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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 20.06.2002
Aktenzeichen: 3 S 1915/01
Rechtsgebiete: LBO, BauNVO, BImSchG


Vorschriften:

LBO § 57
LBO § 58 Abs. 1
BauNVO § 8
BImSchG § 13
BImSchG § 16 Abs. 1
1. Für einen Bauvorbescheid besteht kein Sachbescheidungsinteresse, wenn Genehmigungsgegenstand die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG genehmigungspflichtige Änderung einer Anlage ist, so dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 13 BImSchG die Baugenehmigung einschließt (wie BVerwG, Urteil vom 13.12.2001 - 4 C 3/01 -)

2. Eine wesentliche Änderung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass zu möglichen negativen Auswirkungen erhöhte Sicherheit gegenüber bestimmten anderen Gefahren hinzutritt. Die Wesentlichkeit kann nicht wegkompensiert werden.

3. Bei einer Autoverwertungsanlage nach Nr. 8.9 Spalte 2 des Anhangs zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV handelt es sich grundsätzlich um einen erheblich belästigenden Gewerbebetrieb. Die Zulassung einer solchen Anlage in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO setzt daher voraus, dass es sich um eine in atypischer Weise betriebene Anlage handelt (hier verneint).


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

3 S 1915/01

Verkündet am 20.06.2002

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zurückstellung einer Bauvoranfrage

hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Stopfkuchen-Menzel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Fricke und den Richter am Verwaltungsgericht Milz auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. April 2001 - 16 K 5026/00 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids.

Er ist Eigentümer des mit Büro- und Lagergebäuden sowie weiteren Betriebseinrichtungen bebauten Grundstücks Flst.-Nr. 2068/4, XXXXXXXXXX XX, in Pfedelbach-Gleichen, auf dem er eine Autoverwertung betreibt. Das Flst.-Nr. 2068/4 wurde 1990 durch Teilung des wesentlich größeren Grundstücks Flst.-Nr. 2068/2 (XXXXXXXX X) gebildet. Dabei entstand neben dem jetzigen ca. 3000 m² großen Betriebsgrundstück das östlich angrenzende Wohngrundstück mit der Bezeichnung Flst.-Nr. 2068/2. Für die Autoverwertung auf dem ursprünglichen Grundstück Flst.-Nr. 2068/2 erteilte das Landratsamt Hohenlohekreis am 12.1.1982 eine abfallrechtliche Genehmigung. Am 15.11.1988 erhielt der Kläger für eine Erweiterung dieser Anlage vom Landratsamt Hohenlohekreis eine abfall-, bau- und wasserrechtliche Genehmigung. Am 11.12.1995 erteilte das Landratsamt Hohenlohekreis dem Kläger dann eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Aufstockung des bestehenden Garagengebäudes zum Einbau eines Lagers für nicht schadstoffbehaftete Teile auf dem Grundstück "Flst.-Nr. 2068/1, XXXXXXXX X". Diese Genehmigung betraf jedoch nach dem Lageplan zum Genehmigungsantrag nicht das Flst.-Nr. 2068/1, sondern das Garagengebäude auf dem Betriebsgrundstück. Schließlich wurde mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 19.3.1998 zwischen dem Kläger und dem Landratsamt Hohenlohekreis vereinbart, dass der Kläger eine näher definierte Fläche auf dem Betriebsgrundstück als Feuergasse freizuhalten habe, nachdem er die Fläche für eine der Feuergassen, die er nach früheren Genehmigungen freihalten musste, für andere betriebliche Zwecke belegte.

Das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 2068/4 liegt im Bereich des Bebauungsplans "Schleifwiesen" der Beklagten vom 4.2.1975. Der Plan sieht für den südlichen Bereich, in dem das Baugrundstück liegt, Gewerbegebiet, und für den nördlichen Bereich Industriegebiet vor. Östlich grenzen an das Betriebsgrundstück die mit Wohnhäusern bebauten Grundstücke Flst.-Nr. 2068/3 und 2068/2 an, in südlicher Richtung befindet sich auf dem angrenzenden Flst.-Nr. 2069 ein Steinmetzbetrieb, westlich, jenseits des Schleifbachwegs, eine Waagenfabrikation, nördlich grenzt das Ausstellungsgelände eines Autohauses an.

Am 21.12.1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheids, mit dem er geklärt wissen wollte, ob eine Erweiterung des Büro- und Lagergebäudes, die Überdachung von Arbeits- und Lagerflächen, die Errichtung eines Parkdecks mit Auffahrrampe und 14 PKW-Stellplätzen sowie mit 2 Annahmeplätzen auf seinem Grundstück Flst.-Nr. 2068/4 baurechtlich zulässig ist. Durch die Um- und Neubaumaßnahme steigt die überbaute Grundfläche von 546 m² auf 1060 m², die Geschossfläche von 965 m² auf 1535 m². Die bisherige zentrale Feuergasse wird überdacht, die anderen Feuergassen werden verlegt. Als Lagerräume genehmigte und genutzte Gebäudeteile werden zu einer Reifenmontagewerkstatt und zum Reifenlager umgenutzt. Durch den Bau eines 1. Obergeschosses werden die bisher im Freien befindlichen Arbeits- und Lagerflächen überdacht.

Die von der Beklagten durchgeführte Anhörung des Amts für Umweltschutz, Wasserwirtschaft und Baurecht beim Landratsamt Hohenlohekreis ergab keine grundsätzlichen Einwendungen. Das Umweltschutzamt teilte dazu mit, nachdem durch die geplanten Änderungen keine zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen auf Umweltgüter zu erwarten seien, könne die Einleitung eines Verfahrens zur immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG nicht verlangt werden. Der Kläger sei aber zu verpflichten, mindestens einen Monat vor Aufnahme der Bauarbeiten eine Anzeige nach § 15 BImSchG zu erstatten.

Am 11.04.2000 fasste der Gemeinderat der Beklagten einen Beschluss über die Aufstellung einer Änderung des Bebauungsplans "Schleifwiesen". Im Anschluss beschloss der Gemeinderat, dass die Bauvoranfrage des Klägers gemäß § 15 Abs. 1 BauGB für 12 Monate zurückgestellt werden solle. Die Beklagte erließ daraufhin am 12.04.2000 eine baurechtliche Entscheidung, mit der die Entscheidung über den Bauantrag auf die Dauer von 12 Monaten ausgesetzt wurde. Diese Entscheidung wurde mit Verfügung vom 18.04.2000 widerrufen und zugleich neu erlassen, weil der Bebauungsplanaufstellungsbeschluss "Schleifweg - 1. Änderung" erst am 15.04.2000 bekanntgemacht worden sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bauvorhaben des Klägers lasse befürchten, dass die Durchführung der Planung wesentlich erschwert werde, da sich derzeit noch nicht sagen lasse, in welchem Umfang das Baugrundstück betroffen sei.

Am 15.05.2000 erhob der Kläger gegen die Zurückstellung Widerspruch, der am 20.11.2000 durch das Regierungspräsidium Stuttgart zurückgewiesen wurde. Zur Begründung wies das Regierungspräsidium daraufhin, dass der künftige Planinhalt hinreichend konkretisiert sei, so dass die Voraussetzungen für eine Zurückstellung vorlägen.

Am 27.03.2001 beschloss der Gemeinderat der Beklagten eine Veränderungssperre, die am 28.03.2001 ausgefertigt und am gleichen Tag in der Hohenloher Zeitung bekanntgemacht wurde. Erneute Bekanntmachungen erfolgten am 25.5.2001 und am 1.6.2001.

Bereits am 27.10.2000 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart (Untätigkeits-)Klage erhoben, in die am 04.12.2000 der Widerspruchsbescheid einbezogen wurde. Zur Begründung ist ausgeführt, die Zurückstellungsentscheidung sei unrichtig. Sie dürfe nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre vorlägen. Das sei jedoch nicht der Fall. Denn es sei nicht zu erwarten, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werde. Nachdem der Kläger dringend auf die mit den geplanten baulichen Maßnahmen angestrebte Verbesserung des Betriebsablaufs und der Kundenbedienung angewiesen sei, hätten zudem die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB vorgelegen. Die baulichen Maßnahmen duldeten auch im Hinblick auf die Verbesserung der Umweltsituation keinen Aufschub. Die Veränderungssperre sei aus denselben Gründen unwirksam wie die Zurückstellungsentscheidung. Es gebe insbesondere keine konkreten Planungsüberlegungen der Beklagten.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Zurückstellungsbescheid sei durch den Erlass der Veränderungssperre gegenstandslos geworden, so dass insofern ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr bestehe. Im übrigen sei der Zurückstellungsbescheid ordnungsgemäß zustande gekommen und durch ein bestehendes Sicherungsbedürfnis und eine Plankonzeption gerechtfertigt. Bei Annahme einer gestuften Verpflichtungsklage sei der Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung bereits nicht mehr zu prüfen. Im anderen Fall läge jedenfalls kein Anspruch vor, weil die Zurückstellung bzw. die Veränderungssperre der Erteilung des Bauvorbescheids entgegenstünden.

Mit Urteil vom 25.04.2001 gab das Verwaltungsgericht Stuttgart der Klage statt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Anfechtungsklage gegen den Zurückstellungsbescheid sei zulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben, weil ohne die Aufhebung des Zurückstellungsbescheids die Erteilung des begehrten Bauvorbescheids nicht erfolgen könne. Die Anfechtungsklage sei auch begründet, weil der Zurückstellungsbescheid rechtswidrig sei. Die Zurückstellung sei zur Sicherung der Planung nicht erforderlich gewesen. Die Ausführungen in der Sitzungsvorlage zum Aufstellungsbeschluss ließen eine positive hinreichend konkrete planerische Vorstellung nicht erkennen. Auch die gestufte Verpflichtungsklage sei zulässig und begründet. Der Kläger habe im Zeitpunkt der Entscheidung über die Klage einen Anspruch auf den beantragten Bauvorbescheid, nachdem nichts dafür erkennbar sei, dass dem Vorhaben von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstünden. Die von der Beklagten erlassene Veränderungssperre sei zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht wirksam bekanntgemacht und könne daher Rechtswirkungen zu diesem Zeitpunkt nicht äußern. Der erstmalig in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand des Vertreters der Beklagten, der Betrieb sei bereits jetzt nicht mehr im Gewerbegebiet zulässig, weil er in industriegebietstypischer Form betrieben werde, lasse sich anhand der Aktenlage nicht verifizieren und sei von der Beklagten selbst bislang auch nicht vorgebracht worden.

Auf den Antrag der Beklagten vom 5.6.2001 hat der Senat mit Beschluss vom 27.8.2001 die Berufung wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zugelassen.

Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt die Beklagte ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, die Klage gegen den Zurückstellungsbescheid sei durch Fristablauf unzulässig geworden. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage sei unbegründet, weil der Zurückstellungsbescheid rechtmäßig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht habe mit seinen Anforderungen die Voraussetzungen, die für ein Sicherungsbedürfnis vorliegen müssten, übersteigert. Welche Bebauungsplanfestsetzungen konkret in Betracht kämen, werde sich erst im Verlauf des Bebauungsplanverfahrens - regelmäßig nach Einholung von Gutachten - ergeben. Dies gelte auch für die geplanten verkehrlichen Festsetzungen. Die Verpflichtungsklage sei ebenfalls unbegründet. Ihr stehe das Veränderungsverbot entgegen, das aus der - wegen der Zweifel des Verwaltungsgerichts - erneut bekannt gemachten Veränderungssperre folge. Der für den Fall, dass das Veränderungsverbot der Erteilung des Bauvorbescheids entgegenstehe, angekündigte hilfsweise Fortsetzungsfeststellungsantrag sei ebenfalls unbegründet. Denn die Unterlassung des beantragten Bauvorbescheids sei im Zeitpunkt der Zurückstellung rechtmäßig gewesen. Selbst wenn dem nicht gefolgt und angenommen werde, dass die Veränderungssperre der Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegenstehe, könne der Bauvorbescheid nicht erteilt werden. Denn das Vorhaben sei nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig, so dass für den Antrag auf Erteilung des Bauvorbescheids kein Sachbescheidungsinteresse bestehe. Werde auch dem nicht gefolgt, so werde ein Augenschein ergeben, dass es sich bei der Autoverwertung um einen erheblich belästigenden Gewerbebetrieb handele, der nach seinem äußeren Erscheinungsbild industriegebietstypisch sei. Das Vorhaben sei daher im Gewerbegebiet nicht zulässig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. April 2001 - 16 K 5026/00 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. April 2001 - 16 K 5026/00 - zurückzuweisen,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Unterlassung des beantragten Bauvorbescheids im Zeitpunkt der Zurückstellung rechtswidrig gewesen ist.

Zur Begründung wird auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen. Zusätzlich wird ausgeführt, der Klage stehe die am 25.5.2001 erneut bekannt gemachte Veränderungssperre vom 27.3.2001 nicht entgegen, weil diese ebenfalls an Verkündungsmängeln leide und mangels hinreichender Konkretisierung der Planung unwirksam sei. Es treffe auch nicht zu, dass ein Sachbescheidungsinteresse fehle, weil im vorliegenden Falle über die städtebaurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich und abschließend im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 16 BImSchG zu entscheiden sei. Denn die Änderung der Anlage führe weder eine Änderung des Betriebsablaufs herbei noch eine Erweiterung des Altwagen-Umschlags und zeitige daher keine zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen auf Umweltgüter. Damit bestehe weder eine Genehmigungspflicht nach § 16 BImSchG noch eine Verpflichtung zur Anzeige nach § 15 BImSchG. Das Vorhaben widerspräche auch nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans "Schleifwiesen". Der Betrieb des Klägers sei nach seinem Erscheinungsbild keinesfalls industriegebietstypisch. Für den Fall, dass das Berufungsgericht die Auffassung des Klägers, dass die Veränderungssperre unwirksam sei, nicht teile, sei dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag zu entsprechen, da die Unterlassung des beantragten Bauvorbescheids im Zeitpunkt der Zurückstellung rechtswidrig gewesen sei.

Der Senat hat auf dem Baugrundstück und in seiner Umgebung einen Augenschein eingenommen. Bezüglich des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen.

Dem Senat lagen die Bauakten der Beklagten zum Baugrundstück, die Bebauungsplanakten zum Bebauungsplan "Schleifwiesen" und "Schleifwiesen 1. Änderung", die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsakten des Landratsamts Hohenlohekreis und die Vorverfahrensakten des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart aus dem Verfahren 16 K 5026/00 vor. Auf den Inhalt dieser Unterlagen und der gewechselten Schriftsätze wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Die Klage bleibt daher auch mit dem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag ohne Erfolg (vgl. §§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Dementsprechend war das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

1. Die Verpflichtungsklage auf Erteilung des Bauvorbescheids bleibt ohne Erfolg, weil der Kläger keinen Anspruch auf Erlass des beantragten Bauvorbescheids hat.

a. Gegenstand des beantragten Bauvorbescheids ist die Änderung einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, für deren beabsichtigte Änderung eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 BImSchG erforderlich ist. Die Änderungsgenehmigung umfasst dabei nach § 13 BImSchG die bauordnungsrechtliche Genehmigung und die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht schließt daher den Erlass eines bauordnungsrechtlichen Vorbescheids aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2001 - 4 C 3/01 - BauR 2002, 751-754). Die Entscheidung über die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 BImSchG ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar. Der Umweltschutzbehörde kommt insofern kein Beurteilungsspielraum zu. Für die geplante Änderung der Beschaffenheit und des Betriebs der immissionsschutzrechtlich genehmigten Autoverwertung ist nach § 16 Abs. 1 BImSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.05.1990 (BGBl. I S. 880), zuletzt geändert durch Art. 1 Siebtes Euro-Einführungsgesetz vom 9.9.2001 (BGBl. I S. 2331) und Art. 49 Siebente Zuständigkeitsanpassungs-VO vom 29.10.2001 (BGBl. I S. 2785), eine Genehmigung erforderlich, wenn die Änderung wesentlich ist.

Eine wesentliche Änderung liegt vor, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. §§ 5 und 7 BImSchG erheblich sein können. Nachteilig sind dabei Auswirkungen, bei denen eine Verschlechterung der vorhandenen Situation vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden kann, sei es beim Normalbetrieb, sei es bei Störfällen. Für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 BImSchG kommt es darauf an, dass sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Einrichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Dabei sind nach § 5 Abs. 1 BImSchG Anlagen - bei Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt - so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Nach § 4 ArbSchG ist dafür zu sorgen, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit der beschäftigten Arbeitnehmer möglichst vermieden wird.

Eine wesentliche Änderung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass zu möglichen negativen Auswirkungen erhöhte Sicherheit gegenüber bestimmten anderen Gefahren hinzutritt. Denn die Wesentlichkeit kann nicht wegkompensiert werden (vgl. Schenk in Fiederer/Geiger/Guggemos/Jäde/Loza/Schenk, Praxishandbuch des Bauplanungs- und Immissionsschutzrechtes, Band I, Stand Februar 2002, Teil F, RdNr. 126; Jarass, Kommentar zum BImSchG, 4. Auflage, § 16 RdNr. 10; Czajka in Feldmann u.a., Kommentar zum Bundesimmissionsschutzrecht, Band I, § 16 RdNr. 36).

Nach diesen Grundsätzen ist die geplante Änderung genehmigungspflichtig. Denn es erscheint möglich, dass durch die Veränderungen im Hinblick auf § 5 BImSchG nachteilige Entwicklungen eintreten. Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG besteht nicht.

Zur Feststellung der maßgeblichen Veränderung und des sich danach ergebenden Regelungsgehalts der ggf. erforderlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist ein Vergleich anzustellen, zwischen den Anlagenteilen, die in der Vergangenheit immissionsschutzrechtlich bereits genehmigt wurden und der Gesamtanlage in der vorgesehenen Form. Nach diesem Vergleich erscheint es möglich, dass sich das Emissionsverhalten der Anlage nachteilig verändert. Die für die Demontage und Trockenlegung der Altfahrzeuge vorgesehenen Bereiche werden durch die Stahlbetondecke zum 1. Obergeschoss überdacht, wobei die Seiten offen bleiben. Es ist daher nicht auszuschließen, dass vermehrt Schallreflexionen auftreten und dass sich der Schall in andere Richtungen ausbreitet als bisher. Der zu beurteilende Arbeitslärm ist dabei erheblich, nachdem u.a. Hämmer, Metallschneidegeräte (Winkelschleifer), Schweißgeräte, Pressluftschlagschrauber, ein Kran (Bagger) und weitere Geräte zum Einsatz kommen. Die im rückwärtigen Teil des Betriebsgrundstücks geplante Auffahrrampe zum 1. Obergeschoss könnte mit der vorgesehenen Steigung von 15% ebenfalls eine neue, für die Nachbarschaft belästigende Lärmquelle darstellen, ebenso das geplante Parkdeck. Weiter erscheint es nicht ausgeschlossen, dass nach der Überbauung der zentralen Feuergasse die Rettungskräfte im Fall eines Brandes oder eines sonstigen Störfalles nicht mehr schnell und mit geeignetem Gerät an den Einsatzort gelangen können. Insofern könnte, nach der in der mündlichen Verhandlung vom Vertreter der Umweltschutzbehörde geäußerten Auffassung, die Einholung eines brandschutztechnischen Gutachtens angezeigt sein. Weiter erscheint es möglich, dass von der im Freien vor der Reifenmontagehalle geplanten Arbeitsfläche für das benachbarte Wohngebäude Störungen ausgehen. Bei der Umnutzung der Lagerfläche für Getriebe in ein Reifenlager fällt auf, dass das Reifenlager einen Abstand zu dem Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 2068/2 von lediglich ca. 7 m einhält. Ob dies als Sicherheitsabstand genügt, erscheint überprüfungsbedürftig, nachdem nach den brandschutztechnischen Auflagen in III. Nr. 4.3 der Genehmigung vom 15.11.1988 zwischen Reifenlagern und einer eventuellen Wohnbebauung ein Mindestabstand von 30 m vorgesehen ist. Zuletzt spricht auch die geplante Änderung der Betriebsabläufe bei der Aufnahme von Fahrzeugen und der Umfang des Vorhabens für möglicherweise eintretende nachteilige Veränderungen. Immerhin erhöhen sich durch das Vorhaben die überbaute Grundfläche von 546 m² auf 1060 m² und die Geschossfläche von 965 m² auf 1535 m². Danach erscheint es durchaus möglich, dass wegen der geplanten Änderung der Autoverwertungsanlage nachteilige Veränderungen im Hinblick auf § 5 BImSchG eintreten, so dass eine Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG besteht.

Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG liegen dabei nicht vor. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die potentiellen Nachteile offensichtlich gering und die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 5 BImSchG ergebenden Anforderungen sichergestellt sind. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Vorhaben - wie der Kläger meint - eine teilweise Verbesserung der immissionsschutzrechtlichen Verhältnisse bewirkt wird. Denn die möglichen negativen Auswirkungen können nicht durch andere, positive Auswirkungen wegkompensiert werden. Das Verwaltungsgericht hat danach eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG - ohne eigene Überprüfung und lediglich mit einem Hinweis auf die Aussage der Immissionsschutzbehörde vom 1.2.2000 - zu Unrecht angenommen.

Nachdem für das Bauvorhaben eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich ist, die die baurechtliche Genehmigung umfasst, besteht kein Anspruch auf die Erteilung des Bauvorbescheids. Die Verpflichtungsklage ist wegen des fehlenden Sachbescheidungsinteresses unbegründet.

b. Die Voraussetzungen für die Erteilung des Bauvorbescheids liegen - abgesehen vom fehlenden Sachbescheidungsinteresse - auch im übrigen nicht vor. Die Autoverwertung stellt in der bestehenden ebenso wie in der geplanten Form eine erheblich belästigende, mithin industriegebietstypische Anlage dar, die im Gewerbegebiet gebietsunverträglich ist. Sie ist daher im Gewerbegebiet unzulässig und kann dort auch nicht im Wege der Befreiung zugelassen werden, weil eine Befreiung die Grundzüge der Planung berühren würde.

Die Voraussetzungen für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Umbau- und Erweiterungsmaßnahme ergeben sich aus § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan "Schleifwiesen", gegen dessen Wirksamkeit Einwendungen nicht vorgebracht wurden, und § 8 BauNVO 1968. Nach § 8 Abs. 1 BauNVO 1968, der § 8 Abs. 1 BauNVO 1990 entspricht, ist der Betrieb der Autoverwertung in dem Bereich, für den der Bebauungsplan "Schleifwiesen" Gewerbegebiet vorsieht, planungsrechtlich nur zulässig, wenn er nicht wesentlich belästigend ist. Diese Voraussetzung erfüllt die Anlage des Klägers nicht.

Bei der Autoverwertung des Klägers handelt es sich um eine Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, die grundsätzlich in besonderem Maße geeignet ist, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen. Nach Nr. 8.9 Spalte 2 des Anhangs zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen vom 14.3.1997 (BGBl. I S. 504), zuletzt geändert durch Art. 4 G v. 27.7.2001 (BGBl. I S. 1950), - 4. BImSchV - zählen dazu auch Anlagen zur Behandlung von Altautos mit einer Durchsatzleistung von 5 Altautos oder mehr je Woche. Bei der Prüfung, ob die Anlage die in der Nr. 8.9 Spalte 2 verlangte Leistungsgrenze überschreitet, ist nach § 1 Abs. 1 Satz 4 der 4. BImSchV auf den rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebsumfang abzustellen. Danach gehört auch die Anlage des Klägers zu den genehmigungsbedürftigen Anlagen mit hohem Störpotential, nachdem ihre Durchsatzleistung über dem Schwellenwert liegt.

Der Umstand, dass die Autoverwertung wegen ihres hohen Störpotentials eine dem vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren unterworfene Anlage ist, bewirkt allein noch nicht, dass sie bauplanungsrechtlich nur in einem Industriegebiet gemäß § 9 BauNVO zulässig ist (vgl. § 15 Abs. 3 BauNVO). Auch die nach der 4. BImSchV genehmigungspflichtige Anlage kann im Gewerbegebiet genehmigungsfähig sein. Dies setzt aber voraus, dass es sich bei dem Betrieb des Klägers um eine in atypischer Weise betriebene und daher nicht erheblich belästigende Autoverwertungsanlage handelt. Dafür müsste die Anlage vom üblichen Erscheinungsbild durch die konkrete Art des Betriebs und durch objektive Umstände wie Umfang, Arbeitsweise, Ausstattung, Einrichtung, Anlieferungs- und Kundenverkehr und dergleichen abweichen. Ob eine dem Anlagentyp zuzuordnende Anlage - auch unter Berücksichtigung der konkreten Eigenart und Zweckbestimmung des Gewerbegebiets - zugelassen werden kann, ist aufgrund einer Einzelfallprüfung zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.9.1992, 7 C 7/92; Urteil vom 2.2.2000 - 4 B 87/99 -; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.7.1999 - 10 S 44/99 -; Bielenberg in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Band 5, § 8 BauNVO, RdNr. 11).

Die Einzelfallprüfung ergibt im vorliegenden Fall, dass die Autoverwertung des Klägers im Gewerbegebiet bei Berücksichtigung der konkreten Betriebsabläufe und der Eigenart und Zweckbestimmung des Gebiets nicht zulässig ist. Der Senat konnte dem Vortrag des Klägers und dem Augenschein keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer in atypischer Weise betriebenen Autoverwertung entnehmen. Mit einem Durchsatz von ca. 2000 Fahrzeugen pro Jahr, also ca. 38 Fahrzeugen je Woche, liegt der Durchsatz der Verwertungsanlage erheblich, nämlich ca. 7,5-fach über dem Schwellenwert von 5 Fahrzeugen. Besondere betriebliche Einrichtungen und Arbeitstechniken, nach denen sich eine Verringerung der typischerweise auftretenden Emissionen ergeben könnte, existieren nicht. Das Betriebsgrundstück liegt weder abgelegen noch verfügt es über eine Größe, die hinreichende Abstände zwischen den emittierenden Betriebsvorgängen und den Nachbargrundstücken zulassen würden. Eine gegen Emissionen des Betriebs unempfindliche Umgebungsbebauung ließ sich nicht feststellen. Das Gegenteil ist der Fall. Es liegt eine empfindliche Umgebungsbebauung vor, nachdem die Autoverwertung unmittelbar an Wohngrundstücke angrenzt, wobei die Entfernung zwischen den Wohnhäusern und den Lager- und Arbeitsflächen nur wenige Meter beträgt.

Danach handelt es sich bei der Autoverwertung auch nach der konkreten Art des Betriebs um eine erheblich belästigende Anlage. Diese kann im Gewerbegebiet auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, da die Befreiung die Grundzüge der Planung, nämlich die Beschränkung auf Zulassung gewerbegebietstypischer Nutzungen, berühren würde. Der Umstand, dass die Autoverwertung im Gewerbegebiet planungsrechtlich unzulässig ist, steht der Erteilung des Bauvorbescheids, ebenso wie das fehlende Sachbescheidungsinteresse, entgegen.

c. Danach kann dahinstehen, ob die Autoverwertung in der zum Gegenstand der Bauvoranfrage gemachten Form auch deswegen unzulässig ist, weil sie - objektiv-rechtlich - gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verstößt (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Im Hinblick auf die angrenzenden Wohngrundstücke spricht jedoch einiges für eine Unzumutbarkeit der mit dem Betrieb der Autoverwertung einhergehenden Belästigungen und daher für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot. 2. Nachdem ein Anspruch auf die Erteilung des Bauvorbescheids von Anfang an nicht bestand, bleibt die Klage auch mit dem Hilfsantrag ohne Erfolg. Dem Kläger konnte zum Zeitpunkt der Zurückstellung schon deswegen kein Bauvorbescheid erteilt werden, weil die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorlagen. Ein Interesse an der Entscheidung über die Frage, ob der Zurückstellungsbescheid und die Veränderungssperre der Erteilung des Bauvorbescheids ebenfalls entgegenstanden, besteht daher nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), besteht nicht.

Beschluss vom 18. Juni 2002

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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