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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 13.02.2003
Aktenzeichen: 7 S 1952/01
Rechtsgebiete: BSHG, SGB V


Vorschriften:

BSHG § 39
BSHG § 40
SGB V § 33 Abs. 1 Satz 1
Zur Frage, ob der behindertengerechte Umbau eines Kraftfahrzeugs ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V sein kann (hier verneint).
7 S 1952/01

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Erstattung von sozialhilferechtlichen Vorleistungen

hat der 7. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Gehrlein und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Klein und Ridder

am 13. Februar 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Dezember 2000 - 9 K 3032/99 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von vorläufigen Hilfeleistungen, die er für den am 1.8.1986 geborenen D.Z. erbracht hat. D.Z. ist schwerbehindert, er kann weder frei gehen noch stehen, ist inkontinent und benötigt für alle Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang fremde Hilfe. Er ist dauerhaft auf die Benutzung eines Rollstuhls mit Sitzschale angewiesen, wobei sein Oberkörper in einer Haltevorrichtung fixiert werden muss. Er und seine Familie bewohnen ein Einfamilienhaus, welches in einem hügeligen Gelände gelegen ist. Seine Mutter ist zu 30 % erwerbsgemindert und soll grundsätzlich keine schweren Sachen heben.

Am 15.4.1998 beantragten die Eltern von D.Z. nach dem Erwerb eines Renault Kangoo (Kombi) bei dem Kläger die Übernahme der Kosten für den behindertengerechten Umbau dieses Kraftfahrzeugs. Nach dem Kostenvoranschlag der Firma R. in H. vom 22.7.1998 sollte der Renault dergestalt mit einer Absenkhydraulik umgebaut werden, dass ein Rollstuhl relativ bequem in das Auto gerollt werden kann. Mit Schreiben vom 8.7.1998 forderte der Kläger die Eltern von D.Z. auf, wegen des Nachrangsprinzips der Sozialhilfe bei der zuständigen Krankenkasse einen Leistungsantrag zu stellen. Hierauf beantragte der Vater von D.Z. mit Schreiben vom 15.7.1998 bei der Beklagten die Übernahme der Umbaukosten für das Kraftfahrzeug, da D.Z. bei dieser Versicherung über seinen Vater familienversichert ist. Mit Bescheid vom 3.9.1998 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Den am 9.9.1998 hiergegen eingelegten Widerspruch nahm der Vater von D.Z. nach Rücksprache mit dem Kläger mit Schreiben vom 4.3.1999 zurück.

Mit Bescheid vom 23.9.1998 bewilligte der Kläger gemäß den §§ 39, 40 Abs. 1 i.V.m. § 44 BSHG im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte die Kosten für den Kraftfahrzeugumbau. Mit Schreiben vom gleichen Tag machte er gegenüber der Beklagten die Erstattung der von ihm vorläufig übernommenen Kosten für den Kraftfahrzeugumbau geltend. Mit Schreiben vom 25.9.1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der von ihm geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht anerkannt werden könne, da der Kraftfahrzeugumbau nicht in den Zuständigkeitsbereich der gesetzlichen Krankenkassen falle.

Die Eltern von D.Z. ließen ihr Kraftfahrzeug Ende 1998 umbauen. Mit Rechnung vom 21.1.1999 stellte die Firma R. ihnen für den Umbau insgesamt 17.951,00 DM in Rechnung, die der Kläger bezahlte. Zum Zeitpunkt des Umbaus des Kraftfahrzeugs war D.Z. 1,60 m groß und wog etwa 50 kg.

Am 25.3.1999 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Düsseldorf mit dem Antrag Klage erhoben, die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für die behindertengerechte Ausrüstung des Fahrzeugs der Eltern von D.Z. mit einer Absenkhydraulik und einem Rollstuhlhalterungssystem gemäß Rechnung der Firma R. vom 29.1.1999 in Höhe von 17.951,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 25.10.1998 zu erstatten. Zur Begründung hat er vorgetragen, ihm stehe gegenüber der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch zu. Die Beklagte sei gegenüber ihrem Versicherten D.Z. aus § 33 Abs. 1 SGB V leistungspflichtig. Der Kraftfahrzeugumbau stelle im Sinne dieser Vorschrift ein anderes Hilfsmittel dar, das im konkreten Fall zum Ausgleich der Behinderung von D.Z. erforderlich gewesen sei. Nur durch den Kraftfahrzeugumbau sei es D.Z. möglich, am sozialen Leben im erweiterten Umkreis der Wohnung teilzunehmen sowie ärztliche und therapeutische Termine zu realisieren. Die Umrüstung des Kraftfahrzeugs diene insbesondere dazu, D.Z. die Begleitung seiner Eltern zu ermöglichen, so dass der Kraftfahrzeugumbau ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffe. D.Z. sei in besonderem Maße durch seine Behinderung in einer eigenständigen Lebensführung eingeschränkt. Für ihn sei daher die Möglichkeit, wenigstens das Fahrzeug seiner Eltern mitbenutzen zu können, von so entscheidender Bedeutung, dass ausnahmsweise von einem Grundbedürfnis auszugehen sei. Ohne die Mitbenutzung des elterlichen Kraftfahrzeugs wäre D.Z. praktisch auf seinen Rollstuhlradius beschränkt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorab die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gerügt und die Verweisung an das zuständige Sozialgericht beantragt. In der Sache hat sie den vom Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht für begründet gehalten. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Umbau eines Kraftfahrzeugs gehöre nicht zu den im Rahmen des § 33 Abs. 1 SGB V zu gewährenden Leistungen. Im Alter von D.Z. könne dem Grundbedürfnis nach Erschließung eines gewissen Freiraums auch in anderer Weise als durch Mitfahrten im elterlichen Kraftfahrzeug nachgekommen werden, beispielsweise durch die Benutzung eines Rollstuhls. Auch sei davon auszugehen, dass dem Bedürfnis von D.Z., in die Natur zu gelangen, mit anderen Mitteln als durch Fahrten mit dem elterlichen Kraftfahrzeug Rechnung getragen werden könne. Das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums sei auch nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Ein Hilfsmittel i.S.d. § 33 Abs. 1 SGB V könne mithin lediglich dem Basisausgleich einer Behinderung dienen. Die darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation, die auch die Versorgung mit einem Hilfsmittel umfassen könne, sei Aufgabe der Sozialhilfe.

Mit Beschluss vom 16.6.1999 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 22.12.2000 den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt und mit Urteil vom 27.12.2000 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf Erstattung der vorgeleisteten Kraftfahrzeugumbaukosten noch auf die geltend gemachten Zinsen zu. Gemäß § 102 SGB X sei ein zur Leistung verpflichteter Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein - anderer - Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht habe. Die Beklagte sei jedoch kein in diesem Sinne zur Leistung verpflichteter Leistungsträger. Sie habe vielmehr zu Recht und mit zutreffender Auslegung des § 33 Abs. 1 SGB V die Kostenübernahme abgelehnt. Der vorgenommene Kraftfahrzeugumbau sei kein anderes Hilfsmittel im Sinne dieser Vorschrift. Die behindertengerechte Ausstattung des Kraftfahrzeugs der Familie Z. gleiche zwar in gewissem Maße die stark beeinträchtigten Funktionen der Gliedmaßen von D.Z. aus und sei in seinem Fall zur Ermöglichung des Mitfahrens in einem Kraftfahrzeug erforderlich. Denn D.Z. sei insbesondere wegen mangelnder Rumpf- und Kopfkontrolle wohl dergestalt behindert, dass er ohne einen Umbau in einem normalen Kraftfahrzeug nur unter außerordentlich erschwerten Bedingungen transportiert werden könne. Soweit ein Hilfsmittel jedoch nicht unmittelbar auf den Ausgleich der beeinträchtigten Körperfunktionen selbst gerichtet sei - wie etwa ein künstliches Körperglied -, könne es nur dann als notwendige Hilfsmittel im Sinne einer medizinischen Rehabilitation angesehen werden, wenn es die Befriedigung eines Grundbedürfnisses des täglichen Lebens betreffe. Hieran fehle es im Fall von D.Z.. Der Kraftfahrzeugumbau mildere zwar allgemein die Folgen seiner Behinderung im Ausbildungs-, Gesellschafts-, Versorgungs- und Freizeitbereich. Das Mitfahren im elterlichen Kraftfahrzeug sei damit aber noch kein Grundbedürfnis im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Zu derartigen Grundbedürfnissen gehörten die allgemeinen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens umfasse. Auch das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums sei jedoch nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. In diesem Sinne könne die mitfahrende Benutzung des elterlichen Kraftfahrzeugs auch durch ein sehr schwer behindertes Kind jedenfalls nicht allgemein als Grundbedürfnis eingestuft werden. Die Fähigkeit, mit dem elterlichen Kraftfahrzeug zum Einkaufen, zu Arztbesuchen, zur Ausbildung oder zur Freizeitgestaltung mitgenommen zu werden, sei keine körperliche Grundfunktion, die durch Mittel der gesetzlichen Krankenversicherung herzustellen sei, sondern - ebenso wie das Autofahren selbst -eine Maßnahme, die der sozialen oder beruflichen Eingliederung Behinderter zuzuordnen sei. Hierfür sei gemäß den §§ 39 ff. BSHG der Kläger zuständig. Die (Letzt-)Zuständigkeit des Klägers müsse in einem Fall wie dem vorliegenden insbesondere auch deshalb bejaht werden, weil die mangelnde Mobilität von D.Z. sicher auch darauf zurückzuführen sei, dass seine Mutter zu 30 % erwerbsgemindert sei, grundsätzlich nicht schwer heben solle und der Kraftfahrzeugumbau mithin zu einem gewissen Anteil auch die Leistungsminderung der Mutter von D.Z. ausgleichen solle. Der Ausgleich von Leistungsminderungen von Angehörigen oder Pflegepersonal entspreche jedoch erst recht nicht dem Sinn und Zweck des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Der Kläger habe hiernach zu Recht gemäß den §§ 39, 40 Abs. 1 BSHG die Kosten des Umbaus des Kraftfahrzeugs der Familie Z. übernommen. Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 102 SGB X scheide deshalb aus.

Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 30.8.2001 zugelassenen Berufung führt der Kläger aus, entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht lägen die Voraussetzungen des geltend gemachten, auf § 102 SGB X gestützten Erstattungsanspruchs vor. Zu Unrecht habe die Beklagte die Übernahme der Kosten für die behindertengerechte Ausrüstung des Kraftfahrzeugs der Eltern von D.Z. mit einer Absenkhydraulik und einem Rollstuhlhalterungssystem verweigert. Die Gesamtheit dieser Ausrüstung stelle ein anderes Hilfsmittel i.S.d. § 33 Abs. 1 SGB V dar, welches im Falle von D.Z. zum Ausgleich einer Behinderung erforderlich gewesen sei. Der behindertengerechte Umbau des Kraftfahrzeugs der Eltern von D.Z. ersetze zwar nur mittelbar die grundlegende Organfunktion seiner Beine. Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht jedoch davon ausgegangen, dass durch diesen nur mittelbaren Ausgleich bei D.Z. keine Grundbedürfnisse befriedigt würden. Aufgrund seiner Behinderung sei D.Z. zur Bewältigung von Wegstrecken außer Haus auf die Benutzung seines Rollstuhles sowie zusätzlicher fremder Hilfe in Form von Begleitung angewiesen. Der ihm hierdurch eröffnete Freiraum reiche zur Befriedigung der durch § 33 SGB V abgedeckten Grundbedürfnisse nicht aus. Aufgrund der Lage des elterlichen Hauses in Vxxxxxx auf einer Anhöhe sowie der erforderlichen Transporte zu Ärzten, Kliniken, zur Schule sowie zu eventuellen Freizeitaktivitäten und zum Einkauf sei der Transport in einem Pkw unerlässlich. Ohne Benutzung eines behindertengerecht umgerüsteten Kraftfahrzeugs sei D.Z. nicht in der Lage, Arzt- und Therapiebesuche durchzuführen. Der Transport in einem Kraftfahrzeug sei in seinem Fall aber auch zur Wahrnehmung der privaten sozialen Kontakte erforderlich. Es gehöre zu den elementaren Grundbedürfnissen des täglichen Lebens, Freunde aufzusuchen oder sonstige gemeinsame Aktivitäten mit behinderten oder nicht behinderten Gleichaltrigen zu erleben. Darüber hinaus sei es gerade für die Entwicklung von behinderten Kindern von entscheidender Bedeutung, Arztbesuche und Fördermaßnahmen wahrnehmen zu können sowie an den außerhäuslichen Aktivitäten der Familie im Alltag und im Urlaub teilzunehmen. Würde D.Z. das Mitfahren im Kraftfahrzeug der Eltern verwehrt, käme es zu einer durchgreifenden sozialen Isolation, die sein gesamtes Alltagsleben bestimmen würde. Bei Beachtung des höheren Integrationsbedürfnisses von Kindern hätte das Verwaltungsgericht zu dem Schluss kommen müssen, dass das Grundbedürfnis auf Integration in den Kreis der Gleichaltrigen und das Grundrecht auf Teilnahme am gesellschaftlichen Leben im Falle von D.Z. nur durch die Umrüstung des Kraftfahrzeugs seiner Eltern und die dadurch ermöglichte mitfahrende Nutzung abgedeckt werden könne. In vergleichbaren Fällen hätten das Sozialgericht Hannover und das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen den zum Transport eines Behinderten erforderlichen Umbau eines Kraftfahrzeugs auch als Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung angesehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27.12.2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten für die behinderungsgerechte Ausrüstung des Fahrzeugs der Eltern von D.Z. mit einer Absenkhydraulik und einem Rollstuhlhalterungssystem gemäß Rechnung der Firma R. in H. vom 29.1.1999 in Höhe von 17.951,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 25.10.1998 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, es könne nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sein, durch die Zurverfügungstellung eines Hilfsmittels i.S.d. § 33 SGB V einen vollständigen Ausgleich der Behinderungen des Versicherten herzustellen. Hilfsmittel dienten dem Basisausgleich. Das gelte für alle mit einem Hilfsmittel ausgleichbaren Beeinträchtigungen. Für die Erschließung eines geistigen Freiraums bzw. die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sei die bei D.Z. vorhandene Hilfsmittelversorgung mit einem Rollstuhl ausreichend. Soweit aufgrund der Lage der Wohnung von D.Z. eine Fortbewegung mit einem solchen Rollstuhl nicht problemlos zu bewerkstelligen sein sollte, kämen Zusatzgeräte zur motorisierten Bewegung des Rollstuhles in Betracht. Was die aufgrund der Behinderung von D.Z. eingeschränkte Möglichkeit des Besuches von Ärzten, Therapeuten etc. anbelange, so kämen hierfür Fahrtkostenübernahmen seitens der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 60 SGB V in Betracht, mit denen auch insoweit der Basisausgleich erfolgen könne. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 6.8.1998 - B 3 KR 3/97 R - scheitere der eigenständige Behinderungsausgleich des selbstfahrenden Versicherten durch behindertengerechte Ausstattung seines Kraftfahrzeugs bereits daran, dass dies über einen Basisausgleich hinaus gehe. Dies müsse für den lediglich mitfahrenden Versicherten jedoch erst recht gelten.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beteiligten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Akten und die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO).

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Erstattung der von ihm verauslagten Kosten für den behindertengerechten Umbau des Kraftfahrzeugs der Eltern von D.Z. in Höhe von 17.951,00 DM noch ein Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen aus dieser Summe zu.

Nach § 102 SGB X ist, wenn ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat, der (originär) zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind, wie das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt hat, vorliegend nicht erfüllt.

Der Kläger hat zwar gegenüber D.Z. aus Mitteln der Eingliederungshilfe für Behinderte die Kosten für den behinderungsbedingt anfallenden Umbau des Kraftfahrzeugs in Kenntnis von der seiner Ansicht nach gegebenen Zuständigkeit der Beklagten übernommen, dies durch entsprechende Mitteilung an die Beklagte auch nach außen hin sichtbar gemacht und nach § 44 Abs. 1 BSHG, also aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung, vorläufig Sozialleistungen erbracht. Der Kläger kann mit seinem Erstattungsbegehren jedoch deshalb nicht durchdringen, weil die Beklagte nicht verpflichtet war, die von D.Z. beantragte Kraftfahrzeugumrüstung mit einer Absenkhydraulik gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V als Sachleistung zu gewähren.

Nach dieser allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der behindertengerechte Ausbau eines Kraftfahrzeugs ist zwar nicht durch § 34 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit der Hilfsmittelverordnung vom 13.12.1989 (BGBl. I S. 2237) in der durch Verordnung vom 17.1.1995 (BGBL. I S. 44) geänderten Fassung von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Der behindertengerechte Ausbau eines Kraftfahrzeugs ist auch nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V einzustufen (vgl. LSG Niedersachsen, Urt. v. 22.3.2000 - L 5 KR 156/00 - zitiert nach JURIS; OVG Lüneburg, Urt. v. 12.12.2001 - 4 LB 1133/01 -, FEVS 54, 2003). Die Beklagte traf jedoch deshalb gegenüber D.Z. nicht die Verpflichtung, die Kosten für den behindertengerechten Umbau des Kraftfahrzeugs seiner Eltern zu übernehmen, weil dieser kein zum Ausgleich einer Behinderung erforderliches Hilfsmittel i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V war.

Ein Hilfsmittel ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, bei der hier allein in betracht kommenden zweiten Alternative des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann "erforderlich", wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird (vgl. BSG, Urt. v. 16.9.1999 - B 3 KR 8/98 R -, FEVS 51, 289 m.w.N.). Zu diesen Grundbedürfnissen gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen und Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfasst. Maßstab ist dabei stets der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke oder behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mit Hilfe des von der Krankenkasse gestellten Hilfsmittels wieder aufschließen soll (vgl. BSG, Urt. v. 16.9.1999, a.a.O.). Dabei ist danach zu entscheiden, ob das Hilfsmittel unmittelbar den Ausgleich der beeinträchtigten Körperfunktion bezweckt oder die Hilfsmittel nur mittelbar bzw. teilweise Organfunktionen ersetzen. Letztere werden nur dann als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung angesehen, wenn sie die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich - Beruf, Gesellschaft, Freizeit -, sondern im gesamten Leben - allgemein - beseitigen oder mildern (vgl. BSG, Urt. v. 6.8.1998 - B 3 KR 3/97 R -, FEVS 49, 380 m.N.). Eine über die Befriedigung eines solchen Grundbedürfnisses hinausgehende soziale Rehabilitation ist Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme, so unter anderem der Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz. Der behindertengerechte Umbau des Kraftfahrzeugs der Eltern von D.Z. und die sich daraus ergebende Möglichkeit des Mitfahrens dient nicht der Befriedigung eines derartigen Grundbedürfnisses.

Der behindertengerechte Umbau des Kraftfahrzeugs ist zunächst nicht notwendig, um das elementare Grundbedürfnis von D.Z. im Rahmen der Fortbewegung zu gewährleisten. Das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums ist, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nur im Sinne eines Basisausgleichs und nicht als ein vollständiges Gleichziehen mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden zu verstehen. Der Basisausgleich umfasst insoweit die Fähigkeit, sich in der Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang an die frische Luft zu gelangen (vgl. BSG, Urt. v. 16.9.1999, a.a.O.). Von daher ist es schon zweifelhaft, ob der behindertengerechte Umbau eines Kraftfahrzeugs, der - bezogen auf diejenigen Entfernungen, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt - einen weitaus größeren Bewegungsradius eröffnet, überhaupt ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V sein kann. Dies kann hier jedoch dahingestellt bleiben. D.Z. vermag nämlich - mit fremder Hilfe - mittels des von der Beklagten zur Verfügung gestellten Rollstuhls das Grundbedürfnis auf Fortbewegung hinreichend zu befriedigen. Jedenfalls besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass er insoweit auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen sein könnte. Hierin besteht der Unterschied zu der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 26.2.1991 - 8 RKn 13/90 - (FEVS 42, 34), in der die Hilfsmitteleigenschaft eines schwenkbaren Autositzes bejaht worden ist. Denn der Kläger jenes Verfahrens war zur Befriedigung seines Grundbedürfnisses auf Mobilität auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen.

Der durch die Umrüstung des Kraftfahrzeugs erweiterte "Bewegungsradius" war auch nicht im Hinblick auf die im Falle von D.Z. notwendigen Fahrten zu Ärzten, zu Krankengymnasten bzw. zur Hippotherapie notwendig. Diese Fahrten dienen der Erhaltung und Besserung seines Gesundheitszustandes. Sie können jedoch unter anderem auch mit einem Taxi zurückgelegt werden, wobei davon ausgegangen werden kann, dass der Taxifahrer die im Falle von D.Z. zur Vorbereitung des Transports erforderlichen Hilfeleistungen erbringen wird. Hierfür hat die Beklagte nach § 60 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Nr. 2 SGB V die Kosten zu tragen.

Der durchgeführte behindertengerechten Umbau des Kraftfahrzeugs war im Falle von D.Z. auch nicht zur Befriedigung des Grundbedürfnisses der "sozialen Kommunikation und Integration" notwendig. Insoweit fehlen bei den im Falle von D.Z. gegebenen persönlichen Verhältnissen - unter anderem Leben in familiärer Gemeinschaft mit den Eltern und der älteren Schwester, Besuch einer Schule für Körperbehinderte, dort Teilnahme an Klassenfahrten - jegliche Anhaltspunkte für die vom Kläger für den Fall des Unterbleibens der behindertengerechten Kraftfahrzeugumrüstung gezogene Schlussfolgerung, D.Z. werde dann in eine "soziale Isolation" fallen und die gesetzliche Krankenversicherung sei deshalb - im Sinne eines "Basisausgleichs" des Grundbedürfnisses auch auf geistigen Freiraum einschließlich der Möglichkeit der Aufnahme von Kontakten zur Vermeidung von Einsamkeit und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben - zur Kostenübernahme verpflichtet.

Der durchgeführte behindertengerechte Umbau des Kraftfahrzeugs war aber auch nicht zur Ermöglichung des Schulbesuchs von D.Z. erforderlich. Denn er wurde morgens von einem Behindertenbus abgeholt und nachmittags wieder zu seinem Elternhaus zurückgebracht.

Letztlich folgt auch aus dem Umstand, dass die Eltern des D.Z. den Wunsch haben, diesen im Zusammenhang mit Besuchen, Freizeitaktivitäten oder ähnlichen außerhäuslichen Anlässen mit dem Auto mitzunehmen, kein sachlicher Grund für die Annahme, die "mitfahrende" Kraftfahrzeugnutzung müsse dem Behinderten D.Z. durch eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation ermöglicht werden. Der Wunsch, D.Z. auch in die außerhäusigen Aktivitäten der Familie einzubinden, mag geeignet sein, eine Maßnahme der sozialen Rehabilitation zu rechtfertigen (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. g SGB I und §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG), kann aber nicht zur Verpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung führen, die Kosten für die behindertengerechte Fahrzeugumrüstung als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation nach §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 33 Abs. 1 SGB V zu übernehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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