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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 18.12.2007
Aktenzeichen: 10 S 1600/07
Rechtsgebiete: EGV, EWGRL 91/439, FeV


Vorschriften:

EGV Art. 234a
EWGRL 91/439 Art. 1 Abs. 2
EWGRL 91/439 Art. 7 Abs. 1b
EWGRL 91/439 Art. 8 Abs. 2
EWGRL 91/439 Art. 8 Abs. 4 Satz 1
EWGRL 91/439 Art. 9
FeV § 28 Abs. 1 Satz 1
FeV § 28 Abs. 4 Nr. 3
FeV § 28 Abs. 5 Satz 1
FeV § 46 Abs. 5 Satz 2
Dem Europäischen Gerichtshof werden zur Vorabentscheidung folgende Fragen vorgelegt:

1. Steht Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG selbst dann der Anwendung einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegen, die im Falle einer vorangegangenen Fahrerlaubnisentziehung im Inland die Möglichkeit der Anerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis unter der Voraussetzung eröffnet, dass nachgewiesen ist, dass die ursprünglich zur Fahrerlaubnisentziehung führenden Umstände nicht mehr bestehen, wenn

- die Anerkennung dieser Fahrerlaubnis nicht im Interesse der Verwirklichung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Unionsbürger geboten ist,

- die Fahrerlaubnis im anderen Mitgliedstaat unter offenkundigem Verstoß gegen die Vorschriften dieser Richtlinie (Wohnsitzerfordernis) erteilt worden ist,

- der ausstellende Mitgliedstaat bei der Erteilung der Fahrerlaubnis selbst von diesem offenkundigen Verstoß gegen die Vorgaben der Richtlinie ausgegangen sein muss,

- der ausstellende Mitgliedstaat nach Erkenntnissen des Wohnsitzmitgliedstaates die Aufhebung der gemeinschaftsrechtswidrigen Fahrerlaubnisse generell ablehnt,

- die Fahrerlaubnis vom Betreffenden zum Zwecke der Umgehung der an sich nach der Richtlinie für die Wiedererteilung maßgeblichen Vorschriften des Wohnmitgliedsitzstaates in dem anderen Mitgliedstaat rechtsmissbräuchlich erworben worden ist und dem ausstellenden Mitgliedstaat dieser Rechtsmissbrauch hätte bekannt sein müssen

- und die in Kenntnis der Gründe der ursprünglichen Fahrerlaubnisentziehung im ausstellenden Mitgliedstaat vor der Erteilung der Fahrerlaubnis durchgeführte ärztliche Überprüfung der Fahreignung des Betreffenden offenkundig nicht den Anforderungen genügt hat, die an sie im Hinblick auf die für die frühere Fahrerlaubnisentziehung maßgeblichen Gründe zu stellen sind, so dass die weitere Verkehrsteilnahme des Betroffenen eine erhebliche Gefahr für das Leben und die körperliche Unversehrtheit anderer Verkehrsteilnehmer darstellt ?

2. Für den Fall, dass Frage 1 bejaht wird:

Ist Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass der Wohnsitzmitgliedstaat bei Vorliegen der in Frage 1 beschriebenen Konstellation zwar gehalten ist, die im EU-Ausland erteilte Fahrerlaubnis mit der Folge anzuerkennen, dass der Inhaber im eigenen Hoheitsgebiet grundsätzlich zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt ist, der Wohnsitzmitgliedstaat aber im Interesse der Verkehrssicherheit zur Abwehr der von diesem Fahrerlaubnisinhaber ausgehenden erheblichen Gefahr zumindest ermächtigt ist, dessen Fahreignung im Hinblick auf diejenigen Umstände zu überprüfen, die früher zur Entziehung der Fahrerlaubnis im Wohnsitzmitgliedstaat geführt hatten und die durch die spätere Erteilung der Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gerade nicht als überwunden anzusehen sind ?


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

10 S 1600/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen ausländischer Fahrerlaubnis

hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 18. Dezember 2007

beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Dem Europäischen Gerichtshof werden nach Art. 234 Buchst. a EGV zur Vorabentscheidung folgende Fragen vorgelegt:

1. Steht Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG selbst dann der Anwendung einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegen, die im Falle einer vorangegangenen Fahrerlaubnisentziehung im Inland die Möglichkeit der Anerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis unter der Voraussetzung eröffnet, dass nachgewiesen ist, dass die ursprünglich zur Fahrerlaubnisentziehung führenden Umstände nicht mehr bestehen, wenn

- die Anerkennung dieser Fahrerlaubnis nicht im Interesse der Verwirklichung der Grundfreiheit der Freizügigkeit der Unionsbürger geboten ist,

- die Fahrerlaubnis im anderen Mitgliedstaat unter offenkundigem Verstoß gegen die Vorschriften dieser Richtlinie (Wohnsitzerfordernis) erteilt worden ist,

- der ausstellende Mitgliedstaat bei der Erteilung der Fahrerlaubnis selbst von diesem offenkundigen Verstoß gegen die Vorgaben der Richtlinie ausgegangen sein muss,

- der ausstellende Mitgliedstaat nach Erkenntnissen des Wohnsitzmitgliedstaates die Aufhebung der gemeinschaftsrechtswidrigen Fahrerlaubnisse generell ablehnt,

- die Fahrerlaubnis vom Betreffenden zum Zwecke der Umgehung der an sich nach der Richtlinie für die Wiedererteilung maßgeblichen Vorschriften des Wohnsitzmitgliedstaates in dem anderen Mitgliedstaat rechtsmissbräuchlich erworben worden ist und dem ausstellenden Mitgliedstaat dieser Rechtsmissbrauch hätte bekannt sein müssen

- und die in Kenntnis der Gründe der ursprünglichen Fahrerlaubnisentziehung im ausstellenden Mitgliedstaat vor der Erteilung der Fahrerlaubnis durchgeführte ärztliche Überprüfung der Fahreignung des Betreffenden offenkundig nicht den Anforderungen genügt hat, die an sie im Hinblick auf die für die frühere Fahrerlaubnisentziehung maßgeblichen Gründe zu stellen sind, so dass die weitere Verkehrsteilnahme des Betroffenen eine erhebliche Gefahr für das Leben und die körperliche Unversehrtheit anderer Verkehrsteilnehmer darstellt ?

2. Für den Fall, dass Frage 1 bejaht wird:

Ist Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG so auszulegen, dass der Wohnsitzmitgliedstaat bei Vorliegen der in Frage 1 beschriebenen Konstellation zwar gehalten ist, die im EU-Ausland erteilte Fahrerlaubnis mit der Folge anzuerkennen, dass der Inhaber im eigenen Hoheitsgebiet grundsätzlich zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt ist, der Wohnsitzmitgliedstaat aber im Interesse der Verkehrssicherheit zur Abwehr der von diesem Fahrerlaubnisinhaber ausgehenden erheblichen Gefahr zumindest ermächtigt ist, dessen Fahreignung im Hinblick auf diejenigen Umstände zu überprüfen, die früher zur Entziehung der Fahrerlaubnis im Wohnsitzmitgliedstaat geführt hatten und die durch die spätere Erteilung der Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gerade nicht als überwunden anzusehen sind ?

Gründe:

1) Ausgangssachverhalt

Der 1965 geborene Kläger wendet sich gegen eine Verfügung des Landratsamtes Rastatt, mit der ihm die in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis entzogen und ihm das Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse B untersagt wurde.

2) Der Kläger nahm am 12.06.2000 als Führer eines Kraftfahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,03 Promille am öffentlichen Straßenverkehr teil. Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 05.07.2000 verurteilte das Amtsgericht Rastatt den Kläger zu einer Geldstrafe von 3.200,- DM, entzog ihm die Fahrerlaubnis, zog den Führerschein ein und setzte für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis eine Sperrfrist von noch acht Monaten fest. Am 12.06.2002 beantragte der Kläger beim Landratsamt Rastatt die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Da der Kläger ein Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille geführt hatte, forderte das Landratsamt den Kläger entsprechend der innerstaatlichen Rechtslage mit Schreiben vom 10.07.2002 aufgrund von § 13 Nr. 2 Buchst. c FeV zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf. Mit Hilfe dieses Gutachtens wird geklärt, ob der Betroffene die früheren Mängel überwunden hat und nunmehr wieder fahrgeeignet ist. Der Kläger bestimmte daraufhin ein Institut zur Durchführung der Untersuchung und stellte sich auch der Begutachtung. Aber bereits beim ersten im Rahmen der Begutachtung durchgeführten Versuch scheiterte der Kläger, brach daraufhin die Untersuchung ab und zog mit Schreiben vom 02.12.2002 den Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zurück.

3) Obwohl der Kläger seinen Wohnsitz im Bundesgebiet unverändert beibehielt, erwarb er am 14.12.2004 in der Tschechischen Republik die Fahrerlaubnis der Klasse B. Ein Führerschein wurde dem Kläger am 03.02.2005 von der Stadt Kralovice ausgestellt, der am 02.02.2015 ungültig wird. Auf dem Führerschein ist in der Rubrik Nr. 8 (Wohnsitz) vermerkt: "Rastatt, Bundesrepublik Deutschland".

4) Mit Schreiben vom 02.und 11.08.2005 forderte das Landratsamt den Kläger auf, wegen fortbestehender Eignungsbedenken aufgrund der Trunkenheitsfahrt im Jahr 2000 ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Kraftfahrereignung vorzulegen. Der Kläger wandte hiergegen ein, dass er in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnisprüfung habe ablegen müssen und dort auch medizinisch untersucht worden sei. Konkrete Eignungszweifel gegen ihn lägen nicht vor, jedenfalls könne die fünf Jahre zurückliegende Trunkenheitsfahrt jetzt nicht mehr herangezogen werden. Mit der Erteilung der Fahrerlaubnis durch die tschechischen Behörden seien die früheren Zweifel an seiner Fahreignung überholt. Daraufhin räumte das Landratsamt dem Kläger die Möglichkeit ein, das Ergebnis der in der Tschechischen Republik durchgeführten Eignungsprüfung vorzulegen. Der Kläger teilte hierzu mit, dass über das Ergebnis der Untersuchung eine Bescheinigung ausgestellt worden sei, er diese aber bei der Fahrschule habe abgeben müssen. In der Folgezeit lehnte es der Kläger auch ab, behördeninterne Untersuchungsergebnisse aus der Tschechischen Republik zu beschaffen, da ihn insoweit keine Beweislast treffe. Den Nachweis der Fahreignung habe er durch das Bestehen der Führerscheinprüfung in der Tschechischen Republik erbracht, zu der er jedenfalls auch nach tschechischen Verwaltungsvorschriften ohne vorherige medizinisch-psychologische Begutachtung nicht zugelassen worden wäre.

5) Mit Verfügung vom 13.12.2005 entzog das Landratsamt Rastatt dem Kläger die tschechische Fahrerlaubnis der Klasse B und untersagte ihm das Führen von Kraftfahrzeugen dieser Klasse (Ziff. 1). Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2006 zurück und führte zur Begründung aus: Der Widerspruch sei bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil der Kläger mangels einer ihn begünstigenden behördlichen Entscheidung im Sinne von § 28 Abs. 5 FeV schon nicht berechtigt sei, aufgrund der in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Kraftfahrzeuge zu führen. Der Anwendbarkeit von § 28 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 FeV stehe auch nicht Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG und die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofes zu Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie entgegen, weil hier eine missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht gegeben sei. Der Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelungen in den Art. 7 und 9 der Richtlinie 91/439/EWG sei für die Feststellung einer missbräuchlichen Berufung auf das Gemeinschaftsrecht von Bedeutung. Diese könne auch von den Behörden des tatsächlichen Wohnsitzstaates getroffen und geahndet werden, wenn die Fahrerlaubnis ihnen gegenüber geltend gemacht werde und die Nutzung der Fahrerlaubnis im Staat des tatsächlichen Wohnsitzes der eigentliche Zweck des Erwerbs der Fahrerlaubnis im EU-Ausland sei. Das Landratsamt habe dem Kläger entsprechend der innerstaatlichen Rechtslage (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c und d FeV) die Möglichkeit eingeräumt, durch ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten seine Fahreignung zu belegen. Einer solchen Begutachtung habe sich der Kläger aber nicht gestellt. Zudem müsse bezweifelt werden, dass in der Tschechischen Republik eine ärztliche und psychologische Untersuchung, wie sie in der Fahrerlaubnis-Verordnung vorgesehen sei, stattgefunden habe. Belege über entsprechende Untersuchungen habe der Kläger nicht beigebracht. Auch sei davon auszugehen, dass er die Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik erworben habe, damit ihm eine eingehende Begutachtung in Gestalt einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, wie sie nach der Fahrerlaubnis-Verordnung vorgeschrieben sei, erspart bleibe. Aus der Weigerung des Klägers, sich untersuchen zu lassen und das geforderte Gutachten beizubringen, habe das Landratsamt gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf dessen Nichteignung schließen dürfen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis habe die Entziehung die Wirkung der Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

6) Zur Begründung seiner Anfechtungsklage gegen die Entziehungsverfügung des Landratsamtes Rastatt hat der Kläger vortragen, die Fahrerlaubnis habe er nach eigenständiger Überprüfung seiner Fahreignung durch die tschechische Behörde ordnungsgemäß erworben. Die dort erfolgte medizinisch-psychologische Untersuchung sei von der tschechischen Fahrerlaubnisbehörde als ausreichend angesehen worden. Zudem liege der Vorfall, der ursprünglich zu Entziehung der Fahrerlaubnis geführt habe, bereits sechs Jahre zurück. Seit der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis habe er sich im Straßenverkehr völlig korrekt verhalten. Sofern im Klageverfahren die Erteilung der Fahrerlaubnis durch die tschechische Behörde aufgeklärt werden müsse, könne ihm nicht die Beweislast aufgebürdet werden.

7) Nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Entziehungsverfügung abgewiesen. Ausgehend von § 28 Abs. 5 Satz 1 FeV sei die Klage unzulässig, weil es an einem begünstigenden Verwaltungsakt fehle, der den Kläger berechtige, von der in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Die Klage wäre aber unbegründet, wenn man davon ausginge, dass § 28 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 FeV mit den Vorgaben der Richtlinie 91/439/EWG nicht in Einklang stehen. Denn auch dann wäre die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig. Die Verpflichtung zur Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis gelte in Missbrauchsfällen nicht, in denen objektiv erkennbar ein vorübergehender Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat zur Erlangung einer Fahrerlaubnis unter Umgehung der im Wohnsitzstaat geltenden Voraussetzungen ausgeübt werde. Hinzukomme, dass nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung die in der Tschechischen Republik durchgeführte Überprüfung seiner körperlichen und psychischen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit nicht einmal ansatzweise den vom Kläger ausgehenden Gefahren gerecht geworden sei.

8) Gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen

Artikel 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439 bestimmt:

"(2) Die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine werden gegenseitig anerkannt."

Nach Artikel 7 Abs. 1 Buchstaben a und b der Richtlinie 91/439 hängt die Erteilung eines Führerscheins ab "vom Bestehen einer Prüfung der Fähigkeiten und Verhaltensweisen, vom Bestehen einer Prüfung der Kenntnisse und von der Erfüllung gesundheitlicher Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III" sowie "vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes oder vom Nachweis der Eigenschaft als Student - während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten - im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaats".

Artikel 8 Absätze 1, 2 und 4 der Richtlinie 91/439 sieht vor:

"(1) Hat der Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat begründet, so kann er einen Antrag auf Umtausch seines Führerscheins gegen einen gleichwertigen Führerschein stellen; es ist Sache des umtauschenden Mitgliedstaats, gegebenenfalls zu prüfen, ob der vorgelegte Führerschein tatsächlich gültig ist.

(2) Vorbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsprinzips kann der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes auf den Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein erforderlichenfalls umtauschen.

...

(4) Ein Mitgliedstaat kann es ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in Absatz 2 genannten Maßnahmen angewendet wurde.

Ein Mitgliedstaat kann es außerdem ablehnen, einem Bewerber, auf den eine solche Maßnahme in einem anderen Mitgliedstaat angewendet wurde, einen Führerschein auszustellen."

Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG regelt:

"Im Sinne dieser Richtlinie gilt als ordentlicher Wohnsitz der Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d. h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt.

Als ordentlicher Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufhalten muss, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Diese Voraussetzung entfällt, wenn sich der Führerscheininhaber in einem Mitgliedstaat zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Besuch einer Universität oder einer Schule hat keine Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes zur Folge."

9) Nationales Recht

Die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers und die Festsetzung einer Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis durch eine Fahrerlaubnisbehörde im Strafbefehl des Amtsgerichts Rastatt vom 05.07.2000 beruhte auf § 69 und § 69a StGB.

§ 69 StGB:

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1. ...

2. der Trunkenheit im Verkehr (§ 316)

3. ...

so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

§ 69a StGB:

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, dass für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2)...

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4)... (5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

Das in der Bundesrepublik Deutschland für den Ausgangsrechtsstreit maßgebende Recht ist die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung) vom 18. August 1998 (BGBl. I 1998, S. 2214), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 19. Juli 2007 (BGBl. I S. 1460). Gegenstand des Verfahrens ist eine Verfügung, mit der dem Kläger die in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis entzogen worden ist. Für eine Entziehungsverfügung ist grundsätzlich § 46 FeV maßgeblich, der in Absatz 3 auf die Regelungen der §§ 11 bis 14 FeV verweist.

§ 46 FeV ("Entziehung, Beschränkung, Auflagen") hat folgenden Wortlaut:

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2)...

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4)...

(5) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

Steht die Fahrungeeignetheit eines Fahrerlaubnisinhabers bereits fest, so hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Betreffenden die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen (§ 46 Abs. 1 FeV). Diese Voraussetzungen lagen nach Ansicht des Landratsamtes in Bezug auf die in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis nicht vor. Denn die Behörde hat von der unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis Abstand genommen. Vielmehr erschien die Fahreignung des Klägers im Hinblick auf seinen früheren besonders schwerwiegenden Alkoholkonsum zweifelhaft. § 13 FeV, auf den § 46 Abs. 3 FeV verweist, regelt als Spezialvorschrift die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol:

§ 13 FeV ("Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik") bestimmt:

Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass

1. ein ärztliches Gutachten (§ 11 Abs. 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen oder die Fahrerlaubnis wegen Alkoholabhängigkeit entzogen war oder sonst zu klären ist, ob Abhängigkeit nicht mehr besteht, oder

2. ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn

a) nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen,

b) wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden,

c) ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde,

d) die Fahrerlaubnis aus einem der unter Buchstabe a bis c genannten Gründe entzogen war oder

e) sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch nicht mehr besteht.

Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b sind Zuwiderhandlungen, die ausschließlich gegen § 24c des Straßenverkehrsgesetzes begangen worden sind, nicht zu berücksichtigen.

Da der Kläger das von der Behörde geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht hatte, ging das Landratsamt gemäß § 46 Abs. 3 und § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von der Fahrungeeignetheit des Klägers aus und entzog ihm mit den sich aus § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV ergebenden Beschränkungen die in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis.

§ 11 Abs. 8 FeV lautet:

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. ..."

Im fünften Titel des zweiten Abschnitts der Fahrerlaubnis-Verordnung - "Sonderbestimmungen für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse" - sieht § 28 - "Anerkennung von Fahrerlaubnissen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum" - Folgendes vor:

"(1) Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, dürfen - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

...

(4) Die Berechtigung nach Absatz 1 gilt nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

...

3. denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist ...

...

(5) Das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nr. 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, wird auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. § 20 Abs. 1 und 3 gilt entsprechend."

10) Zur Entscheidungserheblichkeit der beiden Fragen für das Klageverfahren

Nach der innerstaatlichen Rechtlage ist von § 28 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 FeV auszugehen. Da dem Kläger im Bundesgebiet die Fahrerlaubnis zuvor entzogen wurde, benötigt er, um seine in der Tschechischen Republik erworbene Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nutzen zu können, einen begünstigenden Verwaltungsakts des Landratsamts Rastatt als der örtlich zuständigen Fahrerlaubnisbehörde. Einen solchen Verwaltungsakt hat der Kläger nicht beantragt und ein solcher ist auch nicht von Amts wegen ergangen, so dass der Kläger nach Maßgabe des nationalen Rechts von der ausländischen Fahrerlaubnis keinen Gebrauch machen kann. Damit geht aber die angefochtene Verfügung des Landratsamtes ins Leere. Nach § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV hätte die Verfügung von vornherein nur die Bedeutung, dass der Kläger die im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet nicht nutzen darf. Wenn aber der Kläger schon nicht berechtigt ist, aufgrund der tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, kann ihm dieses Recht auch nicht durch eine belastende Verfügung entzogen werden. Damit geht von der Verfügung lediglich der Rechtsschein aus, dem Kläger werde die in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis mit Wirkung für das Bundesgebiet entzogen. Zur Beseitigung dieses Rechtsscheins ist die Verfügung durch das Gericht aufzuheben, wenn die erste Frage verneint wird, weil § 28 Abs. 5 FeV mit Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar und anwendbar ist. Dies hätte aber zur Folge, dass der Kläger im Bundesgebiet nicht aufgrund der tschechischen Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt ist. Wird Frage 1 dagegen bejaht und ist § 28 Abs. 5 FeV nicht anwendbar, so darf der Kläger die in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis auch im Bundesgebiet nutzen. Die zweite Frage soll für diesen Fall klären, ob die Behörden des Wohnsitzmitgliedstaates in der dargestellten Fallkonstellation zumindest berechtigt sind, die Fahreignung des Betreffenden zu überprüfen, weil von dessen weiterer Verkehrsteilnahme eine erhebliche Gefahr für das Leben und die körperliche Unversehrtheit anderer Verkehrteilnehmer ausgeht. Wird die zweite Frage bejaht und ist dem Wohnsitzmitgliedstaat eine Überprüfung der Fahreignung gestattet, so ist die Entziehungsverfügung rechtmäßig und die Klage abzuweisen. Denn der Kläger ist der nach innerstaatlichem Recht rechtmäßigen Verpflichtung zur Vorlage eines Gutachtens über seine Fahreignung mit der Folge nicht nachgekommen, dass ihm die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen ist. Nach § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV hat die nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG grundsätzlich zulässige Entziehung einer im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnis lediglich zur Folge, dass der Betreffende im Bundesgebiet nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt ist. Wird die zweite Frage dagegen verneint, so darf aus der verweigerten Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht aufgrund von § 46 Abs. 3 und § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Fahrungeeignetheit des Klägers geschlossen werden. Die Entziehungsverfügung wäre rechtswidrig und vom Gericht aufzuheben.

11) Aus den bisherigen Entscheidungen des Gerichtshofes zur Auslegung von Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG, insbesondere dem Urteil in der Rechtssache Kapper (v. 29.04.2004, C-476/01) sowie den Beschlüssen in den Rechtssachen Halbritter (v. 06.04.2006, C-227/05) und Kremer (v. 28.09.2006, C-340/05), können die Antworten auf die genannten Fragen - gerade im Hinblick auf die Aspekte des offenkundigen Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis, des rechtsmissbräuchlichen Erwerbs der Fahrerlaubnis im EU-Ausland und der in der Person des Klägers unverändert fortbestehenden Gefährdung der Verkehrssicherheit - nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnommen werden.

Zur ersten Frage

12) Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts steht § 28 Abs. 5 FeV in der hier vorliegenden Fallkonstellation mit der Richtlinie 91/439/EWG in Einklang. Diese Norm ist durch die den Mitgliedstaaten durch Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG eingeräumte Ermächtigung gedeckt. Von der generellen Vereinbarkeit des § 28 Abs. 5 FeV mit dieser Richtlinie - auch im Hinblick auf Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie - ist im Übrigen die Kommission ausgegangen, wie sich aus ihrer schriftlichen Stellungnahme in der Rechtssache Kapper (C-476/01, Urt. v. 29.04.2004, Rn. 65 und 69) sowie dem Umstand ergibt, dass § 28 Abs. 5 FeV nicht Gegenstand des von der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens war (Rs. C-372/03, Urt. v. 15.09.2005). In der Bundesrepublik gibt es sowohl strafgerichtlich verfügte Fahrerlaubnisentziehungen (§ 69 StGB) als auch solche aufgrund einer behördlichen Verfügung (z. B. nach § 46 Abs. 1 FeV wegen erwiesener Fahrungeeignetheit). Bei einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis hat der deutsche Gesetzgeber das Gericht verpflichtet, zugleich eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis festzusetzen, die der Fahrerlaubnisbehörde für diesen Zeitraum die Wiedererteilung untersagt. Bei behördlich angeordneten Fahrerlaubnisentziehungen wird demgegenüber keine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis festgesetzt. Durch die von einem Strafgericht nach § 69a StGB festgesetzte Sperrfrist wird unwiderleglich festgestellt, dass der Betreffende während dieser Frist zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet ist. Unzutreffend ist aber die Annahme, die Wirkung einer strafgerichtlichen Fahrerlaubnisentziehung sei zeitlich begrenzt. Denn auch nach Ablauf der Sperrfrist hat der Betroffene nicht etwa einen Anspruch auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Wie nach einer behördlich verfügten Fahrerlaubnisentziehung muss derjenige, dem, wie dem Kläger, wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille die Fahrerlaubnis durch ein Strafurteil entzogen worden war, durch ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten die Wiedererlangung der Fahreignung nachweisen (§ 13 Nr. 2 Buchst. c und d FeV). Nur auf diese Weise kann im Interesse der Verkehrssicherheit sichergestellt werden, dass mit einer erneuten Teilnahme des Betroffenen am öffentlichen Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeugs keine Gefahren mehr für die hochrangigen Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer, wie Leben und Gesundheit, verbunden sind.

13) Das vorlegende Gericht ist keineswegs der Ansicht, dass sich die anderen Mitgliedstaaten bei der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis an den Rechtsnormen eines anderen Mitgliedstaates (z. B. der deutschen Fahrerlaubnis-Verordnung) zu orientieren haben. Das Schutzgut der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs verlangt aber, dass die Fahrerlaubnis erst dann wieder erteilt wird, wenn aufgrund einer sachgerechten gesundheitlichen Prüfung sichergestellt ist, dass nach den allgemein anerkannten verkehrsmedizinischen Kriterien mit einer erneuten Verkehrsteilnahme des Betroffenen keine Gefahren mehr verbunden sind. Im Jahr 2000 hatte der Kläger ein Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,03 Promille geführt. In der Verkehrsmedizin ist anerkannt, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille Ausdruck einer extremen Giftfestigkeit ist, die auf einen entsprechenden, länger währenden Alkoholmissbrauch zurückgehen muss. Bei einem solchen Alkoholkonsum muss nach medizinischer Beurteilung vor der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis geprüft werden, ob dieser außerordentliche Konsum des Betroffenen bereits zu Leistungsdefiziten geführt hat, die für sich zur Fahrungeeignetheit führen (z. B. im Bereich der Orientierungs-, der Konzentrations- und der Aufmerksamkeitsleistung, der Belastbarkeit sowie der Reaktionsfähigkeit). Können solche Leistungsdefizite ausgeschlossen werden, ist ferner in einem intensiven Untersuchungsgespräch zu überprüfen, ob beim Betroffenen hinsichtlich der Bereitschaft und der Fähigkeit, zwischen dem Konsum von Alkohol und dem Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen, ein stabiler Einstellungswandel eingetreten ist.

14) Der Europäische Gerichtshof hat ausgeführt, dass die nationalen Vorschriften nicht dazu führen dürfen, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit einer Fahrerlaubnis zu versagen, die von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist. Dieser Vorgabe entspricht § 28 Abs. 5 FeV. Denn die Norm räumt dem Inhaber einer im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnis einen Rechtsanspruch auf Anerkennung der neuen Fahrerlaubnis ein, wenn nachgewiesen ist, dass die Gründe, die früher zur Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis geführt hatten, nicht mehr bestehen. Diese Voraussetzung für das Gebrauchmachen von der im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnis ist nach Ansicht des vorlegenden Gerichts in der hier vorliegenden Fallkonstellation allein aus Gründen der Verkehrssicherheit von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG gedeckt.

15) Nach dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG obliegt die Entscheidung über die Anerkennung von im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnissen in den dort genannten Konstellationen den Mitgliedstaaten. Beweggrund für diese Ausnahme vom Grundsatz der Anerkennung von im Ausland erteilten Fahrerlaubnissen (Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG) ist der Aspekt der Verkehrssicherheit. Denn es besteht kein gemeinschaftsweites Register, in das z. B. behördlich oder gerichtlich verfügte Entziehungen von Fahrerlaubnissen und deren Anlass (z. B. eine Trunkenheitsfahrt) einzutragen sind und das vor der Erteilung einer Fahrerlaubnis regelmäßig abgefragt werden kann. Deshalb ist nicht gewährleistet, dass dem ausstellenden Mitgliedstaat vor der Erteilung der Fahrerlaubnis die in einem anderen Mitgliedstaat angeordnete Entziehung und vor allem die hierfür maßgeblichen Gründe, wie insbesondere die Blutalkoholkonzentration bei einer Trunkenheitsfahrt, bekannt werden. Zwar geht der Gerichtshof stets davon aus, dass Ausnahmen von allgemeinen, der Verwirklichung von Grundfreiheiten dienenden Grundsätzen eng auszulegen sind. Die Auslegung darf aber nicht dazu führen, dass eine Rechtsnorm entgegen der Intention des gemeinschaftsrechtlichen Gesetzgebers, die sich aus der Systematik der Gesamtregelung ergibt, keine Bedeutung mehr hat oder gar in ihr Gegenteil verkehrt wird. Andernfalls wird die auch für Gerichte verbindliche Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers, der diesen Bereich gerade von der Verpflichtung zur Anerkennung ausgenommen hat, nicht beachtet. Deshalb kann Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG in der hier vorliegenden Konstellation unter Berufung auf den allgemeinen Anerkennungsgrundsatz des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nicht so ausgelegt werden, dass eine Verpflichtung zur Anerkennung besteht. Im Hinblick auf die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Anerkennung einer im EU-Ausland neu erteilten Fahrerlaubnis sind die beiden genannten innerstaatlichen Formen der Fahrerlaubnisentziehung gleich zu behandeln. Bei einer behördlich verfügten Fahrerlaubnisentziehung hätte Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG bei der Annahme einer Verpflichtung zur Anerkennung einer im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis keinerlei Bedeutung mehr. Sofern, wie im vorliegenden Fall, vom ausstellenden Mitgliedstaat das Wohnsitzerfordernis nicht beachtet und die Aufhebung der rechtswidrig erteilten Fahrerlaubnis vom ausstellenden Mitgliedstaat abgelehnt wird, müsste der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes selbst eine in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Fahrerlaubnis anerkennen, die am Tag nach der behördlich verfügten Fahrerlaubnisentziehung erteilt worden ist. Eine solche Auslegung ist mit Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht zu vereinbaren. Auch bei einer gerichtlich verfügten Fahrerlaubnisentziehung, die nach innerstaatlichem Recht dem Betroffenen nach Ablauf der Sperrfrist keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis einräumt, kann keine Verpflichtung zur Anerkennung angenommen werden. Denn die Beweggründe, die den Gemeinschaftsgesetzgeber zu Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG veranlasst haben, bestehen auch in dieser Fallkonstellation. Auch hier ist mangels eines EG-weiten Registers nicht gewährleistet, dass dem ausstellenden Mitgliedstaat vor der Erteilung der Fahrerlaubnis die gesamten Umstände der zuvor im Wohnsitzmitgliedstaat verfügten Fahrerlaubnisentziehung bekannt werden.

16) Bisher ist unter Berufung auf die erste Begründungserwägung der Richtlinie 91/439/EWG betont worden, dass der in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie enthaltene allgemeine Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten erteilten Fahrerlaubnisse der Verwirklichung der Freizügigkeit von Personen diene, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niederlassen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben (EuGH, Urt. v. 29.04.2004, Rs. C-476/01, Rn. 71). Im Fall des Klägers, der beispielhaft für eine sehr große Zahl von Verfahren allein im Zuständigkeitsbereich des vorlegenden Gerichts ist, kann hiervon keine Rede sein. Beim Kläger geht es ersichtlich nicht darum, durch die Anerkennung der in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis seine Freizügigkeit als Arbeitnehmer, seine Niederlassungsfreiheit oder seine Dienstleistungsfreiheit zu verwirklichen. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis entgegen dem Wohnsitzerfordernis der Richtlinie nicht in der Tschechischen Republik wohnhaft, sondern er hat sich jeweils nur kurzfristig zum Zwecke des Erwerbs der Fahrerlaubnis (Terminvereinbarung im Dezember 2004, einwöchiger Aufenthalt im Dezember 2004 zur ärztlichen Prüfung und zur Absolvierung der Führerscheinprüfung und Abholung des Führerscheins am 03.02.2005) in der Tschechischen Republik aufgehalten. Seine dauerhafte Rückkehr aus der Tschechischen Republik in das Bundesgebiet nach Erteilung der Fahrerlaubnis erfolgte damit nicht in Ausübung seiner Freizügigkeit als Arbeitnehmer oder seiner Niederlassungsfreiheit mit dem Ziel der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet, sondern beendete lediglich den ausschließlich der Erlangung der Fahrerlaubnis dienenden kurzen Aufenthalt in der Tschechischen Republik. Seinen Wohnsitz im Bundesgebiet hatte der Kläger während des Erwerbs der Fahrerlaubnis beibehalten.

17) Im Urteil vom 29.04.2004 in der Rechtssache Kapper (C-476/01, Rn. 48) hat der Gerichtshof ausschließlich den Ausstellungsmitgliedstaat als berechtigt angesehen, die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnis hinsichtlich der Erfüllung des Wohnsitzerfordernisses der Richtlinie (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9) zu überprüfen. Auch sei es allein Sache dieses Mitgliedstaates, geeignete Maßnahmen in Bezug auf diejenigen Fahrerlaubnisse zu ergreifen, bei denen sich nachträglich herausstelle, dass ihre Inhaber das Wohnsitzerfordernis nicht erfüllt haben. Grundlegend für diese Festlegung ist aber die Annahme, dass die Behörden des ausstellenden Mitgliedstaates tatsächlich die Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses und der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis geprüft haben. Denn nur dann kann der Führerschein die ihm zugedachte Funktion erfüllen, nachzuweisen, dass der Inhaber die in der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Voraussetzungen für die Ausstellung erfüllt hat (EuGH, Urt. v. 29.04.2004, Rs. C-476/01, Rn. 46). Die Beschränkung der Prüfungskompetenz der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich des Wohnsitzerfordernisses kann für die dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis nicht gelten. Denn bei der Erteilung der Fahrerlaubnis im Dezember 2004 ging die tschechische Behörde selbst von einem Sachverhalt aus, bei dem sie nach den Vorgaben der Richtlinie für die Erteilung örtlich nicht zuständig und eine Erteilung nur durch eine Behörde der Bundesrepublik Deutschland möglich war. Im tschechischen Führerschein des Klägers ist in der Rubrik Nr. 8 (Wohnort) "Rastatt", d. h. die Wohnsitzgemeinde des Klägers im Bundesgebiet eingetragen. Damit ist bei der Erteilung der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik offenkundig gegen das Wohnsitzerfordernis der Richtlinie 91/439/EWG verstoßen worden, nach dem dem Kläger allein in der Bundesrepublik Deutschland nach den dort für die Wiedererteilung maßgeblichen Vorschriften eine Fahrerlaubnis hätte erteilt werden können. Wie sich auch aus der schriftlichen Stellungnahme der Tschechischen Republik vom 29.08.2007 in den verbundenen Rechtssachen C-334/06, C-335/06 und C-336/06 (Rn. 12 ff.) ergibt, ist die maßgebliche tschechische Bestimmung auch erst zum 01.07.2006 an die Anforderungen der Richtlinie hinsichtlich des Wohnsitzes angepasst worden. In der Zeit vor dem 01.07.2006 erlaubte die tschechische Regelung die Erteilung einer Fahrerlaubnis entgegen den Vorgaben der Richtlinie auch an solche Personen, die sich nicht dauerhaft oder vorübergehend im Gebiet der Tschechischen Republik aufhielten. Örtlich zuständig für die Erteilung der Fahrerlaubnis war nach der damaligen tschechischen Regelung nicht nur die Behörde des Ortes des Daueraufenthalts des Betroffenen in der Tschechischen Republik, sondern auch die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich der Betreffende die Prüfung über die fachliche Eignung abgelegt hatte. In den Führerschein war - unabhängig vom konkreten Aufenthaltsort - die Gemeinde des Daueraufenthalts des Inhabers einzutragen. Damit ist der dem Kläger ausgehändigte tschechische Führerschein nicht der Nachweis dafür, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis sämtliche Erteilungsvoraussetzungen erfüllte.

18) In der Bundesrepublik Deutschland ist für den Rechtsverkehr mit den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Bezug auf im EU-Ausland erteilte Fahrerlaubnisse das Kraftfahrt-Bundesamt zuständig. Nach einer Mitteilung vom 08.09.2006 an eine Fahrerlaubnisbehörde im Zuständigkeitsbereich des vorlegenden Gerichts (Landratsamt Pforzheim) hat das Kraftfahrt-Bundesamt von weiteren Anfragen bei der Tschechischen Republik in Bezug auf die Aufhebung von dort unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis der Richtlinie 91/439/EWG erteilten Fahrerlaubnissen Abstand genommen. Diese Haltung hat das Kraftfahrt-Bundesamt damit begründet, dass eine erneute Anfrage sinnlos erscheine, weil in den bisher über 3000 beanstandeten Fällen von der Tschechischen Republik noch keine Fahrerlaubnis wegen des Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis zurückgenommen und dieses Erfordernis der Richtlinie in der Tschechischen Republik erst zum 01.07.2006 umgesetzt worden sei.

19) Hinsichtlich des Klägers liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der gemeinschaftsrechtlichen Möglichkeiten vor (vgl. z.B. Urt. v. 12.05.1998, C-367/96, Kefalas, Slg. I-2843, Rn. 20; Urt. v. 02.05.1996, C-206/94, Paletta II, Slg. I-2357, Rn. 24, jeweils m.w.Nachw.). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist der Mitgliedstaat dann berechtigt, Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern sollen, dass sich einige seiner Staatsangehörigen unter Missbrauch der durch den EG-Vertrag geschaffenen Möglichkeiten der Anwendung des nationalen Rechts entziehen, weil die missbräuchliche oder betrügerische Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht gestattet ist. Die Gerichte der Mitgliedstaaten können den Betroffenen dann die Berufung auf das einschlägige Gemeinschaftsrecht verwehren (z. B. EuGH, Urt. v. 09.03.1999, C-212/97, Centros, Slg. I-1459, Rn. 24 f.; Urt. v. 30.09.2003, C-167/01, Inspire Art, Slg. I-10155, Rn. 98). Dem Kläger war zum Zeitpunkt des Erwerbs der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik bewusst, dass die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis im Bundesgebiet wegen § 13 Nr. 2 Buchst. c und d FeV ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten voraussetzt. Bei der Begutachtung vom Juli 2002 war der Kläger bereits beim ersten Test gescheitert und brach daraufhin die Untersuchung ab. Damit war ihm zum Zeitpunkt des Erwerbs der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik klar, dass er die nach dem deutschen Recht im Interesse der Verkehrssicherheit vorgeschriebene Untersuchung nicht würde positiv abschließen können, sollte er sich ihr erneut stellen. Obwohl der Kläger unverändert im Bundesgebiet gemeldet war und dementsprechend nach der Richtlinie 91/439/EWG allein deutsche Behörden für die Erteilung der Fahrerlaubnis zuständig waren und das deutsche Recht für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis maßgeblich war, hat sich der Kläger nach dem fehlgeschlagenen Versuch der Wiedererlangung der Fahrerlaubnis im Inland in die Tschechische Republik begeben und dort - trotz des offenkundig fehlenden Wohnsitzes - die Fahrerlaubnis beantragt. Durch die Beantragung einer Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik, ohne den Wohnsitzanforderungen der Richtlinie zu genügen, hat er die wegen seines Wohnsitzes für ihn tatsächlich maßgeblichen Anforderungen für die Wiedererteilung durch die Inanspruchnahme der gemeinschaftsrechtlichen Möglichkeiten - missbräuchlich - umgangen. Der Kläger hat eine gemeinschaftsrechtliche Regelung (Anerkennung der in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis) in Anspruch genommen, um eine Rechtsposition zu erlangen (im Bundesgebiet zu nutzende Fahrerlaubnis), die er nach Maßgabe der eigentlich zugrunde zu legenden Vorschriften (Regelungen der deutschen Fahrerlaubnis für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis) nicht erlangt hätte, obwohl die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ihre Inanspruchnahme für diesen Fall gerade ausschließen (nach dem Wohnsitzerfordernis der Richtlinie Erteilung der Fahrerlaubnis allein im Staat des Wohnsitzes).

20) Nach der Praxis des Gerichtshofes setzt der Nachweis des Missbrauchs zum einen voraus, dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde. Zum anderen wird ein subjektives Element vorausgesetzt, nämlich die aus objektiven Anhaltspunkten abzuleitende Absicht des Betroffenen, sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteils dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (Urt. v. 21.07.2005, Rs. C-515/03, Rn. 39 m.w.Nachw.; Urt. v. 21.02.2006, Rs. C-255/02; Rn. 74 ff. m.w.Nachw.). Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis erfüllt. Die Richtlinie 91/439/EWG will durch die Verpflichtung zur Anerkennung auch die Freizügigkeit von Personen erleichtern. Diesem Zweck vorangestellt ist aber in der ersten Begründungserwägung der Richtlinie das Ziel der Verbesserung der Sicherheit des Straßenverkehrs. Diesem erstrangigen Ziel dient das Wohnsitzerfordernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie. Hintergrund ist die Überlegung, dass wegen des Aufenthalts des Betreffenden in einem Mitgliedstaat - auch wegen des Fehlens eines gemeinschaftsweiten Registers, in dem z. B. Fahrerlaubnisentziehungen vermerkt sind - diesem (Wohnsitz-)Mitgliedstaat am ehesten Bedenken gegen die Fahreignung des Betroffenen bekannt werden und deshalb dem erstrangigen Ziel der Verbesserung der Verkehrssicherheit am besten gedient ist, wenn allein dieser Mitgliedstaat (vgl. Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 91/439/EWG) zur Erteilung der Fahrerlaubnis befugt ist. Damit wäre im Falle der Anerkennung der in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis das vorrangige Ziel der Richtlinie, die Verbesserung der Verkehrssicherheit, verfehlt. Aus diesen Ausführungen folgt aber zugleich, dass durch die Erteilung der Fahrerlaubnis durch einen anderen Mitgliedstaat als den des ordentlichen Wohnsitzes im Sinne der vorstehend dargelegten Begriffsbestimmung des Missbrauchs nicht einmal die gemeinschaftsrechtlichen Bedingungen für die Einräumung der Rechtsposition erfüllt waren. Das für die Annahme des Rechtsmissbrauchs erforderliche subjektive Element ergibt sich daraus, dass der Kläger in der Tschechischen Republik die Fahrerlaubnis in Kenntnis des Umstands beantragt hat, dass er diese Berechtigung nach den - entsprechend den Vorgaben der Richtlinie - für ihn allein maßgeblichen Bedingungen der deutschen Fahrerlaubnis-Verordnung nicht würde erlangen können. Denn dem Kläger war bewusst, dass er erneut an der nach der Fahrerlaubnis-Verordnung vorgeschriebenen medizinisch-psychologischen Begutachtung scheitern würde.

21) Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes haben die Gerichte der Mitgliedstaaten bei der Würdigung des Verhaltens eines Betroffenen im Hinblick auf die Frage des Rechtsmissbrauchs ferner die Ziele der fraglichen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zu beachten (z.B. Urt. v. 02.05.1996, C-206/94, Paletta II, Slg. I-2357, Rn. 25 ff.; Urt. v. 09.03.1999, C-212/97, Centros, Slg. I-1459, Rn. 25). Dies ist vorliegend die in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG zum Ausdruck kommende grundsätzliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen, von der Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie eine Ausnahme regelt. Es ist aber gerade nicht Zweck der Richtlinie 91/439/EWG, Betroffenen, deren schwerwiegender Alkoholmissbrauch ursprünglich zur Fahrerlaubnisentziehung im Staat ihres ordentlichen Wohnsitzes geführt hatte und hinsichtlich derer nicht feststeht, dass sie diesen Alkoholmissbrauch inzwischen tatsächlich überwunden haben, die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis unter Verstoß gegen die zwingenden Vorschriften der Richtlinie über die Zuständigkeit der Behörden eines Mitgliedstaates zu ermöglichen und damit das Leben und die körperliche Unversehrtheit anderer Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Vielmehr sind nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG ausschließlich die Behörden des Wohnsitzmitgliedstaates dazu befugt, an tatsächlich in seinem Hoheitsgebiet wohnenden Personen eine Fahrerlaubnis zu erteilen. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass z. B. im Internet für den - rechtsmissbräuchlichen - Erwerb einer Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik gerade nachdrücklich damit geworden wird, in diesen Ländern bedürfe es keiner medizinisch-psychologischen Untersuchung (z.B. www.problem-logistik.de/mpu; www.top-ratgeber.de; www.euro-fuehrerschein.com; www.fuehrerschein-ohne-mpu.info). Damit ist jedenfalls die Werbung, die sich an solche im Bundesgebiet wohnenden Personen richtet, denen, wie dem Kläger, im Inland die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, darauf angelegt, gerade die Anforderung zu umgehen (medizinisch-psychologische Begutachtung), die nach dem Recht des für die Wiedererteilung wegen des Wohnsitzes allein zuständigen Mitgliedstaates maßgeblich ist und an der auch der Kläger gescheitert ist. Ferner wurde zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis an den Kläger auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die sechsmonatige Frist für die Begründung des Wohnsitzes entsprechend Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG von den zuständigen tschechischen Verwaltungsbehörden regelmäßig nicht beachtet wird (z. B. www.problem-logistik.de/mpu/index.php). Darüber hinaus wurde die Intensität der ärztlichen Untersuchung als derart gering geschildert, dass diese als aussagekräftige Prüfung der Fahreignung einer Person, der wegen Alkoholmissbrauchs oder -abhängigkeit bzw. wegen des Konsums von Betäubungsmitteln zuvor die Fahrerlaubnis entzogen worden war, ausscheidet (vgl. z.B. www.euro-fuehrerschein.com: "Gesundheitscheck in Form einer Blutdruckmessung, Buchstaben an der Wand lesen und Test auf Farbblindheit sind angesagt.")

22) Die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht lassen darauf schließen, dass der Kläger nach der Entziehung der Fahrerlaubnis im Juni 2000 keine ausreichenden Schritte unternommen hat, um seine besonders ausgeprägte Alkoholproblematik in einer Weise aufzuarbeiten, dass von seiner erneuten Verkehrsteilnahme keine Gefahren mehr für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen. Im Jahr 2000 hatte der Kläger ein Kraftfahrzeug mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,03 Promille geführt. Der Feststellung einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille kommt nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine besondere Bedeutung zu. Denn von durchschnittlich alkoholgewöhnten Menschen werden Blutalkoholkonzentrationen von 1,6 Promille nicht erreicht. Wird eine solche Alkoholkonzentration nachgewiesen, so belegt dies ein abnormes Trinkverhalten. Zum einen muss sich der übermäßige Genuss von Alkohol über einen längeren Zeitraum (Monate, eventuell Jahre) erstreckt haben; zudem wurde die physiologische Barriere überschritten (kein Abbruch des Konsums infolge Übelkeit/Erbrechen). Weil es Konsumenten mit einem solchen Trinkverhalten nicht um Genuss-, sondern um Wirkungstrinken geht, wurde die psychologische Sperre ebenso überschritten wie die für den Alkoholkonsum geltende soziale Norm. Für eine außergewöhnlich hohe Alkoholgewöhnung des Klägers spricht ferner der Umstand, dass er trotz des hohen Blutalkoholgehalts von über 2 Promille noch in der Lage war, ein Kraftfahrzeug zu führen. Ist der Betroffene aber noch zu solch komplexen Leistungen in der Lage, so lässt dies nach den Erkenntnissen der Verkehrsmedizin auf eine extreme Giftfestigkeit schließen, die auf einen entsprechenden, länger währenden Alkoholmissbrauch zurückgehen muss. Im Übrigen deutet die vom Kläger bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht mehrfach verwendete Formulierung, inzwischen "trocken zu sein", sogar auf eine Alkoholabhängigkeit hin. Bereits in einem Fall des Alkoholmissbrauchs setzt die Wiedererlangung der Fahreignung eine nachhaltige Änderung des Alkoholtrinkverhaltens voraus. Diese ist entweder gegeben, wenn Alkohol nur noch kontrolliert getrunken wird, so dass Trinken und Führen eines Kraftfahrzeugs zuverlässig getrennt werden können, oder wenn Alkoholabstinenz eingehalten wird. Diese Änderung des Trinkverhalten setzt nach dem derzeitigen Erkenntnisstand der Verkehrsmedizin beim Betroffenen u. a. die Bildung eines angemessenen Problembewusstseins voraus, zudem muss die Änderung nach genügend langer Erprobung und Erfahrungsbildung (mindestens sechs Monate) bereits in das Gesamtverhalten integriert worden sein, und der Änderungsprozess muss nachvollziehbar aufgezeigt werden. Hinweise auf die dringend gebotene Aufarbeitung der massiven Alkoholproblematik durch den Kläger unter gebotener fachkundiger Anleitung von Ärzten oder Psychologen sind der dem Senat vorliegenden Akten aber nicht zu entnehmen. Vielmehr hat der Kläger in seiner Befragung durch das Verwaltungsgericht ausdrücklich eingeräumt, im Bundesgebiet wegen seiner Alkoholproblematik keine psychologische oder sonstige Hilfe in Anspruch genommen zu haben.

23) Aufgrund der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist auch davon auszugehen, dass die in der Tschechischen Republik im Erteilungsverfahren erfolgte ärztliche Untersuchung zur Beurteilung der Fahreignung des Klägers unzureichend war. Liegt wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille ein schwerwiegender Alkoholmissbrauch vor, so muss nach verkehrsmedizinischer Einschätzung vor der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zunächst geprüft werden, ob der frühere schwerwiegende Alkoholkonsum beim Betroffenen bereits zu Leistungs- oder Funktionsbeeinträchtigungen geführt hat. Der erhebliche und lange andauernde Alkoholkonsum kann insbesondere die psychische Leistungsfähigkeit des Betreffenden durch eine Minderung der optischen Orientierung, der Konzentrationsfähigkeit, der Aufmerksamkeitsleistung, der Reaktionsfähigkeit und der Belastbarkeit in einem Umfang reduziert haben, dass die Teilnahme des Betroffenen am öffentlichen Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeugs nicht mehr verantwortet werden kann. Auch die Richtlinie 91/439/EWG sieht den Alkoholgenuss in ihrem Anhang III Nr. 14 als eine große Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr an und fordert auf medizinischer Ebene große Wachsamkeit. Da es dem Kläger um die Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse B ging, ist er im Rahmen des Anhangs III der Richtlinie 91/439/EWG der "Gruppe 1" zuzurechnen. Nr. 14.1 des Anhangs III setzt zumindest die Prüfung voraus, dass der Betreffende das Führen eines Kraftfahrzeugs und den Alkoholgenuss trennen kann. Beim Kläger bestand aufgrund der Vorgeschichte besonderer Klärungsbedarf in Bezug auf das Trennungsvermögen zwischen Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs. Denn der Kläger war durch die frühere Trunkenheitsfahrt mit der für einen außerordentlich starken Alkoholkonsum sprechenden Blutalkoholkonzentration von 2,03 Promille einschlägig auffällig geworden. Bei der letzten medizinisch-psychologischen Untersuchung des Klägers im Sommer 2002 scheiterte der Kläger bereits beim ersten dieser Tests und brach daraufhin die Untersuchung ab.

24) Die Annahme der Wiedererlangung der Fahreignung setzt aber nicht nur die Feststellung voraus, dass beim Betroffenen keine - auf den früheren Alkoholkonsum zurückzuführenden - verkehrsrelevanten Leistungs- oder Funktionsbeeinträchtigungen bestehen. Geboten ist ferner die Prüfung, ob in Bezug auf das Alkoholtrinkverhalten ein stabiler Einstellungswandel eingetreten ist. Ist aufgrund der bisherigen Entwicklung anzunehmen, dass sich ein kontrollierter Umgang mit Alkohol nicht erreichen lässt, so ist volle Alkoholabstinenz geboten. Ist jedoch zu Gunsten des Betroffenen damit zu rechnen, dass ein solcher kontrollierter Umgang mit Alkohol erreichbar ist, so ist zu prüfen, ob dauerhaft eine zuverlässige Trennung zwischen dem Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs gewährleistet ist. Die vollzogene Änderung im Umgang mit Alkohol muss stabil und motivational gefestigt sein. Gerade weil es um die Überprüfung geht, ob dem Betroffenen ein stabiler und dauerhafter Einstellungswandel in Bezug auf den für die Fahreignung besonders gefährlichen Alkoholkonsum gelungen ist, kann sich die Prüfung nicht auf eine körperliche Untersuchung des Betroffenen (z. B. Kontrolle der Leber und der Leberwerte durch eine Blutuntersuchung) beschränken. Es bedarf vielmehr auch eines intensiven Gesprächs, um die Motivation des Betroffenen für den behaupteten Einstellungswandel zu ermitteln und um zu überprüfen, ob dieser nicht lediglich im Interesse des Antrags auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vorgeschoben ist. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht war die in der Tschechischen Republik im Rahmen des Erteilungsverfahrens erfolgte ärztliche Untersuchung zur Überprüfung der Fahreignung des Klägers im Hinblick auf seinen früher stark ausgeprägten Alkoholkonsum völlig unzureichend. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, dass bei der Erteilung der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik entsprechend der Vorgabe in Nr. 14 des Anhangs III der Richtlinie 91/439/EWG dem schwerwiegendem Alkoholkonsum des Klägers auf medizinischer Ebene große Wachsamkeit gewidmet und entsprechend Nr. 14.1 des Anhangs III der Richtlinie das Vorhandensein eines ausreichenden Trennungsvermögens geprüft wurde. Denn die Untersuchung beschränkte sich auf die einfache Überprüfung des Blutdrucks und der Lungenfunktion sowie auf einen Sehtest. Ferner musste der Kläger "auf einem Strich gehen" und "auf einem Bein stehen". Es wurde aber nicht mit Hilfe hierfür geeigneter Tests überprüft, ob der Alkoholkonsum beim Kläger bereits zu Beeinträchtigungen der psychischen Leistungsfähigkeit - z. B. im Bereich der Aufmerksamkeitsleistung, der Reaktionsfähigkeit - geführt hatte. Die Prüfung, ob der Kläger auf einem Strich laufen und auf einem Bein stehen konnte, reicht hierfür offenkundig nicht aus. Auch nach Laborwerten wurde nicht gefragt, eine Blutuntersuchung erfolgte nicht. Bei einem - zumindest früher bestehenden - ganz erheblichen Alkoholmissbrauch ist durch eine Untersuchung der Leberwerte des Betroffenen (z. B. Gamma-GT-Wert) zu klären, ob weiterhin Alkohol konsumiert wird. Allein hierdurch lässt sich der Wahrheitsgehalt der Aussage des Betroffenen zu seinem derzeitigen Alkoholkonsum überprüfen. Obwohl der Ärztin bekannt war, dass dem Kläger wegen einer Trunkenheitsfahrt mit der hohen Blutalkoholkonzentration von 2,03 Promille entzogen worden war, begnügte sich die Ärztin im Hinblick auf den Aspekts des Alkoholkonsums mit der bloßen Zusicherung des Klägers, jetzt "trocken zu sein". Dass die eigene Abstinenzerklärung eines Betroffenen, die sogar auf eine - früher bestehende - Alkoholabhängigkeit hinweist, zur Entscheidung über die Wiedererlangung der Fahreignung nicht ausreicht, liegt auf der Hand. Ein Untersuchungsgespräch zur Überprüfung des vom Kläger behaupteten Einstellungswandels hinsichtlich des Konsums von Alkohol und damit der Wiederherstellung des in Nr. 14.1 des Anhangs III vorausgesetzten Trennungsvermögens fand nicht statt. Dies auch deshalb, weil der Kläger selbst kein Tschechisch spricht und die beiden begutachtenden Ärztinnen nur gebrochen Deutsch sprachen sowie die gesamte Untersuchung lediglich 30 bis 45 Minuten dauerte. Wie oben bereits dargestellt (Rn. 21), wird im Internet im Zusammenhang mit dem Erwerb der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik durch solche Personen, denen im Bundesgebiet die Fahrerlaubnis wegen ihres Alkoholkonsums entzogen worden ist und die im Wiedererteilungsverfahren im Wohnsitzmitgliedstaat gescheitert sind, gerade damit geworben, dass die ärztliche Prüfung nur sehr oberflächlich ist (vgl. z. B. www.euro-fuehrerschein.com: "Gesundheitscheck in Form einer Blutdruckmessung, Buchstaben an der Wand lesen und Test auf Farbblindheit sind angesagt.")

25) Auch die Überlegung, der Wohnsitzmitgliedstaat, dem gegenüber die Fahrerlaubnis geltend gemacht werde, könne sich wegen der offenkundiger Mängel der Fahrerlaubnis (z. B. der Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis und offenkundig unzureichende Überprüfung der gesundheitlichen Eignung vor der Wiedererteilung) z. B. unter Hinweis auf Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 91/439/EWG (EuGH, Urt. v. 29.04.2004, Rs. C-476, Rn. 48) an den ausstellenden Mitgliedstaat wenden, damit dieser die Fahrerlaubnis nach seinem innerstaatlichen Recht aufhebt, wird den Anforderungen an die Verkehrssicherheit nicht gerecht. Zunächst ist hier überaus zweifelhaft, ob die Tschechische Republik überhaupt ein entsprechendes Entziehungsverfahren einleitet. Denn wie oben dargelegt, hat die Tschechische Republik auf Hinweise deutscher Behörden auf die massenhafte Erteilung gemeinschaftsrechtswidriger Fahrerlaubnisse an solche Personen, denen zuvor im Bundesgebiet die Fahrerlaubnis entzogen worden war, regelmäßig nicht in der Weise reagiert, dass es zur Aufhebung dieser Fahrerlaubnisse gekommen ist. Ferner hätte die Vorgehensweise, lediglich den ausstellenden Mitgliedstaat unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit der Fahrerlaubnis zu deren Aufhebung aufzufordern, auch zur Folge, dass der Betreffende bis zu einer etwaigen Entscheidung des ausstellenden Mitgliedstaates zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt wäre und dadurch das Leben und die körperliche Unversehrtheit anderer Verkehrsteilnehmer fortlaufend gefährdete. Eine auch nur vorübergehende Verkehrsteilnahme des Klägers, dem wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer außerordentlich hohen Blutalkoholkonzentration bereits die Fahrerlaubnis entzogen wurde und bei dem durch die Erteilung der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik gerade nicht geklärt ist, dass er wegen seines Alkoholkonsums keine Gefahr mehr darstellt, kann aber aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht verantwortet werden.

26) Aufgrund der dargelegten Umstände führte die Verpflichtung zur Anerkennung der dem Kläger in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis entgegen Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG zu nicht hinnehmbaren Gefahren für das nach der Richtlinie hochrangige Schutzgut der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehr, der sowohl die Richtlinie nach ihrer ersten Begründungserwägung als auch die von den Mitgliedstaaten in nationaler Souveränität erlassenen Vorschriften vorrangig zu dienen bestimmt sind. Denn in diesem Fall wäre die Behörde nach der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Auslegung von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie nur dann zur Überprüfung der Fahreignung des Klägers und schließlich zur Entziehung der Fahrerlaubnis berechtigt, wenn der Kläger erneut einschlägig im Verkehr auffällig geworden ist. Aber gerade weil durch die Erteilung der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik nicht gewährleistet ist, dass von einer erneuten Verkehrsteilnahme des Klägers keine Gefahren mehr für das Eigentum, die körperliche Unversehrtheit oder gar das Leben anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen, kann nicht hingenommen werden, dass die örtlich unverändert zuständige Fahrerlaubnisbehörde erst tätig werden darf, wenn der Kläger wiederum im Verkehr z. B. durch Fahren unter Alkoholeinfluss auffällig geworden ist und dabei andere Menschen verletzt oder gar getötet hat. Ein solches Verständnis ist mit der dem Staat obliegenden Aufgabe der Abwehr von Gefahren für hochrangige Rechtsgüter der Bürger nicht zu vereinbaren. Obwohl sich die Situation fortlaufend verbessert hat, stellt der Alkohol immer noch die größte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dar. Allein in der Bundesrepublik Deutschland wurden im Jahr 2006 bei ca. 56.000 sog. Alkoholunfällen noch ca. 18.700 Menschen leicht und ca. 7.560 Menschen schwer verletzt sowie ca. 600 Menschen getötet. Auch haben Alkoholunfälle überdurchschnittlich schwere Folgen (vgl. Statistisches Bundesamt, www.destatis.de; Verkehrsunfälle).

Zur zweiten Frage

27) Wird Frage 1 bejaht, so können nach der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofes zu Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG die Behörden der übrigen Mitgliedstaaten hinsichtlich der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis nur tätig werden und diese schließlich mit der auf das jeweilige Hoheitsgebiet beschränkten Wirkung auch entziehen, wenn sich nach der Erteilung der Fahrerlaubnis Anhaltspunkte für die Fahrungeeignetheit des Betreffenden ergeben haben (z. B. EuGH, Beschl. v. 06.04.2006, Rs. C-227/05, Rn. 38, Halbritter).

28) Wenn aber durch die in einem anderen als dem ständigen Wohnsitzmitgliedstaat erfolgte Erteilung der Fahrerlaubnis gerade nicht als geklärt angesehen werden kann, dass der Betreffende den Umstand, der zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt hatte, überwunden hat, so dass mit seiner erneuten Verkehrsteilnahme keine Gefahren mehr für die übrigen Verkehrsteilnehmer verbunden sind, müssen die Behörden des Wohnsitzmitgliedstaates, in dem dem Betroffenen zuvor die Fahrerlaubnis entzogen worden war und dem gegenüber die im EU-Ausland erworbene Fahrerlaubnis geltend gemacht wird, im Interesse der Verkehrssicherheit die Möglichkeit haben, die Fahreignung des Betroffenen - erstmalig - tatsächlich zu überprüfen. Die Ansicht, Maßnahmen zur Prüfung der Fahreignung seien erst dann wieder zulässig, wenn der Betreffende erneut verkehrsauffällig geworden sei, ist in der hier vorliegenden Konstellation mit der staatlichen Aufgabe der Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit nicht zu vereinbaren.

29) Für das vorlegende Gericht bietet es sich an, in der in Frage 1 beschriebenen Konstellation die Mitgliedstaaten zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der anderen Verkehrsteilnehmer zumindest zu ermächtigen, aufgrund von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG die Fahreignung der Betroffenen erstmals tatsächlich zu überprüfen.

Der Beschluss ist unannfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO)

Ende der Entscheidung

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