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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 06.07.2001
Aktenzeichen: 8 S 717/01
Rechtsgebiete: HeimG
Vorschriften:
HeimG § 1 Abs. 1 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 6.7.2001
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Durchführung des Heimgesetzes
hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Prof. Dr. Schmidt sowie die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schenk und Rieger auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2001
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. November 2000 - 4 K 3754/00 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob der Kläger in den Räumen des Gebäudes xxxxxxxxxxxxx Straße 38 in Stuttgart ein Heim im Sinn des Heimgesetzes betreibt.
Der Kläger ist Inhaber einer Pflegedienstfirma, die außer häuslicher Krankenpflege, Haushaltshilfe und Kinderkrankenpflege die "Betreuung von Seniorenwohngemeinschaften" anbietet. Im Rahmen der zuletzt genannten Tätigkeit wird von der Firma die Vollzeitpflege aller seit Mitte 1997 im Gebäude xxxxxxxxxxxxx Straße 38 lebenden Personen übernommen. Eigentümer des mit einem Vorderhaus sowie einem Bungalow im rückwärtigen Bereich bebauten Grundstücks ist eine Erbengemeinschaft, die über einen Teil der Räume in beiden Gebäuden am 7.5.1997 mit einer aus fünf Personen bestehenden Gemeinschaft einen von der Klägerin ausgehandelten Mietvertrag geschlossen hat. Alle fünf zu der Gemeinschaft gehörenden Personen wurden dabei von Herrn xxxx xxxxxxxxxxx vertreten, den sie zuvor zur Besorgung aller mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Angelegenheiten bevollmächtigt hatten. An die Stelle von Herrn xxxxxxxxxxx trat ab 27.10.1998 Herr xxxxxxxx xxxx. Die betreffenden Räume wurden zuvor im Auftrag und auf Rechnung des Klägers bzw. seiner Firma umfassend renoviert und teilweise umgebaut. Herr xxxxxxxx xxxx ist der Ehemann von Frau xxxxxxxxx xxxx, die die Pflege der in den angemieteten Räumen lebenden Personen leitet und überwacht. Die Tochter, Frau xxxxx xxxx, sowie der Bruder, Herr xxxxxxxxx xxxx, sind ebenfalls im Pflegedienst des Klägers beschäftigt. Am 28.6.2001 lebten acht Bewohner in der Einrichtung, die sämtlich nicht zu den Partnern des am 7.5.1997 geschlossenen Mietvertrages gehören.
Nachdem die Beklagte über die AOK Stuttgart im Oktober 1998 auf die Einrichtung aufmerksam gemacht worden war, verpflichtete sie den Kläger mit Bescheid vom 16.12.1999, den "Heimbetrieb in der xxxxxxxxxxxxxx Str. 38" bis spätestens 30.12.1999 förmlich anzuzeigen (Ziff. 1) und Unterlagen zur Finanzierung, den Investitionskosten, ein Exemplar der (Heim-)Musterverträge sowie gegebenenfalls die Satzung oder den Gesellschaftsvertrag des Trägers und eine Heimordnung vorzulegen (Ziff. 2). Zur Begründung gab sie an, dass nach § 7 HeimG ein Heimbetrieb der zuständigen Behörde unter Angabe der betriebsrelevanten Daten anzuzeigen sei. Bei der Wohngemeinschaft xxxxxxxxxxxxx Str. 38 handele es sich um ein von der Firma des Klägers getragenes Heim, da die erheblich bis schwerst pflegebedürftigen Bewohner dort nicht nur vorübergehend lebten und die Wohngemeinschaft unabhängig von der Zahl und dem Wechsel einzelner Bewohner sei. Unerheblich sei, dass die Firma des Klägers nicht selbst die Räume angemietet habe und an die Bewohner weiter vermiete. Es sei vielmehr darauf abzustellen, ob Unterkunft gewährt werde, nicht aber darauf, von wem diese gewährt werde. Jede andere Betrachtungsweise würde eine Umgehung des Heimgesetzes bedeuten.
Gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung legte der Kläger am 28.12.1999 mit der Begründung Widerspruch ein, ein Heimbetrieb liege nicht vor, da die Mitglieder der Wohngemeinschaft eigene Mietverträge mit einem fremden Vermieter geschlossen hätten. Die Unterkunft werde daher nicht von ihm gewährt.
Nachdem die Beklagte gegen den Kläger mit Bescheid vom 12.1.2000 ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 DM festgesetzt hatte, zeigte dieser mit Schreiben vom 14.4.2000 "unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Rechtsauffassung" einen Heimbetrieb im Gebäude xxxxxxxxxxxxx Str. 38 an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.7.2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Als Begründung führte es an, dass es sich bei der Einrichtung des Klägers um ein Heim im Sinn des § 1 Abs. 1 HeimG handele. Für die Überlassung der Unterkunft im Sinne dieser Vorschrift sei nicht entscheidend, dass die Zimmer der Wohngemeinschaft nicht vom Kläger selbst vermietet würden, sondern ein Mietverhältnis nur zwischen den Bewohnern und der Grundstückseigentümerin bestehe. Der Kläger habe die Mietverhältnisse initiiert und wesentliche Konditionen ausgehandelt. Die Vermieterin habe ferner baulichen Veränderungen durch den Kläger zugestimmt, der auch die Verhandlungen mit den für den Umbau der Wohnung benötigten Handwerkern geführt habe. Der Kläger besitze ferner eine Option auf das Mietobjekt. Die Behauptung des Klägers, dass er mit der Vermieterin in keiner Weise rechtlich verbunden sei, treffe daher nicht zu. Auch soweit er sich darauf berufe, dass er den Bewohnern keine Unterkunft gewähre, könne ihm nicht gefolgt werden. Entscheidend sei vielmehr allein, ob Unterkunft gewährt werde, nicht aber, von wem sie gewährt werde. Die vertragliche Aufspaltung in einen Mietvertrag mit einem Dritten und einen Pflege- und Betreuungsvertrag mit der Firma des Klägers sei ein Versuch, das Heimgesetz zu umgehen.
Der Kläger hat am 3.8.2000 Klage erhoben mit dem Antrag, festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 16.12.1999 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 31.7.2000 rechtswidrig waren, und zur Begründung vorgetragen, dass er den Bewohnern keine Unterkunft überlasse, da er die Wohnung nicht vermiete. Beratung und Vermittlung von Wohnmöglichkeiten und das gleichzeitige Erbringen von Pflegeleistungen sei einer rechtlichen Organisationseinheit nicht gleichzustellen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und sich zur Begründung auf die ergangenen Bescheide bezogen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.11.2000 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Nachdem der Kläger der ihm auferlegten Verpflichtung zur Anmeldung des Heimbetriebs nachgekommen sei, habe sich der Verwaltungsakt erledigt. Die Frage, ob der Kläger tatsächlich ein Heim betreibe, wirke in die Zukunft fort, da sie dafür entscheidend sei, ob der Betrieb der staatlichen Heimaufsicht auf Dauer unterworfen sei. Der Kläger habe daher ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Die Klage sei jedoch nicht begründet. In der Seniorenwohnanlage seien ausschließlich pflegebedürftige Volljährige untergebracht, die dort ihren Wohnsitz begründet hätten. Die Einrichtung werde auch entgeltlich betrieben, da die Bewohner einerseits ihre Miete und andererseits die Kosten für die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung sowie die Behandlungspflege zu entrichten hätten. Sie sei ferner in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig, da inzwischen mehrere Bewohner - meist durch Tod - ausgeschieden seien, während neue Bewohner aufgenommen worden seien. Der Kläger gewähre auch sämtlichen Bewohnern der Seniorenwohnanlage Verpflegung und Betreuung, da alle Verträge mit dem Pflegedienst des Klägers abgeschlossen hätten. Die Unterbringung durch den Kläger umfasse aber auch die Überlassung der Unterkunft an die Bewohner. Die Bewohner der Wohngemeinschaft hätten den Kläger mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber den Kranken- und Pflegekassen beauftragt. Da der Kläger eine 24-Stunden-Betreuung gewährleiste, sei ständig eine Pflegefachkraft anwesend. Die Eingangstüre werde von der diensthabenden Betreuungsperson geöffnet, die die Anweisung habe, Unbekannte nicht in die Wohnung zu lassen. Diese Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung zeigten, dass der Kläger und seine Beauftragten eine beherrschende Stellung bei der Regelung der Angelegenheiten der Bewohner einnähmen. Ins Gewicht falle weiter, dass der Kläger vor der Eröffnung der Einrichtung Angebote für den Umbau eingeholt sowie die Renovierung des Gebäudes beaufsichtigt habe. Dies bedeute, dass der Kläger maßgeblichen Einfluss auf die behindertengerechte Ausstattung der Einrichtung genommen habe, was seine Rolle als Betreiber verdeutliche. Demgegenüber sei es nicht entscheidend, dass der Kläger den Bewohnern den Besitz an der Wohnung nicht verschaffe und zwischen ihm und dem Vermieter keine rechtliche Verbindung besteht. Der in § 1 Abs. 1 S. 3 HeimG verwendete Begriff der Überlassung der Unterkunft bedeute nicht, dass auch der Besitz von dem Betreiber eingeräumt werden müsse. Es genüge vielmehr, dass der Betreiber -wie hier - maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl der Bewohner habe und diesen die Wohnmöglichkeiten nachweise. Allein eine solche Auslegung werde dem Gesetzeszweck des Heimgesetzes gerecht, welcher darin bestehe, für alte und pflegebedürftige Menschen Mindeststandards zu gewährleisten und diese vor Fremdbestimmung und Übervorteilung zu beschützen. Die vom Kläger gewählte Gestaltung der vertraglichen Beziehungen diene der Umgehung dieser Aufsicht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 21.3.2001 zugelassene Berufung. Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. November 2000 - 4 K 3754/00 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 1 des Bescheids der Beklagten vom 16. Dezember 1999 und der hierauf bezogene Teil des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 31. Juli 2000 rechtswidrig waren.
Er macht geltend: Zwischen ihm und der Vermieterin der Räume gebe es keine rechtliche Verbindung. Die ihm eingeräumte Option ändere daran nichts, sondern zeige, dass er derzeit keinerlei Rechte und auch keinen Einfluss auf die Vermietung habe. Herr xxxxxxxx xxxx stehe weder in einem Auftrags- noch in einem Arbeitsverhältnis zu ihm. Herr xxxx sei Rentner und habe sich als Vertreter der Bewohnerinnen und Bewohner unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die bisherigen Abgrenzungsversuche zwischen einem Heim und anderen Einrichtungen gingen von der Notwendigkeit eines Mietvertrags zwischen Betreiber und Bewohner aus. Einen solchen habe er, der Kläger, mit den Bewohnerinnen und Bewohnern nicht geschlossen. Er könne daher rechtlich die Unterbringung nicht gewährleisten. Mit dem Begriff "Überlassen der Unterkunft" in § 1 Abs. 1 HeimG sei nicht die tatsächliche Einräumung des Besitzes gemeint, sondern der rechtliche Beschluss eines Mietvertrages. Das Ergebnis des Verwaltungsgerichts wäre nur dann richtig, wenn er zumindest Zwischenmieter oder Garant der mietvertraglichen Pflichten wäre. Dies aber sei nicht der Fall. Die Behauptung, dass er allein über das Belegungsrecht für die Räume entscheiden würde, treffe nicht zu. Interessenten würden vielmehr nach einem persönlichen Gespräch mit den Bewohnern bzw. einigen Tagen "Probewohnen" von diesen aufgenommen oder abgelehnt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Behördenakten sowie auf die Akte des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Die von der Beklagten in Ziff. 1 ihrer Verfügung vom 16.12.1999 getroffene Anordnung ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.
I. Der vom Kläger gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger besitzt insbesondere das von § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO verlangte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung, da die für die Rechtmäßigkeit der umstrittenen Anordnung entscheidende Frage, ob der Kläger ein Heim im Sinn des § 1 Abs. 1 HeimG betreibt, für ihn auch zukünftig von Bedeutung ist, denn von ihr hängt ab, ob die umstrittene Einrichtung in der xxxxxxxxxxxxx Str. 38 auch in anderer Hinsicht den Bestimmungen des Heimgesetzes unterworfen ist. Die Klärung dieser Frage liegt zugleich im Interesse der Beklagten als der nach der Verordnung über die Zuständigkeit nach dem HeimG vom 15.4.1975 (GBl. S. 285) für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörde.
II. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat den Kläger zu Recht dazu verpflichtet, ihr den Betrieb eines Heimes im Gebäude xxxxxxxxxxxxx Str. 38 anzuzeigen, da es sich bei dieser Einrichtung um ein vom Kläger betriebenes Heim im Sinn des § 1 Abs. 1 HeimG handelt.
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 HeimG gilt dieses Gesetz für Heime, die alte Menschen sowie Pflegebedürftige oder behinderte Volljährige nicht nur vorübergehend aufnehmen. Diese zunächst noch unvollständige Beschreibung wird in den beiden folgenden Sätzen dahin gehend ergänzt, dass unter Heimen in diesem Sinne Einrichtungen zu verstehen sind, die zum Zwecke der Unterbringung der genannten Personen entgeltlich betrieben werden und in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind, und der Begriff der Unterbringung neben der Überlassung der Unterkunft die Gewährung oder Vorhaltung von Verpflegung und Betreuung umfasst. Die in diesen Definitionen zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Merkmale eines Heimes werden von der Einrichtung im Gebäude xxxxxxxxxxxxx Str. 38 sämtlich erfüllt.
In den hier zu betrachtenden Räumen in diesem Gebäude sind ausschließlich pflegebedürftige Volljährige untergebracht, die sich dort nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer aufhalten. Die Bewohner haben in den Räumen nicht nur ihre Unterkunft, sondern werden dort auch verpflegt und betreut. Die Einrichtung ist ferner in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig, wie sich daran zeigt, dass von den acht Personen, die am 28.6.2001 in der Einrichtung lebten, keiner zu dem Kreis derjenigen gehört, die am 7.5.1997 den Mietvertrag mit der Grundstückseigentümerin geschlossen haben. Da die Bewohner sowohl für die Miete als auch die Kosten ihrer Pflege und Betreuung aufzukommen haben, handelt es sich schließlich auch um eine entgeltliche Einrichtung. Insoweit besteht auch zwischen den Beteiligten kein Streit.
Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt allerdings darin, dass der Kläger nur für die Pflege und Betreuung der Bewohner der Einrichtung verantwortlich ist, er aber - rechtlich gesehen - diesen nicht in eigener Person Unterkunft gewährt, da er weder Eigentümer noch Zwischenmieter der Räumlichkeiten ist, in denen sich die Einrichtung befindet. § 1 Abs. 1 HeimG setzt jedoch weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Sinn und Zweck als unabdingbar voraus, dass derjenige, der die Pflege und Betreuung der in einer Einrichtung untergebrachten Bewohner übernommen hat, mit demjenigen identisch ist, der den Bewohnern im Rechtssinne Unterkunft gewährt. Durch eine rechtliche Konstruktion, nach der beide Leistungen verschiedenen Personen zuzurechnen sind, wird die Annahme eines Heims im Sinn dieser Vorschrift jedenfalls dann nicht gehindert, wenn sie von den Betreffenden allein deshalb gewählt wird, um auf diese Weise die Bestimmungen des HeimG zu umgehen (im Ergebnis ebenso Kunz/Ruf/Wiedemann, Heimgesetz, 7. Aufl., § 1 Rn. 3; VG Augsburg, Urt. v. 22.7.1983 - 3 K 82 A.934 - S. 16 UA). So verhält es sich hier. Ungeachtet dessen, dass der Kläger weder Eigentümer noch Mieter der Räumlichkeiten ist, übt er das Hausrecht aus. Auch die Entscheidung über die Aufnahme neuer Bewohner in die Einrichtung liegt jedenfalls im Wesentlichen bei ihm. Der Kläger hat ferner den vor dem Einzug der ersten Bewohner erforderlichen Umbau der Räume übernommen und bezahlt. Schließlich ist auch der Inhalt des - formal - von den Bewohnern geschlossenen Mietvertrags von ihm mit der Eigentümerin der Räume ausgehandelt worden. Von einer selbstverwalteten Wohngemeinschaft, als der der Kläger die Einrichtung bezeichnet, kann danach in Wirklichkeit keine Rede sein. Nach den gesamten Umständen handelt es sich vielmehr ohne Zweifel um eine vom Kläger getragene Einrichtung, deren Räumlichkeiten nur deshalb nicht von ihm selbst angemietet worden sind, da er glaubte, sich so dem Anwendungsbereich des Heimgesetzes entziehen zu können.
Nach den Angaben, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gemacht hat, ist in der Einrichtung ständig eine von seiner Firma beschäftigte Pflegekraft anwesend. Die Eingangstüre wird von der diensthabenden Betreuungsperson geöffnet, die die Anweisung hat, Unbekannte nicht in die Wohnung zu lassen. Besucher werden ferner in eine von den Mitarbeitern des Klägers geführten Liste eingetragen. Daraus und aus dem Umstand, dass sämtliche Bewohner den Kläger mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber den Kranken- und Pflegekassen beauftragt haben, hat das Verwaltungsgericht zu Recht auf eine beherrschende Stellung des Klägers bei der Regelung der Angelegenheiten der Bewohner geschlossen. Auch die personelle Zusammensetzung der vermeintlichen Wohngemeinschaft wird jedenfalls im Wesentlichen nicht von den Bewohnern selbst, sondern durch den Kläger bestimmt. Wird ein Platz in der Einrichtung frei, so kümmern sich nicht die übrigen Bewohner darum, eine Ersatzperson zu finden, wozu sie auf Grund ihres alters- oder krankheitsbedingten Zustands ohnehin kaum in der Lage sein dürften. Nach den eigenen Angaben des Klägers wird vielmehr auch diese Aufgabe von seiner Firma übernommen, die durch Werbung nach neuen Mitglieder suche. Ob die im letzten Schriftsatz des Klägers aufgestellte Behauptung richtig ist, wonach die Bewohner das Recht hätten, einen Interessenten abzulehnen, und von diesem Recht auch in verschiedenen Fällen Gebrauch gemacht hätten, kann dahin stehen, da dies nichts daran ändern würde, dass es gleichwohl vornehmlich der Kläger ist, der auf die Besetzung neuer Plätze Einfluss nimmt. Bei der nur geringen Größe der Einrichtung sowie der maximal acht betragenden Zahl ihrer Bewohner versteht es sich ohnehin von selbst, dass vor der endgültigen Vergabe eines frei gewordenen Platzes auf zu Tage tretende Animositäten unter den Bewohnern Rücksicht genommen wird.
Der bestimmende Einfluss des Klägers zeigt sich ferner in der Art und Weise, wie der Mietvertrag über die zu dem Heim gehörenden Räumen zustande gekommen ist. Der Mietvertrag wurde zwar formal von den fünf Personen geschlossen, die Mitte 1997 als erste die Räume bezogen haben. Die dem Abschluss des Vertrags voraus gegangenen Verhandlungen mit der Grundstückseigentümerin wurden jedoch nicht von den Bewohnern oder einer von ihnen beauftragten Person geführt, sondern lagen allein in der Hand des Klägers, dem auch von der Eigentümerin im Mietvertrag das Recht eingeräumt wurde, für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses in den Vertrag einzutreten. Darüber hinaus hat auch der Kläger den vor der Eröffnung des Heims erforderlichen Umbau der bisher zu Wohnzwecken genutzten Räume übernommen, indem er Angebote über die verschiedenen Arbeiten eingeholt, die Arbeiten in Auftrag gegeben und bezahlt hat. Dementsprechend ist in der Internetseite, mit der der Kläger für seine Firma wirbt, davon die Rede, dass von ihm bereits 1995 die erste Seniorenwohngemeinschaft "ins Leben gerufen" worden sei. Der Sachverhalt wird damit mit Ausnahme des Wortes "Wohngemeinschaft" zutreffend beschrieben. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass sich seine Rolle auf die Beratung und Vermittlung einer Wohnmöglichkeiten beschränke, wird dies daher den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Gleiches gilt, soweit er das Vorhandensein eines Heims im Rechtssinn mit der Begründung bestreitet, dass zwischen ihm und der Eigentümerin der Räume keine rechtlichen Beziehungen bestünden. Von dem ihm vertraglich eingeräumten Optionsrecht abgesehen, ist dies zwar formal gesehen zutreffend. Der Einwand verschleiert jedoch den maßgeblichen Einfluss, den der Kläger tatsächlich sowohl beim Abschluss des Mietvertrags als auch dem behindertengerechten Umbau der bisher zu Wohnzwecken genutzten Räume in ein Pflegeheim ausgeübt hat. In Übereinstimmung mit der Beklagten und dem Verwaltungsgericht kann nach alledem in der vom Kläger gewählten Art der Vertragsgestaltung nur der unzulässige Versuch gesehen werden, die zum Schutz der Interessen älterer Menschen und Behinderter getroffenen Vorschriften des Heimgesetzes zu unterlaufen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 GKG auf 50.000 DM festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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