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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 04.05.2001
Aktenzeichen: 3 S 597/00
Rechtsgebiete: BauNVO


Vorschriften:

BauNVO § 6 F. 1990
1. Zur Unzulässigkeit eines Boarding-Houses mit Wohn- und Beherbergungscharakter, das weniger als die Hälfte der Fläche des die Bebaubarkeit des Grundstücks nahezu ausschöpfenden und ansonsten gewerblich genutzten Bauvorhabens in Anspruch nimmt, in einem auf das Baugrundstück beschränkten Mischgebiet.

2. Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung begründen grundsätzlich einen subjektiv-öffentlichen Anspruch jedes im Plangebiet ansässigen Nachbarn auf Wahrung der Gebietsart (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 02.02.2000 - 4 B 87/99 - Buchholz 406.19, Nachbarschutz Nr. 162 = NVwZ 2000, 679 ff. = DÖV 2000, 640 f. = VBlBW 2000, 361 f. = BauR 2000, 1019 f.). Dies gilt auch für diejenigen Planbetroffenen, deren Grundstück außerhalb des durch das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung in seinem Charakter betroffenen Baugebiets liegt (a.A. zu einem festgesetzten Gewerbegebiet: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.06.1999 - 10 S 44/99 -, VBlBW 2000, 78 ff.).


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

3 S 597/00

Verkündet am 04.05.2001

In der Verwaltungsrechtssache

wegen erteilter Baugenehmigung

hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Stopfkuchen-Menzel, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schieber und den Richter am Verwaltungsgericht Kappes auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 1999 - 14 K 2421/99 - geändert. Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 3. Februar 1999 in der Gestalt der Änderungsbaugenehmigung vom 17. Juni 1999 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20. Juli 1999 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte und die Beigeladene zu je 1/2.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Kläger für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus und einer Garage bebauten Grundstücks Flst.-Nr. 11394 auf Gemarkung der Beklagten. Das Grundstück wird von der im Norden angrenzenden Carl-Benz-Straße erschlossen, an die sich, wiederum nördlich, das im Eigentum der Beklagten stehende, rund 1.700 m² große Grundstück Flst.-Nr. 11374/2 anschließt. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 17.10.1997 in Kraft getretenen Bebauungsplans "Zwischen den Wegen - 3. Änderung (Hoschket)" der Beklagten vom 1.10.1997. Dieser setzt u.a. für das Grundstück der Kläger ein allgemeines Wohngebiet fest und weist das im Norden an der Schwetzinger Straße, im Westen an dem "Neuen Sträßel" und im Nordwesten an dem durch den Bebauungsplan festgesetzten Kreisverkehr gelegene Grundstück Flst.-Nr. 11374/2 als Mischgebiet mit einem bogenförmigen Baufenster aus. Der von den Klägern gegen diesen Bebauungsplan gestellte Normenkontrollantrag wurde mit Beschluss des erkennenden Senats vom 10.12.1997 - 3 S 2023/97 - abgewiesen; ihre gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.3.1998 - 4 BN 11.98 - zurückgewiesen.

Am 4.9.1998 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Geschäftshauses mit Tiefgarage, "Läden", Büroflächen, "Boarding-House" und Bank-Filiale (Automatenstation) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 11374/2. Gegen dieses Vorhaben erhoben die Kläger im Rahmen der Angrenzeranhörung im Einzelnen näher bezeichnete Einwendungen, die im Wesentlichen die nach ihrer Ansicht fehlende Durchmischung der Nutzungsarten auf dem Baugrundstück, das vorgesehene Maß der baulichen Nutzung, zu erwartende Lärm- und Schadstoffimmissionen, die Stellplatzsituation sowie befürchtete Eingriffe in das Grundwasser betrafen.

Unter dem 3.2.1999 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung; die Einwendungen der Kläger wies sie mit Schreiben vom 8.2.1999 zurück. Nach den genehmigten Plänen war im Kellergeschoss des zu errichtenden Gebäudes eine Tiefgarage mit insgesamt 45 Stellplätzen nebst Ausfahrt gegenüber dem Grundstück der Kläger vorgesehen. Im Erdgeschoss sollten im Wesentlichen zwei Läden mit rund 287 bzw. ca. 456 m² Fläche nebst Büro und sonstigen Nebenräumen eingerichtet werden. Im ersten Obergeschoss sahen die Pläne eine Büronutzung vor. Schließlich waren im ersten und zweiten Dachgeschoss insgesamt 33 Appartementwohnungen - überwiegend Ein-Zimmer-Appartements - mit in der Diele untergebrachter Kochnische und Badezimmer sowie eine Rezeption, ein Frühstücksraum und eine Küche geplant. Dieser Bereich wurde in den Planunterlagen als "Hotel" bezeichnet und als Beherbergungsbetrieb in die Stellplatzberechnung eingestellt.

Die Kläger erhoben Widerspruch und begründeten diesen im Wesentlichen mit den bereits im Angrenzeranhörungsverfahren gegen das Bauvorhaben erhobenen Rügen.

Bereits vor Einleitung des Widerspruchsverfahrens war bei der Beklagten ein Antrag der Beigeladenen vom 17.2.1999 auf Erteilung einer Nachtragsbaugenehmigung eingegangen. Die geänderten Pläne sehen im Erdgeschoss anstelle der zunächst geplanten Läden eine derjenigen des ersten Obergeschosses entsprechende Büronutzung vor. Im in den Unterlagen wiederum als Hotel bzw. Beherbergungsbetrieb bezeichneten ersten und zweiten Dachgeschoss ist die Anzahl der Appartements auf 30 reduziert und dafür die Einrichtung eines Besprechungsraumes vorgesehen. Schließlich sind gegenüber der ursprünglichen Baugenehmigung geringfügige Änderungen der Nottreppen sowie der übrigen Fassadengestaltung geplant.

In der unter dem 17.6.1999 im Wesentlichen antragsgemäß erteilten Änderungsbaugenehmigung heißt es, diese bilde einen Bestandteil der ursprünglichen Baugenehmigung. Die Änderungsbaugenehmigung wurde weder den Klägern noch der Widerspruchsbehörde bekannt gegeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.7.1999 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Widersprüche der Kläger gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 3.2.1999 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, unter einem Boarding-House sei ein Appartement-Betrieb mit Kochgelegenheit zu verstehen, der zur Wohnnutzung zähle und nicht als Beherbergungsbetrieb anzusehen sei. Demzufolge sei beim Bauvorhaben eine Durchmischung mit Gewerbe- und Wohnflächen gegeben. Im Normenkontrollverfahren habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die ermittelten Lärmbeurteilungspegel von 62 dB(A) tags und 52 dB(A) nachts für die Schwetzinger Straße sowie 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts für das Neue Sträßel unter den Werten der Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchVO - lägen und deshalb keine weitergehenden Maßnahmen erforderlich seien. Unzumutbare Lärmimmissionen auf Grund der geplanten Tiefgaragenausfahrt seien von den Klägern nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Darüber hinaus sei, was den beanstandeten Entlüftungsschacht der Tiefgarage betreffe, zu berücksichtigen, dass dieser nach den Bauvorlagen rund 30 m von der Außenkante des Gebäudes der Kläger entfernt liege. Von einer konzentrierten Zuleitung der zu erwartenden Abgase in unmittelbarer Nähe ihres Grundstücks könne nicht die Rede sein. Außerdem befinde sich die überwiegende Anzahl der Aufenthaltsräume im Wohngebäude der Kläger an dessen westlicher bzw. südlicher Seite. Eine unzumutbare Beeinträchtigung ihres Grundstücks scheide deshalb aus. Die Durchführung eines wasserrechtlichen Erlaubnisverfahrens sei nicht erforderlich. Diese Entscheidung wurde den Klägern am 22.7.1999 zugestellt.

Am 23.8.1999, einem Montag, haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klagen erhoben und beantragt, die Baugenehmigung der Beklagten vom 3.2.1999 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.7.1999 mit Ausnahme der Widerspruchsgebühr aufzuheben. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen vorgetragen, ein erforderliches wasserrechtliches Genehmigungsverfahren sei nicht durchgeführt worden. Das genehmigte Bauvorhaben weise ausschließlich gewerbliche Nutzung auf, so dass es der festgesetzten Gebietsart nicht entspreche. Darüber hinaus widerspreche das Vorhaben der Eigenart des Baugebiets. Es verstoße daher gegen das Gebot der Rücksichtnahme, das auch infolge der geplanten Entlüftung der Tiefgarage verletzt werde. Es sei geboten, die zu erwartenden Abgase mittels einer mechanischen Lüftung über Firsthöhe abzuleiten. Dies gebiete auch § 11 Abs. 4 GaVO.

Die Beklagte und die Beigeladene haben beantragt, die Klagen abzuweisen.

Mit Urteil vom 3.11.1999 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe nach Einnahme eines Augenscheins die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das genehmigte Vorhaben sei bauplanungsrechtlich nach der Art der baulichen Nutzung zulässig. Denn es diene zumindest auch dem zeitweisen oder dauerhaften Wohnen. Sämtliche Ein-Zimmer-Appartements seien mit einer Küche ausgestattet, was für ein Wohnen ohne Dienstleistungsservice weitgehend unentbehrlich sei. Die für einen Beherbergungsbetrieb typische Zusatzeinrichtungen wie Empfangs-, Speise-, Frühstücks- und Aufenthaltsräume, Bars und Restaurants fehlten. Die im Erdgeschoss genehmigten Ladengeschäfte nebst Bankautomat unterstützten den Wohncharakter des Boarding-Houses, da solche Einrichtungen auf die Bedürfnisse der Bewohner abgestellt seien. Das Vorhaben verstoße auch nicht zu Lasten der Kläger gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Dies gelte sowohl für die Einrichtung eines Boarding-Houses als auch für das genehmigte Maß der baulichen Nutzung und die zu erwartenden Immissionsbelastungen. Der in der mündlichen Verhandlung angehörte Lärmsachverständige habe überzeugend erklärt, dass die Grenzwerte der 16. BImSchV eingehalten würden. Ein für die Beurteilung der Abgasbelastung beigezogener Sachverständiger habe ebenfalls überzeugend ausgeführt, Abgase und Gerüche weiteten sich in einem Umkreis von maximal 10 m aus. Aus dem genehmigten Entlüftungsschacht sowie der Tiefgaragenausfahrt entweichende Emissionen wirkten sich daher nicht als Immissionen auf dem Grundstück der Kläger aus. Schließlich liege auch mit Blick auf die von den Klägern behauptete Grundwasserabsenkung keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte vor.

Gegen das ihnen am 22.11.1999 zugestellte Urteil haben die Kläger am 22.12.1999 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 8.3.2000 hat der Senat die Berufung zugelassen.

Die Kläger beantragen nunmehr,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3.11.1999 - 14 K 2421/99 - zu ändern und die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 3.2.1999 in der Gestalt, die diese durch die Änderungsbaugenehmigung derselben vom 17.6.1999 gefunden hat, und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.7.1999 aufzuheben, sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Zur Begründung machen sie weiterhin geltend, die Voraussetzung einer Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit der im Mischgebiet zulässigen Nutzungsarten sei nicht erfüllt. Das Boarding-House stelle keine dem Wohnen dienende Fläche dar. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Wohnanlage "betrieben" werde, also ein Betrieb vorliege. Es ergebe sich auch aus der zwischenzeitlich veröffentlichten Werbung für das Boarding-House. Dieses nenne sich "Hotel Ifen". Es biete nicht nur eine Unterbringung für Langzeitgäste, sondern auch einmalige Übernachtungen sowie einen Frühstücksservice an. Auch sprächen die im Erdgeschoss genehmigten Ladengeschäfte eher für einen Beherbergungsbetrieb als für den vom Verwaltungsgericht angenommenen Wohncharakter. Das notwendige Mindestmaß der Eigengestaltung des häuslichen Lebens liege insgesamt nicht vor. Schon in den genehmigten Plänen seien im Übrigen die oberen Etagen des Vorhabens als "Hotel" bezeichnet worden. Das ihnen zustehende Recht auf Erhaltung des Gebietscharakters sei nach alledem verletzt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor, eine Durchmischung der Nutzungsarten auf ein- und demselben Grundstück sei durch die Baunutzungsverordnung nicht gefordert. Im Übrigen weise das Bauvorhaben eine solche Durchmischung auf. Dass das Boarding-House "betrieben" werde, lasse seine Nutzung zu Wohnzwecken unberührt. Die Ein-Zimmer-Appartements des Boarding-Houses seien mit geräumiger Küche und einem zusätzlichen Arbeitsbereich ausgestattet. Die Eigengestaltung der Haushaltsführung werde hierdurch gefördert. Das Boarding-House sei gerade nicht als Hotel zu verstehen, da im Rahmen der Auslastung kurzfristige, aber auch langfristige Mietverträge abgeschlossen würden. Im Übrigen handle es sich bei dem vorliegenden Bauvorhaben um eine Kombination aus Pensionsnutzung und Wohnnutzung (Boarding-House). Für Langzeitgäste sei das Frühstücksbüffet ausdrücklich aus der Preisgestaltung herausgenommen. Werde der Frühstücksservice dennoch gewünscht, handle es sich um eine zusätzlich zu vergütende Leistung, die mit der Inanspruchnahme eines externen Frühstücksservice zu vergleichen sei. Personal- und Küchengröße ließen ein umfassendes Beherbergungsgewerbe nicht zu. Auch spreche der Empfangsbereich ebenso wenig für eine gewerbliche Beherbergung wie die dort vorgesehenen Gästetoiletten. Dass die Baugenehmigung Auflagen für den Betrieb von Gaststätten enthalte, erkläre sich aus den begrenzt einfließenden Elementen des Gaststättengewerbes. Die Werbung mit dem Namen "Hotel Ifen" erfolge ausschließlich aus Verständlichkeitsgründen. Im Vordergrund stehe auch nach der Preisliste nicht die Pensionsnutzung, sondern die Vermietung an Langzeitgäste. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liege ebenso wenig vor, wie eine Veränderung des Gebietscharakters.

Die Beigeladene beantragt, im Wesentlichen aus den von der Beklagten angeführten Gründen,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Baugenehmigungsakten sowie die Bebauungsplanakten "Zwischen den Wegen - 3. Änderung (Hoschket)" der Antragsgegnerin (3 bzw. 4 Bände), die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe sowie die erstinstanzlichen Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe und seine eigenen Akten aus dem vorangegangenen Normenkontrollverfahren - 3 S 2023/97 - (je 1 Band) vor. Hierauf sowie auf die Prozessakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung beim erkennenden Gerichtshof eingereichte Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen vom 4.5.2001 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Denn zum einen ist der Beigeladenen schon keine Schriftsatzfrist eingeräumt worden. Zum anderen wirft ihr Vorbringen in dem nachgereichten Schriftsatz keinen erneuten Erörterungsbedarf auf. Einen solchen hat sie im Übrigen auch nicht geltend gemacht (vgl. zu alledem Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, RdNr. 11 zu § 104).

Die Berufung ist zulässig und mit den nunmehr zur Entscheidung des Senats gestellten Anträgen auch begründet.

Soweit die Einbeziehung der Änderungsbaugenehmigung der Beklagten vom 17.6.1999 in das Anfechtungsbegehren der Kläger unter Berücksichtigung des § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO als Klageänderung anzusehen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, RdNr. 11 zu § 91; Eyermann, VwGO, 11. Aufl., 2000, RdNrn. 9, 16 f. zu § 91), ist diese im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich und daher auch in der Berufungsinstanz (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 21) zulässig; die Durchführung eines (erneuten) Vorverfahrens ist aus Gründen der Prozessökonomie entbehrlich (vgl. auch hierzu Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 23 zu § 68; Eyermann, a.a.O., RdNr. 34 zu § 68).

In der Sache sind die angegriffenen Bescheide unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufzuheben. Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Stadt Wiesloch vom 3.2.1999 in der Fassung der Änderungsbaugenehmigung derselben vom 17.6.1999 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 20.7.1999 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn die genannten Bescheide verstoßen gegen gemäss § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO von der Baurechtsbehörde zu prüfende Vorschriften des Bauplanungsrechts (1.), die auch dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind (2.).

1.

Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich nach den §§ 29 Satz 1, 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans "Zwischen den Wegen - 3. Änderung (Hoschket)" der Beklagten vom 1.10.1997, gegen dessen - zwischen den Hauptbeteiligten auch unanfechtbar feststehende - Gültigkeit keine Bedenken bestehen. Der Bebauungsplan setzt für das Baugrundstück als Art der baulichen Nutzung ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) und für den im Süden jenseits der Carl-Benz-Straße gelegenen Bereich ein allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) fest. Nach § 6 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 BauNVO in der hier anzuwendenden Fassung vom 23.1.1990 sind Geschäfts- und Bürogebäude sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes in einem Mischgebiet allgemein zulässig. Allerdings ist die Eigenart eines Mischgebiets als Baugebietstyp gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch gekennzeichnet, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dient. Dabei hat der Verordnungsgeber die beiden Hauptnutzungsarten nicht in ein Rangverhältnis zueinander gestellt, so dass ein Mischgebiet für Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe gleichermaßen offen steht. Der Baugebietstyp eines Mischgebiets ist somit durch die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet dies im allgemeinen, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere erlangen soll. Die normative Funktion eines Mischgebiets liegt vielmehr in einer qualitativen und quantitativen Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe. Diese Durchmischung unterscheidet ein Mischgebiet von den anderen Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung und bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (vgl. den Beschluss des Senats vom 8.7.1993, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 4.5.1988 - 4 C 34.86 -, BVerwGE 79, 309 = BRS 48 Nr. 37). Demgemäss kann die gebotene Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe durch ein neues Vorhaben sowohl qualitativ als auch quantitativ gestört sein. Nur wenn beides bei einer Gesamtbetrachtung des Gebiets (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, RdNr. 10 zu § 6 BauNVO) nicht der Fall ist, bleibt die Eigenart des Gebietstyps gewahrt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.4.1996 - 4 B 51.96 -, NVwZ-RR 1997, 463 ff. = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 179 = BRS 58 Nr. 82).

Für die hiernach zu beachtende auch quantitative Mischung kommt es - wie gleichzeitig durch § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bestätigt wird - darauf an, in welchem Verhältnis die dem Wohnen und die gewerblichen Zwecken dienenden Anlagen im Baugebiet nach Anzahl und Umfang zueinander stehen. Dabei ist einerseits nicht erforderlich, dass die beiden Hauptnutzungsarten zu genau oder annähernd gleichen - wie auch immer rechnerisch zu bestimmenden - Anteilen im jeweiligen Gebiet vertreten sind. Auf der anderen Seite wird jedoch die Bandbreite der typischen Eigenart des Mischgebiets, soweit es um die quantitative Seite des Mischungsverhältnisses geht, nicht erst dann verlassen, wenn eine der beiden Hauptnutzungsarten als eigenständige Nutzung im Gebiet völlig verdrängt wird und das Gebiet deshalb in einen anderen Gebietstyp "umkippt" mit der Folge, dass sich die Festsetzung als Mischgebiet letztlich als funktionslos (geworden) darstellen würde. Um ein solches "Umkippen" des Gebietes zu verhindern und seine Eigenart zu wahren, ist es erforderlich und zugleich aber auch ausreichend, dass im jeweiligen Gebiet eine der beiden Hauptnutzungsarten nicht nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend und in diesem Sinne "übergewichtig" in Erscheinung tritt. Ob dies der Fall ist oder nicht, lässt sich nicht notwendig, jedenfalls aber nicht ausschließlich, danach beurteilen, mit welchen Prozentsätzen die Grundfläche des jeweiligen Mischgebiets für die eine und die andere Nutzungsart in Anspruch genommen werden soll. Die Störung des gebotenen quantitativen Mischungsverhältnisses und damit zugleich der Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets kann sich aus einem solchen übermäßig großen Anteil einer Nutzungsart an der Grundfläche des Baugebiets, aber auch aus anderen Umständen, z.B. auch aus einem Missverhältnis der Geschossflächen oder der Zahl der eigenständigen gewerblichen Betriebe im Verhältnis zu den vorhandenen Wohngebäuden, oder auch erst aus mehreren solcher Merkmale zusammengenommen ergeben. Erforderlich ist stets eine Bewertung aller für eine quantitative Beurteilung in Frage kommenden tatsächlichen Umstände im einzelnen Fall (vgl. BVerwG, Urteil vom 4.5.1988, a.a.O.).

Die Eigenart des in einem konkreten Bebauungsplan festgesetzten einzelnen Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 BauNVO ergibt sich dabei nicht allein aus den typisierenden Regelungen der Baunutzungsverordnung. Sie lässt sich vielmehr abschließend erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet "hineingeplant" worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde, soweit dieser in den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter Beachtung der dafür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden. Bei einer verhältnismäßig geringen Größe des Baugebiets kommen zusätzlich auch noch die örtlichen Verhältnisse in der angrenzenden Umgebung in Betracht, um die besondere Eigenart des konkreten Baugebiets, in dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, genau zu bestimmen. Die Anwendung eines solchen, das Baugebiet überschreitenden Rahmens zur Bestimmung seiner konkreten örtlichen Eigenart kommt z.B. dann in Betracht, wenn nach der gegebenen örtlichen Situation die Festsetzung eines kleineren Mischgebiets nur der "Abpufferung" zwischen Gebieten mit einer das Wohnen störenden gewerblichen Nutzung und einer überwiegenden oder reinen Wohnnutzung dienen soll (vgl. den Beschluss des Senats vom 8.7.1993, - 3 S 824/93 -, VGHBW-Ls 1993, Beilage 9, B 10; BVerwG, Urteil vom 4.5.1988, a.a.O.).

Diese Maßstäbe sind - anders als die Beklagte und die Beigeladenen meinen - im vorliegenden Fall bezogen auf das Verhältnis der unterschiedlichen Nutzungen auf dem Baugrundstück selbst anzulegen. Zwar verlangt § 6 Abs. 1 BauNVO grundsätzlich keine gleichzeitige Nutzung jedes einzelnen Grundstücks innerhalb eines festgesetzten Mischgebiets sowohl zu Gewerbe- als auch zu Wohnzwecken (vgl. hierzu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, RdNr. 11 zu § 6 BauNVO; König/Roeser/Stock, BauNVO 1999, RdNr. 5 zu § 6). Indes gilt dies nach den oben gemachten Ausführungen zur Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp nur dann, wenn die planungsrechtliche Mischgebietsfestsetzung mehr als ein Buchgrundstück erfasst, also eine für diesen Baugebietstyp konstitutive Durchmischung "grundstücksübergreifend" möglich ist. Umfasst das Mischgebiet demgegenüber - wie hier - nur ein Buchgrundstück, so gebietet § 6 Abs. 1 BauNVO mithin eine gemischte Nutzung desselben.

In Ansehung der dargestellten Grundsätze widerspricht das Vorhaben der Beigeladenen der Mischgebietsfestsetzung des Bebauungsplans "Zwischen den Wegen - 3. Änderung (Hoschket)" der Beklagten vom 1.10.1997. Denn die genehmigten Pläne sehen für das auf das Baugrundstück beschränkte Baugebiet ein beherrschendes Übergewicht der gewerblichen Nutzung über die geplante sowie die dort noch mögliche Wohnnutzung vor (a), die auch nicht unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse ausnahmsweise zulässig ist (b).

a)

Nach den von der Beigeladenen vorgelegten Planunterlagen überwiegt bereits die unstreitig vorgesehene gewerbliche Nutzung die allenfalls in Betracht kommende Wohnnutzung in quantitativer Hinsicht deutlich. Denn von den ausgewiesenen Nutzflächen entfallen rund 1.500 m² auf die gewerblichen Bürobereiche im Erdgeschoss und im Obergeschoss sowie die - gleichfalls gewerbliche - Bankfiliale östlich der Einfahrt zur Tiefgarage. Die Nutzfläche des Boarding-Houses im 1. und 2. Dachgeschosses beträgt demgegenüber nur insgesamt 1.214 m². Diesem Verhältnis entspricht darüber hinaus mit 36 (Büro-)Räumen nebst Filialraum der Bank einerseits und 30 Appartements im 1. und 2. Dachgeschoss andererseits auch die Raumverteilung. Allein die genehmigten 30 notwendigen Stellplätze dienen nach der Stellplatzberechnung der Beigeladenen je zur Hälfte der Büronutzung und dem Boarding-House.

Die bereits danach quantitativ überwiegende gewerbliche Nutzung des Baugebiets tritt angesichts der Eigenart des im ersten und zweiten Obergeschoss genehmigten Boarding-Houses beherrschend in Erscheinung. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die genannte Einrichtung in ihrer Gesamtheit für sich allein (noch) als Wohnzwecken dienende Anlage oder (schon) als Beherbergungsbetrieb anzusehen ist. Denn sie setzt der gewerblichen Nutzung des Baugrundstück nach ihrer konkreten Eignung und Zweckbestimmung jedenfalls keine gleichwertige und gleichgewichtige Wohnnutzung (vgl. zu diesem Kriterium: BVerwG, Beschluss vom 11.4.1996, a.a.O.) entgegen.

Für die Annahme, dass das Boarding-House jedenfalls auch auf eine "die Eigengestaltung des häuslichen Wirkungskreises" erfordernde Wohnnutzung ausgerichtet ist, spricht allerdings, dass die 30 Appartements jeweils über eine Kochgelegenheit verfügen, was Mindestvoraussetzung für den bauplanungsrechtlichen Begriff der Wohnung ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.4.1992 - 4 C 43.89 -, BVerwGE 90, 140 ff. = Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 10 = NVwZ 1993, 773 ff. = BauR 1992, 586 ff. = DVBl. 1992, 1433 ff. = DÖV 1993, 115 ff. = VBlBW 1993, 49-51 = BRS 54 Nr. 53 = BauR 1993, 194 ff.; Beschluss vom 7.9.1984 - 4 N 3.84 -, Buchholz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 6 = NVwZ 1985, 338 ff. = DVBl. 1985, 120 ff. = DÖV 1985, 239 ff. = BRS 42, Nr. 55; Beschluss vom 23.12.1981 - 4 B 196.81 -, Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 25). Indes sind Wert und Gewicht einer danach in Betracht kommenden Wohnnutzung mit Blick auf das dem Boarding-House zu Grunde liegende Konzept im Vergleich zu Räumen mit typischem Wohncharakter in hier entscheidendem Maße gemindert:

So stellt zunächst die mit dem Bauvorhaben (auch) verfolgte Absicht, im Rahmen eines gewerblichen Betriebes zeitlich befristet im Raum Wiesloch beschäftigte Personen mit auswärtigem (Haupt-) Wohnsitz in Ein- bzw. Zwei-Zimmer Appartements mit einer Fläche von größtenteils unter 30 m² unterzubringen, zumindest nicht den Regelfall des Wohnens im bauplanungsrechtlichen Sinne dar (vgl. zu einem Apart-Hotel BVerwG, Urteil vom 29.4.1992, a.a.O.), so dass sich das typische Bild einer Wohnnutzung schon insoweit nicht bietet. Vielmehr weist das Vorhaben bereits mit Blick auf diese Nutzung einen nicht unerheblichen Beherbergungscharakter auf.

Hinzu kommt, dass die genehmigten Pläne im 1. Dachgeschoss neben einem fast 60 m² großen Besprechungsraum einen mehr als 33 m² großen Rezeptionsbereich, einen rund 52 m² großen Frühstücksraum nebst kleiner Küche sowie Personalräume, also Einrichtungen vorsehen, denen die Zweckbestimmung zu Grunde liegt, Gästen Dienstleistungen in nennenswertem Umfang zu erbringen (vgl. zu fehlenden Einrichtungen dieser Art: BVerwG, Urteil vom 29.4.1992, a.a.O.). Diese Gemeinschaftsräume und dem Service innerhalb des Hauses dienenden Einrichtungen verstärken nicht nur den Beherbergungscharakter des Boarding-Houses allgemein, sondern machen in Ihrer Gesamtheit darüber hinaus - wie auch von der Beklagten bestätigt - die Absicht deutlich, wenigstens einem Teil der Gäste eine Pensions- oder Hotelunterbringung zu bieten. Demgemäss wurde das Boarding-House in den genehmigten Planunterlagen als "Hotel" bezeichnet und darüber hinaus - mit der Folge einer Verringerung der Zahl der notwendigen Stellplätze von (bei 30 "Wohnungen") 30 auf 15 - auch als "Beherbergungsbetrieb" in die Stellplatzberechnung der Beigeladenen eingestellt.

Diesem in den genehmigten Plänen angelegten Beherbergungscharakter entspricht schließlich auch die zwischenzeitlich aufgenommenen Nutzung der fraglichen Räume. Nach den veröffentlichten Inseraten wirbt die Betreiberin unter dem Namen "Hotel Ifen" in erster Linie für Übernachtungen mit Frühstück und erst in zweiter Linie um Langzeitgäste.

Liegt danach bei einer Gesamtschau in zugleich quantitativer und qualitativer Hinsicht ein beherrschendes Übergewicht der gewerblichen Nutzung des Bauvorhabens vor, so besteht ein solches auch mit Blick auf das gesamte Baugebiet. Denn auf dem im Rahmen der Festsetzungen des Bebauungsplans mit dem hier streitigen Gebäude der Beigeladenen nahezu vollständig bebauten und die Fläche des Mischgebiets ausfüllenden Baugrundstück ist ohne Änderung der angegriffenen Baugenehmigung keine weitere Wohnnutzung möglich.

b)

Die mangelnde Gleichwertigkeit bzw. Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe ist vorliegend auch unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der konkreten Festsetzungen des Bebauungsplans nicht ausnahmsweise unbeachtlich.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine vorliegend angesichts des festgestellten Fehlens einer Durchmischung erforderliche Abweichung von den typisierenden Vorgaben der Baunutzungsverordnung bereits mit Blick auf den Typenzwang für bauplanungsrechtliche Festsetzungen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.9.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 - 163 = Buchholz 406.19, Nachbarschutz Nr. 118 = NJW 1994, 1546 - 1548 = BRS 55 Nr. 110 = BauR 1994, 223 - 228 = DVBl. 1994, 284 - 288 = DÖV 1994, 263 - 266, m.w.N.) als unzulässig anzusehen ist. Denn eine solche Abweichung lässt sich auch nach dem erkennbaren Willen des Plangebers nicht rechtfertigen. Dies gilt selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass die das Mischgebiet betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplans nach dem Willen des Gemeinderats - neben dem vom Senat bereits im Normenkontrollbeschluss vom 10.12.1997 (3 S 2023/97) angenommenen Zweck, Wohnbebauung durch den zugelassenen Gebäudekubus in tatsächlicher Hinsicht von Verkehrslärm abzuschirmen - auch durch die ausgewiesene Gebietsart einer "Abpufferung" zwischen Verkehrstraßen und Wohnnutzung dienen soll.

Zwar bezieht sich der planerische Wille der Gemeinde in einem solchen Fall nicht in erster Linie auf die Schaffung eines Gebiets, das qualitativ und quantitativ - annähernd - gleichwertig der Wohnnutzung und der Nutzung durch das Wohnen nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe dienen soll, sondern vielmehr darauf, die Wohnnutzung in der Nähe einer Emissionsquelle planungsrechtlich zu sichern und die Wohnbebauung im Mischgebiet mit geringeren Abwehransprüchen gegen aus der Nachbarschaft herrührende Immissionen auszustatten, so dass eine ausnahmsweise Zulässigkeit überwiegender Wohnnutzung eines festgesetzten Mischgebiets in Betracht kommt (vgl. den Beschluss des Senats vom 8.7.1993, a.a.O.). Die Zulassung des oben festgestellten beherrschenden Übergewichts der gewerblichen Nutzung des ausgewiesenen Mischgebiets lässt sich indes durch eine solche planerische Vorstellung nicht rechtfertigen. Denn dieses - schon der typischen Eigenart eines Mischgebiets widersprechende - Übergewicht von im benachbarten allgemeinen Wohngebiet bereits nach ihrem Typus allenfalls ausnahmsweise zulässigen oder gar unzulässigen (§ 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO; vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., RdNr. 27 zu § 4 BauNVO) und darüber hinaus lediglich nicht "wesentlich störenden" (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) gewerblichen Nutzungen liefe bei unterstellter "Pufferfunktion" des Mischgebiets dem mit der Ausweisung des "Puffers" beabsichtigten Schutz des ebenfalls im Plangebiet gelegenen allgemeinen Wohngebiets zuwider.

2.

Die der Beigeladenen nach alledem unter Verstoß gegen die im Bebauungsplan "Zwischen den Wegen - 3. Änderung (Hoschket)" der Beklagten vom 1.10.1997 festgesetzte Art der baulichen Nutzung erteilte Baugenehmigung, verletzt die Kläger auch in eigenen Rechten.

Auf die Bewahrung der Gebietsart hat der im Plangebiet ansässige Nachbar einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht. Der Abwehranspruch des Nachbarn wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebietes eingeleitet wird. Dabei geht der Nachbarschutz aus der Festsetzung eines Baugebiets weiter als der Schutz aus dem Rücksichtnahmegebot in § 15 Abs. 1 BauNVO. Dieser setzt voraus, dass der Nachbar in unzumutbarer Weise konkret in schutzwürdigen Interessen betroffen wird. Hingegen hat der Nachbar auf die Bewahrung der Gebietsart einen Anspruch auch dann, wenn das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung des Nachbarn führt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.9.1984 - BVerwG 4 B 147.84 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 61; Beschluss vom 9.10.1991 - BVerwG 4 B 137.91 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 104). Ist ein Vorhaben im Mischgebiet objektiv-rechtlich unzulässig, weil bei seiner Zulassung die gebotene Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe qualitativ oder quantitativ gestört wäre, kann sich der Nachbar hierauf berufen, ohne dass es weiterer Feststellungen zur konkreten Unzumutbarkeit der durch das geplante Vorhaben ausgelösten Wirkungen bedarf (vgl. zu alledem BVerwG, Beschluss vom 11. 4.1996, a.a.O.).

Dieses subjektiv-öffentliche Recht auf Bewahrung der Gebietsart besteht vorliegend auch angesichts des Umstandes, dass das Grundstück der Kläger zwar im Plangebiet, aber außerhalb des festgesetzten Mischgebiets, und damit des durch das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung in seinem Charakter betroffenen Baugebiets liegt (a.A. zu einem festgesetzten Gewerbegebiet: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.6.1999 - 10 S 44/99 -, VBlBW 200, 78 ff.). Denn die Festsetzung von Baugebieten hat grundsätzlich - und so auch mit Blick auf die Kläger - nachbarschützende Funktion zu Gunsten jedes Planbetroffenen, also der im Plangebiet ansässigen Nachbarn (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.2.2000 - 4 B 87/99 -, Buchholz 406.19, Nachbarschutz Nr. 162 = NVwZ 2000, 679 ff. = DÖV 2000, 640 f. = VBlBW 2000, 361 f. = BauR 2000, 1019 f.). Angesichts des Umstandes, dass die bei der Aufstellung von Bebauungsplänen gebotene Abwägung des Satzungsgebers das gesamte Plangebiet umfasst, besteht nämlich das hierauf zurückzuführende nachbarliche Austauschverhältnis grundsätzlich zwischen allen Planbetroffenen. Dem entspricht die Reichweite des Gebietserhaltungsanspruchs des Nachbarn.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.m.V. § 100 ZPO, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist für notwendig zu erklären, da sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte und es den Klägern auch nicht zuzumuten war, das Verfahren selbst zu führen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 18 zu § 162).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 2. Mai 2001

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 20.000,-- DM festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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