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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 22.01.2001
Aktenzeichen: 10 S 2032/00
Rechtsgebiete: FeV
Vorschriften:
FeV § 13 Nr. 2 | |
FeV § 46 Abs. 3 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Entziehung der Fahrerlaubnis; Prozesskostenhilfe
hier: Antrag auf Zulassung der Beschwerde
hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schlüter und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Hofherr und Dr. Rudisile
am 22. Januar 2001
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. August 2000 - 4 K 855/00 - wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16.08.2000 ist zulässig, aber unbegründet. Denn es liegt keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vor.
Die Beschwerde ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (§ 146 Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
Das Verwaltungsgericht hat wohl zu Recht hinreichende Erfolgsaussichten der Klage gegen die von der Stadt Freiburg verfügte Entziehung der Fahr-erlaubnis verneint (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
Das Verwaltungsgericht dürfte zutreffend angenommen haben, dass sich die Antragstellerin voraussichtlich als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erwiesen hat, weil sie der berechtigten Aufforderung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, nicht nachgekommen ist (§ 11 Abs. 8 FeV). Auch nach Auffassung des Senats dürfte es nicht zu beanstanden sein, dass das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen der §§ 46 Abs. 3,13 Nr. 2 Buchstabe a Alternative 2 FeV als gegeben angesehen hat. Danach ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin dürften Tatsachen vorliegen, die bei ihr die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen.
Es dürfte - anders als die Antragstellerin meint - bei ihr nicht nur um Alkoholkonsum gehen. Vielmehr dürfte bei dem Vorfall vom 09.07.1999, der der Antragsgegnerin Anlass zum Einschreiten gegeben hat, in der Öffentlichkeit deutlich geworden sein, dass die Antragstellerin aufgrund Alkoholkonsums wohl nicht in der Lage ist, sich sozial verantwortungsgerecht zu verhalten. Dies zeigt sich darin, dass sie sich nach dem Bericht des Polizeireviers F. zur Nachtzeit (zwischen 23.00 und 24.00 Uhr) in Begleitung eines vierjährigen Kindes in wohl erheblich alkoholisiertem Zustand in einem Lokal aufgehalten hat. Eine außenstehende Person, nämlich der Lokalinhaber, hat sich veranlasst gesehen, die Polizei einzuschalten, um dem Kind die gebotene Fürsorge (durch den Großvater) zukommen zu lassen. Zudem hat sich die Antragstellerin wohl in Folge ihres alkoholisierten Zustandes nach Eintreffen der Polizei dieser gegenüber in der Öffentlichkeit aggressiv verhalten. Unter diesen Umständen kann es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht als ihre Privatsache angesehen werden, in einer Bar dem Alkohol zuzusprechen. Vielmehr dürfte das alkoholbedingt ihrem Kind gegenüber gezeigte wenig verantwortungsbewusste Verhalten ein wesentliches Indiz dafür sein, dass es auch fraglich ist, ob die Antragstellerin zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol in Bezug auf den Straßenverkehr in der Lage ist. Diese Zweifel werden dadurch erhärtet, dass die Antragstellerin bereits im Jahre 1991 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,79 Promille ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt hat, weshalb ihr damals die Fahrerlaubnis vom Strafrichter entzogen worden ist. All dies dürften Tatsachen sein, die auf Alkoholmissbrauch hindeuten.
Dem kann die Antragstellerin nicht entgegenhalten, dass eine verkehrsrechtlich erhebliche Alkoholisierung aufgrund des Vorfalls vom Juli 1999 nicht ohne eine exakte Alkoholfeststellung angenommen werden dürfe. Denn die polizeilich festgestellten Umstände, die die Antragstellerin als solche nicht in Abrede gestellt hat, dürften für sich sprechen. Auch unauffällige Leberwerte sind nach der Rechtsprechung des Senats nicht geeignet, von vornherein eine Alkoholproblematik auszuschließen.
Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, dass auch verfassungsrechtliche Gründe, insbesondere der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.06.1993 (BVerfGE 89, 69), der Gutachtensanforderung nicht entgegenstehen, dürfte dies ebenfalls nicht zu beanstanden sein. Die Anforderung des Gutachtens dürfte insbesondere nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. § 13 FeV, um dessen Anwendung es hier geht, dürfte vielmehr gerade den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen, indem er ein abgestuftes System von fachärztlichen und medizinisch-psychologischen Untersuchungen vorsieht. Der Antragstellerin dürfte nicht darin zu folgen sein, dass die Antragsgegnerin von ihr allenfalls eine fachärztliche Untersuchung hätte verlangen dürfen. Eine solche ist nämlich nach § 13 Nr. 1 FeV nur für den Verdacht der Alkoholabhängigkeit vorgesehen, deren Beurteilung eine primär medizinische Frage ist. Dagegen dürfte für die Beurteilung der Frage des Alkoholmissbrauchs, um den es hier geht, eine zusätzliche psychologische Beurteilung unverzichtbar sein, da hier insbesondere eine Prognose darüber anzustellen ist, ob der Betroffene von seiner Persönlichkeitsstruktur her zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol, insbesondere zu einem kontrollierten Alkoholkonsum und zum Trennen von Konsum und Führen eines Kraftfahrzeugs, in der Lage ist (vgl. hierzu die Amtliche Begründung zur Fahrerlaubnisverordnung BR-Drucks. 443/98 S. 260, abgedruckt in: Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Aufl., 1999 , § 13 FeV RdNr. 1 f.).
Die Beschwerde ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten (§ 146 Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Der Rechtsstreit wirft sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht überschaubare Fragen auf, wie sie sich üblicher Weise in einem Fahrerlaubnisentziehungsverfahren stellen. Auch der Gesichtspunkt, dass § 13 FeV eine relativ junge Vorschrift ist, rechtfertigt unter den gegebenen Umständen keine andere Beurteilung.
Schließlich ist die Beschwerde auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 146 Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Das Zulassungsvorbringen entspricht insoweit nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO. Im Übrigen sind die Fragen, ob Alkoholmissbrauch vorliegt und ob von der Verkehrsbehörde im Hinblick darauf angeordnete Maßnahmen auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin angeführten verfassungsrechtlichen Rechtsprechung verhältnismäßig sind, keiner grundsätzlichen Klärung im Hauptsacheverfahren fähig, da ihre Beantwortung von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Festsetzung eines Streitwerts bedarf es nicht, da nach Nr. 2502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz bei Erfolglosigkeit der Beschwerde im Verfahren über die Prozesskostenhilfe eine vom Streitwert unabhängige Gerichtsgebühr von 50 DM anfällt. Diese Regelung gilt in entsprechender Anwendung auch für Verfahren über die Zulassung der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.04.2000 - 8 S 826/00 -).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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