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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 17.09.2007
Aktenzeichen: 4 KO 726/05
Rechtsgebiete: AbwAG, ThürAbwAG


Vorschriften:

AbwAG § 9 Abs. 2 Satz 2
AbwAG § 10 Abs. 3
AbwAG § 10 Abs. 5
ThürAbwAG § 8 Abs. 1 Satz 1
ThürAbwAG § 12 Abs. 2
1. Erhebt eine Körperschaft eine Abgabe auf Grund einer Satzungsvorschrift, die sich im Nachhinein als unwirksam erweist, so kann sie den Verwaltungsakt u. U. durch Schaffung einer wirksamen Rechtsgrundlage heilen. Ihr ist es aber verwehrt, die Veranlagung nachträglich auf einen anderen Lebenssachverhalt zu stützen, weil durch den Austausch des Bezugsgegenstands der Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert wird. Hierzu bedarf es ggf. des Erlasses eines neuen Verwaltungsakts.

2. Das im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot bedeutsame Vertrauen des Normadressaten einer kommunalen Abgabensatzung entfällt bei zeitabschnittsbezogenen Abgabentatbeständen grundsätzlich erst dann, wenn die Satzung - sei sie auch letztlich unwirksam - beschlossen wird, frühestens mit der Ankündigung des für den Beschluss zuständigen Gremiums, eine Satzung zu erlassen.

3. Den Körperschaften, die gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG an Stelle von Kleineinleitern abgabepflichtig sind und diese Abgabe gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 ThürAbwAG abwälzen, ist es wegen § 12 Abs. 2 ThürAbwAG verwehrt, für die Verwaltungskosten, die durch den absetzbaren Pauschbetrag nicht gedeckt sind, weitere Abgaben von den Kleineinleitern zu erheben.

4. Die an Stelle von Kleineinleitern abwasserabgabepflichtigen Aufgabenträger können die Abwasserabgabe auch dann auf die Kleineinleiter abwälzen, wenn sie die Abgabe wegen einer Verrechnung gemäß § 10 Abs. 3, 5 AbwAG letztlich nicht zahlen mussten.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

4 KO 726/05 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Abgabenrechts

hier: Berufung

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht Siegl auf Grund der mündlichen Verhandlung am 17. September 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 7. Mai 2003 - 6 K 272/01.We - geändert und die Klage abgewiesen, soweit im Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 1998 eine Abgabe zur Abwälzung der Abwasserabgabe in Höhe von 140,00 DM erhoben wurde. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens im ersten und zweiten Rechtszug hat der Kläger zu 14/19 und der Beklagte zu 5/19 zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger betreibt auf seinem Grundstück eine Kleinkläranlage, deren Überlauf nicht in einen öffentlichen Kanal, sondern in den Vorfluter mündet. Der Kläger wurde durch Bescheid des Beklagten vom 25.01.1998 zu Abgaben für Wasser und Abwasser im Verbrauchsjahr 1997 herangezogen. Neben den Wassergebühren, die hier nicht Streitgegenstand sind, wurde für Abwasser eine Grundgebühr in Höhe von (12 Monate x 4,00 DM =) 48,00 DM und eine "Abwasserabgabe" in Höhe von (4 Einwohner zu je 35,00 DM pro Jahr =) 140,00 DM erhoben. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 15.02.1998, eingegangen beim Beklagten am 17.02.1998, Widerspruch. Mit Schreiben vom 03.05.1998 begründete der Kläger seinen Widerspruch u. a. damit, dass er für seine eigene Klärgrube keine Pacht an den Beklagten bezahle. Die Abwasserabgabe stelle eine Ökosteuer dar, die der Bundestag noch nicht verabschiedet habe. Er habe nur Frischwasser bezogen, andere Leistungen seien nicht erbracht worden. Mit Schreiben vom 14.05.1998 erläuterte der Beklagte nochmals, dass die Grundgebühr Vorhalteleistungen in der Kläranlage abdecke, die unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme entstünden. Durch Bescheid des Landrats des Landkreises Eichsfeld vom 22.03.2000, zugestellt am 25.03.2000, wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 20.04.2000, eingegangen am 25.05.2000, hat der Kläger gegen den Bescheid vom 25.01.1998 insgesamt Klage erhoben. Im Hinblick auf die Abgaben für Abwasser hat er vorgetragen, dass er die Kleinkläranlage 1995 für ca. 10.000,00 DM errichtet habe. Für die Fäkalschlammentsorgung müsse er nochmals 60,00 DM pro Kubikmeter bezahlen. Eine Leistung des Beklagten für 48,00 DM pro Jahr sei ihm nicht ersichtlich. Eine Vorhalteleistung stellten die 48,00 DM auch nicht dar, da er nicht verpflichtet sei, seinen Fäkalschlamm in der Kläranlage des Beklagten zu entsorgen. Der Beklagte verlange nochmals 140,00 DM pro Jahr für eine Abwasserabgabe. Auch hierfür sei ihm keine Gegenleistung bekannt. Die Kleinkläranlage werde nicht in regelmäßigen Abständen durch den Beklagten geräumt. Nach der Errichtung im Jahr 1994 sei sie am 04.01.1999 erstmals geleert worden. Diese Leerung sei aber irrelevant, da sich die Klage auf das Jahr 1997 beziehe. Im Übrigen hänge die Räumung einer funktionstüchtigen Kleinkläranlage von der "Notwendigkeit" und nicht von einer "Regelmäßigkeit" ab. Grundgebühren dürften nur im Zusammenhang mit einer verbrauchsabhängigen Gebühr erhoben werden. Da auf seinem Jahresgebührenbescheid keine Verbrauchsgebühr für die Abwasserentsorgung anfalle, sei die Grundlage für eine jährliche Grundgebühr entzogen. Die Abwasserabgabe scheine eine Strafabgabe zu sein, da er sein Abwasser nicht vollbiologisch reinigen könne. Dies sei jedoch inakzeptabel, da es Aufgabe des Beklagten sei, sein Grundstück an die zentrale Kläranlage anzuschließen. Somit müsse der Beklagte mit der Abgabe belastet werden. In den alten Bundesländern sei zu keinem Zeitpunkt eine solche Abgabe verlangt worden, um die Infrastruktur aufzubauen. Die Belastung der Bürger in den neuen Ländern sei nicht akzeptabel. Dass der Beklagte diejenigen Einleiter entlaste, bei denen er Investitionen getätigt habe, sei systematisch fragwürdig; denn er, der Kläger, könne mit einer derartigen Entlastung nicht rechnen, wenn bei ihm investiert werde, da die Abwasserabgabepflichtigen mit jeder Investition geringer würden. Die Abgabe müsste auf alle Einwohner und Haushalte umgelegt werden, denn das Land schreibe nicht vor, dass die Abwasserabgabe direkt dem Verursacher berechnet werden solle. Nachdem das Verwaltungsgericht das Verfahren durch Beschluss vom 01.02.2001 abgetrennt hat, soweit der Kläger die Erhebung von Abwasserabgaben angefochten hat, hat der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 25.01.1998, soweit darin eine Abwasserabgabe in Höhe von 140,00 DM und eine Abwassergrundabgabe in Höhe von 48,00 DM festgesetzt ist, sowie insoweit den Widerspruchsbescheid vom 22.03.2000 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hatte zunächst vorgetragen, Rechtsgrundlage der Grundgebühr für die Benutzung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung sei § 12 ThürKAG i. V. m. §§ 10, 11 der BGS-EWS vom 29.06.1998. Die Grundgebühr betrage für das nicht anschließbare Grundstück des Klägers bei einem Nutzraum der Kleinkläranlage bis 10 m³ jährlich 48,00 DM (§ 11 Abs. 3 BGS-EW S). Das Grundstück sei zwar nicht an eine zentrale Kläranlage, aber an die Fäkalschlammentsorgung angeschlossen, die Bestandteil der öffentlichen Entwässerungseinrichtung sei. Der Kläger sei zur Benutzung der öffentlichen Fäkalschlammentsorgung verpflichtet. Als abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft müsse der Beklagte ständig Kapazitäten für den Abtransport, die Entgegennahme und Entsorgung des Fäkalschlamms vorhalten. Zur Deckung der damit verbundenen Kosten könne er jährlich Grundgebühren erheben. Dabei komme es nicht darauf an, ob im Jahr 1997 eine Beseitigungsgebühr entstanden sei.

Der Beklagte hat sodann vorgetragen, dass er die satzungsrechtlichen Grundlagen für den angefochtenen Bescheid überprüft habe. Soweit der Kläger die öffentliche Fäkalschlammentsorgung benutze, würden die hierdurch ausgelösten Kosten vollständig über die Beseitigungsgebühr abgedeckt. Für die Erhebung einer Grundgebühr als Zusatz zur Beseitigungsgebühr sei daher kein Raum. Jedoch sei er der Auffassung, dass auch ein Direkteinleiter neben der vom Land erhobenen Abwasserabgabe beim Aufgabenträger einen Kostenaufwand auslöse, der als Fixkostenanteil nicht auf die Benutzer der leitungsgebundenen Entwässerungseinrichtung umgelegt werden dürfe, sondern den Direkteinleitern zugerechnet werden müsse. Daher halte es der Beklagte für zulässig, von den Direkteinleitern eine "Grundabgabe" zu erheben, die diejenigen Fixkosten decken solle, die neben der Abwasserabgabe von den Direkteinleitern verursacht werde. Daher habe der Beklagte am 09.11.2000 eine Satzung zur Erhebung einer Kommunalabgabe für Kleineinleiter (nachfolgend Kleineinleitersatzung) beschlossen, die rückwirkend zum 01.01.1996 in Kraft getreten sei. Nach § 4 Abs. 1 der Kleineinleitersatzung habe ein Direkteinleiter eine Grundabgabe sowie eine schadeinheitenabhängige Abgabe zu entrichten. Die Grundabgabe betrage gemäß § 5 Abs. 1 der Kleineinleitersatzung für jedes Direkteinleiter-Grundstück 48,-- DM. Dem Beklagten entstünden durch die verwaltungsseitige und technische Betreuung der Direkteinleitergrundstücke Verwaltungskosten. Das Land beteilige sich am Verwaltungsaufwand für die Abwälzung der Abwasserabgabe auf Kleineinleiter mit einer Pauschale von 1,-- DM pro Einwohner und Jahr. Diese Beteiligung sei jedoch nicht ausreichend. Es handele sich um einrichtungsfremde Kosten, die nicht der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zuzuordnen seien. Daher ordne der Beklagte diese Kosten verursachungsgerecht denjenigen Einleitern zu, die die Entstehung der Kosten veranlasst hätten. Die Abwälzung der Abwasserabgabe auf die Kleineinleiter habe in der gleichen Weise zu geschehen wie die Erhebung von Benutzungsgebühren. Dort gehöre der Verwaltungsaufwand zu den ansatzfähigen Kosten. Soweit § 12 Abs. 2 Thüringer Abwasserabgabengesetz (ThürAbwAG) eine Pauschalregelung enthalte, gelte sie einzig für das Rechtsverhältnis zwischen der abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaft und dem Land.

Im Hinblick auf die Abwasserabgabe ergebe sich die Zahlungspflicht aus § 9 Abs. 2 Satz 2 Abwasserabgabengesetz (AbwAG). Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu einer Abwasserabgabe für Kleineinleiter sei § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ThürAbwAG i. V. m. § 1 der Satzung für die Erhebung einer Kommunalabgabe zur Abwälzung der Abwasserabgabe für Kleineinleiter (AbwAS) vom 22.06.1995 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 23.10.1996. Danach könne der Beklagte die Abwasserabgabe auf den Direkteinleiter abwälzen. Die Abgabe betrage im Zeitraum seit 01.01.1997 35,00 DM pro Einwohner. Auf dem Grundstück des Klägers lebten von Januar bis Dezember 1994 vier Personen. Folglich sei die Abgabe auf (4 x 35,00 DM =) 140,00 DM festzusetzen gewesen. Der Kläger sei auch nicht von der Abwasserabgabe befreit, da seine Anlage nicht dem Stand der Technik entspreche. Die Auffassung, dass die Abwasserabgabe nur dann auf Kleineinleiter abgewälzt werden dürfe, wenn und soweit die Abwasserabgabenschuld nicht mit Investitionsaufwendungen verrechnet werde, sei falsch. Eine Abgabe sei zu entrichten, wenn eine entsprechende Abgabenschuld bestehe. Es komme nur darauf an, ob die Schuld entstanden sei. Ob sie nachträglich durch Verrechnung gemäß § 10 Abs. 3 AbwAG wieder untergehe, sei unerheblich. Wille des Gesetzgebers sei es, dass die von den Körperschaften anstelle der Kleineinleiter entrichtete Abgabe auf diese abgewälzt werde. Auf diesem Wege werde dem Verursacherprinzip Rechnung getragen. Damit die von der Abwasserabgabe beabsichtigte Lenkungswirkung erreicht werde, müsse die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft die Abwasserabgabe abwälzen. Wenn § 10 Abs. 5 AbwAG in den neuen Bundesländern gestatte, die Abwasserabgabe nicht nur für die Einleitungen zu verrechnen, auf die sich die Investitionsmaßnahme beziehe, sondern auch mit jeder anderen Einleitung, wolle das Gesetz hiermit nicht den wasserrechtlich unerwünschten Kleineinleiter begünstigen. Vielmehr sei es Absicht des Gesetzgebers, die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft zu entlasten, die anderenorts zentrale Kläranlagen herstelle. Es käme zu einer unzulässigen Quersubventionierung, wenn die Zentraleinleiter, die mit ihren Beiträgen den Bau einer zentralen Kläranlage finanzierten, es den nicht angeschlossenen Direkteinleitern ermöglichten, letztlich von der Abwasserabgabe befreit zu werden. Im Übrigen schreibe § 13 Abwasserabgabengesetz vor, dass das Aufkommen der Abwasserabgabe für Maßnahmen zweckgebunden eingesetzt werden solle, die der Erhaltung oder Verbesserung der Gewässergüte dienten.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 07.05.2003 den angegriffenen Bescheid aufgehoben, soweit darin eine Abwasserabgabe in Höhe von 140,00 DM und eine Abwassergrundabgabe von 48,00 DM festgesetzt wurde. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es den Kommunen in Thüringen verwehrt sei, den ihnen bei der Abwälzung der Kleineinleiterabgabe entstehenden Verwaltungsaufwand durch Erhebung einer Grundabgabe zu decken. Gemäß § 12 Abs. 2 ThürAbwAG seien zur Deckung des Verwaltungsaufwands entsprechende Beträge von der Abgabenschuld der Gemeinde abzusetzen. Dieser abzusetzende Betrag werde je Einwohner und Jahr mit 1,00 DM bzw. nunmehr 50 Cent pauschaliert. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber ersichtlich eine abschließende Regelung getroffen, wie sich aus dem klaren Wortlaut ergebe. Soweit es die schadeinheitenabhängige Abwasserabgabe betreffe, sei für eine Abwälzung kein Raum, wenn die abgabenerhebende Körperschaft im maßgeblichen Veranlagungszeitraum wegen einer Verrechnung gemäß § 10 Abs. 3 und 5 AbwAG tatsächlich keine Abwasserabgaben zu zahlen hatte. Dies ergebe sich zunächst aus dem Wortlaut, weil nur eine existierende Abgabenschuld "abgewälzt" werden könne. Auch in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ThürAbwAG werde auf eine "zu entrichtende Abwasserabgabe" abgestellt. Diese Interpretation werde auch Sinn und Zweck der abwasserabgabenrechtlichen Regelungen gerecht. Die Verrechnungsmöglichkeit des § 10 Abs. 3 AbwAG entlaste im Endeffekt die Indirekteinleiter, die sich an der Finanzierung der Maßnahme durch Beiträge und Gebühren beteiligten. Nach der weitergehenden Regelung für das Beitrittsgebiet in § 10 Abs. 5 AbwAG könne der Zweckverband aber auch Abwasserabgaben verrechnen, die er für Einleitungen der Direkteinleiter schulde. Es sei kein Grund ersichtlich, dass der Direkteinleiter nicht im gleichen Umfang entlastet werden solle wie der indirekte Einleiter. Ziel der Einführung des § 10 Abs. 5 AbwAG durch das Gesetz vom 05.07.1994 sei es gewesen, im Beitrittsgebiet den Abgabenpflichtigen, die wegen nicht vorhandener bzw. unzulänglicher Abwasserbehandlungsanlagen ansonsten hohe Abwasserabgaben zu entrichten hätten, mit einer besonderen Verrechnungsmöglichkeit befristet entgegenzukommen. Folgte man der Argumentation des Beklagten, müsste der Direkteinleiter eine Abgabe zahlen, der auf Seiten des Verbandes keine entsprechende Abgabenschuld gegenüberstehe. Entweder würde die Zahlung der Direkteinleiter zu einer unzulässigen Überdeckung des Kostenaufwands führen. Oder der Zweckverband würde diese Beträge kostenmindernd in seiner Gebührenkalkulation berücksichtigen. Folge wäre eine vom Gesetzeszweck nicht gerechtfertigte Quersubventionierung der Indirekteinleiter zulasten der Direkteinleiter. Mit Lenkungszwecken ließe sich dieses Ergebnis nicht begründen, da es nicht in der Hand des Kleineinleiters liege, ob und zu welchem Zeitpunkt er an das Kanalsystem angeschlossen werde.

Gegen dieses, dem Beklagten-Bevollmächtigten am 16.09.2003 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 26.09.2003 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und am 15.11.2003 begründet. Der Senat hat die Berufung durch Beschluss vom 07.06.2005 zugelassen (zugestellt am 16.06.2005). Der Beklagte hat die Berufung am 18.07.2005, einem Montag, begründet. Er macht geltend, dass die Verrechnung der Abwasserabgabe mit Investitionen üblicherweise durch einen gesonderten Bescheid erfolge, der zumeist einige Jahre später ergehe. Die Rechtsprechung des Ausgangsgerichts sowie des VG Gera stehe der bisherigen Verwaltungspraxis in Thüringen entgegen. Danach sei bei der Abwälzung der Abwasserabgabe für Direkteinleiter auf die Höhe der festgesetzten Abwasserabgabe, nicht auf die Höhe der nach Verrechnung letztlich gezahlten Abwasserabgabe abgestellt worden. Bei den Kanaleinleitern sei die Höhe der festgesetzten Abwasserabgabe, nicht die Höhe der nach Verrechnung letztlich gezahlten Abwasserabgabe in den gebührenfähigen Aufwand eingeflossen. Damit dem Zweckverband kein finanzieller Vorteil entstehe, sei die verrechnete Abwasserabgabe in der Beitragskalkulation analog den gewährten Fördermitteln als Abzugskapital behandelt worden. Diese Verwaltungspraxis sei teilweise aufgegeben worden, nachdem das Innenministerium im Anschluss an die Entscheidung des VG Gera vorgegeben habe, dass eine gemäß § 10 Abs. 5 AbwAG verrechnete Abwasserabgabe weder über eine Kommunalabgabe zur Abwälzung der Abwasserabgabe auf Direkteinleiter noch durch eine Kostenposition in der Gebührenkalkulation auf Indirekteinleiter umgelegt werden dürfe. Die auf den Wortlaut abstellende Argumentation sei nicht zwingend. Denn die Festsetzung begründe eine Abgabenschuld; wie sie getilgt werde - durch Zahlung oder durch Verrechnung - stehe auf einem anderen Blatt. Entscheidend seien Sinn und Zweck der abwasserabgabenrechtlichen Regelungen. Von der Anreizwirkung bleibe nichts übrig, wenn der Zweckverband gezwungen wäre, den finanziellen Vorteil an denjenigen durchzureichen, der den Überlauf seiner nicht dem Stand der Technik entsprechenden Anlage in ein Gewässer einleite. Die Verrechnung der Investitionen eines Abwasserzweckverbandes privilegiere widersinnigerweise gerade denjenigen Einleiter, der nach dem Willen des Gesetzgebers nicht begünstigt werden sollte. Da der Kläger nicht Anschlussnehmer des Beklagten sei, trage er zur Finanzierung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung nicht bei. Gleichwohl beanspruche er, von den Investitionen des Beklagten zu profitieren. Dies entspreche nicht dem Grundsatz der verursachungsgerechten Kostenzuordnung. In Bezug auf die Grundabgabe erkenne das Verwaltungsgericht zwar, dass den abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaften durch die verwaltungsmäßige und technische Betreuung der Direkteinleiter ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand entstehe (wird ausgeführt). Da es sich um einrichtungsfremde Kosten handele, könnten diese Kosten aber weder den Kanaleinleitern noch den Verbandsgemeinden zugeordnet werden. Nicht nur die Direkteinleiter, sondern auch die Nutzer der Teilortskanalisation würden von der Abwälzung der Abwasserabgabe betroffen. Die Letztgenannten erhielten allerdings keinen separaten Bescheid, vielmehr fließe die Abwasserabgabe in die Kalkulation der Einleitgebühren ein. In gleicher Weise müssten sich sogar Grundstücke, die an eine zentrale Abwasserbehandlungsanlage angeschlossen sind, an der Abwälzung der Abwasserabgabe beteiligen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 07.05.2003, 6 K 272/01.We, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat im vorbereitenden Verfahren keinen Antrag gestellt, der von einem beim Oberverwaltungsgericht zugelassenen Bevollmächtigten (§ 67 Abs. 1 VwGO) verfasst wurde. Er macht geltend, die Abwälzung der Abwasserabgabe nur auf Direkteinleiter sei nicht zu akzeptieren. Rechtens könne nur sein, dass die "festgesetzte" Abwasserabgabe auf sämtliche Anwohner des gesamten Verbandsgebiets umgelegt werde. Er, der Kläger, könne mit einer derartigen Entlastung durch die Abwasserabgabe nicht rechnen, wenn bei ihm investiert werde, da die Anzahl der Abwasserabgabenpflichtigen mit jeder Investition geringer werde. Er zahle bis zum eventuellen Anschluss an die zentrale Kläranlage 35,00 DM pro Person und Jahr, während anderenorts das Geld zum gleichen Zeitpunkt in die Tilgung der Anschlussbeiträge fließe. Es könne nicht Aufgabe der Abwasserabgabe sein, Direkteinleiter zu bestrafen, denn der Beklagte sei für den Anschluss verantwortlich. Die Kosten, die bei der Abwälzung der Abwasserabgabe entstehen, seien durch die Verrechnung der Abwasserabgabe mit den Investitionen mehr als gedeckt. Bei der Versendung der Bescheide entstünden keine Kosten. Die Bescheide für die Abwasserabgabe seien auf der jährlichen Abrechnung des Frisch- und Abwasserbescheids enthalten. Zudem sei der beschriebene Aufwand für die technische Betreuung in der Regel nur ein einmaliger Aufwand für die Prüfung des Einleiterstatus. Dies rechtfertige keine jährliche Grundgebühr. Die "festgesetzte" Abwasserabgabe diene nur als Berechnungsgrundlage für die tatsächlich "zu entrichtende" Abwasserabgabe und nicht als Teilfinanzierungsabgabe für Investitionen, die an einem anderen Ort investiert wurden, als bei denen, die sie gezahlt haben. Schließlich komme es dem Beklagten tatsächlich nicht darauf an, ob das Abwasser in einer herkömmlichen Dreikammerklärgrube oder in einer vollbiologischen Anlage gereinigt werde. Es gäbe in dem Gebührenschlüssel des Beklagten keinen Unterschied für die Art der Reinigung als Grundlage für die Erhebung der Abwasserabgabe.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Heftungen) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, über die der Senat gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz entschuldigten Ausbleibens des Klägers verhandeln und entscheiden kann, hat Erfolg, soweit es die Abwälzung der Abwasserabgabe anbelangt. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Zunächst ist zum Streitgegenstand festzustellen, dass sich die Klage nur noch gegen den Bescheid des Beklagten und den Widerspruchsbescheid richtet, soweit hinter dem Gebührenschlüssel 53 Beträge in Höhe von 48,00 DM und 140,00 DM erhoben wurden. Der Bescheid vom 25.01.1998 enthielt Festsetzungen über Wassergrundgebühren und Wassergebühren sowie hinter dem Gebührenschlüssel 53 Grundgebühren in Höhe von 48,00 DM und ausdrücklich bezeichnete Abwasserabgaben in Höhe von 140,00 DM. Des weiteren wurden Mahnkosten von 60,00 DM festgesetzt und für alle Abgaben Vorauszahlungen erhoben. Der Kläger hat hiergegen mit Ausnahme der Trinkwasserverbrauchsgebühr Widerspruch und nach Abschluss des Vorverfahrens Klage erhoben. Durch den Abtrennungsbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 01.02.2001 wurde das Verfahren hinsichtlich der erhobenen "Abwasserabgaben" abgetrennt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte die Grundgebühr noch damit begründet, es handele sich um die Umlage von Vorhaltekosten im Zusammenhang mit der Fäkalschlammbeseitigung. Dennoch ist die Abtrennung so zu verstehen, dass nicht Abwasserabgaben im Rechtssinne gemeint sind - streng betrachtet fiele die Abgabe zur Abwälzung der Abwasserabgabe auch nicht hierunter -, sondern Abgaben für Abwasser. Das Verwaltungsgericht hat über die Vorauszahlungen und die Mahnkosten nicht entschieden. Dies kann aber dahinstehen, da der Bescheid vom 25.01.1998 in dem nach Trennung verbliebenen anderen Teil des Ausgangsverfahrens mit Ausnahme der Wassergrundgebühren und der hier streitigen Beträge durch Vergleich vom 07.05.2003 "komplett" aufgehoben wurde. Streitgegenstand in diesem Verfahren sind folglich die restlichen Beträge von 48,00 DM und 140,00 DM für die Abwasserabwälzungsabgabe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als begründet erachtet, soweit es die Grundgebühr oder Grundabgabe in Höhe von 48,00 DM anbelangt, weil der Bescheid insoweit rechtswidrig ist und der Kläger hierdurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Hinblick auf die Abgabe zur Abwälzung der Abwasserabgabe in Höhe von 140,00 DM ist das Urteil jedoch zu ändern und die Klage abzuweisen.

1. Der Bescheid vom 25.01.1998 ist formell nicht zu beanstanden. Die Zuständigkeit des Beklagten zur Erhebung der abwasserabgabenrechtlichen Forderungen folgt aus § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 ThürAbwAG. Die Zuständigkeit für eine - entsprechend dem ersten Vorbringen - nicht abwasserabgabenrechtliche Grundgebühr ergibt sich aus §§ 12 Abs. 1 ThürKAG, 16 Abs. 1 ThürKGG. Der Ausgangsbescheid vom 25.01.1998 ist zwar hinsichtlich der Grundgebühr auslegungsbedürftig. Er ist jedoch, wie im nachfolgenden Zusammenhang ausgeführt wird, auslegungsfähig und damit noch hinreichend bestimmt.

2. a) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids im Hinblick auf die Grundgebühr oder -abgabe ist zunächst entscheidend, welche Abgabe damit erhoben werden sollte oder, treffender ausgedrückt, welchen Sachverhalt der Beklagte mit einer Abgabe belegen wollte. Der Bescheid vom 25.01.1998 ist insoweit nicht eindeutig. Abgesehen von den Grund- und Verbrauchsgebühren für Wasser ist unter der Spalte mit der Überschrift "Grundgebühr" ein Verbrauchszeitraum von 01.97 bis 12.97 bezeichnet, in dem für 12 Monate eine monatliche Grundgebühr in Höhe von 4,00 DM, mithin insgesamt 48,00 DM festgesetzt wird. In der Spalte darunter wird eine Abwasserabgabe für 12 Monate in Höhe von je 11,66 DM, insgesamt 140,00 DM festgesetzt. Vor beiden Spalten wird als "Gebührenschlüssel" die Nr. 53 angegeben. Nach der in den Akten befindlichen "Übersicht der Preisschlüssel Wasser/Gebührenschlüssel Abwasser", welche die damals vom Beklagten erhobenen Gebühren erläutert, sind unter dem Gebührenschlüssel 53 "KKA ohne Kanalanschluss" ohne sonst eindeutige Zwischenüberschrift 48,00 DM für einen Nutzraum bis 10 m² ausgewiesen sowie ebenfalls unter Gebührenschlüssel 53 "Umlegung Abwasserabgabe, Haushalt pro Einwohner/Jahr 35,00 DM". Diese Erläuterung erlaubt noch keine eindeutige Zuordnung, welche Art von Abgabe sich hinter dem Betrag von 48,00 DM verbirgt. Klarheit schafft jedoch das Satzungsrecht des Beklagten. In der AbwAS war eine Grundabgabe oder -gebühr nicht vorgesehen, wohl aber in § 11 BGS-EWS (Grundgebühr). In § 11 Abs. 3 BGS-EWS war geregelt, dass die Grundgebühr bei nicht anschließbaren Grundstücken nach dem auf dem Grundstück vorhandenen Nutzraum berechnet wird und dass diese bei einem Nutzraum bis 10 m³ 48,00 DM/Jahr beträgt. Demnach musste ein verständiger Adressat den Bescheid so auffassen, dass nur diese Grundgebühr gemeint sein konnte. Diese Auslegung bestätigt das Schreiben des Beklagten vom 14.05.1998, in dem erläutert wird, dass die Grundgebühr gemäß BGS-EWS erhoben wird und die Vorhalteleistungen abdeckt, die in der Kläranlage unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme entstehen. Auch im Widerspruchsbescheid ist ausdrücklich ausgeführt, dass der Beklagte gemäß §§ 10, 11 BGS-EWS vom 29.06.1998 für die Benutzung der Entwässerungseinrichtung Grundgebühren erhebt. In der Klageerwiderung lässt der Beklagte schließlich ausführlich darstellen, dass das ständige Vorhalten der Kapazitäten für den Abtransport und die Entsorgung des Fäkalschlamms Kosten verursache, die durch die Grundgebühr teilweise gedeckt werden sollten.

Wurde mit dem im Bescheid ausgewiesenen Betrag von 48,00 DM eine Grundgebühr für die öffentliche Entwässerungseinrichtung zur Deckung der Vorhaltekosten für die Fäkalschlammentsorgung erhoben, so war es dem Beklagten verwehrt, den Bescheid insoweit nachträglich auf die Grundabgabe der Kleineinleitersatzung zu stützen. Denn damit wurde nicht etwa nur die rechtliche Begründung der Abgabe ersetzt oder eine die Wirksamkeit heilende Rechtsgrundlage geschaffen. Vielmehr wurde der Bezugsgegenstand für die Abgabenerhebung nachträglich ausgetauscht. Unverändert blieb zwar der Betrag von 48,00 DM als mengenunabhängiger Sockelbetrag. Während der Betrag aber zunächst als Grundgebühr für die Vorhalteleistungen der öffentlichen Fäkalschlammentsorgung ausgewiesen wurde, sollten damit nach Erlass der Kleineinleitersatzung Verwaltungs- und sonstige Kosten gedeckt werden, die, wie der Beklagte ausdrücklich hervorhebt, außerhalb der öffentlichen Entwässerungseinrichtung im Zusammenhang mit der Abwälzung der Abwasserabgabe entstehen. Dies aber ist ein anderer Lebenssachverhalt, der mit der Abgabe belegt wird und damit inhaltlich ein anderer Verwaltungsakt.

Der Senat hat bereits in den Beschlüssen vom 24.01.2001 (4 ZEO 842/98, Abdruck S. 3, 4) und vom 12.07.2002 (4 ZEO 243/00, NVwZ-RR 2003, 229 ff.; ThürVBl. 2003, 83 ff.; ZKF 2003, 82 f.) unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, dass ein fälschlicherweise auf das Straßenbaubeitragsrecht gestützter Heranziehungsbescheid gegebenenfalls nach Erschließungsbeitragsrecht zu beurteilen ist und im Wege schlichter Rechtsanwendung aufrecht erhalten werden kann. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Berücksichtigung anderer Tatsachen oder Rechtsgründe eine Wesensveränderung des Verwaltungsakts bewirkt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die in ihm enthaltene Festsetzung zu Gunsten einer anderen Abgabenart aufrecht erhalten (Gebühr oder Steuer an Stelle Erschließungsbeitrag) oder wenn der Bezugsgegenstand des Bescheids ausgetauscht wird. Ein wesensverändernder Wechsel des Bezugsgegenstandes läge vor, wenn als Abgabentatbestand ein anderer Lebenssachverhalt eingeführt würde, etwa wenn der Erschließungsbeitrag auf ein anderes Grundstück, eine andere Erschließungsanlage oder auf eine aus anderen Straßen gebildete Erschließungseinheit bezogen würde.

Aus dieser Erkenntnis folgt, dass der Bescheid vom 25.01.1998 nur mit seinem ursprünglichen, durch Auslegung ermittelten Regelungsinhalt (Grundgebühr Fäkalschlammentsorgung) rechtlich zu bewerten ist. Um eine Grundabgabe gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 der Kleineinleitersatzung vom 09.11.2000 zu erheben, hätte der Beklagte einen neuen Verwaltungsakt erlassen müssen.

Ist davon auszugehen, dass mit dem Bescheid vom 25.01.1998 ursprünglich Vorhalteleistungen für die Fäkalschlammbeseitigung gedeckt werden sollten, so ist er nach dem eigenen Vortrag des Beklagten rechtswidrig. Wie er ausdrücklich klarstellt, durfte diese Grundgebühr nicht erhoben werden, weil die Kosten der Fäkalschlammbeseitigung bereits durch die Mengengebühr vollständig gedeckt worden waren.

b) Selbst wenn der Beklagte den Kläger zu einer Grundabgabe im rechtlichen Zusammenhang mit der Abwasserabgabe heranziehen wollte, wäre der in Streit stehende oder ein ggf. noch zu erlassender Bescheid aus zweierlei Gründen ebenfalls rechtswidrig.

Da bis zum Erlass der Kleineinleitersatzung vom 09.11.2000 noch keine Regelung existierte, auf Grund deren der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Erhebung der Abwasserabgabe abgabepflichtig war, läge insoweit ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von jenen Fällen, in denen ein Gebührentatbestand nachträglich geheilt oder - im Beitragsrecht - nachträglich geschaffen wird und auch bereits erlassenen Bescheiden eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage liefert. Hier möchte der Beklagte eine zeitabschnittsbezogene Abgabe erheben, für die im fraglichen Veranlagungsjahr noch überhaupt keine, d. h. auch keine unwirksame satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage vorhanden war. Die Auffassung des Beklagten, dass durch den Erlass der rückwirkenden Satzung kein schutzwürdiges Vertrauen der Direkteinleiter verletzt worden wäre, weil sie bereits entsprechende Bescheide erhalten und einen Betrag in gleicher Höhe zu zahlen hätten, greift nicht. Denn für diese Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob die Verwaltungsstellen des Zweckverbandes Bescheide ohne Ermächtigungsgrundlage erstellt haben, sondern darauf, ob der potentielle Normadressat damit rechnen musste, auf satzungsrechtlicher Grundlage zu einer Abgabe herangezogen zu werden. Dies ist aber grundsätzlich erst der Fall, wenn der Normadressat auf Grund einer Maßnahme des für die Entscheidung zuständigen Organs damit rechnen muss, dass demnächst ein Abgabentatbestand erlassen und in Kraft treten wird. Das Bundesverfassungsgericht hat daher in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das schützwürdige Vertrauen in den Fortbestand eines Gesetzes erst mit dem (endgültigen) Gesetzesbeschluss des Bundestags beseitigt wird und nicht etwa schon mit der Ankündigung der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf einzubringen (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 03.12.1997, 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67 [79]). In gleicher Weise entfällt bei einer Verordnung der Vertrauensschutz des Betroffenen erst mit der Beschlussfassung durch die Landesregierung und nicht schon mit der Ankündigung der - wenngleich zuständigen - Ressortministerin (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.12.2002, 2 C 32/01, NVwZ-RR 2003, S. 515 [516]). Das schutzwürdige Vertrauen des Normadressaten kann demnach bei zeitabschnittsbezogenen Abgabentatbeständen erst dann entfallen, wenn die Satzung - sei sie auch letztlich unwirksam - beschlossen wurde, frühestens mit der Ankündigung des für den Beschluss zuständigen Gremiums, eine Satzung zu erlassen.

Schließlich wäre eine abwasserabgabenrechtliche Grundabgabe rechtswidrig, weil sie, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, gegen § 12 Abs. 2 ThürAbwAG verstieße.

Gemäß § 1 AbwAG ist für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1 des WHG eine Abgabe zu entrichten, die durch die Länder erhoben wird. Abweichend von § 9 Abs. 1 AbwAG sind gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG an Stelle von Kleineinleitern, d. h. Einleitern, die weniger als acht Kubikmeter je Tag Schmutzwasser aus Haushaltungen und ähnliches Schmutzwasser einleiten, von den Ländern zu bestimmende Körperschaften abgabepflichtig. Hierzu bestimmt § 8 Abs. 1 Satz 1 ThürAbwAG, dass die Gemeinden für die von ihnen für eigene Einleitungen zu entrichtende, für die von ihnen nach § 7 ThürAbwAG anstelle von Abwassereinleitern (Anm.: Kleineinleiter) zu entrichtende oder die von anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts auf sie umgelegte Abwasserabgabe nach den Bestimmungen des Thüringer Kommunalabgabengesetzes abwälzen. Zu den Kosten der Abwälzung enthält § 12 Abs. 2 ThürAbwAG eine eindeutige Regelung. Sie beruht ihrerseits auf § 13 Abs. 1 AbwAG; nach dessen Satz 2 können die Länder bestimmen, dass der durch den Vollzug dieses Gesetzes und der ergänzenden landesrechtlichen Vorschriften entstehende Verwaltungsaufwand aus dem Aufkommen der Abwasserabgabe gedeckt wird. Umstritten war, ob diese Vorschrift nur im Verhältnis vom Bund zu den Ländern gilt. Dies kann jedoch dahinstehen, da jedenfalls die landesrechtliche Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 ThürAbwAG eine (weitere) Abwälzung der Verwaltungskosten auf die Kleineinleiter ausschließt. Nach dieser Vorschrift sind zur Deckung des Verwaltungsaufwands, der bei der Abwälzung der Abgabe nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ThürAbwAG entsteht, entsprechende Beträge von der Abgabeschuld der Gemeinden und Körperschaften abzusetzen. Der abzusetzende Betrag wird je Einwohner und Jahr mit 50 Cent (früher 1,00 DM) pauschaliert. Abgesehen von dem bereits klaren Gesetzeswortlaut geht die Begrenzung der Kostendeckung eindeutig aus der amtlichen Begründung (LT-Drs. 1/1727, zu § 12) hervor, in der nochmals erläutert wird, dass der den Körperschaften bei der Abwälzung der Abwasserabgabe nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ThürAbwAG entstehende Verwaltungsaufwand aus dem Aufkommen der Abwasserabgabe gedeckt werden soll; dazu sehe Absatz 2 eine Pauschale vor, die die beseitigungspflichtige Körperschaft direkt von der Abwasserabgabe absetzen kann. Auf die weitere Frage, ob für die Erhebung einer Gebühr zur Deckung der Verwaltungskosten eine Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung steht, kommt es danach nicht mehr an.

Die gleiche Auffassung vertreten das VG Gera (Urteil vom 13.03.1997, 5 K 98/95.Ge, ThürVBl. 1998, S. 284) sowie das OVG Saarland (Beschluss vom 01.10.1990, 1 R 109/89, NVwZ-RR 1992, S. 269, allerdings zum dortigen Landesrecht) und das OVG MV (Urteil vom 13.02.2002, 1 L 58/00, zitiert nach Juris, mit der gleichen Argumentation wie OVG Saarland). Die vom Beklagten zitierte Entscheidung des OVG NW (Urteil vom 20.09.1983, 2 A 1398/82, NVwZ 1984, S. 390) ist hierzu nicht verwertbar. Denn § 65 WG-NW, der die Umlage der Abwasserabgabe regelt, enthält keine Bestimmung, die § 12 Abs. 2 ThürAbwAG entspricht.

Der Einwand des Beklagten, es bestehe eine Parallelität hinsichtlich der Kosten für die Abwälzung der Abwasserabgabe der Kleineinleiter und jenen Abwasserabgaben, die den Kommunen für die Abwasserabgabe für eigene Einleitungen aus ihrer Kanalisation entstünden, greift nicht. Im ersten Fall werden die Kommunen mit dem Vollzug des Abwasserabgabengesetzes betraut, bei dem ihnen Kosten entstehen, obwohl sie den abwasserabgabenpflichtigen Tatbestand selbst nicht erfüllen und quasi nur als Inkassostelle zwischengeschaltet sind. Im zweiten Fall sind die Kommunen jedoch selbst abgabepflichtig. Die Abwasserabgabe und die damit in Zusammenhang stehenden Verwaltungsleistungen stellen grundsätzlich Kosten für die Aufgabenerfüllung dar. Trotz der Formulierung in § 8 Abs. 1 Nr. 1 ThürAbwAG handelt es sich eigentlich nicht um eine Abwälzung der für andere Einleiter gezahlten Abgabe im Sinne des § 9 Abs. 2 AbwAG. Nach Berendes (AbwAG, 3. Aufl. 1995, S. 206) gilt daher § 13 Abs. 1 Satz 2 AbwAG (Verwaltungsaufwand aus dem Aufkommen der Abwasserabgabe zu decken) nicht für die Kosten, die den Kommunen als abgabepflichtige Direkteinleiter durch die Abwälzung der Abwasserabgabe auf die Benutzer der Kanalisation nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes entstehen (in diesem Sinne auch Köhler, AbwAG, 1999, § 9 Rdnr. 12, 15). Anderslautende Gesetze widersprächen Bundesrecht und seien danach unwirksam. Ob § 12 Abs. 1 ThürKAG vor diesem Hintergrund verfassungskonform dahin ausgelegt werden müsste, dass er nur für Direkteinleiter gilt, bedarf hier allerdings keiner Klärung.

3. Der angefochtene Bescheid ist im Hinblick auf die Abwälzung der Abwasserabgabe materiell rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage für die Abwälzung der Abwasserabgabe sind §§ 1, 5, 6 der AbwAS in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 01.10.1996, die - insoweit - den inhaltsgleichen Regelungen in §§ 1, 4 Abs. 3, 5 Abs. 2 der Kleineinleiterabgabensatzung vom 09.11.2000 entsprechen.

a) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwingt der Wortlaut der gesetzlichen Grundlagen für die Abwälzung der Kleineinleiterabgabe nicht zu der Auslegung, dass eine Abwälzung im Fall der Verrechnung ausgeschlossen sei. Das Verwaltungsgericht hält die erhobene Abgabe zur Abwälzung der Abwasserabgabe für rechtswidrig, weil es aus dem Wortlaut "Abwälzbarkeit" (§ 9 Abs. 2 Satz 3 AbwAG) und "zu entrichtende" (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ThürAbwAG) folgert, dass eine Abwälzung ausscheide, wenn die Kommune aufgrund einer Verrechnung tatsächlich keine Abwasserabgabe zahlen musste und keine abzuwälzende Schuld existiere. Diese Meinung wird in Rechtsprechung und Schrifttum geteilt (VG Gera, Gerichtsbescheid vom 20.01.1999, 5 K 1286/96.Ge, ThürVBl. 1999, S. 116 f.; Urteil vom 12.11.2001, 5 K 1167/00.Ge, ThürVBl. 2002, S. 145; OVG-LSA, Urteil vom 09.10.2003, 1 K 459/01, zitiert nach Juris; Kotulla, AbwAG, 2005, § 9 Rdnr. 19; Dahme in: SZDK, WHG, Stand 7/2005, § 9 AbwAG Rdnr. 16, Hinweis auf die Rspr. ohne erkennbare eigene Stellungnahme).

Dem Verwaltungsgericht ist zuzugeben, dass unter einer Abwälzung im herkömmlichen Sprachgebrauch die Übertragung oder Verteilung einer Last oder finanziellen Belastung zu verstehen sein wird. Dies würde hier voraussetzen, dass die abwälzende Kommune eine Zahlung leisten muss oder zumindest eine finanzielle Verbindlichkeit zu tragen hat, die Gegenstand der Abwälzung sein kann. Allerdings könnten die betreffenden Vorschriften ihrem Wortlaut nach auch so verstanden werden, dass bei einer Einleitung von Abwasser die Abwasserabgabeschuld entsteht, aber gemäß § 10 Abs. 3 und 5 AbwAG mit Investitionen verrechnet werden kann und diese Verrechnung die Abgabenschuld - statt durch Zahlung - entsprechend mindert oder tilgt. Bei dieser Betrachtung änderte sich nichts daran, dass die Abwasserabgabe eine zu entrichtende Schuld wäre und die finanzielle Belastung mithin abgewälzt werden könnte. Gegen dieses Verständnis ließe sich einwenden, dass das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 20.04.2005 (9 C 4/04, BVerwGE 123, 292 [295]) ausgeführt hat, die Investitionsaufwendungen begründeten keine selbständige Forderung des Abgabenschuldners gegenüber der Abgabenbehörde, die der Abgabenforderung entgegengehalten werden könnten, um zu einer vereinfachten Erfüllung zu gelangen. Eine Verrechnung nach § 10 Abs. 3 AbwAG betreffe deswegen nicht die Ebene der Erfüllung der Abgabenschuld, sondern vielmehr ihre Höhe und mithin die Rechtmäßigkeit der Abgabenerhebung. Hierüber sei im Abgabenbescheid selbst und damit durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Diese Einstufung könnte darauf hindeuten, dass die Abgabenschuld nach der Verrechnung als nicht entstanden zu behandeln wäre.

Gleichwohl erscheint die rechtliche Qualifizierung des Bundesverwaltungsgerichts fraglich. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung nicht mit der vorliegenden Problematik, sondern im Zusammenhang mit der statthaften Klageart lediglich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die Verrechnung durch bloße Erklärung des Abgabeschuldners bewirkt werden kann oder den Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts erfordert. Seine Wertung, die Verrechnung betreffe nicht die Erfüllung, sondern die Rechtmäßigkeit der Abgabenschuld, ist in erster Linie so zu verstehen, dass es begründen wollte, warum über die Verrechnung im Abgabenbescheid durch gesonderten Verrechnungs-Verwaltungsakt zu entscheiden ist. Gegen die Lösung des Bundesverwaltungsgerichts spricht zum einen der Wortlaut des § 10 Abs. 3 und 5 AbwAG, wonach die Aufwendungen für die Errichtung oder Erweiterung mit der "geschuldeten" Abwasserabgabe verrechnet werden können. Auch die Entstehungsgeschichte spricht gegen die Wertung des Bundesverwaltungsgerichts. In der ursprünglichen Fassung enthielt § 10 Abs. 3 AbwAG eine Regelung, der zufolge die Abwasserabgabe für die Dauer von drei Jahren vor Inbetriebnahme einer Abwasserbehandlungsanlage (von vornherein) nicht entsteht. Das Nichtentstehen der Abwasserabgabe war von Amts wegen zu beachten. Durch das 2. Änderungsgesetz zum AbwAG wurde eine Antragsvoraussetzung eingeführt; der Abgabenpflichtige musste fortan die "Aufrechnung" erklären, um die Abgabe zu mindern. Durch das 3. Änderungsgesetz zum AbwAG wurde der Begriff "Aufrechnung" durch "Verrechnung" ersetzt. Auch wenn den amtlichen Drucksachen hierzu nichts zu entnehmen ist, geschah dies aber wohl nur mit dem Ziel einer terminologischen Korrektur, weil sich im Falle des § 10 Abs. 3 AbwAG keine gegenseitigen Forderungen gegenüberstehen. Bereits der frühere Terminus der "Aufrechung" wurde - abgesehen von der fehlenden Gegenforderung - allerdings in dem Sinne verstanden, dass damit eine entstandene, nicht notwendig schon fällige Abgabe getilgt werde (Dahme in: SZDK, WHG, Stand 7/2005, § 10 AbwAG Rdnr. 37, 38; Nisipeanu, AbwAG, 1997, S. 551). Davon ist auch beim Begriff der "Verrechnung" auszugehen. Der Begriff unterscheidet sich von der Aufrechnung dadurch, dass die bei dieser vorausgesetzte Gegenseitigkeit der Forderungen nicht erforderlich ist, so dass die Verrechnung auch in einem Dreiecksverhältnis möglich ist (HessVGH, Urteil vom 14.09.1995, 5 UE 260/93, zitiert nach Juris). Dies spricht dafür, die Verrechnung in § 10 Abs. 3 AbwAG so aufzufassen, dass eine Abgabenschuld entstanden ist und durch die Verrechnung getilgt wird (so auch Köhler, a. a. O., § 10 Rdnr. 30; Dahme, a. a. O., § 10 AbwAG Rdnr. 46 i. V. m. 37 f.; Berendes, a. a. O., S. 161, 162). Das schließt die Annahme nicht aus, dass über die Anerkennung der Verrechnung durch Verwaltungsakt entschieden werden muss (vgl. Dahme, a. a. O., § 10 AbwAG Rdnr. 53).

b) Neben und ungeachtet dieser am Wortlaut orientierten Auslegung steht der Lösung der Vorinstanz maßgeblich der Zweck des Abwasserabgabengesetzes und insbesondere des § 10 Abs. 3 AbwAG entgegen, wirtschaftliche Anreize zur Verbesserung der Abwasserbehandlung zu schaffen. Der Beklagte vertritt den Standpunkt, dass die Belastung aus der Abwasserabgabe verursachungsgerecht dem Kleineinleiter zugerechnet werden müsse, der das Gewässer durch seine Einleitungen von Abwasser belastet, und dem deshalb nicht die Wohltat der Verrechnung zu Gute kommen dürfe. Hiergegen ließe sich anführen, dass der Kleineinleiter es kaum in der Hand hat, wann er an eine zentrale Kläranlage angeschlossen wird. Richtet man die Betrachtung auf die politische Kommune, bildet der Kleineinleiter eine Solidargemeinschaft mit den angeschlossenen Indirekteinleitern. Er kann lediglich versuchen, auf den Willensbildungsprozess in der Gemeinde oder Körperschaft Einfluss zu nehmen, damit sein Grundstück in den Kreis der angeschlossenen Grundstücke aufgenommen wird. Eine Minderung der Schadstoffbelastung und damit der Abwasserabgabe kann er aber ohne Kanalanschluss nicht oder nur erreichen, wenn er eine eigene Abwasserbehandlungsanlage errichtet oder verbessert. Dies kann wirtschaftlich unvernünftig sein, wenn der Anschluss an die zentrale Kläranlage absehbar bevorsteht. Aus dem Blickwinkel des Kleineinleiters würde der Lenkungszweck der Abwasserabgabe im Falle der Abwälzung somit weitgehend verfehlt.

Gegen diese Sichtweise, die auf die örtliche Gemeinschaft abstellt, spricht aber die spezifisch abwasserabgabenrechtliche Betrachtung. Die Verrechnungsmöglichkeit in § 10 Abs. 3 AbwAG dient dem Ziel, wirtschaftliche Anreize zur Verringerung schädlicher Abwassereinleitungen zu schaffen. Dabei wurden die einzelnen Absätze der Vorschrift in mehreren Änderungsgesetzen immer wieder angepasst, um die nachlassende Anreizwirkung wieder zu stärken oder auf weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Gewässerschutzes zu erstrecken. Der in der Vorschrift liegende Lenkungszweck besteht dabei nicht nur darin, Investitionen in Maßnahmen zum Gewässerschutz zu belohnen, indem die Abgabe reduziert wird. Sie soll auch bewirken, dass derjenige, der Aufwendungen für Abwasserbehandlungsanlagen und (später auch) Abwasseranlagen tätigt, keine Doppelbelastung tragen muss. Denn der Einleiter müsste ansonsten während der Herstellung die Abwasserabgabe für die eingeleitete Schadstofffracht bezahlen und darüber hinaus die Aufwendungen für den Bau einer neuen oder verbesserten Abwasserbehandlungsanlage tragen (vgl. Berendes, a. a. O., S. 152; Nisipeanu, a. a. O., S. 550). Vor diesem Hintergrund erfüllt die Verrechnungsmöglichkeit in § 10 Abs. 3 AbwAG auch die Funktion einer Finanzierungserleichterung. Dies wird besonders daran deutlich, dass Aufwendungen für eine begünstigte Maßnahme bereits drei Jahre vor der Inbetriebnahme verrechnet werden können, mithin in der Zeitspanne, in der der Einleiter typischerweise bereits erhebliche finanzielle Leistungen für die Maßnahme erbringt. Diese indirekte Bezuschussung fügt sich systematisch in § 13 Abs. 1 AbwAG, wonach das Aufkommen der Abwasserabgabe für Maßnahmen, die der Erhaltung oder Verbesserung der Gewässergüte dienen, zweckgebunden ist. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ergibt sich kein Unterschied, ob eine bereits eingenommene Abwasserabgabe für Maßnahmen des Gewässerschutzes wieder ausgereicht wird oder die Erhebung und Einziehung der Abgabe im Vorgriff darauf unterbleibt.

Vor diesem Hintergrund kann es schwerlich der Zielsetzung des Abwasserabgabengesetzes entsprechen, den Kleineinleiter von der Abgabe zu entlasten. Der Kleineinleiter erfüllt als Direkteinleiter selbst den Tatbestand der Abwasserabgabe. Abgabepflichtiger für die Kleineinleiter ist die nach § 9 Abs. 2 AbwAG landesrechtlich bestimmte Körperschaft, dies jedoch nur aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung. Der Kleineinleiter selbst hat keine Aufwendungen für Maßnahmen zur Verringerung schadstoffhaltiger Einleitungen getätigt, er wird daher von der Anreizfunktion des § 10 Abs. 3, 5 AbwAG nicht erreicht und bedarf auch keiner Entlastung wegen von ihm getätigter Investitionen. Etwas anderes ist auch nicht § 10 Abs. 5 AbwAG zu entnehmen, wonach begünstigte Aufwendungen im Beitrittsgebiet auch mit Abwasserabgaben verrechnet werden können, die der Abgabepflichtige für andere Einleitungen schuldet. Ziel dieser Regelung war es, den Abgabepflichtigten in den neuen Bundesländern wegen der ansonsten hohen Abwasserabgaben eine weitere - befristete - Verrechnungsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen. Soweit das Verwaltungsgericht folgert, dass diese Bestimmung der finanziellen Entlastung aller Abgabepflichtigen im Beitrittsgebiet dienen sollte, ist dies der Gesetzgebungshistorie allerdings nicht zu entnehmen (der ursprünglich sehr viel weitergehende Vorschlag der Bundesregierung, BT.-Drucks. 12/4272, erwies sich im Vermittlungsausschuss als nicht durchsetzbar; die Gründe für die Gesetz gewordene Fassung des § 10 Abs. 5 AbwAG sind in den BT-Drucks. nicht vollständig dokumentiert; vgl. auch Darstellung bei Köhler, a. a. O., § 10 Rdnr. 109). Der Intention des Gesetzes wird daher am ehesten Rechnung getragen, wenn die Verrechnung - zumindest zu einem erheblichen Teil - demjenigen zu Gute kommt, der Maßnahmen zur Gewässerreinhaltung unternommen bzw. finanziert hat.

Gegen die Rechtmäßigkeit der Abwälzung der Abwasserabgabe, insbesondere die konkrete Bemessung im vorliegenden Einzelfall sind im Übrigen stichhaltige Bedenken weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO entsprechend.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO). Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht gegeben. Die Revision ist wegen Divergenz nur zuzulassen, wenn das Urteil des Senats von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Maßgeblich ist jedoch nur die Abweichung von einer "Entscheidung", d. h. einem in der Entscheidung aufgestellten und diese tragenden abstrakten Rechtssatz. Im Urteil vom 20.04.2005 hat das Bundesverwaltungsgericht zur Klärung der statthaften Klageart entschieden, dass über die Verrechnung durch Verwaltungsakt zu entscheiden sei. Die dabei gemachten Ausführungen ("betrifft nicht die Ebene der Erfüllung") lassen möglicherweise die Schlussfolgerung zu, dass nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die Verrechnung schon die Entstehung der Abgabenschuld hindert. Dabei handelt es sich jedoch um ein Begründungselement, das nicht ausdrücklich formuliert und allenfalls mittelbar zu erschließen ist. Des Weiteren ist diese Rechtsfrage für den vorliegenden Streitfall auch nicht entscheidungserheblich, weil der Senat seine Auffassung - neben der wörtlichen - auch auf eine teleologische Auslegung stützt. Im Übrigen ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung die Abwälzung der Abwasserabgabe, die bundesrechtlich eröffnet ist, aber auf der Grundlage von landesrechtlichen Vorschriften und kommunalem Satzungsrecht erfolgt. Hierzu trifft das Bundesrecht keine Regelungen. Aufgrund dessen hat die Sache auch keine grundsätzliche (bundesrechtliche) Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 188,00 DM (entspricht 96,12 Euro) festgesetzt.

Gründe

Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 14, 13 Abs. 2 GKG (in der bis zum 30.06.2004 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung).

Ende der Entscheidung

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