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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.02.2007
Aktenzeichen: 4 EO 432/03
Rechtsgebiete: ThürKAG, ThürBekVO


Vorschriften:

ThürKAG § 2 Abs. 2
ThürKAG § 7
ThürBekVO § 2 Abs. 2 S. 2
1. Die in § 2 Abs. 2 Satz 2 ThürBekVO geforderte deutliche Hervorhebung verlangt nicht, dass der amtlich bekannt gemachte Normtext andere Anzeigen, Inserate etc. optisch in Größe, Schriftbild oder farblicher Gestaltung übertreffen müsste und schon dadurch besonders hervorsticht.

2. Leidet eine Beitragssatzung an einem materiell-rechtlichen Mangel, weil eine einzelne Satzungsbestimmung inhaltlich gegen geltendes Recht verstößt, genügt es zur Heilung dieses Satzungsmangels in der Regel, dass die betreffende Satzungsregelung durch eine ordnungsgemäß beschlossene und wirksam in Kraft gesetzte Neuregelung ersetzt wird. Es ist grundsätzlich nicht erforderlich, eine im Übrigen rechtsfehlerfreie Ausgangssatzung insgesamt neu zu beschließen und zu veröffentlichen, sondern es können sowohl nichtige Satzungsvorschriften rückwirkend durch gültige Regelungen ersetzt werden als auch lückenhafte Regelungen ggf. rückwirkend vervollständigt werden.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 432/03 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausbaubeiträgen,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert am 15. Februar 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 10. April 2003 - 1 E 773/01.Me - geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Vorausleistungsbescheid der Antragsgegnerin vom 17.09.2001 wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens im ersten und zweiten Rechtszug hat der Antragsteller zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.048,85 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Vorausleistungsbescheid der Antragsgegnerin vom 17.09.2001 hat weder aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung noch aus den im Beschwerdeverfahren vom Antragsteller vorgetragenen Gründen Erfolg.

An der Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheides für den Ausbau der R____- in Suhl bestehen daher bei summarischer Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine ernstlichen Zweifel (vgl. zum Prüfungsumfang im einstweiligen Rechtsschutzverfahren den Senatsbeschluss vom 23.04.1998 - 4 ZEO 6/97 -, LKV 1999, S. 70 [71], m. w. Nw.).

1. Der Senat hat im Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass der Vorausleistungsbescheid aus den vom Verwaltungsgericht als tragend angesehenen Gründen in der Straßenausbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 24.10.1996 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 06.10.2000 - SAB 2000 - keine wirksame Rechtsgrundlage finden könne, weil diese nicht wirksam bekannt gemacht worden sei.

Das Verwaltungsgericht ist in der angegriffenen Entscheidung davon ausgegangen, dass sich die am 26.10.1996 veröffentlichte Ausgangsfassung der SAB der Antragsgegnerin vom 24.10.1996 als nichtig erweise, weil die Regelungen über die Beitragspflichtigen in §§ 1 und 9 SAB 1996 widersprüchlich seien und dieser Widerspruch nicht durch Auslegung zu beheben sei. Wegen der widersprüchlichen Regelungen fehle der Satzung ein notwendiger Mindestinhalt und die Beitragssatzung sei insgesamt unwirksam. Dieser Mangel sei auch - unabhängig davon, ob eine punktuelle Änderung der fehlerhaften Satzungsbestimmung überhaupt eine insgesamt nichtige Beitragssatzung heilen könne - nicht durch die Neuregelung des § 9 SAB in der 2. Änderungssatzung vom 06.10.2000 nachträglich geheilt worden. Denn die 2. Änderungssatzung sei nicht wirksam bekannt gemacht worden. Die Satzung sei bei ihrer Veröffentlichung in der Zeitung "Freies Wort" nicht entsprechend den zwingenden Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 ThürBekVO deutlich herausgehoben und von den anderen Teilen der Zeitung klar abgegrenzt worden. Eine ordnungsgemäße Bekanntmachung erfordere, dass sich der Satzungstext so deutlich von den auf den Zeitungsseiten ebenfalls vorhandenen Anzeigen (Todesanzeigen, Verkaufsanzeigen etc.) abhebe, dass er quasi ins Auge springe und nicht mit einer kommerziellen Anzeige verwechselt werden könne. Die Bekanntmachung der 2. Änderungssatzung zur SAB der Antragsgegnerin nehme neben den ebenfalls auf der Zeitungsseite abgedruckten Anzeigen jedoch nur einen untergeordneten Stellenwert ein. Die Verkaufs- und Traueranzeigen seien aufgrund ihrer Größe, Gestaltung (teilweise mit Grafiken) und der unterschiedlichen Schriftbilder wesentlich auffallender als die amtliche Bekanntmachung der Satzung. Diese sei optisch derart untergeordnet, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass sie übersehen werde. Auch finde keine deutliche Hervorhebung durch die Überschrift statt und es erfolge keine klare Abgrenzung des für die Bekanntmachungen bestimmten Teils der Zeitung von den anderen Teilen der Zeitung.

Diese Beurteilung vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevortrag der Antragsgegnerin nach den im Beschwerdeverfahren vorliegenden Satzungsunterlagen nicht zu teilen. Es spricht vielmehr vieles dafür, dass die Bekanntmachung der 2. Änderungssatzung im "Freien Wort" vom 07.10.2000 noch den Anforderungen an die Bekanntmachung in einer Zeitung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 ThürBekVO genügt und mithin wirksam ist.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 ThürBekVO muss der für die Bekanntmachung bestimmte Teil der Zeitung durch eine Überschrift erkennen lassen, dass dort öffentliche Bekanntmachungen erfolgen; er muss außerdem deutlich hervorgehoben und von den anderen Teilen der Zeitung klar abgegrenzt sein. Ebenso wie die Formanforderungen an die Bekanntmachung in einem Amtsblatt sind die landesrechtlichen Formvorschriften für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen in einer Zeitung seit In-Kraft-Treten der ThürBekVO am 01.11.1994 zwingend zu beachten (vgl. insoweit grundlegend zu den zwingenden Formanforderungen für die Bekanntmachung in einem Amtsblatt das Senatsurteil vom 01.10.2002 - 4 N 771/01 - ThürVGRspr. 2003, 129 = LKV 2003, 237). Die landesrechtlichen Regelungen in der Thüringer Kommunalordnung und in der ThürBekVO über die Formanforderungen an die öffentliche Bekanntmachung von kommunalen Satzungen sollen dem rechtsstaatlichen Publizitätsgebot Rechnung tragen, Rechtsnormen der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass sich die Betroffenen vom Inhalt verlässlich Kenntnis verschaffen können. Durch die Festlegung der Form der öffentlichen Bekanntmachung in der Hauptsatzung der kommunalen Körperschaft soll der Bürger zuverlässig auf das richtige Publikationsorgan geführt und Verwechslungen sollen praktisch ausgeschlossen werden können (hierzu der Senatsbeschluss vom 22.12.2003 - 4 EO 439/03 -). Daran anschließend dienen die Regelungen in § 2 Abs. 2 Satz 2 ThürBekVO dazu, den erlassenen Normtext in der zum Publikationsorgan bestimmten Zeitung ohne Erschwernisse auffinden zu können. Denn um der gebotenen Verlautbarungsfunktion zu genügen, muss die Bekanntmachung zum einen klar zum Ausdruck bringen, dass Gegenstand der Publikation eine Rechtsnorm ist. Zum anderen muss sie im Gegensatz zu einer bloß nachrichtlichen Information als amtliche Verlautbarung im Sinne eines zum Rechtsetzungsverfahren gehörigen Formalakts erkennbar sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2006 - 10 CN 3.05 - m. w. Nw.). Auf welche Weise die gebotene Hervorhebung und Abgrenzung der amtlichen Bekanntmachung in einer Zeitung im Einzelnen erfolgt, wird in § 2 Abs. 2 Satz 2 ThürBekVO nicht vorgegeben. Daher ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen, ob die Art und Weise der Bekanntmachung im konkreten Teil der Zeitung ausreicht, um den Text als amtliche Bekanntmachung einer Norm erkennen und neben den sonstigen Bekanntmachungen, Anzeigen und Inseraten auffinden zu können.

Die vorliegende Bekanntmachung hätte zwar auch nach Auffassung des Senats optisch noch deutlicher hervorgehoben werden können, um dem Leser - wie vom Verwaltungsgericht verlangt - quasi ins Auge zu springen. Letzteres ist jedoch nicht Voraussetzung, um den rechtlichen Anforderungen zu genügen: Nach § 15 Abs. 1 der am 20.07.1994 bekannt gemachten Hauptsatzung der Antragsgegnerin in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 15.10.1997 werden Satzungen durch Veröffentlichung unter der Rubrik "Suhler Amtsblatt" in dem für öffentliche Bekanntmachungen bestimmten Teil der Zeitung "Freies Wort", Ausgabe Suhl, öffentlich bekannt gemacht. Der Text der 2. Änderungssatzung zur SAB der Antragsgegnerin vom 06.10.2000 im "Freien Wort" vom 07.10.2000 wurde im Anschluss an die unter der Überschrift "Allgemeine Bekanntmachung" erfolgten Verlautbarungen unter einer im Fettdruck und durch Balken abgegrenzten Überschrift "Amtliche Bekanntmachung" veröffentlicht. Über dem Satzungstext verdeutlichte dabei die mit dem Suhler Stadtwappen versehene und in einem dunklen Balken hervorgehobene Überschrift "Suhler Amtsblatt" den Bezug zur Antragsgegnerin als der kommunalen Körperschaft, um deren amtliche Bekanntmachung es sich handelte. Damit wird den Anforderungen an eine deutliche Hervorhebung des bekanntgemachten Satzungstextes als öffentliche Bekanntmachung im Gegensatz zu den sonstigen Verlautbarungen hinreichend genügt. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Bekanntmachung des nur auf wenige Satzungsregelungen beschränkten Satzungstextes in ihrer gesamten Größe und im Schriftbild teilweise hinter der Größe der benachbarten Todes- und Werbeanzeigen zurückbleibt und selbst nicht durch einen Kasten optisch hervorgehoben ist (zu letzterem Erfordernis Uckel/Hauth/Hoffmann, Kommunalrecht in Thüringen, 16.10, Anm. 2 zu § 2 BekVO). Denn die kleinere Druckgröße des veröffentlichten Satzungstextes im Verhältnis zu anderen Anzeigen hindert nicht die Möglichkeit, den Text als öffentliche Bekanntmachung wahrzunehmen und verlässlich von seinem Inhalt Kenntnis zu erlangen. Die in § 2 Abs. 2 Satz 2 ThürBekVO geforderte deutliche Hervorhebung verlangt nicht, dass der amtlich bekannt gemachte Normtext andere Anzeigen, Inserate etc. optisch in Größe, Schriftbild oder farblicher Gestaltung übertreffen müsste und schon dadurch besonders hervorsticht. Dies wäre auch nur schwer zu gewährleisten, wenn der Normtext - wie hier - nur aus wenigen Regelungen besteht. Vorliegend weckt insbesondere die optisch in einem dunklen Balken hervorgehobene Überschrift "Suhler Amtsblatt" mit dem beigefügten Stadtwappen die Aufmerksamkeit des Lesers und lässt bei diesem keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es sich um eine amtliche Bekanntmachung der Stadt Suhl handelt und nicht um eine bloße Werbeanzeige. Angesichts der jeweils mit Rahmen versehenen benachbarten Anzeigen bedurfte es für eine klar erkennbare Abgrenzung des Satzungstextes von diesen Anzeigen auch seinerseits keiner Umrahmung.

2. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die am 07.10.2000 bekannt gemachte und am Tag danach in Kraft getretene 2. Änderungssatzung vom 06.10.2000 nicht geeignet gewesen sei, inhaltliche Mängel der SAB 1996 zu heilen, weil damit die zuvor unwirksame Satzung nur punktuell geändert wurde.

Der Senat hat diese vom Verwaltungsgericht offen gelassene Frage bereits in dem Sinne entschieden, dass ein Satzungsmangel, der darin besteht, dass sich eine einzelne Satzungsregelung materiell-rechtlich als unwirksam erweist, durch den Erlass einer entsprechenden Änderungssatzung geheilt werden kann, ohne dass die Satzung vollständig neu beschlossen werden muss (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 22.12.2003 - 4 EO 439/03 - Thür.VwBl. 2004, S. 120 ff.; und vom 27.11.2003 - 4 ZEO 513/99 -). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der teilweise in der Rechtsprechung und Literatur vertretenen Gegenauffassung fest (zur gegenteiligen Auffassung: VG Weimar, Beschluss vom 16.07.2003 - 3 E 2071/01.We - m. w. Nw. und Urteil vom 19.09.2002 - 3 K 4276/99.We -; Wachsmuth, Thüringer Kommunalrecht, 1.4.0, Anm. 6 zu § 19 ThürKO; für die Rechtslage in Bayern: BayVGH, Urteil vom 16.11.2006 - 23 BV 06.2403 - zitiert nach Juris, unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Senats; Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Stand: 23. Erg.Lfg., Anm. 2.8.6.3.1; zur unwirksamen Heilung einer ungültigen Verteilungsregelung durch den bloßen Erlass einer Teilregelung: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.10.1984 - 2 S 2803/82 - VBlBW 1985, 299):

Nach der Senatsrechtsprechung kann ein Beitragsbescheid, der mangels einer wirksamen Beitragssatzung rechtswidrig ist, geheilt werden, wenn der Satzungsmangel bis zur gerichtlichen Entscheidung durch den Erlass einer wirksamen Satzung behoben wird. Die (rechtmäßige) Satzung muss nach der Thüringer Rechtslage nicht rückwirkend in Kraft gesetzt werden (vgl. nur den Senatsbeschluss vom 18.03.2002 - 4 ZEO 669/01 - ThürVGRspr. 2004, 103 = ThürVBl. 2003, 281; Blomenkamp in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 35. Erg.Lfg., Rn. 1511 zu § 8).

Ob zum Zwecke der Behebung eines Satzungsmangels die Beitragssatzung insgesamt neu beschlossen und ordnungsgemäß ausgefertigt, angezeigt bzw. genehmigt und veröffentlicht werden muss oder ob sich der Satzungsgeber auf den Neuerlass einzelner Satzungsregelungen beschränken kann, hängt davon ab, an welchem rechtlichen Mangel die Ausgangssatzung leidet und ob sie bereits rechtskräftig in einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO allgemeinverbindlich für (insgesamt oder nur teilweise) unwirksam erklärt wurde. Handelt es sich um formelle Mängel, die von vornherein die gesamte Satzung erfassen (z. B. Fehler bei der Bekanntmachung der Ausgangssatzung), können bloße Änderungen einzelner Vorschriften auch dann keine Heilung bewirken, wenn diese ihrerseits formgerecht erfolgen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.07.1999 - 1 M 140/98 - KStZ 2000, 78 = NVwZ-RR 2000, 50 = VwRR MO 2000, 88). Vielmehr muss der formelle Mangel behoben und die Satzung insgesamt unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Verfahrensanforderungen neu erlassen werden. Leidet die Ausgangssatzung dagegen an einem materiell-rechtlichen Mangel, weil eine einzelne Satzungsbestimmung inhaltlich gegen geltendes Recht verstößt, genügt es zur Heilung dieses Satzungsmangels in der Regel, dass die betreffende Satzungsregelung durch eine ordnungsgemäß beschlossene und wirksam in Kraft gesetzte Neuregelung ersetzt wird. Es ist grundsätzlich nicht erforderlich, eine im Übrigen rechtsfehlerfreie Ausgangssatzung insgesamt neu zu beschließen und zu veröffentlichen, sondern es können sowohl nichtige Satzungsvorschriften rückwirkend durch gültige Regelungen ersetzt werden als auch lückenhafte Regelungen ggf. rückwirkend vervollständigt werden (so auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.07.1999 - 1 M 140/98 -KStZ 2000, 78 = NVwZ-RR 2000, 50 = VwRR MO 2000, 88; vgl. hierzu Driehaus, in: ders., Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 164 zu § 8 und Rn. 11a zu § 2 m. w. Nw.). Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht geboten, wenn es sich bei der nichtigen Einzelregelung um einen unverzichtbaren und nicht teilbaren Mindestbestandteil der Beitragssatzung gemäß § 2 Abs. 2 ThürKAG handelt, ohne den die Beitragssatzung als insgesamt unwirksam anzusehen wäre. Solange die Satzung nicht rechtskräftig und allgemeinverbindlich in einem Normenkontrollverfahren für unwirksam erklärt wurde, geht es bei der Behebung von Satzungsmängeln durch die Änderung einzelner unwirksamer Satzungsteile nicht um ein "Wiederaufleben-Lassen" einer zuvor nichtigen Satzung, weil die Nichtigkeitsfolge nicht mit verbindlicher Wirkung festgestellt wurde. Wurde eine Satzung bei einer Inzidentprüfung im Verwaltungsstreitverfahren als nichtig angesehen, wirkt dies nur "inter partes" und hindert den Satzungsgeber nicht, die bisher nicht aufgehobene Satzung nur betreffend einzelne Teilbestimmungen abzuändern und nachzubessern (vgl. auch hierzu OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.07.1999 - 1 M 140/98 - a. a. O.). Leidet eine Beitragssatzung etwa an einer unwirksamen Verteilungsregelung, genügt zur Heilung dieses Satzungsmangels der Neuerlass einer wirksamen Verteilungsregelung, ohne dass die gesamte Satzung neu beschlossen und veröffentlicht werden muss (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.11.1975 - 4 C 45.74 - BVerwGE 50, 2 ff.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.07.1999 - 1 M 140/98 - a. a. O.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.05.2003 - 2 M 189/02 - zitiert nach Juris) - und dies, obwohl eine unwirksame Verteilungsregelung die gesamte Maßstabsregelung nichtig machen kann und eine Beitragssatzung ohne wirksame Verteilungsregelung unvollständig und keine wirksame Rechtsgrundlage wäre. Denn die Nichtigkeit einer einzelnen Satzungsregelung wie der Verteilungsregelung bewirkt nicht die Unwirksamkeit aller anderen, von der Verteilungsregelung teilbaren Satzungsregelungen wie z. B. der Regelungen über den Umfang und die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands, die Beitragspflichtigen oder die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.1975 - IV C 45.74 - a. a. O.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.05.2003 - 2 M 189/02 - unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 24.06.1976 - IV C 22.74 - Buchholz 406.11 (BBauG) § 131 Nr. 17 und vom 20.01.1978 - IV C 70.75 - BauR 1978, 396). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Satzungsgeber diese anderen Satzungsteile in Kenntnis der Ungültigkeit einer Einzelbestimmung nicht hätte aufrechterhalten wollen. Wird demnach eine einzelne unwirksame Satzungsregelung nachträglich durch eine wirksame Änderungssatzung ersetzt, wird der zunächst bestehende Satzungsmangel einer ansonsten rechtsfehlerfreien Beitragssatzung mit dem Inkrafttreten der Änderungssatzung behoben und die Beitragssatzung in der Fassung der Änderungssatzung zum geltenden Ortsrecht. Mit dem Beschluss über die Ersetzung (nur) einzelner unwirksamer oder zweifelhafter Satzungsregelungen dokumentiert der Ortsgesetzgeber ebenso deutlich wie bei dem Neubeschluss des gesamten, nur teilweise geänderten Satzungstextes, dass die Beibehaltung der unverändert gebliebenen Satzungsregelungen in der Ausgangssatzung seinem Normsetzungswillen entspricht.

Für die Zulässigkeit einer punktuellen, auf die Ersetzung des rechtswidrigen Teils oder der rechtswidrigen Teile einer Beitragssatzung beschränkten Heilung kommt es daher nicht darauf an, ob der rechtswidrige Satzungsteil die Nichtigkeit der gesamten Satzung zur Folge hatte. Maßgeblich ist vielmehr ausschließlich, ob die geänderte oder ergänzte Fassung rechtmäßig ist, den ursprünglichen Fehler also nicht mehr aufweist. Das kann unter Umständen schon durch die nachträgliche Änderung einzelner Worte oder Satzteile geschehen, wie dies auch bei Änderungsgesetzen und -satzungen ohne Heilungszweck geläufig ist. Es besteht kein Anlass, speziell für Änderungssatzungen, die der Heilung einer Satzung dienen, zu fordern, dass die Änderungssatzung eine aus sich heraus verständliche und wirksame (Teil-)Regelung enthalten müsse. Vielmehr ist es mit dem rechtsstaatlichen Gebot der Bestimmtheit und Klarheit des Rechts vereinbar, wenn sich erst aus dem Zusammenlesen des Textes der Ausgangsfassung der Satzung und des Textes der Änderungssatzung der Regelungsgehalt der - nunmehr geheilten - Satzung erschließt. Zwar mag sich bei ungewöhnlich umfangreichen und komplizierten Änderungen eine Bekanntmachung des vollständigen Textes der geänderten Satzung empfehlen. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Heilung ist dies aber nicht.

Etwas anderes gilt nach den voranstehenden Ausführungen nur dann, wenn die Ausgangssatzung insgesamt von einem Normenkontrollgericht gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO rechtskräftig und allgemeinverbindlich für unwirksam erklärt wurde (vgl. auch hierzu OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.07.1999 - 1 M 140/98 - a. a. O.). Denn (erst) dann scheidet die unwirksame Satzung für jedermann erkennbar als Rechtsgrundlage im Rechtsverkehr aus und kann daher nur in ihrem gesamten Umfang und nicht durch eine auf einzelne Teilbestimmungen beschränkte Änderungssatzung neu erlassen werden.

Eine solche Normenkontrollentscheidung liegt betreffend die SAB 1996 der Antragsgegnerin nicht vor. Mit Inkrafttreten der 2. Änderungssatzung vom 06.10.2000 ist somit ein etwaiger inhaltlicher Mangel bei der Bestimmung der Beitragspflichtigen in der SAB 1996 geheilt worden und die Antragsgegnerin verfügte seither wieder über eine Ausbaubeitragssatzung als Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung. Ob die SAB der Antragsgegnerin in der Fassung der 2. Änderungssatzung sonstige Mängel aufweist, die unter Zugrundelegung des im Ausbaubeitragsrecht anwendbaren Grundsatzes der regionalen Teilbarkeit (vgl. hierzu Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Auflage 2004, Rn. 10 f. zu § 36) auf eine unwirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung von Vorausleistungen für den Ausbau der R schließen lassen, ist im Beschwerdeverfahren nicht ersichtlich und wird vom Antragsteller nicht geltend gemacht.

3. Der Vortrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren lässt keine hinreichenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheides erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs aus anderen Gründen gebieten würden.

Ob die Antragsgegnerin die R zutreffend als Haupterschließungsstraße eingestuft hat statt als Hauptverkehrsstraße, ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend zu klären. Die Zuordnung einer Straße zu einem bestimmten Straßentyp, die maßgeblich für die Anwendung der betreffenden Satzungsregelung über den nach Straßentypen unterschiedlichen Gemeindeanteil ist, ist verwaltungsgerichtlich voll überprüfbar (vgl. den Senatsbeschluss vom 30.06.2003 - 4 EO 206/96 - ThürVGRspr. 2003, 145 unter Hinweis auf Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a. a. O., Rn. 29 ff. zu § 34). Entscheidend ist dabei, ob die R im maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nach ihrer Verkehrsbedeutung eher im Sinne einer Hauptverkehrsstraße nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 SAB 2000 überwiegend dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder dem überörtlichen Durchgangsverkehr dient als der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder Ortsteilen im Sinne einer Haupterschließungsstraße gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 SAB 2000. Dies ist abschließend erst in einem Hauptsacheverfahren unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort festzustellen. Jedenfalls kommt es für die richtige Einstufung der Straße unter einen bestimmten Straßentyp nicht darauf an, von welchem Straßentyp die Antragsgegnerin oder der Zuwendungsgeber vor dem Ausbau der Straße im Zusammenhang mit der Bewilligung von Fördermitteln ausgegangen ist.

Der Senat hat nach der Aktenlage im Beschwerdeverfahren auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin in den Bemessungsgrundlagen für die Beitragserhebung offensichtlich fehlerhaft von zwei Vollgeschossen für das Grundstück des Antragstellers ausgegangen ist. Nach § 5 Abs. 4 Buchst. a SAB 2000 wird die maßgebliche Grundstücksfläche zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung bei einer Bebaubarkeit mit zwei Vollgeschossen mit einem Nutzungsfaktor von 1,3 vervielfacht. Die Zahl der Vollgeschosse ist je nachdem, ob das Grundstück innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplanes liegt, nach Maßgabe der Bestimmungen in § 5 Abs. 5 oder 6 SAB 2000 zu ermitteln. Mangels einer anderen Definition in der Beitragssatzung dürfte als Vollgeschoss in diesem Sinne ein Vollgeschoss nach § 2 Abs. 5 ThürBO in der bis zum 30.04.2004 geltenden Fassung zu verstehen sein (vgl. auch die Überleitungsvorschrift in § 85 Abs. 2 ThürBO in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.03.2004, GVBl. S. 349; hierzu auch Driehaus, a. a. O., Rn. 33 zu § 18). Danach sind Vollgeschosse Geschosse, deren Deckenoberkante im Mittel mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragt und die über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Nach den vorliegenden Bauunterlagen über das Wohnhaus des Antragstellers (Eigenheim Typ EW 65/8) und seine konkrete Lage auf dem Grundstück in der Behördenakte der Antragsgegnerin ist die Annahme von zwei Vollgeschossen jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft. Eine abschließende Klärung muss auch insoweit dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 14, 15, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG in der bis zum 30.06.2004 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl. § 72 Nr. 1 KostRMoG vom 05.05.2004, BGBl. I S. 718). Dabei legt der Senat in Anlehnung an den "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (Fassung 7/2004: NVwZ 2004, 1327 ff.) im Abgabenrecht den Wert der zum Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung streitigen Abgabe zu Grunde und ermäßigt diesen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf ein Viertel.

Ende der Entscheidung

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