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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 1 S 2913/07
Rechtsgebiete: FwG, GemHVO
Vorschriften:
FwG § 36 Abs. 1 Satz 2 | |
FwG § 36 Abs. 7 | |
GemHVO § 32 Abs. 1 Satz 1 |
2. Kommt der Kostenpflichtige seiner Pflicht, die Unbilligkeit schon gegenüber der Behörde geltend zu machen, nicht nach - und prüft die Behörde auch nicht von Amts wegen -, ist er auch vor Gericht im Anfechtungsstreit mit dem nunmehr hierauf bezogenen neuen Vorbringen ausgeschlossen. Er kann sich aber in dem auf die Festsetzung des Kostenersatzes folgenden Erhebungsverfahren auf das Vorliegen einer besonderen Härte nach § 32 Abs. 3 Satz 1 GemHVO berufen.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Feuerwehrkosten
hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Oktober 2006 - 7 K 2093/06 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten eines Feuerwehreinsatzes.
Der 1962 in Kasachstan geborene Kläger machte dort eine Ausbildung zum Mechaniker, was auch Schweißarbeiten umfasste. Nach seiner Einreise nach Deutschland war er seit 1999 bei der Firma Fxxxxx in Plochingen, einem Betrieb für Holzrecycling, beschäftigt. Dort verursachte der Kläger am 25.09.2003 bei Reparaturarbeiten an der Sprinkleranlage einen Brand, der einen Großeinsatz der Feuerwehr zur Folge hatte. Der Kläger schweißte eine Halterung für einen Wasserschlauch an einen Stahlträger einer Holzbohlenwand. Damit sollte die Befeuchtung des davor lagernden Altholzstapels mit den Ausmaßen von 10 auf 10 m und etwa 5 m Höhe wieder sichergestellt und so die Staubentwicklung beim Umladen verhindert werden. Der Kläger hatte den Holzstapel zuvor teilweise mit Wasser besprüht; gleichwohl fing er Feuer.
Am 04.03.2004 erließ das Amtsgericht Esslingen gegen den Kläger einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Brandstiftung und setzte eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 25 EUR fest. Auf den Einspruch des Klägers, der in der Hauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wurde, wurde er mit Urteil des Amtsgerichts Esslingen vom 18.08.2004 zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 10 EUR verurteilt.
Mit Bescheiden vom 18.12.2003 und vom 15.07.2004 forderte die Beklagte zunächst von der Firma Fxxxxx Kostenersatz für den Feuerwehreinsatz. Diese Bescheide wurden nach einer Stellungnahme des Landratsamts Esslingen im Widerspruchsverfahren am 13.07.2005 zurückgenommen. Darin hatte die Widerspruchsbehörde bezweifelt, dass nach der damaligen Aktenlage ohne weitere Sachaufklärung davon ausgegangen werden könne, die Firma Fxxxx habe den Brand durch Handeln oder Unterlassen grob fahrlässig verursacht; beim Kläger liege demgegenüber grob fahrlässiges Verhalten vor.
Mit Bescheid vom 14.07.2005 zog daraufhin die Beklagte den Kläger nach § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG zum Kostenersatz in Höhe von 28.180,76 EUR heran; darin waren neben den Kosten der freiwilligen Feuerwehr der Beklagten auch die Kosten der Überlandhilfe durch vier benachbarte Feuerwehren in Höhe von 12.189,88 EUR mit enthalten. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger allein geltend, dass grobe Fahrlässigkeit nicht vorliege. Die Widerspruchsbehörde ging der Frage einer unbilligen Härte im Sinne von § 36 Abs. 7 FwG - ungeachtet der wegen sich der Höhe des verhängten Tagessatzes aufdrängenden schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers - nicht weiter nach, da der Kläger selbst hierzu nichts vorgetragen hatte. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2006 wies das Landratsamt Esslingen den Widerspruch zurück. Es führte zur Begründung aus, dass der Kläger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße verletzt habe; denn es sei offensichtlich und jedem einleuchtend, dass in unmittelbarer Nähe eines Holzstapels, der witterungsbedingt zudem noch sehr trocken gewesen sei, wegen des Funkenflugs nicht geschweißt haben werden dürfen. Zur Verhütung eines Brandes hätten entsprechende Vorkehrungen, z.B. Abdecken des Holzstapels mit feuerfestem Material, getroffen werden müssen.
Zur Begründung seiner hiergegen zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er zwar fahrlässig, nicht aber grob fahrlässig gehandelt habe. Er habe sich nämlich an die Anweisung gehalten, das Holz vor den Schweißarbeiten nass zu machen; das habe er auch getan, wenn auch nicht in ausreichendem Maße. Seine Inanspruchnahme sei unter Würdigung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Umstände eine unbillige Härte. Er sei strafrechtlich verurteilt worden und habe seinen Arbeitsplatz verloren. Schließlich sei die ehemalige Arbeitgeberin im Rechtssinne die Verursacherin des Brandes; er habe lediglich versucht, mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen durch die ihm zu Gebote stehenden Mittel zu ersetzen.
Mit Urteil vom 26.10.2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG lägen vor. Der Vorwurf grober Fahrlässigkeit sei gerechtfertigt, da der Kläger unmittelbar neben altem Holz Schweißarbeiten durchgeführt habe, ohne zuvor ausreichende Vorkehrungen gegen einen durch Funkenflug ausgelösten Brand zu treffen. Der Kläger verfüge auch über langjährige Erfahrungen mit Schweißarbeiten. Über die Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs habe die Beklagte ermessensfehlerfrei entschieden. Der angefochtene Bescheid sei nicht deswegen aufzuheben, weil die Beklagte vor dessen Erlass und im Widerspruchsverfahren die Voraussetzungen des § 36 Abs. 7 FwG nicht geprüft habe. Aus der sprachlichen Verknüpfung zwischen § 36 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 7 FwG folge nicht, dass der Träger der Feuerwehr stets auch das Vorliegen von Billigkeitsgründen prüfen müsse. Der Regelung des § 36 Abs. 7 FwG liege der Rechtsgedanke der abgabenrechtlichen Erlassvorschrift des § 227 AO zugrunde. Persönliche Unbilligkeitsgründe könne der Kostenpflichtige in der Regel nur selbst und auch nach Unanfechtbarkeit des Kostenbescheids - dann in einem selbständigen Verzichtsverfahren - geltend machen. Es könne offen bleiben, ob Anhaltspunkte für eine unbillige Härte vor Erlass des Bescheids berücksichtigt werden müssten, und ob ein Verstoß gegen eine solche Pflicht zur Rechtswidrigkeit eines gleichwohl ungekürzt ergangenen Kostenbescheids führe. Denn der Beklagten seien weder vor Ergehen des Kostenbescheids noch im Widerspruchsverfahren persönliche Billigkeitsgründe bekannt geworden. Im Hinblick auf die erstmals im Klageverfahren geltend gemachten Einkommens- und Vermögensverhältnisse könne er in einem weiteren Verfahren einen teilweisen oder vollen Verzicht der Beklagten auf den Kostenersatz verfolgen.
Zur Begründung seiner mit Beschluss des Senats vom 12.12.2007 - 1 S 513/07 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Sein Verhalten könne nicht als grob fahrlässig eingestuft werden. Er habe erkannt, dass der Holzstapel habe bewässert werden müssen; er habe sich allerdings über das Ausmaß der notwendigen Vorkehrungen geirrt. Die Beklagte habe das ihr beim Kostenersatz zukommende Auswahlermessen nicht ausgeübt, jedenfalls aber nicht nachvollziehbar dargestellt. Seine Arbeitgeberin hätte als Zustandsstörerin neben ihm als dem Verrichtungsgehilfen in Anspruch genommen werden können. Die Arbeitgeberin habe durch den monatelangen Defekt der Sprinkleranlage eine erhöhte Feuergefahr zu verantworten. Des Weiteren treffe sie ein Organisations- und Überwachungsverschulden; denn sie habe ihn mit Schweißarbeiten betraut, obwohl er hierfür die notwendigen Qualifikationen nicht besessen habe. Im Rahmen des § 36 Abs. 7 FwG seien jedenfalls sachliche Unbilligkeitsgründe von der Behörde vor Erlass des Bescheids zu prüfen; hierbei seien die oben angeführten Erwägungen zu beachten gewesen. Die Prüfung der Unbilligkeitsgründe erst in einem Verzichtsverfahren, zu dem im Übrigen jegliche Vorschriften fehlten, sei vom möglichen Wortsinn des Gesetzestextes nicht mehr gedeckt. Das wäre nur möglich, wenn der Behörde in § 36 Abs. 1 Satz 2 FwG keinerlei Ermessen eingeräumt wäre; das entspreche der Regelung des § 135 Abs. 5 BauGB. Schließlich lägen auch persönliche Unbilligkeitsgründe vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Oktober 2006 - 7 K 2093/06 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 14.07.2005 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Esslingen vom 26.04.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: § 36 Abs. 1 Satz 2 FwG räume der Behörde im Gegensatz zu § 36 Abs. 2 Nr. 1 FwG kein Entschließungsermessen ein; vielmehr sei sie gehalten, Kostenersatz zu verlangen. Die Arbeitgeberin sei nicht als Zustandsstörerin Kostenschuldnerin; dies gelte nur für § 36 Abs. 2 Nr. 2 FwG; folglich stehe der Behörde auch kein Auswahlermessen zu. Selbst wenn man annehmen wollte, die Arbeitgeberin habe in grob fahrlässiger Weise eine zurechenbare Ursache für das Schadenfeuer gesetzt, wäre sie nur Gesamtschuldnerin neben dem Kläger; die Heranziehung nur eines Gesamtschuldners bedürfe aber keiner Begründung. Im Übrigen verweise sie auf die Erwägungen, die sich aus den Akten des Verfahrens gegen die Arbeitgeberin ergäben. Es sei auch unschädlich, dass die Beklagte das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht geprüft habe. Die Argumentation des Klägers verkenne bereits, dass der Beklagten kein Entschließungsermessen eingeräumt sei. Unbilligkeitsgründe seien, soweit sie nicht von Amts wegen bekannt seien, vom Betroffenen darzulegen; dies müsse nach allgemeinen prozessualen Erwägungen bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens geschehen. Solche Gründe seien vom Kläger aber nicht vorgetragen worden. Auch jetzt seien sie ungeachtet der persönlichen Verhältnisse des Klägers nicht erkennbar. Er sei nämlich in der Lage, die Forderung, möglicherweise nur in Raten und möglicherweise nur über einen längeren Zeitraum, zu begleichen. Schließlich sei er auf ein Erlassverfahren zu verweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren sowie die Akten der Beklagten im Verfahren gegen die Firma Fxxxxx vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG. Danach soll der Träger der Gemeindefeuerwehr - als Ausnahme von der in § 36 Abs. 1 Satz 1 FwG normierten grundsätzlichen Unentgeltlichkeit der Pflichtaufgabe der Bekämpfung eines Schadenfeuers nach § 2 Abs. 1 FwG - Ersatz der Kosten von dem Verursacher verlangen, wenn dieser die Gefahr oder den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
Der Kläger hat durch Schweißarbeiten das Großfeuer in dem Betrieb seiner damaligen Arbeitgeberin verursacht; ihn trifft der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Das ist zu bejahen, wenn einfache, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Dabei sind im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit auch subjektive, in der Person des Handelnden liegende Umstände zu berücksichtigen. Ihm muss auch subjektiv ein schwerer Schuldvorwurf zu machen sein. Grobe Fahrlässigkeit setzt daher in der Regel das Bewusstsein der Gefährlichkeit voraus, kann aber auch dann zu bejahen sein, wenn der Handelnde die Gefährlichkeit seines Tuns leichtfertig nicht erkennt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 08.10.1991 - XI ZR 238/90 -, NJW 1992, 316 <317>; Urteil vom 29.09.1992 - XI ZR 265/91 -, NJW 1992, 3235 <3236>; Grundmann in: MünchKomm zum BGB, 5. Aufl. 2007, § 276 Rn. 94 ff.; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 6 Rn. 117 f., jeweils m.w.N.). Dabei kann das Gericht im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung nach § 108 VwGO vom äußeren Geschehensablauf oder vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit schließen (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.1989 - IVa ZR 57/88 -, NJW 1989, 1354 <1355>).
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Der Kläger hat in unmittelbarer Nähe großer Mengen von Altholz Schweißarbeiten durchgeführt. Er hat sich zwar nicht von vornherein der Erkenntnis verschlossen, dass es sich dabei wegen des damit einhergehenden Funkenflugs um eine besonders gefahrträchtige Situation handelte. Die vom Kläger getroffenen Vorkehrungen zur Verhinderung eines Brandes waren aber völlig unzureichend. Er hat den vor der für die Schweißarbeiten vorgesehenen Stelle aufgetürmten Holzstapel lediglich in deren unmittelbarer Nähe zuvor oberflächlich mit Wasser besprüht. Einen verlässlichen Brandschutz konnte dies aber gerade bei völlig ausgetrockneten Altholz, das - nicht zuletzt auch nach dem extrem heißen Sommer des Jahres 2003 - besonders leicht in Brand geraten kann, nicht gewährleisten. Zum einen wurde das Holz allein durch das vorherige Besprengen auch nicht oberflächlich durchfeuchtet, so dass ein Funke jedenfalls hätte erlöschen müssen, bevor er auf das trockene Holz traf. Zum anderen war - ausweislich der vorgelegten Bilder - keine einheitliche und geschlossene Holzoberfläche gegeben. Vielmehr waren bei dem ungeordneten Stapel bzw. Haufen Lücken vorhanden, so dass insbesondere auch die Gefahr gegeben war, dass Funken durch diese Lücken in die Tiefe fallen, wohin zuvor das Wasser überhaupt nicht gelangt war. Die Erkenntnis, dass das Holz vor den Arbeiten hätte abgedeckt werden müssen, hätte sich auch dem Kläger aufdrängen müssen. Er hatte eine Ausbildung als Schweißer gemacht und hatte auch eine langjährige Berufserfahrung, in der ihm das besondere Gefährdungspotenzial dieser Tätigkeit vor Augen geführt worden ist (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.1995 - 13 U 70/94 -, VersR 1996, 512; OLG Oldenburg, Urteil vom 16.12.1998 - 2 U 221/98 -, NVersZ 1999, 436).
2. Liegen demnach die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG vor, so ist der Gemeinde - anders als beim Kostenersatzanspruch nach § 36 Abs. 2 FwG (siehe hierzu etwa Urteil des erk. Senats vom 07.12.1992 - 1 S 2079/92 -, NJW 1993, 1543) - Ermessen nicht eingeräumt (stRspr. des erk. Senats, vgl. nur Urteil vom 09.08.2001 - 1 S 523/01 -, VBlBW 2002, 73 m.w.N.). Vielmehr bedeutet "sollen" in der Rechtssprache "müssen"; dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der gemeindehaushaltsrechtlichen Bestimmung des § 78 Abs. 2 Nr. 1 GemO, wonach die Gemeinden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen vorrangig aus Entgelten für die Leistungen zu beschaffen haben (Schäfer/Hildinger, Feuerwehrgesetz Baden-Württemberg, 1990, § 36 Rn 6; Surwald, Feuerwehrgesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl. 1997, § 36 Rn. 5; vgl. auch OVG Rh.-Pf., Urteil vom 25.02.1992 - 6 A 11382/91 -, NJW 1992, 2653 <2654>). Kostenersatz ist demnach vom Verursacher - dem Brandstifter - grundsätzlich zu fordern.
Nichts Abweichendes gilt, wenn mehrere Verursacher den Schaden oder die Gefahr als Mit- oder Nebentäter herbeigeführt haben. Auch in dieser Situation ist es nicht geboten, etwa im Wege einer Lücken füllenden Gesetzesauslegung jedenfalls von einem Auswahlermessen der Gemeinde auszugehen, in dessen Rahmen sie die Interessen der verschiedenen in Betracht kommenden Kostenschuldner sachgerecht zu würdigen hätte. Denn das Gesetz sieht vor, Sondersituationen allein durch den auch auf § 36 Abs. 1 FwG bezogenen Ausnahmetatbestand des § 36 Abs. 7 FwG zu bewältigen.
3. Nach § 36 Abs. 7 FwG soll Ersatz der Kosten nicht verlangt werden, soweit dies eine unbillige Härte wäre. Auch in Ansehung dieser Vorschrift ist der angefochtene Kostenersatzbescheid nicht rechtswidrig.
a) Eine unbillige Härte als das Ergebnis eines aus der Regel fallenden atypischen Einzelfalls kann sich vornehmlich aus den persönlichen, insbesondere wirtschaftlichen Verhältnissen des Kostenpflichtigen ergeben. Ob darüber hinaus wie bei sonstigen Härtevorschriften (vgl. etwa §§ 163, 227 AO) hier auch sachliche Billigkeitsgründe vorstellbar sind, die aus der Natur der Sache und überragenden Gerechtigkeitsvorstellungen folgen und die zur Vermeidung eines dem der gesetzlichen Regelung widersprechenden zweckwidrigen Ergebnisses einem "ungewollten Überhang des gesetzlichen Tatbestandes abhelfen" sollen (vgl. etwa Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 227 AO Rn. 40, 42 f.), bedarf hier keiner Entscheidung. Bei der - voller gerichtlicher Kontrolle unterliegenden - Prüfung, ob sich die Kostenbelastung für den Kostenpflichtigen als unzumutbar darstellt, ist hinsichtlich der Erlassbedürftigkeit in erster Linie auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz abzustellen (vgl. Surwald, a.a.O., § 36 Rn. 29; Loose, a.a.O., Rn. 89 ff., m.N.). Bei jedenfalls beengten finanziellen Verhältnissen des Pflichtigen kann sich eine persönliche Unbilligkeit unter Umständen aber auch daraus ergeben, dass er allein und auf den vollen Betrag in Anspruch genommen wird, obwohl noch weitere materiell kostenpflichtige Personen vorhanden sind. Eine Kostenbelastung mag dann unbillig sein, wenn der Verursachungsbeitrag eines anderen Verantwortlichen gewichtiger ist. Eine Unbilligkeit kann auch dann in Betracht kommen, wenn bei gleichgewichtigen Verursachungsbeiträgen ein Kostenausgleich unter den materiell Kostenpflichtigen, der im Interesse der materiellen Lastengleichheit geboten sein kann, erschwert ist (vgl. hierzu etwa Urteil des erk. Senats vom 15.11.2007 - 1 S 1471/07 -, VBlBW 2008, 137 <138> m.w.N.).
b) Das Vorliegen einer unbilligen Härte ist schon im Heranziehungsverfahren von Bedeutung. Im Gegensatz zu anderen Billigkeitsregelungen (siehe etwa zu § 135 Abs. 5 BauGB BVerwG, Urteil vom 12.09.1984 - 8 C 124.82 -, BVerwGE 70, 96 <98>) hat der Gesetzgeber das Merkmal einer unbilligen Härte so ausgestaltet, dass es sich bereits tatbestandsmäßig auf die Kostenersatzpflicht auswirkt. Denn erst aus dem Zusammenspiel mit § 36 Abs. 7 FwG ergibt sich der volle Haftungstatbestand mit der Folge, dass die Kostenersatzforderung materiell nur in geringerer Höhe oder gar nicht besteht, wenn die Voraussetzungen einer unbilligen Härte erfüllt sind.
§ 36 Abs. 7 FwG regelt allerdings nicht ein negatives Tatbestandsmerkmal für das Entstehen der Kostenersatzpflicht, vielmehr handelt es sich um ein positives Tatbestandsmerkmal für eine Ausnahme von der Kostenersatzpflicht, für das der Pflichtige materiell beweisbelastet ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.11.1979 - 3 C 103.79 -, BVerwGE 59, 148 <157>). Aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgen besondere verfahrensrechtliche Obliegenheiten für den Kostenpflichtigen. Ihn trifft eine gesteigerte Mitwirkungspflicht (§ 26 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG) für die in Rede stehenden persönlichen Unbilligkeit. Denn dabei handelt es sich um Umstände, die in seiner Sphäre liegen und den Behörden in aller Regel nicht bekannt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.01.2001 - 4 B 37.00 -, NVwZ 2001, 1398 <1399>). Er muss sich deswegen mit hinreichender Deutlichkeit auf diese Ausnahme berufen und zu deren Vorliegen substantiiert vortragen. Nur unter diesen Voraussetzungen ist im Verwaltungsverfahren - seitens der Gemeinde bzw. der Widerspruchsbehörde - eine Prüfung veranlasst; diese ist allerdings auch dann geboten, wenn die Voraussetzungen einer Unbilligkeit für die Behörden offensichtlich zu Tage treten.
Hiernach ist nicht zu beanstanden, dass im Verwaltungsverfahren der Frage einer unbilligen Härte wegen einer etwa unzumutbaren finanziellen Belastung nicht weiter nachgegangen worden ist.
Ungeachtet der anwaltlichen Vertretung hat sich der Kläger gegenüber dem Landratsamt auf eine Unbilligkeit nicht ausdrücklich berufen. Von einer Offensichtlichkeit kann ebenso wenig die Rede sein. Das Landratsamt hatte zwar Kenntnis von der geringen Höhe des vom Strafrichter im Urteil gegen den Kläger festgesetzten Tagessatzes. Es hat hiervon ausgehend auch auf eine angespannte finanzielle Lage des Klägers geschlossen. Mit dieser Momentaufnahme der Einkommenssituation des Klägers ist eine dauerhafte oder jedenfalls längerfristige wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit aber noch nicht dargetan. Fehlte es bereits hieran, war das Landratsamt auch nicht gehalten, die in diesem Zusammenhang gegebenenfalls zu würdigende Frage einer Kostenpflicht der Arbeitgeberin des Klägers im Anschluss an den zunächst von der Beklagten gegen die Arbeitgeberin erlassenen, im Widerspruchsverfahren wegen rechtlicher Unwägbarkeiten aber wieder aufgehobenen Kostenbescheid abschließend zu klären. Für die in diesem Widerspruchsverfahren für geboten erachtete weitere Aufklärung und Bewertung der tatsächlichen Umstände, die gegebenenfalls zur Bejahung einer Kostenpflicht der Arbeitgeberin auf der Grundlage des § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FwG hätte führen können - eine Geschäftsherrenhaftung nach § 6 Abs. 3 PolG ist im Rahmen des § 36 Abs. 1 FwG ebenso wenig vorgesehen wie eine Zustandsstörerhaftung gem. § 7 PolG -, bestand dann kein Anlass.
c) Vor diesem Hintergrund war auch im gerichtlichen Verfahren der Frage des Vorliegens einer unbilligen Härte nicht mehr nachzugehen.
Kommt der Kläger seiner Pflicht, die Unbilligkeit schon gegenüber der Behörde geltend zu machen, nicht nach - und prüft die Behörde auch nicht von Amts wegen -, ist er wegen der rechtlichen Besonderheiten dieses Einwands auch vor Gericht im Anfechtungsstreit mit dem nunmehr hierauf bezogenen neuen Vorbringen ausgeschlossen. Der grundsätzlichen Aufgabenverteilung zwischen Verwaltung und Gerichten wird Rechnung getragen, wenn eine Verletzung der Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren auf das gerichtliche Verfahren durchschlägt. Denn die Geltendmachung gegenüber der Behörde soll dieser die Gelegenheit geben, alle Gesichtspunkte - ggf. auch in Bezug auf Dritte - zu ermitteln und zu bewerten, die für eine unbillige Härte von Bedeutung sein können. Sie ist hierzu in erster Linie berufen, während den Gerichten die Kontrolle der behördlichen Entscheidung obliegt. Die in diesen Umständen wurzelnde prozessuale Folge ist zwar nicht ausdrücklich als Ausnahme von der grundsätzlich umfassenden gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) gesetzlich geregelt. Das ist hier aber unschädlich; denn der Kläger erleidet wegen der im Gesetz vorgesehenen Zweispurigkeit der Prüfung von Billigkeits- bzw. Härtegründen keinen endgültigen Rechtsverlust, so dass die aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden strengen Maßstäbe für die Zulässigkeit einer materiellen Präklusion (siehe BVerfG, Beschluss vom 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82 <110 ff.>; Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 260) nicht anzulegen sind. Dem Kläger ist nämlich die Möglichkeit eröffnet, sich auch in dem auf die Festsetzung des Kostenersatzes folgenden Erhebungsverfahren auf das Vorliegen einer unbilligen Härte zu berufen. Dabei ist § 227 AO (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KAG) zwar nicht einschlägig, denn beim Kostenersatzanspruch handelt es sich nicht um eine Kommunalabgabe i.S.v. § 1 KAG (vgl. Surwald, a.a.O., § 36 Rn. 2). Eine entsprechende Vorschrift findet sich aber in § 32 Abs. 3 Satz 1 GemHVO. Danach dürfen Ansprüche ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles für den Schuldner eine besondere Härte bedeuten würde. Zwischen einer besonderen und einer unbilligen Härte besteht in der Sache kein Unterschied; des Weiteren handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. In diesem Verfahren entfaltet ein bestandskräftiger Kostenersatzbescheid hinsichtlich der (noch) nicht geprüften Härte keine Bindungswirkung. Der Verweis auf das Erlassverfahren hat - für den nachlässigen Betroffenen letztlich vorteilhaft - zur Folge, dass nunmehr im Streitfall das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht, wie im Anfechtungsrechtsstreit nach allgemeinen Grundsätzen lediglich bezogen auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, sondern in der Verpflichtungssituation bezogen auf den Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung geprüft wird.
4. Die Höhe des geltend gemachten Kostenersatzes ist nicht zu beanstanden.
Die Beklagte hat der Aufstellung der ersatzfähigen Kosten die im Zeitpunkt des Feuerwehreinsatzes gültige Satzung zur Regelung des Kostenersatzes für die Leistungen der Feuerwehr der Stadt Plochingen - Feuerwehr-Kostenersatzsatzung - vom 08.07.1991 i.d.F. vom 18.12.2001 nebst Anlage zugrunde gelegt. Gegen die auf dieser Grundlage aufgelisteten Rechnungsposten bringt der Kläger nichts vor; Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere war die Beklagte bei den Personalkosten nicht darauf beschränkt, nur die den Feuerwehrleuten gewährte Aufwandsentschädigung mit einem Stundensatz von 10 EUR zu verlangen. Vielmehr durfte sie hier pauschalierend auch die Abnutzung der persönlichen Ausrüstungsgegenstände sowie Aus- und Fortbildungskosten in den Stundensatz von 19 EUR einstellen.
Zu den ersatzfähigen Kosten für Leistungen, die die Feuerwehr mit eigenen Mitteln und eigenem Personal erbringt, gehören auch die Aufwendungen für die feuerwehrinterne, speziell ausgestaltete Amtshilfe im Wege der Überlandhilfe nach § 27 FwG. § 27 Abs. 3 Satz 1 FwG regelt dabei nur die Kostenlast unter den beteiligten Trägern der Feuerwehr, hindert eine Überwälzung auf den nach § 36 FwG Kostenpflichtigen aber nicht (vgl. Schäfer/Hildinger, a.a.O., § 36 Rn. 7 f.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
Beschluss vom 24. April 2008
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 28.180,76 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3, § 63 Abs. 2 GKG).
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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