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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 20.02.2002
Aktenzeichen: 11 S 2734/01
Rechtsgebiete: GG, VwGO, AuslG, DVAuslG


Vorschriften:

GG Art. 6 Abs. 1
VwGO § 123 Abs. 1
AuslG § 8 Abs. 2
AuslG § 23 Abs. 1 Nr.1
AuslG § 58 Abs. 1
DVAuslG § 9 Abs. 7
1. Der Verzicht auf Rechtsmittel und auf die Geltendmachung von Ansprüchen im Rahmen einer Rückführungsvereinbarung nach dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 2.2.2000 (- 4-13-JUG/90 -) über die Rückkehr der Flüchtlinge aus dem Kosovo erfasst nicht einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen und auf Befristung der Wirkungen einer Abschiebung sowie einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zur Sicherung dieser Ansprüche.

2. Die Einreise eines Ausländers, der über sichere Drittstaaten in das Bundesgebiet gelangt und nach der Einreise einen - später erfolglosen - Asylantrag stellt, ist unerlaubt (§ 58 Abs. 1 Nr. 3 AuslG) und kann daher im Rahmen einer Entscheidung über die nachträgliche Befristung der Wirkungen der Abschiebung nachteilig berücksichtigt werden.

3. Bei der Befristung der Wirkungen einer Abschiebung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG sind spezial- wie auch generalpräventive öffentliche Interessen in das Ermessen einzustellen.


11 S 2734/01

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Abschiebung; vorläufiger Rechtsschutz

hat der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schaeffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Jakober und den Richter am Verwaltungsgericht Maußhardt

am 20. Februar 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. Juni 2001 - 2 K 2860/00 - geändert. Der Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihn bis zur Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung zu dulden, wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der 1971 geborene Antragsteller, ein jugoslawischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo, reiste erstmals im Oktober 1991 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Mit Bescheid vom 26.10.1993, bestandskräftig seit dem 4.3.1996, lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und drohte dem Antragsteller die Abschiebung nach Jugoslawien an. Nach Abschluss des Asylverfahrens wurde der Antragsteller wegen eines tatsächlichen Abschiebungshindernisses (fehlende Reisedokumente) geduldet. Ein unter dem 9.4.1996 bei der Ausländerbehörde der Stadt Nagold gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung und eines Passersatzes wurde nicht beschieden. Ein Petitionsverfahren blieb ohne Erfolg. Am 10.9.1997 wurde der Antragsteller abgeschoben, ein zuvor gestellter Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Abschiebungsschutzes war abgelehnt worden.

Am 8.10.1998 reiste der Antragsteller ohne Visum und gültigen Reisepass mit seiner Familie auf dem Landweg wieder nach Deutschland ein. Am gleichen Tag stellte er bei der Außenstelle Karlsruhe des Bundesamts einen Asylfolgeantrag, die übrigen Familienmitglieder beantragten erstmals Asyl. Mit Bescheid vom 19.11.1999 lehnte das Bundesamt die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens sowie eine Änderung der Feststellung zu § 53 AuslG beim Antragsteller ab und drohte ihm erneut die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien (Kosovo) an. Ein hiergegen vom Antragsteller eingeleitetes vorläufiges Rechtsschutzverfahren blieb erfolglos (Rechtskraft am 18.3.2000). Der Antragsteller wurde in der Folgezeit nach den für Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Kosovo geltenden Grundsätzen geduldet. Er arbeitete, wie schon während seines ersten Aufenthalts in Deutschland, bei der Firma xxx-xxxxxxxxx. Diese bemühte sich um einen möglichst langen Verbleib des Antragstellers in Deutschland und legte eine vom Antragsteller unterschriebene Erklärung vor, wonach er freiwillig ausreisen wolle und um ein Beratungsgespräch beim Ausländeramt der Stadt Calw bitte. Am 9.5.2000 teilte die Arbeitgeberin mit, mit dem Antragsteller sei durchgesprochen, dass seine Familie bis zum 31.5.2000 ausreisen werde. Der Antragsteller unterzeichnete am 11.5.2000 bei der Stadt Calw eine Erklärung. Darin verpflichtete er sich, bis zum 30.11.2000 freiwillig auszureisen und gegen danach eingeleitete Abschiebemaßnahmen keine Rechtsmittel einzulegen. Ferner erklärte er:

"Ich werde bei unveränderter Sachlage keine Asylanträge oder Asylfolgeanträge stellen. Anhängige Asyl-/Asylfolgeanträge nehme ich hiermit zurück. Gleiches gilt für anhängige Rechtsmittel. Ich werde keine sonstigen, auf ein weiteres Verbleiben in Deutschland gerichtete Anträge (insbesondere Aufenthaltsgenehmigungen) stellen."

Mit Urteil des Amtsgerichts Calw vom 5.4.2000, rechtskräftig seit dem 16.5.2000, wurde die Ehe des Antragstellers geschieden. Die geschiedene Ehefrau des Antragstellers und die Kinder reisten am 15.6.2000 aus.

Mit Schreiben vom 11.8.2000 kündigte das Ausländeramt der Stadt Calw dem Antragsteller die Abschiebung an und forderte ihn zum unverzüglichen Verlassen des Bundesgebiets auf. Da der Antragsteller über die Ehescheidung getäuscht habe, fühle sich auch die Behörde nicht mehr an die vereinbarte Ausreisefrist gebunden. Die Abschiebung wurde nicht vollzogen, ein diesbezüglich vom Antragsteller eingeleitetes einstweiliges Anordnungsverfahren beim Verwaltungsgericht Karlsruhe (Az. 4 K 2436/00) wurde nach beidseitiger Erledigung eingestellt, nachdem der Antragsteller im Hinblick auf eine zwischenzeitlich unmittelbar bevorstehende Ehe mit einer Deutschen geduldet wurde. Am 4.10.2000 schloss der Antragsteller vor dem Standesamt Calw-Stammheim die Ehe mit der deutschen Staatangehörigen xxxxxxx xxxxxxx. Am 5.10.2000 beantragte er bei der Stadt Calw, die Wirkungen der Abschiebung nachträglich auf den 4.10.2000 zu befristen und ihm eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Ebenfalls am 5.10.2000 hat er beim Verwaltungsgericht Karlsruhe den hier streitgegenständlichen Antrag gestellt, den Antragsgegner (Regierungspräsidium Karlsruhe) zu verpflichten, ihn bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zu dulden (Az. 2 K 2860/00). Am 17.10.2000 zahlte der Antragsteller die Abschiebekosten.

Mit Bescheid vom 30.11.2000 befristete die Stadt Calw die Wirkungen der Abschiebung nachträglich auf 11 Monate ab erneuter Ausreise und lehnte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Letzterer stünden zwingende Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 und Abs. 2 AuslG entgegen. Die für die Befristung der Wirkungen der Abschiebung maßgebliche Frist beginne mit der Ausreise. Allerdings sei der Antragsteller entgegen dem Verbot des § 8 Abs.2 Satz 1 AuslG erneut eingereist und nur wegen des Asylfolgeverfahrens geduldet worden. Seine nach dessen Abschluss einsetzende Ausreisepflicht habe er durch Verschweigen seiner Ehescheidung gegenüber der Ausländer- und Meldebehörde umgangen; bei Kenntnis des wahren Sachverhalts wäre die Ausreisevereinbarung nicht zustande gekommen und der Antragsteller hätte bis zum 31.5.2000 ausreisen müssen. Auch nach Bekanntwerden der Heiratsabsichten sei der Antragsteller seiner Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Der Antragsteller habe durch sein Verhalten gezeigt, dass er die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht zu beachten bereit sei. Dies müsse im öffentlichen Interesse bei der Fristbemessung berücksichtigt werden, auch wenn der Antragsteller nunmehr grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG habe. Das persönliche und durch Art. 6 Abs.1 GG geschützte Interesse könne das Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der Einreisevorschriften nicht gänzlich verdrängen. Dies rechtfertige es, die zeitliche Befristung auf elf Monate ab erneuter Ausreise festzusetzen. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 20.12.2000 zurück. Außer der erneuten Einreise müsse dem Antragsteller vorgeworfen werden, dass er die Ausländerbehörde wissentlich über die Scheidung getäuscht und sich damit in den Vorteil von familienbezogenen Aufenthaltsvergünstigungen gebracht habe. Dem Antragsteller könne entgegen seiner Auffassung trotz der Eheschließung die erneute Ausreise zugemutet werden, eine zeitliche Befristung der Sperrwirkungen ab sofort könne er auch im Licht des Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht verlangen.

Am 9.1.2000 hat der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe gegen die Stadt Calw erhoben (Az. 7 K 41/01), mit der er sein Begehren auf rückwirkende Befristung der Wirkungen der Abschiebung und auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis weiter verfolgt. Er hat unter anderem ergänzend vorgetragen, die Abschiebung im Jahre 1997 sei rechtswidrig gewesen, aus ihr dürften daher keine für ihn negativen Rechtsfolgen gezogen werden. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Zur Begründung seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 5.10.2000 hat der Antragsteller geltend gemacht, er habe wegen der geschlossenen Ehe einen Duldungsanspruch nach § 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 6 GG und könne auch eine rückwirkende Befristung der Abschiebungswirkungen und eine Aufenthaltserlaubnis ohne vorherige Ausreise verlangen. Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, der Antrag sei im Hinblick auf den am 11.5.2000 erklärten umfassenden Rechtsmittelverzicht des Antragstellers bereits unzulässig.

Mit Beschluss vom 22.6.2001 - 2 K 2860/00 - hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe dem Antrag stattgegeben und den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller eine Duldung zu erteilen. Der Antrag sei statthaft und auch sonst zulässig. Auf die Rechtsmittelverzichtserklärung des Antragstellers könne sich der Antragsgegner nicht berufen. Diese sei dahin auszulegen, dass sie bei wesentlich veränderter Sachlage - hier der nachträglichen Eheschließung - nicht gelte. Der Antrag sei auch nicht offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Der Antrag sei auch begründet. Zwar habe der Antragsteller voraussichtlich keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, da diesem die Sperre des § 8 Abs. 1 Nr.1 AuslG entgegenstehe und Ausnahmetatbestände nach § 9 AuslG oder § 9 DVAuslG nicht vorlägen. Der Antragsteller habe jedoch einen Duldungsanspruch glaubhaft gemacht, weil seine Abschiebung im Hinblick auf die Eheschließung nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK rechtlich unmöglich sei. Zwar erscheine die Ausreise zur Durchführung eines Sichtvermerksverfahrens für sich gesehen noch nicht unzumutbar, wohl aber der Umstand, dass im Visumsverfahren die Sperrfrist von 11 Monaten beachtet werden müsste. Der Antragsteller könne die Ehe mithin frühestens 11 Monate nach der Ausreise im Bundesgebiet fortsetzen. Eine derart lange Trennungszeit erscheine nicht ohne weiteres zumutbar, das Risiko eines Scheiterns der Ehe werde deutlich erhöht. Auch werde der Aufbau einer familiären Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Stiefkind des Antragstellers beeinträchtigt. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Befristungsentscheidung der Stadt Calw möglicherweise keinen Bestand habe. Eine rechtlich abschließende Bewertung könne nicht erfolgen. Es spreche nach gegenwärtigem Erkenntnisstand aber doch einiges dafür, dass die für eine Sperrwirkung der Abschiebung anzulegenden spezial- und generalpräventiven Zwecke und das dem Antragsteller nach der Wiedereinreise angelastete Verhalten es nicht rechtfertigten, ihm noch für 11 Monate das Zusammenleben mit der deutschen Ehefrau und dem Stiefkind zu verwehren.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 17.12.2001 zugelassene Beschwerde des Antragsgegners. Er macht geltend: Die Auslegung des Rechtsmittelverzichts durch das Verwaltungsgericht überzeuge nicht. Der Vorbehalt der unveränderten Sachlage beziehe sich nur auf das Asylverfahren und nicht auf die Regelung des sonstigen Aufenthalts einschließlich vorhersehbarer Veränderungen. Der Antragsteller habe weder einen Anspruch auf eine Aufenthaltsbefugnis noch auf eine Aufenthaltserlaubnis zur ehelichen Lebensgemeinschaft und einer sofortigen Befristung der Abschiebungswirkungen glaubhaft gemacht. Die Sperre des § 8 Abs. 2 AuslG diene der effektiven Kontrolle abgeschobener Personen. Dieser Zweck werde bei erneuter illegaler Einreise umgangen. Eine sofortige Befristung sei daher auch nicht nach Art. 6 Abs. 1 GG geboten, zumal der Antragsteller auch für seine im Kosovo lebenden Kinder sorgen müsse. Dem Antragsteller sei es zumutbar, den Streit um die Befristung vom Ausland aus zu führen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die umfangreichen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die - zugelassene - Beschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Anders als das Verwaltungsgericht hält der Senat die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht für gegeben. Denn der Antrag ist zwar zulässig, jedenfalls soweit er darauf gerichtet ist, den - zuständigen (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 AAZuVO) - Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu einer vorläufigen, d.h. zeitlich begrenzten Duldung zu verpflichten ( dazu A.). Der Antrag ist aber nicht begründet, weil der Antragsteller einen dahingehenden Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat (vgl. §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO; dazu B.).

A. Der Antrag ist statthaft, ein nach § 123 Abs. 5 VwGO vorrangiger Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis in dem Bescheid vom 30.11.2000 würde dem Antragsteller im Erfolgsfall keinen rechtlichen Vorteil bringen. Denn der Antrag auf Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis war weder geeignet, die Aufenthalts- oder Duldungsfiktion nach § 69 Abs. 3 und Abs. 2 AuslG auszulösen (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 2 Nr.2, Abs. 3 Satz 3 VwGO), noch leitet sich aus dem Ablehnungsbescheid die vollziehbare Ausreisepflicht des Antragstellers nach § 42 Abs.2 Satz 2 AuslG her. Vielmehr ist die vollziehbare Ausreisepflicht bereits zuvor durch den Ablehnungsbescheid des Bundesamts vom 19.11.1999 mit dessen Bestandskraft begründet worden (vgl. § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG).

Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht der Rechtsmittelverzicht des Antragstellers im zweiten Absatz der "Erklärung" vom 11.5.2000 entgegen. Ein solcher außergerichtlicher Rechtsmittelverzicht, der einseitig oder im Rahmen einer Vereinbarung erklärt werden kann, ist zwar grundsätzlich möglich und wirksam. Er wäre auf die hier erfolgte Einrede des Antragsgegners als Prozesshindernis auch berücksichtigungsfähig (vgl. Nachweise bei Kopp-Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 70 RdNr. 56, § 74 RdNrn. 21-24; Eyermann/Happ, VwGO , 11. Aufl.2000, § 124 RdNr. 35). Wegen ihrer Tragweite (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) sind derartige Verzichtserklärungen aber im Zweifel eng auszulegen. Die Bereitschaft zum Rechtsmittelverzicht und deren Umfang müssen eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich zum Ausdruck kommen, unzulässige Beeinflussung oder unzulässiger Druck dürfen nicht ausgeübt worden sein. Wird auf künftige Rechtsmittel verzichtet, müssen diese hinreichend bestimmt und der Verzichtende muss sich ihrer Bedeutung bewusst sein (vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urteil vom 18.5.1990 - 8 C 40.88 -, OVG Bautzen, Urteil vom 11.2.1999 - 1 S 347/97 -, SächsVBl. 1999,134). Öffentlichrechtliche Verträge mit Verzichtsabreden müssen den Anforderungen der §§ 55 oder 56 VwVfG entsprechen. Im letzteren Fall eines Austauschvertrags muss der Verzicht der Behörde zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dienen und in sachlichem Zusammenhang mit einer erlaubten Gegenleistung stehen (vgl. § 56 Abs. 1 VwVfG).

Gemessen daran lässt sich der "Erklärung" vom 11.5.2000 ein eindeutiger und unmissverständlicher Verzicht auf den vorliegenden Antrag nach § 123 VwGO nicht entnehmen. Diese Erklärung ist Teil einer Rückführungsvereinbarung des Antragstellers mit der Ausländerbehörde der Stadt Calw; sie ist vor dem Hintergrund der Verfahrensregelungen des Erlasses des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 2.2.2000 (4-13-Jug/90) über die Rückkehr der Flüchtlinge aus dem Kosovo auszulegen, über die der Antragsteller in einem formularmäßigen Informationsschreiben vom 15.2.2000 (vgl. 2.5.1 des Erlasses) unterrichtet worden ist. Darin wird Bezug genommen auf die allgemeine Ausgangslage der Kosovo-Flüchtlinge ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht, die aufgrund der verbesserten Lage in ihrer Heimat nunmehr rückkehrpflichtig seien. Den Flüchtlingen werden sodann fallgruppenbezogene Angebote mit gestaffelten Ausreisefristen für ihre freiwillige Rückkehr gemacht. Adressaten des Erlasses und des Informationsschreibens sind ersichtlich nur ausreisepflichtige Flüchtlinge mit bürgerkriegsbedingten Duldungen oder ehemalige Inhaber vorübergehender Aufenthaltsbefugnisse nach § 32a AuslG (vgl. 2.2), nicht aber Personen mit dauerhaften Aufenthaltstiteln zu anderen Zwecken. An dieser Ziel- und Inhaltsvorgabe muss sich auch die "Erklärung" vom 11.5.2000 messen lassen. Der Rechtsverzichtswille des Antragstellers war kein umfassender, sondern bezog sich nur auf Rechtsmittel und Ansprüche, die allgemein einer geordneten zügigen und sozialverträglichen Rückführung der Kosovoalbaner im Wege standen. Dies belegt auch der Wortlaut des ersten Absatzes, wonach sich der Rechtsmittelverzicht auf nach dem Ausreisestichtag 30.11.2000 "eingeleitete Abschiebemaßnahmen" beschränkt.

Auch die im dritten Absatz der "Erklärung" erklärte Bereitschaft, "keine sonstigen, auf ein weiteres Verbleiben in Deutschland gerichtete Anträge (insbesondere Aufenthaltsgenehmigungen)" zu stellen, ist in diesem eingeschränkten Sinn auszulegen. Davon mögen Anträge auf weitere mit der allgemeinen Lage im Kosovo begründete Duldungen oder Aufenthaltsbefugnisse erfasst sein. Ansprüche auf Aufenthaltsgenehmigungen wegen eines gänzlich anderen ("kosovounabhängigen") Aufenthaltszwecks, wie der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen, werden nicht erfasst. Dies gilt sowohl für künftige ungewisse Eheschließungen als auch für Fälle, in denen - wie wohl beim Antragsteller - Heiratsabsichten bereits bestehen. Umgekehrt muss sich auch die Ausländerbehörde nur in dem bezeichneten beschränkten Rahmen an ihre eigene (Duldungs)Verpflichtung halten.

Mit dem so umschriebenen Inhalt begegnet die Rückführungsvereinbarung auch nach dem Maßstab des § 56 Abs. 1 VwVfG keinen Bedenken. Die gegenseitigen Verpflichtungen dienen der Erfüllung der ausländerbehördlichen Aufgaben, Ausreisepflichten durchzusetzen, und auch das Verhältnis zwischen der Leistung des Antragstellers in der "Erklärung" (beschränkter Verzicht auf Aufenthaltsansprüche und Rechtsmittel) und der Gegenleistung der Ausländerbehörde (Verlängerung der Duldungsfrist bis 30.11.2000) war angemessen.

Hat sich nach all dem der Antragsteller am 11.5.2000 von vornherein nicht zum Verzicht auf den vorliegenden Antrag verpflichtet, kann offen bleiben, ob er von dieser Verpflichtung nicht deswegen frei geworden wäre, weil sich auch die Stadt Calw nicht mehr an ihre Duldungspflicht bis zum 30.11.2000 gebunden fühlte.

B. Der Antrag ist aber nicht begründet. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch in Gestalt eines zu sichernden Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AuslG (1.) oder, falls überhaupt streitgegenständlich, zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach §§ 30 Abs. 5, Abs. 4 AuslG (2.) oder auf Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 4 und 2 AuslG (3.) nicht glaubhaft gemacht (vgl. §§ 123 Abs.1 Satz 1, Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO). Nach Aktenlage kann derzeit nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dem Antragsteller einer dieser Ansprüche - sei es kraft Gesetzes, sei es aufgrund einer fehlerfreien Ermessensentscheidung - zusteht (zur Sicherungsfähigkeit von Ermessensansprüchen vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 10.3.2000 - 13 S 1026/99 -, InfAuslR 2000, 378, und vom 24.9.2001 - 13 S 2563/00 -, InfAuslR 2002, 23).

1. Hinsichtlich der in erster Linie geltend gemachten Aufenthaltserlaubnis wegen Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen xxxxxxx xxxxxxx am 4.10.2000 kann offen bleiben, ob beim Antragsteller ein gebundener Anspruch nach § 23 Abs.1 Nr.1 AuslG oder - wegen Vorliegens eines Ausweisungsgrundes nach § 46 Nr.2 AuslG in Gestalt einer unerlaubten (Wieder)Einreise am 8.10.1998 - nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 23 Abs.3 i.V.m. § 17 Abs. 5 AuslG in Betracht käme. Denn beide Ansprüche dürften gegenwärtig wegen vorliegender rechtlicher Hindernisse nicht durchgreifen. Allerdings dürfte die Aufenthaltserlaubnis der Wahrung einer nach Art. 6 Abs. 1 GG schützenswerten ehelichen Lebensgemeinschaft dienen, weil hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer Scheinehe (jedenfalls nach Aktenlage) nicht vorliegen. Zwar haben die Eheleute unstreitig ab der Eheschließung bis Juni 2001 nicht in ehelicher Gemeinschaft zusammen gewohnt. Dieser Umstand dürfte jedoch nicht auf freiem Willensentschluss der Ehegatten, sondern zumindest zeitweilig auf einem rechtlichen Zuzugshindernis des Antragstellers von der Gemeinschaftsunterkunft an die Wohnorte der Ehefrau beruht haben. Im Übrigen ist der Antragsteller nach seinen nicht bestrittenen Angaben inzwischen zu seiner Ehefrau nach xxxxxxxx-xxxx gezogen.

Jedoch stehen dem Anspruch gegenwärtig wohl gesetzliche Versagungsgründe entgegen.

1.1 Ob der Versagungsgrund des § 8 Abs. 1 Nr. 1 AuslG eingreift, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn dem Anspruch auf die begehrte Aufenthaltserlaubnis dürfte jedenfalls die Sperre des § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG entgegenstehen. Danach wird einem Ausländer, der abgeschoben worden ist, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs keine Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Die am 10.9.1997 erfolgte Abschiebung des Antragstellers war geeignet, diese Sperrwirkungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG auszulösen. Auf die Frage, ob die damalige Abschiebung rechtswidrig war (vgl. dazu Urt. des Senats vom 8.3.1995 - 11 S 2908/94 -, ESVGH 45, 198), kommt es dann nicht an, wenn man diese Vollstreckungsmaßnahme als Verwaltungsakt qualifiziert (so Urt. des Senats aaO; weitere Nachweise bei GK-AuslR § 49 RdNr. 40 - 42). Denn in diesem Fall wäre die Abschiebung bestandskräftig geworden (vgl. § 58 Abs. 2 VwGO). Aber auch wenn die Abschiebung als bloßer Realakt eingestuft wird, wäre fraglich, ob der Antragsteller sich nach Treu und Glauben (Verwirkung) noch heute auf ihre Rechtswidrigkeit berufen könnte, da er Gelegenheit hatte, alle Gesichtspunkte in dem damals anhängigen Eilrechtsschutzverfahren und im Petitionsverfahren vorzutragen. Im Übrigen sind durchgreifende Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Abschiebung aber auch nicht ersichtlich. Der Antragsteller war nach §§ 49 Abs. 1, 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG seit dem rechtskräftig-negativen Abschluss seines Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig und wurde damals weder geduldet noch war er im Besitz eines fiktiven Aufenthaltsrechts oder einer fiktiven Duldung nach § 69 Abs. 3 oder Abs. 2 AuslG und es lagen auch keine Abschiebungshindernisse vor. Einen Verstoß gegen das Ankündigungsgebot des § 56 Abs. 6 AuslG vermag der Senat entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zu erkennen. Der Antragsteller ist zum einen nicht ununterbrochen länger als ein Jahr geduldet worden, sondern die Duldungszeit war zwischen dem 31.12.1996 und dem 17.1.1997 - wohl aufgrund verspäteter Vorsprache des Antragstellers - für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum unterbrochen (vgl. Nachweise hierzu bei GK-AuslR § 56 RdNr. 31). Abgesehen davon waren sämtliche ab September 1996 erteilten Duldungen mit der Bedingung versehen:..."erlischt, sobald die Rückführung nach Jugoslawien möglich ist". Hintergrund waren Bemühungen, für den passlosen Antragsteller Rückreisepapiere zu beschaffen. Derart auflösend bedingte Duldungen werden in § 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG nicht erwähnt und lösen daher die Ankündigungspflicht wohl schon nicht aus. Jedenfalls aber war der Vertrauensschutz des Antragstellers angesichts der "Warnfunktion" dieser Nebenbestimmung erheblich eingeschränkt; der Antragsteller musste aufgrund dessen grundsätzlich mit seiner alsbaldigen Abschiebung rechnen (zu einem vergleichbaren Fall vgl. Urt. des Senats vom 25.4.2001 - 11 S 1327/00 -, AuAS 2001, 146).

1.2 Die Sperrwirkung des § 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG kann auch nicht im Hinblick auf die Ehe des Antragstellers mit einer Deutschen durch unmittelbaren Rückgriff auf Art. 6 Abs. 1 GG oder auf Art. 8 Abs. 1 EMRK überwunden werden. Das Ausländergesetz hält hinreichende Regelungen zur Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Schutzgebots von Ehe und Familie bereit, vornehmlich im Rahmen der Befristungsentscheidung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 und 4 AuslG, aber durch die Möglichkeit einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG (dazu unten 2.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 9.12.1997 - 1 C 20.97 -, NVwZ 1998, 748 = InfAuslR 1998, 276).

1.3 Um im vorliegenden Eilverfahren Erfolg zu haben, müsste der Antragsteller dartun, dass er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bei Abwägung der gegenläufigen Interessen (Schutz der Ehe mit einer Deutschen einerseits, öffentliches Interesse an der Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsvorschriften andererseits) einen (ermessensbindenden) Anspruch auf Befristung der Abschiebungswirkungen ex tunc (Zeitpunkt der Eheschließung) bzw. ex nunc (heutiger Zeitpunkt) hätte, weil es unverhältnismäßig wäre, ihm eine - auch kürzere - Rückkehr nach Jugoslawien zuzumuten.

Diesen Nachweis hat der Antragsteller indessen nicht erbracht. Zwar dürfte die Ausländerbehörde der Stadt Calw nicht schon aus Rechtsgründen an einer Befristung gehindert gewesen sein, da ein durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichneter Ausnahmefall, der entgegen der gesetzlichen Regel eine zeitliche Begrenzung der Abschiebungswirkungen ausschließt, hier wegen des Schutzgebots des Art. 6 Abs. 1 GG wohl nicht vorliegt (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 29.1.1997 - 11 S 2142/96 -, VBlBW 1997, 231 ff. = InfAuslR 1997, 158; zur Möglichkeit einer Ausnahme vom Regelfall trotz bestehender Ehe mit einem deutschen Ehegatten vgl. allerdings BVerwG, Urt. v. 11.8.2000 - 1 C 5.00 -, NVwZ 2000, 1422 = InfAuslR 2000, 483). Der Antragsteller hat aber nicht glaubhaft gemacht, dass das mithin eröffnete Ermessen von vornherein auf eine Befristung auf den Jetztzeitpunkt oder gar auf den Zeitpunkt der Eheschließung reduziert wäre.

Im Rahmen des Ermessens nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG ist zu prüfen, wann die mit der Sperrwirkung verfolgten ordnungsrechtlichen Zwecke voraussichtlich erreicht sein werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.12.1999 - 1 C 13.99 -, NVwZ 2000, 688 = InfAuslR 2000, 176; Beschl. v. 14.7.2000 - 1 B 40.00 -, Buchholz 402.240 § 8 AuslG Nr. 18). Diese Zwecke bestehen darin, Ausländer vom Bundesgebiet fernzuhalten, weil sie Anlass für Vollstreckungsmaßnahmen gegeben haben und die Besorgnis besteht, dass dies bei einem künftigen Aufenthalt erneut der Fall sein könnte. Dabei sind vor allem auch das Verhalten des Ausländers sowie Sachverhaltsänderungen im Zeitraum nach der Abschiebung zu würdigen, wie etwa eine illegale Wiedereinreise, sonstiges, die Ausreise verzögerndes oder nach § 49 Abs. 2 AuslG abschiebungsrelevantes Verhalten und die sich daraus ergebende Wiederholungsgefahr. Weiterhin sind auch die mit der Abschiebung und der Sperrwirkung verfolgten generalpräventiven Zwecke (Veranlassung anderer Ausländer zur Einhaltung der Aufenthalts- und Ausreisebestimmungen) zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.6.1997 - 1 B 126.97 -, Buchholz 402.240 § 8 AuslG Nr. 13 <zur Befristung der Ausweisungswirkungen>). Diesen öffentlichen Interessen sind im Rahmen einer Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die persönlichen Belange des Ausländers und verfassungsrechtliche Wertentscheidungen, wie der Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG, gegenüber zu stellen (zu diesen Kriterien vgl. BVerwG, Urt. v. 11.8.2000, aaO; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.6.1998 - 13 S 1099/96 -, InfAuslR 1998, 433), wobei auch die Möglichkeit einer Aufenthaltsbefugnis zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.12.1997 - 1 C 20.97 -, aaO).

Gemessen daran, dürfte beim Antragsteller noch nicht feststehen, dass der Zweck der Sperrfrist bereits erreicht ist.

a) Der Antragsteller hat sich nach der Abschiebung etwa 13 Monate in Jugoslawien aufgehalten. Einen Befristungsantrag hat er damals nicht gestellt. Seine Einreise am 8.10.1998 war, entgegen seiner Auffassung, ungeachtet des noch am gleichen Tag gestellten Asyl(folge)antrags unerlaubt nach § 58 Abs. 1 Nr. 3 AuslG. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht <zum Begriff der "erlaubten Einreise" in § 9 Abs. 5 Satz 2 DVAuslG> entschieden, dass Asylsuchenden, die unmittelbar aus dem angeblichen Verfolgungsland einreisen, noch am Tag der Einreise ihr Asylbegehren äußern und später einen - wenn auch erfolglosen - Asylantrag stellen, in der Regel der Aufenthalt im Bundesgebiet bis zur Klärung des geltend gemachten Asylrechts nicht verwehrt werden darf und sie auch weder einer Aufenthaltserlaubnis noch eines Passes bedürfen (vgl. Urt. v. 3.6.1997 - 1 C 1.97 -, NVwZ 1998, 187 = InfAuslR 1997, 352 unter Hinweis auf einen Beschluss vom 14.4.1992 - 1 C 48.89 -, Buchholz 402.24, § 18 AuslG Nr. 1 und ein Urteil vom 15.5.1984 - 1 C 59.81 -, NVwZ 1984, 591 = InfAuslR 1984, 224).

Diese Entscheidungen sind jedoch zur Rechtslage nach Art. 16 Abs. 2 GG a.F. ergangen (vgl. den ausdrücklichen Vorbehalt in BVerwG, Urt. v. 3.6.1997, aaO) und bedürfen der Modifizierung nach Einführung der Drittstaatenregelung in Art. 16 a Abs. 2 GG heutiger Fassung (Gesetz vom 28.6.1993, BGBl. I, 1002) und der sie einfachgesetzlich nachzeichnenden Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes 1993. Danach können sich Ausländer, die - wie der Antragsteller (vgl. seine Angaben vor dem Bundesamt am 7.12.1998) - ohne Aufenthaltsgenehmigung auf dem Landweg über sichere Drittstaaten eingereist sind, nicht auf das Grundrecht auf Asyl berufen und werden nicht als Asylberechtigte anerkannt (vgl. auch § 26 a Abs. 1 AsylVfG). Ihnen ist dementsprechend grundsätzlich an der Grenze die Einreise zu verweigern (§ 18 Abs. 1 und 4 AsylVfG). Art. 16 a Abs. 1 GG n.F. ist in diesen Fällen schon in seinem persönlichen Geltungsbereich nicht berührt (so zutreffend auch GK-AuslR § 58 RdNr. 41). Denn wer aus einem oder über einen sicheren Drittstaat einreist, bedarf dieses Schutzes nicht, weil er in dem Drittstaat Schutz vor politischer Verfolgung hätte finden können (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 -, BVerfGE 94, 49 ff. = NVwZ 1996, 700 ff.). Da in diesen sicheren Drittstaaten auch die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (FK), insbesondere des Abschiebeverbots nach Art. 33 FK, und die Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention sichergestellt ist (vgl. Art. 16 a Abs. 2 GG) und Anhaltspunkte für Zweifel hieran nicht vorgetragen oder ersichtlich sind (vgl. BVerfG, aaO), lässt sich auch aus diesen Vertragswerken kein Recht auf Einreise herleiten. Steht damit eine (ausländerrechtlich) unerlaubte Einreise des Antragstellers nach § 58 Abs. 1 Nr. 3 AuslG fest (vgl. auch § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG) kann offen bleiben, ob sich dieser Tatbestand nicht auch schon daraus ergibt, dass der Antragsteller sein Asylgesuch nicht an der Grenze gestellt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AsylVfG; zur Problematik, insbesondere auch im Hinblick auch das Schengener Abkommen vgl. GK-AuslR § 58 RdNrn. 50, 51).

b) Der Antragsteller hat sich auch nach Abschluss seines Asylfolgeverfahrens unerlaubt hier aufgehalten. Ihm ist vorzuwerfen, dass er sich die Vorteile des Kosovo-Erlasses vom 2.2.2000 zunutze machte, obwohl dessen Voraussetzungen nicht vorlagen. Der Antragsteller hat am 9.5.20001 erklärt bzw. über seine Arbeitgeberin erklären lassen, seine Familie (Frau und Kinder) reisten bis zum 31.5.2000 aus. Damit schuf er die Voraussetzungen dafür, dass die Ausländerbehörde der Stadt Calw sein eigenes Bleiberecht als Arbeitnehmer bis zum 30.11.2000 verlängerte ( vgl. Nr. 2.5.3 des Kosovo-Erlasses). In Wirklichkeit bestand zu diesem Zeitpunkt keine familiäre Lebensgemeinschaft mehr. Die Eheleute lebten vielmehr, wie der Antragsgegner unwidersprochen vorträgt (vgl. Bl. 285 VG-Akte), damals ersichtlich schon seit längerem dauerhaft getrennt und die Ehe war im Termin vor dem Amtsgericht Calw am 5.4.2000 geschieden worden. Der Antragsteller wäre verpflichtet gewesen, die Ausländerbehörde vor Abschluss der Rückkehrvereinbarung vom 11.5.2000 auf die beendete familiäre Lebensgemeinschaft hinzuweisen und ihr auch das Scheidungsurteil zur Kenntnis zu bringen, nachträglich auch dessen Rechtskraft. Denn ohne eine bestehende familiäre Lebensgemeinschaft bzw. bestehende Ehe hätte ihm der Verbleib nach dem "Familienmodell" in Nr. 2.5.3 des Kosovo-Erlasses nicht bis zum 30.11.2000 gestattet werden dürfen, sondern er hätte wesentlich früher ausreisen müssen. Dies musste dem Antragsteller aufgrund der Vorinformationen auch bekannt sein.

Die falschen, unvollständigen bzw. unterlassenen Angaben zum Ehebestand waren Mittel zum Zweck, die Ausreise zu verzögern und die Zeit bis zum Eintritt eines Abschiebungshindernisses in Gestalt einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung mit Frau xxxxxxx zu überbrücken. Mit diesem Verhalten hat der Antragsteller die Tatbestände des § 49 Abs. 2 Nrn. 5 und 6 AuslG verwirklicht, nach denen die Ausreise einer behördlichen Überwachung bedarf. Hätte er die erforderlichen Angaben rechtzeitig gemacht, hätte er - der Intention des Ausländergesetzes entsprechend - nach Jugoslawien zurückkehren und sich von dort aus - nach der Eheschließung - um eine Befristung nach § 8 Abs. 2 AuslG und anschließend um eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug bemühen müssen. Dem Antragsteller ist ferner vorzuhalten, dass ihm bereits am 16.2.2000 ein auf 10 Jahre gültiger Reisepass ausgestellt worden war, den er ersichtlich erstmals im Scheidungsverfahren vorlegte, der Ausländerbehörde aber verschwieg und stattdessen weiter seine als Ausweisersatz ausgestellte Duldungsbescheinigung verwendete. Die Ausländerbehörde wurde damit im Glauben gelassen, es liege ein mögliches Abschiebungshindernis vor.

Insgesamt berechtigt das aufgezeigte Verhalten des Antragstellers zu dem Schluss, dass er nicht bereit war, wahrheitsgemäße Angaben über aufenthaltsrelevante Tatsachen zu machen, wichtige Aufenthaltsbestimmungen einzuhalten und seiner Ausreisepflicht nachzukommen. Dadurch hat er die Gefahr heraufbeschworen, dass auch künftig Vollstreckungsmaßnahmen erforderlich werden. Diese Wiederholungsgefahr dürfte auch gegenwärtig noch nicht entfallen sein. Ebenso ist der generalpräventive Zweck der Abschiebung wohl noch nicht verlässlich erreicht. Dieser hat gerade bei der Bewältigung der Rückkehr großer Flüchtlingsgruppen aus dem ehemaligen Jugoslawien besondere Bedeutung. Deren Rückführung kann nur dann zügig, geordnet, gerecht und sozialverträglich durchgeführt werden, wenn die Vorgaben eingehalten und umfassende wahre Angaben zu den relevanten Rückführungskriterien gemacht werden. Ein generalpräventives öffentliches Interesse besteht speziell auch daran, durch wirksame Sanktionen zu verhindern, dass über den Bestand oder Fortbestand einer ehelichen Lebensgemeinschaft getäuscht wird (vgl. Beschluss des Senats vom 16.1.1997 - 11 S 3170/96 -, InfAuslR 1997,200 ff.). Damit dürfte die Einschätzung des Antragsgegners, es bestehe auch gegenwärtig noch ein gravierendes öffentliches Interesse an einem maßvollen Fortbestand der Sperrfrist, nicht zu beanstanden sein.

c) Der am 4.10.2000 geschlossenen Ehe des Antragstellers mit einer deutschen Staatsangehörigen kommt im Verhältnis dazu zwar ein erhebliches, aber wohl kein derartiges Gewicht zu, dass es zwingend geboten wäre, schon jetzt ohne weiteres eine Befristung der Sperrwirkung auszusprechen (zu den Kriterien vgl. Urteil des Senats vom 29.1.1997 a.a.O; BVerwG, Beschluss vom 27.6.1997 - 1 B 126.97 -, Buchholz 402.24 § 8 AuslG Nr.13). Unstreitig lebten der Antragsteller und seine Ehefrau in der Zeit von der Eheschließung am 4.10.2000 bis zum Juni 2001 dauernd getrennt. Einer gemeinsamen Wohnsitznahme stand zwar zunächst ein Zuzugsverbot zur ersten Wohnung der Ehefrau in xxxxxxxxxx entgegen. Ob dieses Verbot auch nach dem Umzug der Ehefrau nach xxxxxxxx-xxxx zwingend weiter galt, ist nicht zweifelsfrei belegt. Es wird aber nicht vorgetragen, dass die Eheleute versuchten, die Wirkungen des Zuzugsverbots durch alternative Begegnungsmöglichkeiten (häufige Besuche etc.) möglichst abzumildern. Auch für die Folgezeit hat der Antragsteller über die Tatsache der Eheschließung und der nunmehr gemeinsamen Wohnung hinaus keinerlei Angaben über die Qualität und Intensität der ehelichen Beziehungen gemacht. Er hat vor allem auch nicht dargelegt, dass und inwiefern die eheliche Lebensgemeinschaft ernsthaft gefährdet wäre, wenn er seiner Ausreisepflicht nachkäme und vom Kosovo aus das Befristungs- und Aufenthaltserlaubnisverfahren weiterbetreiben müsste. Bei Würdigung all dessen spricht nach Einschätzung des Senats vieles dafür, dass eine Trennung der Eheleute für einen begrenzten Zeitraum zumutbar und ein Zurücktreten der Belange aus Art. 6 Abs. 1 GG/Art. 8 Abs. 1 EMRK hinter das dargestellte gewichtige öffentliche Interesse an der Sperrfrist nicht unverhältnismäßig ist. Auch sonstige persönliche Interessen des Antragstellers dürften eine zwingende Befristung gegenwärtig nicht gebieten. Insbesondere wäre der Arbeitsplatz des Antragstellers bei kurzfristiger Rückkehr nach Jugoslawien aller Voraussicht nach nicht ernsthaft gefährdet. Sonstige Gesichtspunkte hat der Antragsteller nicht vorgetragen.

1.4 Auf die von den Beteiligten in den Vordergrund gerückte Frage, ob die von der Stadt Calw auf 11 Monate veranschlagte (Mindest)Trennungsfrist noch vertretbar und verhältnismäßig und ob die Verknüpfung des Beginns dieser Frist mit der erneuten Ausreise des Antragsteller zulässig ist, kommt es im vorliegenden Eilverfahren nicht entscheidungserheblich an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass es jedenfalls nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 4 AuslG möglich, aber auch nach Sinn und Zweck der Sperrfrist zulässig sein kann, bei - wie hier - wiederholter illegaler Einreise des Ausländers die Frist an die erneute (freiwillige) Ausreise zu koppeln, um zum einen dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, nunmehr seine Rechtstreue unter Beweis zu stellen und damit spezialpräventive Bedenken zu zerstreuen, und zum anderen den generalpräventiven Zweck der Sperrfrist wirksam zur Geltung zu bringen. Dieses Vorgehen steht nicht in notwendigem Gegensatz zur Rechtsprechung des OVG Hamburg, wonach die Frist des § 8 Abs. 2 Satz 4 AuslG mit der ersten Ausreise beginnt und diese Vorschrift daher nicht verlange, dass ein nach erfolgter Abschiebung wieder eingereister Ausländer zunächst wieder ausreisen müsse, ehe seinem Befristungsantrag entsprochen werden könne (vgl. Urteil vom 15.8.1991 - OVG Bs VII 67/91 -, InfAuslR 1992, 250; Urteil vom 6.5.1993 - Bf VII 10/93 -, InfAuslR 1994, 229 ff.). Damit wird - zu Recht - ausgesagt, dass Voraussetzung für den Fristbeginn nur die erstmalige Ausreise sein kann und dass der Befristungszeitraum immer in einer Gesamtwürdigung der Umstände ab der ersten Ausreise zu ermitteln ist. Dem dürfte es jedoch nicht widersprechen, im Rahmen des Ermessensausübung neben dem seit der ersten Ausreise verstrichenen Zeitraum - je nach Schwere der Aufenthaltsverstöße des Ausländers - eine erneute Ausreise mit einer daran aufschiebend bedingt geknüpften "Nachfrist" zu verlangen. Ein solches Vorgehen kann sich aus Verhältnismäßigkeitsgründen insbesondere auch zugunsten des Ausländers anbieten. Durch Herbeiführung des Bedingungseintritts mittels freiwilliger Ausreise kann er seine Bereitschaft zur Einhaltung der Rechtsordnung unter Beweis stellen und die Behörde kann - wie hier geschehen - die "Nachfrist" kürzer bemessen. Gegebenenfalls kann die Ausreisebereitschaft auch erforderlich sein, um einen Regelfall nach § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG überhaupt erst herbeizuführen. Umgekehrt hat die Behörde bei weiterer illegaler Verzögerung der Ausreise die Möglichkeit, eine längere Sperrfrist festzusetzen.

2. Ein Anordnungsanspruch ist auch nicht im Hinblick auf die Sicherung eines Anspruchs auf eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 5, Abs. 4 AuslG glaubhaft gemacht. Der Antragsteller ist derzeit noch nicht seit mindestens zwei Jahren unanfechtbar ausreisepflichtig. Diese Frist begann mit Bestandskraft der Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts vom 19.11.1999, die am 18.3.2000 eintrat. Auch liegen die Voraussetzungen für einen Duldungsgrund in Gestalt rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG /Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht vor. Wie oben dargelegt, dürfte es nicht unzumutbar sein, dass der Antragsteller kurzfristig nach Jugoslawien zurückkehrt, so dass der Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen der Eheschließung gegenwärtig nicht durchdringt. Daher kommt auch eine Duldung für die Zwischenphase nicht in Betracht. Besondere Umstände, die eine auch kürzere Trennung von der deutschen Ehefrau notwendig ausschließen (Hilfsbedürftigkeit etc.), sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Gleiches gilt in Bezug auf das Verhältnis des Antragstellers zu der Tochter der Ehefrau. Es ist mangels irgendwelcher Angaben hierzu nicht glaubhaft gemacht, dass zwischen dem Antragsteller und der Stieftochter eine den inhaltlichen Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 GG entsprechende familiäre Lebensgemeinschaft besteht, d.h., dass der Antragsteller dem Kind gegenüber im Alltag wesentliche elterliche Betreuungsleistungen erbringt (vgl. dazu im Einzelnen VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 29.3.2001 - 13 S 2643/00 -, VBlBW 2001, 416 = InfAuslR 2001, 283 und vom 30.11.2001 - 11 S 1700/01 -). Im Übrigen wäre auch insofern eine zeitlich maßvolle Trennung zumutbar.

3. Auch ein Anspruch auf eine "isolierte" Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG ist nicht glaubhaft gemacht. Für diese ist neben den oben erörterten - und verneinten - Ansprüchen im vorliegenden Fall kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 und 14 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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