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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.10.2007
Aktenzeichen: 4 EO 925/06
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 6 S. 2
Zur drohenden Vollstreckung nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO wegen einer konkreten Vollstreckungsankündigung.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss

4 EO 925/06

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Beiträgen,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert am 08. Oktober 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 05.10.2006 - 5 E 696/06 Ge - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller als Gesamtschuldner zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 48,75 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

Wie der Senat bereits im Beschluss vom 03.07.2007 ausgeführt hat, mit dem der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abgelehnt wurde, kann dahinstehen, ob den Beschwerdeführern wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre. Denn die von den Antragstellern im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, auf deren Nachprüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, können die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung über die Unzulässigkeit des Eilantrages im Ergebnis nicht in Frage stellen.

Das Verwaltungsgericht hat zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats ausgeführt, dass der Eilantrag vor einer Entscheidung des Antragsgegners über den Aussetzungsantrag gestellt wurde und somit die Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO im Zeitpunkt der Antragstellung nicht erfüllt war. Nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist in Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO, mithin bei der Anforderung öffentlicher Abgaben, der Antrag nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Bei diesem Erfordernis handelt es sich um eine Zugangsvoraussetzung, die im Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht erfüllt sein muss. Sie kann auch durch die spätere Ablehnung des Aussetzungsantrages nicht nachträglich erfüllt werden (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom 15.12.2003 - 4 EO 816/02 -). Den Aussetzungsantrag der Antragsteller vom 17.07.2006 hatte der Antragsgegner jedoch bis zur Eilantragstellung nicht abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis auch zu Recht davon ausgegangen, dass den Antragstellern aus dem im Eilverfahren angegriffenen Gebührenbescheid vom 24.02.2006 gemäß § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO keine Vollstreckung drohte. Dies beruht allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht darauf, dass die Vollstreckungsankündigungen des Antragsgegners vom 19.06.2006 i. V. m. der Androhung der Vollstreckung vom 20.07.2006 nicht genügen würden, um eine drohende Vollstreckung im Sinne des § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO anzunehmen. Eine Vollstreckung droht, wenn sie bereits begonnen hat oder ihr Beginn von der Behörde für einen unmittelbar bevorstehenden Termin angekündigt worden ist. Wenigstens müssen konkrete Vorbereitungen der Behörde für eine alsbaldige Vollstreckung vorliegen. Maßnahmen der Behörde, die der Vorbereitung der noch nicht konkret geplanten Vollstreckung dienen, genügen nicht, um eine drohende Vollstreckung annehmen zu können. Dies gilt insbesondere für Mahnungen, die gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 3 ThürVwZVG lediglich Voraussetzung für eine nachfolgende Vollstreckung sind, aber regelmäßig nicht erkennen lassen, ob und wann vollstreckt werden soll (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 15.12.2003 - 4 EO 816/02 - und vom 01.09.2004 - 4 EO 54/04 -).

Vorliegend hatte der Antragsgegner jedoch konkrete Vorkehrungen für eine alsbaldige Vollstreckung (Pfändung) getroffen und diese angekündigt: Die Beschwerdeführer sind nicht nur mit Mahnung vom 31.05.2006 zur Zahlung der rückständigen Forderungen des Antragsgegners gemahnt worden, sondern Ihnen wurde nachfolgend mit den Vollstreckungsankündigungen vom 19.06.2006 (Teil 1 und 2) die Beauftragung der Vollstreckungsbediensteten mit der Vollstreckung (Pfändung) mitgeteilt und sodann mit Schreiben vom 20.07.2006 angedroht, dass Vollstreckungsmaßnahmen wie Lohn- und Gehaltspfändung oder Pfändung in das bewegliche Vermögen vorgenommen werden. Sie mussten daher davon ausgehen, dass unmittelbar nach Ablauf der gesetzten Frist bis zum 31.07.2007 Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet würden. Dies gilt umso mehr, als der Antragsgegner schon einmal im Nachgang an verschiedene Vollstreckungsankündigungen (z. B. vom 17.06.2003) die Forderungspfändung eingeleitet hatte (vgl. die Pfändungsverfügungen an die Drittschuldner vom 08.07.2003), von der die Beschwerdeführer als Vollstreckungsschuldner nicht nochmals vorher, sondern erst zeitgleich mit dem jeweiligen Drittschuldner Mitteilung erhielten.

Dennoch drohte den Beschwerdeführern keine Vollstreckung aus dem im Eilverfahren angegriffenen Gebührenbescheid vom 24.02.2006, weil die Vollstreckungsankündigungen vom 19.06.2006 und die Androhung der Vollstreckung vom 20.07.2006 sich nicht auf Gebührenforderungen bezogen, die in diesem Gebührenbescheid festgesetzt und verlangt wurden:

In dem Gebührenbescheid vom 24.02.2006 werden zunächst die Grund- und Verbrauchsgebühren in den Abrechnungsbereichen Wasser und Abwasser für den Zeitraum 01.01.2005 - 31.12.2005 festgesetzt (Abrechnung Abwasser: Bruttobetrag von 195,-- €). Als "Forderung" weist die Abrechnung Abwasser wegen einer Anrechnung der angeforderten Abschläge (Vorauszahlungen) einen Minusbetrag, also ein Guthaben in Höhe von 33,-- € aus. Für den Verbrauchszeitraum 1995 werden somit gegenüber den Antragstellern in diesem Bescheid Abwassergebühren festgesetzt, es wird aber keine Zahlung verlangt. Ferner hat der Antragsgegner in dem Bescheid die Gebührenvorauszahlungen für das Jahr 1996 festgesetzt (Abwasser: jeweils 48,-- € an drei Zahlungsterminen) und die geforderten Abschläge fällig gestellt zum 15.05.2006, 15.08.2006 und 15.11.2006. Diese Abschlagszahlungen sind jedoch nicht Gegenstand der in den Vollstreckungsankündigungen vom 19.06.2006 aufgeführten Forderungen. Die dort im Detail genannten Forderungen beziehen sich auf Abrechnungen und Abschläge für Wasser und Abwasser, die nach den angegebenen Fälligkeitsterminen schon in den Jahren 1999 - 2005 fällig geworden waren. Sie betreffen also rückständige Altforderungen sowie Auslagen, Säumniszuschläge und Mahnkosten. Die einzige in den Vollstreckungsankündigungen genannte Forderung, die sich auf eine Fälligkeit im Jahre 2006 bezieht, ist eine zum 08.06.2006 fällige Forderung aus einer "Abrechnung Abwasser" in Höhe von 30,30 €. Fälligkeitsdatum und Betrag stimmen jedoch nicht mit den Gebührenforderungen und Fälligkeitsterminen im Gebührenbescheid vom 24.02.2006 überein. Der Betrag wird vielmehr auf die Säumniszuschläge zu beziehen sein, die Gegenstand der Mahnung an die Antragsteller vom 31.05.2006 waren.

Die Ausweisung von rückständigen Zahlungen aus den Vorjahren sowie offenen Nebenforderungen (Mahngebühren/Säumniszuschlägen) im Gebührenbescheid vom 24.02.2006 erfolgte offensichtlich nur informatorisch und war somit kein eigenständiger Regelungsgegenstand des Gebührenbescheides, auf dessen Grundlage eine Vollstreckung hätte drohen können (vgl. hierzu im Einzelnen den Senatsbeschluss vom 26.07.2005 - 4 EO 131/02 - KStZ 2006, 78).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.

Die Festsetzung des für die Kostenberechnung maßgebenden Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt der Senat in Anlehnung an den "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit" (Fassung 7/2004: NVwZ 2004, 1327 ff.) im Abgabenrecht den Wert der streitigen Abgabe (hier: 195,-- €) zu Grunde und ermäßigt diesen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf ein Viertel.

Ende der Entscheidung

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