Der Antragsteller hat im erstinstanzlichen Verfahren schriftliche Vereinbarungen über seine Beteiligung an den Kosten der Herstellung bzw. Erneuerung der Entwässerungsanlagen in den Ortsdurchfahrten der B 80 in den Gemeinden Breitenbach, Breitenworbis, Kirchworbis und Worbis vorgelegt. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Vereinbarungen:

1. Die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Breitenbach ist Gegenstand eines Vertrages vom 11. Juni 1991/14. August 1991 zwischen dem Antragsteller und der Nordthüringischen Wasserversorgung und Abwasserbehandlung GmbH (NWA), Betriebsdirektion Worbis. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 dieses Vertrages beteiligt sich das Land an den Herstellungskosten für den Mischwasserkanal im Zuge des Ausbaus der B 80 innerhalb der Ortsdurchfahrt Breitenbach "nach den geltenden Richtlinien" mit einer Pauschale von 180 DM pro laufenden Meter. § 3 Abs. 2 des Vertrages sieht vor, dass mit dem einmaligen Kostenbeitrag sämtliche Forderungen der NWA an das Land abgegolten sind, die sich aus der Herstellung und Unterhaltung der Kanalisation, der betrieblichen Unterhaltung der Einlaufschächte einschließlich der Zuleitungen zum Kanal, dem Anschluss der Straßenentwässerung und der Einleitung des Straßenwassers ergeben. Im Gegenzug verpflichtete sich die NWA nach § 3 des Vertrages unwiderruflich, das anfallende Oberflächenwasser der B 80 dauernd und unentgeltlich in ihre Entwässerungsanlage aufzunehmen und schadlos abzuleiten. Auf der Grundlage dieses Vertrages berechnete die NWA dem Straßenbauamt unter dem 28. September 1992 eine Kostenbeteiligung in Höhe von 141.480 DM (786 m x 180 DM). Die Zahlung dieses Betrages wurde vom Straßenbauamt am 21. Dezember 1992 angewiesen.

2. Die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Worbis ist Gegenstand eines Vertrages vom 24./28. Juli 1992 zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne". Nach § 1 dieses Vertrages kommen das Land Thüringen und die Stadt Worbis überein, zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse die B 80/247 innerhalb der Ortsdurchfahrt Worbis als Gemeinschaftsmaßnahme umzugestalten. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 führen das Land, die Stadt und der Verband die Gemeinschaftsmaßnahme durch. § 3 Abs. 1 und 2 dieses Vertrages lauten:

(1) Der Verband erstellt die Entwässerungsanlagen auf seine Kosten. Da diese Entwässerungsanlagen (Mischwasserkanal) auch der Entwässerung der Fahrbahn dienen, beteiligt sich das Land an den Herstellungskosten nach den geltenden Richtlinien (z. Zt. 160,00 DM/lfdm Ortsdurchfahrt).

(2) Mit dem einmaligen Kostenbeitrag sind - unbeschadet der Nr. 14 Abs. 2 Satz 2 der Ortsdurchfahrtenrichtlinie (ODR) in der Fassung vom 24.02.1978 -sämtliche Forderungen des Verbandes an das Land abgegolten, die sich aus der Herstellung und Unterhaltung der Kanalisation, der betrieblichen Unterhaltung der Einlaufschächte einschließlich der Zuleitungen zum Kanal, dem Anschluss der Straßenentwässerung und der Einleitung des Straßenwassers ergeben. Soweit die Entwässerungsanlagen im Bereich der Grundflächen des Landes liegen oder verlegt werden, regeln sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten in Bezug auf diese Benutzung nach dem noch abzuschließenden Straßennutzungsvertrag. Der Verband verpflichtet sich unwiderruflich, das anfallende Oberflächenwasser der B 80 dauernd und unentgeltlich in seine Entwässerungsanlagen aufzunehmen und schadlos abzuleiten.

Absatz 3 enthält nähere Regelungen über Zahlung, Abschlagszahlung und endgültige Ermittlung des Beteiligungsbetrages. Nach Absatz 4 obliegt die Unterhaltung der gesamten Entwässerungsanlage innerhalb der Ortsdurchfahrt, mit Ausnahme der vor den Hochborden liegenden Straßenabläufe, dem Zweckverband. Unterschrieben ist der Vertrag durch den Verbandsvorsteher und den Leiter des Straßenbauamtes Leinefelde. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung stellte der Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" dem Straßenbauamt Leinefelde mit Rechnung Nr. A 100/94 unter dem 22. September 1994 eine Kostenbeteiligung in Höhe von 74.736 DM (467,10 m x 160 DM) in Rechnung. Die Zahlung dieses Betrages wurde am 20. Oktober 1994 angewiesen.

3. Die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Breitenworbis ist Gegenstand eines Vertrages vom 24./25. November 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Verwaltung der Bundesstraßen, endvertreten durch das Straßenbauamt Leinefelde, und der Gemeinde Breitenworbis. Abschnitt II dieses Vertrages trägt die Überschrift "Kostenverteilung" und enthält in § 3 Abs. 1 die Regelung, dass die Straßenbauverwaltung u. a. die Kosten für "den Zuschlag gemäß Ortsdurchfahrtenrichtlinien von 15,00 DM/lfdm für die erstmalige Herstellung von Hochborden" und "den Zuschlag gemäß Ortsdurchfahrtenrichtlinien von 160,- DM/lfdm für die Herstellung des Mischwasserentwässerungskanales" trägt. § 4 des Vertrages enthält unter der Überschrift "Oberflächenentwässerungsanlagen" in Abs. 1 folgende Regelung: "Die Fahrbahn, Radwege bzw. kombinierten Rad-/Gehwege werden über die Straßeneinläufe und Anschlussleitungen in den Mischwasserkanal des Abwasserzweckverbandes 'Wipper-Ohne' Niederorschel entwässert." Regelungen über die Kosten der Unterhaltung der Straßenentwässerung enthält dieser Vertrag nicht. Für die "anteilige Finanzierung des Kanalbaus in der B 80, Breitenworbis" stellte der Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" dem Straßenbauamt Leinefelde mit Rechnung Nr. A 43/95 unter dem 29. Dezember 1995 einen "Baukostenzuschuss" in Höhe von 244.792,- DM (1.529 m x 160 DM/m) in Rechnung. Diesen Betrag wies das Straßenbauamt am 24. Januar 1996 zur Auszahlung an den Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" an.

4. Die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Kirchworbis ist Gegenstand eines Vertrages vom 5./9. Oktober 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Freistaat Thüringen und endvertreten durch das Straßenbauamt Leinfelde, und der Gemeinde Kirchworbis. Die hier interessierenden Regelungen entsprechen den Regelungen im Vertrag mit der Gemeinde Breitenworbis. Für den "Ausbau der Ortsdurchfahrt Kirchworbis, Bundesstraße 80" stellte der Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" dem Straßenbauamt Leinefelde mit Rechnung Nr. A 117/94 unter dem 30. November 1994 einen "Baukostenzuschuss für die Straßenentwässerung" in Höhe von 148.640,00 DM (929 m x 160 DM/m) in Rechnung. Diesen Betrag wies das Straßenbauamt am 9. Januar 1995 zur Auszahlung an den Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" an.

Mit Gebührenbescheid vom 24. März 2004 (Aktenzeichen VR 40586) zog der Antragsgegner den Antragsteller für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 zu Entwässerungsgebühren in Höhe von insgesamt 19.134,61 € für die Ortsdurchfahrten der B 80 in den Gemeinden Breitenbach, Breitenworbis, Kirchworbis und Worbis heran. Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 1. April 2004, das beim Antragsgegner am 5. April 2004 eingegangen ist, Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 24. Juni 2004 beantragte er beim Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung des Gebührenbescheides. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 31. August 2004 ab.

Am 30. November 2004 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Weimar um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Mit Beschluss vom 17. Januar 2006 - 4 E 6455/04 We - hat das Verwaltungsgericht Weimar die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Gebührenbescheid vom 24. März 2004 (VR 40586) angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei zulässig. Der Freistaat Thüringen nehme gemäß Art. 90 Abs. 2 GG die dem Bund obliegende Aufgabe des Trägers der Straßenbaulast für die Bundesstraßen des Fernverkehrs im Wege der Bundesauftragsverwaltung wahr. Er sei deshalb als gesetzlicher Prozessstandschafter für den Bund sachlegitimiert und antragsbefugt. Der Antrag sei auch begründet. Bei der gebotenen summarischen Prüfung ergäben sich erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gebührenbescheides. Hinsichtlich der für die Entwässerung der Ortsdurchfahrten durch die Gemeinden Breitenbach und Worbis erhobenen Gebühren ergebe sich dies aller Voraussicht nach bereits aus den entgegenstehenden Vereinbarungen. Dabei begegne es bei summarischer Prüfung keinen Bedenken, dass sich der Antragsgegner die damals mit dem zuständigen Träger der Abwasserbeseitigung oder zumindest mit dessen offensichtlichem Einverständnis getroffenen Vereinbarungen entgegenhalten lassen müsse. In den Verträgen seien die Parteien darin übereingekommen, dass der Straßenbaulastträger für die Herstellung der Mischwasserkanalisation eine der Ortsdurchfahrtenrichtlinie entsprechende Kostenpauschale zahlt, im Gegenzug von allen weiteren Forderungen freigestellt wird und der für die Abwasserentsorgung zuständige Träger Oberflächenwasser künftig unentgeltlich aufnimmt und schadlos ableitet. Die dem Inhalt nach geschlossene Ablösevereinbarung sei in Form eines öffentlich-rechtlichen Austauschvertrages gemäß § 56 ThürVwVfG grundsätzlich möglich und stehe im Einklang mit dem Thüringer Kommunalabgabengesetz. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Verträge seien bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Im Übrigen habe sich der Antragsgegner auch nicht auf eine Nichtigkeit der Verträge berufen, sondern lediglich deren Verbindlichkeit ihm gegenüber in Abrede gestellt. Insoweit habe die Kammer allerdings keine Bedenken, dass der Antragsgegner an die von seinen Verbandsmitgliedern oder den für die Aufgabe der Abwasserbeseitigung früher zuständigen Trägern geschlossenen Verträge gebunden sei.

Auch soweit in den Vereinbarungen für die Ortsdurchfahrten in den Gemeinden Breitenworbis und Kirchworbis keine entsprechende Befreiung des Straßenbaulastträgers von Benutzungsgebühren und weiteren Forderungen vorgesehen sei, begegne die Erhebung von Entwässerungsgebühren erheblichen Bedenken. Aus § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG ergebe sich im Umkehrschluss, dass in den Fällen der ausreichenden Beteiligung nach § 23 Abs. 5 ThürStrG die Erhebung von Gebühren unzulässig ist. Dabei komme es nicht darauf an, dass § 23 Abs. 5 ThürStrG für die hier in Rede stehenden Bundesstraßen nicht gilt. Denn § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG enthalte keine gesetzestechnische Verweisung auf § 23 Abs. 5 ThürStrG und setze nicht dessen Anwendbarkeit voraus, sondern fordere nur eine Beteiligung des Trägers der Straßenbaulast entsprechend den Anforderungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG. Es komme danach nur darauf an, ob der Straßenbaulastträger sich an den Kosten der Entwässerungsanlage der Höhe nach in einem Umfang beteiligt hat, wie es der Bau einer eigenen Straßenentwässerungsanlage erfordert hätte. Durch die vorliegenden Auszahlungsanordnungen und durch den vom Antragsteller vorgelegten Auszug aus der Haushaltsliste sei ausreichend glaubhaft gemacht, dass sich der Straßenbaulastträger tatsächlich an den Kosten der Straßenentwässerung für die B 80 beteiligt hat. Dass diese Zahlungen nicht ausreichend i. S. d. § 23 Abs. 5 ThürStrG gewesen wären, habe der Antragsgegner nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere sei dazu auch das vom Antragsgegner vorgelegte Sachverständigengutachten nicht geeignet. Auch der sonstige Vortrag des Antragsgegners sei nicht geeignet, um auf höhere notwendige Kosten für die Herstellung einer eigenen Straßenentwässerungsanlage zu schließen. Die Kosten für die laufende Unterhaltung seien nicht erheblich für die nach § 23 Abs. 5 ThürStrG vorgesehene Kostenbeteiligung. Nach der Systematik des über § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG herangezogenen § 23 Abs. 5 ThürStrG beteilige sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten der Herstellung und der Erneuerung der vom jeweiligen Aufgabenträger der öffentlichen Abwasserbeseitigung eingerichteten Abwasseranlage, indem er die Kosten übernimmt, die den Kosten einer selbständigen Anlage für die Straßenentwässerung entsprechen. Damit werde zum einen die Gemeinschaftsanlage mitfinanziert. Der Unterschiedsbetrag zwischen den anteiligen tatsächlichen Kosten und den fiktiven Kosten für eine eigene Straßenentwässerungsanlage diene darüber hinaus der Abgeltung des Anteils des Straßenbaulastträgers an den laufenden Kosten für die Verwaltung, die Unterhaltung und den Betrieb der Entwässerungsanlage. Dem werde auf der anderen Seite dadurch Rechnung getragen, dass der Straßenbaulastträger für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage kein Entgelt mehr zu entrichten habe. Ob die Beteiligung der Straßenbaulastträger der Höhe nach den Anforderungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG entspreche, sei im Eilverfahren nicht aufzuklären. Diese Unaufklärbarkeit gehe zu Lasten des Antragsgegners, da es sich um eine den Gebührenanspruch begründende negative Tatbestandsvoraussetzung handele.

Dagegen wendet der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren ein, für die Ortsdurchfahrt Worbis habe der Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen eine Kostenbeteiligung nur für rund 460 laufende Meter bezahlt. Tatsächlich sei die Ortsdurchfahrt jedoch 627,50 m lang. Zumindest für die unbezahlten Teillängen müsse er zur Gebührenerhebung berechtigt bleiben. Doch auch für die in den Jahren 1994 und 1996 abgerechneten Teillängen habe der Antragsteller keine Kostenbeteiligung geleistet, die im Sinne des § 23 Abs. 5 ThürStrG als ausreichend anzuerkennen wäre. Das ergebe sich aus dem von ihm mit Schriftsatz vom 4. Februar 2005 vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. K . Danach würden sich die Kosten einer straßeneigenen Entwässerung einschließlich eines wegen der Verunreinigung des Niederschlagswassers erforderlichen Leichtflüssigkeitsabscheiders und einer Regenwasserrückhaltung auf 981.000,- DM belaufen. Die geleistete Kostenbeteiligung in Höhe von 74.736,- DM sei bei weitem nicht auskömmlich. Dabei sei zu bedenken, dass der Antragsteller sich bei der Errichtung einer straßeneigenen Entwässerungseinrichtung nicht darauf beschränken könne, nur in der Straße einen Kanal zu verlegen. Er müsse vielmehr eine Verbindung zum nächsten Vorfluter herstellen, um das Niederschlagswasser abzuleiten.

Soweit der Antragsteller für die Ortsdurchfahrt Breitenbach aufgrund eines Vertrages eine Pauschale von 180,- DM/m an die NWA gezahlt haben wolle, sei er, der Antragsgegner, nicht Rechtsnachfolger der NWA. Das Verwaltungsgericht lege nicht dar, aus welchem Rechtsgrund er an einer Vereinbarung der NWA gebunden sein sollte. Die NWA habe keine kommunale öffentliche Einrichtung betrieben, sondern sei eine Kapitalgesellschaft gewesen, die aus einer Umwandlung des ehemals volkseigenen Betriebs Wasserversorgung und Abwasserbehandlung entstanden war. Vor der Übertragung des Vermögens, welches der Abwasserbeseitigungsaufgabe dienen sollte, auf einen kommunalen Aufgabenträger habe es sich nicht um eine kommunale öffentliche Einrichtung gehandelt, sondern um einen Teilbereich staatlicher Versorgungsleistungen. Das gelte auch für die durch eine WAB GmbH errichteten Leitungssysteme. Erst der Rechtsakt der Übertragung des Betriebsvermögens auf einen kommunalen Aufgabenträger und die nachfolgende Widmung habe zur Entstehung einer neuen öffentlichen Einrichtung geführt. An dieser öffentlichen Einrichtung habe sich der Antragsteller finanziell überhaupt nicht beteiligt. Schon aus diesem Grunde könne es ihm nicht verwehrt sein, den Antragsteller zu Straßenentwässerungsgebühren heranzuziehen. Im Übrigen ergebe sich aus dem von ihm vorgelegten Sachverständigengutachten auch für die Ortsdurchfahrt Breitenbach, dass die gezahlte Kostenbeteiligung nur rund ein Zehntel der tatsächlichen Kosten abdecke. Schließlich habe sich die Vereinbarung mit der NWA nur auf eine Straßenlänge von 786 m bezogen, während der Gebührenbescheid sich auf eine Länge von 871 m beziehe.

Die Gemeinde Kirchworbis habe für die dortige Ortsdurchfahrt bei Vertragsschluss am 5./9. Oktober 1995 keine Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Abwasserentsorgung gehabt, weil sie Mitgliedsgemeinde des Abwasserzweckverbands "Wipper-Ohne" gewesen sei, dem sie die Abwasserbeseitigungsaufgabe übertragen hatte. Der von der unzuständigen Gemeinde geschlossene Vertrag könne keine Bindungswirkung gegenüber dem zuständigen Aufgabenträger entfalten. Auch der Umstand, dass dem Zweckverband eine Kostenbeteiligung in Höhe von 169,- DM/m tatsächlich zugeflossen sein sollte, ändere daran nichts. Denn der Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" habe zu keinem Zeitpunkt anerkannt, dass es sich dabei um eine auskömmliche Kostenbeteiligung im Sinne des § 23 Abs. 5 ThürStrG handelt. Da die Gemeinde Kirchworbis nicht berechtigt gewesen sei, Verträge zu Lasten Dritter abzuschließen, sei schon der Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" nicht an den damaligen Vertrag gebunden gewesen. Erst recht sei er, der Antragsgegner, der nicht Rechtsnachfolger des Abwasserzweckverbands "Wipper-Ohne" geworden sei, sondern auf einer originären Neugründung beruhe, nicht an den Vertrag gebunden. Auch durch die Rechnungsstellung vom 30. November 1994 habe der Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" weder den Vertrag zwischen der Bundesstraßenverwaltung und der Gemeinde Kirchworbis genehmigt, noch einen eigenen Vertrag abgeschlossen. Nach dem Text der Rechnung handele es sich ausdrücklich nur um einen "vorläufigen Baukostenzuschuss". Ferner betreffe die Rechnung vom 30. November 1994 nur eine 929 m lange Teilstrecke, während der Gebührenbescheid sich auf eine 1.157,50 m lange Strecke der Ortsdurchfahrt sowie auf Parkflächen und Bushaltestellen beziehe.

Auch für die Ortsdurchfahrt Breitenworbis gebe es keinen Vertrag, in dem eine Kostenbeteiligung analog § 23 Abs. 5 ThürStrG vereinbart worden wäre. Der seinerzeit zuständige Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" habe am 29. Dezember 1995 lediglich einen "vorläufigen Baukostenzuschuss" abgerechnet. Wenn auf der Rechnung das Wort "vorläufig" gestrichen wurde, sei dies nicht durch einen Mitarbeiter des Abwasserzweckverbands, sondern durch einen Mitarbeiter des Straßenbauamts Leinfelde geschehen. Die Rechnung beziehe sich ferner nur auf eine Teilstrecke von 1.529,95 m, während im Gebührenbescheid eine Länge von 1.998,52 m abgerechnet werde.

Schließlich verwahrt sich der Antragsgegner dagegen, dass er die Beweislast dafür tragen solle, dass die damals gezahlte Kostenbeteiligung von 168,- DM/m unzureichend gewesen sei, um eine straßeneigene Entwässerungseinrichtung zu bauen. Vielmehr müsse der Träger der Straßenbaulast, der sich auf eine Gebührenfreiheit nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG berufe, darlegen und beweisen, dass er ein ausreichendes Entgelt im Sinne des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG entrichtet hat. Diese Regelungssystematik und Beweislastverteilung werde durch § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG nicht abgeändert. Jedenfalls habe er den Nachweis, dass die Pauschale von 160,- DM/m nicht auskömmlich ist, schon dadurch geführt, dass er darauf hingewiesen und durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens belegt habe, dass das Abwasser einer Bundesstraße so stark verunreinigt ist, dass es nicht nur einer Ableitung, sondern auch einer Behandlung bedarf. Der Baukostenzuschuss habe sich dagegen ausschließlich auf den Kanal, nicht aber auf Abwasserbehandlungsanlagen wie Leichtflüssigkeitsabscheider bezogen.

Ergänzend hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 29. April 2009 dargelegt, er sei nicht Gesamtrechtsnachfolger des Abwasserzweckverbands "Wipper-Ohne" geworden. Es fehle an einem gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolgetatbestand. Der vom Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" abgeschlossene Vertrag sei aber auch nicht im Wege der Einzelrechtsnachfolge für ihn verbindlich geworden. Sofern er das Eigentum an einzelnen Kanälen erworben habe, beschränke sich die Rechtsnachfolge auf das Eigentum und erstrecke sich nicht auf schuldrechtliche Rechtspositionen, die mit diesem Eigentum verbunden sind. Es gelte der Grundsatz, dass Rechte und Pflichten nur zwischen den an einem Schuldverhältnis beteiligten Personen entstehen, nicht jedoch im Verhältnis zu einer Person, die von einem Vertragspartner das Eigentum an einem Gegenstand erwirbt. Solle eine Ausnahme von diesem allgemeinen Grundsatz gelten, müsse dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausdrücklich gesetzlich geregelt sein.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Nachprüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, verhelfen der Beschwerde jedoch in der Sache nicht zum Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Freistaat Thüringen für den vorliegenden Rechtsstreit aktivlegitimiert und antragsbefugt ist. Die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Bundes als Träger der Straßenbaulast für Bundesstraßen (§ 5 Abs. 1 Bundesfernstraßengesetz - FStrG -) obliegt im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung (Art. 90 Abs. 2, 85 GG) allein den Bundesländern, so dass die Bundesländer als die nach materiellem Recht berechtigten und verpflichteten Rechtsträger im gerichtlichen Verfahren im Wege der Prozessstandschaft für den Bund aktivlegitimiert und antragsbefugt sind (vgl. dazu den ausführlichen Senatsbeschluss vom 23. Februar 2009 - 4 EO 677/08 - m. w. N.).

2. Die Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegners vom 24. März 2004 angeordnet. Soweit es die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Worbis betrifft, ist die Erhebung von Straßenentwässerungsgebühren auf Grund des öffentlich-rechtlichen Vertrags vom 24./28. Juli 1992 zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne", der auch den Antragsgegner bindet, ausgeschlossen (a). Im Übrigen bestehen zwar Zweifel an einem wirksamen vertraglichen Ausschluss der Gebührenerhebung (b). Dennoch wird der Widerspruch des Antragstellers auch insoweit voraussichtlich Erfolg haben, weil der Gebührenbescheid nicht auf einer wirksamen Satzungsgrundlage beruht (c).

a) Soweit der angefochtene Entwässerungsgebührenbescheid die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Worbis betrifft, ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Rechtswidrigkeit des Bescheids ergebe sich aller Voraussicht nach bereits aus dem Vertrag vom 24./28. Juli 1992, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Einwand des Antragsgegners, er sei an die zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" geschlossene Vereinbarung über die Kostenbeteiligung nach Maßgabe der Ortsdurchfahrtenrichtlinie nicht gebunden, ist nicht begründet.

aa) Bei dem vom Antragsteller vorgelegten Vertrag vom 24./28. Juli 1992 betreffend die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Worbis handelt es sich um einen Vertrag zwischen dem Träger der Straßenbaulast und dem Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne", dem nach der Erkenntnislage im Beschwerdeverfahren zu dieser Zeit die Aufgabe der Abwasserbeseitigung übertragen war. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 1 dieses Vertrages. Darin wird lediglich die vom Freistaat Thüringen und der Gemeinde Worbis vereinbarte gemeinschaftliche Baumaßnahme der Umgestaltung der B 80 in der Gemeinde Worbis als der Gegenstand bezeichnet, auf den sich die folgenden Regelungen des Vertrages zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" beziehen.

bb) Wesentlicher Vertragsinhalt ist zunächst die Vereinbarung über die Mitbenutzung der vom Abwasserzweckverband herzustellenden Entwässerungsanlage (Mischwasserkanal) zur Straßenentwässerung der Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Worbis.

In der Sache stellt sich diese Mitbenutzungsregelung als Übertragung einer Teilaufgabe des Trägers der Straßenbaulast auf den Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" dar: Die Straßenbaulast des Bundes für die Bundesfernstraßen (§ 5 Abs. 1 FStrG) umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben (§ 3 Abs. 1 Satz 1 FStrG). Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern (§ 3 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Für die baulichen Anforderungen an die Straße einschließlich der Erfordernisse eines schnellen Abflusses des Oberflächenwassers von der Fahrbahn und der Entwässerung des Straßenkörpers ist damit der Träger der Straßenbaulast verantwortlich. Die Straßenentwässerung dient dem Zweck, eine möglichst gefahrlose Benutzung der Straße zu gewährleisten. Die Anforderungen des Verkehrsbedürfnisses an den Zustand der Straße bestimmen Art und Reichweite der Entwässerungsaufgabe des Trägers der Straßenbaulast.

Diese Aufgabe des Trägers der Straßenbaulast überschneidet sich teilweise mit der gesetzlichen Aufgabe des Abwasserzweckverbands zur Abwasserbeseitigung. Die Aufgaben des kommunalen Trägers der Entwässerungseinrichtung folgen in Thüringen nach heutiger Rechtslage aus §§ 57, 58 ThürWG. Danach obliegt die Abwasserbeseitigung den Gemeinden (§ 58 Abs. 1 Satz 1 ThürWG) bzw. einem Abwasserzweckverband, dem die Gemeinde diese Aufgabe übertragen hat (§ 58 Abs. 4 ThürWG). Die Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden umfasst auch die Beseitigung des Niederschlagswassers, das von öffentlichen Verkehrsflächen abfließt, soweit diese nicht im Außenbereich liegen. Das ergibt sich aus der gesetzlichen Definition des Abwasserbegriffs in § 57 Abs. 1 Satz 1 ThürWG und im Wege des Umkehrschlusses aus § 58 Abs. 2 Nr. 1 ThürWG, wonach die Pflicht der Gemeinden zur Abwasserbeseitigung entfällt für Niederschlagswasser, das von öffentlichen Verkehrsflächen im Außenbereich abfließt. Für die Beseitigung von Niederschlagswasser, das von der Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße abfließt, sind also nach geltendem Thüringer Landesrecht die Gemeinden zuständig. Für die Rechtslage bei Abschluss des Vertrages vom 24./28. Juli 1992 dürfte auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 der Vorläufigen Kommunalordnung für das Land Thüringen - VKO - (in der Fassung des Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR - Kommunalverfassung - vom 11. Juni 1992, GVBl. S. 219, in dieser Fassung neu bekanntgemacht in GVBl. 1992, S. 383) im Wesentlichen die gleiche Aufgabenzuständigkeit der Gemeinden und damit auch des Abwasserzweckverbands "Wipper-Ohne" für die Abwasserbeseitigung bestanden haben (vgl. die Begriffsbestimmungen für Abwasser in § 2 Abs. 1 der Abwassereinleitungsbedingungen vom 22. Dezember 1987, GBl. DDR I 1988, S. 27 zum teilweise als Landesrecht fortgeltenden Wassergesetz der DDR vom 2. Juli 1982, GBl. DDR I S. 467).

Die gesetzliche Aufgabe des Abwasserzweckverbands setzt aber erst mit der Überlassung des Abwassers jenseits des Straßenkörpers an.

Sie umfasst dagegen nicht die Aufnahme, Sammlung und Ableitung des Niederschlagswassers im Straßenkörper. Ohne vertragliche Vereinbarung würde also keine Aufgabenzuständigkeit des Abwasserzweckverbands für die Sammlung des Straßenoberflächenwassers in einem in der Straße verlegten Kanal bestehen.

Der Abwasserzweckverband kann jedoch vertraglich zu dieser Aufgabe verpflichtet werden. Rechtsgrundlage für die Übertragung der Aufgabe der Straßenentwässerung auf den Abwasserzweckverband durch Vertrag ist § 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG. Nach dieser Vorschrift ist der Bund Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, "soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich rechtlichen Verpflichtungen obliegt." Zu den öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen im Sinne dieser Vorschrift gehören auch öffentlich rechtliche Verträge (Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz (FStrG), Kommentar, 5. Aufl. 1998, § 5 Rn 4). Dabei ist nicht nur eine vollständige Übertragung der Straßenbaulast zulässig, sondern auch eine Übertragung der Straßenbaulast für einzelne Teilaufgaben oder Anlagen wie Gehwege, Brücken oder Bahnübergänge.

Der Vertrag vom 24./28. Juli 1992 enthält bei der gebotenen Auslegung nach dem erkennbaren Regelungswillen der Vertragsparteien die Übertragung der Teilaufgabe der Straßenentwässerung auf den Abwasserzweckverband und nicht lediglich eine Gestaltung, bei der die Aufgabe der Straßenentwässerung insgesamt oder subsidiär beim Träger der Straßenbaulast verbleiben würde. Wenn die Straßenbaulast einem Dritten durch besondere Titel des öffentlichen Rechts auferlegt worden ist, fällt insoweit die Pflicht des ordentlichen Straßenbaulastträgers fort (Marschall/Schroeter/Kastner, a. a. O., Rn 6 m. w. N.). Auch eine subsidiäre Straßenunterhaltungspflicht des regulären Straßenbaulastträgers besteht nicht. Vielmehr tritt der Dritte im entsprechenden Umfang an die Stelle des ordentlichen Trägers der Straßenbaulast, der in demselben Umfang von der Straßenbaulast frei wird (Marschall/Schroeter/Kastner, a. a. O., Rn 6). Das entspricht auch dem, was die Vertragsparteien hier erkennbar gewollt haben. Die Mitbenutzungsvereinbarung ist als eine dauerhafte Regelung ausgestaltet. Deutlich wird das insbesondere daran, dass der Verband sich "unwiderruflich" verpflichtet, das anfallende Oberflächenwasser der B 80 dauernd und unentgeltlich in seine Entwässerungsanlagen aufzunehmen und schadlos abzuleiten. Der vom Abwasserzweckverband herzustellende Kanal soll damit auf die Dauer seiner Nutzungszeit die Sammlung und Ableitung des Niederschlagswassers im Straßenkörper gewährleisten. Darüber hinaus wird im Vertrag aber auch ausdrücklich klargestellt, dass der Abwasserzweckverband die laufende Unterhaltung der Entwässerungsanlage übernimmt, und zwar einschließlich der Einlaufschächte und der Zuleitungen zum Kanal, dem Anschluss der Straßenentwässerung und der Einleitung des Straßenwassers (§ 3 Abs. 2 und 4 des Vertrages). Dem Antragsteller als Träger der Straßenbaulast verbleiben insoweit keine Verpflichtungen mehr, seien es auch nur Kontrollpflichten oder subsidiäre Einstandspflichten.

Bei dieser Vertragsgestaltung kann auch nicht angenommen werden, dass der Antragsteller Aufgabenträger der Straßenentwässerung bleiben sollte und der Abwasserzweckverband lediglich als Erfüllungsgehilfe bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe eingeschaltet werden sollte (zu dieser Unterscheidung eingehend Senatsurteil vom 29. September 2008 - 4 KO 1313/05 -, S. 17 ff. des amtlichen Umdrucks).

cc) Im Zusammenhang damit regelt der Vertrag vom 24./28. Juli 1992 mit der Kostenbeteiligung in § 3 Abs. 2 und 3 die Gegenleistung des Trägers der Straßenbaulast für die Übernahme der Teilaufgabe der Straßenentwässerung durch den Abwasserzweckverband. Diese vertragliche Regelung entspricht dem Regelungsmodell, das die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen (Ortsdurchfahrtenrichtlinie - ODR -, Anlage zum Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau Nr. 1/1976 vom 2. Januar 1976, VkBl 1976, 219, 220 ff.; die aktuelle Fassung der ODR ist veröffentlicht als Verkehrsblatt-Dokument Nr. B 6301 - Vers. 08/08 - in einem Sonderband zu Heft 17/2008 des Verkehrsblattes; s. dazu auch das Allgemeine Rundschreiben Straßenbau Nr. 14/2008, VkBl. 2008, 459; zur Umsetzung der ODR in Thüringen z. B. Rundschreiben Straßenbau/Ortsdurchfahrten Nr. 1/1996 des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur vom 16. September 1996, ThürStAnz 1996, S. 1873 f.) mit verwaltungsinterner Bindungswirkung für die Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen vorsehen (Nr. 14). Der Senat hat sich zu Regelungszweck und Systematik der Kostenbeteiligung nach der ODR bereits eingehend in seinem Beschluss vom 18. November 2008 - 4 EO 129/06 - (veröffentlicht im Internet unter www.thovg.thueringen.de) geäußert. Gegenstand dieses Beschlusses war zwar die Erhebung einer Entwässerungsgebühr für Ortsdurchfahrten von Landesstraßen, für die - anders als für die hier betroffenen Bundesstraßen (§ 1 Satz 2 ThürStrG) - die landesrechtliche Regelung des § 23 Abs. 5 ThürStrG gilt. Der Senat hat aber im Rahmen seiner Auslegung des § 23 Abs. 5 ThürStrG maßgeblich auch auf Regelungszweck und Systematik der Beteiligungsregelung in Nr. 14 ODR abgestellt, weil der Gesetzgeber des § 23 Abs. 5 ThürStrG ausdrücklich die Kostenbeteiligung der Straßenbauverwaltung bei Mitbenutzung nicht straßeneigener Abwasseranlagen "entsprechend der bisherigen Praxis in den alten Bundesländern" regeln wollte, die wiederum den Vorgaben der ODR folgt (Senatsbeschluss vom 18. November 2008 - 4 EO 129/06 -, S. 7 des amtl. Umdrucks mit Hinweis auf LT-Drucks. 1/1739).

Zu Regelungszweck und Systematik des Beteiligungsmodells der ODR und des § 23 Abs. 5 ThürStrG hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt (S. 5 ff. des amtlichen Umdrucks):

Zweck der Regelung über die Kostenbeteiligung ist es, dem Träger der Straßenbaulast einen vereinfachten und pauschalierenden Ausgleich für die Mitbenutzung der Anlage eines kommunalen Einrichtungsträgers zur Straßenentwässerung zur Verfügung zu stellen, der alle Kosten der Mitbenutzung einschließlich der laufenden Unterhaltungskosten während der Nutzungsdauer der Anlage im Voraus abdeckt und daher auch jede spätere Gebührenerhebung für die Mitbenutzung der betreffenden Anlage auf die Dauer ihrer Nutzungszeit ausschließt. Die Höhe der Kostenbeteiligung richtet sich - bei § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG in gleicher Weise wie bei Nr. 14 ODR - nach den Kosten, die dem Träger der Straßenbaulast entstehen würden, wenn er selbst eine straßeneigene Entwässerungsanlage herstellen würde. Diesem Modell der Kostenbeteiligung des Trägers der Straßenbaulast liegt erkennbar die Erwägung zugrunde, dass die vollen Kosten einer eigenen Straßenentwässerung erheblich höher liegen als die auf die Straßenentwässerung entfallenden anteiligen Investitionskosten für die Herstellung oder Erneuerung der zur Straßenentwässerung mitbenutzten kommunalen Entwässerungsanlage. Die Kostenbeteiligung enthält damit einen die anteiligen investiven Kosten übersteigenden Teilbetrag, der dazu bestimmt ist, den Anteil der Straßenentwässerung an den Kosten der laufenden Unterhaltung aller zur Straßenentwässerung dienenden Anlagen der kommunalen Entwässerungseinrichtung abzudecken.

dd) Auch soweit im Vertrag vom 24./28. Juli 1992 geregelt wird, dass mit dem einmaligen Kostenbeitrag sämtliche Forderungen des Verbands an das Land abgegolten sind, die sich aus der Herstellung und Unterhaltung der Kanalisation ergeben, und dass der Verband sich unwiderruflich verpflichtet, das anfallende Oberflächenwasser der B 80 dauernd und unentgeltlich in seine Entwässerungsanlagen aufzunehmen und schadlos abzuleiten, steht diese Regelung im systematischen Zusammenhang mit der Übertragung der Aufgabe der Straßenentwässerung auf den Abwasserzweckverband. Die Verpflichtung des Abwasserzweckverbands zur unentgeltlichen Aufnahme und Beseitigung des Straßenwassers der B 80 einschließlich der damit einhergehenden Unterhaltungslasten ist eine zwingende Folge des vertraglich vereinbarten Übergangs der Aufgabe der Straßenentwässerung. Der Abwasserzweckverband tritt kraft vertraglicher Aufgabenübernahme an die Stelle des Antragstellers. Für die Straßenentwässerung ist er nunmehr selbst Träger der Straßenbaulast und erfüllt eine eigene Aufgabe. Er leitet also "sein" Straßenwasser in seine eigene (hier: künftige) Entwässerungseinrichtung ein. Deshalb fehlt es an einem Einleitungstatbestand, an den eine Heranziehung des Antragstellers zu Entwässerungsgebühren anknüpfen könnte (ebenso Köster, NWVBl. 2005, 451 ff., 454). Die vertragliche Übertragung eines Teils der Straßenbaulast lässt somit die Erhebung von Entwässerungsgebühren gegenüber dem originären Straßenbaulastträger entfallen.

ee) Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Vertrages vom 24./28. Juli 1992 sind nicht ersichtlich.

Für die Frage der Nichtigkeit des Vertrages zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" vom 24./28. Juli 1992 ist, auch soweit es auf der Seite des Antragstellers um Rechte und Pflichten des Bundes als Träger der Straßenbaulast für Bundesstraßen geht, nicht das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG), sondern das Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) maßgeblich (§ 1 Abs. 3 VwVfG).

Der Vertrag vom 24./28. Juli 1992 ist nicht gemäß § 59 Abs. 1 ThürVwVfG in entsprechender Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nichtig. Es ist weder ersichtlich, dass der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB verstoßen würde, noch sind Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit des Vertrages (§ 138 BGB) erkennbar. Insbesondere verletzt der Vertrag nicht § 2 Abs. 6 ThürKAG bzw. die im Wesentlichen übereinstimmenden Grenzen von Verträgen über Abgaben, die sich vor Einfügung des § 2 Abs. 6 ThürKAG aus den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung ergaben (vgl. Senatsbeschluss vom 21. August 2000 - 4 ZEO 1239/98 -, LKV 2001, 231 = ThürVGRspr. 2000, 144 = ThürVBl. 2001, 22). Die Verpflichtung zur dauernden und unentgeltlichen Aufnahme und schadlosen Ableitung des Oberflächenwassers der B 80 stellt in der oben vorgenommenen Auslegung des Vertragsinhalts als Übertragung einer Teilaufgabe des Trägers der Straßenbaulast vom Antragsteller auf den Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" keinen Vertrag über Abgaben im Sinne des § 2 Abs. 6 ThürKAG dar. Zum einen handelt es sich nicht um eine Gebührenvorauszahlung im Sinne der §§ 2 Abs. 6 Satz 1, 12 Abs. 7 ThürKAG (so aber Schulte-Wiesemann, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 352d; Köster, Beteiligung fremder Straßenbaulastträger an den Kosten von ihnen genutzter kommunaler Entwässerungseinrichtungen, NWVBl 2005, 451, 454). Der Vertrag sieht nicht vor, dass zu einem späteren Zeitpunkt noch eine endgültige Gebührenabrechnung erfolgen und die gezahlte Kostenbeteiligung mit der endgültig berechneten Gebühr verrechnet werden soll. Eine solche Abrede wäre auch mit dem vereinbarten Aufgabenübergang nicht vereinbar. Denn der vertraglich vereinbarte Übergang der Aufgabe der Straßenentwässerung vom Antragsteller als dem originären Träger der Straßenbaulast auf den Abwasserzweckverband entzieht einer Gebührenpflicht des Antragstellers insgesamt die Grundlage. Aus dem gleichen Grund handelt es sich auch nicht um die Vereinbarung eines kostendeckenden Entgeltes anstelle von Gebühren oder Beiträgen im Sinne des § 2 Abs. 6 Satz 2 ThürKAG.

Eine Nichtigkeit des Vertrages vom 24./28. Juli 1992 ergibt sich auch nicht aus den Nichtigkeitsgründen des § 59 Abs. 2 ThürVwVfG. Diese Vorschrift gilt nur für subordinationsrechtliche Verträge im Sinne des § 54 Satz 2 ThürVwVfG. Der Vertrag zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" vom 24./28. Juli 1992 ist aber ein koordinationsrechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Abs. 1 ThürVwVfG.

Wie oben bereits dargelegt, stellt sich der Gegenstand des Vertrages als Übertragung der Aufgabe der Straßenentwässerung für die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Worbis vom Antragsteller als dem originären Träger der Straßenbaulast auf den Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" dar. Das gilt auch für die unwiderrufliche Verpflichtung des Abwasserzweckverbands zur dauernden und unentgeltlichen Aufnahme und Ableitung des Straßenwassers (s. oben unter dd). Die Vertragsparteien stehen sich bei der Regelung dieses Gegenstandes im Verhältnis der Gleichordnung gegenüber. Keine der Vertragsparteien ist ermächtigt, einseitig und für die andere Vertragspartei verbindlich über diesen Vertragsgegenstand zu entscheiden. Das gilt hier insbesondere auch für die Vereinbarung der Kostenbeteiligung, die sich als finanzieller Ausgleich für die Aufgabenübernahme und nicht als Abgabenverzicht darstellt.

Damit scheidet auch eine Nichtigkeit des Vertrages aus dem Nichtigkeitsgrund des § 59 Abs. 2 Nr. 4 ThürVwVfG aus, wonach ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 nichtig ist, wenn sich die Behörde eine nach § 56 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung, wie sie § 56 ThürVwVfG bei subordinationsrechtlichen Verträgen gebietet, findet bei koordinationsrechtlichen Verträgen grundsätzlich nicht statt. Im Hinblick darauf dürften die Einwände des Antragsgegners gegen die "Auskömmlichkeit" der vereinbarten Kostenbeteiligung in Höhe der Pauschalen nach der ODR auch im Hauptsacheverfahren kaum Aussicht auf Erfolg haben, gleichgültig ob die Angemessenheit der Kostenbeteiligung zur Deckung der Kosten einer eigenen Straßenentwässerung oder zur Deckung der anteiligen Unterhaltungskosten des Zweckverbands für seine eigene Entwässerungseinrichtung in Rede steht. Im Hinblick auf das Gleichordnungsverhältnis der Vertragsparteien und die damit zu unterstellende grundsätzliche "Waffengleichheit" muss sich ein Abwasserverband, der sich vertraglich auf eine Kostenbeteiligung in Höhe der Pauschalen nach der ODR eingelassen hat, auch daran festhalten lassen, wenn er später zu der Auffassung gelangt, dass die Pauschalen für ihn nicht auskömmlich sind.

Eine objektive Unangemessenheit des Leistungs- und Gegenleistungsverhältnisses zwischen Aufgabenübertragung und Kostenbeteiligung könnte danach erst dann eine Nichtigkeit des Vertrages zur Folge haben, wenn ein derart krasses Missverhältnis vorliegt, dass die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten ist. Das wird sich angesichts des Verfahrens bei der Festlegung der ODR-Pauschalen nach Auffassung des Senats kaum darlegen lassen. Die Pauschalen nach der ODR sind vom Bundesministerium für Verkehr zusammen mit den Straßenbauverwaltungen der Länder unter Beteiligung der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände festgelegt worden; sie werden inzwischen in regelmäßigen Abständen u. a. anhand der Entwicklung der Baupreise überprüft. Es handelt sich nicht um beliebig gegriffene Beträge, sondern um Schätzwerte, denen Analysen der Bundesländer über tatsächliche und fiktive Kosten zugrunde liegen (vgl. dazu das Rundschreiben Straßenbau/Ortsdurchfahrten Nr. 1/1996 des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur vom 16. September 1996, ThürStAnz 1996, S. 1873). Zwar ist nicht auszuschließen, dass die Pauschalen im Einzelfall unzureichend sein können. Nach Nr. 14 Abs. 6 der aktuellen Fassung der ODR kann deshalb außer den Pauschalbeträgen zur Berücksichtigung besonderer Verhältnisse vor Ort ein nach Lage des Einzelfalls jeweils zu ermittelnder Zuschlag für außergewöhnliche Aufwendungen vereinbart werden, z. B. bei schwierigen Untergrundverhältnissen, größeren Rohrdurchmessern, längeren Rohrleitungen, Errichtung von Pumpstationen oder dem Bau von Regenrückhaltebecken. Grundsätzlich bleibt es aber Sache der Vertragsparteien, solche besonderen Umstände im Rahmen der Vertragsverhandlungen geltend zu machen. Im Übrigen ist aber die Orientierung der vertraglich vereinbarten Kostenbeteiligung an fachkundig begründeten und bundesweit einheitlich festgelegten Pauschalen aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt: Sie vermeidet aufwändige Ermittlungen der konkreten Kosten in jedem Einzelfall. Außerdem dient sie dazu, zwischen den Vertragsparteien die Ungewissheit über die richtige Höhe der Kostenbeteiligung zu beseitigen, die selbst durch eine konkrete Kostenermittlung im Hinblick auf prognostische Risiken und die Anfechtbarkeit fachlicher Annahmen nicht beseitigt werden könnte (vgl. dazu im rechtlichen Zusammenhang des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG und des § 55 ThürVwVfG den Senatsbeschluss vom 18. November 2008 - 4 EO 129/06 -, S. 10 f. des amtlichen Umdrucks).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Nichtigkeit des Vertrages vom 24./28. Juli 1992 auch nicht mit dem Argument begründet werden könnte, dass die vereinbarte Kostenbeteiligung wegen inzwischen eingetretener erheblicher Kostensteigerungen bei den laufenden Unterhaltskosten nicht mehr auskömmlich sei. Die Folgen von nach Vertragsschluss eingetretenen Änderungen der Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgeblich gewesen sind, sind in § 60 ThürVwVfG geregelt. Danach kommt unter der Voraussetzung der Unzumutbarkeit des Festhaltens an der ursprünglichen vertraglichen Regelung in erster Linie ein Anspruch auf Anpassung des Vertragsinhaltes an die geänderten Verhältnisse in Betracht. Nur wenn dies unmöglich oder unzumutbar ist, kann eine Kündigung des Vertrags erfolgen. Eine solche Anpassung in Gestalt einer "Nachrüstklausel" für den Fall, dass nachträglich Maßnahmen wegen erhöhter Umweltanforderungen erforderlich werden, ist im Übrigen auch seit 1996 in den Vereinbarungsmustern zu Nr. 14 Abs. 2 der ODR vorgesehen (§ 3 Abs. 3).

ff) Der zwischen dem Antragsteller und dem Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" geschlossene Vertrag vom 24./28. Juli 1992 schließt auch eine Heranziehung des Antragstellers zu Entwässerungsgebühren durch den Antragsgegner aus.

Kraft des Vertrages ist die Aufgabe der Straßenentwässerung für die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Worbis zunächst auf den Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" übergegangen. Dazu bedurfte es keiner weiteren Vollzugsakte. Insbesondere handelt es sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht lediglich um eine schuldrechtliche Vereinbarung, sondern um eine unmittelbare Gestaltungswirkung des Vertrages (zur Unterscheidung zwischen der vertraglichen Begründung einer bloßen Verpflichtung und der vertraglichen Begründung von unmittelbaren Rechtsänderungen und Gestaltungen im öffentlichen Recht in Anlehnung an die aus dem Zivilrecht geläufige Unterscheidung zwischen Verpflichtungsverträgen und Verfügungsverträgen Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl., § 14 Rn 14, S. 361). Auch Genehmigungserfordernisse oder andere Wirksamkeitsbedingungen für den Eintritt des Aufgabenübergangs sind nicht ersichtlich.

Mit der Auflösung des Zweckverbands "Wipper-Ohne" zum 31. Dezember 2002 und der Neugründung des Antragsgegners zum 1. Januar 2003 ist die gesetzliche Aufgabe des Trägers der Abwasserbeseitigung nach §§ 57, 58 ThürWG zunächst an die Mitgliedsgemeinden zurückgefallen und von diesen anschließend auf den Antragsgegner übertragen worden. Zugleich haben die Mitgliedsgemeinden dem Antragsgegner die öffentliche Sachherrschaft über die Entwässerungsanlagen übertragen, die zur Erfüllung dieser Aufgabe dienen. Dazu gehört auch der Kanal in der Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Worbis.

Als neuer Inhaber der öffentlichen Sachherrschaft über diesen Kanal ist auch der Antragsgegner an die öffentliche Zweckbestimmung zur Straßenentwässerung nach Maßgabe des Vertrags vom 24./28. Juni 1992 gebunden. Die Übernahme der Aufgabe der Straßenentwässerung durch den Abwasserzweckverband "Wipper-Ohne" wird durch eine öffentliche Zweckbestimmung des Kanals zur Straßenentwässerung abgesichert. Diese Zweckbestimmung ist nicht allein für die Vertragsparteien maßgeblich, sondern konstituiert öffentlich-rechtliche Bindungen mit dinglicher Wirkung, die im Sinne des Rechts der öffentlichen Sachen von einem Wechsel des Inhabers der öffentlichen Sachherrschaft unabhängig sind (vgl. zum Recht der öffentlichen Sachen Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Band 2, 6. Aufl. 2000, § 75, S. 677 ff., insbesondere S. 687 ff., 699; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, in Erichsen/Ehlers [Hrsg.], Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, S. 781 ff., 807 ff.).

Die auf dem Vertrag beruhende Zweckbestimmung des Kanals zur Straßenentwässerung ist von der Widmung des Kanals als Bestandteil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung eines konkreten Einrichtungsträgers zu unterscheiden. Sie hat rechtlich einen eigenständigen Geltungsgrund und ist nicht etwa von der Widmung des Kanals als Bestandteil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung abhängig. Sie ist deshalb hier auch nicht mit der Auflösung des Abwasserzweckverbands "Wipper-Ohne" untergegangen, sondern hat als öffentlich-rechtliche Eigenschaft des Kanals fortbestanden.

An diese öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung des Kanals zur Straßenentwässerung nach Maßgabe des Vertrages vom 24./28. Juni 1992 ist der Antragsgegner nach der Übernahme der öffentlichrechtlichen Sachherrschaft über den Kanal gebunden. Mit der Übernahme des Kanals ist der Antragsgegner kraft der dinglichen Wirkung der öffentlichen Zweckbestimmung des Kanals zur Straßenentwässerung in die Rechtsstellung des Trägers der Straßenbaulast für die Teilaufgabe der Straßenentwässerung eingetreten, und zwar in dem Umfang, der sich aus dem Vertrag ergibt. Im gleichen Umfang ist der Antragsteller weiterhin von seiner originären Straßenbaulast frei. Auch der Antragsgegner leitet demnach "sein" Straßenwasser in seine Entwässerungseinrichtung ein. Der Antragsteller kann dagegen mangels eines Einleitungstatbestandes auch vom Antragsgegner nicht zur Zahlung von Straßenentwässerungsgebühren herangezogen werden.

Diese rechtlichen Wirkungen des Vertrags waren auch von den Vertragsparteien gewollt. Die gesamte Konstruktion des Vertrages ist, wie oben unter bb) schon ausgeführt, darauf angelegt, die Mitbenutzung des Kanals zur Straßenentwässerung dauerhaft, d. h. für die gesamte Nutzungsdauer des Kanals zu gewährleisten. Insbesondere die Kostenbeteiligung durch einmalige Zahlung und die "unwiderrufliche" Verpflichtung des Abwasserzweckverbands zur "dauerhaften und unentgeltlichen" Aufnahme und Ableitung des Straßenwassers machen dies deutlich. Mit dem Regelungswillen der Vertragsparteien würde es offensichtlich nicht in Einklang stehen, wenn ein neuer kommunaler Einrichtungsträger weder die Übertragung eines Teils der Straßenbaulast noch die Vereinbarung über die Kostenbeteiligung für sich gelten lassen würde, den Träger der Straßenbaulast also von heute auf morgen darauf verweisen könnte, eine eigene Straßenentwässerung herzustellen oder sich auf Gebührenforderungen einzulassen.

Der Antragsgegner wendet gegen seine Bindung an den Vertrag unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein, es gelte der Grundsatz, dass Rechte und Pflichten nur zwischen den an einem Schuldverhältnis beteiligten Personen entstehen, nicht jedoch im Verhältnis zu einer Person, die von einem Vertragspartner das Eigentum an einem Gegenstand erwirbt, und Ausnahmen von diesem allgemeinen Grundsatz bedürften einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Dieser Einwand ist jedoch nicht stichhaltig. Er übersieht die oben dargelegten Besonderheiten des öffentlichen Sachenrechts.

gg) Soweit der Antragsgegner schließlich einwendet, der Antragsteller habe nur für einen Teil der im angefochtenen Bescheid veranlagten Straßenflächen eine Kostenbeteiligung nach der ODR vereinbart und gezahlt, wäre dieser Einwand zwar grundsätzlich beachtlich. Der Senat muss diesem Einwand jedoch nicht näher nachgehen. Denn aus den nachfolgend unter c) dargelegten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid auch insoweit als rechtswidrig, als es an einem wirksamen vertraglichen Ausschluss der Gebührenerhebung fehlen sollte.

b) Soweit der angefochtene Entwässerungsgebührenbescheid die Ortsdurchfahrten der B 80 in den Gemeinden Breitenworbis, Kirchworbis und Breitenbach betrifft, hat der Senat im Ergebnis der summarischen Prüfung Zweifel, ob die Gebührenerhebung vertraglich ausgeschlossen worden ist.

Die vom Antragsteller vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen mit den Gemeinden Breitenworbis und Kirchworbis enthalten keine Übernahme der Aufgabe der Straßenentwässerung durch den Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung. Denn an diesen Verträgen war der zuständige Träger der Abwasserbeseitigung, der Abwasserzweckverband "Wipper- Ohne", nicht beteiligt. Es handelt sich vielmehr um Verträge zwischen zwei Straßenbaulastträgern über die gemeinsame Maßnahme des grundhaften Ausbaus der B 80 in den jeweiligen Ortsdurchfahrten.

Soweit die Verträge die Bestimmungen enthalten, dass die Straßenbauverwaltung "den Zuschlag gemäß Ortsdurchfahrtenrichtlinien" in betragsmäßig bezifferter Höhe trägt, handelt es sich um eine Klarstellung der Pflicht zur Kostentragung im Verhältnis der Straßenbaulastträger untereinander. Folgerichtig enthalten die Verträge auch keine Regelung über die Verpflichtung des Abwasserzweckverbands zur dauerhaften und unentgeltlichen Aufnahme und schadlosen Ableitung des Oberflächenwassers der B 80, sondern lediglich eine Festlegung, dass die Straßenentwässerung in den Mischwasserkanal des Abwasserzweckverbandes "Wipper-Ohne" erfolgt.

Die Vereinbarung vom 11. Juni/14.August 1991 zwischen dem Freistaat Thüringen und der Nordthüringischen Wasserversorgung und Abwasserbehandlung GmbH (NWA) über die Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Breitenbach entspricht zwar dem Muster der ODR. Insbesondere enthält sie in § 3 die Verpflichtung der NWA, das anfallende Oberflächenwasser der B 80 dauernd und unentgeltlich in die Entwässerungsanlage der NWA aufzunehmen und schadlos abzuleiten. Allerdings wendet der Antragsteller insoweit zu recht ein, dass die NWA nicht der gesetzlich zuständige Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung und nicht Träger einer kommunalen Einrichtung gewesen sei. Die NWA konnte sich zwar vertraglich verpflichten, die Straßenentwässerung durchzuführen. Sie war aber nicht öffentlicher Aufgabenträger und konnte deshalb mangels öffentlich-rechtlicher Befugnisse nicht durch Vertrag zur Erfüllung der Aufgabe der Straßenentwässerung als Straßenbaulastträger verpflichtet werden, sondern allenfalls als Erfüllungsgehilfe. Mit dem notariellen Vertrag zur Übertragung des Anlagevermögens der NWA auf den für das Gebiet der Gemeinde Breitenbach zuständigen kommunalen Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung zum 1. Januar 1993 (vgl. dazu Blomenkamp in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand 40. ErgLfg., § 8 Rn 1415) könnten allerdings auch die Rechte und Pflichten aus dem zwischen dem Antragsteller und der NWA abgeschlossenen Vertrag vom 11. Juni/14. August 1991 über Mitbenutzung und Kostenbeteiligung bei der Ortsdurchfahrt der B 80 in der Gemeinde Breitenbach auf den gesetzlichen Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung übergegangen sein.

c) Für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren kommt es jedoch im Ergebnis nicht darauf an, ob die Gebührenerhebung auch für die Ortsdurchfahrten der B 80 in den Gemeinden Breitenworbis, Kirchworbis und Breitenbach vertraglich ausgeschlossen ist. Ebenso wenig bedarf es einer Klärung der strittigen Straßenflächen, für die eine Kostenbeteiligung vereinbart worden ist. Denn auch soweit ein Ausschluss der Gebührenerhebung durch Vertrag nicht eingreift, erweist sich der angefochtene Gebührenbescheid des Antragsgegners bereits aus anderen Gründen als rechtswidrig.

aa) Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, eine Gebührenerhebung sei auch bei Bundesstraßen unabhängig von einem wirksamen vertraglichen Gebührenausschluss nach § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG ausgeschlossen, sofern der Träger der Straßenbaulast sich tatsächlich an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung der Abwasseranlage der Höhe nach entsprechend den Anforderungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG beteiligt hat. Für Bundesstraßen gelten die Anforderungen des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG an die Kostenbeteiligung des Trägers der Straßenbaulast gerade nicht. Während § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG bei Landesstraßen nahtlos an die Systematik des § 23 Abs. 5 ThürStrG anschließt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 18. November 2008 - 4 EO 129/06 -, S. 8 des amtlichen Umdrucks), fehlt es bei Bundesstraßen an einer derartigen systematischen Anknüpfung. § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG regelt nicht selbst den Ausschluss der Gebührenerhebung, sondern knüpft lediglich im Sinne eines negativen Tatbestandselements an den durch § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG geregelten Gebührenausschluss an. Auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. 3/727, S. 16) zu § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 18. Juli 2000 (GVBl. S. 178) gibt nichts dafür her, dass § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG über den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 ThürStrG hinaus einen Gebührenausschluss bei der Entwässerung von Bundesstraßen habe regeln wollen. Bei Bundesstraßen kommt danach grundsätzlich nur ein Ausschluss der Gebührenerhebung durch einen wirksamen öffentlichrechtlichen Vertrag in Betracht, durch den die Aufgabe der Straßenentwässerung auf den kommunalen Träger übergeht.

bb) Der angefochtene Bescheid ist aber offensichtlich rechtswidrig, weil es an einer wirksamen satzungsrechtlichen Grundlage für die Erhebung von Straßenentwässerungsgebühren im hier maßgeblichen Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 fehlt.

Der angefochtene Bescheid legt für das gesamte Jahr 2003 einen Gebührensatz von 0,59 € pro qm und Jahr zugrunde und stützt sich damit offensichtlich auf § 4a Abs. 2 der Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (GS-EWS) in der Fassung der Bekanntmachung im Amtsblatt für den Landkreis Eichsfeld vom 29. September 2003. Diese Satzung ist nach deren § 13 am Tag nach der Bekanntmachung, also am 30. September 2003 in Kraft getreten. Mangels einer Rückwirkungsanordnung erfasst diese Satzung den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 29. September 2003 nicht.

Aber auch für den Zeitraum vom 30. September bis 31. Dezember 2003 enthält die am 29. September 2003 bekanntgemachte GS-EW S keine wirksame Satzungsgrundlage für die Heranziehung der Träger der Straßenbaulast zu Straßenentwässerungsgebühren. Zwar enthält die Satzung - anders als die Vorgängersatzung - in § 4a eine eigenständige Regelung der Einleitungsgebühr für Niederschlagswasser von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. § 4a hat folgenden Wortlaut:

(1) Die Vorschriften dieser Satzung gelten entsprechend für die Einleitung von Oberflächenwasser von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Die Einleitungsgebühr bemisst sich nach den gemäß § 4 ermittelten an die öffentlichen Entwässerungsanlagen angeschlossenen bebauten oder befestigten Flächen.

(2) Abweichend von § 4 Abs. 7 beträgt der Gebührensatz 0,59 € pro qm und Jahr.

(3) Abweichend von § 8 ist Gebührenschuldner der Träger der Straßenbaulast.

(4) Die Gebühr entfällt in dem Maße, in dem der Gebührenpflichtige nachweisen kann, dass er eine Beteiligung an den Herstellungs- und Erneuerungskosten der Abwasseranlage entrichtet hat, die den Anforderungen des § 23 Abs. 5 Thüringer Straßengesetz genügt.

Die in den Absätzen 3 und 4 getroffene Regelung über die Heranziehung der Träger der Straßenbaulast verstößt gegen § 23 Abs. 5 ThürStrG und ist deshalb unwirksam, mit der weiteren Folge, dass § 4a der GS-EWS insgesamt unwirksam ist.

Nach § 4a Abs. 3 ist der Träger der Straßenbaulast - uneingeschränkt - Gebührenschuldner für die nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 ermittelte Gebührenschuld. Eingeschränkt wird die Gebührenpflicht der Träger der Straßenbaulast in der Satzung nur nach Maßgabe des Absatzes 4. Diese Einschränkung verstößt jedoch gegen den gesetzlichen Gebührenausschluss in § 23 Abs. 5 ThürStrG. Wie der Senat bereits entschieden hat, führt § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG im Fall der Mitbenutzung und Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG stets zum vollständigen Ausschluss der Erhebung von Entwässerungsgebühren. Die Erhebung von Entwässerungsgebühren neben einer Kostenbeteiligung ist mit § 23 Abs. 5 ThürStrG nicht vereinbar. Das gilt auch dann, wenn die Kostenbeteiligung in der Höhe nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG genügt (Senatsbeschluss vom 18. November 2008 - 4 EO 129/06 -, S. 14 ff.). § 4a Abs. 4 der GS-EWS lässt aber gerade ein solches Nebeneinander von (unzureichender) Kostenbeteiligung und Gebühr zu, wobei die Formulierung ("entfällt in dem Maße") offen lässt, wie eine gezahlte Kostenbeteiligung bei der Gebührenerhebung zu berücksichtigen ist. Die Gebührensatzung muss in ihren Bestimmungen über die Erhebung von Gebühren für die Straßenentwässerung mit hinreichender Deutlichkeit und zutreffend selbst klarstellen, dass Gebühren nicht erhoben werden, wenn die Voraussetzungen eines Gebührenausschlusses nach § 23 Abs. 5 Satz 3 ThürStrG vorliegen.

Die Unwirksamkeit der Absätze 3 und 4 hat die Unwirksamkeit des § 4a insgesamt zur Folge. Eine gesonderte Regelung der Einleitungsgebühr für Niederschlagswasser von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, wie sie in § 4a Abs. 1 und 2 der Satzung enthalten ist, wäre für sich allein, ohne eine Regelung über die Gebührenschuld des Trägers der Straßenbaulast, die den Anforderungen des § 23 Abs. 5 ThürStrG entspricht, unvollständig und unwirksam.

Schließlich kann der angefochtene Gebührenbescheid voraussichtlich auch nicht teilweise auf der Grundlage der am 30. Dezember 2002 bekanntgemachten Vorgängersatzung aufrechterhalten werden. In dieser Satzung fehlt eine eigenständige Regelung über die Einleitungsgebühr für Niederschlagswasser von Straßen, Wegen und Plätzen, wie sie in § 4a der am 29. September 2003 bekanntgemachten Satzung enthalten ist. Die Satzungsbestimmung über den Gebührenschuldner in § 8 lautet:

(1) Gebührenschuldner ist, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld Eigentümer des Grundstücks oder ähnlich zur Nutzung des Grundstücks dinglich berechtigt ist. Gebührenschuldner ist auch der Inhaber eines auf dem Grundstück befindlichen Betriebes. Mehrere Gebührenschuldner sind Gesamtschuldner.

(2) Soweit Abgabenpflichtiger der Eigentümer oder Erbbauberechtigte eines Grundstücks ist und dieser nicht im Grundbuch eingetragen oder sonst die Eigentums- und Berechtigungslage ungeklärt ist, so ist derjenige beitragspflichtig, der im Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenpflicht der Besitzer des betroffenen Grundstücks ist.

Damit fehlt eine Bestimmung, nach der Gebührenschuldner für die Niederschlagsentwässerung von Straßen, Wegen und Plätzen der Träger der Straßenbaulast ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des für die Kostenberechnung maßgebenden Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004, BGBl I, 718). Dabei legt der Senat in Anlehnung an den "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (Fassung 7/2004: NVwZ 2004, 1327 ff.) im Abgabenrecht den Wert der im Rechtsmittelverfahren noch streitigen Abgabe (19.134,61 €) zu Grunde und ermäßigt diesen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf ein Viertel.

Hinweis:

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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