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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.01.2008
Aktenzeichen: 4 EO 660/03
Rechtsgebiete: BauGB, ThürKAG


Vorschriften:

BauGB § 242 Abs 9
ThürKAG - 3.KAGÄndG § 7 Abs 1 S 1 idFv 23.07.1998
ThürKAG - 3.KAGÄndG § 7 Abs 1 S 6 idFv 23.07.1998
ThürKAG - 3.KAGÄndG § 7 Abs 1 S 7 idFv 23.07.1998
ThürKAG - 3.KAGÄndG § 7 Abs 5 S 1 idFv 23.07.1998
ThürKAG - 3.KAGÄndG § 7 Abs 8 S 1 idFv 23.07.1998
ThürKAG - 3.KAGÄndG § 7 Abs 8 S 2 idFv 23.07.1998
1. Der Begriff der beitragsfähigen Einrichtung (Anlage) im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 ThürKAG ist wegen des engen Zusammenhangs der ausbaubeitragsrechtlichen Vorschriften des Thüringer Landesrechts mit der erschließungsbeitragsrechtlichen Überleitungsvorschrift in § 242 Abs. 9 BauGB bei öffentlichen Verkehrsanlagen grundsätzlich deckungsgleich mit dem Erschließungsanlagenbegriff des BauGB.

2. Sachliche (Teil-)Beitragspflichten für die ausgebauten Teileinrichtungen innerhalb eines bestimmten Abschnitts der Anlage können erst auf Grund einer wirksamen Abschnittsbildung und Kostenspaltung entstehen, sofern die Beitragssatzung diese Möglichkeit einer Vorfinanzierung vorsieht.

3. Bei der Entscheidung über eine Abschnittsbildung und Kostenspaltung handelt es sich regelmäßig nicht um eine laufende Angelegenheit der Gemeinde im Sinne des § 29 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO, sondern um einen innerdienstlichen Ermessensakt, der dem Gemeinderat als zuständigem Gemeindeorgan vorbehalten ist. Der Gemeinderat kann die Entscheidung über eine Abschnittsbildung und Kostenspaltung jedoch ausdrücklich auf den Bürgermeister oder einen beschließenden Ausschuss übertragen (vgl. §§ 29 Abs. 4 Satz 1, 22 Abs. 3 Satz 1 ThürKO).


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 660/03 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausbaubeiträgen,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert am 22. Januar 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 9. Juni 1999 - 5 E 21/99.Me - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 17.713,01 DM (entspricht 9.056,52 €) festgesetzt.

Gründe:

Die zugelassene Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 26.10.1998 im Wesentlichen damit begründet, dass die Beitragserhebung verjährt sei, weil für die bereits 1992 fertig gestellte Ausbaumaßnahme mit Ablauf des 31.12.1997 die Festsetzungsverjährung eingetreten sei.

Demgegenüber hat die Antragsgegnerin in dem mit Beschluss vom 08.07.2003 - 4 ZEO 541/99 - zugelassenen Beschwerdeverfahren geltend gemacht, die in den Jahren 1991 und 1992 ausgebaute Thomas-Mann-Straße sei zwar am 07.09.1992 abgenommen worden und die Schlussrechnung der bauausführenden Firma datiere vom 30.11.1992. Dennoch habe der Lauf der Festsetzungsverjährung noch nicht mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen, sondern erst mit Ablauf des Jahres 1997. Denn in der Schlussrechnung vom 30.11.1992 seien noch nicht alle beitragsfähigen Kosten für die Ausbaumaßnahme einbezogen worden. Vielmehr habe die Berechnung des gesamten beitragsfähigen Aufwandes erst mit Eingang der Schlussrechnung des Ingenieurbüros vom 02.12.1997 über die vertraglich vereinbarte Leistungsphase 9 bei der Antragsgegnerin am 08.12.1997 erfolgen können. Die Festsetzungsverjährung habe daher erst mit Ablauf des 31.12.1997 zu laufen begonnen und der Beitrag sei im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch nicht verjährt gewesen.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde der Antragsgegnerin nicht zum Erfolg. Zwar rügt die Antragsgegnerin zu Recht, dass die Voraussetzungen für einen Ablauf der Festsetzungsverjährung für den ausgebauten Abschnitt der Thomas-Mann-Straße entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides an die Antragstellerin noch nicht vorlagen. Dennoch ist das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ausbaubeitragsbescheides der Antragsgegnerin vom 26.10.1998 bestehen und daher die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen diesen Bescheid anzuordnen ist. Denn nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung (vgl. zum Prüfungsumfang im einstweiligen Rechtsschutzverfahren den Senatsbeschluss vom 23.04.1998 - 4 ZEO 6/97 -, LKV 1999, S. 70 [71], m. w. Nw.) ist unter Zugrundelegung der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Abrechnungs- und Satzungsunterlagen davon auszugehen, dass die Antragstellerin für die abgerechnete Ausbaumaßnahme (den Ausbau der Thomas-Mann-Straße in Breitungen im 1. Bauabschnitt) nicht persönlich beitragspflichtig ist.

Gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ThürKAG in der insoweit maßgeblichen Fassung des 3. KAG-Änderungsgesetzes vom 23.07.1998 (GVBl. S. 247) ist für die nach Thüringer Landesrecht zu beurteilenden Ausbaumaßnahmen persönlich beitragspflichtig, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstücks (bzw. Erbbauberechtigter oder dinglich Nutzungsberechtigter) ist, sofern die Beitragssatzung keine abweichende Bestimmung über die Beitragspflicht im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides enthält (insoweit § 7 Abs. 8 Satz 2 ThürKAG).

Nach § 9 Ziffer 1 Satz 1 der vom Verwaltungsgericht für einschlägig gehaltenen, rückwirkend zum 10.08.1991 bzw. 17.11.1995 in Kraft gesetzten Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrages in der Fassung der Neubekanntmachung im "Werratalkurier" vom 02.10.1998 - SABS - ist derjenige beitragspflichtig, der im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstücks, Erbbauberechtigter oder Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts gemäß Art. 233 § 4 EGBGB ist. Für die Bestimmung des persönlich Beitragspflichtigen kommt es somit nach der SABS der Antragsgegnerin entscheidend darauf an, wann die sachliche Beitragspflicht für die Ausbaumaßnahme entstanden ist. Nach dem Erkenntnisstand im Beschwerdeverfahren ist die sachliche Beitragspflicht für die 1991 und 1992 ausgebauten Teileinrichtungen im abgerechneten Abschnitt der Thomas-Mann-Straße weder - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung am 30.11.1992 entstanden noch - wie die Antragsgegnerin meint - mit Eingang der Schlussrechnung des Ingenieurbüros vom 02.12.1997, sondern frühestens mit den Beschlüssen des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 12.10.1998 über die Bildung eines Abschnitts für den Ausbau der Thomas-Mann-Straße gemäß § 6 Ziffer 1 SABS und eine Kostenspaltung für die Teileinrichtungen Fahrbahn/Gehweg, Parktaschen, Straßenbegleitgrün und Straßenentwässerung im gebildeten Abschnitt der Thomas-Mann-Straße gemäß § 7 SABS. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entsteht die sachliche Beitragspflicht im Erschließungs- wie im Straßenausbaubeitragsrecht nicht bereits mit dem tatsächlichen technischen Abschluss der beitragsfähigen Maßnahme, sondern erst in dem Zeitpunkt, in dem alle gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Entstehung erfüllt sind. Zu diesen Voraussetzungen gehört die Geltung einer Beitragssatzung (vgl. hierzu etwa den Senatsbeschluss vom 29.09.1999 - 4 ZEO 844/98 - ThürVGRspr. 1999, 181 = ThürVBl. 2000, 16) ebenso wie die Erfüllung weiterer rechtlicher Voraussetzungen, etwa einer wirksamen Widmung (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom 24.03.2004 - 4 ZEO 875/00 -; im Einzelnen:

Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, Rn. 15 ff. zu § 19 und Rn. 10 ff. zu § 37). Im Hinblick auf den technischen Abschluss der Maßnahme ist der Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht für eine nach Thüringer Landesrecht zu beurteilende Ausbaumaßnahme davon abhängig, welche Anlage Gegenstand der Maßnahme ist und ob das einschlägige Ausbauprogramm inhaltlich erfüllt ist (vgl. hierzu Driehaus, a. a. O., Rn. 4 zu § 37).

Der Begriff der beitragsfähigen Einrichtung (Anlage) im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 ThürKAG ist wegen des engen Zusammenhangs der ausbaubeitragsrechtlichen Vorschriften des Thüringer Landesrechts mit der erschließungsbeitragsrechtlichen Überleitungsvorschrift in § 242 Abs. 9 BauGB bei öffentlichen Verkehrsanlagen grundsätzlich deckungsgleich mit dem Erschließungsanlagenbegriff des BauGB.

Denn der Anwendungsbereich des ThürKAG ist - bezogen auf den Ausbau von öffentlichen Verkehrsanlagen - erst eröffnet, sofern es sich dabei um bereits erstmalig hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen i. S. d. § 242 Abs. 9 BauGB handelt oder um solche, die nicht vom Erschließungsbeitragsrecht erfasst werden (z. B. eine nicht zum Anbau bestimmte Außenbereichsstraße; vgl. zum Begriff der Ortsstraßen und Außenbereichsstraßen das Senatsurteil vom 11.06.2006 - 4 N 1359/98 -; zum Anlagenbegriff im Landesrecht auch Driehaus, a. a. O., Rn. 6 ff. zu § 31). Ob eine Gemeinde für den Ausbau einer Verkehrsanlage einen Erschließungsbeitrag nach § 127 BauGB oder einen Ausbaubeitrag gemäß § 7 Abs. 1 ThürKAG erheben kann, richtet sich danach, ob es sich bei der Ausbaumaßnahme um die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage handelt oder um deren spätere Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 ThürKAG. Gemäß § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB kann im Beitrittsgebiet nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden für Erschließungsanlagen und Teile von Erschließungsanlagen, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind gemäß § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertig gestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Diese Regelung verdrängt im Beitrittsgebiet die allgemeinere Überleitungsvorschrift des § 242 Abs. 1 BauGB und gilt für die neuen Bundesländer in deren Gebiet auch dann, wenn Erschließungsanlagen bereits vor der Teilung Deutschlands hergestellt worden sind. Geboten ist insoweit eine Gesamtbetrachtung der Anlage (vgl. insoweit den Senatsbeschluss vom 27.04.2006 - 4 EO 1089/04 -). Dieser Anlagenbegriff stellt auf eine selbständige Verkehrsanlage in ihrer gesamten Ausdehnung unter Zugrundelegung einer "natürlichen Betrachtungsweise" ab; maßgebend ist das durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägte Erscheinungsbild, nicht eine etwa nur "auf dem Papier stehende" planerische Festsetzung. Die natürliche Betrachtungsweise ist auch geboten, wenn zu entscheiden ist, wie weit die (Straßen-)Fläche einer bestimmten Anbaustraße reicht (vgl. insoweit bereits den Senatsbeschluss vom 30.06.2003 - 4 EO 206/96 - ThürVGRspr. 2003, 145).

Ob es sich bei der Thomas-Mann-Straße in ihrem gesamten Verlauf von der Abzweigung der Gartenstraße bis zur Wiedereinmündung in die Gartenstraße bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise um eine einzige, selbständige Anlage handelt, ließe sich abschließend nur durch eine Besichtigung der Örtlichkeit im Rahmen einer Beweisaufnahme feststellen, die nach der Senatsrechtsprechung im verwaltungsgerichtlichen Eil- und Beschwerdeverfahren untunlich ist (vgl. die Beschlüsse des Senats vom 30.06.2003 - 4 EO 206/96 - ThürVGRspr. 2003, 145 und vom 22.05.2002 - 4 EO 805/01 -). Nach dem vorliegenden Karten- und Fotomaterial teilt der Senat jedoch die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass als beitragsfähige Anlage die Thomas-Mann-Straße in ihrer gesamten Länge zwischen den Einmündungen zur Gartenstraße einschließlich der unselbständigen Zufahrt zum ehemaligen NVA-Gelände (Flst. ) anzusehen ist und es sich bei dieser - nach den im Beschwerdeverfahren nicht angegriffenen Annahmen des Verwaltungsgerichts - in ihrem gesamten Verlauf und mit allen vorhandenen Teileinrichtungen um eine bereits in den 50er bzw. 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erstmalig hergestellte, zum Anbau bestimmte Straße handelt, deren beitragsfähiger Ausbau nach Maßgabe des ThürKAG zu beurteilen ist.

Für das Entstehen der sachlichen Ausbaubeitragspflicht ist nach § 7 Abs. 5 Satz 1 ThürKAG Voraussetzung, dass die Maßnahme oder Teilmaßnahme bzw. der gebildete Abschnitt beendet ist. Dies hängt davon ab, ob das für die beitragsfähige Maßnahme (z. B. Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung) maßgebliche Bauprogramm inhaltlich erfüllt ist, dessen Gegenstand bei einer auf die gesamte Anlage bezogenen Ausbaumaßnahme grundsätzlich die Anlage in ihrer vollen Länge und mit all ihren vorhandenen Teileinrichtungen ist. Bezieht sich das Bauprogramm nur auf einen oder mehrere Abschnitte der Anlage bzw. auf eine oder mehrere Teileinrichtungen (Teilmaßnahmen), kann für die nicht insgesamt ausgebaute Anlage noch keine sachliche Beitragspflicht entstehen. Vielmehr können sachliche (Teil-)Beitragspflichten für die ausgebauten Teileinrichtungen innerhalb eines bestimmten Abschnitts der Anlage erst auf Grund einer wirksamen Abschnittsbildung und Kostenspaltung entstehen, sofern die Beitragssatzung diese Möglichkeit einer Vorfinanzierung vorsieht (vgl. auch hierzu Driehaus, a. a. O., Rn. 4 zu § 37 und Rn. 43 zu § 30).

In diesem Sinne konnten auch für den Ausbau der Teileinrichtungen in dem etwa 219 m langen Abschnitt der Thomas-Mann-Straße im Bereich von der Abzweigung der Gartenstraße bis einschließlich der Zufahrt zur Standortverwaltung der Bundeswehr (sog. Abschnitt 1) sachliche Teilbeitragspflichten - ungeachtet der jeweiligen Einstufung der Ausbaumaßnahme als Erneuerung, Verbesserung oder Erweiterung - nur auf der Grundlage einer wirksamen Abschnittsbildung und Kostenspaltung entstehen (vgl. zum Entstehen der Teilbeitragspflicht bei Abschnittsbildung und Kostenspaltung: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 37. Erg.Lfg., Rn. 108 und 116 zu § 8). Denn die Ausbaumaßnahme erstreckte sich entsprechend dem Bauprogramm nicht auf alle vorhandenen Teileinrichtungen der Straße in ihrer gesamten Länge, sondern nur auf die Teileinrichtungen Fahrbahn/Gehweg (ausgebaut als einheitliche Mischfläche), Parktaschen, Straßenbegleitgrün und Straßenentwässerung (ohne die Straßenbeleuchtung) in dem ausgebauten Abschnitt.

Die satzungsrechtlichen Voraussetzungen für eine mögliche Abschnittsbildung und Kostenspaltung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 6 und 7 ThürKAG a. F. hatte die Antragsgegnerin mit den Kann-Regelungen in § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 7 ihrer rückwirkend zum 10.08.1991 in Kraft gesetzten SABS geschaffen. In dem Fall, in dem die Satzung eine Abschnittsbildung und Kostenspaltung als Möglichkeit vorsieht, erfordert das Entstehen der sachlichen (Teil-)Beitragspflicht allerdings noch eine Entscheidung über die Abschnittsbildung und Kostenspaltung im konkreten Einzelfall als innerdienstlichen Ermessensakt durch das hierfür nach dem einschlägigen Landesrecht zuständige Gemeindeorgan (hierzu ebenfalls Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 108 ff., 111 ff. zu § 8). Bei diesem innerdienstlichen Ermessensakt handelt es sich nach Maßgabe Thüringer Landesrechts regelmäßig nicht um eine laufende Angelegenheit der Gemeinde im Sinne des § 29 Abs. 2 Nr. 1 ThürKO, die keine grundsätzliche Bedeutung hat und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lässt und somit dem Bürgermeister überlassen bliebe, sondern um eine Entscheidung des Gemeinderats als dem für die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 ThürKO zuständigen und beschließenden Gemeindeorgan. Denn die Entscheidung über eine Abschnittsbildung und Kostenspaltung hat grundsätzliche Bedeutung für die Finanzierung einer Ausbaumaßnahme und damit für den Gemeindehaushalt. Mit dieser Entscheidung wird von dem eigentlich maßgeblichen Zeitpunkt für das Entstehen sachlicher Beitragspflichten erst mit der Fertigstellung der gesamten Anlage abgewichen und einer vorgezogenen Finanzierung der Ausbaumaßnahme der Vorzug gegeben (anders dagegen die für das Entstehen sachlicher Beitragspflichten nicht durch Ratsbeschluss zu treffende Ausbauentscheidung, vgl. insoweit den Senatsbeschluss vom 30.06.2003 - 4 EO 206/96 - a. a. O.). Diese grundsätzliche Bedeutung schließt die Annahme einer laufenden Angelegenheit, die alltägliche und häufig wiederkehrende Verwaltungsgeschäfte der Gemeinde umfasst, aus (ebenso Driehaus in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, a. a. O., Rn. 108 und 114 f. zu § 8 m. w. Nw.; Lohmann in ders., a. a. O., Rn. 910 zu § 8; HessVGH, Beschluss vom 05.07.2006 - 5 ZU 2743/05 - KStZ 2006, 196; Nds.OVG, Urteil vom 26.05.1993 - 9 L 163/90 - zitiert nach Juris; SächsOVG, Urteil vom 02.02.2005 - 5 B 510/03 - SächsVBl. 2006, 174). Der Senat teilt insofern nicht die teilweise in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, die Abschnittsbildung bedürfe keines Ratsbeschlusses mehr, wenn die Beitragssatzung bereits dazu ermächtige (so OVG LSA, Beschluss vom 05.11.2002 - 2 M 175/02 - zitiert nach Juris). Denn die Kann-Bestimmung in der Beitragssatzung über die Möglichkeit einer Abschnittsbildung (und Kostenspaltung) eröffnet erst die Ausübung des innerdienstlichen Ermessens, welches im konkreten Einzelfall noch von dem kommunalrechtlich zuständigen Gemeindeorgan - nach Thüringer Landesrecht dem Gemeinderat - betätigt werden muss. Der Gemeinderat kann jedoch von der gesetzlichen Befugnis Gebrauch machen, die Entscheidung über eine Abschnittsbildung und Kostenspaltung ausdrücklich auf den Bürgermeister oder einen beschließenden Ausschuss zu übertragen (vgl. §§ 29 Abs. 4 Satz 1, 22 Abs. 3 Satz 1 ThürKO).

Hier lagen die für das Entstehen der sachlichen Teilbeitragspflicht für das veranlagte Grundstück erforderlichen Entscheidungen über eine Abschnittsbildung und Kostenspaltung durch den Gemeinderat der Antragsgegnerin weder bei der Abnahme der Bauarbeiten im Jahre 1992 noch bei Eingang der letzten Ingenieurrechnung im Jahre 1997 vor, sondern erst kurz vor dem Erlass des Beitragsbescheides im Jahre 1998. Denn einen Beschluss über die Abschnittsbildung sowie eine Kostenspaltung hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin nach den vorgelegten Behördenvorgängen erst am 12.10.1998 gefasst. Vor diesem Zeitpunkt ist offenbar keine wirksame Abschnittsbildungs- und Kostenspaltungsentscheidung erfolgt. Von einer Übertragung der Entscheidung über die Abschnittsbildung und die Kostenspaltung durch den Gemeinderat auf ein anderes Gemeindeorgan (den Bürgermeister oder einen beschließenden Ausschuss) und einer entsprechenden (früheren) Entscheidung dieses Organs ist nach dem Akteninhalt nichts ersichtlich.

Sind somit die sachlichen Teilbeitragspflichten für die Teileinrichtungen im ausgebauten Abschnitt der Thomas-Mann-Straße frühestens mit den Gemeinderatsbeschlüssen am 12.10.1998 entstanden, ist dieser Zeitpunkt auch für das Entstehen der persönlichen Teilbeitragspflicht maßgeblich.

Die Antragstellerin war jedoch am 12.10.1998 nicht mehr Eigentümerin des veranlagten Grundstücks und daher auch nicht mehr persönlich beitragspflichtig. Vielmehr wurde nach dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Grundbuchauszug (Blatt ____) am 07.10.1998 im Grundbuch die Fa. H oHG i. L. als Eigentümerin des veranlagten Grundstücks eingetragen (im Nachgang an den Rückübertragungsbescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 27.07.1998). Diese wäre somit auch als persönlich Beitragspflichtige heranzuziehen gewesen.

Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob es sich bei der vom Verwaltungsgericht für einschlägig gehaltenen SABS der Antragsgegnerin in der Fassung der Neubekanntmachung im "Werratalkurier" vom 02.10.1998 um die für das Entstehen von sachlichen (Teil-)Beitragspflichten erforderliche, erstmals wirksame Beitragssatzung gehandelt hat (vgl. insoweit bereits die richterliche Verfügung vom 13.12.2006). Dies hinge im Übrigen auch davon ab, ob die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Neubekanntmachung der SABS über eine wirksam veröffentlichte Bekanntmachungsregelung in ihrer Hauptsatzung verfügte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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