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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 04.05.2007
Aktenzeichen: 5 S 2484/05
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO
Vorschriften:
BauGB § 1 Abs. 6 Nr. 8a | |
BauNVO § 1 Abs. 5 | |
BauNVO § 1 Abs. 9 | |
BauNVO § 6 Abs. 2 Nr. 3 | |
BauNVO § 8 Abs. 2 Nr. 1 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 04.05.2007
In der Normenkontrollsache
wegen Gültigkeit der 5. und 6. Änderung des Bebauungsplans "Kuckuckswald" vom 15.11.2005
hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 03. Mai 2007
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Anträge werden abgewiesen.
Die Antragsteller zu 1 bis 3, die Antragsteller zu 4 bis 7, die Antragstellerinnen zu 8 und 9 sowie die Antragsteller zu 10 und 11 tragen, jeweils als Gesamtschuldner, je ein Viertel der Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der 5. und 6. Änderung des Bebauungsplans "Kuckuckswald" der Antragsgegnerin.
Am 12.04.2005 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Beschluss, den bestehenden Bebauungsplan für das Gewerbegebiet "Kuckuckswald", das zwischen den Ortsteilen Ubstadt und Weiher liegt und durch die Ubstädter Straße (K 3523) erschlossen wird, zu ändern und räumlich zu erweitern. Planungsziel war es, auf einer ca. 6.100 m² großen Teilfläche des Geltungsbereichs, die nicht bebaut war, durch Ausweisung eines Sondergebiets die Voraussetzungen für die Ansiedlung von zwei großflächigen Einzelhandelsbetrieben, nämlich eines Lebensmittel-Vollsortimenters (ca. 1.600 m² Verkaufsfläche) und eines Lebensmittel-Discounters (ca. 900 m² Verkaufsfläche), zu schaffen. Um den funktionellen Anforderungen der angestrebten Nutzungen zu genügen, sollte der Geltungsbereich des Plans um ca. 3.500 m² vergrößert werden. Vorgesehen war ein vorhabenbezogener Bebauungsplan (5. Änderung des Bebauungsplans). Die möglichen städtebaulichen und raumordnerischen Auswirkungen der Lebensmittelmärkte untersuchte die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH im Auftrag der Antragsgegnerin (GMA-Wirkungsanalyse vom Mai 2005).
Am 06.06.2005 fand ein Gespräch zwischen Vertretern des Regierungspräsidiums Karlsruhe, des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein und der Antragsgegnerin mit dem Ziel statt, die raumordnerischen Rahmenbedingungen und die Genehmigungsfähigkeit des Projekts abzuklären. Der Regionalverband forderte, zur Vermeidung einer raumordnerisch unerwünschten Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben - insbesondere mit zentrenrelevanten Sortimenten im Sinne des Einzelhandelserlasses vom 21.02.2001 - zentren- und nahversorgungsrelevante Sortimente im Gewerbegebiet auszuschließen (Aktenvermerk des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 07.06.2005, ergänzt durch Schreiben des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein vom 17.06.2005).
Daraufhin fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 07.06.2005 den weiteren Beschluss, im Wege einer 6. Änderung des Bebauungsplans für das restliche Gewerbegebiet zentrenrelevante Sortimente gemäß dem Einzelhandelserlass auszuschließen.
Nach Bekanntgabe der Aufstellungsbeschlüsse am 04.05. und am 09.06.2005 fand am 23.06.2005 ein "Bürgergespräch" statt, bei dem über die allgemeinen Ziele der Planung informiert wurde. Auch unterrichtete die Antragsgegnerin die Träger öffentlicher Belange. Nach vorheriger Bekanntgabe lag der Planentwurf der 6. Änderung über den Ausschluss zentrenrelevanter Sortimente in der Zeit vom 17.06. bis 18.07.2005 öffentlich aus. Die "Interessengemeinschaft - Gewerbetreibende vom Kuckuckswald", der die Antragsteller als Grundstückseigentümer oder Betriebsinhaber im Gewerbegebiet angehören, erhob gegen den Ausschluss zentrenrelevanter Sortimente Einwendungen. Die notwendige geschäftliche Flexibilität der bereits angesiedelten Unternehmen werde dadurch in Frage gestellt, die Nutzung und Verwertbarkeit der Immobilien eingeschränkt und eine Abwertung herbeigeführt. Der Einzelhandelserlass sei auf eine kleine Gemeinde wie Ubstadt-Weiher nicht übertragbar; die Notwendigkeit des Sortimentsausschlusses bedürfe eines gutachterlichen Nachweises.
Nach Beteiligung der Behörden sowie der Nachbargemeinden und Erstellung eines Umweltberichts billigte der Gemeinderat am 27.09.2005 den Bebauungsplanentwurf für die Festsetzung eines Sondergebiets und beschloss dessen Offenlage. Nach vorheriger Bekanntgabe erfolgte diese in der Zeit vom 07.10. bis 07.11.2005. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 06.09. und 04.11.2005 wandten sich die Antragsteller erneut gegen die beabsichtigten Änderungen des Bebauungsplans. Sie forderten für alle Grundstücke im Gewerbegebiet verbindlich das unbeschränkte Recht auf Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen ihrer bestehenden betrieblichen Anlagen. Dies sei zur Zukunftssicherung ihrer Gewerbebetriebe erforderlich und verfassungsrechtlich geboten. Es genüge, den Ausschluss zentrenrelevanter Sortimente auf das Sondergebiet zu beschränken. Gegen die Neuansiedlung der beiden Märkte bestünden keine grundsätzlichen Einwände; es sei aber nicht akzeptabel, die Nachbarn mit Auflagen zu belasten, die sie in ihrer zukünftigen Entwicklung behinderten. Die Befürchtung einer unerwünschten Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten sei nur abstrakt. Solange die Auswirkungen nicht konkret gutachtlich nachgewiesen seien, lasse sich ein genereller Ausschluss nicht rechtfertigen. Die im Plangebiet vorhandenen vier Einzelhändler stellten offenkundig keine Gefahr für die örtliche Nahversorgung dar, für weitere fehle es an Grundstücken. Es sei zweifelhaft, ob die Ausweisung eines Sondergebiets für großflächigen Einzelhandel in der Gemeinde Ubstadt-Weiher, die ein Kleinzentrum sei, mit der Landes- und Regionalplanung vereinbar sei.
Nach Abschluss des Durchführungsvertrags am 24.10.2005 befasste sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin in seiner öffentlichen Sitzung vom 15.11.2005 mit den Bebauungsplanänderungen und beschloss diese als Satzung. Den Beschluss über die 6. Änderung gab die Antragsgegnerin am 17.11.2005, denjenigen über die 5. Änderung am 23.02.2006 bekannt.
Am 12.12.2005 haben die Antragsteller gegen die 6. Änderung des Bebauungsplans das Normenkontrollverfahren eingeleitet und am 27.02.2006 auf die 5. Änderung des Bebauungsplans erweitert.
Sie beantragen,
die 5. und die 6. Änderung des Bebauungsplans "Kuckuckswald" der Gemeinde Ubstadt-Weiher vom 15. November 2005 für unwirksam zu erklären.
Der gegen die 5. Änderung des Bebauungsplans gerichtete Normenkontrollantrag sei zulässig. Ihr Rechtsschutzinteresse ergebe sich trotz Errichtung und Inbetriebnahme der beiden Lebensmittelmärkte daraus, dass bei Unwirksamkeit der 5. Änderung künftige Erweiterungen oder Nutzungsänderungen ausgeschlossen wären und wegen ihrer lagebedingten landesplanerischen Unzulässigkeit eine Beschränkung der zentrenrelevanten Sortimente innerhalb des Sondergebiets erreicht werden könnte. Zwar hätten sie in der Vorkorrespondenz geäußert, dass sie nicht gegen das Ansiedlungsvorhaben an sich seien, sondern sich primär gegen den Ausschluss der zentrenrelevanten Sortimente wendeten. Sie hätten planbedingt jedoch Beeinträchtigungen zu gewärtigen, insbesondere seien Verkehrs- und Sichtbeziehungen berührt, so dass ihr Grundeigentum belastenden Einwirkungen der durch den Plan ermöglichten Nutzungen ausgesetzt sei. Die massive Bebauung der bisherigen Grünfläche verschlechtere nachhaltig ihre Grundstückssituation. Die geplante Zufahrt für Lkws führe zu unvermeidlichen Staus auf der K 3523. Die Firsthöhe von 9,5 m schränke die freie Aussicht erheblich ein. Im Übrigen bestehe ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den beiden Planänderungen. Die beiden Teile seien unabhängig voneinander nicht denkbar und auch nicht gewollt. Dies gebiete auch eine einheitliche Normenkontrolle. - Der Ausschluss zentrenrelevanter Sortimente durch die 6. Änderung des Bebauungsplans verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen das Abwägungsgebot. Ohne eigene Abwägung folge die Antragsgegnerin der Vorgabe des Regierungspräsidiums Karlsruhe, das die Sortimentsbeschränkung zur Voraussetzung der geplanten 5. Änderung gemacht habe. Städtebauliche Gründe hierfür behaupte sie nur, belege sie aber nicht. Ein Abwägungsausfall liege auch hinsichtlich möglicher Enteignungswirkungen für die Grundstückseigentümer im Plangebiet vor. Jede bauliche Erweiterung mit den ausgeschlossenen Warengruppen scheide aus; darin liege ein erheblicher Eingriff in die baulichen Nutzungsmöglichkeiten, die wirtschaftliche Ausnutzbarkeit und die Rechte am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Die Antragsgegnerin habe dies weder erkannt noch in die Abwägung eingestellt. Sie habe sich auch vorab gebunden. Der Bürgermeister habe in der Bürgerfragestunde am 19.07.2005 nämlich geäußert, dass die "Verträge schon gemacht sind" und, an die Ratsmitglieder gewandt, hinzugefügt, dass Schadensersatzforderungen in beträchtlicher Höhe auf die Gemeinde zukämen, falls der Kaufvertrag mit dem Investor scheitere. Trotz der im Kaufvertrag enthaltenen auflösenden Bedingung sei es eine Frage der Lebenserfahrung, ob ein Gemeinderat die innere Freiheit habe, einen Vertrag mit einem Verkaufspreis von 1,7 Mio Euro für ein gemeindliches Grundstück scheitern zu lassen. Ein weiterer Abwägungsfehler liege in der Behauptung, das Sondergebiet mit rund 170 Stellplätzen sei störungsarm erreichbar. Alternativen zur Ein- und Ausfahrt, die in unmittelbarer Nähe einer Pension liege, seien nicht geprüft worden. Auch seien Staus auf der K 3523 unvermeidlich. Die Antragsgegnerin habe verkannt, dass die Zentrenschädlichkeit nicht nur als bloße These behauptet werden dürfe, sondern durch konkrete Angaben darüber belegt werden müsse, weshalb die Ansiedlung von bestimmten Sortimenten für bestimmte Einzelhandelsstrukturen zentrenschädlich sei. Ohne jede eigene Tatsachenermittlung und ohne jede eigene Abwägung seien einfach die Vorgaben der Aufsichtsbehörde übernommen worden. Die Wirkungsanalyse der GMA beziehe sich nur auf die Folgen der Ansiedlung der zwei geplanten Lebensmittelmärkte. Damit fehle es an den gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO erforderlichen besonderen städtebaulichen Gründen. Die Regelung sei überdies unverhältnismäßig. - Die 5. Änderung des Bebauungsplans verstoße gegen die Ziele der Raumordnung und Landesplanung. Ubstadt-Weiher sei weder ein Ober-, Mittel- oder Unterzentrum; die Gemeinde sei ein Kleinzentrum. Ihre raumordnerische Aufgabe bestehe lediglich in der Deckung des Grundbedarfs ihres Nahbereichs. Der Einzugsbereich der großflächigen Einzelhandelsbetriebe gehe darüber hinaus. Die Zulässigkeit einer Ausnahme werde zwar behauptet, treffe aber deshalb nicht zu, weil es im Gemeindegebiet bereits eine vollständige und vorwiegend an integrierten Standorten befindliche Grundversorgung gebe. Der Standort sei auch nicht integriert. Es handle sich vielmehr um eine an Autokunden orientierte Lage. Auch das Beeinträchtigungsverbot werde verletzt, wie das GMA-Gutachten belege. Die beiden Lebensmittelmärkte innerhalb der Gemeinde müssten mit Umsatzeinbußen von 17 bis 18 % rechnen; damit werde die Grenze einer städtebaulich relevanten Beeinträchtigung deutlich überschritten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Die gegen die 5. Änderung des Bebauungsplans gerichteten Anträge seien unzulässig. Es fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die beiden Märkte seien auf Grund unanfechtbarer Baugenehmigungen errichtet und in Betrieb genommen. Erweiterungen seien weder geplant noch zukünftig wahrscheinlich. Es mangele überdies an der Antragsbefugnis. Die Antragsteller seien von der Festsetzung des Sondergebiets nicht unmittelbar betroffen. Aber auch Nachteile bzw. Gefahren, die im Rahmen der Abwägung beachtlich seien, bestünden nicht. Die Ansiedlung der "Frequenzbringer" habe für sie sogar Vorteile. Dementsprechend hätten sie sich auch im Anhörungsverfahren geäußert. Die Antragsbefugnis lasse sich auch nicht durch eine gedankliche Verknüpfung zwischen der 5. und der 6. Änderung konstruieren. Der behauptete untrennbare Zusammenhang fehle. Ohne die 6. Änderung bleibe die Festsetzung des Sondergebiets eine sinnvolle städtebauliche Regelung zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung. Dies entspreche auch ihrem Willen. Die Festsetzung des Sondergebiets sei vorrangiges Ziel gewesen, die Sortimentsbeschränkung lediglich die Konsequenz eines Hinweises der Raumordnungsbehörde und des Regierungspräsidiums. - Die von den Antragstellern geäußerten Zweifel an der Gültigkeit der 6. Änderung seien nicht durchgreifend. Eine erneute Auslegung des Änderungsentwurfs sei entbehrlich gewesen. Es habe nicht an einer Begründung gefehlt, diese sei lediglich vertieft worden. Sie habe sich nicht vorab gebunden. Der Kaufvertrag mit dem Investor weise entgegen einer vielleicht missverständlichen oder missgedeuteten Äußerung des Bürgermeisters keine die Planungshoheit in unzulässiger Weise beschränkenden Regelungen auf. Eine unzulässige Selbstbindung hätte allenfalls dann bestanden, wenn sie sich ungeachtet der im Verfahrensverlauf vorgebrachten Bedenken zur Aufstellung des Plans verpflichtet hätte. Ein fiskalisches Interesse dürfe mit der Planung durchaus verbunden werden. Die Festsetzung der Warensortimentsbeschränkung und die ihr vorangegangene Abwägung hielten einer Überprüfung stand. Zwar habe es in tatsächlicher Hinsicht eine Vorgabe der Raumordnungsbehörde und des Regierungspräsidiums gegeben. Darin liege aber kein Abwägungsausfall, sondern eine Konkretisierung der sich aus § 1 Abs. 3 BauGB ergebenden Planungspflicht. Der Ausschluss zentrenrelevanter Warensortimente sei nämlich im Sinne von § 1 Abs. 3 und 4 BauGB sowohl städtebaulich als auch raumordnerisch erforderlich gewesen. Die Ansiedlung sondergebietspflichtiger Lebensmitteleinzelhandelsbetriebe sei in einem Kleinzentrum nur ausnahmsweise möglich. Bei Abschätzung ihrer Konsequenzen habe sie sich einen Erfahrungssatz des Regierungspräsidiums und des Regionalverbands zu eigen gemacht. Danach wirkten großflächige Einzelhandelsbetriebe regelmäßig als "Frequenzbringer", so dass sich mittel- bis langfristig Betriebe mit ergänzenden zentrenrelevanten Sortimenten ansiedelten. Der Ausschluss sei auch im konkreten Fall nicht abwägungsfehlerhaft. Die Auflistung im Einzelhandelserlass sei ein zulässiges Feingliederungs-Kriterium im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO. Die von der Rechtsprechung verlangte Einzelfallprüfung sei im vorliegenden Fall nicht geboten gewesen. Die bisherigen Judikate seien zu Gemeinden ergangen, die eine zentralörtliche Funktion als Mittel- oder Oberzentrum aufwiesen. Bei solchen Orten könnten die Auswirkungen auf das Ortszentrum erfasst werden, hier sei dies nicht möglich. Die Abwägung sei auch mit Blick auf die Belastungen der Grundstückseigentümer und der Gewerbetreibenden nicht abwägungsfehlerhaft. Die Belastung sei anerkannt, ausreichend gewürdigt und mit dem Interesse an einer möglichst weitläufigen Nutzung abgewogen worden. Auch die Einschränkung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Grundstücke habe sie gesehen. Es sei auch zu bedenken gewesen, dass alle Betriebe nach Maßgabe der ihnen erteilten Baugenehmigung weitergeführt werden könnten und insofern bestandsgeschützt seien. - Die 5. Änderung des Bebauungsplans sei mit den Vorgaben der Raumordnung und Landesplanung vereinbar. Auch in Kleinzentren bestehe die Möglichkeit, großflächigen Einzelhandel zuzulassen, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten sei. Ausweislich des GMA-Gutachtens treffe dies zu. Die vorhandenen Lebensmittelbetriebe seien mittelfristig nicht zukunftstauglich. Es habe Handlungsbedarf bestanden. Der Standort des Sondergebiets sei nicht als formell integriert anzusehen. Er befinde sich allerdings in zentraler, verkehrsgünstiger Lage zwischen den Ortsteilen Ubstadt und Weiher. Ein eigentliches Gemeindezentrum fehle. Wegen der zergliederten Siedlungsstruktur sei es nahezu unmöglich, einen vollständig integrierten Standort zu finden. Dem Kongruenzgebot werde ebenfalls genügt. Die Märkte würden laut Gutachten einen Umsatz von ca. 16 % mit Käuferschichten von außerhalb des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs erzielen. Die übliche Grenze liege jedoch bei 30 % "Fremdkäufern". Auch die wohnungsnahe Versorgung der Gemeinde werde sich nicht wesentlich verschlechtern trotz einer Umsatzumverteilung mit städtebaulich relevanten Auswirkungen. Denn drei der vier vorhandenen Lebensmittelmärkte befänden sich in Randlagen. Die wohnungsnahe Versorgung verschlechtere sich daher nicht wesentlich. Negative Auswirkungen auf die Orte im Umland seien ebenfalls nicht zu erwarten; die Umverteilungsquote belaufe sich nur auf ca. 5 %.
Dem Senat haben die zur Sache gehörenden Akten der Antragsgegnerin vorgelegen; darauf sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Normenkontrollanträge bleiben ohne Erfolg.
Soweit sie sich gegen die 5. Änderung des Bebauungsplans "Kuckuckswald" über die Festsetzung eines Sondergebiets für zwei Einzelhandelsgroßprojekte im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans richten, sind sie unzulässig. Insoweit fehlt den Antragstellern das Rechtsschutzinteresse. Dies trifft zu, wenn die Inanspruchnahme des Gerichts sich als nutzlos erweist, weil die begehrte Entscheidung nicht geeignet ist, die Rechtsstellung des Antragstellers (aktuell) zu verbessern. Die Rechtsprechung nimmt dies u.a. dann an, wenn der Antragsteller im Normenkontrollverfahren Festsetzungen eines Plans bekämpft, auf deren Grundlage bereits Vorhaben genehmigt und verwirklicht worden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1999 - 4 CN 5.99 - ZfBR 2000, 53; und - für einen ähnlich gelagerten Fall - Urt. d. erk. Senats v. 12.12.2006 - 5 S 2618/05 -). Im vorliegenden Fall sind beide großflächigen Einzelhandelsbetriebe inzwischen auf Grund der unanfechtbaren Baugenehmigung des Landratsamts Karlsruhe vom 24.11.2005 (mit Ergänzungen vom 23.02. und 21.11.2006) errichtet worden und in Betrieb gegangen. Sie genießen daher Bestandsschutz. Die genehmigten Bauvorlagen zeigen, dass die realisierten Vorhaben den Festsetzungen der 5. Änderung des Bebauungsplans entsprechen und sie weitgehend ausschöpfen, insbesondere die überbaubare Grundstücksfläche, die - von einer kaum verzichtbaren Anlieferzone auf der Nordseite abgesehen - mit den Marktgebäuden überbaut ist. Das Argument der Antragsteller, die beantragte Erklärung der Unwirksamkeit der 5. Planänderung schließe jedenfalls künftige Erweiterungen oder Nutzungsänderungen des Vorhabens aus, was ihre Rechtsstellung verbessere, überzeugt daher hinsichtlich möglicher Erweiterungen in der Fläche schon deshalb nicht. Auch planungsrechtlich relevante Änderungen der Nutzung sind angesichts der im Rahmen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans genau festgelegten Art der baulichen Nutzung als "Sondergebiet gemäß § 11 BauNVO für 1 Lebensmittel-Vollsortimenter sowie 1 Lebensmittel-Discounter" und der Festsetzung der maximal zulässigen Verkaufsflächen auf 2.500 m² ohne Planänderung, die Rechtschutz eröffnete, nicht möglich. § 12 Abs. 3a S. 2 BauGB 2007 ist für zukünftige Änderungen hier nicht anwendbar. Ebenso wenig entfiele im Falle der Unwirksamkeit der 5. Änderung der Grund für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten im übrigen Bereich des Bebauungsplans "Kuckuckswald" durch die 6. Änderung. Die Ausschlussregelung ließe sich mit gleicher Berechtigung auf die Existenz und den Bestandsschutz der beiden Einzelhandelsgroßprojekte stützen.
Danach kommt es auf die umfangreich schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung erörterte Frage, ob die Normenkontrollanträge auch mangels Antragsbefugnis der Antragsteller gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig sind, ebenso wenig an wie auf das materiell-rechtliche Problem, ob die Ausweisung eines Sondergebiets für großflächigen Einzelhandel in der regionalplanerisch als Kleinzentrum festgelegten Gemeinde Ubstadt-Weiher mit § 1 Abs. 4 BauGB vereinbar und zudem abwägungsfehlerfrei vorgenommen worden ist.
Den gegen die 6. Änderung gerichteten Normenkontrollanträgen bleibt der Erfolg ebenfalls versagt.
Sie scheitern freilich nicht am Fehlen der Antragsbefugnis oder des Rechtsschutzbedürfnisses derjenigen Antragsteller, die Eigentümer von Grundstücken in dem durch die 6. Änderung betroffenen Teil des Plangebiets sind. Dies gilt für die Antragstellerin zu 1 (Flst.Nr. 1907/6), den Antragsteller zu 2 (Flst.Nr. 1907/9), die Antragsteller zu 4, 5 und 6 (Miteigentum am Flst.Nr. 2265/2), die Antragstellerin zu 8 (Flst.Nr. 2265/5) sowie den Antragsteller zu 10 (Flst.Nr. 2265/3). Das von ihnen im Beteiligungsverfahren geltend gemachte Interesse, von der geplanten Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten ihrer Grundstücke verschont zu bleiben, war ein in der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB beachtlicher Belang, was ihre Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO begründet (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 = DVBl.1999, 100). Den Bedenken, die gegen die Antragsbefugnis der Antragstellerinnen zu 3, zu 7, zu 8 und zu 11 bestehen, weil sie als Betreiber ganz bestimmter Gewerbe als solche vom Ausschluss der Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Sortimenten nicht betroffen sind, brauchte der Senat deswegen nicht nachzugehen, weil sämtliche Anträge jedenfalls unbegründet sind. Der Senat hat sich von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Die 6. Änderung des Bebauungsplans verstößt nicht gegen den Grundsatz der Normenklarheit und Normenbestimmtheit. Zweifel könnten aus dem Inhalt der als Satzung beschlossenen Ergänzung der bisherigen textlichen Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 1.1 über die Art der baulichen Nutzung erwachsen, wo es im Anschluss an den bisherigen Text heißt:
"Im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans (Misch- und Gewerbegebiet) sind die zentrenrelevanten Sortimente gemäß Einzelhandelserlass Baden-Württemberg vom 21.02.2001 ausgeschlossen."
Die zentrenrelevanten Sortimente, deren Führung durch Einzelhandelsbetriebe § 6 Abs. 2 Nr. 3 und § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO nicht ausschließen, sind nämlich in diesem normativen Teil des Bebauungsplans nicht einzeln benannt (ebenso wenig wird ausdrücklich der - freilich kaum zweifelhafte - Bezug auf Einzelhandelsbetriebe hergestellt). Der Senat sieht es jedoch als noch genügend an, dass die Begründung zum Bebauungsplan (S. 4/5) die Sortimente unter Einbeziehung derer, die in der Regel als zentrenrelevant gelten, im Einzelnen aufführt. Die durch den Textteil hervorgerufene Unklarheit lässt sich dadurch in einer auch für den rechtsuchenden Bürger zumutbaren Weise mit hinreichender Sicherheit beseitigen. Zu Unrecht wird als "möglicher Formfehler" von den Antragstellern gerügt, dass die in der Zeit vom 17.06. bis 18.07.2005 erfolgte Auslegung des Entwurfs vor dem Satzungsbeschluss nicht wiederholt worden ist, obwohl die als Anlage zur Satzung beschlossene Planbegründung in der Fassung vom 09.11.2005 von der offengelegten Begründung in der Fassung vom 07.06.2005 abweicht. Dieser Einwand ist schon deswegen nicht berechtigt, weil § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB eine erneute Auslegung nur dann verlangt, wenn der "Entwurf" des Bauleitplans geändert oder ergänzt wurde. Eine Modifizierung der Begründung wird davon nicht erfasst (vgl. die Unterscheidung in § 3 Abs. 2 BauGB). Abgesehen davon legen beide Fassungen entsprechend § 2a Nr. 1 BauGB die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen der beabsichtigten Regelung dar, unterscheiden sich lediglich dadurch, dass die schließlich dem Bauleitplan beigefügte Begründung vom 09.11.2005 zum einen auf Abschnitte verzichtet, die nicht die 6., sondern die 5. Änderung des Bebauungsplans "Kuckuckswald" zum Gegenstand haben, nämlich die Einhaltung des Integrations- und Kongruenzgebots sowie des Beeinträchtigungsverbots, zum andern die endgültige Fassung, ohne inhaltlich wesentlich abzuweichen, die Zielsetzung sowie die Auswirkungen eindringlicher beschreibt.
Die Antragsteller halten die 6. Änderung des Bebauungsplans über den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten insbesondere deshalb für ungültig, weil es hierfür keine im Sinne von § 1 Abs. 9 BauNVO rechtfertigenden "besonderen städtebaulichen Gründe" gebe, solche jedenfalls nicht - was sie für erforderlich betrachten - auf Grund eines Einzelhandelsgutachtens unter individueller Betrachtung der örtlichen Situation nachgewiesen seien. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Vorab ist zu bemerken, dass die Beurteilung, ob den Anforderungen von § 1 Abs. 9 BauNVO genügt wird, eine Frage des strikten Rechts ist. Die Regeln über die gerichtliche Kontrolle des Abwägungsgebots gelten insoweit nicht.
§ 1 Abs. 9 BauNVO gestattet, über Abs. 5 der Vorschrift hinausgehend, einzelne Unterarten von Nutzungen mit planerischen Festsetzungen zu erfassen. Ziel dieser Vorschrift ist es, die allgemeinen Differenzierungsmöglichkeiten der Baugebietstypen nochmals einer Feingliederung unterwerfen zu können, falls sich hierfür besondere städtebauliche Gründe ergeben, um die Vielfalt der Nutzungsarten im Plangebiet zu mindern. Der Ausschluss muss sich jedoch auf eine Nutzungsart beziehen, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt. Damit ermöglicht die Vorschrift den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben bestimmter Branchen, wenn die Differenzierung marktüblichen Gegebenheiten entspricht (BVerwG, Beschl. v. 27.07.1998 - 4 BN 31.98 - ZfBR 1998, 317; Urt. d. erk. Senat v. 21.05.2001 - 5 S 901/99 - NVwZ-RR 2002, 556).
Die hier von der Antragsgegnerin vorgenommene Feingliederung hält der Senat für städtebaulich besonders gerechtfertigt. Das Merkmal der besonderen Rechfertigung meint nur, dass es spezielle Gründe gerade für eine gegenüber § 1 Abs. 5 BauVNO noch feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzung geben muss. Den Antragstellern ist zwar ohne weiteres einzuräumen, dass die Entscheidung hierüber nur unter individueller Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation getroffen werden darf. Solches verlangt übereinstimmend auch die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. nur Urt. d. erk. Senats v. 21.05.2001, a.a.O.; Urt. d. 3. Senats des erk. Gerichtshofs v. 30.01.2006 - 3 S 1259/05 - VBlBW 2006, 390 u. d. 8. Senats v. 02.05.2005 - 8 S 1848/04 - NwZ-RR 2005, 685, außerdem beispielsweise die von den Antragstellern in ihrer Antragsbegründung angeführten Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen; s. ferner Nr. 2.2.5 des Einzelhandelserlasses, GABl. 2001, 290 ff.). Hingegen ist den Antragstellern nicht darin zu folgen, dass die besonderen städtebaulichen Gründe in Situationen wie der hier bestehenden stets anhand eines sog. Einzelhandelsgutachtens, also durch eine fachwissenschaftlich erarbeitete Marktanalyse, wie sie - beschränkt auf den Lebensmitteleinzelhandel - in Form der GMA-Wirkungsanalyse vom Mai 2005 vorliegt, nachgewiesen werden müssten (ebenso Hess. VGH, Urt. v. 18.12.2003 - 4 N 1372/01 - UPR 2004, 156). Diese Auffassung steht nicht in Widerspruch zum erwähnten Urteil des 8. Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 02.05.2005. Denn in jenem Fall wurde die Auflistung der zentrenrelevanten und nahversorgungsrelevanten Sortimente der Anlage zum Einzelhandelserlass vom 21.02.2001 "ohne weitere auf das Verbandsgebiet oder das Gebiet der Beklagten bezogene Erwägungen" übernommen und alle dort aufgeführten Sortimente bzw. Sortimentsgruppen im Geltungsbereich des Änderungsbebauungsplans für unzulässig erklärt. Demgegenüber gibt es hier den Erfordernissen des § 1 Abs. 9 BauNVO genügende Gründe, welche die Antragsgegnerin zum Ausschluss berechtigten:
Eine in diesem Zusammenhang relevante städtebauliche Besonderheit liegt darin, dass die Antragsgegnerin sich aus vier Ortsteilen zusammensetzt, nämlich Ubstadt, Weiher, Stettfeld und Zeutern, ohne dass einem dieser Gemeindeteile eine die anderen dominierende zentrale Bedeutung zukäme. Es handelt sich um getrennte Siedlungseinheiten; jeder Ortsteil hat einen eigenen Ortskern, wobei Zeutern eine abseitige Lage zum übrigen Gemeindegebiet aufweist. Die "disperse Struktur" wird durch ein Naturschutzgebiet zwischen Ubstadt, Weiher und Stettfeld verstärkt. Während Ubstadt und Weiher - fast gleichgewichtig - die größere Einwohnerzahl aufweisen, fallen Stettfeld und Zeutern insoweit etwas ab. Die Einzelhandelsstrukturen werden im Wesentlichen von dieser Siedlungsstruktur geprägt. Alle Ortsteile verfügen über traditionelle, innerörtliche Versorgungszentren mit kleinteiliger Geschäftsstruktur, wobei Betriebe des kurzfristigen und mittelfristigen Bedarfsbereichs überwiegen. Größere Bedeutung als Einkaufslagen haben die Ortskerne von Ubstadt, Weiher und Zeutern (vgl. zu diesem Befund im Einzelnen die GMA-Wirkungsanalyse vom Mai 2005, S. 12 ff.). Dieses Charakteristikum der mehr oder weniger ausgeglichenen Verteilung der Einwohner auf vier Siedlungsteile und die damit zusammenhängende jeweils schwache Ausprägung der Geschäftsbereiche lassen die Befürchtungen von Regionalverband und höherer Raumordnungsbehörde sowie im Anschluss daran der Antragsgegnerin einleuchtend erscheinen. Es drängt sich geradezu auf, dass die beiden genehmigten Einzelhandelsgroßprojekte der Lebensmittelbranche nicht zuletzt wegen ihres günstigen Standortes zwischen den beiden größten Gemeindeteilen Ubstadt und Weiher eine Magnetwirkung entfalten und daher die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben anderer Branchen, die sich diese "Frequenzbringer" zu Nutze machen wollen, begünstigen. Die hier vorhandene Siedlungs- und Marktstruktur, die sich vom typischen Bild anderer Gemeinden mit einem Siedlungs- und Geschäftsschwerpunkt und insoweit deutlich nachrangigen Randbereichen oder Teilorten signifikant unterscheidet, nötigt in ungleich stärkerem Maße zu planerischen Vorkehrungen, um die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 8 a) BauGB). Auch in der der Antragsgegnerin zuerkannten geringen zentralörtlichen Funktion als Kleinzentrum spiegelt sich dieser Befund. Sie verfügt nur über schwach ausgeprägte Geschäftsbereiche, die dementsprechend nur einen geringen Verflechtungsbereich zu versorgen geeignet sind. Die Sogwirkung der Einzelhandelsgroßprojekte in Randlage führt folglich, wenn eine planerische Gegensteuerung unterbleibt, mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Ansiedlung von Konkurrenten für die innerörtlichen Anbieter. Demgegenüber lassen sich solche Konsequenzen für strukturstarke Innenstadtbereiche von Mittel- und Oberzentren nicht ohne weiteres konstatieren; eine Marktanalyse unter Zuhilfenahme eines Fachgutachters ist daher nur dort regelmäßig angezeigt.
Einen besonderen auch im städtebaulichen Regelungsbereich des § 1 Abs. 9 BauNVO beachtlichen Grund für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten leitet der Senat ferner aus dem Raumordnungsrecht ab. Gemäß Nr. 3.3.7 des Landesentwicklungsplans 2002 dürfen Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) in der Regel nur in Ober-, Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, "wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist." Nach dem Ergebnis der GMA-Wirkungsanalyse vom Mai 2005 trifft dies angesichts der im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin, einem Kleinzentrum, insoweit vorhandenen Defizite für den Bereich des Lebensmitteleinzelhandels zu, denn zwei von vier wichtigen Trägern der Lebensmittelversorgung wiesen keinen marktgerechten Zuschnitt mehr auf. Eine Modernisierung des Lebensmitteleinzelhandels war danach geboten und erscheint angesichts des Fehlens adäquater Flächen in den Ortskernen sowie im Hinblick auf die erwähnte disperse Siedlungsstruktur, die dazu führt, dass keiner der Teilorte allein über ein ausreichendes Potential verfügt, die Zulassung der beiden Einzelhandelsprojekte an einem vom gesamten Gemeindegebiet aus gut erreichbaren, wenngleich formal nicht integrierten Standort sinnvoll und mithin als Ausnahme vom Integrations- und Kongruenzgebot zulassungsfähig. Andererseits ist es nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin Folgewirkungen der von ihr für die Lebensmittelversorgung gefundenen Lösung für andere Branchen entgegenzuwirken versucht. Diesem Anliegen dient der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Sortimenten im umgebenden Gewerbe- und Mischgebiet, um insoweit die verbrauchernahe Versorgung in den Ortskernen, die im Lebensmittelbereich - wie dargelegt - angesichts der heutigen Marktformen nicht erreicht werden kann, zu sichern und die Aufgabenwahrnehmung durch die anderen zentralen Orte nicht zu beeinträchtigen (vgl. Nr. 3.2.1.1 des Einzelhandelserlasses). Der Einzelhandelsausschluss kompensiert nach Auffassung des Senats mit städtebaulichen Mitteln Nachteile der raumordnerisch zugelassenen Abweichung von der ansonsten geltenden Zielsetzung. Das von den Antragstellern verlangte Einzelhandelsgutachten hätte den Befund fachlich untermauern und mithin die Entscheidung zu § 1 Abs. 9 BauNVO erleichtern können; angesichts der dargestellten städtebaulich besonderen örtlichen Situation, deren Würdigung unverzichtbar ist, erweist es sich aber als entbehrlich.
Der geltend gemachte Abwägungsausfall (vgl. § 1 Abs. 7 BauGB), weil die Auswirkungen der Sortimentsbeschränkung auf die im übrigen Gebiet des Bebauungsplans "Kuckuckswald" ansässigen Betriebe nicht gesehen worden seien, ist nicht erkennbar. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat den Satzungsbeschluss über die 6. Änderung des Bebauungsplans auf Grund der Entscheidungsvorlage des Bau- und Umweltamts an den Gemeinderat vom 09.11.2005 gefasst. Darin werden die Anregungen und Einwendungen der Behörden und privater Dritter wiedergegeben und dazu Stellung genommen. Dabei wird nicht zuletzt auf die Belange der Antragsteller eingegangen. Auf S. 33 der Entscheidungsvorlage heißt es:
"Die Sortimentsbeschränkung schränkt die Eigentümer der betroffenen Grundstücke in der wirtschaftlichen Verwertbarkeit ebenso wie die Gewerbetreibenden in der Ausübung eines nicht bestandsgeschützten zentrenrelevanten Gewerbes stark ein. Die Erweiterung eines bestehenden Betriebs um zentrenrelevante Sortimente wird ausgeschlossen. Die betroffenen Grundstücke werden für solche Gewerbetreibenden, die sich gerade mit einem solchen Warenangebot ansiedeln wollen, unat-traktiv, was die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Grundstücke einschränkt ..."
Danach kann keine Rede davon sein, dass die möglichen Folgen für die Grundstückseigentümer außer Betracht geblieben wären. Auch lässt sich insoweit eine Fehlgewichtung nicht erkennen. Auf S. 34 der Entscheidungsvorlage wird auf den Bestandsschutz hingewiesen und außerdem auf die im Rahmen von §§ 6 und 8 BauNVO verbleibenden übrigen Nutzungsmöglichkeiten, insbesondere darauf, dass entgegen den Vorstellungen des Regionalverbands nahversorgungsrelevante Sortimente (u.a. Getränke, Drogerie, Kosmetik, Haushaltswaren) zulässig blieben und deshalb mit Blick auf die benachbarten Lebensmittelmärkte attraktive Nutzungsmöglichkeiten bestünden. Angesichts des andererseits gesetzten Ziels, einen Kaufkraftabfluss aus den eigenen gemeindlichen Zentren und den benachbarten Gemeinden zu verhindern, erweise sich die Sortimentsbeschränkung als nicht unverhältnismäßig. Diese Erwägungen halten sich in dem der Antragsgegnerin zustehenden planerischen Freiraum; auch das Abwägungsergebnis ist mithin gerichtlich nicht zu beanstanden.
Der überdies gerügte Verstoß gegen das Abwägungsgebot in Form eines Abwägungsausfalls, weil die Antragsgegnerin sich ohne eigene Würdigung der Vorgabe des Regierungspräsidiums bzw. des Regionalverbands "Mittlerer Oberrhein" angeschlossen habe, erweist sich ebenfalls nicht als zutreffend. Im Zusammenhang mit den Einwendungen der Antragsteller (vgl. S. 34 der Entscheidungsvorlage), aber insbesondere auch schon bei Erörterung der Einwendungen des Regionalverbands (S. 2 ff.) zeigt sich, dass die Antragsgegnerin insoweit für sich einen Entscheidungsspielraum gesehen und diesen auch genutzt hat. Sie hat sich nämlich der Forderung des Regionalverbands, alle Betriebe mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten auszuschließen, verweigert und sich auf den Ausschluss zentrenrelevanter Sortimente als erforderlich und ausreichend beschränkt (siehe die jeweilige Auflistung in der Anlage zum Einzelhandelserlass).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 und 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
Beschluss
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 60.000,-- EUR festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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