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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 19.08.2003
Aktenzeichen: 9 S 1121/02
Rechtsgebiete: EichG, FertigPackV, Richtlinie 76/221/EWG, Richtlinie 78/891/EWG


Vorschriften:

EichG § 6
EichG § 7 Abs.1
EichG § 8
FertigPackV § 22
FertigPackV § 27
FertigPackV § 34
Richtlinie 76/221/EWG
Richtlinie 78/891/EWG
1. Ein Molkereibetrieb, der industriemäßig Fruchtjogurt mit unterschiedlichen Fruchtzutaten abfüllt, ist nicht berechtigt, die innerbetriebliche Kontrolle der Füllmenge unabhängig von der jeweiligen Fruchtsorte vorzunehmen. Vielmehr ist die mittlere Füllmenge i.S.v. § 22 Abs. 1 Nr. 1 FertigPackV nach Maßgabe der Regelungen in Anlage 4a zu § 34 Abs. 1 FertigPackV zu bestimmen.

2. Der hiernach maßgebliche Begriff "Aufmachung" entspricht dem Begriff "Muster" der Anlage II Nr. 2.1.1 der Richtlinie 76/211/EWG.

3. Eine Fertigpackung "gleichen Musters" bzw. "gleicher Aufmachung" liegt vor, wenn alle optisch wahrzunehmenden Erscheinungen, die mit dem Lebensmittel verbunden sind, übereinstimmen. Dies ist bei Joghurtbechern mit unterschiedlichen Fruchtzutaten schon dann nicht der Fall, wenn sie sich durch die Abbildung der Fruchtsorte auf der Deckelplatine unterscheiden.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

9 S 1121/02

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Füllmengenkontrolle

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schwan und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Prof. Dr. Rennert und Gaber auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. März 2003 -4 K 3633/01- wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Molkereiunternehmen mit Sitz in xxxxxxxx, stellt im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs u.a. Fruchtjoghurt mit verschiedenen Fruchtsorten her. Die Joghurtbecher werden auf einer automatisierten Abfüllanlage auf acht nebeneinander liegenden Bahnen über 16 Füller gleichzeitig mit vier verschiedenen Fruchtsorten befüllt, wobei jeweils vier Füller die gleiche Fruchtsorte abfüllen. In dieser Vierersortierung gelangt der von der Klägerin hergestellte Fruchtjoghurt auch in den Handel. Insgesamt werden täglich ca. 4 bis 5 Millionen Joghurtbecher hergestellt.

Bei einer Prüfung der Füllmengen durch das Eichamt xxxxxxxxx wurden am 10.10.2000 Stichproben des nach Spanien exportierten Produkts xxx xxxxxxx xxx xxxxx entnommen. Hierbei wurde festgestellt, dass bei dieser Fruchtsorte die Nennfüllmenge im Mittelwert unterschritten wurde. Aufgrund dieser Unterschreitung des Mittelwerts (496,5 g statt 500 g) leitete das Eichamt gegen den Betriebsleiter der Klägerin ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein, das auf dessen Einspruch mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 06.05.2002 - 4 OWI 161 Js 38940/01 - eingestellt wurde.

Am 05.06.2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr zu gestatten, die innerbetriebliche Gewichtskontrolle von Fruchtjoghurt gleicher Nennfüllmenge unabhängig von der jeweiligen Fruchtsorte sortenübergreifend durchführen zu dürfen. Mit Schreiben vom 10.07.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könne.

Mit ihrer am 13.09.2001 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass weder bei der innerbetrieblichen Füllmengenkontrolle, noch bei der behördlichen Nachschau durch die Beklagte, eine sortenreine Mittelwertüberprüfung verlangt werden könne. Vielmehr sei die Prüfung auf die auf der gleichen Abfüllanlage im gleichen Arbeitsgang abgefüllten Packungen gleicher Füllmenge zu beschränken.

Mit Urteil vom 21.03.2002 hat das Verwaltungsgericht - dem Antrag des Beklagten folgend- die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus: Die Klage sei als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Sie sei jedoch unbegründet, da die Klägerin bei der innerbetrieblichen Überprüfung der Füllmenge eine sortenreine Mittelwertüberprüfung durchführen müsse. Dies ergebe sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung -FertigPackV-, aber aus Sinn und Zweck dieser Vorschrift und der dieser Verordnung zugrundeliegenden gesetzlichen Ermächtigung. Zweck des Eichgesetzes sei es, Verbraucher vor Mindergewichten zu schützen. Der Verbraucher solle grundsätzlich diejenige Menge erhalten, die er aufgrund der Mengenangabe auf dem Fertigprodukt erwarten könne. Zugunsten der Hersteller von Fertigpackungen habe der Verordnungsgeber in § 22 FertigPackV bereits berücksichtigt, dass die automatisierte Befüllung von Fertigpackungen aufgrund ungleichmäßiger Rohstoffeigenschaften des Füllgutes zu unterschiedlichen tatsächlichen Füllmengen führen könne. Der Verordnungsgeber habe daher diesen Herstellern die Mittelwertbildung der tatsächlichen Füllmengen innerhalb bestimmter Grenzen ermöglicht. Der Mittelwertanforderung liege dabei die Vorstellung zugrunde, dass der Verbraucher im Laufe der Zeit eine gewisse Anzahl von Fertigpackungen mit einem bestimmten Füllgewicht erwerbe und sich so Unter- und Überfüllung langfristig ausgleichen. Ein solcher Ausgleich sei jedoch dann nicht möglich, wenn der Verbraucher nur eine bestimmte Fruchtsorte kaufe und diese Packung im Mittelwert unterbefüllt sei.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil - mit Zulassung durch das Verwaltungsgericht - am 02.05.2002 Berufung eingelegt.

Zur Begründung trägt sie vor: Das Verwaltungsgericht habe den inneren Zusammenhang des § 34 FertigPackV zu § 22 FertigPackV verkannt. Ersterer betreffe die behördliche Überprüfung und konkretisiere die Vorgaben des § 22 FertigPackV. Maßgebend für die Mittelwertermittlung sei hiernach sie sogenannte Losgröße, die in Nr. 3 der Anlage 4 a zu § 34 FertigPackV als Gesamtmenge der Fertigpackungen gleicher Nennfüllmenge, gleicher Aufmachung und gleicher Herstellung, die am selben Ort abgefüllt sind, definiert sei. Da die Fertigpackungsverordnung die Bestimmungen der EG-Richtlinie 76/221/EWG in nationales Recht umsetze, müsse zur Auslegung der Verordnung auf die EG-Richtlinie zurückgegriffen werden. Diese definiere das Los von Fertigpackungen in Anhang II unter Nr. 2.1.1 als "Gesamtmenge der Fertigpackungen gleicher Füllmenge, gleichen Musters und gleicher Herstellung, die am selben Ort abgefüllt werden und Gegenstand der Prüfung sind". Der Begriff "Aufmachung" bzw. "Muster" verweise auf das äußere Erscheinungsbild der Fertigpackung. Die Joghurtbecher der Klägerin seien insoweit gleich, als alle Becher die gleiche Kennzeichnung und die gleiche Gestaltung aufwiesen. Auf die vorhandenen unterschiedlichen Geschmacksrichtungen werde allein durch eine Abbildung der jeweils verwendeten Fruchtsorte hingewiesen, die auf der Deckelplatine angebracht sei. Dies allein könne jedoch die sonst übereinstimmende Aufmachung aller im gleichen Takt der Maschine abgefüllten Joghurtbecher nicht beseitigen. Der Begriff "Muster" bringe noch deutlicher zum Ausdruck, dass bei der Festlegung der Losgrößen auf Produktkategorien und nicht auf Geschmacksrichtungen abzustellen sei. Damit sei eine Differenzierung nach Fruchtsorten nicht vereinbar. Zudem werde in Anhang II der Richtlinie 76/221/EWG unter Nr. 2.1.2 geregelt: "Werden die Fertigpackungen am Schluss des Abfüllvorgangs geprüft, so entspricht der Umfang des Loses der maximalen Stundenleistung der Abfüllanlage, und zwar ohne Begrenzung des Losumfangs." Diese "maximale Stundenleistung der Abfüllanlage" könne nicht in Einzelteile aufgespalten werden. Der klare Wortlaut der EG-Richtlinie gehe der Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift vor. Zudem würden Verbraucher nur in Ausnahmefällen gezielt Fruchtjoghurt einer Geschmacksrichtung kaufen. Dieser Ausnahmefall könne nicht Maßstab einer verallgemeinernden Verordnung sein. Der Verbraucher werde darüber hinaus ausreichend durch die in § 22 Abs. 3 FertigPackV geregelte absolute Toleranzgrenze geschützt. Da 95 % des Fruchtjoghurtabsatzes gemischt vertrieben werde, fülle die Abfüllmaschine in der Regel vier verschiedene Fruchtsorten über jeweils vier Abfüllköpfe in 16 Becher gleichzeitig ab. Eine Einzel-Dosierung für jeden Becher sei bei keiner auf dem Markt erhältlichen Abfüllanlage möglich.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.03.2002 - 4 K 3633/01- zu ändern und

festzustellen, dass sie berechtigt ist, bei der nach Maßgabe des § 27 FertigPackV durchzuführenden innerbetrieblichen Füllmengenkontrolle von Fruchtjoghurt gemäß § 22 Abs. 1 FertigPackV die auf der gleichen Abfüllmaschine im gleichen Arbeitsgang abgefüllten Packungen gleicher Nennfüllmenge unabhängig von der jeweiligen Fruchtsorte zu überprüfen, sowie

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, bei der Nachschau gemäß § 34 FertigPackV die auf der gleichen Abfüllmaschine im gleichen Arbeitsgang abgefüllten Packungen gleicher Nennfüllmenge von Fruchtjoghurt unabhängig von der jeweiligen Fruchtsorte zu überprüfen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor: Es sei zwar richtig, dass die Vorschriften der §§ 34, 27 und 22 FertigPackV in einem inneren Zusammenhang stünden. Die behördliche Nachprüfung der Eichverwaltung erfolge nach den Vorgaben der Anlage 4a zu § 34 FertigPackV. Diese konkretisiere die Vorgaben aus § 22 FertigPackV. Dabei sei die Feststellung der Losgröße ein Parameter für die behördliche Prüfung. Die Klägerin interpretiere jedoch den Begriff der Losgröße falsch, weil sie den Begriff der "Aufmachung" bzw. des "Musters" missverstehe. Denn es sei die jeweilige Aufmachung, die das Los bestimme. Die Losgröße orientiere sich an der Aufmachung. Bei Joghurt unterschiedlicher Fruchtsorte liege auch eine unterschiedliche Aufmachung vor, selbst wenn sich diese "nur" durch die Abbildung und die Aufschrift der jeweiligen Fruchtsorte auf dem Deckel der Fertigpackung unterscheide. Diese Auffassung werde auch durch die dem Verwaltungsgericht vorgelegte Stellungnahme des Vorsitzenden des Arbeitsausschusses Fertigpackung der Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen, Herrn Prof. Dr. xxxxxxxxxx, gestützt. Der Begriff "Muster" der EG-Richtlinie 76/221/EWG stelle ebenfalls auf den unterschiedlichen Inhalt der Packungen ab. Bei einer anderen Betrachtungsweise müsse sich die Eichverwaltung an den technischen Besonderheiten und wirtschaftlichen Gepflogenheiten der Hersteller orientieren, was den Verbraucherschutz ad absurdum führen würde.

Der Senat hat über die Berufung mündlich verhandelt; auf die Niederschrift vom 19.08.2003 wird verwiesen. Es liegen die zur Sache gehörenden Verwaltungsakten der Beklagte, die Akten des Verwaltungsgerichts und die beigezogenen Akten des Ordnungswidrigkeitsverfahrens - 4 OWI 161 Js 38940/01 - vor. Auf diese und auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage mit Recht als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin ist nicht berechtigt und die Beklagte nicht verpflichtet, bei der innerbetrieblichen Füllmengenkontrolle (vgl. § 27 FertigPackV) bzw. bei der behördlichen Nachschau (vgl. § 34 FertigPackV) die auf der gleichen Abfüllmaschine der Klägerin im gleichen Arbeitsgang abgefüllten Packungen gleicher Füllmenge unabhängig von der jeweiligen Fruchtsorte zu überprüfen. Vielmehr ist die jeweilige Prüfung bzw. Nachschau sortenrein durchzuführen.

Nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes über das Mess- und Eichwesen in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.03.1992 (BGBl. I S. 711), zuletzt geändert durch Art. 7 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Medizinproduktegesetzes vom 13.12.2001 (BGBl. I S. 3586) - EichG - dürfen Fertigpackungen u.a. nur hergestellt werden, wenn die Nennfüllmenge angegeben ist und die Füllmenge den festgelegten Anforderungen entspricht. Die Nennfüllmenge ist die Menge, die die Fertigpackung enthalten soll (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 EichG). Die Füllmenge dagegen die Menge, die eine einzelne Fertigpackung enthält (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 EichG). Welche Anforderungen an die Füllmenge gestellt werden ergibt sich aus den Regelungen der § 22 ff. Fertigpackungsverordnung vom 08.03.1994 (BGBl. I S. 451 ff.), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung zur Änderung der Preisangaben - und der Fertigpackungsverordnung vom 28.07.2000 (BGBl. I S. 1238 ff.), die ihrerseits die gesetzliche Ermächtigung in § 8 Abs. 1 EichG findet (nachfolgend: FertigPackV). Nach Gewicht oder Volumen gekennzeichnete Fertigpackungen gleicher Nennfüllmenge dürfen gewerbsmäßig nur so hergestellt werden, dass die Füllmenge zum Zeitpunkt der Herstellung im Mittel die Nennfüllmenge nicht unterschreitet (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 FertigPackV) und die in § 22 Abs. 3 FertigPackV festgelegten Werte für die Minusabweichung von der Nennfüllmenge nicht überschreitet (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 FertigPackV).

Das Verwaltungsgericht ging zutreffend davon aus, dass der von der Klägerin hergestellte und abgefüllte Fruchtjoghurt den Füllmengenanforderungen des § 22 FertigPackV unterfällt, da es sich um gewerbsmäßig hergestellte und nach Gewicht gekennzeichnete Fertigpackungen gleicher Nennfüllmenge handelt, d.h. um Erzeugnisse in Verpackungen beliebiger Art, die in Abwesenheit des Käufers abgepackt und verschlossen werden und deren Menge nicht ohne Öffnen oder merkliche Änderung der Verpackung verändert werden kann (vgl. § 6 Abs. 1 EichG). Die Füllmenge darf daher zum Zeitpunkt der Herstellung im Mittel die Nennfüllmenge nicht unterschreiten. Diese mittlere Füllmenge entspricht der durchschnittlichen Füllmenge einer bestimmten Anzahl von Fertigpackungen (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Loseblattausgabe, Stand 31.03.2003, Band II, C 116, § 22 FertigPackV Rdnr. 31). Welches Los und welche Anzahl von Fertigpackungen der Bestimmung der mittleren Füllmenge zugrunde zu legen sind, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 22 FertigPackV, sondern aus § 34 FertigPackV und dessen Anlage 4a, die das Verfahren zur (amtlichen) Prüfung der Füllmengen der nach Gewicht oder Volumen gekennzeichneten Fertigpackungen regeln. Danach ist für den Umfang der Prüfung der Fertigpackungen (u.a.) die Feststellung der Losgröße erforderlich (Anlage 4a Nr. 2a zu § 34 Abs. 1 FertigPackV). Diese entspricht der Gesamtmenge der Fertigpackungen gleicher Nennfüllmenge, gleicher Aufmachung und gleicher Herstellung, die am selben Ort abgefüllt sind. Die Losgröße wird bei der Prüfung im Abfüllbetrieb begrenzt durch die in einer Stunde hergestellten Fertigpackungen (vgl. Nr. 3 der Anlage 4a zu § 34 Abs. 1 FertigPackV).

Die Klägerin meint, der Begriff "gleiche Aufmachung" verweise auf das äußere Erscheinungsbild der Fertigpackung, welches sich bei den von ihr in einem Arbeitsgang abgefüllten Fruchtjoghurtbecher jeweils nur durch die Abbildung der jeweiligen Fruchtsorte auf der Deckelplatine unterscheide. Dies allein könne jedoch die sonst übereinstimmende Aufmachung aller im gleichen Takt der Abfüllanlage befüllten Joghurtbecher nicht beseitigen. Dies ist unzutreffend.

Der Fertigpackungsverordnung liegt der lebensmittelrechtliche Begriff der "Aufmachung" zugrunde, der alle Umstände der äußeren Erscheinung der Ware im Verkehr, das heißt z.B. die Verpackungsart, die Form der Gefäße, Farbkombinationen und bildliche Darstellung auf der Verpackung, umfasst (vgl. Zipfel/Rathke, aaO, C 100, § 17 Lebensmittel- und Bedarfs-gegenständegesetz Rdnr. 218b). Zur Aufmachung eines Lebensmittels gehören daher alle optisch wahrnehmbaren Erscheinungen, die mit dem Lebensmittel verbunden sind, wobei Abbildungen auf Packungen von besonderer Bedeutung sind (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 100, § 17 Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz Rdnr. 265, 267). Da sich die von der Klägerin hergestellten Fruchtjoghurtsorten (u.a.) durch die Abbildung unterschiedlicher Früchte bzw. Fruchtsorten auf der Deckeplatine unterscheiden, schließt dies bereits nach dem Wortlaut der Regelung Nr. 3 der Anlage 4a zu § 34 Abs. 1 FertigPackV die Annahme einer "gleichen Aufmachung" aus.

Diese Auslegung steht auch mit den Bestimmungen der Richtlinie 76/221/EWG, deren Umsetzung die Fertigpackungsverordnung dient, in Einklang und wird durch sie bestätigt.

Die Richtlinie 76/211/EWG des Rates vom 20.01.1976 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Erzeugnisse nach Gewicht oder Volumen in Fertigpackungen (Amtsblatt Nr. L 046 vom 21.02.1976, S. 1 ff.), in der Fassung der Richtlinie 78/891/EWG der Kommission vom 28.09.1978 (Amtsblatt Nr. L 311 vom 04.11.1978, S. 21 ff.), enthält in ihrem Anhang II die Vorschriften über die Prüfung eines Loses von Fertigpackungen. Hiernach werden die Fertigpackungen stichprobenweise geprüft, wobei sich die Stichprobenprüfung u.a. auf die Prüfung des Mittelwerts der tatsächlichen Füllmengen aller Fertigpackungen erstreckt. Das "Los" besteht aus der Gesamtmenge der Fertigpackungen gleicher Füllmenge, gleichen Musters und gleicher Herstellung, die am selben Ort abgefüllt werden und die Gegenstand der Prüfung sind (Nr. 2.1.1 des Anhangs II der Richtlinie). Hierbei entspricht der Begriff "gleichen Musters" dem lebensmittelrechtlichen Begriff "gleicher Aufmachung". "Muster" ist nach allgemeiner Auffassung eine Vorlage, nach der etwas hergestellt wird (vgl. Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., S. 246). Ein (Waren-) Muster dient der Information möglicher Kunden oder Verbraucher und kennzeichnet die Beschaffenheit einer Ware. Hierbei stimmen in der Regel Form, Art, Aussehen, Gestalt und Zusammensetzung mit dem angebotenen Produkt überein (vgl. Brockhaus, a.a.O., S. 586). Der Begriff "Muster" bringt daher noch deutlicher zum Ausdruck, dass es gerade nicht - wie die Klägerin meint - auf die weitgehend gleiche äußere Gestaltung des Bechers, sondern auf das Gesamtprodukt, d.h. auch auf dessen konkreten Inhalt ankommt. Dieser ist bei einem Fruchtjoghurt mit unterschiedlichen Fruchtzusätzen gerade verschieden, weshalb bei unterschiedlichen Fruchtsorten kein Fall eines "gleichen Musters" vorliegen kann. Dies zeigt sich insbesondere auch beim sogenannten "Kauf nach Muster", bei dem die Eigenschaften des Musters als zugesichert anzusehen sind. Denn würde die Klägerin einem Kaufvertrag das Muster eines Fruchtjoghurts der Geschmacksrichtung Erdbeere zugrunde legen, ist offenkundig, dass sie zur Erfüllung dieses Kaufvertrages nicht ein Fruchtjoghurt einer anderen Fruchtsorte leistungsbefreiend liefern kann.

Der Auffassung der Klägerin, zur Auslegung des Begriffes "Los" müsse die Regelung in Nr. 2.1.2 des Anhangs II der Richtlinie 76/211/EWG herangezogen werden, kann nicht gefolgt werden. In Nr. 2.1.2 ist geregelt, dass der Umfang des Loses der maximalen Stundenleistung der Abfüllanlage entspricht, wenn Fertigpackungen am Schluss des Abfüllvorgangs geprüft werden. Die Beschränkung des Umfangs des Loses auf die maximale Stundenleistung der Abfüllanlage begrenzt nur die Menge der Fertigpackungen eines Loses, die der Stichprobe zugrunde zu legen sind. Die Regelung setzt daher den Begriff des "Loses" voraus, der u.a. von der "Aufmachung" bzw. dem "Muster" bestimmt wird. Das heißt, der Umfang des der Stichprobe zugrundezulegenden Loses eines Fruchtjoghurts der Fruchtsorte Erdbeere wird nach Nr. 2.1.2 auf die maximalen Stundenleistung der Abfüllanlage begrenzt.

Damit ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut der Fertigpackungsverordnung bzw. der Richtlinie 76/211/EWG, dass die von der Klägerin begehrten Feststellungen nicht getroffen werden können. Dieses Ergebnis wird auch durch eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der eichrechtlichen Vorschriften der Fertigpackungsverordnung bestätigt. Dies hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt, weshalb insoweit auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Verwaltungsgerichts verwiesen werden kann (vgl. § 130b Satz 2 VwGO).

Die Behauptung der Klägerin, Verbraucher die gezielt Fruchtjoghurt einer Geschmacksrichtung kaufen würden, seien die Ausnahme und diese Verbraucher seien zudem ausreichend durch die absolute Toleranzgrenze des § 22 Abs. 3 FertigPackV geschützt, ist damit unerheblich. Das Verwaltungsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die Mittelwertbildung eine Ausnahme vom eichrechtlichen Grundsatz darstellt, wonach die tatsächliche Füllmenge der angegebenen Nennfüllmenge entsprechen muss. Diese zugunsten der Hersteller von Fertigpackungen geschaffene Ausnahme durch eine erweiternde Auslegung zu ihren Gunsten und zu Lasten der Verbraucher auszuweiten, die zudem gegen Wortlaut und Sinn und Zweck dieser Regelung verstoßen würde, besteht kein Anlass.

Wettbewerbsnachteile die die Klägerin dadurch befürchtet, dass Konkurrenten nicht sortenrein prüfen müssten, rechtfertigen nicht, sie von der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften freizustellen. Sollte mit der von der Klägerin betriebenen Abfüllanlage tatsächlich die Befüllung nicht fruchtsortengenau gesteuert werden können, so ist diese bei Fortführung ihrer Praxis der gleichzeitigen Abfüllung mehrerer Fruchtsorten gehalten, die Sollfüllmenge, d.h. die Menge, die beim Abmessen angestrebt wird, gegenüber der auf der Packung angegebenen Nennfüllmenge zu erhöhen, um bei allen Fruchtsorten den gesetzlich vorgeschriebenen Mittelwert einzuhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Grund für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) besteht nicht. Die von der Klägerin behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dürfte bereits deshalb nicht vorliegen, weil eine allgemeine Bedeutung der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage nicht ersichtlich ist. Jedenfalls ist die Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig, weil sich ihre Antwort ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt (vgl. Peter Schmidt in Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 132 Rdnr. 11). Der Senat sieht daher auch keine Veranlassung, eine Vorabentscheidung des EuGH über die Auslegung der Regelung in Nr. 2.1.1 der Anlage II der Richtlinie 76/211/EWG (vgl. Art. 234 EG) einzuholen.

Beschluss

vom 19. August 2003

Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird auf EUR 50.000,-- festgesetzt (§§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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