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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: 6 S 747/00
Rechtsgebiete: BVFG/1993, BVFG/2001


Vorschriften:

BVFG/1993 § 6 Abs. 2
BVFG/2001 § 6 Abs. 2
BVFG/2001 § 100a
1. § 6 Abs. 2 BVFG i. d. F. des Spätaussiedlerstatusgesetzes vom 30.08.2001 (BGBl. I, S. 2266) ist seit dem Tag seines Inkrafttretens auf alle laufenden Verfahren wegen Spätaussiedlerbescheinigungen nach § 15 Abs. 1 BVFG anwendbar.

2. Darin liegt grundsätzlich keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung.

3. Die Neufassung des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG schließt die Möglichkeit aus, ein früheres Gegenbekenntnis zu einem fremden Volkstum nachträglich zu revidieren.


6 S 747/00

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Spätaussiedlerbescheinigung

hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schwäble, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Ecker und die Richterin am Verwaltungsgericht Schikora auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2001

am 20. Dezember 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15. Juli 1998 - 2 K 986/96 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG.

Der Kläger ist am 23.11.1940 in Mytischtschi/Gebiet Moskau/Russland geboren und war dort bis zu seiner Aussiedlung wohnhaft. Von 1948 bis 1958 besuchte er die Schule in Mytischtschi mit russischer Unterrichtssprache und studierte von 1959 bis 1965 an einer technischen Hochschule in Moskau Maschinenbau. Anschließend war er von 1965 bis 1966 Ingenieur in einem Konstruktionsbüro und danach bis zur Ausreise Dozent an einer Hochschule. Der Kläger schloss am 18.10.1975 die Ehe mit der am 12.4.1954 geborenen deutschen Volkszugehörigen XXXXXXX. Nachdem die Ehe am 1.3.1989 geschieden worden war, heirateten die Eheleute am 16.5.1992 erneut. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, der am 27.7.1977 geborene XXXXXXXXX und die am 12.4.1984 geborene XXXXXXXXXX. Die Ehefrau und der Sohn des Klägers sind im Besitz von Spätaussiedlerbescheinigungen nach § 15 Abs. 1 BVFG; dem Kläger und seiner Tochter wurden Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG als Ehegatte bzw. Abkömmling einer Spätaussiedlerin ausgestellt.

Die Eltern des Klägers waren der am 11.5.1911 in Rostov/Jaroslawl/Russland geborene und am 27.5.1969 in Mytischtschi verstorbene XXXXXXXXXXXXX XXXXX und die am 14.11.1914 in Sady/Twer/Russland geborene und am 14.12.1989 in Mytischtschi verstorbene russische Volkszugehörige XXXXXX XXXXXXXXXXXX. Die Großeltern väterlicherseits waren der am 17.6.1885 in St. Petersburg geborene und 1918/19 in Kronstadt verstorbene XXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXX sowie die 1883 oder 1886 geborene und 1981 verstorbene XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX. In der Geburtsurkunde seines Vaters vom 23.1.1953 sind die Großeltern väterlicherseits mit deutscher Nationalität angegeben. In der am 12.10.1957 auf den Namen XXXXXXXXX XX ausgestellten Geburtsurkunde des Klägers ist als Nationalität seines Vaters "Russe" eingetragen, während in seiner am 31.5.1994 ausgestellten Geburtsurkunde die Nationalität seines Vaters mit "Deutscher" bezeichnet ist. Die 1939 geschlossene Ehe seiner Eltern wurde am 1.4.1957 geschieden. Seine Mutter und der Kläger nahmen am 5.10.1957 anstelle des bisherigen Familiennamens XXXXXXXX den Geburtsnamen der Mutter XXXXXXX an.

Am 13.7.1992 beantragten die Ehefrau des Klägers ihre Aufnahme als Spätaussiedlerin und der Kläger und seine Kinder die Aufnahme als deren Ehegatte bzw. Abkömmlinge über den Bruder der Ehefrau als Bevollmächtigten. In den Antragsunterlagen wurden die Volkszugehörigkeit des Klägers mit "Russisch", seine Muttersprache mit "Russisch" und seine jetzige Umgangssprache in der Familie mit "Russisch-Deutsch" angegeben. Zu seinen Sprachkenntnissen wurde erklärt, er verstehe und schreibe deutsch, spreche aber weniger deutsch. Unter der Rubrik "Pflege des deutschen Volkstums" ist vermerkt, dass er sich sehr für die deutsche Sprache, Geschichte, Kultur und Wissenschaft interessiere und viele Bücher auf Deutsch habe und lese. Er sei Mitglied des Internationalen Zentrums der Deutschen Volkskultur in Moskau und verbessere mit Hilfe seines Lehrers und selbständig seine Sprachkenntnisse.

Unter dem 5.1.1994 erteilte das Bundesverwaltungsamt der Ehefrau des Klägers einen Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin, in welchen der Kläger und seine Kinder gem. § 7 Abs. 2 BVFG als Ehegatte bzw. Abkömmlinge einbezogen waren.

Mit Schreiben vom 15.7.1994 lehnte das Passamt des Mytistschier Bezirks den Antrag des Klägers auf Änderung der seit 1958 in seinen Inlandspass eingetragenen russischen Nationalität ab, weil nach der Passverordnung die Nationalität eines Bürgers nur einmal gewählt werden und nicht geändert werden könne. Mit Beschluss des Mytistschier Bezirksgerichtes vom 2.8.1994 wurde das Passamt verpflichtet, die Eintragung der Nationalität im Pass in "Deutscher" zu ändern. Daraufhin erhielt der Kläger am 10.11.1994 einen russischen Inlandspass, in dem unter Nationalität "Deutscher" eingetragen war.

Am 18.12.1994 verließen der Kläger und seine Familie ihren Wohnort Mytischtschi und reisten am selben Tag in die Bundesrepublik Deutschland ein.

Am 13.1.1995 beantragten die Ehefrau des Klägers die Ausstellung einer Bescheinigung für Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG sowie der Kläger und die gemeinsamen Kinder die Ausstellung einer Bescheinigung für Ehegatten bzw. Abkömmlinge eines Spätaussiedlers nach § 15 Abs. 2 BVFG. Im Antragsformular bejahte der Kläger die deutsche Volkszugehörigkeit und gab seine Muttersprache mit Deutsch und die Umgangssprache im Vertreibungsgebiet innerhalb und außerhalb der Familie mit Russisch und Deutsch an. Weiter legte er zur Begründung seines Antrages ein Widerspruchsschreiben vom 4.1.1995 an das Bundesverwaltungsamt vor, mit dem er Widerspruch gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes in bezug auf seine Einstufung als Ehegatte einer Spätaussiedlerin eingelegt hatte. Hierin ist dargelegt, dass sein Großvater väterlicherseits mit seiner Familie im zaristischen Livland und danach in Rostov/Jaroslawl gelebt habe. Er sei durch die Ereignisse des Ersten Weltkrieges aus seiner Heimat vertrieben und 1919 von den Organen der "WTschKA" hingerichtet worden. Seine Großmutter väterlicherseits und sein Vater hätten sich unter Geheimhaltung ihrer Identität verstecken müssen. Die mit dem Namen und dem Adelstitel seines Vaters verbundene schwere Vergangenheit habe seine russische Mutter veranlasst, nach ihrer Trennung von seinem Vater ihren Mädchennamen wieder anzunehmen. Er sei zu jener Zeit noch nicht volljährig gewesen und sei gerichtlich der Mutter zugesprochen worden. Bei der Namensänderung der Mutter hätten die zuständigen Behörden automatisch auch seinen Geburtsnamen XXXXXXXXX auf den Namen XXXXXX geändert. Als er ein Jahr später mit 18 Jahren den Pass erhalten habe, sei ihm gesagt worden, er habe erst vor einem Jahr eine Namensänderung und eine Nationalitätsbestimmung erhalten, und dies könne nicht geändert werden. So habe er seinen Pass unter dem Namen XXXXX und als russischer Volkszugehöriger erhalten. Beim Wechsel seiner abgelaufenen Pässe habe er immer wieder um Änderung des Namens und der Nationalität gebeten. Er habe mündliche Absagen bekommen. Nach der Umgestaltung der UdSSR habe man ihm 1994 eine schriftliche Absage erteilt. Es sei ihm jedoch gelungen, die Änderung der Nationalität gerichtlich durchzusetzen.

Zu den Sprachkenntnissen des Klägers bei Antragstellung ist unter dem 28.12.1994 vermerkt, er verstehe gut deutsch und spreche ausreichend deutsch; Deutschkenntnisse habe er in der Ehe erworben.

Bei einer Anhörung beim Landratsamt Ortenaukreis am 12.7.1995 gab der Sohn des Klägers u.a. an, er entstamme einer Mischehe. Sein Vater sei russischer Volkszugehöriger, seine Mutter deutsche Volkszugehörige.

Mit Bescheid vom 21.11.1995 erteilte das Landratsamt Ortenaukreis der Ehefrau des Klägers und seinem Sohn Spätaussiedlerbescheinigungen nach § 15 Abs. 1 BVFG sowie dem Kläger und seiner Tochter Bescheinigungen für Ehegatten bzw. Abkömmlinge nach § 15 Abs. 2 BVFG.

Hiergegen legte der Kläger am 8.12.1995 Widerspruch ein u.a. mit der Begründung, er habe ebenfalls einen Antrag auf eine Bescheinigung "nach § 4 BVFG" gestellt. Die Entscheidung des Landratsamtes, ihn als Ehegatten einer Spätaussiedlerin einzustufen, beruhe darauf, dass er, als es vorteilhaft gewesen sei, den russischen Familiennamen XXXXXX und die russische Nationalität gehabt habe. Er habe aber, als er die Anforderung aus Deutschland bekommen habe, einen neuen Pass mit deutscher Nationalität beantragt. Bis zum 16. Lebensjahr habe er den Familiennamen XXXXXXXXXX getragen; in der Geburtsurkunde sei "Vater-Deutscher" eingetragen gewesen. Seine Mutter habe nach der Trennung vom Vater wegen der mit dem Namen, der Nationalität und dem Adelstitel des Vaters verbundenen schweren Vergangenheit ihren Mädchennamen wieder angenommen. Er sei zu jener Zeit noch nicht volljährig gewesen und gerichtlich der Mutter zugesprochen worden. Bei der Namensänderung der Mutter hätten die zuständigen Behörden automatisch auch seinen Geburtsnamen XXXXXXXXX auf den Namen XXXXXX geändert. In seiner neuen Geburtsurkunde seien er selbst mit dem Namen XXXXXXX und sein Vater mit russischer Nationalität eingetragen gewesen. Es sei ihm nicht bekannt, aus welchen Gründen und auf welche Weise die Nationalität seines Vaters geändert worden sei. Seine Eltern hätten trotz der Scheidung zusammengelebt. Er habe von seinem Vater erste Stunden in deutscher Sprache bekommen, was ihm in Deutschland sehr helfe. In der Siedlung, in der sie gewohnt hätten, habe es keine anderen deutschen Familien, keine Kirche, keine deutsche Schule und keine deutschen Zeitungen gegeben. Sie seien bemüht gewesen, in ihrer Familie deutsche Traditionen zu erhalten. Den ersten Deutschen habe er in Moskau kennengelernt; es sei der Bruder seiner Frau aus dem Tscheljabinsker Gebiet gewesen. Dieser habe in Moskau studiert und sie oft zu Hause besucht. Durch ihn habe er seine Frau kennengelernt; sie hätten 1975 geheiratet. Ihre Kinder seien in deutscher Tradition erzogen worden; sie beherrschten die deutsche Sprache gut. 1991 habe die evangelische Kirche in Moskau wieder Gottesdienste aufgenommen; sie hätten sonntags den Gottesdienst besucht und die Kinder taufen lassen. Zu dieser Zeit seien er und seine Frau Mitglieder des Internationalen Verbands der deutschen Kultur in Moskau geworden. Bei Ablauf seines Passes 1979/80 habe er um Änderung der Nationalität gebeten, jedoch eine Absage bekommen; man habe ihm gesagt, dass die Nationalität nur einmal bei Passempfang gewählt werden könne, wenn die Eltern verschiedener Nationalität seien, und dann nicht mehr geändert werden könne. Nach der Umgestaltung in der UdSSR habe sein Rechtsanwalt 1994 eine schriftliche Absage bekommen und die Änderung der Nationalität dann gerichtlich durchgesetzt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1.4.1996 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Anerkennung nach § 4 BVFG könne nicht erfolgen, weil er in seinem Inlandspass stets mit russischer Nationalität eingetragen gewesen und die Änderung erst mit der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei.

Am 2.5.1996 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er im wesentlichen vorgetragen: Da die Nationalität in seinem Inlandspass nicht auf einer von ihm abgegebenen Erklärung beruhe und von ihm auch nicht irgendwie gebilligt worden sei, sei sie irrelevant. Er habe mehrfach versucht, diese Eintragung zu ändern. Diese Erklärungen gegenüber den Behörden enthielten das Bekenntnis.

Mit Urteil vom 15.7.1998 hat das Verwaltungsgericht Freiburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Zwar habe der Kläger nach den Antragsunterlagen vom 28.12.1994 lediglich die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG für einen Ehegatten eines Spätaussiedlers beantragt. Aus dem weiteren Verfahren, insbesondere aus dem dem Landratsamt Ortenaukreis vorgelegten Widerspruch des Klägers vom 4.1.1995 gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes vom 21.12.1994 im Registrierscheinverfahren, habe sich aber eindeutig ergeben, dass der Kläger ebenfalls eine Bescheinigung als Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG begehrte. Dieser Antrag sei vom Landratsamt Ortenaukreis mit Bescheid vom 21.11.1995 konkludent abgelehnt worden. Die Klage sei aber nicht begründet. Es sei nicht erkennbar, dass dem Kläger bestätigende Merkmale im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BVFG vermittelt worden seien. Dagegen sprächen seine Angaben zur Sprache im Aufnahmeverfahren und bei der Anhörung beim Landratsamt Ortenaukreis am 28.12.1994. Die Frage, ob im Falle des Klägers die Fiktion des § 6 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz BVFG greife, könne offen bleiben, denn es fehle jedenfalls an einem Bekenntnis zur deutschen Nationalität oder zum deutschen Volkstum im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG. Es spreche einiges dafür, dass sich der Kläger ausdrücklich zum russischen Volkstum bekannt, also ein sogenanntes Gegenbekenntnis abgelegt habe. Denn in seinem russischen Inlandspass sei er bis zur Änderung im Jahre 1994 immer mit russischer Nationalität eingetragen gewesen; dabei dürfte er bei Ausstellung des Inlandspasses ein Wahlrecht gehabt haben. So werde auch in dem vom Kläger vorgelegten Beschluss des Mytistschier Bezirksgerichts vom 2.8.1994 ausgeführt, er habe sich beim Passempfang als Russe eintragen lassen, obwohl er die Wahl der Nationalität gehabt habe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ihm bei der Ausstellung des Inlandspasses kein Wahlrecht eingeräumt worden sei und somit kein Gegenbekenntnis vorliege, fehle es jedenfalls an einem Bekenntnis zum deutschen Volkstum. Ein solches könne nicht darin gesehen werden, dass die Nationalität im Inlandspass nach einer Klage auf Grund des Beschlusses des Mytistschier Bezirksgerichts vom 2.8.1994 in Deutsch geändert worden sei. Denn die Änderung sei erst nach Stellung des Aufnahmeantrages vom 8.7.1992 und nach Erteilung des Aufnahmebescheides am 5.1.1994 erfolgt. Es spreche deshalb eine Vermutung dafür, dass es sich um ein reines "Lippenbekenntnis" handle. In einem solchen Fall müsse die Ernsthaftigkeit des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum besonders nachgewiesen werden. Daran fehle es. Es seien keine objektiven Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass diese Erklärung tatsächlich von einem inneren Bewusstsein der Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum getragen worden sei. Vielmehr spreche alles dafür, dass er die Eintragungsänderung lediglich im Hinblick auf die geplante Einreise nach Deutschland und mit dem Ziel, in Deutschland als Spätaussiedler anerkannt zu werden, habe vornehmen lassen. In den Geburtsurkunden seiner Kinder vom 16.8.1977 und vom 8.6.1994 sei seine Nationalität jeweils mit "Russe" angegeben. Noch im Aufnahmeantrag vom 8.7.1991 sei erklärt worden, er sei russischer Volkszugehöriger. Unter diesen Umständen glaube die Kammer dem Kläger auch nicht, dass er sich bereits früher laufend um eine Änderung der Eintragung bemüht habe. Dagegen sprächen auch seine Angaben im Widerspruchsschreiben vom 7.12.1995, wonach er einen neuen Pass mit deutscher Nationalität beantragt habe, als er die Anforderung aus Deutschland bekommen habe. Weiter habe sein Sohn bei einer Vorsprache am 12.7.1995 erklärt, er entstamme einer Mischehe, sein Vater sei russischer und seine Mutter deutscher Volkszugehörigkeit. Wenn er sein angebliches Zugehörigkeitsgefühl zum deutschen Volkstum aber nicht innerhalb seiner Familie habe vermitteln können, sei es auch nicht glaubhaft, dass er sich tatsächlich als deutscher Volkszugehöriger gefühlt habe. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG könnten auch nicht nach § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. BVFG fingiert werden. Jedenfalls nach 1964 habe sich die Situation für die Russlanddeutschen gemildert gehabt. Es könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass das Bekenntnis zum deutschen Volkstum mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden gewesen wäre.

Am 17.9.1998 hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt; mit Beschluss vom 28.3.2000 hat der Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zugelassen.

Zur Begründung der Berufung (diese ging innerhalb der Monatsfrist des § 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO beim Senat ein) hat er auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen, wo er u.a. geltend gemacht hatte: Allein daraus, dass er seine Muttersprache mit "Russisch" bezeichnet habe, könne nicht geschlossen werden, ihm sei die deutsche Sprache nicht vermittelt worden; er habe den Begriff "Muttersprache" mit der Sprache seiner Mutter verwechselt. Er spreche die deutsche Sprache wie eine Muttersprache. Dass er die Deutschkenntnisse in der Ehe erworben habe, sei nirgends belegt und auch realitätsfern. Es sei erfahrungsgemäß so, dass in den Ehen, in denen ein Ehegatte die deutsche Sprache zur Verständigung nicht ausreichend spreche, die russische Sprache bevorzugt werde. Dass in der Familie nach der Eheschließung weiterhin die deutsche Sprache als überwiegend gebrauchte Sprache vermittelt worden sei, sei ein Indiz dafür, dass er bereits zuvor ausreichend deutsch gesprochen habe; sonst hätte er sich in der Familie nicht verständigen können. Es sei zwar richtig, dass die Änderung der Nationalität im Zusammenhang mit dem Aufnahmeverfahren ein "Lippenbekenntnis" indiziere und es hierfür weiterer Tatsachen bedürfe, um von der Ernsthaftigkeit der nach außen abgegebenen Erklärung ausgehen zu können. Im vorliegenden Verfahren sei jedoch früher keine Erklärung zur russischen Nationalität abgegeben worden, weil die erste Eintragung im Inlandspass auf dem Druck der damaligen Behörden beruht habe und deshalb die Willenserklärung nicht frei von Willensmängeln sei. Die Bemühungen, die er seit seinem 18. Lebensjahr vorgenommen habe und die dazu geführt hätten, dass er jedes Mal nach außen die Erklärung abgegeben habe, Deutscher zu sein, seien ausreichend, um von durchgehender Ernsthaftigkeit eines Bekenntnisses zum deutschen Volkstum auszugehen. Entscheidend sei nicht die Eintragung im Inlandspass, sondern die auf dem inneren Willen beruhende Erklärung, dem deutschen Volk anzugehören. Die Bemühungen, den Pass zu ändern, sprächen dafür. Da er sich seit seinem 18. Lebensjahr immer und ausschließlich zur deutschen Nationalität erklärt habe, komme es auf die Zumutbarkeit eines Bekenntnisses nicht an.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15.7.1998 - 2 K 986/96 - zu ändern, den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 1.4.1996 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 BVFG auszustellen.

Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert.

Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2001 angehört; wegen seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift nebst Anlage verwiesen. Außerdem nimmt der Senat auf die Gerichtsakten und Behördenakten des Beklagten Bezug, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen.

Im Ergebnis zutreffend hat das Verwaltungsgericht allerdings erkannt, dass die Klage zulässig ist, wobei der Senat freilich die Begründung des Verwaltungsgerichts nicht zu teilen vermag. Denn entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger vor Ergehen des Bescheides vom 21.11.1995, mit dem ihm eine Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 2 BVFG zugesprochen wurde, keinen Antrag gemäß § 15 Abs. 1 BVFG gestellt; ausweislich des von ihm unterschriebenen Antragsformulars vom 28.12.1994 hatte er nur eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG als Ehegatte einer Spätaussiedlerin beantragt. Allein darin, dass er in diesem Verfahren ein Schreiben vom 4.1.1995 vorlegte, das an das Bundesverwaltungsamt gerichtet war und die Einlegung eines Widerspruchs gegen seine Einbeziehung in den Registrierschein als Ehegatte einer Spätaussiedlerin zum Inhalt hatte, ist keine Antragstellung nach § 15 Abs. 1 BVFG zu sehen. Vielmehr hat der Kläger erst am 8.12.1995 mit Einlegung seines "Widerspruchs" gegen den seinem Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG stattgebenden Bescheid des Landratsamts vom 21.11.1995 einen Antrag auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG gestellt. Hierbei hat er erstmals eindeutig zum Ausdruck gebracht, eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG zu begehren. Dem darin liegenden - erstmaligen - Antrag steht auch nicht entgegen, dass er nicht unter Verwendung des amtlichen Vordruckes gestellt wurde (vgl. Urteil des Senats vom 15.10.1999 - 6 S 3499/96 - zum Vertriebenenausweis); dies gilt umso mehr, als das Bundesvertriebenengesetz in der seit 1.1.1993 geltenden Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I, S. 2094) für die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung anders als die frühere Fassung (vgl. § 16 Abs. 2 BVFG a.F.) einen solchen Vordruck nicht mehr vorsieht. Den Antrag des Klägers auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung vom 8.12.1995 hat das Landratsamt dann nicht mehr, wie es erforderlich gewesen wäre, beschieden, sondern der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung über den vom Kläger eingelegten "Widerspruch" gegen seinen Bescheid, eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG auszustellen, vorgelegt. Somit wurde bisher von der Ausgangsbehörde über den Antrag auf Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ohne zureichenden Grund nicht entschieden. Bei dieser Sachlage hat der Kläger eine Verpflichtungsklage auf Erlass des bisher unterlassenen Verwaltungsaktes und somit eine Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erhoben.

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Ausstellung der begehrten Spätaussiedlerbescheinigung. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG erhalten Spätaussiedler zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft auf Antrag eine Bescheinigung. Die Spätaussiedlereigenschaft des Klägers wiederum, der aus Russland (ehemalige UdSSR) stammt, bestimmt sich nach § 4 Abs. 1 BVFG, wonach wesentliches Tatbestandsmerkmal - die übrigen Voraussetzungen der Vorschrift sind im vorliegenden Fall unproblematisch - die deutsche Volkszugehörigkeit ist. Für den 1940 (und somit nach dem 31.12.1923) geborenen Kläger ist insoweit § 6 Abs. 2 BVFG i.d.F. des am 7.9.2001 in Kraft getretenen Spätaussiedlerstatusgesetz - SpStatG - vom 30.8.2001 (BGBl. I, S. 2266; - künftig BVFG n.F. -) maßgeblich (1.). Auf dieser Grundlage ist der Kläger nach Überzeugung des Senats aber nicht deutscher Volkszugehöriger (2.).

1. Die deutsche Volkszugehörigkeit des Klägers ist nach § 6 Abs. 2 BVFG i.d.F. des am 7.9.2001 in Kraft getretenen Spätaussiedlerstatusgesetzes zu beurteilen. Zwar galt zu der Zeit, als der Kläger am 8.12.1995 die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG beantragte, das Bundesvertriebenengesetz noch in der Fassung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes vom 21.12.1992 (BGBl. I, S. 2094) - künftig BVFG/1993 -. Dennoch ist auch auf diesen Personenkreis das Bundesvertriebenengesetz in seiner neuen Fassung anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus dem Prozessrecht, dass ein Verpflichtungsbegehren, wie es hier vorliegt, nur Erfolg haben kann, wenn im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts besteht. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach materiellem Recht, dem nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruches selbst, sondern auch die Antwort auf die Frage zu entnehmen ist, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.8.1995 - 9 C 391.94 -, BVerwGE 99, 133, 136). Danach ist jedoch neues Recht maßgebend; nach § 100a BVFG n.F. sind Anträge nach § 15 Abs. 1 BVFG nach dem Recht zu bescheiden, das nach dem 7.9.2001 gilt.

§ 100a BVFG n.F. erfasst auch Fälle wie den des Klägers. Der Wortlaut dieser Vorschrift, wonach auch Anträge nach § 15 Abs. 1 nach dem Recht zu bescheiden sind, dass nach dem 7.9.2001 gilt, ist eindeutig. Aus der Begründung des Gesetzes (vgl. BT-Drs. 14/6573, S. 7, zu Nr. 2, § 100a) ergibt sich nichts anderes.

§ 100a BVFG n.F. verstößt auch nicht wegen Rückwirkung gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Der Gesetzgeber hat die Rechtslage für Spätaussiedler ab 7.9.2001 geändert. Als Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.10.2000 (vgl. insbesondere Urteil vom 19.10.2000 - 5 C 44.99 -, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 94) wurde § 6 Abs. 2 BVFG/1993 neu gefasst. § 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG n.F. fordert nunmehr, dass das Bekenntnis zum deutschen Volkstum durch die Vermittlung der deutschen Sprache bestätigt wird; diese Vermittlung ist nunmehr ausdrücklich Bestätigungsmerkmal. Sie ist nur festgestellt, wenn jemand im Zeitpunkt der Aussiedlung auf Grund dieser Vermittlung zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann. Laut Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drs. 14/6573, S. 6, B, zu Art. 1, zu Nr. 1 <§ 6 Abs. 2>) bedeutet diese Regelung einerseits eine Erleichterung für die Antragsteller, weil lediglich darauf abgehoben wird, ob die familiär vermittelten Deutschkenntnisse im Zeitpunkt der Aussiedlung noch durch ein mit dem Antragsteller zu führendes einfaches Gespräch (im Rahmen einer Anhörung <"Sprachtest">) feststellbar sind, während sich Feststellungen zur muttersprachlichen oder bevorzugten umgangssprachlichen Verwendung des Deutschen in der Familie erübrigen. Andererseits ergibt sich für den Personenkreis, der zum Zeitpunkt der Aussiedlung nicht in der Lage war, dieses einfache Gespräch zu führen, jedoch bei Abschluss des elterlichen Vermittlungsprozesses, in der Regel bei Eintritt der Volljährigkeit, über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verfügte, eine ungünstigere Ausgangslage. Ferner wurde die Regelung des Bestätigungstatbestandes selbst (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG/1993) durch das Spätaussiedlerstatusgesetz geändert. § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. fordert nunmehr, dass der Betroffene sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt hat oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Mit dieser Neufassung soll nach dem Willen des Gesetzgebers "klargestellt" werden, dass entgegen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG/1993 (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.8.1995, a.a.O., S. 146 f., Urteil vom 12.11.1996 - 3 C 27.96 -, BVerwGE 102, 214, 218 und Urteil vom 17.6.1997 - 9 C 10.96 -, BVerwGE 105, 60, 64) ausgeschlossen sein soll, ein grundsätzlich die deutsche Volkszugehörigkeit ausschließendes Gegenbekenntnis zu einem fremden Volkstum durch Angabe einer anderen als der deutschen Volkszugehörigkeit gegenüber amtlichen Stellen könne revidiert werden (vgl. BT-Drs. 14/6573, S. 6, B, zu Art. 1, zu Nr. 1 <§ 6 Abs. 2>). Die Nationalitätenerklärung für die Eintragung in amtliche Dokumente (z.B. erster Inlandspass) müsse - so die Begründung des Gesetzes - nunmehr erstmals nach Eintritt der Bekenntnisfähigkeit bzw. der Erklärungsfähigkeit nach dem insoweit grundsätzlich maßgeblichen innerstaatlichen Recht zugunsten der deutschen Nationalität erfolgen und in der Folge nicht mehr zugunsten einer anderen Nationalität abgeändert worden sein. Den Interessen der Betroffenen werde durch die Fiktion in Satz 5 hinreichend Rechnung getragen.

Die Neufassung des § 6 Abs. 2 BVFG n.F. bedeutet für aussiedlungswillige Personen sowie für bereits ausgesiedelte Personen, deren Verfahren auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG noch oder noch nicht anhängig ist, eine Verschlechterung für den Fall, dass sie zwar die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG/1993, nicht aber die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG n.F. erfüllen. Dies gilt vor allem für den Personenkreis, zu dem der Kläger gehört, der zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits einen Aufnahmebescheid erlangt hatte und in das Bundesgebiet eingereist war. Denn in diesen Fällen war der Spätaussiedlerstatus bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG/1993 schon mit Verlassen des Aussiedlungsgebietes und Aufnahme im Bundesgebiet entstanden. Auf Grund der Änderung des § 6 Abs. 2 BVFG n.F. i.V.m. § 100a BVFG n.F. erhält jedoch dieser Personenkreis möglicherweise keine Spätaussiedlerbescheinigung mehr; für den Kläger, der in seinem ersten Inlandspass mit russischer Nationalität eingetragen war, könnte eine solche Verschlechterung der Rechtslage insbesondere insoweit eingetreten sein, als die Revidierung eines Gegenbekenntnisses, wie dargelegt, nunmehr nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. ausgeschlossen ist (dazu unter 2.). In dieser Verschlechterung der Rechtslage liegt jedoch keine unzulässige Rückwirkung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entfaltet eine Rechtsnorm "echte" (retroaktive), verfassungsrechtlich nur ausnahmsweise zulässige Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereiches normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, d.h. gültig geworden ist. Rechtlich existent wird eine Norm nach dem deutschen Staatsrecht mit ihrer ordnungsgemäßen Verkündung, d.h. regelmäßig im Zeitpunkt der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes (BVerfG, Beschluss vom 14.5.1986 - 2 BvL 2/83 -, BVerfGE 72, 200, 241 unter Hinweis auf BVerfGE 63, 343, 353). Danach handelt es sich vorliegend schon deshalb nicht um eine sogenannte "echte" Rückwirkung im Sinne einer retroaktiven Rückwirkung von Rechtsfolgen, weil das neue Recht - § 6 Abs. 2 BVFG n.F. - auf den Zeitraum vor der Verkündung, d.h. vor dem 6.9.2001, nicht anwendbar ist. Zudem ist die geänderte Vorschrift des § 6 Abs. 2 BVFG n.F. nach § 100a BVFG n.F. nur in den Verfahren auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG anzuwenden, die am 6.9.2001 noch nicht abgeschlossen sind oder erst danach anhängig werden.

Es liegt jedoch auch keine verfassungsrechtlich unzulässige "unechte" (retrospektive) Rückwirkung vor. Diese Art der Rückwirkung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich das für die Zukunft geltende Gesetz auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Sachverhalte bezieht oder künftige Rechtsfolgen von tatsächlichen Gegebenheiten aus der Vergangenheit vor seiner Verkündung abhängig macht und damit auf vorrangig grundrechtlich geschützte Rechtspositionen einwirkt (BVerfG, Beschluss vom 14.5.1986, a.a.O., S. 241). Sie ist von Verfassungs wegen in der Regel zulässig, es sei denn, das Gesetz nimmt einen Eingriff vor, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte (wobei das Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Vorschriften regelmäßig nicht geschützt wird) oder das Vertrauen des Betroffenen ist schutzwürdiger als die mit dem Gesetz verfolgten Anliegen (Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl., Art. 20 GG, RdNr. 73).

Solche schutzwürdigen Rechtspositionen sind im Fall des Klägers nicht vorhanden. Dies gilt selbst dann, wenn der Kläger bei Einreise ins Bundesgebiet im Dezember 1994 unter Geltung des § 6 BVFG/1993 einen Spätaussiedlerstatus erlangt haben sollte. § 6 Abs. 2 BVFG n.F. i.V.m. § 100a BVFG n.F. kann zwar dazu führen, dass er, falls er nicht deutscher Volkszugehöriger nach dieser neu gefassten und hierbei im Wesentlichen verschärften Vorschrift ist, keine diesen Status mit Bindungswirkung für andere Behörden (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BVFG) feststellende Spätaussiedlerbescheinigung ausgestellt erhält und die sich aus dieser Bescheinigung ergebenden Rechte und Vergünstigungen als Spätaussiedler nicht geltend machen kann. Auf die mit dieser Bescheinigung erstrebte Rechtsposition konnte er jedoch zu keinem Zeitpunkt vertrauen.

Vor Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung kann bereits nicht schutzwürdig auf einen Spätaussiedlerstatus vertraut werden. Erst mit der Erteilung einer solchen Bescheinigung erfolgt die verbindliche Feststellung der Eigenschaft eines Spätaussiedlers. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Vertriebenenausweis nach altem Recht liegt in der Erteilung eines solchen Ausweises ein feststellender Verwaltungsakt, durch den der Vertriebenenstatus verbindlich durch Anerkennung in der Weise bestätigt wird, dass er rechtsbeständig feststeht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.1987 - 9 C 255.86 -, BVerwGE 78, 139; Urteil vom 20.3.1990 - 9 C 12.89 -, BVerwGE 85, 79 und Urteil vom 23.3.1993 - 9 C 375.92 -). Für eine Spätaussiedlerbescheinigung, die weitgehend eine "Kopie des Vertriebenenausweises" ist ( vgl. von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, B 2, 1. zu § 15 BVFG ), gilt nichts anderes. Ob der Spätaussiedlerbescheinigung wie dem Vertriebenenausweis nach altem Recht - weiterhin - nur deklaratorische Wirkung zukommt, kann offen bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.6.2001 - 1 C 26.00 -). Denn jedenfalls darf sie voraussetzungsgemäß nur erteilt werden, wenn die Prüfung im Bescheinigungsverfahren ergibt, dass der Antragsteller die in § 4 BVFG genannten Anforderungen erfüllt (so auch BVerwG, Urteil vom 19.6.2001, a.a.O.). Ein Antragsteller kann daher solange nicht damit rechnen, rechtlich als Spätaussiedler betrachtet zu werden, als ihm keine seinen Spätaussiedlerstatus bestätigende Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ausgestellt worden ist.

Der Kläger konnte somit vor Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG auch keine Dispositionen treffen, die durch etwaiges Vertrauen auf einen solchen Status veranlasst waren. Solche Dispositionen lassen sich auch nicht daraus herleiten, dass er im Wege des Aufnahmeverfahrens ins Bundesgebiet eingereist ist. Er war nämlich lediglich als Ehegatte einer Spätaussiedlerin im Sinne des § 7 Abs. 2 BVFG in den Aufnahmebescheid seiner Ehefrau vom 5.1.1994 einbezogen worden. Somit erfolgte - anders als bei Personen, die einen Aufnahmebescheid aus eigenem Recht erhalten haben -, auch im Aufnahmeverfahren vor Einreise ins Bundesgebiet keine - vorläufige - Feststellung der Spätaussiedlervoraussetzungen im Sinne des § 4 BVFG in seiner Person, so dass sich im Hinblick auf den Spätaussiedlerstatus aus dem Aufnahmeverfahren schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen ergibt. Ob von vertrauensbegründenden Dispositionen ausgegangen werden kann, wenn ein Aufnahmebescheid aus eigenem Recht erteilt worden ist, bedarf daher vorliegend keiner abschließenden Klärung. Der Senat weist jedoch daraufhin, dass auch einem als Spätaussiedler nach § 4 BVFG erteilten Aufnahmebescheid, abgesehen von der Voraussetzung der "Aufnahme", für das Spätaussiedlerbescheinigungsverfahren keine Bindungswirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.6.2001 - 1 C 26.00 - und Urteil vom 19.4.1994 - 9 C 20.93 -, BVerwGE 95, 311, 318 f.). Im Hinblick auf die Spätaussiedlereigenschaft hat auch er - wie sich üblicherweise auch aus dem Wortlaut der Bescheide ergibt - lediglich den Charakter einer vorläufigen Entscheidung, die nach der Systematik des Gesetzes unter dem Vorbehalt einer positiven Entscheidung der zuständigen Behörde nach § 15 Abs. 1 BVFG steht. Ein schützenswertes Vertrauen auf einen Statuserwerb dürfte mithin auch dann nicht begründet worden sein.

Erst recht nicht kann der Kläger auf die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler vertrauen, solange er nicht im Besitz einer seinen Status verbindlich durch Anerkennung bestätigenden Spätaussiedlerbescheinigung ist. Denn erst die Ausstellung einer Bescheinigung über die Spätaussiedlereigenschaft hat Bindungswirkung für alle Behörden und Stellen, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz oder einem anderen Gesetz zuständig sind (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BVFG). Vor der Erteilung einer Bescheinigung sind, sofern gesetzliche Regelungen keine Bescheinigung voraussetzen, sondern nur an einen kraft Gesetzes entstehenden Spätaussiedlerstatus anknüpfen, divergierende Inzidententscheidungen möglich (vgl. von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, B 2, 3. zu § 15 BVFG ), wenn eine Entscheidung in diesen Verfahren vor Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens überhaupt erfolgen darf (offengelassen: BVerwG, Urteil vom 19.6.2001, a.a.O.). Daher kann nicht bereits der Status als solcher, sondern erst die den Status bestätigende Bescheinigung tragfähige Vertrauensgrundlage sein, Rechte und Vergünstigungen als Spätaussiedler zu erhalten. Soweit zu den Rechten auch die Regelung der Staatsangehörigkeitsverhältnisse gehört (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.6.2001, a.a.O.), kann in Hinblick auf den vorliegend maßgeblichen Vertrauensschutz nichts anderes gelten. Im Übrigen sind die rechtlichen Auswirkungen der Änderung von § 6 BVFG n.F. i.V.m. § 100a BVFG n.F. für derartige Rechtspositionen in den jeweiligen Verfahren zu klären.

Nach alledem kann sich der Kläger nicht auf schutzwürdiges Vertrauen auf die bisherige Rechtslage berufen; insbesondere durfte er vor Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nicht darauf vertrauen, rechtlich als Spätaussiedler betrachtet zu werden. Die Übergangsregelung des § 100a BVFG n.F. verstößt daher nicht wegen Rückwirkung gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes.

2. Die Volkszugehörigkeit des Klägers beurteilt sich nach alledem nach § 6 Abs. 2 BVFG in der Fassung des am 7.9.2001 in Kraft getretenen Spätaussiedlerstatusgesetzes. Danach ist der Betreffende deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat (Satz 1). Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum oder die rechtliche Zuordnung zur deutschen Nationalität muss darüber hinaus durch die familiäre Vermittlung der deutschen Sprache bestätigt werden, wobei diese nur festgestellt ist, wenn jemand im Zeitpunkt der Aussiedlung auf Grund dieser Vermittlung zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann (Sätze 2 und 3). Schließlich können die Voraussetzungen der familiären Vermittlung der deutschen Sprache und des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum nach wie vor fingiert werden (Sätze 4 und 5).

Auf dieser Grundlage ist der Kläger nach Überzeugung des Senats nicht deutscher Volkszugehöriger. Zwar stammt er von einem deutschen Volkszugehörigen ab. Der Großvater väterlicherseits war deutscher Volkszugehöriger. Er gehörte dem deutschen Adelsgeschlecht XXXXXXXXXXXXXXXXXX an, das in die livländische Adelsmatrikel eingetragen war. Zudem wurde der Großvater in der Geburtsurkunde des Vaters des Klägers aus dem Jahr 1953 mit deutscher Nationalität geführt. Im Übrigen ist die deutsche Volkszugehörigkeit des Großvaters väterlicherseits bisher unbestritten. Möglicherweise war auch der Vater deutscher Volkszugehöriger. Im Rahmen der Prüfung der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. kann dessen deutsche Volkszugehörigkeit jedoch offen bleiben. Denn § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. hat ebenso wie § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BVFG/1993 angesichts eindeutigen Wortlauts nicht zur Voraussetzung, dass deutscher Volkszugehöriger nur sein kann, wer von mindestens einem Elternteil mit deutscher Volkszugehörigkeit abstammt. Der Entwurf des Spätaussiedlerstatusgesetzes (vgl. BT-Drs. 14/6310, S. 3, Art. 1, S. 6, B., zu Art. 1, zu Nr. 2 <§ 6 Abs. 2>) sah dies zwar vor; jedoch wurde in der verabschiedeten Fassung wie bereits in der Fassung BVFG/1993 ausdrücklich kein Grad der Verwandtschaft in gerader Linie bestimmt. Daher ist es für die Voraussetzung Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen ausreichend, dass der Großvater väterlicherseits deutscher Volkszugehöriger war (vgl. von Schenckendorff, Flüchtlings- und Vertriebenenrecht, B 2, 3 a zu § 6).

Ferner kann dahingestellt bleiben, ob das Bestätigungsmerkmal der Sprache im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 BVFG n.F. gegeben ist. Nach Anhörung des Klägers vor dem Senat bestehen allerdings Zweifel, ob ihm die deutsche Sprache familiär so vermittelt wurde, dass er im Zeitpunkt seiner Aussiedlung zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen konnte (vgl. Wortlaut des § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG n.F.). Er war in einem ausschließlich russischen Umfeld ohne deutsche Familien und deutsche Schulen aufgewachsen. Nach seinen eigenen Angaben vor dem Senat waren seine Deutschkenntnisse nach dem Tod seines Vaters und vor seiner Heirat mit einer deutschen Volkszugehörigen "bescheiden". 1991 und 1992 hatte er zudem Deutschunterricht; dies deutet bei der gegebenen Sachlage aber daraufhin, dass auch der Kläger selbst von unzureichenden Deutschkenntnissen ausging. Nach den Feststellungen des Landratsamtes hatte er ferner seine Deutschkenntnisse in der Ehe erworben. Zwar hat der Kläger dies im Berufungsverfahren bestritten; er vermochte jedoch nicht überzeugend zu erläutern, warum die Einschätzung des Landratsamtes nicht auf seinen eigenen Einlassungen beruhen soll. Schließlich verfügte er auch bei Berücksichtigung seiner Schwerhörigkeit noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, also nach nunmehr siebenjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet, über relativ schwache Deutschkenntnisse. Angesichts dessen hat der Senat erhebliche Zweifel, ob der Kläger auf Grund familiärer Vermittlung der deutschen Sprache, die nur durch seinen Vater erfolgen konnte, bei Aussiedlung in der Lage war, ein einfaches Gespräch in Deutsch zu führen. Dies bedarf aber vorliegend keiner abschließenden Klärung. Denn es fehlt jedenfalls an der Voraussetzung des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F., einem Bekenntnis des Klägers zum deutschen Volkstum.

Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. ist deutscher Volkszugehöriger nur derjenige, der sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Als eine Nationalitätenerklärung zum deutschen Volkstum kommt nach § 6 Abs. 2 BVFG n.F. wie nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG/1993 regelmäßig die mögliche amtliche Registrierung zur deutschen Nationalität in Betracht, die im territorialen Bereich der ehemaligen UdSSR vor allem die Nationalitätenerklärung für die Eintragung in amtliche Dokumente, wie z.B. den ersten Inlandspass, ist (vgl. BT-Drs. 12/3212 vom 7.12.1992 zum Kriegsfolgenbereinigungsgesetz, S. 23; BT-Drs. 14/6573 zum Spätaussiedlerstatusgesetz, S. 6, B, zu Art. 1, zu Nr. 1 <§ 6 Abs. 2>). Die Neufassung des § 6 Abs. 2 BVFG n.F. erfordert weiterhin, dass sich der Betreffende bis zum Verlassen des Aussiedlungsgebietes nur zum deutschen Volkstum bekannt hat. Mithin ist es im Gegensatz zur Fassung des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG/1993 nach dem im Gesetzestext ausdrücklich niedergelegten Willen des Gesetzgebers nicht mehr möglich, von einer in früherer Zeit abgegebenen Erklärung zu einem nichtdeutschen Volkstum bis zu diesem Zeitpunkt durch Hinwendung zum deutschen Volkstum abzurücken (vgl. BT-Drs. 14/6573, a.a.O.). Beim Kläger liegt hiernach kein Bekenntnissachverhalt vor.

Der Kläger gehörte unstreitig nach dem Recht des Herkunftsstaats nicht zur deutschen Nationalität. Er hat sich aber auch nicht durch eine Nationalitätenerklärung bis zum Verlassen des Aussiedlungsgebietes nur zum deutschen Volkstum bekannt. Vielmehr hat er im Zusammenhang mit der Ausstellung seines ersten Inlandspasses ein Bekenntnis zum russischen Volkstum und damit ein sogenanntes Gegenbekenntnis abgegeben, das nach § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG n.F. auch nicht unbeachtlich ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Der Kläger trug bis 1957 als Familiennamen den auf deutsche Abstammung hinweisenden Namen seines Vaters XXXXXXXXXXXXXXX und war bis dahin nach eigener Darstellung im Besitz einer auf eben diesen Namen ausgestellten Geburtsurkunde mit Eintrag deutscher Nationalität seines Vaters. Im April 1957 ließen sich seine Eltern formal scheiden, lebten jedoch nach der Scheidung weiter zusammen. Ausschließlicher Zweck der Scheidung war nach ausdrücklicher Klarstellung des Klägers vor dem Senat, ihm einen russischen Familiennamen und eine andere - nämlich die russische - Nationalitätsbestimmung zu verschaffen. Durch die russische Nationalität sollte der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt war und damit nach damaliger Rechtslage vor Ausstellung seines ersten Inlandspasses stand (vgl.: Ziffer I, 1 der Passverordnung 1940, zitiert nach Dr. Geilke, Das Staatsangehörigkeitsrecht der Sowjetunion, in: Sammlung geltender Staatsangehörigkeitsgesetze, Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg, Bd. 25, S. 336), günstigere Startbedingungen für seinen weiteren Lebensweg erhalten. Dementsprechend wurde am 5.10.1957 sein Familienname in den russischen Namen seiner Mutter XXXXXXXX geändert, und am 12.10.1957 wurde ihm eine Geburtsurkunde auf den russischen Namen seiner Mutter und mit russischem Nationalitäteneintrag beider Elternteile - auch seines deutschstämmigen Vaters - ausgestellt. Allerdings hat der Kläger vor dem Senat angegeben, die Änderung der Nationalität seines Vaters in dieser Geburtsurkunde sei nicht durch seine Eltern veranlasst worden. Nach Überzeugung des Senats kann dies indessen nicht zutreffen. Denn der Kläger hat vor dem Senat ausdrücklich erklärt, man habe neben seinem Familiennamen auch "seine Nationalität ändern" wollen. Die Nationalität eines Abkömmlings knüpfte aber, wie insbesondere die sowjetischen Passverordnungen zeigen (vgl. etwa die Passverordnung von 1974, Osteuropa-Archiv, Mai 1977, A 251 f.), grundsätzlich an die Nationalität der Eltern an. Zudem erfolgte die Änderung der Geburtsurkunde auch im zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der von der Familie vorgenommen Änderung des Familiennamens. Wie es bei dieser Sachlage ohne Veranlassung der Eltern gerade 1957 zur Änderung der Nationalität seines Vaters in der Geburtsurkunde hätte kommen können, konnte der Kläger trotz Hinweis in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar darlegen. Im Gegenteil stellt sich seine Darstellung, auf dem Standesamt habe man ihm 1994 gesagt, es habe sich vielleicht um ein Versehen gehandelt, bei der gegebenen Sachlage durchaus als Ausflucht dar. Die geänderte Geburtsurkunde führte ferner dazu, dass er entsprechend seinem Vortrag 1958 in seinen ersten Inlandspass, der wegen des Scheidungsverfahrens der Eltern erst zu diesem Zeitpunkt ausgestellt wurde, entsprechend der damaligen Rechtslage automatisch mit russischer Nationalität eingetragen wurde; nach sowjetischem Passrecht war bei aus der Geburtsurkunde ersichtlicher gleicher Nationalität der Eltern in den ersten Inlandspass des Abkömmlings diese Nationalität zwangsläufig zu übernehmen (vgl. Passverordnung 1974, a.a.O.). Unter diesen Umständen liegt nach Überzeugung des Senats ein Gegenbekenntnis des Klägers zur russischen Nationalität vor.

Nach der Rechtsprechung hat sich derjenige, der durch sein Verhalten, das Bewusstsein und den Willen, einem bestimmten Volkstum und keinem anderen anzugehören, für Dritte wahrnehmbar verbindlich kundgetan hat, zu einem bestimmten Volkstum bekannt (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, vgl. u.a. Urteil vom 17.10.1989 - 9 C 18.89 -, Buchholz 412.3 § 6 Nr. 62; von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, B, 2, § 6, 2a). Insbesondere liegt in der Entscheidung für die Eintragung einer bestimmten Nationalität in den Inlandspass ein ausdrückliches Bekenntnis zu einem bestimmten Volkstum (BVerwG, Urteil vom 29.8.1995, a.a.O., S. 144 und Urteil vom 17.6.1997, a.a.O., S. 62). Lässt sich der Antragsteller mit einer nichtdeutschen Nationalität eintragen, kommt darin als äußerer und typischerweise auch innerer Erklärungsinhalt zum Ausdruck, diesem nichtdeutschen Volkstum anzugehören. Das ist beim Kläger der Fall. Das Gesamtverhalten der Familie des Klägers - Scheidung der Eltern allein zum Zweck, dem Sohn einen russischen Namen und eine russische Nationalitätsbestimmung zu verschaffen, sowie nachfolgend Namens- und Nationalitätenänderung - stellt eine bewusste Hinwendung der Familie zum russischen Volkstum dar; die gezielte Aufgabe eines deutschen Namens und einer deutschen Nationalitätsbestimmung bedeutet darüber hinaus auch eindeutig eine Loslösung der Familie vom deutschen Volkstum des Vaters. Man wollte, soweit wie möglich, jeden nach außen ersichtlichen Hinweis auf die deutsche Herkunft des Klägers beseitigen. Unter Vorlage der auf Veranlassung der Familie geänderten Geburtsurkunde hat sich der Kläger dementsprechend in seinen ersten Inlandspass mit russischer Nationalität eintragen lassen und dadurch selbst eine Erklärung zum russischen Volkstum abgegeben. Angesichts der der Ausstellung der neuen Geburtsurkunde zugrundeliegenden Umstände hat er sich hierbei auch nicht nur in etwas Unvermeidliches gefügt, weil in den Inlandspass auf Grund der Geburtsurkunde ohnehin die russische Nationalität einzutragen gewesen wäre, sondern er hat eben diese Eintragung tatsächlich gewollt. Der Ausschluss der Möglichkeit, die Nationalität bei Ausstellung seines Passes wählen zu können, war durch die Familie des Klägers bewusst herbeigeführt worden. Der Kläger sollte durch die Änderung seines Familiennamens und der Nationalität seines Vaters außerhalb der Familie als russischer Volkszugehöriger gelten und sollte gerade deshalb in seinen ersten Inlandspass mit russischer Nationalität eingetragen werden. Hierfür spricht insbesondere auch der zeitliche Zusammenhang des Scheidungsverfahrens und der Ausstellung des ersten Inlandspasses: Während der erste Inlandpass in der Regel im Alter von 16 Jahren ausgestellt wurde (im Fall des Klägers wäre dies schon 1956 gewesen), konnte und sollte der Inlandpass in seinem Fall nach seinen eigenen Angaben wegen des "formalen" Scheidungsverfahrens der Eltern zu dem Zweck, ihm einen russischen Namen und eine russische Nationalitätsbestimmung zu verschaffen und zugleich alle Hinweise auf seine (teilweise) deutsche Herkunft zu tilgen, erst nach Abschluss dieses Verfahrens im Jahre 1958 ausgestellt werden.

Die Änderungen des Familiennamens und der Nationalität des Vaters im Jahre 1957 und die daran anknüpfende Eintragung russischer Nationalität im ersten Inlandspass im Jahre 1958 wurden auch mit Willen des Klägers vorgenommen. Er war zu dieser Zeit 16 bis 17 Jahre alt und damit erklärungsfähig (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.8.1995, a.a.O., S. 141). Die Änderungen wurden in der Familie unter Einbeziehung des Klägers ausdrücklich besprochen. Hierbei hat sich der Kläger nach eigenen Angaben nicht gegen die Eltern gestellt und auf einen deutschen Namen und eine deutsche Nationalität nach seinem Vater bestanden. Schon hieraus folgt ohne weiteres, dass er sich die auf Grund der "Beschlusslage" in der Familie erfolgten bekenntnisrelevanten Handlungen als eigenes Verhalten zurechnen lassen muss. Zudem wurden jene Änderungen nach eigenem Vorbringen vorgenommen, um dem Kläger bessere Startbedingungen für seinen weiteren Lebensweg zu verschaffen. Er hatte zu diesem Zeitpunkt selbst die Absicht, zu studieren; mithin geschahen die Änderungen gerade in seinem Interesse. Auch in der Folgezeit zeigten sich die Vorteile, welche die russische Namensbestimmung und die russische Nationalitätsbestimmung für ihn mit sich brachten; er studierte von 1959 bis 1965 Maschinenbau an der technischen Hochschule in Moskau und war anschließend von 1966 bis zu seiner Ausreise Dozent an einer Hochschule. Zudem gab der Kläger 1958 bei Ausstellung seines ersten Inlandspasses auch gegenüber der Passbehörde nicht an, er wolle entgegen der vorgelegten Geburtsurkunde mit deutscher Nationalität eingetragen werden; in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte er ausdrücklich, er habe damals "nichts gesagt". Vielmehr war er mit dem Eintrag der russischen Nationalität in seinen Inlandspass einverstanden und wollte diese zu diesem Zeitpunkt auch. Daher erkundigte er sich gegenüber der Passbehörde auch nur nach Möglichkeiten, die vorgenommene Eintragung später ändern zu lassen, d.h. für den Fall, dass er im Gegensatz zum Zeitpunkt der Eintragung nicht mehr als Russe gelten wollte. Im Übrigen findet die Entscheidung des Klägers für die russische Nationalität auch ihre Entsprechung in den tatsächlichen Verhältnissen zu dieser Zeit. Der Kläger hatte eigenen Angaben zufolge damals bescheidene deutsche Sprachkenntnisse. Er wuchs ferner in einem nur russisch geprägten Umfeld mit ausschließlichem Kontakt zur russischen Familie seiner Mutter auf. Das Russische hatte in der Familie den entscheidenden Einfluss, wie insbesondere die dargelegte bewusste Hinwendung der Familie zum russischen Volkstum zeigt. Daher muss der Kläger notwendig zumindest überwiegend in dem Bewusstsein aufgewachsen sein, nach seiner Mutter russischer Nationalität zu sein. All dies bestätigt nach Überzeugung des Senats ein weiteres Mal, dass die familiäre Entscheidung, den Familiennamen des Klägers und die Nationalität seines Vaters zu ändern und dadurch die Eintragung russischer Nationalität im Inlandspass des Klägers herbeizuführen, mit seinem Willen vorgenommen wurde. Hierbei ist unerheblich, wenn sich der Kläger trotz anderslautendem Verhalten "im Innern" weiter (auch) als Deutscher gefühlt haben sollte. Er hat sich freiwillig für das russische Volkstum entschieden. Die Gründe, die ihn zu dieser Entscheidung veranlassten, insbesondere sein Interesse an einem weiteren Fortkommen, schließen die Freiwilligkeit nicht aus. Denn auch und gerade in diesem Fall wurde das Bekenntnis zum russischen Volkstum mit Wissen und Wollen abgegeben.

Dieses Gegenbekenntnis ist auch nicht gemäß § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG n.F. rechtlich unerheblich. Nach dieser Vorschrift wird ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden gewesen wäre. Dafür haben sich in der Familie des Klägers keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben. Gefahren für Leib oder Leben, die die Familie und damit auch den Kläger dazu veranlasst haben könnten, den Familiennamen zu ändern und den automatischen Eintrag der russischen Nationalität herbeizuführen, waren 1957 nach Aufhebung der Kommandantur nicht mehr typischerweise gegeben (vgl. - zur Vermittlung der deutschen Sprache - eingehend Urteil des Senats vom 11.4.2001 - 6 S 1992/99 -). Der Kläger hat auch selbst nicht substantiiert behauptet, dass die Änderungen im Hinblick auf solche Gefahren erfolgt seien. Eben sowenig hat er geltend gemacht, dass die Änderungen vorgenommen worden seien, um schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen zu entgehen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ihm ohne diese Änderungen ein Studium versagt worden wäre. Zwar würde der Ausschluss Volksdeutscher vom Studium wegen ihrer Nationalität einen schwerwiegenden beruflichen Nachteil bedeuten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.8.1995, a.a.O., S. 142 und Urteil vom 17.6.1997, a.a.O., S. 63). Indessen ist schon zweifelhaft, ob es im hier maßgeblichen Jahr 1957 noch generell speziell auf die deutsche Volksgruppe zugeschnittene Zugangshindernisse für ein Hochschulstudium gab. Denn mit Erlass vom 13.12.1955 über die "Aufhebung der Beschränkungen in der Rechtsstellung der Deutschen und ihrer Familienangehörigen, die sich in Sondersiedlungen befinden," (Aufhebung der Kommandantur) erhielten die Deutschen nach gesicherter Erkenntnis wieder die Bürgerrechte und konnten z.B. von der freien Berufs- und Arbeitsplatzwahl Gebrauch machen; außerdem wurden die Zulassungsbegrenzungen bei Oberschulen und Universitäten aufgehoben (vgl. Pinkus/Fleischhauer, Die Deutschen in der Sowjetunion, S. 360). Inwiefern dies gerade im Falle des Klägers anders gewesen sein sollte, hat dieser nicht substantiiert dargelegt; auch in der Sache hat der Senat insoweit keine konkreten Anhaltspunkte.

Selbst wenn jedoch davon ausgegangen würde, dass erst seit Beginn der sechziger Jahre, insbesondere seit 1964, die Aufnahmebarrieren für Volksdeutsche im Ausbildungsbereich abgebaut wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.8.1995, a.a.O., S. 143), könnte dem Kläger die Fiktion des § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG n.F. deshalb nicht zugute kommen, weil das Gesamtverhalten seiner Familie, in welchem das Gegenbekenntnis zum russischen Volkstum wurzelt, weit über das hinausging, was die Vermeidung jener - ungewollten - Nachteile erfordert hätte. Die von der Familie vorgenommene Änderungen des Familiennamens des Klägers und der Nationalität seines Vaters und die damit verbundene Hinwendung zum russischen Volkstum waren zur Aufnahme eines Hochschulstudiums des Klägers nicht geboten. Abgesehen davon, dass der Kläger, wie dargelegt, weder behauptet noch gar glaubhaft gemacht hat, ohne diese Änderungen keinen Studienplatz erhalten zu haben, ist in diesem Zusammenhang von wesentlicher Bedeutung, dass er aus einer volkstumsverschiedenen Ehe stammte und im Besitz einer Geburtsurkunde war, in der seine Eltern mit verschiedenen Nationalitäten eingetragen waren. Bei dieser Sachlage hätte er, wie dargelegt, nach damaliger Praxis bei Ausstellung seines ersten Inlandspasses auch ohne diese Änderungen die Möglichkeit der Wahl der russischen Nationalität nach seiner Mutter und damit grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit gehabt, einen Studienplatz zu erhalten. Dann aber waren die 1957 vorgenommenen Änderungen zur Vermeidung schwerwiegender beruflicher oder wirtschaftlicher Nachteile im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG n.F. nicht notwendig. Vielmehr stellt sich, wie dargelegt, das "überschießende" Verhalten des Klägers und seiner Familie als bewusste Abwendung vom deutschen Volkstum des Vaters dar, ohne dass hierfür eine das Eingreifen der Fiktion auslösende Veranlassung bestand. Die Fiktion des § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG n.F. greift daher nicht. Zudem setzt § 6 Abs. 2 Satz 5 letzter Halbs. BVFG n.F. weiter voraus, dass auf Grund der Gesamtumstände der Wille, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören, unzweifelhaft sein muss. Davon kann aber nach dem Dargelegten im Fall des Klägers gerade nicht ausgegangen werden.

Nach alledem hat der Kläger ein beachtliches Gegenbekenntnis abgegeben. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG in der seit 7.9.2001 maßgeblichen Fassung kann dieses nicht mehr bis zum Verlassen des Aussiedlungsgebietes revidiert werden. Denn nach der Neufassung des Absatzes 2 ("nur") ist nunmehr, wie bereits dargelegt, ausgeschlossen, ein grundsätzlich die deutsche Volkszugehörigkeit ausschließendes Gegenbekenntnis zu einem fremden Volkstum durch Angabe einer anderen als der deutschen Volkszugehörigkeit gegenüber amtlichen Stellen zu korrigieren (vgl. BT-Drs. 14/6573, S. 6, B, zu Art. 1, zu Nr. 1 <§ 6 Abs. 2>; vgl. dazu auch obige Ausführungen, S. 13 f., 20 f.).

Im Übrigen wäre der Kläger von seinem früheren Bekenntnis zum russischen Volkstum in der Folgezeit auch nicht durch ein späteres Bekenntnis zum deutschen Volkstum abgerückt. Insbesondere kann in den von ihm geltend gemachten Bemühungen, 1965 nach Abschluss des Studiums und 1979/1980 bei Umtausch seines Passes, die eingetragene Nationalität in "Deutsch" ändern zu lassen, kein Bekenntnis zum deutschen Volkstum gesehen werden. Um einer nach Ablegung eines Bekenntnisses zu einem nichtdeutschen Volkstum abgegebenen äußeren Erklärung, nunmehr dem deutschen Volkstum zuzugehören, Bekenntnischarakter beimessen zu können, bedurfte es nach der Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG/1993 (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.6.1997 a.a.O., S. 64 f.) des Nachweises eines inneren Bewusstseinswandels. Dieser konnte nicht allein aus diesen äußeren Erklärungen geschlossen werden; vielmehr mussten weitere äußere Tatsachen vorliegen, die einen Bewusstseinswandel erkennen ließen. Weiter musste ein konkretes Ereignis dargetan und nachgewiesen werden, aus dem sich schlüssig der Wandel des Volkstumsbewusstseins herleiten ließ, und schließlich musste sich dieser Wandel auch in der äußeren Lebensführung des Betreffenden niedergeschlagen haben. Hierfür hat der Kläger aber nichts geltend gemacht und ist darüber hinaus auch sonst nichts ersichtlich. Bei der äußeren Erklärung zur deutschen Nationalität, die in den nach Erhalt des Aufnahmebescheides entfalteten Bemühungen des Klägers um Änderung des Nationalitäteneintrages zum Ausdruck kommt, kommt hinzu, dass sie erkennbar allein dem Zweck diente, im Bundesgebiet als deutscher Volkszugehöriger angesehen zu werden, und deshalb als "Lippenbekenntnis" zu werten ist. Schließlich spricht auch die Angabe seines Sohnes anlässlich einer Vorsprache beim Landratsamt am 12.7.1995, sein Vater, der Kläger, sei russischer Volkszugehöriger, gegen die Annahme, bei diesem habe nach 1958 ein innerer Wandel des Volkstumsbewusstseins stattgefunden, der sich auch in der äußeren Lebensführung niedergeschlagen habe. Im Gegenteil bringt diese Äußerung nach Überzeugung des Senats zum Ausdruck, dass der Kläger nicht einmal in seiner eigenen Familie als deutscher Volkszugehöriger angesehen wurde; dies umso mehr, als der Sohn dem Senat keine andere Erklärung für seine von ihm als solche nicht bestrittene Angabe geben konnte.

Nach alledem hat der Kläger in den Jahren 1957 und 1958 ein Bekenntnis zur russischen Nationalität abgelegt. Damit ist ein gleichzeitiges Bekenntnis zur deutschen Nationalität im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. nicht möglich. Auch ist es in einem solchen Fall grundsätzlich ausgeschlossen, zugleich ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum "auf vergleichbare Weise" im Sinne der 2. Alternative des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. anzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.8.1995, a.a.O., S. 144 zu § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG/1993). Somit sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. vorliegend nicht erfüllt.

Der Kläger ist insgesamt nicht deutscher Volkszugehöriger im Sinne von § 6 Abs. 2 BVFG n.F. Daher hat er auch keinen Anspruch auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.

Beschluss

vom 20. Dezember 2001

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG auf 8.000,-- DM festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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