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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 05.03.2002
Aktenzeichen: 10 S 1573/01
Rechtsgebiete: LVwVfG, LaFG
Vorschriften:
LVwVfG § 48 Abs. 1 | |
LVwVfG § 48 Abs. 2 | |
LaFG § 2 Abs. 1 | |
LaFG § 3b Abs. 1 |
10 S 1573/01
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
wegen
Leistungen nach dem LaFG
hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schlüter, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Hofherr und den Richter am Verwaltungsgericht Haller aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05. März 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19.05.2000 - 8 K 4168/00 - insoweit geändert, als es die Klage abgewiesen hat. Der Bescheid des ALLB Heidenheim vom 24.05.1995 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.06.1997 werden auch hinsichtlich der verbliebenen Teilrücknahme des Bewilligungsbescheids des ALLB vom 29.09.1994 und der entsprechenden Rückforderung in Höhe von 1.691,40 DM aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Leistungen nach dem Gesetz zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft (LaFG).
Am 10.05.1994 beantragte der Kläger, Landwirt in Giengen-Sachsenhausen mit eigener Hofstelle, beim Amt für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur Heidenheim (im Folgenden: ALLB Heidenheim) im Rahmen des "Gemeinsamen Antrags 1994" u.a. einen Einkommensausgleich nach dem LaFG. Als Gesamtfläche seines Betriebes gab er 56,81 ha an und führte in der Anlage auch die von ihm mit Pachtvertrag vom 15.11.1993 von dem Landwirt G. B. (im Folgenden: Verpächter) für die Zeit vom 01.11.1993 bis 31.10.2002 gepachteten Flächen auf, die auf den Gemarkungen Kohlberg und Neuffen liegen. Hierbei handelte es sich u.a. auch um Getreide-, Wiesen- und Hackfruchtflächen sowie um Flächen, für die zunächst Dauerbrache und - nach schriftlich am 15.09.1994 bestätigter Änderung durch den Kläger - einfache Brache als Stilllegungsform festgelegt wurde.
Das ALLB Heidenheim gewährte mit Bescheid vom 29.09.1994 dem Kläger für das Antragsjahr 1994 Ausgleichsleistungen nach dem LaFG in Höhe von 3.376,-- DM, berechnet aus einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von 56,26 ha.
Am 08.11.1994 teilte der Verpächter dem ALLB Heidenheim mit, er habe den Pachtvertrag mit dem Kläger mit Schreiben vom 30.08.1994 fristlos gekündigt, weil dieser die gepachteten Grundstücke nicht ordnungsgemäß bewirtschaftet habe. Dem Kläger sei es seinerzeit nur darum gegangen, die Zuschüsse und Prämien für die Pachtfläche zu erhalten.
Am 23.11.1994 erklärte der Kläger gegenüber dem ALLB Heidenheim, entsprechend der Absprache habe der Verpächter zumindest einen Teil der Grünlandflächen selbst nutzen wollen. Ein paar Flächen des Grünlandes habe er abmähen wollen, der Verpächter habe indessen mitgeteilt, dass er es selbst erledige. Die Stilllegungsflächen seien von ihm zur Saat hergerichtet und mit einer Dauerbrachemischung eingesät worden (ca. am 28.04.1994). Die Flächen seien durch den Verpächter abgemäht worden. Die Flächen für Wintergetreide (Weizen und Gerste) seien bei Pachtbeginn bereits bestellt gewesen. Im Mai 1994 sei die Unkrautbekämpfung durch den Kläger mit Hilfe des Verpächters durchgeführt worden. Wegen der Streitigkeiten sei die Ernte durch den Verpächter durchgeführt worden. Der Ertrag habe mit der Pacht verrechnet werden sollen. Nach Absprache habe die Ernte (Drusch) der Verpächter durchgeführt. Mitte/Ende Mai sei er das letzte Mal zur Bewirtschaftung im Kohlberg gewesen. Bereits bei Abschluss des Pachtvertrages sei klar gewesen, dass der Verpächter mithelfe. Diese Erklärung wurde von dem Kläger unterschrieben.
Am 13.02.1995 legte der Kläger dem ALLB Heidenheim eine Vereinbarung zwischen ihm und dem Verpächter vom 06.02.1995 vor, in der einleitend ausgeführt wird: "Betreffender Pachtvertrag vom 15.11.1993 wird unter beiderseitiger Vereinbarung an den Verpächter am 06.02.1995 zurückgegeben". In dieser Vereinbarung finden sich des Weiteren Regelungen zur Verrechnung des Pachtpreises und des abgeernteten Getreides.
Das ALLB Heidenheim nahm - gestützt auf § 48 LVwVfG - mit Bescheid vom 24.05.1995 den Bewilligungsbescheid vom 29.09.1994 insoweit zurück, als der darin bewilligte Einkommensausgleich einen Betrag von 1.624,-- DM überschritt. Gleichzeitig wurde der Differenzbetrag in Höhe von 1.752,-- DM zurückgefordert und der Kläger darauf hingewiesen, dass der Rückforderungsbetrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides an, nämlich ab 30.09.1994, bis zu seiner Rückzahlung mit 3 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen sei.
Den hiergegen vom Kläger am 22.06.1995 erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart - nach weiteren eigenen Ermittlungen und Stellungnahmen des Verpächters vom 18.11. und 26.11.1996 und des Klägers am 21.11.1996 - mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.1997 - dem Kläger am 26.06.1997 zugestellt - mit der Maßgabe zurück, dass die teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheids mit Wirkung seit dessen Bekanntgabe erfolgt. Des weiteren nahm es den Bewilligungsbescheid mit Wirkung seit Bekanntgabe auch insoweit zurück, als er für 6,1 ha stillgelegte Fläche Ausgleichsleistungen gewährt, und forderte den Kläger auf, weitere 366,00 DM zu erstatten.
Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Kläger habe die im Raum Kohlberg gepachteten Flächen zum Zeitpunkt der Ernte landwirtschaftlich nicht genutzt. Deshalb seien die Ausgleichsleistungen insoweit zu Unrecht gewährt worden. Das vorübergehende Tätigwerden des Klägers an wenigen Tagen einer mehrmonatigen Produktionszeit könne nicht als Bewirtschaften oder landwirtschaftliches Nutzen im Sinne des LaFG angesehen werden. Dass der Verpächter wohl teilweise in die Befugnisse des Klägers eingegriffen und Arbeiten ausgeführt habe, deren Erledigung vom Kläger vorgesehen gewesen sei, könne nicht zu dessen Gunsten berücksichtigt werden. Vom Vorliegen eines Lohnarbeitsvertrages sei nicht auszugehen. Entgegen der Auffassung des ALLB Heidenheim treffe es nicht zu, dass eine Bewirtschaftung des Klägers hinsichtlich der Stilllegungsflächen vorliege. Denn diese seien weder bewirtschaftet noch landwirtschaftlich genutzt worden. Der Bewilligungsbescheid vom 29.09.1994 werde daher auch insoweit zurückgenommen, als er Leistungen in Höhe von 366,-- DM für 6,1 ha Stilllegungsfläche gewähre. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen berufen. Auch im Ermessenswege könne von der Rücknahme nicht abgesehen werden. Da die Umstände, die zur Rücknahme geführt hätten, vom Kläger zu vertreten seien, seien die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Verzinsung nicht gegeben.
Der Kläger hat am 23.07.1997 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Die gepachteten Flächen seien tatsächlich bewirtschaftet worden, und zwar auch durch ihn bzw. in ihm zurechenbarer Weise. Zu einem erheblichen Teil seien Arbeiten von ihm selbst ausgeführt worden. Soweit der Verpächter Arbeiten erledigt habe, sei dies entweder in Absprache mit ihm oder jedenfalls mit seiner nachträglichen Genehmigung sowie gegen Vergütung geschehen, so dass jedenfalls die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag anzuwenden seien. Beim Abschluss des Pachtvertrages sei davon ausgegangen worden, dass der Verpächter aus den verpachteten Flächen das Futter für seinen Viehbestand erhalte und im Gegenzug bei der Bewirtschaftung mithelfe. Dies sei auch bei den Pachtkonditionen berücksichtigt worden. Der Verpächter habe sich im Übrigen Rechte angemaßt, die ihm nicht zugestanden hätten. So sei er ihm sogar beim Abernten des Getreides zuvor gekommen. Soweit Arbeiten durch den Verpächter erledigt worden seien oder Erträge, wie bei dem Klee, ihm zugestanden hätten, sei dies nach dem Inhalt des Pachtvertrages bzw. in der Schlussabrechnung berücksichtigt worden. Die Stilllegungsflächen seien im Wesentlichen von ihm eingesät worden.
Der Kläger hat beantragt, den Bescheid des ALLB Heidenheim vom 24.05.1995 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.06.1997 aufzuheben.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat im Wesentlichen auf seine Bescheide Bezug genommen. Ergänzend hat er ausgeführt, es sei unstreitig, dass die Flächen bewirtschaftet worden seien. Diese Bewirtschaftung sei aber nur in untergeordnetem Umfang durch den Kläger erfolgt. Eine Mithilfezusage des Verpächters bei Abschluss des Pachtvertrages werde weiterhin für nicht glaubhaft angesehen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat in der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2000 den Verpächter, dessen Schwester, Frau B., und Herrn M. als Zeugen vernommen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 19.05.2000 - 8 K 4168/97 - den Bescheid des ALLB Heidenheim vom 24.05.1995 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidium Stuttgart vom 25.06.1997 aufgehoben, soweit die dadurch verfügte Rücknahme des Bescheids des ALLB Heidenheim vom 29.09.1994 und die damit verbundene Rückforderung von Ausgleichsleistungen nach dem LaFG einen Betrag von 1.691,40 DM übersteigt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Rücknahmebescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sei hinsichtlich der für die Stilllegungsflächen, für die Kirschbäume (14 Ar) und des Kleeackers (86 Ar) gewährten Ausgleichsleistungen rechtswidrig. Denn diese Flächen habe der Kläger im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 LaFG selbst bewirtschaftet. Insoweit sei der Rückforderungsbescheid in Höhe von 426,-- DM aufzuheben. Hinsichtlich der Wiesenfläche (17,56 ha), der Getreidefläche (10,31 ha) und der mit Hackfrüchten, nämlich Kartoffeln bepflanzten Flächen (0,32 ha) sei der Rückforderungsbescheid in Höhe von 1.691,40 DM indessen rechtmäßig. Denn diese Flächen habe der Kläger nicht selbst bewirtschaftet. Vielmehr hätten die Geschwister B. diese Äcker ausschließlich für eigene Zwecke und ohne Absprache mit dem Kläger bewirtschaftet. Diese Bewirtschaftung könne nicht dem Kläger zugerechnet werden. Indem der Kläger im "Gemeinsamen Antrag 1994" - zumindest konkludent - angegeben habe, die Flächen würden von ihm im Jahre 1994 bewirtschaftet, sei der Bewilligungsbescheid vom 29.09.1994 rechtswidrig gewesen und habe zurückgenommen werden dürfen. Auf Vertrauen könne sich der Kläger nicht berufen, da er in wesentlicher Beziehung unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht habe. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich der Kläger nicht berufen, da er jedenfalls die Umstände, die zur - teilweisen - Rücknahme des Bewilligungsbescheides geführt hätten, gekannt habe. Die Verzinsung sei gleichfalls nicht zu beanstanden.
Das Urteil ist dem Kläger am 20.07.2000 zugestellt worden. Am 18.08.2000 hat er die Zulassung der Berufung beantragt. Der Senat hat mit Beschluss vom 17.07.2001 - 10 S 1911/00 - die Berufung des Klägers zugelassen. Der Beschluss ist dem Kläger am 27.07.2001 zugestellt worden.
Der Kläger hat am 22.08.2001 die Berufung begründet. Er führt im Wesentlichen aus: Die Auffassung des Verwaltungsgericht treffe nicht zu, er habe im Rahmen der Bewilligung insoweit unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht, als er hinsichtlich einer Fläche von 28,19 ha zu Unrecht erklärt habe, diese Flächen würden von ihm im Jahre 1994 bewirtschaftet werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Verpächter die Flächen ausdrücklich gegen seinen Willen abgemäht und abgeerntet habe. Er habe bei der Antragstellung unter Angabe der von ihm bewirtschafteten Flächen nicht davon ausgehen müssen, dass sein Verpächter diese in vertragswidriger Weise und gegen seinen Willen eigenmächtig abernten würde. Durch das Verhalten seines Verpächters könne ihm nicht die Angabe falscher oder unrichtiger Tatsachen unterstellt werden. Darüber hinaus ergebe sich aus sämtlichen Zeugenaussagen, dass die umstrittenen Flächen auch von ihm bewirtschaftet worden seien. Er habe eigentlich beabsichtigt, die Flächen abzuernten bzw. abzumähen. Dazu habe es nur deshalb nicht mehr kommen können, weil der Verpächter dies schon eigenmächtig erledigt gehabt habe. Des Weiteren ergäben die Zeugenaussagen, dass der Verpächter mit dem Mähen der Wiesen sehr wohl ein objektiv fremdes Geschäft besorgt habe, da einzig und allein er (der Kläger) berechtigt gewesen sei, die Wiesen abzumähen. Damit liege eine Geschäftsführung des Verpächters ohne Auftrag zumindest hinsichtlich der Besorgung eines sog. - auch - fremden Geschäftes vor. Dabei habe der Verpächter eigenmächtig in seine Bewirtschaftungsfreiheit eingegriffen. Daraus könne indessen keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass er diese Flächen nicht bewirtschaftet habe. Der Umstand der Bewirtschaftung ergebe sich nämlich allein daraus, dass auch der Verpächter einhellig davon ausgegangen sei, dass die Wiesen eigentlich von ihm hätten abgemäht werden müssen. Im Hinblick auf die Getreideflächen habe das Verwaltungsgericht nicht erkannt, dass ebenfalls eine Geschäftsführung ohne Auftrag durch den Verpächter vorgelegen habe. Nach den Zeugenaussagen habe der Verpächter die Getreideernte für ihn eingebracht. Auch insoweit habe er ein objektiv fremdes Geschäft für ihn besorgt. Wie das Mähen der Wiesen sei auch die Ernte auf seine Rechnung erfolgt, da der Verpächter die ihm zustehende Getreideernte nur deshalb für sich behalten habe, um den Erlös mit Forderungen aus dem Pachtverhältnis und wegen der von ihm und seiner Schwester geleisteten Arbeit zu verrechnen. Schließlich habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht im Rahmen der Feststellung einer Bewirtschaftung allein darauf abgestellt, wer die betreffende Fläche tatsächlich abgeerntet habe. Er sei nämlich auch weiterhin Bewirtschafter der Flächen gewesen, auch wenn diese gegen seinen Willen vom Verpächter abgemäht bzw. abgeerntet worden seien. Denn das wirtschaftliche Risiko habe er allein getragen. Auch habe er für alle gepachteten Flächen die Beiträge für die Berufsgenossenschaft, für die landwirtschaftliche Alterskasse und für die landwirtschaftliche Krankenkasse entrichtet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19.05.2000 - 8 K 4168/00 - insoweit zu ändern, als die Klage abgewiesen worden ist, und den Bescheid des ALLB Heidenheim vom 24.05.1995 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.06.1997 auch hinsichtlich der verbliebenen Rückforderung in Höhe von 1.691,40 DM aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die angefochtenen Bescheide sowie auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts.
Die Akten des ALLB Heidenheim und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie die Strafakten des Amtsgerichts Heidenheim 3 Cs 41 Js 7253/1999, AK 310/00 und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart liegen dem Senat vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid des ALLB Heidenheim vom 24.05.1995 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.06.1997, soweit diese Bescheide noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Entscheidungen sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Voraussetzungen, unter denen ein Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis 4 LVwVfG für die Vergangenheit zurückgenommen werden darf, liegen nicht vor. Denn der - einen begünstigenden Verwaltungsakt darstellende - Bewilligungsbescheid des ALLB Heidenheim vom 29.09.1994 war nicht rechtswidrig, soweit er für die vom Kläger gepachteten Getreide-, Wiesen-, und Hackfruchtflächen (insgesamt ca. 28 ha) einen Einkommensausgleich nach dem Gesetz zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft (LaFG) in Höhe von 1.691,40 DM gewährte. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 48 RdNr. 33; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl. 1998, § 48 RdNr. 59, Meyer, in: Knack, VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 48 RdNr. 31) lagen die Voraussetzungen für die Gewährung der bewilligten Ausgleichleistungen vor; diese sind auch rückwirkend nicht wieder nachträglich entfallen (zu dieser Voraussetzung vgl. BVerwG, Urt. v. 16.11.1989, BVerwGE 84, 111 = NVwZ 1990, 672 = DVBl. 1990, 304; Urt. v. 22.09.1993, NVwZ-RR 1994, 369).
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 LaFG - in der durch das 2. Änderungsgesetz v. 28.10.1994 (BGBl. I S. 3199) geänderten Fassung - erhält Ausgleichsleistungen, wer als land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 34 des Bewertungsgesetzes mit landwirtschaftlich genutzten Flächen und dazu gehörenden Wirtschaftsgebäuden bewirtschaftet und landwirtschaftlicher Unternehmer i.S. des § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 bis 7 des Gesetzes über eine Altershilfe in der am 01.01.1993 geltenden Fassung ist. Nach § 3 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LaFG wird als Ausgleichsleistung je Hektar der zur Ernte des Jahres der Antragstellung landwirtschaftlich genutzten Fläche für das Jahr 1994 ein einheitlicher Betrag von 60,-- DM, jedoch mindestens 665,-- DM und höchstens 6.650,-- DM je Begünstigtem gewährt. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass ein Einkommensausgleich nur an denjenigen landwirtschaftlichen Unternehmer zu gewähren ist, der "zur Ernte" des Antragsjahres die von der Antragstellung umfassten Flächen tatsächlich landwirtschaftlich nutzt und hierzu auch berechtigt ist.
In Anwendung dieser Grundsätze war der Kläger hinsichtlich der streitgegenständlichen Flächen im Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides vom 29.09.1994 Begünstigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 LaFG. Denn er bewirtschaftete im Antragsjahr 1994 als landwirtschaftlicher Unternehmer einen Betrieb mit landwirtschaftlich genutzten Flächen, zu denen auch die hier maßgeblichen Pachtflächen gehörten. Der Kläger hat diese Flächen auf der Gemarkung Neuffen und Kohlberg mit Pachtvertrag vom 15.11.1993 gepachtet und diese auch im Sinne des § 3 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LaFG zur Ernte des Antragsjahrs 1994 landwirtschaftlich genutzt.
Der Kläger war zur landwirtschaftlichen Nutzung berechtigt. Aufgrund des Pachtvertrages war ihm allein das Recht eingeräumt, die gepachteten Flächen landwirtschaftlich zu nutzen. Ausschließlich der Kläger trug das wirtschaftliche Risiko eines Ertragsausfalls oder von Mindererträgen aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse oder sonstiger negativer Umstände. Unstreitig hat der Kläger auch für alle gepachteten Flächen die Beiträge für die Berufsgenossenschaft, für die landwirtschaftliche Alterskasse und für die landwirtschaftliche Krankenkasse entrichtet.
Die gepachteten Flächen wurden auch tatsächlich landwirtschaftlich genutzt. Sie standen - was unter den Beteiligten unstreitig ist - unter landwirtschaftlicher Bearbeitung und waren nicht - landwirtschaftlich ungenutzt - dem freien, zufälligen Lauf der Natur überlassen. Die landwirtschaftliche Nutzung erfolgte auch zur Ernte im Sinne des § 3 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LaFG. Denn der Kläger hat jedenfalls einzelne landwirtschaftliche Bearbeitungsschritte ausgeführt. Hinsichtlich der im eingesäten Zustand gepachteten Getreideflächen hat er insoweit weitere Bearbeitungen vorgenommen, als er den Weizen gespritzt und eine AHL-Lösung aufgebracht hat. Soweit das beklagte Land einwendet, der Kläger habe keine weiteren Bearbeitungsschritte mehr unternommen, legt es schon nicht dar, welche nachfolgenden Arbeiten - seiner Ansicht nach - bis zur Ernte noch erforderlich gewesen wären. Des Weiteren ist nach der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen, dass dem Kläger weitere Bearbeitungstätigkeiten hinsichtlich aller Flächen, insbesondere schließlich die Ernte, nicht möglich waren. Denn der Verpächter hat die - nach seiner Auffassung notwendige - weitere Bearbeitung eigenmächtig durchgeführt und schließlich die Ernte aller Flächen eingebracht, ohne hierzu berechtigt gewesen zu sein. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Auffassung des Verpächters zu teilen ist, der Kläger habe die landwirtschaftlichen Flächen nicht ordnungsgemäß genutzt, weshalb er sich zu diesen Maßnahmen berechtigt geglaubt habe. Dies mag in zivilrechtlicher Hinsicht mit Blick auf § 8 des Pachtvertrages von Bedeutung sein, nicht aber für die Gewährung von Ausgleichsleistungen nach dem LaFG. Denn im Sinne dieses Gesetzes "nutzt" der Pächter die Flächen "zur Ernte" auch dann, wenn der Verpächter eigenmächtig einzelne Bearbeitungsschritte (bis hin zur Einbringung der Ernte) vornimmt. Soweit eine landwirtschaftliche Nutzung zur Ernte nach den konkreten Umständen - wie hier - vorliegt, kommt es auf die Person des Bearbeitenden nicht an. Diese ist für die Zurechnung der Nutzung zur Ernte gleichgültig. Eingriffe Dritter in die landwirtschaftliche Nutzung, die rechtlich einem landwirtschaftlichen Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 LaFG zugeordnet ist, können nicht zum Ausschluss von Ausgleichsleistungen führen. Denn andernfalls wäre Dritten die Möglichkeit eröffnet, durch Eingriffe in die landwirtschaftliche Nutzung, wie z.B. durch eigenmächtiges Abernten der Ernte, die Gewährung von Ausgleichsleistungen zu verhindern. Anhaltspunkte dafür, dass das LaFG Ausgleichsleistungen bei eigenmächtigen Eingriffen Dritter versagen will, die von dem zur Nutzung Berechtigten nicht verhindert werden können, sind für den Senat nicht ersichtlich.
Dieses Verständnis trägt auch den im Rahmen des Vollzugs des LaFG wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit Rechnung. Denn die Ermittlung, ob und gegebenenfalls welche Nutzungs- und Bearbeitungsmaßnahmen Dritter dem Nutzungberechtigten - hier dem Pächter - zugerechnet werden können oder müssen, kann im Einzelfall sowohl in rechtlicher Hinsicht als auch insbesondere - wie der vorliegende Fall geradezu exemplarisch aufzeigt - in tatsächlicher Hinsicht schwierig sein. Dies gilt ganz besonders, weil der Aufklärung von in der Vergangenheit liegenden Sachverhalten allein schon wegen längeren Zeitablaufs Grenzen gesetzt sind.
Der Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides vom 29.09.1994 steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Verpächter den Pachtvertrag mit Schreiben vom 30.08.1994, also noch vor Erlass des Bewilligungsbescheides, gegenüber dem Kläger fristlos gekündigt hatte. Der Senat kann insoweit unerörtert lassen, ob diese fristlose Kündigung wirksam war oder ob die Vereinbarung zwischen dem Verpächter und dem Kläger vom 06.02.1995 diese gegenstandslos machte. Denn die fristlose Kündigung erfolgte jedenfalls nach dem für die Gewährung von Ausgleichsleistungen in § 3 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LaFG bestimmten Zeitpunkt. Hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Flächen war eine dem Kläger als Pächter zurechenbare landwirtschaftliche Nutzung zur Ernte bereits erfolgt, da der Verpächter alle Flächen vor der fristlosen Kündigung abgeerntet hatte. Dies gilt auch hinsichtlich der Wiesenflächen. Denn das Abmähen der Wiesen ist als ein der Ernte gleichzusetzender Vorgang anzusehen. Dass diese landwirtschaftliche Tätigkeit durch den Verpächter erfolgte und dieser sich die Ernte - zumindest zunächst - angeeignet hat, lässt - wie oben ausgeführt - die rechtliche Zuordnung der landwirtschaftlichen Nutzung zum Kläger nicht entfallen. Die Absprache zwischen dem Kläger und dem Verpächter, wonach letzterem gegen Verrechnung mit dem Pachtzins hinsichtlich einzelner verpachteter Flächen eine landwirtschaftliche Nutzung eingeräumt wurde, ändert ebenfalls nichts an der Gesamtbewertung der Zuordnung der landwirtschaftlichen Nutzung zum Kläger.
Nach alledem war der Bewilligungsbescheid vom 29.09.1994 jedenfalls hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren allein zu beurteilenden Ausgleichsleistungen nach dem LaFG bezüglich der gepachteten Flächen rechtmäßig, so dass seine auf § 48 Abs. 1 und 2 LVwVfG gestützte - teilweise - Aufhebung - verbunden mit der Rückforderung der insoweit gewährten Leistungen - durch die angefochtenen Bescheide des ALLB und des Regierungspräsidiums Stuttgart rechtswidrig ist. Deshalb war das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart auf die Berufung des Klägers insoweit zu ändern und der Klage insgesamt stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG auf 864,80 EUR festgesetzt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Ende der Entscheidung
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