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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 4 S 650/02
Rechtsgebiete: BeamtVG
Vorschriften:
BeamtVG § 38 | |
BeamtVG § 53 Abs. 2 Nr. 1 | |
BeamtVG § 53 Abs. 2 Nr. 3 | |
BeamtVG § 63 Nr. 2 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Festsetzung der Versorgungsbezüge,
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung,
hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Riedinger und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Breunig und Wiegand
am 25. Juli 2002
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. Januar 2002 - 17 K 3449/01 - wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 1.993,80 EUR festgesetzt.
Gründe:
Der zulässige Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von ihm genannten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen aus den mit dem Antrag angeführten Gründen die Zulassung der Berufung nicht.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nach der Rechtsprechung des Senats dann gegeben, wenn neben den für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken, bzw. wenn der Erfolg des Rechtsmittels, dessen Eröffnung angestrebt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg (vgl. Beschluss des Senats vom 25.02.1997, VBlBW 1997, 263). Dies ist bereits dann ausreichend dargelegt, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000, VBlBW 2000, 392). Ausgehend hiervon werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit dem Antragsvorbringen nicht hervorgerufen.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass auf den Kläger, der auf Grund eines eigenen Antrags aus dem Landesdienst ausgeschieden ist, bei der gebotenen Anrechnung des von ihm nunmehr außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielten Erwerbseinkommens auf den ihm weiterhin nach § 38 BeamtVG als fiktives Ruhegehalt (vgl. § 63 Nr. 2 BeamtVG) zustehenden Unterhaltsbeitrag die volle Höchstgrenze des § 53 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG anzuwenden ist. Entgegen dem Antragsvorbringen des Beklagten ist die niedrigere Höchstgrenze des § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG nicht einschlägig, denn der Kläger gilt zwar als Ruhestandsbeamter (§ 63 Nr. 2 BeamtVG), ist aber nicht, wie § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG in der jetzt geltenden und hier maßgeblichen Fassung es verlangt, wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, oder nach § 42 Abs. 4 Nr. 1 des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechendem Landesrecht in den Ruhestand getreten. Mit dem Verwaltungsgericht und entgegen der Auffassung des Beklagten ist anzunehmen, dass eine Erstreckung des § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG über dessen eindeutigen Wortlaut hinaus auf Fälle der vorliegenden Art, in denen ein Beamter nicht auf eigenen Antrag in den vorzeitigen Ruhestand getreten ist, sondern auf Antrag aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden ist, nicht möglich ist. Eine derartige Erstreckung kann nicht, wie der Beklagte meint, im Wege einer am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten erweiternden Auslegung oder einer Analogie vorgenommen werden. Denn eine dahingehende sinn- und zweckentsprechende Auslegung ist nicht veranlasst, weil ihr der eindeutige und klare Wortlaut des § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG mit seiner auf den Eintritt in den Ruhestand wegen einer nicht durch einen Dienstunfall bedingten Dienstunfähigkeit und nach § 42 Abs. 4 Nr. 1 des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechendem Landesrecht beschränkten und deshalb abschließenden Regelung entgegensteht. Im Übrigen deutet auch die im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 13/9527 S. 40) gegebene Begründung darauf hin, dass Fälle der vorliegenden Art nach dem Zweck der Regelung von § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG nicht erfasst sein sollen. Nach dieser Begründung bestand der Gesetzeszweck darin, die früher geltenden Vorschriften zur Anrechnung von Einkünften aus Erwerbstätigkeit der Versorgungsempfänger zu ändern, um eine geringere wirtschaftliche Attraktivität der Frühpensionierung als bisher und damit eine Verminderung der Frühpensionierungen zu erreichen. Dieser Gesetzeszweck schließt aber nicht den hier gegebenen Fall einer vorzeitigen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ein, da diese zur Nachversicherung des betreffenden Beamten und damit regelmäßig zu seinem Ausscheiden aus dem System der Beamtenversorgung führt, also mit der vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Frühpensionierung nichts zu tun hat.
Für die Annahme einer abschließenden Regelung in § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG spricht auch, dass der Gesetzgeber nach der zum 01.01.1999 erfolgten Einführung dieser Vorschrift (vgl. VReformG vom 29.06.1998 - BGBl. I S. 1666 -) bereits zum 01.01.2001 eine Änderung vorgenommen hat, indem er auch Ruhestandsbeamte, die nach § 42 Abs. 4 Nr. 1 des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechendem Landesrecht als Schwerbehinderte vorzeitig in den Ruhestand getreten sind, in ihren Anwendungsbereich einbezogen hat (vgl. das Gesetz zur Neuordnung der Versorgungsabschläge vom 19.12.2000 - BGBl. I S. 1786 -). Damit dürfte der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht haben, dass er die Voraussetzungen einer niedrigeren Hinzuverdienstgrenze bereits dem Wortlaut nach abschließend und durch eigenes Tätigwerden regeln wollte, ohne eine Regelungslücke hinterlassen zu wollen. Entgegen dem Antragsvorbringen des Beklagten kann deshalb der Sinn und Zweck des § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG nicht derart verallgemeinert werden, dass alle vorzeitig aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen Beamten und damit der aus dem Beamtenverhältnis entlassene Kläger im Hinblick auf einen Hinzuverdienst schlechter gestellt werden sollen, weil sie im Rahmen des gegenseitigen Treueverhältnisses ihre Arbeitskraft nicht bis zum vorgesehenen Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand zur Verfügung gestellt haben.
Da demnach und aus sonstigen Gründen eine planwidrige Lücke des § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG bei Beachtung aller Auslegungsmethoden nicht gewollt und nicht ersichtlich ist, kommt auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall nicht in Betracht. Es wäre vielmehr Sache des Gesetzgebers, den Sinn und Zweck der in § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG geregelten verminderten unschädlichen Hinzuverdienstmöglichkeiten auf weitere Fälle einer vorzeitigen Zurruhesetzung, auch derjenigen eines zwar entlassenen, aber nach § 63 BeamtVG fiktiven Ruhestandsbeamten mit Unterhaltsbeitrag, auszudehnen.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzung verlangt vom Beklagten, dass er unter Durchdringung des Streitstoffes eine konkrete Rechtsfrage aufwirft, die für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund gibt, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. Beschluss des Senats vom 05.06.1997, VBlBW 1997, 420, m.w.N.). Nach diesen Maßstäben ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu verneinen. Die vom Beklagten gestellte Frage, ob bei einem Empfänger eines Unterhaltsbeitrags, der nicht wegen Dienstunfähigkeit infolge eines Dienstunfalls aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist, und der neben dem Unterhaltsbeitrag Erwerbseinkommen bezieht, bei der Berechnung der Höchstgrenze § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG anzuwenden ist, bedarf einer von den Umständen des Einzelfalles unabhängigen grundsätzlichen Klärung nicht. Denn diese Frage lässt sich bereits aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen des § 53 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG und des § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG und den Umständen des Einzelfalles beantworten. Danach ist bei dem in der Frage umschriebenen Empfänger eines Unterhaltsbeitrags und folglich auch dem Kläger bei der Berechnung der Höchstgrenze § 53 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG anzuwenden, wie sich aus Vorstehendem ergibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 14 Abs. 3, 13 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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